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GuKS Sept - Okt 2016

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Zu meiner<br />

Zeit im IBA<br />

Interview mit Heinrich Reimer<br />

1. Wie sind Sie damals zum IBA gekommen?<br />

In welchem Jahr war es genau?<br />

Schon seit meiner Jugendzeit war es<br />

mein Wunsch, mal in einer Bibelschule zu<br />

studieren. Prediger wollte ich nicht werden,<br />

aber mehr aus Gottes Wort für mich<br />

zu wissen wäre gut. Bis zum Jahr 1968<br />

funktionierte in Friesland die TABER Bibelschule.<br />

Ich arbeitete in der Kooperative<br />

und wollte vormittags zur Bibelschule gehen<br />

und nachmittags meine Arbeit im Büro<br />

der Kooperative machen. Zuerst kriegte<br />

ich dafür keine Erlaubnis. Der Oberschulze<br />

wollte, dass ich meine Verantwortung in<br />

der Kooperative sah und etwas in die Richtung<br />

studieren sollte. Ich antwortete ihm:<br />

„Prediger werde ich nie. Ich will nur etwas<br />

mehr aus der Bibel wissen.“ Daraufhin gab<br />

er mir die Erlaubnis und ich studierte 1968<br />

in der Taber-Bibelschule, wo auch meine<br />

zukünftige Frau Leni Funk studierte.<br />

1970 heirateten wir. Meine junge Frau<br />

und ich waren mit Leib und Seele Ackerbauern.<br />

In einer Neuansiedlung kauften<br />

wir auf Kredit eine Wirtschaft. Der Herr<br />

segnete die Arbeit und unsere Ehe mit<br />

zwei Söhnen. Schon in der Jugendzeit<br />

hatten wir verschiedene Dienste in der<br />

Gemeinde gemacht: Jugendarbeit, Jungschar,<br />

Chor. 1972 stellte die Gemeinde<br />

uns als Prediger an. Ich hatte bis dahin all<br />

die Entschuldigungen, die Mose bei seiner<br />

Berufung hatte.<br />

1975 gab es in Curitiba ein Seminar mit<br />

David Evert, woran ich teilnehmen durfte.<br />

Mit dabei waren Rudolf Plett, Heinz<br />

Ratzlaff und andere junge Gemeindearbeiter.<br />

Bei diesem Seminar wurde der Gedanke<br />

geboren, in Asunción, parallel zum<br />

Unterricht im IBA, mit einem theologischen<br />

Arbeiterkursus für junge Gemeindearbeiter<br />

zu starten.<br />

Bei meiner Rückkehr von Curitiba sagte<br />

ich zu meiner Frau: „Wenn es diesen Kursus<br />

gibt, sind wir dabei.“ Leni hatte schon<br />

als junges Mädchen die Entscheidung klar,<br />

nie einen Prediger/Missionar zu heiraten.<br />

Ihr Vater war Prediger und Missionar und<br />

hatte selten Zeit für die Familie gehabt. Sie<br />

wollte, dass ihr Mann Zeit haben sollte für<br />

seine Familie. Gott hatte einen schweren,<br />

langen Kampf mit meiner Frau, bis sie „ja“<br />

sagen konnte zum theologischen Arbeiterkursus.<br />

1976 startete der theologische<br />

Arbeiterkursus und wir waren dabei.<br />

2. Wie haben Sie die Zeit im IBA als<br />

Schüler erlebt?<br />

Auf dem Hof vom IBA gab es damals<br />

nicht genug Wohnungen für die 12 neuen<br />

Studenten. Deshalb wurden für uns<br />

außerhalb des Hofes Häuser gemietet.<br />

Unsere beiden Jungen, Robert (5) und<br />

Alfred (3), fühlten sich in unserer kleinen<br />

Wohnung ohne Hof wie im Gefängnis und<br />

waren daher oft auf der Straße der Gefahr<br />

ausgesetzt.<br />

Das Studieren und Lesen machte mir<br />

Freude. Aber die vielen wöchentlichen<br />

schriftlichen Arbeiten und auch die monatliche<br />

Facharbeit rechtzeitig fertig zu haben,<br />

war für mich schwer.<br />

Unsere Lehrer waren fast alle Amerikaner,<br />

die ihre Vorlesung gaben. Lehrbücher gab<br />

es kaum. Deshalb mußten wir während der<br />

Vorlesung Notizen machen. Meine Hand<br />

war Ackergeräte gewohnt und nicht einen<br />

Schreibstift. Oft schmerzten die Hand und<br />

der Arm vom vielen Schreiben.<br />

Fächer wie Exegese, Mennonitische Geschichte,<br />

Mission, Gemeindebau und andere<br />

mehr waren mir interessant. Anders<br />

war es mit alttestamentlicher Theologie<br />

nach Althaus, Homiletik, Sektenlehre.<br />

Zu jedem Fach mußten wir viele Bücher<br />

lesen und die Seitenanzahl schriftlich abgeben.<br />

Einmal war ich zu ehrlich mit der<br />

Angabe der gelesenen Seitenanzahl, und<br />

sagte, das Buch mit „nassen Fingern gelesen<br />

zu haben“, also, vieles übersprungen.<br />

„No has cumplido con la lectura,“ hieß es.<br />

Also mußte ich das Buch noch einmal<br />

durcharbeiten.<br />

Die Wochenenden waren eine schöne,<br />

aber schwere Abwechslung vom Lernen.<br />

Nach einer Evangelisation mit Albert Enns<br />

im Inland Paraguays hatten sich viele Personen<br />

bekehrt, und für die Nacharbeit waren<br />

nicht genug Arbeiter. Also hatten wir<br />

Studenten gleich eine Gelegenheit, das<br />

Gelernte in die Praxis umzusetzen. Im ersten<br />

Jahr war ich mit Hans Eitzen, Neuland,<br />

in Itaguá tätig, und im zweiten Jahr mit Peter<br />

Kasper in Caacupé. Die Zeit im IBA war<br />

für uns eine wunderbare Zeit.<br />

3. Welche Bedeutung hatte das IBA für<br />

ihren späteren Dienst in der Familie, Gemeinde<br />

und Mission?<br />

Nach Abschluß des Studiums ging es<br />

mit voller Kraft an die Arbeit. Ich wurde als<br />

Jugendleiter angestellt. Sechs Jahre lang<br />

haben Leni und ich diese Arbeit von Her-<br />

zen gern gemacht. Wir wurden gleich zum<br />

Predigtdienst berufen und 1978 ordiniert.<br />

Da die Tagesbibelschule TABER ihre Türen<br />

1968 schloß, fing ich mit einer Abendbibelschule<br />

an. Auch die Jungschararbeit<br />

haben wir viele Jahre geleitet.<br />

Als der Gemeindeleitergehilfe Abram<br />

Fast nach Kanada auswanderte, wählte<br />

die Gemeinde mich zum Gehilfen des<br />

Leiters. Es war für mich eine segensreiche<br />

Zeit mit einem älteren, erfahrenen Arbeiter<br />

zusammen zu arbeiten. Da ich vom Studium<br />

viele neue Ideen für Gemeindebau<br />

mitbrachte, konnte ich sie mit dem Gemeindeleiter<br />

besprechen, und oft sagte er:<br />

„Heinrich, mach das. Ich stehe hinter dir.“<br />

Bei einer späteren Gemeindewahl wählte<br />

die Gemeinde mich zum Leiter und Peter<br />

Goossen zum Gehilfen. Das waren wohl<br />

die schönsten Jahre meines Gemeindeleiterdienstes.<br />

In diesen Jahren bauten Leni<br />

und ich mit Hilfe von S.M.S.M den Sozialdienst<br />

in Friesland auf, wo wir Arbeiter waren<br />

und zugleich die Leitung übernahmen.<br />

Im Jahr 2008 wurden wir als Missionsleiter<br />

gewählt. Die drei Missionsfelder der<br />

Gemeinde zu besuchen und vorzustehen<br />

war eine schöne, segensreiche und<br />

schwere Arbeit.<br />

Seit etwa einem Jahr ziehen wir uns so<br />

langsam von Leiterposten zurück und machen<br />

den Weg frei für jüngere Arbeiter.<br />

4. Welche Erinnerungen oder Anekdoten<br />

haben Sie von Ihrer Zeit im IBA?<br />

Ich denke da an so manche Situation, und<br />

könnte einiges erzählen. Es bleibt heute<br />

aber bei einer Anekdote aus der Mission:<br />

Es war der 4. Dezember 1977. Wir feierten<br />

mit der Gemeinde in Caacupé unseren<br />

Abschied. Vormittags wurde Ball gespielt,<br />

gebadet und Wanderungen gemacht. Es<br />

war sehr heiß. Mittags kamen wir von der<br />

Wanderung zurück. Auf dem Tisch stand<br />

ein Gefäß mit kaltem „Melonensaft“. Ich<br />

trank gleich drei Gläser von diesem Saft.<br />

Nach dem Mittagessen feierten wir als<br />

Gemeinde das Abendmahl. Peter Kasper<br />

und ich teilten es aus. Auf einmal merkten<br />

Peter und ich, dass unsere Beine schwer<br />

und steif waren. Die Geschwister aus Caacupé<br />

hatten den Melonensaft mit Likör gemischt,<br />

und wir waren „betrunken“.<br />

Die Zeit im IBA hat uns sehr geprägt und<br />

für den vielseitigen Dienst in Gemeinde,<br />

Mission und Gemeinschaft eine große Hilfe<br />

gegeben.

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