Rückblick auf die Kampagne "Demenz und wir – zusammen leben in Bremerhaven" & das Theaterstück "Über Schiffe gehen – Theaterprojekt mit Menschen mit Demenz"
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Michael Ganß<br />
Kunsttherapeut <strong>und</strong><br />
Gerontologe<br />
<strong>Über</strong> <strong>Schiffe</strong> <strong>gehen</strong><br />
E<strong>in</strong> <strong>Theaterprojekt</strong> <strong>mit</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />
Der Vorhang öffnet sich. Das Auge taucht <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en silbrigen Raum e<strong>in</strong>, der an e<strong>in</strong>em silbrig<br />
glitzernden Lamettavorhang endet. Auf der<br />
Bühne stehen e<strong>in</strong> großes „H“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong> ebenso<br />
großes „C“. Vorn sitzt unbeweglich e<strong>in</strong>e Frau<br />
<strong>mit</strong> gesenktem Kopf. Stille. Leise erkl<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e<br />
melancholische Melo<strong>die</strong>. E<strong>in</strong> Mann taucht h<strong>in</strong>ter<br />
dem flimmernden Vorhang im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>auf</strong>.<br />
Weißes Jackett, e<strong>in</strong>e Rose am Revers. Se<strong>in</strong>en<br />
Blick richtet er <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Frau. Still <strong>und</strong> unbeweglich<br />
sitzt sie da. Kaum wahrnehmbar beg<strong>in</strong>nen<br />
ihre F<strong>in</strong>ger den silbernen Stoff ihres Kleides zu<br />
ertasten. Langsam wendet sich <strong>die</strong> Hand<strong>in</strong>nenfläche<br />
nach oben <strong>und</strong> ihr Blick wendet sich<br />
<strong>die</strong>ser zu. 400 Augen folgen dem Blick <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
Hand, während <strong>die</strong> andere unmerklich <strong>das</strong> Kleid<br />
bis über <strong>das</strong> Knie rafft.<br />
Ausverk<strong>auf</strong>t ist <strong>das</strong> Bremerhavener Theater im<br />
Fischereihafen an <strong>die</strong>sem Premiere-Abend. Die<br />
Theaterbesucher folgen <strong>auf</strong>merksam dem Spiel<br />
<strong>auf</strong> der Bühne, s<strong>in</strong>d neugierig <strong>und</strong> gebannt.<br />
Später lachen sie herzlich über Lieselotte Ott<br />
<strong>und</strong> Wolfgang Marten, <strong>die</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Café <strong>auf</strong><br />
Mallorca um <strong>die</strong> Wette <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander flirten, um<br />
dann, <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander Walzer tanzend, <strong>auf</strong> dem Weg<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Strandbar, von der Bühne zu entschw<strong>in</strong>den.<br />
Das <strong>Theaterstück</strong> „<strong>Über</strong> <strong>Schiffe</strong> <strong>gehen</strong>“ entstand<br />
<strong>in</strong> drei Monaten Probearbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>teraktiven<br />
Prozess zwischen acht Schauspielern <strong>und</strong> dem<br />
Theatermacher <strong>und</strong> Autor Erpho Bell. Die ersten<br />
Probenwochen fanden <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>er <strong>mit</strong> Klebeband<br />
improvisierten Bühne im „Café Böhnchen“,<br />
im „Haus im Park“ <strong>in</strong> Bremerhaven statt, dem<br />
Zuhause von sechs der acht Schauspieler<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Schauspieler des Stückes. Erfahrungen <strong>mit</strong><br />
dem Theaterspielen hatten sie noch nicht, als<br />
Erpho Bell sie ansprach. E<strong>in</strong>e Woche lang besuchte<br />
er <strong>die</strong> Bewohner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bewohner <strong>mit</strong><br />
<strong>Demenz</strong> im „Haus im Park“. Er suchte den Kontakt<br />
zu den Bewohnern, plauderte <strong>mit</strong> ihnen,<br />
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