HEINZ Magazin Essen 10-2016
HEINZ Magazin Oktober 2016, Ausgabe für Essen
HEINZ Magazin Oktober 2016, Ausgabe für Essen
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Auf der dritten Welle reiten, heißt nicht nur selber rösten, sondern auch<br />
genau wissen, wo kommt her, was ich in den Röster schmeiße und was<br />
schlussendlich in der Tasse landet.<br />
Bochum. Boulespieler rollen Kugeln und drinnen prasseln die Bohnen.<br />
Simon Hass hat im Bochumer Kubus Kunst im Schlosspark Weitmar<br />
seinen zweiten Geniestreich eröffnet. Es ist die zweite Filiale seiner<br />
Kaffeeschmiede Baristoteles. Nun röstet er hier zwischen Park, Kunst,<br />
Boule und Bäumen.<br />
Ein Genussgut muss etwas kosten. Das kommt nicht von ungefähr.<br />
Simon Hass achtet genau darauf, woher die Bohnen kommen und darauf,<br />
dass sie direkt gehandelt werden.<br />
Seinen Kaffee nennt er Koks. „Koksen, ohne sich die Hände schmutzig<br />
zu machen“, lacht er. „Es fühlt sich unterm Strich besser an zu wissen, dass<br />
es den anderen gut geht, dass sie etwas davon haben. In so einer kleinen<br />
heilen Welt kann man den Kaffee viel besser genießen“, führt er weiter<br />
aus. Und so zahlt er für seine Direktimporte aus Sri Lanka oder von den<br />
kolumbischen Kogi-Indianern Preise, die über Fairtrade hinausgehen.<br />
Third Waver denken also rund um die Bohne. Und in Bochum wird<br />
sogar noch weiter drumherumgedacht. Wenn schon so guter Stoff genossen<br />
werden darf, geht das auch tuttokompletti ganzheitlich. Beim<br />
Genuss wird nicht einfach der Kopf abgeschaltet. Bewusst konsumieren<br />
ist auch ein Gedanke der Slow Food-Bewegung. Simon klopft auf den<br />
Kuchentresen: „Das war einmal ein Aquarium. Und wir sitzen gerade<br />
auf ausrangierten Kirchenbänken.“ Warum wegschmeißen, was anders<br />
genutzt werden kann. Gut für unseren Planeten. Und gut tut diesem<br />
auch das müllvermeidende Verpackungskonzept des Bochumers. An<br />
der Wand des Baristoteles hängen vier riesige Apothekerflaschen. Das<br />
Koks gibt es hier zum Abzapfen, und zwar wiederum in Apotherflaschen,<br />
aber handliche. Schick machen sie sich auf dem Küchenregal.<br />
Zuletzt gehören Spezialitäten zur dritten Kaffeewelle. Kaffee kann<br />
genossen werden wie ein Glas Wein, der Genuss noch gesteigert werden.<br />
Simon Hass experimentiert und probiert aus. Gerade tüftelt er an<br />
Infusioncoffee. Er verpasst den Bohnen vor der Röstung ein Bad in edlen<br />
Tropfen wie Portwein, Cognac oder Rotwein, um daraus das perfekte<br />
Trinkdessert brühen zu können.<br />
Third Wavern gehen Ideen nicht aus und sie gehen mit vielen voran.<br />
Ihre Mission hat im <strong>HEINZ</strong>-Sektor erst begonnen. Filterplörre und Milchschaumschweinerein<br />
gibt es noch viele. Und Omis, die den Prodomo nur<br />
heiß trinken, und zwar richtig heiß, sei eben immer wieder zu erklären,<br />
dass guter Kaffee eigentlich nur ein Warmgetränk ist.<br />
Slow Food im Sektor<br />
„Ich möchte die Geschichte einer Speise kennen. Ich möchte wissen,<br />
woher die Nahrung kommt.“ So bringt Carlo Petrini, geistiger<br />
Vater und Präsident der internationalen Slow Food-Bewegung,<br />
den Kerngedanken seiner Idee auf den Punkt. Die zugrundeliegende<br />
Philosophie lässt sich am besten mit „bewusster“, nicht mit<br />
„langsamer“ Ernährung umschreiben. Ähnlich ist es beim Kaffee.<br />
Denn dabei kommt es nicht nur auf das Zelebrieren des Brühens<br />
und Trinkens an, sondern auch auf den nachhaltigen Anbau und<br />
eine faire Produktion. Längst ist die Bewegung hierzulande angekommen<br />
und entfaltet sich in sogenannten Convivien. Es gibt<br />
zahlreiche regionale Gruppen im Sektor: In Bochum hält Manfred<br />
Vorbrugg Informationen zu gemeinsamen Restaurantbesuchen<br />
oder Bauernhofbesuchen bereit; in Dortmund heißt der Ansprechpartner<br />
Klaus Dietrich. Für Duisburg und das Niederrheingebiet leitet<br />
Ute Meusel das Convivium, und wer im Raum <strong>Essen</strong> mehr über<br />
Slow Food erfahren möchte, gelangt über Hanne Wortberg und<br />
Manfred Weniger an Informationen. Für das Convivium Bergisches<br />
Land dürfen Lisa Anschütz, Bernward Geier und Hans Georg Wenke<br />
(Arbeitskreis Burger Brezel) kontaktiert werden. In Deutschland<br />
werden derzeit über 13.500 Mitglieder in rund 85 Convivien gezählt.<br />
Alle Slow Food-Gruppen vor Ort sind unter www.slowfood.de<br />
gelistet. Hier besteht auch die Möglichkeit, per Online-Formular<br />
Mitglied von Slow Food Deutschland zu werden.<br />
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