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geboren. Hier zur Schule. Und Du nennst mich Ausländer?

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Z U S A M M E N M I T<br />

zweijährige Wohnsitzdauer im Kanton<br />

Basel-Stadt nachgewiesen werden<br />

können. Natürlich gibt es Fälle, wo die<br />

realen Verhältnisse etwas angepasst<br />

werden, damit eine Notwohnung bezogen<br />

werden kann: «Man muss wach<br />

sein in diesem Job, denn es gibt immer<br />

wieder mal Leute, die einem irgendwelche<br />

Geschichten auftischen.» So<br />

werden beispielsweise Kinder als Mitbewohnende<br />

angegeben, die tatsächlich<br />

anderswo wohnen. Das ist jedoch nicht<br />

die Norm. Der Kanton Basel-Stadt stellt<br />

203 Notwohnungen in der Grösse von<br />

einem bis vier Zimmern <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Etwa die Hälfte davon ist in Riehen<br />

Mit Mobility ständig auf Achse<br />

Mario Conzett vor den Notwohnungen am Rüchligweg in Riehen<br />

angesiedelt (s. Kasten). Mario Conzett<br />

zeichnet nicht nur für einen reibungslosen<br />

Ablauf bei der Notschlafstelle<br />

verantwortlich, er ist auch zuständig für<br />

die Verwaltung sämtlicher Notwohnungen.<br />

Das beinhaltet unter anderem Abnahme<br />

und Instandstellen der Wohnungen<br />

bei Mieterwechsel, Buchhaltung<br />

und Verwaltung. Da die durchschnittliche<br />

Verweildauer in einer Notwohnung<br />

normalerweise bis zu einem halben<br />

Jahr beträgt, bringt dies eine sehr hohe<br />

Fluktuation mit sich. Das bedeutet, dass<br />

jährlich zwischen 50 und 70 Wechsel<br />

anstehen. Das heisst für Mario Conzett:<br />

Wohnung abnehmen, kontrollieren und<br />

bei Bedarf auch renovieren. «Manchmal<br />

sehen die Wohnungen schlimm aus.<br />

Hin und wieder kommt es sogar zu<br />

Vandalismus, wenn die Mieter wütend<br />

sind, weil sie die Wohnung wieder<br />

verlassen müssen. Eine Mieterin war<br />

einmal so aufgebracht darüber, dass sie<br />

ausziehen musste, dass sie den Abfluss<br />

ihrer Badewanne verstopfte und vor<br />

Verlassen der Wohnung das Wasser voll<br />

aufdrehte. Als die Nachbarn etwas gemerkt<br />

haben, stand das Wasser bereits<br />

mehrere Zentimeter hoch in der ganzen<br />

Wohnung.»<br />

Öffentlichkeit aufklären<br />

Grundsätzlich hat jede Mieterin und jeder<br />

Mieter die Möglichkeit, die Mietdauer<br />

um maximal ein Jahr zu verlängern.<br />

Denn Ziel ist es, dass die jeweiligen<br />

Mieter und Mieterinnen nach Ablauf<br />

einer gewissen Frist wieder soweit Fuss<br />

gefasst und Arbeit gefunden haben, so<br />

dass sie eine reguläre Wohnung mieten<br />

können. Dennoch gibt es natürlich eine<br />

ganze Anzahl Leute, insbesondere ältere<br />

Personen, die in ihren Notwohnungen<br />

bleiben wollen. Viele sind nach einiger<br />

Zeit gut in ihrem Umfeld integriert und<br />

möchten nicht mehr fort.<br />

Dozierende und Studierende der Fachhochschule<br />

für Pädagogik und Soziale<br />

Arbeit in Basel haben im Jahr 2005 einen<br />

Forschungsbericht* veröffentlicht,<br />

der die Befindlichkeiten in den baselstädtischen<br />

Notwohnungen beschreibt.<br />

Auch das ist Teil des Pflichtenheftes von<br />

Mario Conzett: Er hat den Studierenden<br />

bei ihren Nachforschungen wertvolle<br />

Besuch beim Abwart vom Hirtenweg, Patrick Eberle … … und bei der guten Seele vom Rüchligweg, Jlona Burtscher.<br />

Informationen geliefert und sie bei<br />

ihrer Arbeit unterstützt. Überhaupt ist<br />

es Conzett ein grosses Anliegen, die<br />

Institutionen, für die er verantwortlich<br />

zeichnet, einer breiteren Öffentlichkeit<br />

bekannt zu machen. Eines der<br />

Highlights seiner unermüdlichen<br />

Bemühungen war die Führung durch<br />

die Notschlafstelle für Kadermitglieder<br />

einer Schweizer Bank. «Die Leute waren<br />

nachhaltig beeindruckt.»<br />

Trotz Rückschlägen motiviert an die<br />

Arbeit<br />

Auch wenn es manchmal rau zugeht<br />

und er beleidigt und bedroht wird: «seine»<br />

Schlafgängerinnen und Schlafgän-<br />

Verweis auf die Hausregeln in den Notwohnungen<br />

ger sind für Mario Conzett nicht einfach<br />

Übernachtungszahlen und Namenlisten.<br />

Für ihn sind sie zuerst Menschen,<br />

denen er nach Möglichkeit hin und<br />

wieder auch eine Freude machen will.<br />

An Ostern stehen am Empfang der<br />

Notschlafstelle für alle Ostereier parat,<br />

weihnachtliche Leckereien verteilen und<br />

mitmachen bei «Zwei Mal Weihnachten»,<br />

einer Aktion des SRK, die Weihnachtsgeschenke<br />

weiterverteilt, für die<br />

bei den ursprünglichen Adressaten kein<br />

Bedarf bestand, sind für Conzett eine<br />

Selbstverständlichkeit. Er arbeitet eng<br />

mit der Basler Tafel zusammen und<br />

legt regelmässig in den Notwohnungen<br />

Flyer von «Tischlein deck dich auf».<br />

Was motiviert jemanden, eine Arbeit,<br />

die häufige Rückschläge und Enttäuschungen<br />

mit sich bringt, mit so viel<br />

Engagement zu leisten? «Ich arbeite<br />

gerne für die Stadt Basel, es macht mir<br />

Freude, dort etwas bewegen zu können,<br />

wo andere finden, es sei aussichtslos»,<br />

und da ist noch etwas: «Ohne den Rückhalt<br />

durch meine Frau ginge das nicht.<br />

Sie gibt mir die Kraft, die ich täglich<br />

brauche, um bei der Arbeit mein Bestes<br />

zu geben.»<br />

* Forschungsberichte des Moduls «Lernen und Forschen»,<br />

Band 6, Jutta Guhl, Matthias Drilling (Hrsg.),<br />

Leben in Notwohnungen<br />

Notwohnungen in Basel und Riehen<br />

Hirtenweg 2/6/10<br />

Rüchligweg 121 – 129 / 133 – 143<br />

Belforterstrasse 120 – 130<br />

Theodor Herzl-Strasse 2 – 24<br />

Die Notwohnungen am Rüchligweg<br />

werden aufgehoben, ein entsprechender<br />

Ersatz wird an einem anderen<br />

Standort angeboten. Auf dem so<br />

freiwerdenden Areal Rüchligweg/<br />

Kohlistieg wird das Alters- und Pflegeheim<br />

Humanitas neu aufgebaut,<br />

dazu kommen neue Stadtwohnungen.<br />

Voraussichtlicher Baubeginn ist im<br />

Jahre 2010. Hochwertige Wohnungen<br />

werden auch am bisherigen Standort<br />

des Humanitas an der Inzlingerstrasse<br />

erstellt.<br />

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