Joseph A. Schumpeter und Max Weber - KOPS
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JÜRGEN ()STERHAMMEL<br />
Spielarten der Sozialökonomik:<br />
Joscph A. Schumpcter <strong>und</strong> <strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>*<br />
Noch ist nicht zu erkennen, ob die mancherorts prophezeite Renaissance des<br />
Wirtschaftstheoretikers <strong>Joseph</strong> Alois <strong>Schumpeter</strong> heraufdämmern wird. Unbestritten<br />
ist jedoch sein Rang <strong>und</strong> Ruhm als Interpret <strong>und</strong> Historiker der sozialwissenschaftlichen<br />
Überlieferung. Seine nachgelassene »History of Economic<br />
Analysis«1 hat Licht <strong>und</strong> Schatten verteilt, Reputationen erhöht <strong>und</strong> angefochten,<br />
lJrteile ausgesprochen, an denen sich seit drei Jahrzehnten die Geister scheiden.<br />
Er war ein Könner der biographischen Skizze, ein Virtuose des akademischen<br />
Nekrologs, den er verstand als Würdigung im buchstäblichen Sinne des<br />
Zumessens geistiger Dignität, ohne daß doch des begründeten Einspruchs gegen<br />
fragwürdige Partien eines oeuvre entraten werden müßte. In der ökonomischen<br />
Theorie aus Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart Lebendiges von Totem zu<br />
sondern, war eine der wichtigsten Aufgaben, die <strong>Schumpeter</strong> sich stellte.<br />
Ihr die letzten Lehensjahre fast ausschließlich zu widmen, war wohl auch ein<br />
Eingeständnis, daß seiner großen kreativen Leistung, der »Theorie der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung«, die der Acht<strong>und</strong>zwanzigjährige 1911 veröffentlicht<br />
hatte,2 kein ebenbürtiges theoretisches Spätwerk folgen würde; John Maynard<br />
Keynes hatte 1936 mit seiner »General Theory of Employment, lnterest and<br />
Money« das ökonomische Denken in Bahnen gelenkt, gegen die der Erbe der<br />
Vorkriegstheorie unzeitgemäß <strong>und</strong> erfolglos aufbegehrte. Aber es darf nicht<br />
übersehen werden, daß <strong>Schumpeter</strong> schon von seinen frühesten Schriften an<br />
unablässig auf die Lehrtradition reflektierte. Seine eigene theoretische Arbeit<br />
blieb eingetaucht in die Atmosphäre immerwährend wacher Kritik.<br />
<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong> hatte die interpretatorische Begabung dcs jungen Gra:r.cr Professors<br />
früh erkannt <strong>und</strong> ihm das Kapitel über »Epochen der Dogmen <strong>und</strong> Metho-<br />
* Nach Abschluß des Manuskripts erschien Randall CollinJ, <strong>Weber</strong>ian Sociological Theory,<br />
Cambridge 1986, dessen bemerkenswertes Kapitel »<strong>Weber</strong> and <strong>Schumpeter</strong>: toward<br />
a general sociology of capitalism« (S. I 17 . 142) nicht mehr berücksichtigt werden<br />
konnte.<br />
I Jouph A. SchNmpetrr,lIistory ofEconomic Analysis. Fdited from Manuscript hy F.lizabeth<br />
Boody <strong>Schumpeter</strong>, London 19\4. Nach seiner Übersiedlung In die USA verüffentlichte<br />
<strong>Schumpeter</strong> seine Arbeiten fast ausschließlich in englischer Sprache. Im folgenden<br />
werden die jeweiligen Originalausgaben zitiert.<br />
z .IoJeph A. SchNmprter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine Untersuchung<br />
üher Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins <strong>und</strong> den Konjunkturzyklus, Leip7.ig<br />
1911 (fortan zitiert nach der 6. Auflage. Bedin 1964).<br />
147
Methodologie <strong>und</strong> Methode:<br />
Konventionalismus, Idealtypus <strong>und</strong> Modell<br />
In demselben Jahr 1908, in dem der junge <strong>Schumpeter</strong>, damals als promovierter<br />
Jurist am Internationalen Gerichtshof in Kairo tätig, sein Buch »Das Wiesen <strong>und</strong><br />
der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie« veröffentlichte, meldete<br />
sich <strong>Max</strong> <strong>Weber</strong> zu einer wissenschaftslogischen Prinzipienfrage der Wirtschaftstheorie<br />
zu Wort. In seinem Aufsatz »Die Grenznutzenlehre <strong>und</strong> das >psychophysische<br />
Gr<strong>und</strong>gesetz
zirkels heteiligt, einen Separatfrieden für ()stcrreich Zu Lrwirken.l'n W'ährend<br />
des Zweiten \X'c1tkriegs \1.·idcrsctztc er sich der Außenpolitik seiner \X/ahlheimat<br />
Amerika, auch wenn ihn die" das \'fohlw()lkn seihst guter Fre<strong>und</strong>e kostete.l'H<br />
\X"eJer gnlr der Nation .