Die Bhagavad Gita
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<strong>Die</strong><br />
BHAGAVAD GITA<br />
<strong>Die</strong> Transzendenz der menschlich geistigen<br />
Erkenntnis<br />
1
2
Persönliche Einleitung von Attila Lusthoff<br />
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> – Gesang des Erhabenen – ein Abschnitt aus der Mahabharata –<br />
der großen Erzählung – ist eine der prominentesten Literatur der Hinduphilosophie,<br />
die die Menschheit sich geschaffen und erhalten hat. Der vermutlich zwischen dem<br />
fünften und dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert entstandene Text ist eine Zusammenführung<br />
mehrerer verschiedener Denkschulen des damaligen Indien auf<br />
Grundlage der Veden, der Upanishaden, des orthodoxen Brahmanismus, des Yoga<br />
u. a. m., steht aber den Upanischaden gedanklich am nächsten.<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist ein religiöses Edikt. Sie zeichnet sich vor allem durch ihren<br />
dialektischen Gehalt aus und gilt als eines der Meisterwerke menschlicher Psychologie.<br />
Sie hat mich bereits als Kind in einem Internat beim Zusammenwohnen mit einem<br />
Psychologiestudenten begeistert, so dass ich sie regelrecht verschlungen habe.<br />
Mit 14 Jahren habe ich mit dem Yoga und mit Dauerläufen begonnen und habe es<br />
darin zur Meisterschaft gebracht. Gleichzeitig, was für einen 14jährigen Gymnasiasten<br />
ungewöhnlich ist, las ich Bücher über Psychologie, die im Bücherschrank meines<br />
Zimmergenossen zuhauf greifbar waren. Darunter unter anderem FREUD, NIETZ-<br />
SCHE, MARX und ENGELS usw. – Weil dass ich in diesem Internat sozusagen gelandet<br />
bin, hat wahrhaft zu Grunde die Gewalt. Sei sie einerseits durch die Trennung<br />
meines Vaters von seinen Großeltern durch den Mauerbau 1961, der Trennung meiner<br />
Eltern 1964 im ehemaligen West-Berlin.<br />
Ich bin 1957 in Istanbul geboren. Mein Vater ist ehemaliger West-Deutscher, zu dem<br />
ich keinen Kontakt mehr habe, und meine Mutter ist Türkin, aus Fethiye, und sie ist<br />
leider verstorben. Dennoch habe ich viel von der Welt gesehen: Bereiste damals<br />
West-Europa und lebte sieben Jahre in Istanbul, zehn Jahre in Norditalien, vier Jahre<br />
in West-Deutschland – als Physiotherapeut – und über dreißig Jahre in Berlin.<br />
Meine Aufgabe als Yogi ersehe ich insofern, den Extrakt der BHAGAVAD GITA erneut<br />
aufzulegen und gemäß meiner Erkenntnisse etwas, jedoch unwesentlich, dem<br />
Verständnis der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechend zu berichtigen.<br />
Ich habe deshalb die Verse an den ZWEITEN WELTKRIEG angelehnt und<br />
leicht auf den ZWEITEN WELTKRIEG bezogen abgeändert. Gleichfalls möge der<br />
KALTE KRIEG durch die Trennung der Ostblockstaaten gegenüber dem kapitalistischen<br />
WESTEN als Anlehnung dafür sprechen, dass wir als Menschengemeinschaft<br />
und Gesellschaft nur diesen einzigen Planeten zur Lebensgrundlage haben.<br />
Natürlich berücksichtige ich die moralische Kritik von ALBERT SCHWEITZER, der<br />
die BHAGAVAD GITA ethisch ablehnt. Gleichzeitig und – und das ist der Aussagegehalt<br />
der BHAGAVAD GITA – dass sich durch den Mangel an gesellschaftlicher<br />
oder der Moral im Menschengeiste ein DUNKLES ZEITALTER hereinzöge, der die<br />
menschliche Gesellschaft durch Krieg und Mord ideologisch kläre.<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA verweist auf das KARMA: Denn das Leben ist – und das<br />
nachweislich – aus sich selbst entstanden und hat kosmogene Ursachen. Das Leben<br />
ist eine Kette von Geburt und Wiedergeburt. Leben ist ein atomares, molekulares –<br />
ein energetisches Geschehen.<br />
<strong>Die</strong> heutige Wissenschaft versucht die Logik des Universums in der Quantenphysik<br />
zu erklären. <strong>Die</strong> STRING-THEORIE ist hinzugekommen. Gar im Nichts, also im Vakuum,<br />
entstehen stets Energiefluktuationen. Und aus dem Nichts ist unser Universum<br />
entstanden.<br />
Doch die Krönung der Schöpfung selbst ist das menschliche Gehirn, die menschliche<br />
Vernunft, der menschliche Verstand, die menschliche Kultur und vor allem die<br />
3
menschliche Bildung und der menschliche Anstand sowie seine Ehrfurcht vor der<br />
Kreation und vor der Kreatur.<br />
Der dialektische und ideologische Prozess innerhalb der Menschengemeinschaften<br />
und der Gesellschaften seit der Menschwerdung, deren Grundlage, einerseits durch<br />
die Monarchie hin zur Demokratie und andererseits durch den SCHWARZEN FREI-<br />
TAG 1929 an der WALL-STREET sowie der Bindung aller Weltwährungen an den<br />
GOLD-STANDARD und an den US-DOLLAR – die Ursache der beiden kurz aufeinander<br />
folgenden Weltkriege waren und zur Erschaffung von zwei Weltideologien –<br />
nämlich die des Sozialismus und die des Kapitalismus und zum Kalten Krieg geführt<br />
haben – hat ALBERT SCHWEITZER zu seinen Lebzeiten nicht voraussagen können.<br />
– Aber die Schöpfung der UNO nach 1949 als friedliche Gemeinschaft zur Lösung<br />
der ideologischen Weltprobleme und die Wechselkurse, werde er sicherlich begrüßt<br />
haben. Wer weiß, wie er über die Rating-Agenturen und über die PIIGS innerhalb der<br />
Europäischen Gemeinschaft urteilen würde, die erneut zu einer Grundlage werden<br />
könnten, derer sich die GITA zu Eigen macht: Zu erneutem Völkermord und der<br />
Rechtstellung von Ethik und Moral, wie wir es jüngst in Afrika erleben...<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA oder kurz GITA genannt, ist ein Auszug aus der MAHABHA-<br />
RATA. Das heißt, aus der GROSSEN ERZÄHLUNG über INDIEN. Sie ist die Grundlage<br />
des Hinduismus, die, wenn sie verstanden, eine sehr feine Philosophie sowie<br />
Religion an sich darstellt. Dass ich daran nicht zweifele, versuche ich mit dem Einbezug<br />
und der Verkettung von eigenständig entstandenen Philosophien, wie die des<br />
SCHOPENHAUER, KANT, HEGEL bis hin MARX und ENGELS zu bekräftigen.<br />
Sri Krischna ist in allen Zusammenhängen als Wagenlenker ein Medium der Vermittlung<br />
vo Erkenntnis und Einsicht für Arjuna: eine Metapher der Inkarnation der ewigen<br />
Weisheit der universellen Wirkkraft und der Bedeutung von Erkenntnis, Einsicht und<br />
der Bedeutung von Vernunft, Ethik und Moral.<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA selbst ist an sich eine Metapher. Sie stellt im Grunde genommen<br />
eine fiktive psychiatrische Schlacht im Gehirn des Menschen und seinem Verständnisvermögen<br />
dar und ist deshalb zeitlos.<br />
Stets sind es Einzelmenschen – wenn wir uns die Zeiträume betrachten, in denen<br />
Propheten und Wahrsager Religionen gründeten – die bedingt durch ihren Charakter<br />
und ihre Psyche Massen in Bewegung brachten. Schlimmstenfalls erwähne ich A-<br />
DOLF HITLER und alle Völker, die sich von einem Psychopathen real in Massenmorde<br />
hineinziehen haben lassen. <strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist eine altertümliche Warnung<br />
vor der Psychopathie und gilt als sie nach wie vor: Nämlich, wenn psychiatrisch<br />
bedingt und durch die ideologische Unordnung der heutigen menschlichen Gesellschaft<br />
und im Zuge der immer knapper Lebensressourcen, dem Versagen einer geregelten<br />
Weltwirtschaft, sich die Gewalt immer mehr zuspitzt. Irgendwann einmal<br />
werden gar die Geheimdienste kapitulieren und die Menschheit wird sich in einer A-<br />
pokalypse, welcher Genre auch immer, in Massen vernichten. Im ZWEITEN WELT-<br />
KRIEG waren es Millionen. In einem gegebenen DRITTEN WELTKRIEG könne<br />
nichts mehr bestehen, was einst die Schöpfung darbrachte.<br />
<strong>Die</strong> GITA warnte vor 300 Jahren unserer Zeitrechnung stets davor, dass es die Möglichkeit<br />
von Völkermord durch den allgemeinen und gesellschaftlichen Verfall von<br />
Ethik und Moral dazu kommen kann. Deshalb empfiehlt sie den Yoga und die<br />
Selbsterkenntnis, um die Menschheit vor derart psychiatrischen Abgründen zu wahren.<br />
Doch beweist die heutige menschliche Wissenschaft, dass der Grundgedanke der<br />
BHAGAVAD GITA absolut ist, im Erkenntnis- und Aussagegehalt eine universelle<br />
Darstellung vom Sein hergibt: In Zeitaltern, in denen Universen entstehen und ver-<br />
4
gehen, ist die Kernaussage der GITA und des HINDUISMUS die Verkörperung des<br />
Universums bis hin zu unserem Planeten und uns Menschen einer urgründlichen<br />
Kraft, die zwischen dem Nichts und der Inkarnation alles in sich bindet.<br />
<strong>Die</strong> Aussage des HINDUISMUS hat in einigen wenigen Passagen Bindungen zu anderen<br />
Weltreligionen, wie Seelenwanderung und Wiedergeburt. In sich sind diese<br />
letzten Aussagen sich im HINDUISMUS selbst wiederfindende Widersprüche, die der<br />
Kernaussage des HINDUISMUS – nämlich der Inkarnation der Urkraft, die mit dem<br />
Urknall den Raum und die Zeit geschaffen hat. Wissenschaftlich gilt eine ursächliche<br />
und radikale Betrachtung. Aber die GITA wurde 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung<br />
geschrieben. Da hat es noch kein Internet, keine Zivilisationen, wie in unserer Zeit,<br />
keine derartige Mobilitäten, wie wir sie heutzutage haben gegeben, die sich auf dem<br />
Pfeiler der Demokratie, der gesellschaftlichen nationalen Ordnung sowie der internationalen<br />
Ordnung stützten. Gleichsam diese Feststellung in keiner Weise einen Bezug<br />
zu der Unterordnung des globalen menschlichen Zusammenleben zu unserer<br />
heutigen Marktwirtschaft wiedergibt und eher durch den Yoga sich dazu kontrovers<br />
stellt.<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA erhebt Anspruch und Respekt für das persönliche und zeitlich<br />
begrenzte Leben geschaffen als PRAKRITI oder das SAMSARA 1 , das sich gründet<br />
auf die Inkarnationskraft des BRAHMAN als Begriff.<br />
Analog zur BHAGAVAD GITA haben sich einige zeitlose grundlegende Philosophien<br />
entwickelt wie der STOIZISMUS oder das ZA-ZEN bis hin zum von FRIEDRICH<br />
NIETZSCHE propagierten NIHILISMUS. Für die Quadratur menschlichen Begreifens<br />
und Sozialverhaltens findet sich in der BHAGAVAD GITA ein Fundament. Der grundlegende<br />
Inhalt ist, wie der Kranich als Gleichnis dazu äußert, dass im Geficht aller<br />
Handlungen kein Mensch persönlich an seinen eigenen Tod glaubt und nichts nach<br />
seinem Tod mitnehmen kann. Hier liegt der eigentlich verständnismäßige und erhebliche<br />
Ansatz der BHAGAVAD GITA, das Leben und Sterben eine Folge von Inkarnationen<br />
der Quintessenz sind, die auch das Universum geschaffen hat. <strong>Die</strong> grundlegende<br />
Vermittlung in der BHAGAVAD GITA und im Zwiegespräch von SRI<br />
KRISCHNA und ARJUNA ist tatsächlich mystisch bis hin psychiatrisch und stellen<br />
sich entgegen den von Religionen propagierten Unsterblichkeit des Menschen und<br />
seiner Aufnahme in ein Himmelreich... Hierzu möchte ich mich nicht weiter äußern<br />
und es dem Leser selbst überlassen, in welcher Art von Glaubensgemeinschaft und<br />
für sich selbst er schlüssige Erkenntnisse ziehe.<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA stellt für sich fest, das BRAHMAN die Stütze allen Seins ist.<br />
RABINDRANATH TAGORE zitiert in einem Aphorismus: Ich liebe meinen Gott, da er<br />
mir die Freiheit der Entscheidung lässt und stellt im Gegensatz zu manchen anderen<br />
Weltreligionen fest, dass BRAHMAN in sich ein Nicht-Begriff – das NIRWANA – lediglich<br />
eine Weisung ist, die auch SIDDHARTA GAUTAMA, der BUDDHA aufgegriffen<br />
hat.<br />
Ich glaube, dass auch SIDDHARTA GAUTAMA die Kernaussage des HINDUISMUS<br />
nicht verstanden hat und sich gemäß den Bedingungen der ehemaligen Bedingungen<br />
der indischen Gesellschaft mit Kastenwesen eine bürgerliche und ideologische<br />
Abspaltung in seinen persönlichen Aussagen binden wollte: Der BUDDHISMUS ist<br />
dialektisch für mich genauso wenig eine Ziel weisende Ideologie.<br />
Mehrfach habe ich erfahren, wie damit Menschen psychisch und ideologisch manipuliert<br />
werden. – In diesem Sinne warne ich jeden Menschen vor Gruppierungen und<br />
1 Beide Begriffe beziehen sich auf den Wandel durch Energieerhaltungsgesetze und schließen damit<br />
Geburt, Leben und Tod sowie den Wandel des Leichnams als Grundlage für neues Leben ein.<br />
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Sekten, die Heilsverkündigungen anpreisen: Jeder Verstand, Vernunft – also jedes<br />
menschliche Einzelgehirn – muss für sich begreifen, dass seine Wünsche, seine Begehen,<br />
seine Taten, seine Sexualität und dergleichen mehr nichts anderes sind, als<br />
elektrische Ströme in seinem Gehirn. Sie sind die Folge vom Austausche von elektrischen<br />
Strömen innerhalb der Architektur seines Zentralnervensystems. 2<br />
Dialektisch hält die BHAGAVAD GITA nahezu an eine Schöpfung durch einen Gott<br />
fest. Doch im Begriff Inkarnation in der GITA findet sie eher in CHARLES DARWIN<br />
ihren Fürsprecher. Leider ist es so, dass eine Religion mit dem Erkenntnisfortschritt<br />
von Physik, Chemie und Mathematik Schritt halten muss. Da gehören Stöckelschuhe,<br />
die im Laufe der Jahrzehnte bei Frauen zu gravierenden Fußdeformationen genauso<br />
wenig hinein wie Top-Models, die im Laufe ihrer Zeit dadurch seelische Probleme<br />
bekommen, weil sie verblüht sind und als Models unwertig durch andere verdrängt<br />
werden. <strong>Die</strong> Zeit und ihr Gang, Leben und Sterben, sind ein universelles Maß.<br />
Auf Ideale und auf Idole kann deshalb niemals Verlass sein!<br />
Wesentlich ist in der BHAGAVAD GITA und im Dialog zwischen SRI KRISCHNA und<br />
ARJUNA, dass SRI KRISCHNA ARJUNA als Wagenlenker lehrt, dass sich die gesamte<br />
Schlacht im Gehirn von ARJUNA abspielt und er seine psychischen Kräfte<br />
durch den Yoga erkenne und somit seine ethische und moralische Eingebundenheit<br />
gegenüber der Schöpfung. SRI KRISCHNA ist in diesem Sinne als Wagenlenker und<br />
im Gehirn von ARJUNA selbst das Gewissen und eine intellektuelle sowie emotional<br />
gebundene Kraft der Unterscheidung für sein Handeln.<br />
Insofern ist die BHAGAVAD GITA ein Meisterwerk der Psychiatrie! ()<br />
Das gelte auch für Serienmörder und Triebtäter in unserer Gesellschaft, dem auf<br />
dem Wege der Erziehung Versagen vorgeworfen werden muss: Eine Gesellschaft, in<br />
der Massenmörder, Triebtäter und Kriminelle gezeugt werden, hat ideologische und<br />
soziale Probleme menschlicher Gemeinschaften, was wir in Nationen,<br />
auch trotz der UNO,<br />
auf unserer Erde im Rahmen kollektiver Zustimmung heute noch wieder finden!<br />
Stets dafür zeichnen sich die Despoten ab, die ein Volk ideologisch derart verblenden,<br />
dass große Massen von Menschen eben durch die Verblendung bereit sind,<br />
sich einer Ideologie zu unterwerfen, die analog zum Kriegsgeschehen der BHAGA-<br />
VAD GITA aufgrund von Irrungen und Wirrungen zu morden. Motiviert angefangen<br />
im näheren Umfeld bis hin zum Massenmorden. Fiktiv legt die kapitalistische Gesellschaftsordnung<br />
allem an Möglichkeiten für eine - meines Erachtens wahrhaft psychiatrische<br />
geschaffene Ordnung an Bürgerlichkeit und bourgeoiser Übereinkünfte des<br />
angeblichen Geldverdienens durch Erweckung an Bedürfnissen am Nächsten - bis<br />
hin sich der Kreis schließt und eine menschliche Gemeinschaft verfangen verbleibt in<br />
Spekulationen über ein Wohl und Wehe der Menschen innerhalb der gehegten Gesellschaft.<br />
Seien es die Geißelungen von Bürgern im Alten Rom um etwa 180 nach Christi, die<br />
die Pest als die göttliche Bestrafung Gottes für ein kollektives Fehlverhalten der Bürgers<br />
Rom verhießen und sich wie auch die Pestkranken prügelten und auspeitschten.<br />
Das ist Psychiatrie pur: Ein Schaffenswerk im menschlichen Zentralnervensystem,<br />
das glaubt, es seie die Wirklichkeit und prüde auf ein Machwerk von Selbsttäuschung<br />
hereinfällt, bis hin alle gräulichen Völkermorden und Weltkriege der Menschheit untereinander<br />
stattfinden, weil der/die Standpunkte menschlich-kollektiver Betrachtung<br />
2 ECCLES, POPPER, SCHOPENHAUER, KANT, HEGEL, MARX, NIETZSCHE, SUZUKI, MEISTER<br />
ECKHARD, LAO-TSE u.v.a.<br />
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im menschlichen Zentralnervensystem - also Stammtischparolen - hervorhievten 3<br />
oder diskriminierten.<br />
So ist die BHAGAVAD GITA auch für den Leser ein möglichst vorurteilsfreies dialektisches<br />
Skript, es in dieser Form zu lesen dazu führe, sich selbst zu begreifen, seine<br />
Gedanken und seine Handlungsfelder und schließlich inneren und gemeinschaftlichen<br />
Frieden zu finden...<br />
Da sich das Leben und Erleben ausschließlich im menschlichen Gehirn abspielen, ist<br />
die Meditation – also die persönliche Analyse der Umstände mit den inwendigen psychischen<br />
Kräften – wahrhaft entscheidend. Und das Dharma 4 der menschlichen Gesellschaft<br />
im Sinne der ethisch-moralischen Aussagen der GITA sowie des Hinduismus,<br />
des Buddhismus, des Laozismus und des Zen-Buddhismus werden deshalb<br />
wesentlich. <strong>Die</strong> Inkarnation vom Wesen der Schöpfung wird in SRI KRISHNA verkörpert.<br />
Das beinhaltet auch die Göttliche Schau, dass das Universum an und in sich die<br />
Verkörperung der göttlichen Geist- und Wesenheit darstellt.<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist deshalb das Buch der Bücher, weil es dem Menschen die<br />
Möglichkeit der Erkenntnis durch ihrem Studium und der dazu gehörigen Lauterkeit<br />
von Frieden und Nicht-Stören und Nicht-Zerstören durch Einsicht und Meditation zur<br />
Göttlichkeit zurückfindet.<br />
Wer jedoch streiten will, muss bedenken, dass sein Streit ein Machwerk seiner Nervenströme<br />
in seinem Zentralnervensystem ist und lediglich sich darin bekundet, dass<br />
dieser Mensch noch davon entfernt ist, das zu begreifen, was sein eigenes Zentralnervensystem<br />
stets produziert. () große Bilder und Entfernungen, doch erhebliche<br />
Verfangenheiten: Wie schreibt LAO-TSE doch so schön: Viele Worte meist ins Nichts<br />
verrinnen, weitaus besser, man bewahrt sie innen.<br />
3 gute Laune fischen<br />
4 Rechtschaffenheit, Tugend<br />
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<strong>Gita</strong> und Mahabharata<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist ein Teil der MAHABHARATA, der großen Erzählung, die in<br />
etwa zur gleichen Zeit wie sie selbst entstanden ist. Sie ist ein Epos indischer Geschichtsschreibung<br />
und Erzählkunst und im Gehalt nicht unnennenswert. Sie erzählt<br />
von einer Geschichte und von Fürsten und Kasten, also einer antiken hierarchischen<br />
Gesellschaftsstruktur Indiens. – Sie könne meines Erachtens als eine Basis zu unserer<br />
heutigen Demokratie gelten. ARTHUR SCHOPENHAUER hatte seinerseits<br />
– wahrscheinlich ohne die GITA gekannt zu haben –<br />
einen großen Anteil daran. Sowie die ihm folgenden großen Geisteswissenschaftler<br />
wie – ich kürze einfach mal ab – SCHOPENHAUER, KANT, HEGEL, FROMM,<br />
MARX, ENGELS, REICH usw. usw.<br />
Sie gilt deshalb in der Psychiatrie angesiedelt, da faktisch das menschliche Bewusstsein<br />
nach wie vor irgendwie die Erkenntnisgründe nicht anerkennt – und das zeigt<br />
sich vor allem im muslimischen Glauben – dass der Tod eines Menschen eine Grenze,<br />
die Lücken im gesellschaftlichen Zusammenhang hinterlässt und vor Jahrtausenden<br />
zu hypothetischen Schließungen dieser Lücken wie ein Leben nach dem Tode,<br />
Himmelreich, Engel, Wiedergeburt usw. geführt hat. – Den Leser soll dieses hier<br />
auch nicht interessieren, weshalb Auszüge wie Seelenwanderung und Wiedergeburt<br />
von mir bewusst zensiert wurden, weil die Kernaussage der GITA, die Inkarnation der<br />
Schöpfung an sich, das Universum und letztendlich wir Menschen, a priori, im Vordergrund<br />
steht. Das ist eine sehr alte und doch heutzutage zeitgemäße Aussage, die<br />
wir unserem befristeten Leben entnehmen! Und diene diese Erkenntnis allgemein<br />
dem Frieden aller Geschöpfe, da alles gemäß der BHAGAVAD GITA göttlich ist.<br />
Im Hinduismus gibt es das nicht, wie in der BIBEL Auge um Auge und Zahn um<br />
Zahn: Reaktionäres Gedankengut wird als Täuschung und als Karma 5 beschrieben.<br />
Reaktion wird als Unwissenheit und im Grade der GUNA im menschlichen Geist und<br />
als seine Auswirkung beschrieben. – Gerade die Begrifflichkeit KARMA passt in unsere<br />
heutige Zeit, die wissenschaftlich zugibt, dass Energie niemals verloren geht,<br />
sondern sich gesetzmäßig und kausal umwandelt (absolutes Energieerhaltungsprinzip).<br />
Der Hinduismus ist die drittgrößte Glaubensgemeinschaft der Menschheit. Sie zählt<br />
etwa 3 Milliarden sich zum Hinduismus bekennende Menschen.<br />
Ihre Philosophie entspringt einer, dem Volksraum bei Indien, sehr ausgeprägten<br />
Geistigkeit, Intelligenz, Sensibilität und Intuition. <strong>Die</strong>sem Volksraum verdanken wir<br />
auch wesentlich die Schaffung unseres Kalenders, die Jahreswechsel wie z.B. die<br />
Zeiten der Sonnenwende, die für die Saat von Anteilen von Nahrungsmitteln zum<br />
Ertrag und der Vorratsspeicherung für das Volk sehr wichtig waren.<br />
Hieran zeigt sich, dass das Soziale, die Gemeinschaft, Politik und Urbanisierung der<br />
Länder eine eingreifende Rolle im Zusammenleben der Menschen spielte.<br />
So wert- und gehaltvoll der Kontext sich für jedes Menschenindividuum für seine innere<br />
seelische Ausrichtung zeigen wird, wenn Sie es als Gewinn für sich lesen, um<br />
5 Karma 1. Wirken, einer Tat.<br />
2. Auswirkung einer Tat<br />
3. Das über allen Handlunge und deren Auswirkungen stehende Kausalgesetz auf physischer<br />
und psychischer Ebne<br />
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sich um Ihr Seelenwohl um und ihre psychische Ausrichtung kümmern und hoffentlich<br />
im inneren Dialog für sich Erkenntnisse und Korrekturen vornehmen.<br />
Indien war nach dem ersten Weltkrieg Besatzungsmacht der Briten und wurde zu<br />
einer britischen Kolonie.<br />
Hieran zeigt sich im Wesentlichen, mit den derzeitigen Kommunikationsmitteln, wie<br />
gefährlich sich für die Weltgemeinschaft eine Überstülpung von Ideologien über Kulturen<br />
darstellt, wenn Kulturen vorgegeben oder diktatorisch verdrängt oder zu Nichte<br />
gemacht werden und kein Dialog im vernünftigen Konsens geführt werde, denn eher<br />
blind, konservativ und eigennützig Kulturen abergläubig vernichtet werden durch<br />
Voreinnahme.<br />
Das ist ein Vorwurf an die Doktrin der katholischen christlichen Glaubensgemeinschaft,<br />
die sich durch außerordentlichen Konservatismus auszeichnet und anstatt<br />
einer Erkenntnis und Gläubigkeit, sich als eine Willkürgemeinschaft auszeichnet, die<br />
die Bibel als einen Diktat sich zum Vorbild nimmt. Dadurch, weil die katholischen<br />
Christen den internationalen Dialog nicht suchen, weil sie ihre Frömmigkeit unter den<br />
Scheffel von Ideologien und der Heiligen Schrift stellen, machen es sich die christlichen<br />
Obrigen der katholischen Kirche es zu einfach in Dialektik, Verständnis und<br />
friedlicher Zusammengehörigkeit der Menschen in aller Welt.<br />
Seit Luther gibt es die evangelische Christengemeinschaft. Ich hoffe, dass sie es<br />
besser mache. Auch der evangelischen Christengemeinschaft ist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong><br />
empfohlen und allen Menschen auf dieser Erde!<br />
<strong>Die</strong> Misshandlung von Kindern und Jugendlichen durch die christliche Glaubensgemeinschaft,<br />
ihr Unverständnis mit Tugend und der respektvollen Achtung von jungen<br />
Menschen und der sexuelle Missbrauch von jungen Menschen, stellt den christlichen<br />
Glauben an den Pranger, in Deutschland sozusagen in einer Art bevorzugt behandelt<br />
werden, dass sich Politik und Kirche im Sinne des Laizismus nicht zu trennen imstande<br />
sind. Immer wieder hat sich in der Menschheitsgeschichte gezeigt, wie gefährlich<br />
bürgerliche Ideologien gewesen sind.<br />
Sie ist deshalb verschollen, weil es dafür einen sehr einfachen Grund gibt: <strong>Die</strong><br />
menschliche Psyche. Sie ist das Konstrukt – und das seit der Entstehung des Universums<br />
aus dialektischer Energieumwandlung. Das wir sind, ist im Sinne der <strong>Bhagavad</strong><br />
<strong>Gita</strong>, nichts anderes als ein energetischer Umwandlungsprozess des Brahman<br />
– der universellen Göttlichkeit:<br />
Und dadurch wir als Menschen sind nichts anderes als inkarnierte und bewusste<br />
Göttlichkeit.<br />
Der Hinduismus ist eine sehr reale menschliche Erkenntnis über das Sein als eine<br />
fortlaufende Wandlung der Schöpferkraft. Erstaunlich ist, wie sensibel die damaligen<br />
Menschen, die den Hinduismus in die Taufe hoben, gewesen sein müssen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> gilt im ihrem Gehalt als das Buch der Weisheiten.<br />
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Erkenntnisgrade und Widersprüche<br />
Ich laufe Gefahr – wie LAO-TSE sowie JESUS CHRISTUS, der eine mit den Konfuzianer,<br />
der andere mit den Pharisäern – mich in Detail zu verstricken. Der Grund dafür<br />
ist ein einfacher:<br />
‣ Menschen, die entsprechend ihrem Erziehungs-, Bildungs- und innerlichen Erkenntnisgrad<br />
zentralnervös verständig innerhalb der sozialen Bezüge friedlich zusammenleben.<br />
‣ In Anbetracht vom Selbstverständnis und dem Verständnis der Bezüge, die der<br />
Menschheit dazu verhalf, nach derart zahlreichen Völkermorden endlich und nach<br />
dem verheerenden ZWEITEN WELTKRIEG die UNO sich als dialektisches Glied<br />
innerhalb der Völkerverständigung geschaffen zu haben und um gräuelbehaftetes<br />
Morden innerhalb der Völkergemeinschaft zu verhindern.<br />
Das Bedürfnis, die Weltreligionen zu haben, mit denen Abermillionen von Menschen<br />
sich identifizieren, ist absolut psycho- und soziogen!<br />
Seit der Emanzipation der Menschheit durch die Revolutionen – sei als Beispiel eine<br />
der markantesten: <strong>Die</strong> Französische Revolution 1848 als Aufbruch in die Demokratie<br />
dahingestellt – hat eine fortschrittliche Umwälzung menschlich-geistiger Energie<br />
stattgefunden.<br />
Doch als Grundlage dafür stand grundlegend das persönliche und sexuelle Streben<br />
vom Menschen nach Macht, was FRIEDRICH NIETZSCHE in seinem Werk: DER<br />
WILLE ZUR MACHT DARSTELLT. Auch sehr empfehlens- und lesenswert ist sein<br />
Werk: DIE MORGENRÖTE und SCHOPENHAUERS Werk: DIE WELT ALS WILLE<br />
UND VORSTELLUNG.<br />
Der industrielle Ausbruch und die Massenproduktion von Bedarfsmitteln der Völker<br />
im internationalen Austausch und die Beibehaltung von Steuereinnahmen durch die<br />
Marktwirtschaft, ist vorbehaltlich nicht verkehrt. Doch darin sind auch die Nationen,<br />
die aufgrund ihrer ökologischen Lage wirtschaftlich im Sinne des Kapitalismus und<br />
der Marktwirtschaft nicht imstande sind, Produkte verkaufen zu können, ideologisch<br />
bedingt auf die internationale Hilfsgemeinschaft angewiesen zu sein und ein Dasein<br />
in Elend und Unterentwicklung zu führen. –<br />
Obgleich sie in sich ein Spiegelbild, wie im Hinduismus durch die MAYA, der (begrifflichen)<br />
Inkarnation der Täuschung, sich in der Spanne zwischen Leben und Tod jedes<br />
Lebewesens, wahrhaft im Erkenntnisgrad den Materialismus und unsere Konsumgesellschaft,<br />
sowie darin gebunden die Akkumulation von Produktionsmitteln und<br />
Kapital und den menschlichen Aktionismus, ethisch als Täuschung, als virtuell definitiv<br />
benannt.<br />
ARTHUR SCHOPENHAUER, IMMANUELL KANT, GEORG WILHELM FRIEDRICH<br />
HEGEL werden zu ihrer Zeit die BHAGAVAD GITA nicht gekannt haben. Doch bis<br />
hin zu KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS, zur FRANZÖSICHEN REVOLUTION<br />
1848 und der Ausrufung der Demokratie, dem ERSTEN WELTKRIEG und der Abschaffung<br />
der Monarchie in Deutschland, dem ZWEITEN WELTKRIEG und der<br />
Gründung der UNO: In allen ist hintergründig die Erkenntnis der BHAGAVAD GITA<br />
als eine Wandelwelt, die für sich – in der Spanne zwischen Leben und Tod – durch<br />
den Yoga sich zu befreien von den Süchten der Sinneslust und sich hinzuwenden<br />
zur Selbsterkenntnis durch die Einkehr in sich selbst.<br />
Darauf weist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> hin. Denn unser Leben ist endlich und Tod behaftet:<br />
Eindringlich weist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> moralisch darauf hin, dass sich die Menschheit,<br />
fernab der eigentlichen Seinswirklichkeit, eine auf Vorstellungen oder auf Illusionen<br />
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gebaute Welt geschaffen hat, die im Grunde mit der kausalen Wirklichkeit keineswegs<br />
zu tun habe.<br />
<strong>Die</strong> Weltansichten und Religionen neben der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> und des Hinduismus<br />
nenne ich eher als opportun und bürgerlich und überlasse es dem internationalen<br />
und gesellschaftlichen Dialog, um Übereinstimmungen auf rationaler und emotionaler<br />
Art und Begegnungen zueinander zu finden.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> weist darauf hin, dass in aller Existenz im Grunde Sternenstaub<br />
sich birgt. Und diese Weisheit gründete sich vor etwa 300 Jahren vor unserer Zeitrechnung.<br />
So ist es bis heute geblieben, wenn an Begräbnisreden ein christlicher<br />
Pfarrer verlautet: Von Staub bist Du geworden und zu Staub sollst Du werden<br />
Wir als Menschheit sind in unserer Zerrütteltheit dabei, diesen Planeten zu ruinieren,<br />
anstatt in uns selbst zu gehen und innerlichen Frieden zu finden. – Also dem Frieden<br />
in sich durch Erkenntnis und Selbsterkenntnis. – Und das ist derart einfach. Da<br />
braucht man keine ideologischen oder Sektengemeinschaften, nur die Einsicht und<br />
das Finden seiner Selbst.<br />
Rein sachlich muss mit der kapitalistischen Ideologie aufgeräumt werden, die eine<br />
kollektive Fiktion ist, gleichermaßen wie der Nationalsozialismus oder andere: Derart<br />
Ideologien haben grundlegend gar nichts mit Menschsein und menschlicher Gemeinschaft<br />
zu tun, sondern sind wie so einiges als kollektiver Irrweg zu werten: Religionen<br />
als Keime von Unzucht, Rache<br />
<strong>Die</strong> Philosophie der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ist eigentlich ein bildhafter psychischer Monolog,<br />
in dem der Yogi hervorgehoben wird. Auch wenn sie zahlreiche Dialoge beinhaltet,<br />
sind die Dialoge als Kontext und durch ihre Bildhaftigkeit Orientierung gebend für den<br />
Menschen, der für sich in geistiger Betrachtung inneren Frieden sucht. Also für einen<br />
Yogi.<br />
Auch ist in verschiedenen Textpassagen der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> der Ursprung zum<br />
Buddhismus, zum Zen-Buddhismus bis hin übergreifend auch auf das Christentum<br />
festzustellen. 6 In Fußnoten verweise ich auf die dialektische Kraft der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong>,<br />
die zur Entstehung des Buddhismus usw. geführt haben mögen.<br />
<strong>Die</strong>se Einleitung beschreibt an sich das Verständnis vom Yogi und der Philosophie<br />
des Yoga: Der Yogi ist ein Mensch, der für sich und für sein Leben bestimmende Erkenntnisse<br />
und aufgrund dessen einschneidende Entscheidungen für inwendig seine<br />
psychische Haltung und zur Haltung gegenüber der menschlichen Gemeinschaft sich<br />
als primäre Geisteshaltung zuschreibt. Im Raja-Yoga 7 , dem königlichen Weg des<br />
Yoga, sind es YAMA 8 und NIYAMA 9 .<br />
<strong>Die</strong> verschiedenen Yoga-Lehren sind in ihrer Gesamtheit recht umschweifend. So hat<br />
SIDDHARTA GAUTAMA, der später vom Volk, in dem der Hinduismus entstanden<br />
ist, als der Buddha, der Erleuchtete, benannt wurde, mit der Gründung seiner buddhistischen<br />
Lehre, im Schnitt eine Einung oder ein Konzentrat der sehr ausgiebigen<br />
religiösen Meinungen im Hinduismus intellektuell verarbeitet.<br />
6 Ich bin kein Religionsgelehrter. Deshalb muss ich im Detail auf die Fachgelehrten verweisen.<br />
7 sprich Raja (der König)<br />
8 YAMA: Übung sittlicher Tugenden<br />
9 NIYAMA: Gewöhnung an Reinheit, Genügsamkeit, Forschung, Enthaltsamkeit und Hingabe an die<br />
Schöpfung selbst.<br />
12
SRI KRISCHNA ALS DIE INKARNATION DER GÖTTLICHKEIT UND DER<br />
SCHÖPFER DER UNIVERSEN UND DER WANDELWELT (PRAKRITI)<br />
13
<strong>Die</strong> im HATHA-YOGA einleitend als YAMA und NIYAMA niedergeschriebenen Empfehlungen<br />
zur geistigen und sittlichen Erkenntnis und hernach zur Entscheidung zu<br />
einem Leben als Yogi, werden wiedergegeben des im Buddhismus verankerten im<br />
achtfachen Pfad:<br />
o Rechtes Erkennen<br />
o Rechtes Entschließen<br />
o .Rechtes Leben<br />
o Rechtes Reden<br />
o Rechtes Handeln<br />
o Rechte Sammlung<br />
o Rechte Betrachtung<br />
o Rechte Einfalt<br />
Mittlerweile sind über 2000 Jahre seit der Entstehung der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> vergangen<br />
und die Menschheit hat sich einen rasanten Vorsprung an Erkenntnis über die Zusammenhänge<br />
im Universum, unserer Galaxie und unseres Sonnensystems erarbeitet.<br />
–<br />
Doch nicht so sehr ist die Welt der Erscheinungen, das SAMSARA (sanskrit die<br />
Wandelwelt), denn eher das Feinstoffliche als Betrachtung vordergründig: Sie beginnt<br />
mit dem Urknall vor etwa 13.Jahrmilliarden und endet mit unserer heutigen Gesellschaft<br />
und damit bei uns Menschen und dem Leben auf diesem Planeten.<br />
In diesem Zusammenhang ist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> als religiöses, sich auf der Zeitlosigkeit<br />
des Seins gründend, ein Werk für jeden bewussten Menschen, der sich, die<br />
menschliche Gemeinschaft und die Genesis an sich verstehen will.<br />
Nämlich das Feinsinnige der <strong>Gita</strong> ist, dass sie das Sein neutral, kausal und zusammenhängend<br />
betrachtet. Inwendig liegt ihr zugrunde, wonach die heutige Wissenschaft<br />
z.B. mit der europäischen Forschungseinrichtung C.E.R.N. in der Schweiz<br />
sucht: <strong>Die</strong> Intelligenz des Seins an und in sich! Aber muss mehr denn überhaupt<br />
sein, als das, was wir heutzutage wissenschaftlich errungen haben. Wichtig ist doch<br />
der Standpunkt bei allen Betrachtungen! Das C.E.R.N. kann dabei in Anbetracht der<br />
Gewichtung der Standpunkte zu einer Spielerei von Wissenschaftlern an sich entarten,<br />
ohne das - und das kostet ja auch enorm viel - für die Menschheit an sich Grundsätzliches<br />
und Erkenntnistheoretisches herausschäle, als dass das C.E.R.N. an und<br />
für sich das bestätigt, dass das menschliche Kollektiv und der menschliche Geist ihn<br />
erschuf; und nun?! ()<br />
Bei den gewaltigen Entfernungen in unserem Universum, ist das C.E.R.N. usw. sicherlich<br />
eine gute Sache, doch verbleibt das C.E.R.N. eben aufgrund der Entfernungen<br />
zu anderen Planeten, auf denen Leben möglich ist, eher eine Fortsetzung AL-<br />
BERT EINSTEIN's RELATIVITÄTSTHEORIE. Das Alles ist wahnsinnig spannend,<br />
doch der Aufwand gegenüber dem Ergebnis viel zu hoch: Das C.E.R.N. kann Argumenten<br />
bis hin in die tief greifende historische und gesamtläufige Philosophie geben.<br />
Doch wäre es auch schön, wenn in der gesamten Weltgemeinschaft es solcherart<br />
öffentlich-rechtliche Medien gäbe, wie in der BRD als Auflage der Siegermächte nach<br />
dem ZWEITEN WELTKRIEG gegen ein erneutes Aufkeimen des NATIONALFA-<br />
SCHISMUS in Deutschland und im deutschsprachigem Raum. So kommt es eben<br />
dazu, dass menschlich-individuelle STANDPUNKTE auf unserem Planeten wie Sterne<br />
entstehen und ihren Lauf nehmen, wie z.B. der Arabische Frühling, der erneut<br />
14
zahlreiche Menschen in Gewalt, Krieg, Vertreibung und bei der Flucht ertrinkender<br />
Menschen wiedergibt.<br />
Wir haben uns noch nicht einmal nach zwei kürzlich geschehenen Weltkriegen mit<br />
Abermillionen Toten auf der Erde, wo im Zeichen der heutigen Zeit mit der explosionsartigen<br />
Überbevölkerung der Menschheit und der Deckung seiner Bedarfe - eben<br />
durch Nahrung, Schutz im Allgemeinen, friedlicher Horte usw. - befriedigt werde und<br />
in den Nachrichten das gehäufte Ertrinken von Flüchtlingen aus den afrikanischen<br />
Staaten in die Europäische Union<br />
Doch die UNO ist für ein menschenwürdiges Konzentrat des Standpunktes (-e) dem<br />
C.E.R.N. als Standpunkt überzustellen: Das C.E.R.N. diene in diesem Sinne auch<br />
philosophisch dem menschlichen Begreifen aller innewohnenden Kräfte im Universum<br />
und ist demzufolge auch nicht isoliert betrachtbar, sondern wie die UNO (), den<br />
gegenwärtig auf diesem Planeten lebenden Menschen und allen ihren Delegierten in<br />
allen Bereichen, die menschlich familiäre Grundlage unseres Zusammenlebens nach<br />
vor allem dem ZWEITEN WELTKRIEG zu vermitteln.<br />
<strong>Die</strong> Menschheit weiß seit DEMOKRIT, PLATON, MENDELEJEW usw., dass die Welt<br />
der Erscheinungen aus Molekülen und Atomen zusammengesetzt ist. Weiterhin wissen<br />
wir mittlerweile, dass gar Moleküle und Atome an und für sich aus mehr bestehen,<br />
als bis vor etwa einem Jahrhundert angenommen: aus Quanten und aus Stings.<br />
Also in sich die Welt der Erscheinungen inhaltlich und im Grunde aus nur einer Erscheinungsform<br />
von Energie besteht. Gar das Vakuum ist in Wirklichkeit nicht leer,<br />
sondern es entstehen nachweislich Energiefluktuationen in ihm selbst. So lässt sich<br />
der Urknall auch erklären.<br />
Es ist sicherlich gut, darum zu wissen. Natürlich stellt sich daraufhin die hypothetische<br />
Frage, wie in der BIBEL: Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei<br />
Gott. Bereits in den der BIBEL zugrunde liegenden Orten stellten die Menschen Metaphysisches<br />
zum Schicksal allen Lebens zueinander. ()<br />
Ich denke, die Abgründe menschlich-dialektischer Wirren liegen eher in den Gefilden<br />
zwischen den Menschen, die eher extrovertiert orientiert sind und Menschen auch -<br />
wie in allen menschlichen Auseinandersetzungen überhaupt - kaltblütig einfach zu<br />
töten, weil es ihnen an Empathie fehlt eben jener Menschen, die gierig nach Tand<br />
und Schund greifen, wie ergreifend der Film von Cecil B. DeMille mit Starbesetzung<br />
wieder gibt. Auch ist der Film LUTHER sehr sehenswert. Doch Alles in Allem ficht es<br />
wie ein Bollwerk von extrovertierten Menschen nach Rechthaberei und in diesem<br />
Getümmel von Drüber und Darunter, wonach wir sinnlich auch noch heute ausgerichtet<br />
sind.<br />
Im Grunde ist alles klar, weil wir in einer Gesellschaftsordnung leben, die WILHELM<br />
REICH auf seine Art und Weise nach dem ZWEITEN WELTKRIEG erkanntem und<br />
sie als Psychiater als '<strong>Die</strong> Psychologie des Faschismus' mitgeteiltem Werk beschrieb.<br />
<strong>Die</strong> BIBEL an sich gibt das doch damit wieder, als MOSES die ZEHN GEBOTE für<br />
die Menschen vom Berge SINAI den Menschen als Gottes Worte herab trägt und sie<br />
dem Volke verkündet. ()<br />
<strong>Die</strong> tiefe philosophische Bedeutung der bisherigen Zusammenhänge könne das Universum,<br />
wie in der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> als Brahman und als Atman bezeichnet, die also<br />
als die Seele, die – und das mag unfassbar klingen – im Nichts wohnt. Sie wird als<br />
die Schöpferkraft an sich bezeichnet und den Menschen empfohlen, im Geiste des<br />
Yoga, einen zeitgemäßen, einsichtigen und zufriedenen Lebenswandel zu führen,<br />
konstruktiv an einer stabilen globalen menschlichen Lebensform im Sinne der Sozialstatuten<br />
zu wirken und an ihnen friedlich und gemeinsam zu arbeiten.<br />
15
Bei der Betrachtung über den individuellen psychischen Lebenswandel mit Vernunft,<br />
Verstand und seelischer Ausgeglichenheit mag der Aphorismus: Das letzte Hemd hat<br />
keine Taschen, möglicherweise zu denken geben. Alles Streben des Menschen, die<br />
emotional Neid, Missgunst, Eifersucht usw. beinhalten und karmische Auswirkungen<br />
haben, werden im Hinduismus als die MAJA, die Täuschung, bezeichnet. 10<br />
Sicherlich ist in unserer heutigen Zeit des Geldverkehrs und einer allgemein von allen<br />
Gesellschaften auf unserem Planeten eine sinnverkehrte Ideologie des Kapitalismus<br />
und der Marktwirtschaft zu betreiben, etliches, das ethisch rein und sinnvoll ist, als<br />
Ware zu verkaufen. - Darin auch den Yoga: Inneres Wissen jedoch ist unverkäuflich!<br />
Leider entstellt die Ideologie von Konsumsucht und nahezu grenzenlosen Wettbewerbes<br />
den Sinn einer ethisch reinen Kosmogonie und führe – wie auch in der <strong>Bhagavad</strong><br />
<strong>Gita</strong> enthalten – zur vom Menschen herbeigeführten Vernichtung des Planeten,<br />
auf dem er lebt.<br />
Einige Passagen im vierten Kapitel, dem Yoga der Erkenntnis, verkörpern eine doch<br />
eher hypothetische und bürgerliche Einstellung des Hinduismus zum Verständnis von<br />
Leben. Eine Seelenwanderung ist nicht beweisbar. – Dennoch enthält es wesentliche<br />
und schwerwiegende Argumente zum Verständnis von Universum, unserem Sonnensystem<br />
und unserem Sein und ist voller ethischem Gehalt. Trotzdem stellt er für<br />
den modernen Menschen eine intellektuelle und kritische Herausforderung für sein<br />
Selbstverständnis als Mensch und im Sinne seiner Aufgaben für sich selbst und für<br />
die Gemeinschaft, in der er lebt, dar. Möge dieses Werk Sie dazu anregen, in sich<br />
selbst zu gehen, sich selbst zu verstehen und in sich rein zu werden. ()<br />
10 Im TAO TE KING des LAO-TSE, also dem Taoismus, werden ähnliche Vorbehalte lyrisch wiedergegeben.<br />
16
Das Leben in jedwelcher Form ist relativ. Im Hinduismus gibt es dafür die begriffliche<br />
Trinität von Brahma 11 , Vischnu 12 und Schiva 13 . Sie sind gleichsam eine Metapher,<br />
also ein Gleichnis in der Relativität des Daseins und in der Relativität des bewussten<br />
menschlichen Daseins.<br />
Auch wenn die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> zum Hinduismus zugehört, benutzt sie die Begrifflichkeiten<br />
namentlich als Inkarnation einer universellen Schöpferkraft, zu dem alles, was<br />
uns nun – sei es über das Universum, die Galaxien, die Schwarzen Löcher und der<br />
Dunklen Materie, aus der angeblich 95% des Universums bestehen soll, über Physik,<br />
Chemie, Materialkunde, Elektrizität, Atomwissenschaften usw. usf. – bekannt ist.<br />
Erkenntnistheoretisch ist es ein wesentlicher und diametraler Unterschied, ob ein<br />
Gott das Universum geschaffen hat oder ob sich eine schöpferische Urkraft bis hin in<br />
die Lebewesen inkarniert: <strong>Die</strong> Betrachtungsmomente in der BHAGAVAD GITA weisen<br />
durch die Aussage von Inkarnation der Schöpferkraft auf ihren immensen philosophischen<br />
Erkenntnisgrad hin. Auch wenn seit ihrer Schöpfung über zwei Jahrtausende<br />
vergangen sind, könne ihre Aussagekraft derlei gewaltig sein, als hätten sie –<br />
im übertragenen Sinne – einst Außerirdische auf die Erde zu den Menschen gebracht:<br />
<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist deshalb ein Unikum innerhalb der menschlichen<br />
Philosophie. ()<br />
Da es an der geschlechtlichen Dualität des Menschen in der BHAGAVAD GITA<br />
mangelt, weil sie eine von Männern ausgeführte Schlacht als Erzählgrundlage darstellt,<br />
ist sie – meines Erachtens – eine Schöpfung von männlichen Weisen, also von<br />
Mönchen nach den Wechseljahren. Somit ist von der Gehirnphysiologie und in ihr<br />
enthaltenen Psychologie her die BHAGAVAD GITA nicht allgemein verständlich. <strong>Die</strong><br />
jungen Menschen vor den Wechseljahren haben im Wesentlichen andere Inhalte, als<br />
sich um religiöse Fragen zu kümmern: Sie wollen Familien gründen. So nehme ich<br />
an, dass sich der Hinduismus durch die Erziehung sowie die Lebenskultur im indischen<br />
Raum sich etabliert und bis heute erhalten hat.<br />
HERRMANN HESSE gibt in seinem Werk: SIDDHARTA lyrisch diese Annahme wider.<br />
Das Werk gehört in die Weltklasse der geistigen Aufklärung, löst doch in sich die<br />
bestehende Spannung des HINDUISMUS zum BUDDHISMUS auf, als SIDDHARTA<br />
am 'Flusse' den Wandel aller Geschöpfe in sich als die Einheit erkennt, wie SRI<br />
KRISHNA sie ARJUNA vermittelt in seiner Schau der Göttlichkeit.<br />
<strong>Die</strong> geschlechtliche Polarität der Weisheiten der GITA wiederum wird im TAO wiedergegeben,<br />
und die essentielle Philosophie der BHAGAVAD GITA wird an sich im<br />
DAOISMUS durch das YIN und YANG erneut aufgeworfen. So wird ein großer Lebensraum<br />
von Menschen, nämlich in Asien und sicherlich bedingt durch einen damaligen<br />
Handel (z.B. Seidenstraße), auch zu einem religiösen Kulturraum. Daraus kann<br />
sich erschließen, dass die Religionen Ergebnisse sozialer Kulturen und menschliches<br />
Begreifen ihres Hier-Seins auf diesem Planeten und der Erhalt des durch den Menschen<br />
ideologisch und existentiell die Bedarfe vereinnahmbarten Seins der Menschengemeinschaft<br />
auf diesem Planeten friedlich regelt, bevor sich die Menschheit<br />
ins Weltall aufmacht. ()<br />
Gilt es doch zuvörderst das friedliche Zusammenleben der Menschenfamilie<br />
auf unserem Planeten der Zusage zuerst gemäß YAMA und NIYAMA<br />
bei sich selbst zu beginnen: Das ist der Yoga und die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong><br />
11 ...die Schöpferkraft<br />
12 ...die Lebenskraft<br />
13 ...die Kraft der Auflösung nach dem Dharma...<br />
17
Nun will ich den Leser nicht weiter auf die Folter spannen: Lesen Sie die BHAGAVAD<br />
GITA.<br />
<strong>Die</strong> eingefügten Bilder sind dem Internet entnommen und dienen lauter dialektischen<br />
und meditativen Zwecken. Ich bin mir sicher, dass ihre Publizisten es<br />
wohlwollend sehen, wenn ihre Publikationen im Internet dazu dienen, dass sie<br />
als meditative Objekte in diesem Skript aufgenommen sind, welches für jeden<br />
kostenlos zugänglich ist. Dazu auch herzlichen Dank an His Divine Grace A. C.<br />
Bhaktivedanta Swami Prabhupada und der Gemeinschaft der Hinduisten in aller<br />
Welt!<br />
Gerne füge ich zum Abschluss meines Teiles hier einen dialektischen Aphorismus<br />
von LAO-TSE hinzu:<br />
Wahre Worte sind nicht schön,<br />
schöne Worte sind nicht wahr.<br />
Tüchtigkeit überredet nicht,<br />
Überredung ist nicht tüchtig.<br />
Der Weise ist nicht gelehrt,<br />
der Gelehrte ist nicht weise.<br />
Der Berufene häuft keinen Besitz auf:<br />
Je mehr er für andere tut,<br />
desto mehr besitzt er.<br />
Je mehr er anderen gibt,<br />
desto mehr hat er.<br />
Des Himmels SINN ist fördern, ohne zu schaden.<br />
Des Berufenen SINN ist wirken, ohne zu streiten.<br />
mit freundlichen Grüßen<br />
Attila Lusthoff<br />
18
Vorwort von Aldous Huxley<br />
Heute ist es üblich, die bedeutendsten Bücher der Welt leicht verständlich zu machen<br />
und in eine alltägliche, allen zugängliche Sprache zu übersetzen. <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> jedoch<br />
eignet sich nicht dazu. <strong>Die</strong> Sprache, in der sie geschrieben ist, das Sanskrit, unterscheidet<br />
sich wesentlich von unserer modernen, da sie, geradezu telegrammartig<br />
zusammengedrängt, ein Überfülle von genauen philosophischen und religiösen Begriffen<br />
enthält. Der Rahmen, in den sie sich einfügt, stellt ein kosmologisches System<br />
dar, das den westlichen Denkern nicht vertraut ist. Es wäre denn auch äußerst<br />
schwierig, eine einheitliche Sprache, sei es eine alte oder eine moderne, zu finden, in<br />
die sich die <strong>Gita</strong> auf befriedigende Weise übertragen ließe. Denn sie ist – als ein<br />
Stück Literatur betrachtet – an sich keine Einheit. Sie hat verschiedene Aspekte, verschiedene<br />
deutlich von einander getrennte Stimmlagen. <strong>Die</strong>se wollen wir der Reihe<br />
nach betrachten.<br />
Vor allem muss man die <strong>Gita</strong> als Teil eines epischen Gedichtes ansehen. Sie ist<br />
durchweg in Versen geschrieben. Ihr erstes Kapitel trägt rein epischen Charakter und<br />
setzt die Tonart der Mahabharata selbst fort. Das Brüllen der Krieger, das Wiehern<br />
der Pferde und die fremdklingenden Namen der Häuptlinge dröhnen noch in unseren<br />
Ohren, wenn das Zwiegespräch von Krischna und Arjuna beginnt. Den epischen Prolog<br />
so zu übersetzen, als gehöre er ausschließlich zu dem folgenden philosophischen<br />
Gespräch hieße, die <strong>Gita</strong> aus ihrem historischen Rahmen schneiden und sie<br />
des ganzen lebendigen Lokalkolorits berauben.<br />
Außerdem ist die <strong>Gita</strong> auch eine Darlegung der Vedanta-Philosophie, die sich auf ein<br />
klarumrissenes Weltbild stützt. Es hat keinen Sinn, diese Tatsache zu übersehen aus<br />
Angst, den westlichen Leser zu befremden. Der Übersetzer, der annähernd gleichwertige,<br />
ortsübliche Bezeichnungen verwendet und die Bedeutung der Sanskritworte<br />
nacherzählt, glaubt eine Brücke zwischen zwei Gedankensystemen zu schlagen,<br />
während er in Wirklichkeit beiden jeglichen Sinn nimmt. Deshalb haben wir versucht,<br />
in einem Anhang die Kosmologie der <strong>Gita</strong> so kurz wie möglich zu erklären und aus<br />
dem gleichen Motiv einige grundlegende, viel gebrauchte Worte wie Brahman, Atman,<br />
Prakriti und die Gunas unübersetzt beibehalten. Genaue deutsche Bezeichnungen<br />
dafür gibt es nicht, und jedes philosophische oder wissenschaftliche Werk<br />
besitzt seine eigene bestimmte Terminologie… Niemand der ein Buch über Physik<br />
schreibt, würde das Wort Elektron vermeiden, nur weil es in der alltäglichen Sprache<br />
nicht vorkommt.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> ist aber auch ein Stück Prophetie. Wie die Geschichte Jesajas und die<br />
Psalmen Davids enthält sie ekstatische, mystische Äußerungen über die Natur und<br />
die Eigenschaften Gottes. <strong>Die</strong>s ist Poesie und verlangt nach poetischem Ausdruck.<br />
<strong>Die</strong> Diktion muss versuchen, mit der Inspiration übereinzustimmen. Gewöhnliche<br />
Prosa würde hier flach und langweilig wirken.<br />
Und schließlich ist die <strong>Gita</strong> ein Evangelium. <strong>Die</strong> ihr zugrunde liegende Botschaft ist<br />
zeitlos. In Worten, die keiner bestimmten Sprache, Rasse oder Epoche angehören,<br />
spricht der inkarnierte Gott zum Menschen, seinem Freund. Hier muss der Übersetzer<br />
alles vergessen, was er von Vedanta-Philosophie und Sanskrit-Begriffen, von<br />
Indien und dem Westen, von Krischna und Arjuna, von Vergangenheit und Zukunft<br />
weiß, und um äußerste Einfachheit bemüht sein.<br />
Da sind die Gründe, warum wir die <strong>Gita</strong> in verschiedenen Stilen übersetzt haben,<br />
zum Teil in Prosa, zum anderen Teil in Versen. Allerdings berechtigt uns nichts im<br />
Text selbst zu diesem Experiment. Bei den Übergängen von einem Stil zum andern<br />
ließen wir uns einzig von unserem Empfinden leiten, und sie sind nur dann gerecht-<br />
19
fertigt, wenn uns das gelungen ist, was wir anstrebten: das Buch zugänglicher zu<br />
machen als bisher.<br />
Denn es gibt bereits äußerst wortgetreue Übersetzungen. Wir aber haben uns vielmehr<br />
um eine Auslegung bemüht. Vor uns liegt eines der bedeutendsten Dokumente<br />
der Welt: Wir dürfen ihn nicht so pedantisch nahen wie einem archaischen Text, der<br />
eifersüchtig nur den Universitätsprofessoren vorbehalten ist. <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> hat etwas auszusagen,<br />
etwas Wesentliches. Und zwar für jeden von uns. Wir müssen diese Botschaft<br />
der Gedrungenheit der Originalsprache entreißen, wobei uns die großen, klassischen<br />
Kommentatoren von unschätzbarer Hilfe sind. Zu dieser Übersetzung wurden<br />
drei von ihnen aufs Gründlichste zu Rate gezogen: Schankara, Sridhara, Swami<br />
und Dadhusudana Saraswati. Um lange Fußnoten zu vermeiden, haben wir ihre Erläuterungen<br />
der vorliegenden Version einverleibt. Auch Sri Aurobindo Ghoses meisterhafte<br />
‚Essays über die <strong>Gita</strong>’ haben uns wesentlich geholfen. Nichtsdestoweniger<br />
ist unsere Arbeit keine Paraphrase. Abgesehen von wenigen, außergewöhnlich<br />
schwierigen Stellen, folgt sie getreulich dem Original.<br />
• Nur eine einzige kleine Freiheit haben wir uns gestattet. <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> ist übersät mit<br />
Attributen. Krischna wird ‚Govinda’ genannt, ‚Vernichter der Madhu’, ‚Keschava’<br />
etc. Arjuna wird als ‚Zerstörer des Feindes’ angeredet, ,Sohn der Kunti’, ‚Nachkomme<br />
des Bharata’, ‚Prithas Sohn’ etc. Einige wenige dieser Bezeichnungen<br />
haben wir uns in den Anfangskapiteln beibehalten, um den richtigen Ton zu treffen.<br />
Später wurden sie meistens ausgelassen, wenn sie uns nicht aus rein literarischen<br />
Gründen wirkungsvoll schienen. Doch fanden wir, dass ihre allzu häufige<br />
Wiederholung den Leser ermüdet. 14<br />
• Abschließend danken wir unseren Freunden, Margaret Adams Kiskadden und<br />
Aldous Huxley, für ihre Hilfe, offene Kritik und warmherzige Ermutigung. <strong>Die</strong> jetzige<br />
Gestalt unserer Übersetzung schuldet ihnen vieles, vielleicht sogar ihre ganze<br />
Existenz.<br />
14 Auch ich empfinde, dass im 21.ten Jahrhundert – also im Jahrhundert der Aufklärung und der Wissenschaften<br />
– mit religiösen Weisheit und Philosophien entsprechend umgegangen werden muss und<br />
die Begrifflichkeit sich auf eine Quintessens, einer grundlegenden Aussage eine.<br />
20
Kapitel<br />
‣ 1. Kapitel: Arjunas Kummer<br />
‣ 2. Kapitel: Yoga der Erkennnis<br />
‣ 3. Kapitel: Karma Yoga<br />
‣ 4. Kapitel: Entsagung durch Erkenntnis<br />
‣ 5. Kaptitel: Der Yoga der Entsagung<br />
‣ 6. Kapitel: Der Yoga der Meditation<br />
‣ 7. Kapitel: Erkenntnis und Erfahrung<br />
‣ 8. Kapitel: Der Weg zum ewigen Brahman<br />
‣ 9. Kapitel: Der Yoga der heiligen Geheimnisse<br />
‣ 10. Kapitel: Göttliche Herrlichkeit<br />
‣ 11. Kapitel: <strong>Die</strong> Schau Gottes in seiner allumfassenden Gestalt<br />
21
22
Einleitung<br />
Mehr als 25 Jahrhunderte sind dahingegangen, seit das, was man die Ewige Weisheit<br />
nennt, zum ersten Mal der Schrift anvertraut wurde; und im Laufe dieser Jahrhunderte<br />
hat sie immer wieder ins Wort gefunden, hier teilweise, dort vollständig, hier<br />
in dieser, dort in jener Form. Im Vedanta, in der alttestamentarischen Prophetie, im<br />
Tao Te King, in den Dialogen Platons, im Evangelium des Johannes, in der Mahayana-Theologie,<br />
bei Plotin und dem Areopag, bei den persischen Sufis und den christlichen<br />
Mystikern des Mittelalters und der Renaissance – in allen asiatischen und europäischen<br />
Zungen hat die Ewige Weisheit gesprochen und sich der Terminologie und<br />
der Überlieferungen jeder höheren Religion bedient. Doch in allen Wirrnissen von<br />
Sprache und Mythen, ortsgebundener Geschichte und sonderrechtlichen Doktrinen<br />
bleibt ein höchster gemeinsamer Faktor, der die Ewige Weisheit enthält und der ihr<br />
chemisch reiner Zustand genannt werden kann. <strong>Die</strong> letzte Reinheit kann natürlich<br />
niemals durch eine philosophisch-sprachliche Darstellung ausgedrückt werden, so<br />
undogmatisch, so entschieden synkretistisch 15 diese Darstellung auch sein mag. Allein<br />
die Tatsache, dass sie zu einer bestimmten Zeit, von einem bestimmten Menschen,<br />
in einer bestimmten Sprache niedergeschrieben wird, unterlegt den so formulierten<br />
Lehren automatisch einen gewissen soziologischen und persönlichen Sinn.<br />
Nur im Akt der Kontemplation, der Worte und sogar die Persönlichkeit versinken<br />
lässt, kann die Ewige Weisheit in ihrer ganzen Reinheit erfahren werden. <strong>Die</strong> auf uns<br />
gekommenen Aussagen jener, die sie erfahren haben, machen es nur zu deutlich,<br />
dass sie alle, ob Hindu, Buddhist, Jude, Taoist, Christ oder Mohammedaner, das<br />
gleiche zu beschreiben versuchen: eine ihrem Wesen nach völlig unbeschreibbare<br />
Wahrheit.<br />
<strong>Die</strong> Urschriften der meisten Religionen sind poetisch und unsystematisch. <strong>Die</strong> Theologie,<br />
die im Allgemeinen als verstandesmäßiger Kommentar zu den Parabeln und<br />
Aphorismen der heiligen Schriften auftritt, erscheint erst auf einem späteren Schauplatz<br />
der Religionsgeschichte. <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> nimmt eine Mittelstellung zwischen<br />
den Schriften und der Theologie ein; denn sie vereinigt in sich die Poesie der ersten<br />
mit der klar umrissenen Methodik der letzten. Man kann sie, wie Ananda K. Coomaraswamy<br />
in seinem bewundernswerten Werk ‚Hinduismus und Buddhismus’ sagt,<br />
beschreiben als ein Kompendium aus der ganzen vedischen Lehre, die sich in den<br />
frühen Veden, den Brahmanas und den Upanischaden findet und sie, da sie somit<br />
die Basis aller späteren Entwicklungen ist, als den Brennpunkt aller indischen Religion<br />
ansehen.<br />
Aber dieser Brennpunkt der indischen Religion ist einer der klarsten und verständlichsten<br />
Auszüge der Ewigen Weisheit, der je gemacht worden ist. Daher sein dauernder<br />
Wert nicht nur für die Inder, sondern für die gesamte Menschheit.<br />
Als Kern der Ewigen Weisheit finden wir vier grundlegende Lehren.<br />
Erstens: <strong>Die</strong> materielle Welt der Erscheinungen und des individuellen Bewusstseins<br />
– die Welt der Dinge, Tiere, Menschen und sogar Götter – ist die Manifestation eines<br />
göttlichen Urgrundes, in dem alle einzelnen Realitäten ihr Dasein haben und ohne<br />
dem sie nicht existieren würden.<br />
15 Synkretismus bedeutet allgemein die Vermischung verschiedener Religionen, Konfessionen oder<br />
philosophischer Anschauungen. Der Ausdruck geht auf die Kreter (griechisch syn gemeinsam; Krethi<br />
Kreter) zurück, die ihre gegenseitigen Streitigkeiten im Falle eines fremden Angriffes einstellten, um<br />
sich dem Feind mit vereinten Kräften entgegenzustellen (aus WIKIPEDIA).<br />
23
Zweitens: <strong>Die</strong> Menschen können nicht nur durch Schlussfolgerungen etwas über den<br />
Göttlichen Urgrund wissen, sondern sind fähig, seine Existenz durch unmittelbare<br />
Intuition zu erfahren, die über die Beweisführung des Verstandes erhaben ist. <strong>Die</strong>se<br />
unmittelbare Erfahrung lässt den Erkennenden eins werden mit dem Erkannten.<br />
Drittens: Der Mensch besitzt eine Doppelnatur, das in Erscheinung tretende Ich und<br />
das ewige Selbst, das den inneren Menschen ausmacht, den Geist, den Funken<br />
Göttlichkeit in der Seele. Verlangt es den Menschen danach, so hat er durchaus die<br />
Möglichkeit, seine Identität mit dem Geist festzustellen und ebenso auch mit dem<br />
Göttlichen Urgrund, der von derselben Wesensart ist wie der Geist.<br />
Viertens: Das Erdenleben des Menschen hat nur ein einziges Ziel: sich mit dem ewigen<br />
Selbst zu identifizieren und somit zu einer vereinigenden Erkenntnis des Göttlichen<br />
Urgrundes zu kommen.<br />
Im Hinduismus findet sich die erste dieser vier Lehren in scharf umrissenen Sätzen.<br />
Der Göttliche Urgrund ist Brahman, dessen schöpferische, erhaltende und verwandelnde<br />
Aspekte sich in der hinduistischen Trinität manifestieren. Eine Hierarchie von<br />
Manifestationen verknüpft die unbeseelte Materie mit Menschen, göttlichen Wesen,<br />
Göttern und der über alle Gegensätze erhabenen höchsten Gottheit.<br />
Im Mahayana-Buddhismus wird der Göttliche Urgrund Geist genannt oder ‚das reine<br />
Licht der Leere’; die Stelle der Götter nehmen die Dhyani-Buddhas ein.<br />
<strong>Die</strong> gleichen Begriffe sind durchaus mit dem Christentum vergleichbar und wurden<br />
tatsächlich – implizite oder explizite – auch von vielen katholischen und protestantischen<br />
Mystikern dann angewandt, wenn sie eine den durch überrationelle Intuition<br />
beobachteten Tatsachen angepasste Philosophie formulierten. So gab es für ECK-<br />
HART und RUISBROEK einen Göttlichen Urgrund, welcher der Dreieinigkeit ebenso<br />
zugrunde liegt wie Brahman der Trinität Brahma, Vishnu und Shiva. SUZO hat sogar<br />
eine geometrische Darstellung der bestehenden Beziehungen zwischen höchster<br />
Gottheit, dreieinigem Gott und den Geschöpfen hinterlassen. In dieser äußerst seltsamen<br />
und interessanten Zeichnung verbindet eine Manifestationskette das geheimnisvolle<br />
Symbol des Göttlichen Urgrundes mit den drei Personen der Trinität; und die<br />
Trinität steht ihrerseits wiederum in absteigender Linie mit Engeln und Menschen in<br />
Verbindung. <strong>Die</strong>se letzten haben, wie das Bild deutlich zeit, die Wahl zwischen zwei<br />
Wegen. Sie können entweder das Leben des äußeren Menschen wählen, das Leben<br />
des vom übrigen abgetrennten Ichs, in welchem Falle sie verloren sind, denn, so sagt<br />
die Theologica Germania: „Nichts verbrennt in der Hölle, ausgenommen das Ich“,<br />
oder aber sich mit dem inneren Menschen identifizieren, was ihnen die Möglichkeit<br />
gibt, durch die einigende Erkenntnis wieder aufzusteigen zur Dreieinigkeit und sogar<br />
über diese hinaus zur letzten Einheit des Göttlichen Urgrundes.<br />
In der mohammedanischen Tradition würde eine solche Rationalisierung der unmittelbaren,<br />
mystischen Erfahrung auf gefährliche Weise unorthodox wirken. Nichtsdestoweniger<br />
hat man beim Lesen gewisser Sufi-Texte den Eindruck, ihre Autoren haben<br />
sich al haqq, das Wahre, als den Göttlichen Urgrund oder die Einheit Allahs vorgestellt<br />
und darin die Basis der aktiven und persönlichen Aspekte der Gottheit gesehen.<br />
<strong>Die</strong> zweite Lehre der Ewigen Weisheit – dass es möglich ist, den Göttlichen Urgrund<br />
durch unmittelbare, alles beweisende Denken übersteigende Intuition zu erkennen –<br />
findet sich in sämtlichen großen Religionen der Welt. Ein Philosoph, der sich damit<br />
zufrieden gibt, das Äußerste an Realität nur theoretisch oder von Hörensagen zu<br />
kennen, wird von Buddha mit einem Hirten verglichen, der eines anderen Mannes<br />
Kühe hütet. Mohammed gebraucht einen sogar noch drastischeren Vergleich. Für ihn<br />
ist ein Philosoph, der vor der Metaphysik die Augen verschließt, nichts als ein mit<br />
24
Büchern beladener Esel. Christliche, hinduistische und taoistische Meister schrieben<br />
nicht weniger nachdrücklich über die absurde Anmaßung des ausschließlich erlernbaren<br />
Wissens und analytischen Denkens. Nach den Worten des anglikanischen<br />
Gebetbuches fußt unser ewiges Leben jetzt und dereinst ‚in der Erkenntnis Gottes’<br />
und diese Erkenntnis entstammt nicht dem logisch schließenden Verstand, sondern<br />
‚dem Herzen’. Sie ist eine überrationale Intuition, unmittelbar, synthetisch und zeitlos.<br />
<strong>Die</strong> dritte Lehre der Ewigen Weisheit, welche von der Doppelnatur des Menschen<br />
spricht, tritt als wesentliches Prinzip in allen höheren Religionen auf. <strong>Die</strong> einende Erkenntnis<br />
des Göttlichen Urgrundes schließt als notwendige Bedingung Selbstverleugnung<br />
und Liebe ein. Einzig durch Selbstverleugnung und Liebe können wir das<br />
ablegen, woraus unsere sogenannte Persönlichkeit besteht, nämlich Wahn, Übel und<br />
Unwissenheit. Sie sind es, die uns hindern, den göttlichen Funken zu erkennen, der<br />
den inneren Menschen erleuchtet. <strong>Die</strong>ser innere Funke jedoch ist eng verwandt mit<br />
dem Göttlichen Urgrund. Indem wir uns mit ersterem identifizieren, können wir zu der<br />
einigenden Erkenntnis des Zweiten gelangen. <strong>Die</strong>se empirischen Tatsachen des<br />
geistigen Lebens wurden auf verschiedene Weise durch die Theologien der einzelnen<br />
Religionen vernunftgemäß erklärt. <strong>Die</strong> Hindus behaupten kategorisch: DAS bis<br />
du. Das heißt, der innewohnende Atman ist von gleichem Wesen wie Brahman. Für<br />
den orthodoxen Christen gibt es keine Identität zwischen dem Funken und Gott. Eine<br />
Vereinigung des menschlichen Geistes mit Gott findet statt – eine so vollkommene,<br />
dass sie ‚Vergöttlichung’ genannt wird – doch ist dies keine Einung gleichwertiger<br />
Substanzen. Nach der christlichen Theologie wird der Heilige ‚vergöttlicht’, nicht weil<br />
der Atman identisch ist mit Brahman, sondern weil Gott den geläuterten Geist des<br />
Menschen durch einen Akt der Gnade aufnimmt und sich gleichmacht.<br />
<strong>Die</strong> islamische Theologie trifft eine ähnliche Unterscheidung. Der Sufi Masur wurde<br />
hingerichtet, weil er den Worten ‚Vereinigung’ und ‚Vergöttlichung’ wörtlich den Sinn<br />
zugebilligt hat, den die Hindutradition ihnen gibt. Für unsere gegenwärtigen Zwecke<br />
ist es jedoch von Bedeutung, dass diese Begriffe tatsächlich von Christen und Mohammedanern<br />
gebraucht werden, um die empirischen Tatsachen metaphysischen<br />
Erlebens durch unmittelbare überrationelle Intuition zu beschreiben.<br />
In Bezug auf das Endziel des Menschen stimmen sämtliche höheren Religionen vollkommen<br />
miteinander überein. Der Zweck des menschlichen Lebens ist die Entdeckung<br />
der Wahrheit, die einende Erkenntnis Gottes. Der Grad, bis zu welchem die<br />
einende Erkenntnis auf Erden erlangt wird, bestimmt das Maß, in dem diese im Zustand<br />
nach dem Tode genossen werden kann. Kontemplative Betrachtung der<br />
Wahrheit ist der Zweck, Tätigsein das Mittel. In Indien, in China, im alten Griechenland,<br />
im christlichen Europa gehört dies zum unverkennbarsten und unumstößlichen<br />
Teil der Rechtgläubigkeit. <strong>Die</strong> Erfindung der Dampfmaschine hat nicht nur in der industriellen<br />
Technik eine Revolution hervorgerufen, sondern auch eine noch viel bedeutungsvollere<br />
in der Philosophie. Da die Maschinen mit der Zeit immer mehr verbessert<br />
werden können, kam der westliche Mensch auf den Gedanken, die Menschheit<br />
und ihre Gemeinschaften ließen sich ebenfalls ganz automatisch in entsprechendem<br />
Maße geistig und moralisch heben. <strong>Die</strong> gesamte Aufmerksamkeit und Hingabe<br />
richtete sich nun nicht mehr auf die Ewigkeit sondern auf eine utopische Zukunft.<br />
So kam es, dass äußere Umstände für wichtiger erachtet wurden als die Geistesverfassung<br />
in Bezug auf diese äußeren Umstände und Tätigsein als der Zweck<br />
des menschlichen Lebens galt, wobei die Kontemplation die Rolle des Mittels zu diesem<br />
Zweck spielte. <strong>Die</strong>se falschen und historisch abirrenden und ketzerischen Doktrinen<br />
werden heute systematisch in unseren Schulen gelehrt und tagtäglich von namenlosen<br />
Schreibern marktschreierischer Bücher wiederholt, die mehr als irgendwelche<br />
andere Lehrer die europäische und amerikanische Jugend mit ihrer billigen Le-<br />
25
ensphilosophie versorgen. Und so wirkungsvoll ist diese Propaganda, dass selbst<br />
überzeugte Christen diese Ketzerei unbestritten annehmen und es sich gar nicht bewusst<br />
machen, dass diese sowohl mit der Moral allgemein, ihrer eigenen wie mit jeder<br />
anderen Religion völlig unvereinbar ist.<br />
Ich bedauere es sehr, wenn Christen und Juden in muslimischen Ländern verfolgt<br />
und ermordet werden. Aber solange die ideologischen Spannungen von Christen,<br />
Juden, Muslimen usw. bis tief hinein in den nicht aufhören, wird es - bis in die USA<br />
mit dem KU-KLUX-CLAN - im Sinne des Synkretismus nicht aufhören, als dass<br />
Menschen erniedrigt, gequält, denunziert bis hin ermordet werden. <strong>Die</strong> Facetten der<br />
möglichen Gewalt bis hin zu Wasser-Boarding usw., die Mensch gegen Mensch verübt<br />
werden, widersprechen an und für sich vollkommen gegen das, was Mensch-<br />
Sein an und für sich beinhaltet. <strong>Die</strong> Folter von Menschen, die von Menschen verübt<br />
werden, bezeugen im Grunde genommen lediglich die Primitivität und die Gegenwärtigkeit<br />
von Armut an Bildung und Empathie bis hin einst doch die größte Art der Gewalt<br />
auf unserem Planeten durch den ZWEITEN WELTKRIEG Menschen zum Massenmorden<br />
trieb, als wäre es eine Freude, Menschen zu erniedrigen und zu töten.<br />
Nun, mit dem Computer-Zeitalter und den Drohnen, gibt es doch eine bessere Art<br />
menschlichen Zeitvertreibes mit dem Abschießen von Menschen im geheimen Kämmerlein<br />
Das ist auch mein Problem, dass ich mit den politischen Parteien habe, die sich als<br />
christliche Parteien hervorheben und an und für sich geringe Identifikation mit dem<br />
Christentum, denn als Kapitalisten gemein haben. Sie, die CDU/CSU veröffentlichen<br />
sich als eine angeblich christliche Partei und sind im Grunde nicht besser als die anderen<br />
Parteien, die sich - wohl angemerkt - nach dem ZWEITEN WELTKRIEG in die<br />
selben Reihen in der Deutschen Politikgestaltung einordnen wie die SPD und die<br />
FDP. Nahezu scheint es wie eine Blasphemie. Besser wäre es, auf der christlichen<br />
Welt den Papst und den Vatikan auf jene Scheffel zu stellen, den christliche Parteien<br />
() für sich verheißen wollen. Aber im Grunde genommen sind die auch nicht besser,<br />
wenn sie mit ihren im katholischen Besitz befindlichen Banken und Ländereien und<br />
damit ihrer Extroversionen genüsslich eben einfach leben, ihren gesicherten Unterhalt<br />
und genügend zu essen haben.<br />
<strong>Die</strong>se vier Lehren stellen die auf ihr Minimum beschränkte, grundlegende Form der<br />
Ewigen Weisheit dar. Wer das auszuüben vermag, was der Inder Jnana 16 Yoga<br />
nennt (die metaphysische Lehre von der Unterscheidung zwischen Sein und Schein),<br />
verlangt nach nichts anderem. <strong>Die</strong>se einfache Arbeitshypothese genügt seinen Zwecken.<br />
Aber solch eine Unterscheidung ist äußerst schwierig und kann, jedenfalls in<br />
den Vorstadien des geistigen Lebens, kauf ausgeübt werden, es sei denn von Persönlichkeiten,<br />
denen eine besondere Art geistiger Veranlagung gegeben ist. Aus diesem<br />
Gunde haben die meisten Darlegungen der Ewigen Weisheit noch eine weitere<br />
Lehre aufgenommen, die von einer oder mehreren Inkarnationen des Göttlichen Urgrundes<br />
spricht, durch deren Vermittlung und Gnade dem Gläubigen geholfen wird,<br />
die einigende Erkenntnis der Gottheit, d.h. ewige Seligkeit, zu erlangen. <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong><br />
<strong>Gita</strong> ist eine solche Darlegung. Hier ist Krischna eine Inkarnation des Göttlichen<br />
Urgrundes in menschlicher Gestalt. Ebenso sind in der christlichen und der buddhistischen<br />
Theologie Jesus und Gotama göttliche Inkarnationen. Während jedoch im<br />
Hinduismus und im Buddhismus mehr als eine Inkarnation der Gottheit möglich ist –<br />
und nach ihrer Lehre auch bereits stattgefunden hat – gab und gibt es für den Christen<br />
nur eine einzige.<br />
16 Sprich: Dschnana<br />
26
Eine göttliche Inkarnation oder bis zu einem gewissen Ausmaß auch ein gotterfüllter<br />
Heiliger, Weiser oder Prophet ist ein Mensch, der weiß, wer er ist und deshalb andere<br />
Menschen an das erinnern kann, was sie in Vergessenheit geraten ließen, nämlich,<br />
dass sie, wenn sie sich entschließen, das zu werden, was sie potentiell bereits<br />
sind, sich auf ewig mit dem Göttlichen Urgrund vereinen können.<br />
<strong>Die</strong> Anbetung der Inkarnation und die Kontemplation ihrer Attribute sind für die meisten<br />
Menschen die beste Vorbereitung auf die einende Gotteserkenntnis. Ob jedoch<br />
diese Erkenntnis selbst dadurch erlang werden kann, ist eine andere Frage. Viele<br />
katholische Mystiker haben behauptet, dass es auf einer gewissen Stufe des kontemplativen<br />
Betens, woraus nach den meisten maßgebenden Theologen, das Leben<br />
der christlichen Vervollkommnung letzten Endes besteht, notwendig sei, alle Gedanken<br />
an die Inkarnation beiseite zu lassen, da sie von der höheren Erkenntnis dessen,<br />
was inkarniert wurde, ablenken. Aus dieser Tatsache haben sich reichlich viele Missverständnisse<br />
und eine große Zahl intellektueller Schwierigkeiten ergeben. So<br />
schreibt zum Beispiel Abt John Chapman in seinen bewundernswerten Geistigen<br />
Briefen folgendes: Das Problem der Vereinbarkeit (nicht nur der Vereinigung) von<br />
Mystizismus und Christentum ist noch schwieriger.<br />
Der Abt Marmion sagt, der heilige Johannes vom Kreuz sei ein wie mit Christentum<br />
voll gesogener Schwamm. Man könne ihn völlig auspressen und nichts anderes bleibe<br />
übrig als die reine mystische Lehre. <strong>Die</strong>s war für mich Grund genug, den heiligen<br />
Johannes vom Kreuz etwa fünfzehn Jahre lang zu hassen und ihn einen Buddhisten<br />
zu nennen. <strong>Die</strong> heilige Teresa hingegen liebte ich und las in ihren Schriften immer<br />
und immer wieder; denn sie ist zu allererst Christin und erst in zweiter Linie Mystikerin.<br />
Dann aber erkannte ich, dass ich, soweit es sich um Beten handelte, fünfzehn<br />
Jahre vertan hatte. Denn, so schließt er, trotz des ‚buddhistischen’ Charakters gingen<br />
aus der Übung der Mystik (mit anderen Worten: aus dem Erlebnis der Ewigen Weisheit)<br />
gute Christen hervor. Er hätte hinzufügen können, dass auch gut Hindus, gute<br />
Buddhisten, gute Taoisten und gute Juden daraus hervorgehen.<br />
<strong>Die</strong> Lösung von Abt Chapmans Problem muss nicht im Bereich der Philosophie, sondern<br />
in dem der Psychologie gesucht werden. <strong>Die</strong> Menschen kommen nicht in gleicher<br />
Weise ausgestattet zur Welt. Es gibt verschiedene Temperamente und Anlagen.<br />
Und in jeder psycho-physischen Klasse finden sich Menschen von sehr verschiedenen<br />
Stufen der geistigen Entwicklung.<br />
Andachtsübungen und geistige Zucht, die für den einen Menschen von höchstem<br />
Wert sind, können für einen anderen sinnlos oder sogar schädigend sein, wenn dieser<br />
nicht der gleichen Klasse angehört oder innerhalb der gleichen Klasse auf höherer<br />
oder niedrigerer Entwicklungsstufe steht. <strong>Die</strong>s alles wird in der <strong>Gita</strong> deutlich dargestellt,<br />
da hier die psychologischen Tatsachen durch das Postulat der Gunas mit<br />
einer allgemeinen Kosmologie in Verbindung gebracht werden. Krischna, das<br />
Sprachrohr des Hinduismus in seinen sämtlichen Kundgebungen, findet es vollkommen<br />
natürlich, dass die verschiedenen Menschen verschiedene Methoden und sogar<br />
scheinbar verschiedene Objekte der Anbetung haben.<br />
Alle Wege führen nach Rom, vorausgesetzt allerdings, dass es wirklich Rom und<br />
keine andere Stadt ist, die der Wanderer zu erreichen wünscht. <strong>Die</strong> gleiche Haltung<br />
liebevollen Einbegreifens, doppelt erstaunlich bei einem Muselmanen, findet herrlichen<br />
Ausdruck in der Parabel von Moses und dem Hirten, die Jalaluddin Rumi im<br />
zweiten Buch des Masnavi erzählt. Und in der exklusiveren christlichen Tradition<br />
wurden diese Probleme des Temperamentes und der Entwicklungsstufe im allgemeinen<br />
im Hinblick auf die Art Marthas und jene Marias erforscht und erörtert, und im<br />
besonderen in Bezug auf Neigung und persönliche Hingabe des Einzelnen.<br />
27
Unsere Betrachtung wendet sich jetzt den ethischen Zusätzen der Ewigen Weisheit<br />
zu. ‚<strong>Die</strong> Wahrheit’, sagt Thomas von Aquin, ‚ist das letzte Ziel des gesamten Weltalls.<br />
Und die Kontemplation der Wahrheit ist die Hauptbeschäftigung der Weisheit.’<br />
‚<strong>Die</strong> sittlichen Tugenden’, sagt er an anderer Stelle, ‚gehören ihrem Wesen nach<br />
nicht notwendigerweise zur Kontemplation, sind aber eine unbedingt erforderliche<br />
Vorbedingung.’ Mit anderen Worten: Tugend ist nicht das Ziel, sondern das unerlässliche<br />
Mittel zur Erkenntnis der göttlichen Realität. Schankara, der bedeutendste indische<br />
Kommentator der <strong>Gita</strong>, hält sich an die gleiche Lehre. Rechtes Tun ist der Weg<br />
zur Erkenntnis, da es die Seele läutert. Denn nur zu einer von Selbstsucht freien<br />
Seele vermag die unmittelbare Erkenntnis vom Göttlichen Urgrund zu kommen.<br />
Selbstverleugnung kann nach der <strong>Gita</strong> durch die Übung von zwei alles umfassenden<br />
Tugenden erlangt werden: durch die Liebe und durch innere Lossagung. Letztere ist<br />
das Selbe wie der ‚heilige Gleichmut’, den der heilige Franziskus von Salia unermüdlich<br />
fordert. „Wer jede Tat auf Gott bezieht“, schreibt Camus, indem er seinen Meisters<br />
Lehre zusammenfasst, „und auf nichts anderes hinzielt als auf Seine Herrlichkeit,<br />
der findet überall Frieden, selbst mitten im heftigsten Aufruhr.“ So lange wir den<br />
Früchten unserer Arbeit mit dem heiligen Gleichmut gegenüberstehen, „wird keine<br />
rechtliche Tat uns von Gott scheiden; sie kann im Gegenteil zum Mittel einer noch<br />
innigeren Vereinigung werden“. Das Wort rechtlich ersetzt hier eine Einschränkung<br />
dieser Lehre, die ohne diese unvollständig und sogar potentiell gefährlich wäre. Es<br />
gibt Handlungen, die ihrem Wesen nach übel oder schädlich sind; und keine gute<br />
Absicht, keine bewusste Darbringung vor Gott, kein Verzicht auf ihre Früchte kann<br />
den ihnen innewohnenden Charakter wandeln. Nicht nur in Verbindung mit einer<br />
Reihe jedes Verbrechen untersagender Gebote muss der heilige Gleichmut gelehrt<br />
werden, sondern auch mit einem klaren Begriff dessen, was bei Buddhas achtteiligem<br />
Pfad „rechtes Handeln“ genannt wird. Daher ist für den Buddhisten rechtes<br />
Handeln unvereinbar mit der Herstellung tödlicher Waffen und Gifte, wie es für den<br />
Christen des Mittelalters unvereinbar gewesen ist mit Zinserhebung und verschiedenen<br />
monopolistischen Betätigungen, die heutzutage als rechtliches, gutes Gewerbe<br />
angesehen werden. John Woolman, der amerikanische Quäker, gibt ein höchst aufschlussreiches<br />
Beispiel für die Möglichkeit des Menschen, auf dieser Welt zu leben,<br />
vollkommene Löslösung von ihr zu üben und doch empfindsam zu bleiben für die<br />
Bedingungen des rechten Handelns. So weigerte sich Woolman, den Kunden, die in<br />
seinen Laden kamen, westindischen Zucker und Rum zu verkaufen, obgleich dies<br />
vorteilhaft für ihn und vollkommen rechtmäßig gewesen wäre. Er tat dies, weil diese<br />
Produkte der Ertrag von Sklavenarbeit waren. Ebenso wäre es durchaus gesetzmäßig<br />
und für ihn sehr bequem gewesen, mit der Postkutsche zu fahren, als er in England<br />
war. Trotzdem zog er es vor, seine Reisen zu Fuß zu machen. Warum? Weil die<br />
Annehmlichkeit des raschen Fahrens nur auf Kosten der grausam überforderten<br />
Pferde und Postkutscher genossen werden konnte, die unter unwürdigsten Bedingungen<br />
arbeiten mussten. In Woolman’s Augen war dieses Transportsystem als solches<br />
ablehnenswert, und keine noch so große persönliche Loslösung konnte es zu<br />
etwas begehrenswertem machen. Also schulterte er seinen Reisesack und ging zu<br />
Fuß.<br />
Auf den vergangenen Seiten habe ich zu zeigen versucht, dass die Ewige Weisheit<br />
und ihre ethischen Begleitsätze den höchsten gemeinsamen Faktor ausmachen, der<br />
allen Weltreligionen innewohnt. <strong>Die</strong>se Wahrheit zu bestätigen, ist niemals notwendiger<br />
gewesen als zu unserer Zeit. Nie wird es dauernden Frieden geben, so lange die<br />
Menschheit nicht so weit kommt, eine Lebensphilosophie anzunehmen, die den kosmischen<br />
und psychologischen Tatsachen mehr entspricht als die irren Abgöttereien<br />
28
des Nationalismus und der rätselhafte Glaube des Reklame besessenen Menschen<br />
an den Fortschritt, der auf ein mechanisiertes Neues Jerusalem zustrebt. Wie wir<br />
gesehen haben, sind alle Grundstoffe der Ewigen Weisheit in den traditionellen Religionen<br />
vorhanden. Aber wie die Dinge nun einmal liegen, besteht nicht die leiseste<br />
Aussicht, dass eine dieser traditionellen Religionen Weltgültigkeit erlangen wird.<br />
Europäer und Amerikaner sehen keinen Grund, warum sie, sagen wir, Hinduisten<br />
oder Buddhisten werden sollten. Und von den Völkern Asiens ist kaum zu erwarten,<br />
dass sie sich ihrer eigenen Traditionen begeben zugunsten eines Christentums, zu<br />
dem sich, oft aufrichtigerweise, die Imperialisten bekannten, die mehr als vier Jahrhunderte<br />
lang den Osten überfallen, systematisch ausgebeutet und unterdrückt haben<br />
und nun ihr Zerstörungswerk krönen, indem sie ihn „erziehen“,<br />
Aber glücklicherweise gibt es den höchsten gemeinsamen Faktor aller Religionen,<br />
die Ewige Weisheit, die immer und überall das metaphysische System der Propheten,<br />
Heiligen und Weisen gewesen ist. <strong>Die</strong> Menschen können durchaus gute Christen,<br />
Hindus, Buddhisten und Mohammedaner bleiben und doch, auf den Grundlehren<br />
der Ewigen Weisheit fußend, in voller Übereinstimmung und Harmonie leben.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ist vielleicht die systematisch geordnetste schriftliche Darstellung<br />
der Ewigen Weisheit, Einer Welt voller Krieg, einer Welt, die, da ihr die<br />
intellektuellen und geistigen Vorbedingungen für den Frieden fehlen, nur auf<br />
einen widerruflichen, hochgerüsteteten Waffenstillstand hoffen kann, zeigt sie<br />
klar und unmissverständlich den einzigen Weg, wie sie der selbstauferlegten<br />
Notwendigkeit der Eigenzerstörung zu entgehen vermag. Aus diesem Grunde<br />
müssen wir Swami Prabhavananda und Christopher Isherwood für die neue<br />
Leseart dieses Buches dankbar sein – eine Leseart, die nicht nur ohne die<br />
durch allzu viele Übersetzungen aus dem Sanskrit hervorgerufene ästhetische,<br />
mühselige Qual, sondern mit reiner Freude aufgenommen werden kann.<br />
Aldous Huxley<br />
29
<strong>Gita</strong> und Mahabharata<br />
Das Mabaharata gilt als das längste Gedicht der Welt. In seiner ursprünglichen Form<br />
bestand es aus 24 000 Versen und wuchs zu über hunderttausend an. Wie das Alte<br />
Testament ist es kein homogenes Werk, sondern eine Sammlung von Erzählungen.<br />
Sein Kernthema ist, wie der Name schon sagt, die Geschichte von König Bharatas<br />
Nachkommenschaft (Maha heißt groß) und des alten Indiens, des Landes, in welchen<br />
die Bharatas gelebt und geherrscht haben.<br />
Nach dem Tode König Pandus, so erzählt uns das Mahabharata, folgte ihm sein<br />
Bruder Dhritaraschtras auf den Thron. Dhritaraschtras ließ die fünf Söhne Pandus,<br />
die Pandavas, mit seinen eigenen hundert Söhnen erziehen.<br />
Als sie zu Männern geworden waren, zeichneten sich die Pandavas durch Frömmigkeit<br />
und heldische Tugenden vor allem aus. <strong>Die</strong>s erregte Duryodhana, des ältesten<br />
Sohne Dhritaraschtras, Eifersucht, und er fasste den Entschluss, sie zu töten.<br />
Sein Plan war, in einer entfernten Stadt einen Palast zu bauen und die Pandavas<br />
einzuladen, während eines religiösen Festes darin zu wohnen. Der Palast wurde erbaut<br />
und zwar aus einem leicht brennbaren Material, das Duryodhana <strong>Die</strong>ner ohne<br />
Mühe in Brand setzen konnten. Am festgesetzten Tage erschienen die Gäste, und<br />
nachts ging der Palast in Flammen auf. Doch die Pandavas und Kunti, ihre Mutter,<br />
waren rechtzeitig gewarnt worden und flohen. Duryodhana jedoch hielt sie für tot.<br />
<strong>Die</strong> Pandavas aber lebten als Brahmanen verkleidet in einem Walde, wo sie viele<br />
Gefahren und Aberteuer bestanden. Eines Tages erfuhren sie, dass ein benachbarter<br />
König sich anschickte, einen Gatten für seine Tochter zu wählen. Der Sieger<br />
musste einen Bogen von gewaltiger Größe spannen und mit dem Pfeil eine winzige<br />
Zielscheibe treffen. <strong>Die</strong> Pandavas beschlossen, es zu versuchen und begaben sich<br />
in ihrer Verkleidung zu der Stadt.<br />
Aus ganz Indien hatten sich Freier eingefunden, unter ihnen auch Duryodhana. Einer<br />
nach dem anderen versagten sie bei der Prüfung. Schließlich erhob sich Arjuna, der<br />
dritte der Pandavas, spannte den Bogen und traf die Scheibe mit der größten Leichtigkeit.<br />
Draupati, die Prinzessin, warf ihm den Siegerkranz zu. Doch die versammelten<br />
Prinzen konnten diese Demütigung von Seiten eines anscheinend armen und<br />
unkriegerischen Brahmanen nicht einstecken. Ein furchtbarer Kampf wäre entbrannt,<br />
wie in der Geschichte Ulysses, hätte Krischna, der auch zugegen war, nicht eingegriffen<br />
und ihnen klargemacht, dass Arjuna ein Recht auf seine Braut habe. Krischna<br />
war ein Vetter der Pandavas, aber keiner von Dhritaraschtras Söhnen.<br />
<strong>Die</strong> Brüder wanderten mit Draupati in den Wald zurück, wo Kunti sie bereits erwartete.<br />
„Mutter“, riefen sie, „wir bringen einen wundersamen Schatz heim!“ „Dann teilt ihn<br />
auch ehrlich, meine Kinder“, antwortete Kunti. Dann erst sah sie die Prinzessin und<br />
rief entsetzt aus: „Oh, was habe ich da gesagt!“ Aber es war zu spät. Ihr Wort war<br />
ihren Söhnen heilig. So vermählte Draupati sich mit allen fünf Brüdern.<br />
30
Dhritaraschtra und sein Sohn wussten jetzt, dass die Pandavas nicht nur am Leben,<br />
sondern auch mit einem mächtigen Monarchen durch Heirat verbündet waren. Duryodhana<br />
verlangte es danach, die Feindschaft fortzusetzen. Doch Dhritaraschtra<br />
schenkte klüglich dem Rat seines Oheims Bhisma Gehör, der lautete, nach den Brüdern<br />
zu senden und ihnen die Hälfte des Königreiches anzubieten. So wurden denn<br />
das Reich geteilt.<br />
<strong>Die</strong> Pandavas erhielten den schlechtesten Teil, eine Wildnis am Flusse Jamuna. Sie<br />
machten sie urbar und erbauten eine herrliche Stadt und setzten Yudhisthira, den<br />
ältesten der Brüder, als König ein.<br />
Nur lebten die fünf Brüder in Glanz und Ruhm und Duryodhana hasste sie glühender<br />
denn je. Seine Eifersucht heckte einen neuen Plan zu ihrem Untergang aus. Der<br />
fromme und edle Yudhisthira hatte eine verhängnisvolle Neigung zum Spiel. Deshalb<br />
forderte Duryodhana ihn zum Würfelspiel mit einem durchtriebenen Gauner namens<br />
Sakuni heraus, wohl wissend, dass der König sich ehrenhalber verpflichtet fühlte,<br />
anzunehmen. Sie spielten, Sakuni betrog, und Yudhisthira verlor Spiel um Spiel, wobei<br />
er sein Vermögen, sein Königreich, schließlich seine Brüder, Draupati und sich<br />
selbst zum Pfand einsetzte. Sie alle waren nun die Sklaven von Duryodhanas Rache<br />
und wurden Schmähungen und Grausamkeiten ausgesetzt, bis Dhritaraschtra eingriff<br />
und darauf bestand, dass ihnen die Freiheit und ihr Königreich zurückgegeben werden.<br />
Aber Duryodhana redete auf seinen Vater ein, bis dieser ihm die Erlaubnis zu einem<br />
zweiten Würfel-Wettspiel gab. Der Unterlegene verwirkte sein Königreich, musste<br />
sich auf zwölf Jahre in den Wald zurückziehen, dann ein Jahr lang in der Stadt leben,<br />
ohne erkannt zu werden. Entdeckte man ihn aber doch, so begann seine Verbannungszeit<br />
aufs Neue. Auch dieses Spiel verlor Yudhisthira. Also wanderten die Pandavas<br />
wieder zurück in den Wald. Aus ihrer Not aber machten sie eine Tugend, indem<br />
sie religiöse Kasteiung übten und viele Heldentaten vollbrachten.<br />
Einmal, so erfahren wir, litten die Brüder auf ihren Wanderungen an furchtbarem<br />
Durst. Nakula, der Jüngste, wurde ausgesandt, um Wasser zu suchen. Er fand einen<br />
See, der so klar aussah wie Kristall. Als er sich darüber beugte, sagte eine Stimme:<br />
„Halt an, mein Kind! Erst beantworte meine Fragen. Dann magst Du trinken.“ Nakula<br />
aber in seinem übermäßigen Durst achtete der Stimme nicht: er trank und sank augenblicklich<br />
zu Boden. Da zog sein Bruder Sahadeva aus, um ihn zu suchen. Auch<br />
erfand den See, auch er trank, ohne der Stimme Gehör zu schenken und fiel tot zu<br />
Boden. So starben vier von den Brüdern.<br />
Als letzter kam Yudhisthira. Er fand die Leichname und begann laut zu klagen. Da<br />
sagte die Stimme zu ihm: „Kind, erst beantworte meine Fragen, dann will ich Deinen<br />
Kummer und Deinen Durst stillen.“ Yudhisthira wandte sich um und sah Dharma, die<br />
Personifikation von Pflicht und Tugend, in Gestalt eines Kranichs neben sich stehen.<br />
„Wie heißt der Weg zum Himmel?“ fragte der Kranich.<br />
„Wahrheitsliebe.“<br />
„Wie gelangt der Mensch zum Glück?“<br />
„Durch rechten Wandel.“<br />
„Was muss er überwinden, um dem Leid zu entgehen?“<br />
„Seine Begierden.“<br />
„Wann wird der Mensch geliebt?“<br />
„Wenn er frei ist von Eitelkeit.“<br />
31
„Welches von den Wundern der Welt ist das verwunderlichste?“<br />
„Dass kein Mensch, obgleich er alle anderen rings um sich sterben sieht, an<br />
seinen eigenen Tod glaubt.“<br />
„Wie erlangt man wahre Frömmigkeit?“<br />
„Nicht durch Beweise, nicht durch Schriften und Lehren. <strong>Die</strong>s alles ist nutzlos.<br />
Der Pfad zur Frömmigkeit kann nur von Heiligen beschritten werden.“<br />
Dharma war von den Antworten befriedigt. Er gab sich Yudhisthira zu erkennen und<br />
erweckte die vier Brüder wieder zum Leben.<br />
Als die Zeit der Verbannung schließlich abgelaufen war, verlangte Yudhisthira sein<br />
Königreich zurück, aber Duryodhana verweigerte es ihm Yudhisthira sage, er wolle<br />
sich mit nur einem Dorf für sich und jeden seiner Brüder zufrieden geben. Aber Duryodhana<br />
in seiner wahnwitzigen Gier konnte sich nicht einmal dazu bereiterklären. <strong>Die</strong><br />
älteren Mitglieder der Familie suchten zu vermitteln, erreichten aber nichts. Also war<br />
ein Krieg unvermeidbar. Benachbarte Könige wurden in diesen Streit hineingezogen,<br />
bis schließlich ganz Indien daran beteiligt war. Beide Seiten verlangten Krischnas<br />
Hilfe. Beide stellte dieser vor die gleiche Wahl. „Ihr könnt entweder die Hilfe meiner<br />
Sippe, der Vrischnis, in der Schlacht haben“, sagte er zu ihnen, „oder mich allein. Ich<br />
aber werde nicht am Kampfe teilnehmen.“<br />
Duryodhana wählte die Vrischnis, Arjuna wollte Krischna selbst haben als seinen eigenen<br />
Wagenlenker.<br />
Der Kampf wurde auf der Ebene von Korukschetra ausgetragen, dem heiligen Platz<br />
der Pilger. Hier war es gerade bevor die Heere einander begegneten, dass Krischna<br />
und Arjuna das Gespräch führten, von dem die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> berichtet.<br />
<strong>Die</strong> Schlacht dauerte achtzehn Tage lang und endete mit dem Tod Duryodhanas und<br />
dem vollständigen Sieg der Pandavas. Danach wurde Yudhisthira zum unumschränkten<br />
Herrscher über Indien ausgerufen, das er sechsunddreißig Jahre lang<br />
regierte.<br />
<strong>Die</strong> Geschichte endet mit der Pilgerschaft Draupatis und der Pandavas auf die Höhen<br />
des Himalayas zur Wohnstätte Gottes. Auf dem Wege dorthin sterben die Königin<br />
und vier Brüder: Sie sind noch nicht so rein, dass sie den Himmel mit menschlichem<br />
Leibe betreten dürften. Nur Yudhisthira, der königliche Heilige, wandert weiter,<br />
von seinem treuen Hunde begleitet. Als sie den Himmel erreichen, verweigert Indra,<br />
der Götterkönig, dem Hund den Eintritt. Da erklärt Yudhisthira, wenn dem so sei, wolle<br />
auch er außen bleiben, denn nichts könne ihn dazu bewegen, ein Geschöpf zu<br />
verlassen, das ihm vertraue und seines Schutzes bedürfe. Schließlich werden nach<br />
langen Hin- und Widerreden beide zugelassen. Da gibt der Hund sich als Dharma zu<br />
erkennen. <strong>Die</strong>s war eine weitere Prüfung von Yudhisthiras geistiger Größe. Eine letzte<br />
sollte noch folgen. Als der König um sich blickte, entdeckte er, dass der Himmel<br />
erfüllt war von seinen irdischen Feinden.<br />
„Wo“, fragte er, „sind meine Brüder und Gefährten?“ Indra führte ihn in eine düstere,<br />
entsetzliche Gegend, zum Höllengrund selbst. „Dann will ich hier bleiben“, sagte Y-<br />
udhisthira, denn der Ort, wo sie sich befinden, ist der Himmel für mich.“ Auf diese<br />
Worte hin verschwand alles Düstere und Entsetzliche. Yudhisthira und die anderen<br />
Pandavas schritten über die Grenzen der Erscheinungen von Himmel und Hölle hinweg<br />
in das ewige, göttliche Sein, in die Unsterblichkeit.<br />
32
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> – wörtlich Gesang des Erhabenen – wird von den Hindus nicht<br />
als Sruti (biblische, von Gott den Menschen offenbarte Lehre wie die Upanischaden)<br />
angesehen, sondern nur als Smriti (die Lehre göttlicher Inkarnationen, Heiliger und<br />
Propheten, welche die von Gott gegebene Wahrheit der Heiligen Schriften erläutern<br />
und ausarbeiten). Trotzdem ist sie das beliebteste Buch der religiösen Hinduliteratur,<br />
ja man kann sagen, das Evangelium Indiens. Seit Jahrhunderten hat es das geistige,<br />
kulturelle, intellektuelle und politische Leben des Landes aufs tiefste beeinflusst und<br />
tut dies auch heute noch. Jeder westliche Mensch, der die geistige Entwicklung der<br />
indischen Denker und Führer zu verstehen wünscht, sollte es studieren.<br />
<strong>Die</strong> Entstehung der <strong>Gita</strong> wird gewöhnlich von Gelehrten ungefähr zwischen dem fünften<br />
und dem zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung angenommen. <strong>Die</strong> meisten<br />
von ihnen stimmen darin überein, dass sie ursprünglich nicht ein Teil des Mahabharata<br />
gewesen sei, doch heißt das nicht notwendig, sie sei später entstanden als<br />
dieses Epos. Sie scheint eine Weile unabhängig davon existiert zu haben.<br />
In den Wechselgesprächen der <strong>Gita</strong> gibt es vier Sprecher: König Dhirtaraschtra, Sajaya,<br />
Ardschnuna und Krischna.<br />
Dhritaraschtra ist blind. Der weise Vyasa (der von der Tradition für den Autor der <strong>Gita</strong><br />
angesehen wird) bietet ihm an, sein Augenlicht wieder herzustellen, damit er die<br />
Schlacht von Kurukschetra verfolgen könne. Doch Dhritaraschtra lehnt ab. Er kann<br />
es nicht ertragen, seine Blutsverwandten fallen zu sehen. So überträgt Vyasa die<br />
psychische Gabe des Hellsehens und Hellhörens auf Sandschaya, der Dhritaraschtras<br />
Minister und Wagenlenker ist. Währen sie im Palast beisammensitzen, beschreibt<br />
Sadshaya seinem Herrn alles, was er auf dem fernen Schlachtfeld sieht und<br />
hört. Durch seinen Mund werden die Worte Krischnas und Arjunas mittelbar berichtet.<br />
Gelegentlich unterbricht er seine Rede, um eigene schildernde Bemerkungen<br />
einzuflechten.<br />
Sri Krischna (Sri ist ein Titel der Ehrfurcht wie Herr vor Gott oder Jesus) wurde der<br />
Christus von Indien genannt. Und tatsächlich gibt es einige auffallende Parallelen<br />
zwischen Krishas Leben, wie es im Bhagavatam und anderwärts erzählt wird, und<br />
dem Leben Jesu von Nazareth. In beiden Fällen vermischen sich Legende und Tatsache.<br />
Doch hat das geschichtliche Problem nichts mit der Einstellung zu der Botschaft<br />
der <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> zu tun. Für denjenigen, der als Sucher nach geistiger<br />
Wahrheit die <strong>Gita</strong> oder die Bergpredigt liest, kann es nicht von Wichtigkeit sein,<br />
ob der historische Krischna und der historische Jesus wirklich gelebt haben<br />
oder nicht.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> befasst sich nicht vornehmlich mit Krischna als Individuum, sondern mit seinem<br />
Aspekt als Brahman. Brahman ist hierbei verstanden als der Urgrund des Universums<br />
und als die quintessentielle Geistigkeit und Energie, die sich mit dem Urknall<br />
und der Entstehung des Universums bis hin zu unserer Galaxie und unserem<br />
Sonnensystem.<br />
Auf dem Planeten Erde entstand das Leben im Sinne der Inkarnation als in sich stehende<br />
Kraft. Als eine Kraft, die begrifflich für menschliches Begreifen ein Mysterium<br />
ist.<br />
Seit der Entstehung des Planeten Erde in unserem Sonnensystem vor etwa 4,5<br />
Jahrmilliarden, hat sich auf unserem Planeten bedingt durch eine kausale Kette der<br />
Energieumwandlung, die nicht nur unseren Planeten betrifft, sondern kausal und mathematisch<br />
über unser Sonnensystem hinaus, unsere Galaxie und das Universum an<br />
sich betrifft.<br />
33
Insofern die Wissenschaft feststellt, dass es im Universum derart viele Sonnen gibt,<br />
wie Sandkörner auf unserem Planeten, ist es für den Sucher nach geistiger Wahrheit<br />
genauso unbedeutend, ob es außerirdische Lebewesen gibt:<br />
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> zeigt den Weg zur Kontemplation (Einfalt) mit der inwendigen<br />
Kausalkraft der Schöpfung an sich. Was vor dem Urknall vor 13,5 Jahrmilliarden in<br />
etwa war, ist genauso unbeschreibbar, wie dass das Vakuum voller Leben ist. – Und<br />
mit dem Ende unseres jetzigen Universums ist es gleichsam wie mit unserem eigenen<br />
Tode: Unser Begreifen ist außerstande, das zu erklären.<br />
Und so sehr wir uns wissenschaftlich anstrengen – noch befangen von Deutungen<br />
von Himmel und Hölle, Engeln und Teufeln – verstehen zu wollen, was die Genesis<br />
an sich beinhaltet, gilt primär doch voran wissenschaftlich zu verstehen, wer jeder<br />
Einzelne von uns ist und wie wir eine Gesellschaft gestalten können, die gleich einer<br />
gegebenen Gefahr eines Meteoriteneinschlags, der diesen Planeten vernichten werde<br />
oder sonstiger Katastrophen, miteinander friedlich zusammenzuleben, uns gegenseitig<br />
zu respektieren und zu achten. – Wohlwissend, dass kein Leben niemals<br />
sich selbst als eine Göttlichkeit begreife, doch alle Existenz an sich eben dieses Mysterium,<br />
ist welches wir verkenntlich als eine außer uns seiende Göttlichkeit ansehen,<br />
aber absolut verkennen, dass wir unserem persönlichem und gemeinschaftlichen<br />
Begreifen einräumen müssen, dass wir eine Folge der Evolution sind.<br />
Vielen mutigen Aufklärern sei Dank, die mutig gegen Aberglauben und Willkür damaliger<br />
Dummheit, Zusammenrottung im Sinne bürgerlicher Anschauungen und der religiösen<br />
Doktrin (!) ihre Arbeiten veröffentlichten und zu unserer heutigen Demokratie,<br />
Freiheit und Rechtschaffenheit beigetragen und mitunter mit Qualen oder mit ihrem<br />
Leben dafür – weil sie rechtschaffend waren – vom Klerus und vom Mob, weil sie<br />
dem Bündel ihrer Ansichten widersprachen, gerichtet wurden.<br />
<strong>Die</strong> Demokratie in unserem jungen Jahrhundert möge hoffentlich ein Jahrhundert von<br />
Einsicht, Einkehr, Verständnis und Gemeinschaft sein.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> solle in diesem Sinne verstanden sein, als eine Alternative zu<br />
unserer heutigen vom Geldfluss und Kapitalismus geprägten internationalen Gesellschaftsform,<br />
die dabei ist, alles, was aus sich selbst entstanden ist und sich als Biotop<br />
einbegreift, zu zerstören.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> befasst sich nicht vornehmlich mit Krischna als Individuum, sondern mit seinem<br />
Aspekt als Brahman, der letzten Wahrheit. Wenn Krischna mit Arjuna spricht, so<br />
tut er das manchesmal als Individuum, oft aber auch als Gott selbst:<br />
„Denn ich bin Brahman<br />
In diesem Leibe,<br />
Unsterbliches Leben,<br />
Das niemals verwelkt.<br />
Ich bin die Wahrheit,<br />
<strong>Die</strong> ewige Freude.“<br />
34
Auch Arjuna drückt in seiner Haltung zu Krischna diese zwiefache Beziehung aus.<br />
Krischna ist die göttliche Inkarnation von Vischnu, Arjunas erwählter Gottheit. <strong>Die</strong>s<br />
weiß Arjuna, doch eine barmherzige Einfalt lässt ihn das manchmal vergessen.<br />
Krischna selbst ist es, der es ihn vergessen lässt, denn ein gewöhnlicher Sterblicher<br />
könnte die Spannung eines dauernden Zusammenseins mit Gott unmöglich ertragen.<br />
Nach der Vision von Krischnas Aspekt, von der im elften Kapitel berichtet wird, ist<br />
Arjuna entsetzt über die Erkenntnis, dass der den Herrn des Weltalls wie einen<br />
„Freund und sterblichen Mitmenschen“ behandelt hat. Demütig bittet er Krischna um<br />
Vergebung; bald aber verlässt seine Furcht ihn wieder, denn abermals wurde ihm<br />
Vergessen zuteil. Wir dürfen auf die gleiche Beziehung zwischen Jesus und seinen<br />
Jüngern folgern nach der Vision seiner Verklärung.<br />
König Dhritaraschtra spricht nur ein einiges Mal. Tatsächlich stellt er nur die eröffnende<br />
Frage an Sandschaya, aus dessen Antwort sich die ganze Erzählung der <strong>Gita</strong><br />
aufbaut.<br />
35
Erstes Kapitel<br />
Arjunas 17 Kummer<br />
Dhritaraschtra:<br />
Sage mir an, Sandschaya, was taten meine Söhne und die Söhne Pandu, als sie<br />
sich kampfbereit auf dem heiligen Felde von Kurukschetra versammelten?<br />
(In den folgenden Versen beschreibt Sandschaya, wie Duryodnaha sich angesichts<br />
der gegnerischen Pandava-Heeres an Drona, seinen Lehrer, wendet und ihm seine<br />
Befürchtung kundtut, die eigenen Scharen seien, obgleich größer an Zahl, die<br />
schwächeren von beiden, und er nennt die führenden Krieger beider Seiten bei Namen.<br />
<strong>Die</strong>s ist eine Art Verzeichnis, das sich in allen epischen Werken findet und nicht<br />
wörtlich übertragen zu werden braucht.<br />
Um Duryodhanas wankenden Mut zu festigen, stößt Bhisma, der Oberbefehlshaber,<br />
in sein Muschelhorn. Doch ist dies ein unüberlegtes Vorgehen, denn die feindlichen<br />
Führer stoßen ebenfalls in Erwiderung darauf in ihre Hörner, und der Lärm, der dadurch<br />
entsteht, ist viel mächtiger. Der davon ‚hallte wieder durch Himmel und Erde’,<br />
so wird berichtet.<br />
(Nun spricht Arjuna zu Krischna, seinem Freund und Wagenlenker.)<br />
Arjuna<br />
Krischna, Wandelloser,<br />
Halt den Wagen<br />
Dort, wo die Krieger<br />
Kampfesbegierig<br />
Trotzen dem Feinde.<br />
Zwischen den Heeren<br />
Lass mich sie ansehn,<br />
<strong>Die</strong> ich bekämpfe,<br />
Zahllos geschart jetzt<br />
Auf das Geheiß hin<br />
All ihrer Führer: des<br />
Blinden Dhritaraschtras<br />
Schmachvolle Söhne. -<br />
Sie sind mir Feind in dem<br />
Krieg, der da anhebt.<br />
Da fuhr Krischna, der Überwinder der Sinne, also gebeten von Arjuna, dem Bezwinger<br />
der Trägheit 18 , den prächtigen Wagen zu einer Stelle zwischen den Heeren von<br />
Bhisma, Drona und alle anderen Herrscher der Erde. Und er sagte: „Sieh' hin, mein<br />
Prinz, hier sind die sämtlichen Kurus.“<br />
17 sprich Ardschuna<br />
18 <strong>Die</strong> Tradition sagt, Arjuna habe völlig ohne Schlaf gelebt. Wir dürfen das dahin deuten, dass er über<br />
jede Form der Trägheit erhaben gewesen sei.<br />
36
Und der Prinz sah die Truppen und gewahrte in beiden Heeren Väter und Großväter,<br />
Lehrer, Oheime, Söhne, Brüder, Enkel, Schwäger, geliebte Freunde und viele andere<br />
vertraute Gesichter.<br />
Als Kuntis Sohn alle die Reihen seiner Verwandten sah, ward er erfüllt von glühendem<br />
Mitleid und verzweifelt sprach er wie folgt:<br />
Arjuna<br />
Krischna, Krischna,<br />
Nun ich gewahre<br />
Alle Verwandten in<br />
Schlachtrein geordnet,<br />
Wanken die Glieder mein.<br />
Dorrt mir die Lippe<br />
Zittert mein Körper,<br />
Brennt mir die Haut<br />
Und meine Haare stehen zu Berge.<br />
Gandiva, mein Bogen<br />
Entgleitet meinen Händen.<br />
Mein Hirn ist in Aufruhr<br />
Und wirbelt in Wirrnis,<br />
<strong>Die</strong> Knie versagen.<br />
Oh Krischna, ich sehe<br />
Viel Zeichen des Unheils.<br />
Was kann ich hoffen vom<br />
Töten der Meinen?<br />
Was fang ich an mit<br />
Sieg und mit Herrschaft<br />
Und ihren Genuss?<br />
Oh Govinda 19<br />
Kann mich es verlangen nach<br />
Macht und Freuden,<br />
Eigenem Leben selbst,<br />
Sehe ich die anderen,<br />
Lehrer und Väter,<br />
Oheime, Großväter,<br />
Söhne und Brüder,<br />
Gatten von Schwestern,<br />
Enkel und Vettern,<br />
Um derentwillen nur<br />
Ich mich des Daseins freu,<br />
19 Einer von Sri Krischnas Namen; er bedeutet: Erleuchteter.<br />
37
Dasteht, bereit,<br />
Blut und Habe zu wagen<br />
Im Krieg gegen uns?<br />
Allweiser, könnte ich,<br />
Schlügen sie mich auch,<br />
Je sie verletzen?<br />
Selbst nicht zu wünschen<br />
Vermag ich es: Niemals!<br />
Brächte es auch ein mir<br />
Den Thron der drei Welten,<br />
Um wie viel weniger<br />
Für irdische Herrschaft.<br />
Krischna, Erhörer der Menschengebete,<br />
Sag an, wie können wir Glück uns erhoffen,<br />
Hinmähend die Nachkommen Von Dhritaraschtra?<br />
Töten wir sie, übersteigt unsere Sünde die ihre.<br />
Wie wagt’ ich je, ihr Blut zu vergießen.<br />
Blut, das uns Eins macht?<br />
Wo läge das Glück im Töten Verwandter?<br />
Falsch ist ihr Herz<br />
Vor Gier und verblendet:<br />
Sie seh'n kein Arg im<br />
Zerreißen der Blutsbande,<br />
Seh'n keine Schmach im<br />
Verrat der Gefährten.<br />
Wir aber, klaräugig,<br />
Wissend um Untergang<br />
Entzweiter Sippe,<br />
Soll'n wir nicht meiden<br />
Solche Schuld, Krischna?<br />
38
Wir kennen das Schicksal<br />
Zerstörter Familien:<br />
<strong>Die</strong> Bräuche versinken,<br />
Das Laster greift um sich,<br />
Entweiht die Frauen.<br />
Und sind sie verdorben,<br />
Kommet Kastenmischung:<br />
Der Fluch der Verwirrung<br />
Entwürdigt die Opfer,<br />
Verdammt die Zerstörer.<br />
Reis nicht, noch Wasser<br />
Werden geopfert,<br />
<strong>Die</strong> Ahnen selbst müssen<br />
Ohne Ehrung fallen<br />
Vom Heim des Himmels.<br />
So wirkt der Frevel<br />
Des Brudermordes:<br />
Das Einstige, das Heilige<br />
Ist hin und vergessen.<br />
Das ist das Los derer,<br />
<strong>Die</strong> Kaste und Ritus verloren:<br />
Endloses Dunkel und<br />
Zweifel und Hölle.<br />
Wie heißt, oh Krischna,<br />
<strong>Die</strong> Schuld, die ich plane?<br />
Mord heißt der Frevel,<br />
grausigster Brudermord!<br />
Bin ich denn wirklich<br />
So gierig nach Macht?<br />
Viel lieber lass die<br />
Missratenen Söhne<br />
Von Dhritaraschtra<br />
Mit ihren Waffen<br />
Rasch mich besiegen:<br />
Ich will nicht kämpfen,<br />
Will sie nicht schlagen.<br />
Ist doch mein Tod mir<br />
Lieber als Mord.<br />
39
Nachdem er also gesprochen hatte, warf Arjuna Pfeil und Bogen mitten in das<br />
Schlachtfeld, ließ sich nieder auf den Sitz seines Wagens, und sein Herz war von<br />
Kummer erfüllt.<br />
•<br />
Krischna und Arjuna<br />
40
Zweites Kapitel<br />
Yoga der Erkenntnis<br />
Sandschaya:<br />
Tränen entfielen seinen Augen, und sein Sinn war voll Gram und verwirrt von Mitleid.<br />
Und Sri Krischna sprach also zu ihm:<br />
Sri Krischna:<br />
Arjuna, ist diese Stunde der Schlacht der rechte Augenblick für Zweifel und Zögern?<br />
Stehen solche Dir an, Dir, der Erleuchtung sucht? Sogar der Tapfere, der nichts anderes<br />
erhofft als Ruhm oder den Himmel, würde ihrer nicht achten.<br />
Was soll diese Schwäche? Sie ist Deiner nicht würdig. Ist’s unbegründet, dass Du<br />
der Feinde-Vernichter genannt wirst? Wirf ab diese Feigheit, Arjuna, erhebe Dich!<br />
Arjuna:<br />
Bhisma und Drona sind Edle, Altehrwürdige, der höchsten Achtung wert. Wie darf ich<br />
sie kämpfend mit Pfeilen begrüßen? Wenn ich sie töte, wie könnt ich mich je meines<br />
Reichtums erfreuen und sämtlicher anderen Genüsse? Alles wäre in Blutschuld getaucht.<br />
Viel lieber schone ich ihrer und esse das Brot des Bettlers.<br />
Was das Schlimmre: Sieger sein in diesem Krieg oder Besiegter? Ich weiß es kaum.<br />
Sogar die Söhne Dhritaraschtras stehen in den Feindesreihen. Töte ich sie, wird keiner<br />
der unseren mehr leben wollen.<br />
Ist es wahres Mitleid, das ich empfinde oder nur Wahn? Es tastet mein Geist im Dunkel<br />
umher und kann nicht erkennen, was Pflicht von mir heischt. Krischna, ich flehe<br />
Dich an, sag mir offen und klar, was zu tun ist. Ich bin Dein Schüler und gebe mich in<br />
Deine Hand. Zeig mir den Weg.<br />
Nicht irdische Herrschaft,<br />
<strong>Die</strong> unumschränkte,<br />
Nein, auch der Thron nicht<br />
Der Götter im Himmel,<br />
Heilt meinen Gram,<br />
Der die Sinne mir lähmt.<br />
41
Sandschaya:<br />
Als Arjuna, der Feinde-Vernichter, der Nimmerträge, zu Govinda, dem Beherrscher<br />
der Sinne, also geredet hatte, fügte er nurmehr hinzu: „Ich will nicht kämpfen“, und<br />
verfiel in Schweigen.<br />
Da sprach zu dem Kummergebeugten zwischen den beiden Heeren lächelnd dies<br />
der Beherrscher der Sinne:<br />
Sri Krischna:<br />
Weise sind Deine Worte, Arjuna, doch grämst Du Dich um ein Nichts. Wahres Wissen<br />
trauert nicht um Lebende noch um Tode.<br />
Nie hat es eine Zeit gegeben, da ich nicht war, noch Du, noch einer dieser Könige.<br />
Und auch in aller Zukunft wird unser Sein nicht enden. Just wie der Eigner dies Leibes<br />
durch Kindheit, Manneskraft und Greisenalter geht, so tauscht er sich beim Tod<br />
nur einen anderen Leib ein. Den Weisen ist dies offenbar.<br />
Empfindungen von Hitze, Kälte, Lust und Leiden entstehen durch das, was unsere<br />
Sinne anrührt. Sie kommen, gehen und dauern nicht. <strong>Die</strong>s ist hinzunehmen.<br />
Der ungetrübte Geist sieht Freud und Gram gelassnen Sinnes entgegen und lässt<br />
sich nicht erschüttern. Er nur ist würdig der Unsterblichkeit.<br />
Was nicht ist, kann ins Sein nicht kommen, und das, was ist, hört niemals auf zu<br />
sein. Wer diese innerlichste Wahrheit weiß, der kennt auch die Natur von Sein und<br />
Nichtsein.<br />
Und diese Wahrheit, die alles durchdringt, ist unzerstörbar. Denn nichts hat Macht,<br />
das Wandellose je zu verwandeln.<br />
Dem Leibe ist der Tod beschieden, doch was den Leib besitzt, ist ewig. Nicht kann es<br />
zersetzt, noch können Grenzen ihm gezogen werden. Drum musst Du kämpfen.<br />
20 <strong>Die</strong> Gottheit in jedem Wesen<br />
Wer sagt, der Atman 20<br />
Werde getötet,<br />
Wer sagt, er töte,<br />
Hat nichts begriffen.<br />
Wie könnte er töten?<br />
Wer sollte ihn töten?<br />
Siehe, der Atman wird nicht<br />
Geboren und stirbt nicht,<br />
Ist nimmerendend,<br />
Todlos, geburtlos,<br />
Ewig unwandelbar.<br />
Wie könnt er sterben<br />
Den leiblichen Tod?<br />
Nun Du weißt: herkunftslos,<br />
Nun Du weißt: todlos,<br />
Nun Du weißt: endlos<br />
Ist er, unwandelbar, Träum nicht mehr, Dein sei<br />
Des Tötenden Tat,<br />
Träum nicht mehr, Dein sei<br />
42
<strong>Die</strong> Macht, sie zu fordern.<br />
Verbrauchte Gewänder<br />
Wirft ab der Körper;<br />
Verbrauchte Körper<br />
Wirft ab der hauset<br />
In diesem Körper,<br />
Und legt neue an<br />
Wie neue Gewänder.<br />
Den Pfeile nicht treffen,<br />
Den Feuer nicht brennt,<br />
Den Winde nicht dörren,<br />
Den Wasser nicht netzt,<br />
Das ist der Atman.<br />
Nicht dürr, nicht durchnässt,<br />
Nicht verbrannt, nicht verwundet,<br />
Innerster Grundstoff,<br />
Überall, immerdar,<br />
Wesen der Wesen,<br />
Wandellos, ewig,<br />
Von jeher und stets.<br />
Der Atman lässt sich von keinem Sinn wahrnehmen, noch vom Verstande bedenken;<br />
keiner Veränderung ist Er je unterworfen. Nun Du dies weißt, darfst Du Dich länger<br />
nicht grämen.<br />
Aber selbst wenn Du den Atman ständiger Geburt, ständigem Tod unterworfen<br />
glaubst, darfst Du Dich nicht der Trauer ergeben.<br />
Tod ist gewiss dem Geborenen, Wiedergeburt dem Toten. Niemals sollst Du Dich<br />
härmen um Unabwendbares.<br />
Vor der Geburt lässt kein Wesen von menschlichen Sinnen sich wahrnehmen. Zwischen<br />
Geburt und Tod jedoch sind sie uns wahrnehmbar. Nach dem Tode kehren sie<br />
ins Unwahrnehmbare heim. Wo läge hierin ein Grund zur Trauer?<br />
Da gibt es welche, die wahrlich den Atman geschaut haben und Ihn begreifen in allen<br />
seinen Wundern. Andere können von Ihm nur sagen, wunderbar sei Er, weit über<br />
alles Begreifen hinaus. Andere kennen alle Seine Wunder einzig vom Hörensagen.<br />
Und wieder andere haben von Ihm gehört und keines der Worte begriffen.<br />
Er, der weilt in jedem lebendigen Leibe, bleibt ewig unzerstörbar. Deshalb sollst Du<br />
nie um ein Wesen trauern.<br />
Selbst wenn Du dies vom Standpunkt der Kastenpflicht ansiehst, sollst Du Bedenken<br />
nicht tragen; denn für den Krieger gibt es nichts Edleres als den gerechten Krieg.<br />
Glücklich der Krieger, dem eine Schlacht wie diese hier winkt: Sie öffnet ein Tor ihm<br />
zum Himmel.<br />
(Anmerkung: Das ist ein psychiatrischer Dialog zwischen Krishna und Arjuna und<br />
entspricht der Gesinnung der Menschen des hinduistischen Glaubens von der Unterscheidung<br />
der Menschen in Kasten durch ihre Geburtsherkunft. Wohlan ist das natürlich<br />
für demokratische Verständnisse fatal und habe eigentlich keinen Bestand für<br />
demokratische Gesellschaften. Doch besteht die Unterscheidung in Kasten und<br />
Klassen weiterhin weltweit.)<br />
43
Weigerst Du Dich jedoch, gerechten Krieg zu führen, so weichest weidlich von Deinen<br />
Pflichten Du ab. Schuldig machst Du Dich dann und gereichst Dir selber zur<br />
Schande. Durch Jahrhunderte hin folgt Dir der übelste Ruf. Wer noch auf Ehre hält,<br />
dem ist dies schlimmer als Tod. <strong>Die</strong> obersten Kriegsherren müssen dann glauben,<br />
Furcht habe Dich vom Kampffeld verjagt. Ächten werden <strong>Die</strong> jene, die Dich so lange<br />
bewundert haben. Auch Deine Feinde werden den Mut Dir ableugnen und Dich mit<br />
Namen benennen, die nie gesagt werden sollten. Was wäre schwerer zu tragen als<br />
dieses?<br />
Stirb, und Du wirst Dir den Himmel erringen! Siege, und freue der Erde Dich! Stehe<br />
nun auf, oh, Sohn der Kunti, entschließ Dich zu kämpfen. Erkenne, dass Freude und<br />
Leid, Gewinn und Verlust, Sieg und Besiegt-Sein ein und dasselbe sind. Dann ziehe<br />
hin in den Kampf. Tu dies, Du kannst keine Sünde begehen.<br />
Ich habe Dir nun die wahre Natur des Atman erklärt. Jetzt lausche der Lehre des<br />
Karma Yoga 21 . Bist Du fähig, sie zu erfassen und ihr zu folgen, so wirst Du die Kette<br />
der Wünsche zerbrechen, die Dich an Deine Handlungen bindet.<br />
In diesem Yoga ist selbst ein fehlgeschlagner Versuch nicht verschwendet, noch<br />
kann er ein falsches Ergebnis zeitigen. Auch nur ein wenig Übung in diesem Yoga,<br />
und Du bist sicher vor jenem schrecklichen Rad von Tod und Wiedergeburt.<br />
In diesem Yoga wird der Wille einzig auf ein Ideal hingelenkt. Wenn es dem Menschen<br />
mangelt an dieser Einsicht, wandert er in alle Richtungen zahllosen Zielen<br />
nach. Jene, die solche Einsicht nicht haben, mögen die Sätze der Schriften hersagen,<br />
doch ihre innere Wahrheit könne sie niemals erfassen. Ganz erfüllt von irdischen<br />
Wünschen sind sie und voller Durst nach himmlischem Lohn. Herrliche Wendungen<br />
führen sie in ihren Reden. Feinerdachte Riten lehren sie, die dem, der sie<br />
vollzieht, Kräfte und Freuden versprechen. Aber in Wirklichkeit wissen nichts als das<br />
Karma-Gesetz.<br />
Jene, denen durch solche Reden die Einsicht genommen wurde, verfallen der Sucht<br />
nach Macht und Genuss. Unfähig werden sie dann, dem Willen die Richtung zu geben,<br />
welche den Menschen führt zur Versenkung in die Wahrnehmung der Quintessenz<br />
des Universums und damit namentlich der Sinngebung Gott.<br />
<strong>Die</strong> Veden 22 sprechen uns von den drei Gunas 23 und ihrem Wirken. <strong>Die</strong>se drei Gunas<br />
zu überwinden, das musst Du lernen, Arjuna; musst Dich befreien von den Gegensatzpaaren<br />
24 , musst Dein Gemüt in Ruhe und Gleichgewicht bringen. Hänge<br />
Dein Herz nicht an Haben und Horten. Sieh Deinen festen Grund stets im Bewusstsein<br />
des Atman.<br />
Wenn eine ganze Gegend tief unter Wasser steht, braucht man den Staudamm nicht<br />
mehr. So sind die Veden überflüssig für den Erleuchteten.<br />
Wohl hast ein Recht Du zu wirken, aber allein um des Wirkens willen. Kein Anrecht<br />
hast Du jedoch auf die Früchte des Wirkens. Gier nach den Früchten darf der Beweggrund<br />
des Wirkens nie sein, noch sollst Du je der Trägheit frönen.<br />
Vollziehe jegliche Tat mit einem Herzen, das einzig auf die Quintessenz des Universums<br />
gerichtet ist. Entsag der Bindung an die Früchte. Bleibe stets gelassen bei Er-<br />
21 Karma 1. Wirken, einer Tat.<br />
2. Auswirkung einer Tat<br />
3. Das über allen Handlunge und deren Auswirkungen stehende Kausalgesetz auf physischer<br />
und psychischer Ebne<br />
22 Offenbarungsschriften der Hindus. Der Hinweis bezieht sich auf den rituellen Teil der Veden<br />
23 <strong>Die</strong> drei Kräfte oder Substanzen, aus denen die Welt von Stoff und Kraft besteht.<br />
24 Von Hitze und Kälte, Lust und Leid etc, den scheinbaren Widersprüchen der relativen Welt<br />
44
folg und Misserfolg. Denn die Gelassenheit des Inneren ist es, was unter Yoga man<br />
versteht.<br />
<strong>Die</strong> Arbeit, die im Hinblick auf Erfolg geleistet wird, ist weit geringer als das Werk,<br />
das ohne diese Sorge in tief ergebener Ruhe sich vollzieht. Dein Heil such in Erkenntnis<br />
Deiner Selbst, indem Du Dich selbst begreifen lernst als die Kraft, die dem<br />
Universum innewohnt. Mögen sie Gott oder Seele bezeichnet sein.<br />
45
Dein Heil suche in der Erkenntnis des Brahman, dem Ewigen. Wer eigensüchtig um<br />
des Lohnes willen wirkt, lebt glücklos.<br />
<strong>Die</strong> Arbeit, die im Hinblick auf Erfolg geleistet wird, ist weit geringer als das Werk,<br />
das ohne diese Sorge und tief ergebener Ruhe sich vollzieht. Dein Heil suche in Erkenntnis<br />
des Brahman. Wer eigensüchtig um des Lohnes willen wirkt, lebt glücklos.<br />
In ruhevoller Selbsthingabe kannst Du Dich schon in diesem Leben aus der Tugend<br />
und des Lasters Knechtschaft lösen. Drum weihe alle Deine Kraft dem Ziel, Einheit<br />
mit Deinem Urgrund, Deiner Seele und der dem Universum innewohnenden Quintessenz,<br />
dem wir unseren Planeten Erde verdanken und uns als Lebewesen in einem<br />
Lebewesen begreifen, so wie die Blutgefäße darauf bedacht sind, unsere Zellen mit<br />
den Lebensnotwendigen zu versorgen, die Biotope auf unserem Planeten gleichsam<br />
als ein großes Lebewesen zu achten, dem wir unser Leben verdanken. Erst sei Dein<br />
Herz durch Deine Einsicht eins mit der grundlegenden Kraft des Universums, dann<br />
handele: <strong>Die</strong>s ist der Schlüssel zu dem Wirken, das an nichts haftet. In ruhevoller<br />
Selbsthingabe entsagt der Sehende den Früchten seiner Arbeit und gewinnt Erleuchtung.<br />
Dann ist er frei und weilt im Zustand jenseits alles Übels.<br />
Wenn Dein Verstand vo seiner Täuschung sich gereinigt hat, wirst Du den Folgen<br />
Deiner Taten, den jetzigen wie den künftigen, mit Gleichmut gegenüberstehen. Heute<br />
ist Dein Denken noch verwirrt von widerstreitenden Auslegungen der Schriften. Erst<br />
wenn in tiefer Schau des Atman es stetig, unablenkbar ruht, dann wirst die Einheit<br />
mit Deinem inneren Urgrund bzw. Deiner eigenen Seele erlangen.<br />
Krischna, woran erkenne ich den Menschen, der ganz in Brahman wohnt und aufgeht?<br />
Auf welche Weise spricht solch ein Erleuchteter, wie sitzt er, und wie wandelt<br />
er?<br />
Sri Krischna:<br />
Glückselig im Atman,<br />
Wünscht er nichts anderes.<br />
Begierde schafft Aufruhr:<br />
Begierden entsagt er.<br />
Ihn nenne ich erleuchtet.<br />
Nicht wankend durch Feindschaft,<br />
Nicht strebend nach Freuden,<br />
Von Angst frei, von Unwillen,<br />
Frei von Verlangen,<br />
Ist er ein Seher,<br />
Sprengt Fesseln des Fleisches,<br />
Frohlockt nicht im Glück<br />
Und weint nicht im Unglück.<br />
Ihn nenne ich erleuchtet.<br />
46
Wie Schildkröten einziehen die Glieder,<br />
So zieht der Seher die Sinne ein.<br />
Ihn nenne ich erleuchtet.<br />
Der Fastende flieht das Begehrte<br />
Und nimmt die Begierde mit.<br />
Wer vordringt zur Wahrheit,<br />
Lässt jeglichen Wunsch hinter sich.<br />
Selbst wer den Pfad kennt,<br />
Kann abgelenkt werden vom Pfad:<br />
<strong>Die</strong> Sinne sind so unbändig.<br />
Der Seher herrscht über die Sinne<br />
Er sammelt seine Gedanken<br />
Und wendet mir sie zu.<br />
Ihn nenne ich erleuchtet.<br />
Denken an Sinnenziel,<br />
Bindet an Sinnenziel,<br />
Bist Du gebunden<br />
Wird es zum Hang.<br />
Hinderst den Hang Du,<br />
Wird er zum Ärger,<br />
Ärgernis aber<br />
Wirrt Dir den Geist.<br />
Wirrgeist vergisst,<br />
Was er erfahren;<br />
Vergessne Erfahrung<br />
Verliert Erkenntnis;<br />
Verlierst Du Erkenntnis,<br />
Ist hin des Lebens einziger Sinn.<br />
Wer Gier nicht noch Hass kennt,<br />
Geht sicher inmitten von Gier und Hass,<br />
In Atmans <strong>Die</strong>nst liegt<br />
Sein friedvolles Glück:<br />
Betrübnis löst sich<br />
In quellklare Ruhe,<br />
Sein stilles Gemüt hat<br />
Im Frieden sein Heim<br />
47
Der Zuchtlose ahnt nicht<br />
Des Atmans Gegenwart.<br />
Wie könnte er je sich versenken. –<br />
Ohne Versenken,<br />
Wo wäre Friede?<br />
Und ohne Frieden,<br />
Wo wäre Glück?<br />
Sturmwind drängt ab das Schiff<br />
Von seinem Wasserweg,<br />
Den Sinnesstürmen<br />
Ist preisgegeben<br />
Des Menschen Wille<br />
Trotz besseren Wissens.<br />
Wer Sinne zu schweigen bringt,<br />
Den nenne ich wahrlich erleuchtet.<br />
Gesammelter Geist wacht<br />
Im Wissen um Atman,<br />
Das dunkle Nach ist dem Nichtwissenden.<br />
Nichtwissen ist wach im Leben der Sinne<br />
Und hält für das Licht des Tages,<br />
Was finstere Nacht ist dem Seher.<br />
48
Beständig fließt Wasser zum Meere,<br />
Das stört nicht die Ruhe des Meeres.<br />
Zum Seher strömt stets Begierde,<br />
Doch wird er dadurch nicht verwirrt;<br />
Denn sein ist der Frieden.<br />
Wer eigene Gier schürt,<br />
Weiß nicht, was Frieden ist.<br />
Frieden kennt nur, wer Begierden vergisst.<br />
Wunschlos lebt er,<br />
Frei von Stolz, frei vom Ich.<br />
So steht es um den in Brahman Erleuchteten:<br />
Niemals stürzt er von hier<br />
Wieder zur Täuschung zurück.<br />
Selbst in der Stunde des Todes<br />
Lebt im Lichte der Wahrheit:<br />
Brahman und er sind Eins.<br />
49
Drittes Kapitel<br />
Karma Yoga<br />
Arjuna:<br />
Wenn aber, Krischna, Erkenntnis des Brahman erhabener Dir erscheint als<br />
alles Handeln, warum verlangst Du von mir dann all diese schrecklichen Taten?<br />
Deine Behauptungen scheinen einander zu widersprechen, und sie verwirren<br />
den Geist. Nenne mir den einzigen, sicheren Weg, das höchste Gut zu erlangen.<br />
Sri Krischna<br />
Ich habe bereits Dir erzählt, dass zwei verschiedene Wege den Strebenden<br />
hin zur Erleuchtung führen. Für den Besinnlichen ist es der Pfad der Erkenntnis;<br />
für den Tätigen jener der selbstlosen Tat.<br />
Freisein von Tätigkeit wird nicht erreicht durch Sich-Enthalten vom Tun. Niemand<br />
wird vollkommen dadurch, dass er der Arbeit entsagt. Wahrlich, niemand<br />
vermag, auch nicht für einen einzigen Augenblick, alle Tätigkeit 25 ruhen<br />
zu lassen. Jeden zwingen dazu unausweichlich die Gunas.<br />
Wer auf gewisses leibliches Handeln verzichtet, aber sein Denken trotzdem<br />
verweilen lässt bei den Zielen des Sinnesverlangens, täuscht nur sich selbst.<br />
<strong>Die</strong>s bringt ihm höchstens den Ruf des Heuchlers ein. Wirklich Ehrfurcht gebietend<br />
ist nur, wer die Sinne kraft seines Willens beherrscht; denn all sein<br />
Handeln ist uneigennützig und führt ihn den Pfad entlang, der mündet in die<br />
Vereinung mit Brahman.<br />
Handeln ist besser als untätig sein. Handle, aber beherrsche dabei ständig<br />
Dich selbst 26 ! – Doch bist Du träge, kannst Du nicht einmal den eigenen Körper<br />
erhalten. <strong>Die</strong> ganze Welt ist die Gefangene der eigenen Tat, wenn die Tat<br />
nicht geschieht als Anbetung Gottes. Deshalb musst Du jegliche Tat vollziehen<br />
wie ein Sakrament und frei sein von aller Bindung an die Ergebnisse.<br />
25 Unter Tätigkeit wird hier geistiges, bewusstes und unbewusstes Tun verstanden.<br />
26 Unter dieser Aussage findet sich die Wurzel zur Entstehung des ZEN-BUDDHISMUS<br />
50
Am Anfang schuf<br />
Der Herr alles Lebens<br />
<strong>Die</strong> Menschen und gab<br />
Seine Pflicht einem jeden.<br />
„Tue dieses“, so sprach Er.<br />
„Es wird Dir gedeihen.<br />
Pflicht, wohlgetane,<br />
Stillt das Begehren<br />
Wie Kamadhenu 27 ,<br />
<strong>Die</strong> Wünsche-Erfüllerin.<br />
„Pflicht, wohlgetane,<br />
Ehret die Devas 28 .<br />
Gnädig sind sie dann<br />
Wiederum Dir.<br />
Ehrt jeder den anderen,<br />
Wird Höchstes erreicht.<br />
Erfreue die Devas:<br />
Dein Gebet wird erhört.<br />
Den die Devas beschenken<br />
Und der keinen Dank zeit,<br />
Bestiehlt die Devas.<br />
Der Fromme verzehrt,<br />
Was die Götter ihm lassen.<br />
Nach seinem Opfer:<br />
So bleibt er sündlos.<br />
Gottlose aber,<br />
die Speisen bereiten<br />
Der Gier ihres Leibes,<br />
Sündigen im Essen.<br />
Nahrung befeuert<br />
Den Samen des Lebens:<br />
Das Brot wächst durch Regen,<br />
Den heilige Opfer<br />
Vom Himmel gerufen.<br />
<strong>Die</strong> Opfer sprechen<br />
Durch Opferhandlung.<br />
27 <strong>Die</strong> legendäre Kuh aus dem Mahabharata.<br />
28 <strong>Die</strong> Himmelsbewohner<br />
51
So lehrt uns die heilige<br />
Schrift, die dem Munde des<br />
Unwandelbaren entsprungene. 29<br />
Wisse denn: Brahman,<br />
Der Allesdurchdringer,<br />
Ist stets gegenwärtig<br />
In Opfer und Brauch.<br />
Wer nie an diesen<br />
Handlungen teilnimmt,<br />
Führt schlechten Wandel,<br />
Und frönt den Lüsten.<br />
Drum wisse, o Prinz<br />
Sein Leben ist sinnlos.<br />
Doch wer Genügen, Wonne und Frieden in seiner eigenen Seele, dem Atman, gefunden,<br />
dem ist es nicht Pflicht mehr, solchen und anderen Brauch zu vollziehen.<br />
Nichts hat er in dieser Welt zu gewinnen durch Handlung, nichts zu verlieren, wenn<br />
er von jeder Tat absieht. Unabhängig ist er von allen und allem.<br />
Deine Pflicht tue immer, doch ohne Bindung an sie 30 . Auf diese Weise erreicht der<br />
Mensch die letzte Wahrheit durch Arbeit, ohne sich um deren Ergebnis zu sorgen. So<br />
haben Janaka 31 und viele andere Erleuchtung gewonnen, weil ihre Pflicht sie getan<br />
in diesem Geist. Der Grund Deines Arbeitens sei, andere kraft Deines Beispiels zum<br />
Pfade der Pflichten zu führen.<br />
Was immer der Große tut, ahmt die Menge ihm nach. Sein Beispiel ist ihnen Antrieb.<br />
Sieh mich: keine Art von Pflicht hält mich gebunden. In allen drei Welten ist nichts,<br />
das ich nicht schon besäße und nichts, das ich noch zu erlangen hätte. Und trotzdem<br />
fahr ich zu wirken fort. Täte ich es nicht, wie ich es ohne Ermüden stets tue, würde<br />
die Menschheit mir trotzdem folgen, wohin auch immer. Gesetzt nun den Fall, ich<br />
hielte inne? Verloren wären die Menschen, und das Ergebnis wäre Kastenvermischung<br />
und Weltuntergang.<br />
29 Hier findet sich ein Gleichnis zu Moses und den Zehn Geboten.<br />
30 …ein erneuter Hinweis auf den ZEN-BUDDHISMUS<br />
31 Ein fürstlicher Heiliger aus den Upanischaden.<br />
52
Der Nichtweise wirkt für<br />
<strong>Die</strong> Früchte des Handelns,<br />
Der Weise wirkt gleichfalls,<br />
Doch ohne Verlangen<br />
Und weiset dem Menschen<br />
Den Pfad seiner Pflicht.<br />
Es sorge der Weise,<br />
Dass nicht er verwirre<br />
Den Sinn des Unweisen,<br />
Der hungert nach Tat;<br />
Er zeige durch sein Beispiel,<br />
Dass heilig die Tat, wenn das<br />
Herz des Täters<br />
In Erkenntnis und Einklang<br />
Zur Schöpferkraft nur schlägt.<br />
Jegliche Tat vollziehen in Wahrheit die Gunas. Der Mensch, von seiner Selbstsucht<br />
betrogen, denkt: ‚Ich bin der Wirkende.’ Wer aber wahre Einsicht besitzt in das Wirken<br />
der Gunas, weiß dass Gunas an Gunas sich binden, wenn Sinne dem Sinnenziel<br />
anhangen. Wer dieses weiß, kettet sich nicht an sein Wirken.<br />
Der Weise darf in der Seele des Unweisen Wirrnis nicht stiften, indem er vom Tun<br />
sich zurückzieht. Der Unweise in seiner Täuschung vermeint, sein Selbst, seine Seele<br />
sei eins mit den Gunas: Er ist an die Sinne und an das Wirken der Sinne gebunden.<br />
Wirf ab dieses Fieber der Unwissenheit! Halt ein mit der Hoffnung auf weltlichen<br />
Lohn! Richte den Geist auf Deine Seele. Befrei Dich von Deinem Ich! Alle Deine Taten,<br />
weihe sie in der Erkenntnis meiner Innwendigkeit und Grundlage zur Existenz<br />
allgemein! Dann gehe hin und kämpfe!<br />
Wer meinen Lehren mit gläubigem Herzen folgt ohne inneren Vorbehalt, wird aus der<br />
Leibeigenschaft seines Karmas entlassen. Wer jedoch meine Lehren höhnt und ihrer<br />
nicht achtet, der ist verloren. Ihm fehlt jede geistige Einsicht. All sein Wissen ist Täuschung.<br />
Selbst der Weise handelt im Einklang mit den Neigungen seiner Natur. Jedes lebendige<br />
Geschöpf folgt seiner Neigung. Was nützte es, ihnen äußerlich Halt zu gebieten?<br />
Sympathien und Antipathien, welche die Sinne verschiedenen Dingen entgegenbringen,<br />
sind nur natürlich. Doch sollst Du solchen Gefühlen nicht nachgeben;<br />
denn sie sind Hemmnisse.<br />
Besser ist es, Deine eigenen Pflicht, selbst unvollkommen zu tun, statt Pflichten anderer<br />
aufzunehmen, wenn auch erfolgreich. Ziehe es vor, in Erfüllung der eigenen<br />
Pflichten zu sterben: <strong>Die</strong> Pflichten anderer stürzen Dich nur in große geistige Gefahr.<br />
53
Arjuna:<br />
Krischna, was ist es, das den Menschen Böses tun heiß, selbst gegen seinen Willen,<br />
gleichsam unter Zwang?<br />
Sri Krischna:<br />
Raja Guna hat zwei Gesichter:<br />
Gier und Wut, das Schlingende, das Tödliche.<br />
Erkenne beide: Sie sind Deine Feinde.<br />
Rauch versteckt Feuer,<br />
Staub den Spiegel,<br />
Der Schoß das das Ungeborene,<br />
<strong>Die</strong> Gier die eigenen Seele (Atman)<br />
Gier versteckt den Atman in ihren hungrigen Flammen,<br />
Sie, des Weisen getreue Feindin.<br />
Sinne, Verstand und Lust<br />
Sind Öl ihrem Feuer.<br />
So wird getäuscht,<br />
Der im Leibe wohnt,<br />
Und sein Urteil verwirrt.<br />
Deshalb Arjuna, musst Du vor allem die Sinne beherrschen, dann jenes Böse töten,<br />
das unterscheidendes Wissen hemmt und die Erkenntnis des Atman.<br />
<strong>Die</strong> Sinne, sagt man, stehen höher als die Sinnenziele, Verstand höher als die Sinne.<br />
Vernunft und Wille stehen höher als Verstand. Was steht noch höher als Vernunft<br />
und Wille? <strong>Die</strong> Seele selbst.<br />
Erkenne Ihn, der über Vernunft und Wille steht. Beherrsche den Sinn durch geistige<br />
Unterscheidung. Dann vernichte den listigen Feind, der die Gestalt der Gier trägt.<br />
54
Viertes Kapitel<br />
Entsagung durch Erkenntnis<br />
Sri Krischna:<br />
Feindevernichter,<br />
Ich habe Dir gezeigt,<br />
Wie Yoga führt zu<br />
Unsterblicher Wahrheit.<br />
Zuerst lehrte ich<br />
<strong>Die</strong>sen Yoga Vivaswat,<br />
Der wiederum ihn<br />
Manu hat gelehrt.<br />
Ikschaku später<br />
Empfing ihn von Manu.<br />
Und also trugen<br />
In fürstlicher Folge<br />
<strong>Die</strong> Weisen ihn weiter<br />
Von Lehrer zu Lehrer,<br />
Bis er verloren, vergessen ward<br />
Viele Jahrhunderte lang.<br />
Arjuna:<br />
Vivaswat wurde lange vor Dir geboren. Wie kann ich glauben, Du seiest der Erste,<br />
der diesen Yoga lehrt?<br />
Sir Krischna:<br />
Du und ich, Arjuna,<br />
Wir haben oft schon gelebt.<br />
Ich sehe sie vor mir, alle diese Leben,<br />
Du hast sie vergessen.<br />
55
Ich bin der Herkunfts- und Todlose,<br />
Herr alles dessen, was atmet.<br />
Zwar schein ich geboren zu sein,<br />
Doch ist dies nur Anschein,<br />
Nur meine Maya 32 .<br />
Ich bin noch Meister meiner Prakriti 33 ,<br />
Der Macht, die mich schuf. ()<br />
Wenn Güte erlahmt<br />
Und Böses zunimmt,<br />
Schaffe ich mir einen Leib.<br />
In jedem Zeitalter<br />
Kehre ich zurück,<br />
Und erlöse das Heilige,<br />
Vernichte die Sünde der Sünder,<br />
Und setze das Recht wieder ein.<br />
Wer die Art meines Auftrages,<br />
<strong>Die</strong> Heiligkeit meiner Geburt kennt,<br />
Der wird nicht wiedergeboren,<br />
wenn er den Körper verlässt:<br />
Er kommt zu mir.<br />
Angemahnt sei dem Leser, hier kritisch und vorsichtig weiter zu lesen. Hier ist ein<br />
Bruch oder Sprung im Kontext und hebt bürgerliche und ggf. damalige gesellschaftliche<br />
Einstellungen in den Vordergrund.<br />
Im Besonderen zielen die Zeilen auf die Einfalt menschlichen Verständnisses und<br />
seiner ‚Seele’ mit der Seele des Universums durch ethischen Gehalt und Streben.<br />
Bemerkenswert ist jedoch, dass die Seele im Menschen, also der Atman, durch den<br />
Yoga dem menschlichen Bewusstsein zugänglich wird und dieser geläuterte Mensch<br />
eine Einfalt erfährt durch völlige tugendhafte Reinheit dadurch, indem die kosmische<br />
Seele (also wieder sein Atman) sich energetisch als die höchste Erkenntnis, Einfalt<br />
oder Kontemplation in die Sphären des Bewusstseins des Yogi hervortritt. Verwirrung<br />
tritt deshalb auf, weil, wie bei Maja und Prakriti, Atman und Brahman zwar ein und<br />
das selbe bedeuten, doch dem damaligen Verständnis entsprechend bürgerlich nomenklassifiziert<br />
werden! Wer weiß, warum?<br />
Stets sei sich der Leser bewusst, dass die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ein Monolog ist, der<br />
im Leser selbst stattfindet! <strong>Die</strong> bildhafte Gestaltung der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ist ein<br />
Meisterwerk der psychogenen Literatur und des Yoga sowie der Meditation.!<br />
32 Bezieht sich auf die schöpferische Macht Brahmans und daher auf den Grundstoff, aus dem das<br />
Weltall besteht.<br />
33 Ein zweiter austauschbarer Begriff . Beide Beziehen sich auf die schöpferische Macht Brahmans<br />
und daher auf den Grundstoff, aus dem das Weltall besteht.<br />
56
Primär obliegt es dem Verständnis des Lesers, aus den Dialogen für sich selbst<br />
Schlüsse zu ziehen! – Nochmals: <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> ist ein inwendiger dialektischer<br />
Monolog zum inneren Verständnis, der sich beim Lesen vollzieht!!! Auch die Kritik<br />
verbleibt absolut inwendig!<br />
Sollten Sie durch ein Gespräch, eine Diskussion mit anderen Menschen, die<br />
Inhalte für sich verdeutlichen wollen, haben Sie ein sehr großes Problem: Den<br />
Dialog müssen Sie in sich selbst suchen durch den Yoga und die Meditation!<br />
Darauf zielt die <strong>Gita</strong> im Wesentlichen ab!<br />
Weg von der Furcht,<br />
Von Gier und Zorn,<br />
Flieht er in mich,<br />
Seinen Hort, seine Sicherheit.<br />
Reingebrannt in der Glut meines Seins,<br />
Finden Viele ihr Heim in mir.<br />
Den Wunsch, in Andacht mir dargebracht,<br />
Den Wunsch erfülle ich.<br />
Welch einen Weg der Mensch auch einschlägt.<br />
Sein Weg ist mein Weg.<br />
Wohin er auch gehen mag,<br />
Er führt zu mir.<br />
57
<strong>Die</strong> meisten Menschen verehren die Götter 34 , weil sie für alles weltliche Streben Gelingen<br />
brauchen. <strong>Die</strong>se Art äußeren Erfolges ist rasch erlang hier auf Erden.<br />
Vier Kasten habe ich aufgestellt, die den verschienen Arten von Guna und Karma<br />
entsprechen. Ich bin ihr Stifter. Trotzdem musst Du Dir klar sein, dass ich jenseits<br />
von Handeln und wandellos bin. Handeln befleckt mich nicht; denn mich verlangt<br />
nicht nach Früchten des Handelns 35 . Wer nun mein Wesen in diesem Sinne erfasst,<br />
kann nie mehr zum Knechte seiner eigenen Tätigkeit werden. Weil sie dies wussten,<br />
konnten jene, die einst nach Erlösung suchten, sich gefahrlos in Taten einlassen. So<br />
musst auch Du nun Dein Werk im Geist jener frühen Seher vollenden.<br />
Was ist Tun, was ist Nichttun? Selbst der Weise rätselt über solche Fragen. Deshalb<br />
will ich Dir sagen, was Tun ist. Wenn Du dies weißt, bist Du frei von jeglicher Unreinheit.<br />
Du musst lernen, welcherart Arbeit zu tun, welcherart Arbeit zu meiden ist, und<br />
wie der Zustand gelassenen Freiseins vom Werke erlangt wird: Das wahre Wesen<br />
des Wirkens ist schwer zu erfassen.<br />
Wer das Nichttun im Tun sieht und das Tun im Nichttun, der, wahrlich, ist weise.<br />
Selbst wenn er mit Tun sich einlässt, so bleibt er doch ausgewogen im Ruhezustand<br />
seiner Selbst (Atman).<br />
<strong>Die</strong> Seher sagen<br />
Mit Recht, der sei weise,<br />
Der tut ohne Zweck, ohne Gier<br />
Nach den Früchten des Tuns.<br />
Sein Tun fällt von ihm ab,<br />
Seine Kette zerbricht, zerschmilzt<br />
In der Glut des Mich-Erkennens.<br />
Er wendet das Antlitz weg von den Früchten:<br />
Er braucht sie nicht.<br />
Sein Selbst (der Atman) ist ihm genug.<br />
Er tut und ist jenseits der Tat.<br />
34 <strong>Die</strong> Götter sind, wie ich mehrfach anmahne, nichts anderes als bildhafte Ordnungsgrößen in den<br />
psychischen und persönlichen Vorgängen und in diesem Fall ggf. in ihnen selbst: <strong>Die</strong> damalige Hinduistische<br />
Gemeinschaft von vor über 2000 Jahrtausenden glaubte an Götter. ()<br />
Trotz der inwendigen psychischen und gesellschaftlichen Verkehrung zu der damaligen Zeit, ist die<br />
<strong>Gita</strong> im Gehalt unabwendbar, da sie die in einer Gesellschaft lebenden Menschen zur Einkehr und<br />
emotionalen Stabilität aufruft. Mehr noch: Anmahnt, dass wenn die Menschengemeinschaft durch<br />
Mangel an Verständnis, Erziehung und Bildung durch die Summe von Menschen, die sich sozial davon<br />
entfernen, wie uns jeglicher soziale Gewaltakt von Mensch gegen Mensch bekundet!<br />
35 Synonym zum späteren ZEN-BUDDHISMUS<br />
58
Ohne Erwartung und Habgier,<br />
Leib und Seele im Zaum,<br />
Nennt nichts er sein Eigen.<br />
Er tut und erntet nichts Böses.<br />
Was er erhält, ist durch sein Karma und sein Dharma 36 , also durch die Prinzipien<br />
meiner Geistigkeit und Inwendigkeit sowie meiner Allmächtigkeit.<br />
Das nimmt er zufrieden.<br />
Leid folgt der Lust:<br />
Ihn rührt es nicht an.<br />
Gewinn folgt Verlust:<br />
Ihm ist es das gleiche.<br />
Wen sollt’ er beneiden?<br />
Er tut uns ist frei von der Tat.<br />
Sind alle Bande zerrissen,<br />
Dann schlägt in Brahman sein Herz,<br />
Das erleuchtete.<br />
Alles sein Tun<br />
Ist Versenkung und Suche<br />
Nach dem kosmischen Einklang.<br />
Kann solchem Tun ein Böses entspringen?<br />
Der Ritus ist Einklang und Verstehen,<br />
Das Opfer ist Einklang und Verstehen (Brahman) 37 .<br />
In jeglichem Tun, das dieser Tugend entspringt,<br />
findet sich Einklang und Verstehen,<br />
mit sich selbst und der universellen Seele (Brahman).<br />
Manche Yogis verehren einzig die Devas 38 . Andere sind durch die Gnade des Atman<br />
fähig, in das Einssein des Atman mit Brahman sich zu versenken. (Lieber Leser: die<br />
Gnade des Atman weist in diesem Satz auf die Läuterung des Menschen hin, um zur<br />
Kontemplation zu gelangen.)<br />
<strong>Die</strong>sen ist der Atman das Opfer, Brahman das Opferfeuer, welches das Feuer aufnimmt.<br />
(Bekundet wird hierin auf der Suche und dem Wege zur Erkenntnis, die psychische<br />
Energie eines Yogi oder nach der Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens suchenden,<br />
das Feuer, welches durch die Erkenntnis an sich entfacht wird.)<br />
36 Rechtschaffenheit, Tugend<br />
37 Den Originaltext habe ich verändert: Brahman steht als Oberbegriff. Wenn sich die Geschöpfe<br />
auf unserem Planeten unterscheiden, kann eine Personifizierung in Form der Nennung Brahman<br />
und die Begrifflichkeit des Allumfassenden, sich nicht als unterscheidendes Merkmal für<br />
die individuelle Seele begrifflich divergieren, wenn Brahman und Atman ein und das selbe<br />
beinhalten. Sie sind als die grundlegende Seele in allen Geschöpfen und bis hin zum Feinstofflichen<br />
enthalten(). Eine andere Deutung wäre abwegig und irreführend.<br />
38 Göttliche Inkarnationen und Weise im Hinduismus<br />
59
60
Manche ziehen alle ihre Sinne von der Beziehung zu Sinnenzielen zurück. <strong>Die</strong>sen<br />
sind das Gehör und die anderen Sinne das Opfer und die Selbstzucht das Opferfeuer.<br />
Andere gestatten ihren Gedanken und Sinnen ungehindert zu wandern und versuchen,<br />
Brahman in allen äußeren Sinnenzielen zu sehen. <strong>Die</strong>sen sind Klang und<br />
alle Sinnenziele das Opfer und die Sinnenfreuden das Opferfeuer.<br />
Manche entsagen aller Betätigung der Sinne und jeglicher Leistung der leiblichen<br />
Kraft. <strong>Die</strong>sen sind Tat und Leistung das Opfer, Übung der Selbstbeherrschung das<br />
am Erkennen seiner Selbst bzw. seiner inwendigen Energie und Gestaltungsgrund<br />
(Atman) das Opferfeuer.<br />
Dann gibt es solche, deren Andacht im Verzicht auf Sinnenziele und äußerem Besitz.<br />
Anderer Aufgabe ist Enthaltsamkeit und geistige Zucht; darin liegt ihre Art der Verehrung.<br />
Anderer Andacht vollzieht sich im Üben von Raja Yoga 39 .<br />
Andere, die um Vervollkommnung ernstlich bestrebt und Männer strenger Gelübde<br />
sind, erforschen und überdenken die Wahrheit der Heiligen Schriften. <strong>Die</strong>ses ist ihre<br />
Art der Verehrung.<br />
Andere mühen sich um die Beherrschung der lebenswichtigen Kräfte; also machen<br />
sie Atemübungen – Einatmen, Ausatmen, Halten des Atems. Andere kasteien ihr<br />
Fleisch durch Fasten, um die Sinnengier zu vermindern, und so erlangen sie Selbstbeherrschung.<br />
Sie alle haben erfasst, was andachtsvoll Darbringung heißt. <strong>Die</strong> Andacht tilgt ihre<br />
Sünden. Sie essen die Nahrung, die bei der Darbringung Segen empfing. So erlangen<br />
sie Unsterblichkeit und ruhen ewig in Brahman ()<br />
Wer Gott nicht anbetet, kann nirgends glücklich sein, selbst nicht auf dieser Welt.<br />
Was kann er dann von einer anderen erwarten?<br />
(Anmerkung: Wer bis hierher gelesen hat, mögen sich für den Leser neue Begrifflichkeiten<br />
eröffnet haben, die ihm bislang eher unbekannt. <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> stößt an.<br />
Ihr liegen der Erhalt der Menschengemeinschaft und die Vollziehung eines göttlichen<br />
Willens. <strong>Die</strong> Schöpfung des Universums vor Urzeiten und die menschliche sowie die<br />
biotopische Gemeinschaft aller Lebewesen auf unserem Planeten, deren Leben eigentlich<br />
durch zahlreiche Zusammenhänge erhalten sind, wie die Wärme und das<br />
Licht unserer Sonne, der Erdanziehungskraft und dem Erdmagnetfeld: <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> zielt<br />
auf inneres Verständnis universeller Zusammenhänge und dem persönlichen sowie<br />
den kollektiven Frieden durch Erkenntnis des menschlichen Bürgers… - Der menschliche<br />
Bürger wird hierin als Bewusstsein, Verstand und Vernunft verstanden, der mit<br />
seinen ihm durch die Evolution gegebenen Kräften sich um sein Seelenwohl zu<br />
kümmern habe und sie zur Kraft erkoren, die einst in Gang gesetzte Fortsetzung der<br />
Schöpfung an sich nicht zu zerstören durch Unbill, denn eher den Fortgang mittels<br />
seiner Gaben wie Vernunft und Verstand, Begreifen, Sozialität und Solidarität, sich<br />
Verstand und Vernunft zum Prinzip zu machen!)<br />
39 Vom Pfad des Raja Yoga sagt man, er habe acht Stufen:<br />
1. Übung sittlicher Tugenden (Yama)<br />
2. Gewöhnung an Reinheit, Genügsamkeit, Forschung, Enthaltsamkeit und Hingabe an Gott (Niyama)<br />
3. Haltung (Asana)<br />
4. Beherrschung lebenswichtiger Kräfte durch Atemübungen (Pranayama)<br />
5. Abziehen des Denkens von den Sinnenzielen (Prathiyara)<br />
6. Konzentration<br />
7. Meditation<br />
8. Versinken in das Bewusstsein Gottes (Kontemplation)<br />
61
Alle diese und noch viele andere Arten der Andacht sind in den Schriften beschrieben.<br />
In allen liegt der Vollzug einer Handlung beschlossen. Wenn Du dies völlig begreifst,<br />
dann wirst Du frei sein in Brahman.<br />
<strong>Die</strong>se Form der Andacht, welche aus Sich-Versenken in Brahman besteht, ist von<br />
höherer Art als rituelle Verehrung mit dinglichen Opfergaben.<br />
Der Lohn aller Tat findet sich in der Erleuchtung.<br />
Jene Erleuchteten, welchen die Wahrheit bekannt ist, werden Dich unterweisen in<br />
der Erkenntnis des Brahman, wenn Du Dich ihnen demütig unterordnest, sie befragst<br />
und ihnen als Schüler dienst. 40<br />
Ist Dir Erleuchtung zuteil geworden, vermag Dich Unwissenheit nicht länger zu täuschen.<br />
Im Lichte dieser Erkenntnis wirst Du die ganze Schöpfung im eigenen Atman<br />
sehen und mit mir.<br />
Und wärst Du der Schlimmste der Sünder<br />
<strong>Die</strong>se Erkenntnis allein<br />
Trägt wie ein Floß Dich<br />
Über die Sünde hinweg.<br />
Flammenfeuer macht Holz zu Asche.<br />
Erkenntnisfeuer macht Karma zur Asche.<br />
Kein Läuterer ist hier auf Erden<br />
So groß wie diese Erkenntnis.<br />
Wer vollkommen wurde im Yoga,<br />
Der trägt dessen Wahrheit im Herzen.<br />
Der gläubige Mensch,<br />
Des Herz bereit ist,<br />
Dessen Sinne gemeistert sind,<br />
Der findet Brahman. 41<br />
Erleuchtet, schreitet<br />
Sogleich er zum Höchsten:<br />
Zum Frieden jenseits der Leidenschaft.<br />
40 Hier wird eine der damaligen Zeit entsprechenden Unterordnung von Schülern an die Gelehrten<br />
verlangt. Den Leser bitte ich zu berücksichtigen, dass die <strong>Gita</strong> eigentlich als ein innerer Monolog, als<br />
ein meditatives Werk gedacht ist, und in diesem Abschnitt sicherlich gegeben durch den Mangel der<br />
damaligen Möglichkeit von vor 300 Jahren vor unserer Zeitrechnung sicherlich eine derartige Schulung<br />
von interessierten Menschen erforderlich war. ()<br />
41 Bezogen ist dieser Absatz auf die Kontemplation durch Yoga und Befreiung durch die Innensicht<br />
verdunkelnde innere Laster<br />
62
Der Zweifler, Gottlos, Unweise<br />
Geht seiner Vernichtung entgegen.<br />
Wie sollte er genießen<br />
<strong>Die</strong> Welt hier, die nächste<br />
Oder sonst eine Seligkeit?<br />
Wer wunschlos handelt<br />
Durch Yoga-Übung,<br />
Wer seine Zweifel in Stücke riss,<br />
Weil Brahman er kennt,<br />
Wes Herz gelassen.<br />
Im Wesen seiner Selbsterkenntnis (Atman) schlägt,<br />
Den kann nichts binden.<br />
Noch sehe ich deutlich<br />
Tief Dir im Herzen,<br />
Aus Täuschung entstanden,<br />
Den Zweifel, der zaudert.<br />
Du traust nicht der Wahrheit<br />
Des lebenden Atman.<br />
Wo ist Dein Schwert,<br />
Unterscheidender Einsicht?<br />
Ziehe es und schlage<br />
<strong>Die</strong> Täuschung in Stücke.<br />
Dann stehe auf<br />
Oh, Sohn des Bharata,<br />
Nehme Deinen Platz ein<br />
Im Karma Yoga!<br />
Der Leser, der bis hierher folgte, sieht sich unmittelbar gefordert, ob sein inneres Bildungs-<br />
und Verständnisvermögen den Inhalten der <strong>Gita</strong> noch folgen kann. Sollten<br />
sich hier die ‚Geister scheiden’, dann einfach einmal aufhören, weiter zu lesen.<br />
63
Fünftes Kapitel<br />
Der Yoga der Entsagung<br />
Arjuna:<br />
Du sprichst in hohen Worten vom Entsagen der Tat; doch forderst Du von mir,<br />
dem Yoga der Tat zu folgen. Sage mir nun endgültig: Welches von diesen ist<br />
besser?<br />
Sri Krischna:<br />
Der Tat entsagen bringt Freiheit,<br />
<strong>Die</strong> Tat vollziehen bringt Freiheit.<br />
Beides ist besser als<br />
Bloßes Vermeiden der Tat.<br />
Wer Gier und Hass nicht kennt,<br />
Schwankt nicht in seiner Entsagung.<br />
Er sehnt nicht das eine herbei,<br />
Verabscheut auch nicht dessen Gegenteil.<br />
Gar bald ist er ledig<br />
Der Fesseln von Irrtum und Wahn.<br />
Der Unweise meint, der Yoga der Tat<br />
Scheide sich vom Yoga der Brahman-Erkenntnis.<br />
Der Weise sieht in Erkenntnis und Tat das Gleiche,<br />
Und er sieht richtig.<br />
Wähle irgendeinen der Pfade,<br />
Verfolge ihn ganz bis an das Ende:<br />
Du triffst auf das Gleiche,<br />
Alle der Tat Ergebenen<br />
Begegnen dort den Erkenntnissuchern<br />
In nämlicher Freiheit.<br />
Schwer ist, auf Tun zu verzichten,<br />
Ohne den Yoga der Tat zu üben.<br />
<strong>Die</strong>ser Yoga läutert<br />
Den Sich-Versenkenden<br />
Und führt gar bald ihn zu Brahman.<br />
64
Ist das Herz durch Yoga geläutert,<br />
Ist der Leib zu Gehorsam erzogen,<br />
Sind alle Sinne gemeistert,<br />
Weiß der Mensch, dass sein Atman<br />
Der Atman ist aller Geschöpfe,<br />
Dann mag er handeln,<br />
Unbefleckt von der Handlung.<br />
<strong>Die</strong>ser Erleuchtete,<br />
Des Herz ist Brahmans Herz,<br />
Denkt stets: „Nicht ich bin es, der tut.“<br />
Was immer er sieht,<br />
Hört, fühlt, riecht und isst,<br />
Wo immer er geht,<br />
Schläft, atmet und spricht,<br />
Absondert, aufnimmt,<br />
Das Auge öffnet,<br />
Das Auge zuschließt –<br />
Eines weiß er immer:<br />
„Nicht ich hör, nicht ich sehe,<br />
<strong>Die</strong> Sinne sind es,<br />
<strong>Die</strong> hören und sehen<br />
Und Sinnenziele berühren.“<br />
Wunschlos bringt alle Tat<br />
Er Brahman dar.<br />
So wie das Blatt des Lotos<br />
Im Wasser nicht nass wird,<br />
So steht er im Tun,<br />
Unberührt von der Tat.<br />
Dem Schüler des Karma Yoga<br />
Sind Sinne und Leib,<br />
Verstand und Wille<br />
Nur Werkzeug, nichts andres:<br />
Er weiß sich gesondert vom Werkzeug,<br />
Und also bleibt lauter sein Herz.<br />
Vereinigt mit Brahman,<br />
Frei von der Frucht der Tat,<br />
65
findet er Frieden<br />
Im geistigen Werk.<br />
Doch ohne Brahman<br />
Ist er ein Häftling,<br />
Sklave der Arbeit,<br />
Im Schlepptau der Gier.<br />
Selig, wer wohnt in<br />
Der Stadt der neun Tore 42 ,<br />
Wenn hohe Einsicht<br />
Ihn frei macht vom Tun.<br />
Nicht wird in die Tat er gezogen,<br />
Noch zieht er andere hinein.<br />
Sage niemals:<br />
Gott gab uns den Irrtum.<br />
Du träumst, Du seiest es, der tut,<br />
Du träumst, die Tat sei getan,<br />
Du träumst, die Tat trage Früchte.<br />
Dein Unwissen ist es,<br />
Das Blendwerk der Welt,<br />
Das solche Träume Dir eingibt.<br />
Der Herr ist vollkommen,<br />
Immer und überall. 43<br />
Was kümmert ihn Sünde<br />
Und Tugend der Menschen? 44<br />
Der Atman ist Licht.<br />
<strong>Die</strong>ses Licht ist umdunkelt,<br />
<strong>Die</strong>ses Dunkel ist Täuschung.<br />
Drum wandeln wir träumend.<br />
Wenn Atmans Licht<br />
<strong>Die</strong> Dunkelheit fortscheucht,<br />
42 Im menschlichen Leib<br />
43 Hier ist ein Fehler in dialektischer Auslegung: Wenn Atman und Brahman eines sind, kann diese<br />
Aussage lediglich daraufhin hinweisen, dass der Yogi sich im Yoga übe, weil Atman und Brahman<br />
ein und das Selbe sind. So ist die Kreatur ein Spiegelbild der Schöpfung an sich. Unter Herr verstünde<br />
sich eher ein Defizit in der Kosmogonie der Kreatur mit der erahnbaren Wirklichkeit des<br />
Quintessentiellen. – <strong>Die</strong>se Aussage ist meines Erachtens ein grober Auslegungsfehler.<br />
44 Im TAO-TE-KING von LAO-TSE finden sich analoge Aussagen:<br />
66
Geht dieses Licht von uns aus,<br />
Ein Sonnenleuchten,<br />
Entschleiertes Brahman.<br />
In ihm ruhen die Frommen.<br />
Sie wissen ihn ständig<br />
In ihrem Herzen,<br />
Wo Taten nicht sind.<br />
Er ist all ihr Ziel.<br />
Befreit durch Erkenntnis<br />
Von einstigem unreinem<br />
Tun und Denken,<br />
Finden den Ort 45 sie der Freiheit,<br />
Von dem man nicht wiederkehrt.<br />
Das Eine in allem erkennend,<br />
Blickt der Erleuchtete<br />
Auf den gelehrten,<br />
Edlen Brahmanen,<br />
Auf Elefanten, auf Kühe,<br />
Auf Hunde und Hundeesser. 46<br />
Versunken in Brahman<br />
Überwindet die Welt er<br />
Hier schon, in dieser Welt lebend.<br />
Brahman ist eines,<br />
Wandellos, unangefochten vom Bösen.<br />
Wo wäre ein Hort jenseits von Erkenntnis und Einsicht?<br />
Der Erleuchtete,<br />
der Brahman erkannt hat,<br />
Ruhigen Herzens,<br />
Ist durch seine Weisheit unverwirrbar,<br />
Nicht trunken durch Freude,<br />
Nicht traurig durch Leid.<br />
45 Den Zustand, in dem man der Wiedergeburt nicht mehr unterworfen ist, da Erleuchtung erlangt wurde…<br />
46 Was ich hier wiedergebe, ist ein Werk, welches vor über zwei Jahrtausenden geschrieben ist. Deshalb<br />
bitte ich, diese letzten Zeilen eher episch anzunehmen.<br />
67
Sein Geist ist frei<br />
Der Berührung von außen.<br />
Lebendig und frisch<br />
Durch die Wonnen der Erkenntnis<br />
Und dem Einklang seiner Selbst.<br />
Mit der alles umgebenden Einigkeit<br />
Und Erkenntnis der Wirkkraft<br />
Des Brahman ist ewig sein Glück.<br />
<strong>Die</strong> sinnlichen Freuden<br />
An Sinnenzielen<br />
Sind Schöße voller Kummer,<br />
Beginnen und enden:<br />
Dem Weisen sind sie kein Labsal.<br />
Auf dieser Erde schon<br />
Vor seinem Weggang<br />
Meistere der Mensch<br />
Alle seine Triebe,<br />
<strong>Die</strong> lusterzeugten,<br />
<strong>Die</strong> Angst geborenen:<br />
So findet er Brahman,<br />
So wird er selig.<br />
Einzig der Yogi,<br />
Der innen sein Glück hat,<br />
Innen den Frieden<br />
Und innen sein Schauen,<br />
Der kommt zu Brahman,<br />
Und ihm wird Nirwana 47 .<br />
Alle seine Mängel<br />
Sind dann verschwunden,<br />
<strong>Die</strong> Zweifel zerstreut,<br />
<strong>Die</strong> Sinne gemeistert,<br />
Und alles sein Tun<br />
Gilt der Wohlfahrt<br />
Der Mit-Geschöpfe.<br />
47 Zustand der Vereinigung mit Brahman<br />
68
So ist der Seher,<br />
Der eingeht in Brahman<br />
Und ruht in Nirwana.<br />
Der Selbstbeherrschte,<br />
Der, frei von Gelüsten,<br />
Im Zaum hält sein Herz<br />
Und kennet den Atman,<br />
Der findet in Brahman<br />
Hin zu Nirwana<br />
Jetzt und hernach.<br />
Den Sinn versperrt<br />
Gegen alles von außen,<br />
Den Blick eingestellt<br />
Auf die Wurzel der Brauen 48 ,<br />
Gehemmt in den Nüstern<br />
Das wechselnde Ein und Aus<br />
Strömenden Atems,<br />
Gezügelt die Sinne,<br />
Gezügelt das Denken,<br />
Gezügelt den Willen,<br />
Wirft jener, der Freiheit sucht,<br />
Ängste beiseite,<br />
Denn wahrlich, nur jener<br />
Ist ewiglich frei.<br />
Wer also mich kennt<br />
Als Ziel und als Schöpfer<br />
Jeglichen Opfers<br />
Und aller Kasteiung,<br />
Als Herren der Welten<br />
Und Freund aller Menschen:<br />
Oh, Sohn der Kunti,<br />
Wird er nicht eingehen<br />
Zum Frieden in mir?<br />
48 Wenn die Augen in der Meditation geschlossen oder halbgeschlossen sind, bleibt der Augapfel reglos<br />
und der Blick läuft gleichsam zwischen den Brauen zusammen. Swami Swarupananda.<br />
69
Sechstes Kapitel<br />
Der Yoga der Meditation<br />
Sri Krischna:<br />
Wer den Auftrag erfüllt,<br />
Den die Pflicht ihm gebietet,<br />
Und sich nicht schert<br />
Um die Früchte der Tat,<br />
Der ist ein Yogin.<br />
Ein wahrer Sannjasin 49 .<br />
Doch wer nur dem Wort nach<br />
Folgt seinem Schwur<br />
Durch Abstehen vom Tun<br />
Und kein Feuer entzündet<br />
Beim Opferritus<br />
Und Vorwände findet<br />
Für Meiden von Arbeit,<br />
Der ist kein Yogi,<br />
Kein wahrer Sannjasin.<br />
Denn Du musst verstehen, dass das, was man Yoga nennt, in Wahrheit Sannjasa<br />
50 ist, da niemand den Yoga der Tat ausüben kann, der um seine Zukunft<br />
besorgt ist oder um die Ergebnisse aller seiner Taten.<br />
Es möge, wer aufsteigen<br />
Will durch Versenkung<br />
Zur Höhe der höchsten<br />
Vereinigung mit Brahman,<br />
Als Pfad sich erwählen<br />
Den Yoga der Tat.<br />
Denn wenn er sich selbst nahet<br />
Dem Gipfel der Einheit,<br />
Fällt von ihm ab alle Tat,<br />
Und still wird sein Pfad.<br />
49 Mönch<br />
50 Sannjasa: Das formelle Entsagungsgelübde der Mönche. Wer dieses Gelübde ablegt, gibt den Vollzug<br />
der vedischen Opferriten auf.<br />
70
Denn wenn der Mensch das Haften am Tun und an Sinnenziel aufgibt, wenn<br />
er lüsternen Ängsten und angstvollen Lüsten entsagt, dann hat er die höchsten<br />
Höhen erklommen: tiefste Einsicht und die Einheit mit Brahman.<br />
<strong>Die</strong>ser Mensch ist ein wahrer Sannjasin. 51<br />
Was ist der Wille des Menschen?<br />
Wie solle er ihn gebrauchen?<br />
Lasse seine Macht dahin wirken,<br />
Den Atman 52 zu enthüllen,<br />
Nicht zu verdecken den Atman:<br />
Er ist der Wille des Menschen<br />
Der einzige Freund des Atman.<br />
<strong>Die</strong> Verkenntnis ist auch<br />
Des Atmans Feind.<br />
Denn hat der Mensch Selbsterkenntnis und durch sie eine Einsicht im Wandel<br />
innerhalb seines Lebens und folge den Reichtümern, die ihm die Erkenntnisse<br />
über sich selbst geben und handele maßvoll in jener Genügsamkeit, in jenem<br />
Verständnis, dass seine Taten auch einen Ast absägen könnten, auf dem er<br />
selbst sitzt.<br />
Macht über andere Lebewesen zu haben, ist eine Fiktion: Macht-Haben-<br />
Wollen findet ausschließlich im Gehirn des Menschen als ein psychogenes<br />
Drama statt: In der Konterfei von Dialektik und Verständnis ist ein solches<br />
Streben provokant und sozial unverantwortlich.<br />
51 <strong>Die</strong> Aufnahme der Psychologie als einen medizinischen und kassenabrechenbaren Zweig<br />
in unser heutiges Zeitalter als anerkannter Wissenschaftszweig - neuerdings von Balint und<br />
Supervisionen in den Betrieben im Sinne der Sozialhygiene hinzugefügt - verdeutlicht noch<br />
einmal hervorgehoben die Aussagen der GITA: Alles Erleben und Erfahren im menschlichen<br />
Leben ist ausschließlich auf zentralnervöse Vorgänge beruhend: Das menschliche Leben ist<br />
in Wirklichkeit eine zentralnervöse Verarbeitung individueller Interaktion mit der Umwelt und<br />
der Gesellschaft. Nichts anderes. – Das menschliche und das Leben aller Lebewesen spielen<br />
sich ausschließlich nur im Gehirn als zentralnervöse und energetische Vorgänge ab.<br />
Zu Recht haben die Verkünder der GITA die MAYA (die Täuschung, die Illusion), wie sie<br />
auch in der BIBEL enthalten, als die größte Gefahr für die Zufriedenheit menschlicher Individuen,<br />
Bürgerinnen und Bürger, in sich selbst und das seelische Gleichgewicht im bewussten<br />
Individuum benannt.<br />
<strong>Die</strong> Konsumgesellschaft und der Kapitalismus sind große geistige Gefahren für das Seelenheil<br />
aller menschlichen Lebewesen im sozialen Austausch in ihrem unmittelbaren Umfeld,<br />
innerhalb des politischen Umfeldes der Länder, in denen sie leben und im internationalen<br />
Geflecht…<br />
52 <strong>Die</strong> individuelle Seele, eindeutig und unverwechselbar eins mit der Schöpferkraft, die das<br />
Universum und stets sich neu inkarniert; auch Synonym für Selbsterkenntnis, dem Einklang<br />
mit der in allem innewohnenden Kraft, die sich stets selbst schöpft.<br />
71
Im Verständnis weicht jedoch das Streben nach Macht 53 ; dass es nur eine<br />
Macht gibt: <strong>Die</strong> Macht innerhalb der Dialektik und der Vollkommenheit der universellen<br />
Schöpfung!<br />
Denn: Hat der Mensch Selbstbeherrschung, so ist sein Wille des Atmans Freund;<br />
doch der Wille des Unbeherrschten ist gegen den Atman gerichtet: Seine Unkenntnis<br />
und Verbrämtheit machen ihn in sich selbst zum Feind. Und seine innere Täuschung<br />
kann ausweglos werden und ihn sich selbst verzehren lassen. Dabei denke ich an<br />
das Versagen des eigenen Immunsystems, welches im schlimmsten Fall zu den Systemerkrankungen<br />
bis hin zu den Tumorerkrankungen.<br />
Unter dem Strich gibt es eindeutiges im gesellschaftlichen, kollektiven und sozialen<br />
Austausch der Menschheit: Es bestehen erhebliche noch vorhandene psychische<br />
Gesinnungsmuster, die ethisch und moralisch für auch unsere internationale Welt-<br />
Gemeinschaft von einer nebulösen Selbstsucht, die unnötig und rational unverständig<br />
als Gesinnung verbreitet werden.<br />
<strong>Die</strong> Vorgänge in Lybien und in Syrien, in denen Clan-Wirtschaft das eigene Volk unterdrückt,<br />
ist aus der Sicht der GITA und auch aus meiner Sicht nichts anderes, als<br />
dass ich nicht verstehen kann, wie es zu Despoten, Diktatoren und Willkürherrschern<br />
über Volksgruppen überhaupt kommen kann. – Ich denke: Hier hat die UNO und das<br />
IWS noch erheblichen psychischen und ideologischen Nachholbedarf, in dem sich<br />
die menschlichen Fürsprecher eben als nur Menschen begreifen, die moralisch und<br />
ethisch Begriffsfelder vertreten, die nicht nur für sich selbst, sondern stellvertretend<br />
für alle Menschen und für die Ökologie auf unserem Planeten sich verbürgt!<br />
Denn das Fatale ist, dass, um ARTHUR SCHOPENHAUER doch als einen der maßgeblichsten<br />
Philosophen unserer heutigen Zeit zu benennen, aus seiner Zunft doch<br />
KANT, HEGEL, FREUD, MARX und ENGELS stammen: Also einen Zeitgeist, der in<br />
Deutschland mit ARTHUR SCHOPENHAUER begann und zu – über etlichen Umwegen<br />
– freiheitlichen und friedlichen Demokratie innerhalb der Bundesrepublik<br />
Deutschland geführt hat.<br />
<strong>Die</strong> BRD ist christlich gesinnt. Und auch hieran zeigt sich das Tiefwendige und Gehaltvolle<br />
an der BHAGAVAD GITA: Sie ist ein Inbegriff an universellem Grundbegreifen<br />
und eine Aufforderung an sich und für gerade jeden Menschen, der sich Gedanken,<br />
Philosophien über sich und die Gesellschaft an sich macht: Das die Wege und<br />
Gefilde der Erkenntnis ausschließlich und im Absoluten keine anderen Wege sind,<br />
als die im eigenen Zentralnervensystem. In diesem Absolut verweigert sich alle Gewalt:<br />
Da die Gewalt und alle Formen der Verletzung von Ethik und Moral: der Eigensucht,<br />
Vorteilnahme, Neid und Hass, Eifersucht und Buhlen, und gerade der sexuelle<br />
Abusus und der Abusus von Drogen und drogenähnlichen Mitteln wie Alkohol und<br />
Zigaretten – deren Überwindung an sich eine neue Ära im noch psychogen festgefahrenen<br />
und stets in sich explosive Brandherde bergende internationale Menschengemeinschaft!<br />
In der Spanne zwischen Leben und Tod allen Lebens, hebt gerade sich die Menschheit<br />
empor und verkündet: Gott habe den Menschen erschaffen.<br />
Nun ist wissenschaftlich die BHAGAVAD GITA und der HINDUISMUS nachgewiesenerweise<br />
als die der Realität der Schöpfung als Nahestehendeste und für den<br />
Frieden innerhalb der menschlichen Gemeinschaft sich am ehesten verbürgende und<br />
gehaltvolle Erkenntnis, deren Geheiß: Leben und leben lassen durch innere Einsicht<br />
– unverzichtbar ist für jeden Menschen auf unserem Planeten. –<br />
53 NIETZSCHE: DER WILLE ZUR MACHT<br />
72
Leben und leben lassen, Einsichten finden, durch innere Läuterung und Begreifen,<br />
den eigenen Lebenswandel erkennen und die tiefste Erkenntnis, dass<br />
alles Dasein im Universum einer einzigen Schöpferkraft entspringt. Und wir<br />
Menschen in der Spanne zwischen unserer Geburt und unseres Sterbens lediglich<br />
und im tiefsten Grunde die Inkarnation einer göttlichen Kraft sind: <strong>Die</strong>ses<br />
inwendig und dialektisch zu begreifen und uns im sozialen Umfeld danach<br />
auszurichten und friedlich diesen Globus, auf dem wir leben, zu bewirtschaften,<br />
ist eine der Existenz gestellte Aufgabe. Vor allem dem das Bewusstsein<br />
beinhaltenden Menschen.<br />
Dann endlich – durch die vornehme Erkenntnis – ist Schluss mit Eitelkeit, Neid,<br />
Hader, der Selbstsucht, der Selbstbereicherung.<br />
Dann vollzöge sich die Schöpferkraft durch sich selbst, da sie dieselben Forderungen<br />
an das Universum stellt, wie an die Menschheit selbst: Durch deren<br />
Selbsterkenntnis. ()<br />
<strong>Die</strong> Menschen sind an sich durch den Mangel an Herzenserziehung, dem Mangel<br />
an sozialer Bildung so verblendet, dass sie sich ausschließlich im Mittelpunkt<br />
im Vorteil von Nationalen Absicherungen sehen. Doch neben Sozialgesetzbüchern<br />
gibt es noch unsere Galaxie, dem Schwarzen Loch, welches sie<br />
zusammenhält und unsere Sonne, die Licht, Wärme und Leben spendet und<br />
ohne sie wir nicht wären. Und dann noch unseren Mond, der die Eklipse, das<br />
heißt, die Neigung unseres Planeten stabilisiert und ohne den unser Planet<br />
strudelnd um die Sonne kreisen würde und für die Gezeiten zeugt, die so wichtig<br />
sind für das Leben auf unserer Erde.<br />
Im Grunde möchte ich hiermit ein dialektisches Fenster öffnen und eine Diskrepanz<br />
zwischen Morgen- und Abendländlichem mentalem Gut von – ich sage<br />
mal – Religion darstellen: <strong>Die</strong> morgenländischen Religionen wie der Hinduismus,<br />
der Buddhismus oder der Zen Buddhismus sehen die Kraft der Schöpfung<br />
unseres Seins durch sich selbst. Wohingehend die abendländischen Religionen<br />
es nahezu vollkommen umgekehrt sehen: Gott habe die Menschen erschaffen.<br />
Hier liegt mental und im Grundverständnis sehr vieles im Argen. Das<br />
betrifft auch die Weltwirtschaftspolitik und das internationale Finanzgebahren<br />
und der Gefahr, dass durch Eitelkeit, Neid, Selbstsucht und Selbstbereicherung<br />
ethisch und moralisch Nationen durch Despoten und Diktatoren mittels<br />
Massenvernichtungswaffen, wie einst ADOLF HITLER, an den Abgrund brächten.<br />
Da alles am Mangel an Grundverständnis moralischer und ethischer Art von<br />
Gemeinden und menschlichen Kollektiven liegt, kann ich dazu lediglich nur<br />
sagen: Ob ich nun heute oder morgen sterbe, sterben werde ich. Und wenn ich<br />
tot bin, ist alles vorbei. Doch wenn ich heute lebe, denn dann: Weil Leben Aufgabe,<br />
Gegenwart und Zukunft verheißt. Doch ich werde einmal nicht mehr leben.<br />
Auch wenn ich Nachkommen habe, kann ich nicht davon ausgehen, dass<br />
ich in einer anderen Welt weiterlebe.<br />
Das ist die Diskrepanz und die dialektische Trennung der Weltreligionen zwischen<br />
Orient und Okzident, wobei die muslimische Religion – wie die jüdische<br />
auch – dem Zweig des Abendländischen, also dem Christentum eher zugeneigt<br />
ist und sich mit den Glaubensansichten von Hinduisten und Buddhisten nahezu<br />
diametral, also in der Schöpferideologie sich vollkommen umgekehrt verhalten.<br />
Das Christentum verkündet: Gott habe die Menschen erschaffen.<br />
Hinduisten und Buddhisten sehen die Wirkkraft einer universellen Schöpferkraft<br />
und seiner Wandelwelt: Das heißt seiner Inkarnation innerhalb des Uni-<br />
73
versums und auch durchlaufend die Geburt, das Leben und den Tod aller Lebewesen.<br />
<strong>Die</strong>se Ansichten habe unzweifelhaft auch – trotzdem es etliche Menschen darunter<br />
gibt, die sich Atheisten nennen, jedoch in einem Staat leben, der nicht<br />
laizistisch ist wie die BRD und in der Politik christliche Parteien zulässt – unmittelbaren<br />
psychisch prägenden Einfluss auf Bevölkerung an sich.<br />
Das kann gleichsam ausgeweitet werden auf Europa, wobei sich West-Europa<br />
vornehmlich ideologisch christlich ansiedelt.<br />
Hierzu kann ich lediglich sagen: Ethikunterricht in den Schulen – Ja.<br />
Religionsunterricht in den Schulen: Ein absolutes Nein. Weil es ein Angriff auf<br />
die Köpfe und die Uniformierung unserer Nachkommen ist. <strong>Die</strong> Pubertät der<br />
Jugendlichen ist eine natürliche Schranke, die in einer friedlich angelegten Nation<br />
gegen die Vermittlung und Überstülpung von Ansichten der Zeugergeneration<br />
einer derartigen Erziehung verweigert und dialektisch selbst nach den eigenen<br />
demokratischen, sozialen und kollektiven Wegen der Einsicht sucht.<br />
Auch heute noch stellt sich die Frage – und gerade nach dem verheerenden<br />
ZWEITEN WELTKRIEG – ob im Sinne der Demokratisierung und Normalisierung<br />
der menschlichen Gesellschaften, sich in offenen Demokratien und demokratischen<br />
Rechtstaaten, nicht eine Gesinnungs- und Arbeitsgemeinschaft<br />
zu entwickeln imstande ist, die die Rechte aller Lebewesen als gleichwertig betrachtend<br />
und im Grunde genommen universell, wie es in der BRD die GRÜ-<br />
NEN tun.<br />
Das wird die Herausforderung für die Zukunft sein und stellt den dialektischen<br />
sozialen Prozess weiterhin in den Vordergrund.<br />
<strong>Die</strong>se Zeilen lediglich als Angebote – Und hier möchte ich gerne unverschämt<br />
werden und sagen: An Ihre Hirnströme…<br />
Und in diesem Bezug noch einmal verweisen, dass das geschichtliche Völkermorden<br />
und auch die heutzutage noch bestehende Gewalt in sich ein psychogenes<br />
Drama darstellt, in dem soziale Unebenheiten, der Mangel an sozialer<br />
Hygiene, die Bildung und normale Entwicklungsaussichten gewährleistet werden.<br />
Ansonsten wird jede Gesellschaftsform Gewalt und ihrer Zersetzung begegnen,<br />
die einst in der Härte und der Radikalität der NATIONALSOZIALISMUS<br />
in verschiedenen Ländern je hervorgebracht.<br />
Und gerade daran bemessen sich die Inhalte von Menschenglück und dem<br />
friedlichen glücklichen Zusammenleben der menschlichen Gemeinschaften<br />
ineinander an den Sinn- und Zielstellungen der menschlichen Lebensinhalte. –<br />
Wenn Glück und Zufriedenheit ausschließlich innere Erfahrenszustände sind,<br />
ist der Zustand oder die Zustände, die dazu geführt haben, für die Dauerhaftigkeit<br />
und dem Erhalt deren verantwortlich. Sie zu erhalten, ist grundlegend. Das<br />
Maß jedoch, der Aufwand, der diese Zustände auslösenden Faktoren, kann<br />
nicht die Grundlage einer psychischen verantwortungslosen Ideologie des<br />
maßlosen Konsums sein, die dem Wahnsinn der Steuereinnahmen entspringt.<br />
Noch brauche ich mich und sozusagen meine Schreibmaschine, um die Wogen,<br />
die innerhalb der Menschengemeinschaften noch weil der Verblendung,<br />
der Irreführung durch die Konsum- und Werbegesellschaft usw.: Ich weiß, dass<br />
ich im Grunde nichts anderes benötige als meinen Frieden. Dann werde ich<br />
weiterhin zielstrebig fortfahren, mich selbst zu suchen. Darin bin ich bereits<br />
sehr weit gekommen.<br />
74
Ein jeder muss sich selbst finden und erhoffe sich von keinem Guru oder einer<br />
Sekte irgendwelche Hoffnungen: Jeder ist sich sein eigener Lehrer, weil es<br />
keineswegs anders sein kann, als durch das eigene Bemühen der Mensch lerne.<br />
Niemand kann lehren, wenn es niemanden gibt, der bereit ist zu lernen: Also<br />
gibt es weder Lehrer noch Schüler. – Denn wer sich dazu hergibt, lernen zu<br />
wollen, der hat Vorstellungen der Lehrinhalte und der Vorteile für sich. Sie sind<br />
irrwegig. Der Königsweg – der Raja-Yoga – ist die Selbsterkenntnis und die Erkenntnis,<br />
dass sich die menschliche Gesellschaft durch Voreingenommenheit,<br />
Geschwätzigkeit, Fingerzeig, Verleumdung usw., seie es in Philosophie oder<br />
auch in der Politik, zahlreiche Hürden aufgestellt hat, um einen Suchenden die<br />
Freiräume zu verhindern, um zur reinsten Selbsterkenntnis zu gelangen. <strong>Die</strong><br />
menschliche Welt wird von einer herkömmlichen Ideologie, die geprägt ist von<br />
Verantwortungslosigkeit gegenüber der Existenz an sich, geprägt ist von<br />
Dummheit und Langeweile, die derart veräußerlicht ist und sich über Klatsch<br />
und Verleumdung anderer, Boulevardgazetten liest usw., eine bürgerliche Gesellschaft<br />
sich erschaffen hat, die ethisch und moralisch eigentlich stinkt.<br />
Auch auf diese Gefahren weist der Hinduismus mit der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> hin.<br />
Kommt es nicht zu humanen Regelungen innerhalb der Produktionsverhältnisse,<br />
zu realen Einstellungen aller Bürger auf diesem Planeten hin zu einem ausgewogenen<br />
Austausch und einer ausgewogenen Verteilung aller lebenswichtigen<br />
Güter, dann erst hat die Menschheit eine Zukunft vor sich, die sich ethisch<br />
und moralisch als eine Wohlfahrtsorganisation die Ressourcen unseres Planeten<br />
unter sich aufteile.<br />
Ich fahre fort mit den Inhalten der BHAGAVAD GITA:<br />
Der Heiter-Gelassene,<br />
In Sich, seinem Atman Versunkene,<br />
Meistert den Willen.<br />
Er kennt keine Unrast<br />
In Hitze, in Kälte,<br />
In Lust und in Leid,<br />
In Ehre und Unehre.<br />
Denn: Ist dem Herzen des Menschen Erfüllung durch tiefste Erkenntnis und eigenen<br />
Erfahrung von Brahmans Wahrheit zuteil geworden, dann lässt er sich nicht mehr<br />
erregen durch Dinge der herkömmlichen Sinneswerte: Gold, Erde und Stein, sie alle<br />
dünken ihm gleich. Von einem Yogi, der die Sinne gemeistert hat sagt man, er habe<br />
die Einheit mit Brahman erlangt.<br />
Jener, der anschaut<br />
Mit gleicher Gelassenheit<br />
Freunde, Gefährten,<br />
Den Feind, den Verwandten,<br />
Den Edlen, den Bösen,<br />
Den, der in richtet,<br />
Und jene, die keiner<br />
Partei angehören:<br />
75
Der ist der Größte.<br />
Der Yogi soll in die Einsamkeit gehen und danach streben, Meisterschaft zu erlangen<br />
über Körper und Geist. Den Hoffnungen und den Besitztümern dieser Welt muss er<br />
entsagen und pausenlos sich in die Selbstversenkung, der Suche nach seiner inwendigen<br />
Kraft, seinem Atman, widmen.<br />
Der Platz, wo er sitzt, soll fest sein, nicht zu hoch, nicht zu tief, und an einem sauberen<br />
Ort. Erst soll er ihn mit heiligem Gras überdecken, darauf ein sauberes Tuch<br />
ausbreiten. Wenn er dort sitzt, muss er in Schach halten Sinne und Phantasie und<br />
die Gedanken einzig auf ein Ziel zusammenziehen. Wenn er in dieser Weise Versenkung<br />
übt, wird sein Herz ruhig und rein.<br />
Reglos in seiner Haltung, Leib, Kopf und Nacken aufrecht, den Blick eingezogen, als<br />
ob er die Spitze der Nase betrachte, darf er nicht um sich schauen.<br />
So, mit gelassenem, furchtlosem Herzen,<br />
Treu dem Gelübde letzter Entsagung,<br />
Hemmend das rastlose Schweifen der Sinne,<br />
Möge er sich um die Einheit mit mir mühen.<br />
Ständig versunken, die Augen stets gerichtet<br />
Auf mich, sein Ziel, mich zu erkennen.<br />
Hat der Yogi durch die Kraft der eigenen Läuterung durch die Erkenntnisgründe die<br />
innere Sehnsucht erlangt, sich selbst und mich zu erkennen, dann wird er schließlich<br />
als Krönung in seiner Innenschau mich vollends wahrnehmen und das Nirvana erlangen:<br />
die große Erkenntnis der Ungeteiltheit allen Seins und ihrer kosmischen und<br />
grenzenlosen Verwobenheit durch die Innenschau, in dem er mich erkennt in sich<br />
selbst und in allem enthalten.<br />
Yoga ist weder für den, der allzu viel isst, noch für jenen, der über das Maß hinaus<br />
fastet. Er ist nicht für den, der allzu viel schläft, noch für jenen, der übertrieben viel<br />
wacht. Mäßig sei der Mensch beim Essen und bei der Erholung, mäßig im Tun, mäßig<br />
im Schlaf und im Wachen. Er wird erkennen, dass dieser Yoga allen seinen Unfrieden<br />
löscht.<br />
Wann darf man sagen von einem Menschen, er die Einheit mit Brahman erlangt?<br />
Dann, wenn sein Geist unter vollkommener Herrschaft steht und er, frei von jeglichem<br />
Wunsche, einzig im Atman und in nichts anderem aufgeht. „Lampenlicht flackert<br />
nicht an eine windstillen Ort.“ <strong>Die</strong>ses ist ein Gleichnis und auf den Yogi gemünzt,<br />
der mit ausgerichtetem Geiste sich in den Atman, in sich selbst, versenkt.<br />
Wenn durch Übung im Yoga das Denken sein rastloses Wandern aufgibt, dann erst<br />
er sich selbst, den Atman. Alles sein Trachten ist dann vollauf befriedigt. Endlose<br />
Seligkeiten sind sein, die nur ein völlig geläutertes Herz zu erfahren vermag, sich<br />
jedoch der Sinne zu entziehen. Nichts ist imstande, diese Erkenntnis zum Wanken zu<br />
bringen. Deshalb kann er niemals mehr abweichen von der innersten Wahrheit des<br />
eigenen Wesens.<br />
76
Nun sie sein Eigen,<br />
Weiß er: Der Schatz ist<br />
Köstlicher denn alle anderen.<br />
Solcher fester Glaube<br />
Wird auch nicht wankend<br />
Bei heftigstem Leid.<br />
Zur Erlangung dieser Gewissheit muss man den Sinn des Wortes Yoga verstehen:<br />
Es ist der Bruch mit der Beziehung zum Leid. Du musst beherzt diesen Yoga üben,<br />
ohne den Mut zu verlieren. Entsage allen Deinen Wünschen auf immer. Sie sind die<br />
Kinder des Eigenwillens. Nutze Dein Unterscheidungsvermögen, damit Du die ganze<br />
Meute der schweifenden Sinne in Schranken zu halten vermagst.<br />
Geduldig, Stück um Stück, muss der Mensch sich aus der gedanklichen Unruhe lösen<br />
mit Hilfe verständigen Wellens. Er muss seinen Geist auf sich selbst (den Atman)<br />
richten und nie etwas anderes denken. Wohin das rastlose, unruhige Innere auch<br />
wandert: Es muss zurückgeholt und der Erkenntnis des Selbst (dem Atman) unterworfen<br />
werden.<br />
Voller Ruhe bis in das Letzte,<br />
Gereinigt von Leidenschaft,<br />
Erkennt der Yogi,<br />
Dass Brahmans Wonne<br />
<strong>Die</strong> höchste der Wonnen ist.<br />
Vom Bösen befreit,<br />
Verharrt sein Geist<br />
Im Sich-Versenken in sich selbst.<br />
Ihm ist das ein Leichtes:<br />
<strong>Die</strong> Erkenntnis der Allumfassenheit<br />
Hat ihn berührt:<br />
<strong>Die</strong>ses Glück ist grenzenlos.<br />
Nun ruht sein Herz in meiniger Erkenntnis,<br />
Seine Augen sehen in allem mich,<br />
Stets allgegenwärtig.<br />
Er weiß dadurch sich selbst<br />
In allen Geschöpfen<br />
Und alle Schöpfung<br />
In sich selbst.<br />
Mich sieht dann der Yogi in allen Dingen und sieht alle Dinge in mir. Niemals verliert<br />
er mich aus den Augen, noch je ich ihn. Er ist festgegründet in Einheit mit mir in steter<br />
Gewissheit, dass ich allen Erscheinungen und Geschehnissen innewohne. Er<br />
wohnt in mir, gleichviel wie sein Leben verlaufen mag.<br />
77
Wer glüht mit der Wonne<br />
Und leidet die Trauer<br />
Aller Geschöpfe<br />
Im eigenen Herzen,<br />
Jegliche Wonne<br />
Und jegliche Trauer<br />
Zur eigenen machend,<br />
Der ist mir der Höchste<br />
Unter den Yogis.<br />
Arjuna<br />
Krischna, Du beschreibst mir diesen Yoga gleichsam als Leben in Einheit mit Brahman.<br />
Aber ich sehe nicht, wie dieses von Dauer sein kann. Der Geist ist rastlos.<br />
Unruhevoll ist<br />
Der Geist aller Menschen<br />
Und durch die Fänge<br />
Der Sinne zerrüttet,<br />
Grob und verhärtet<br />
Im starren Verlangen<br />
Nach weltlichem Gut.<br />
Kann man ihn zähmen?<br />
Wahrlich, ich glaube<br />
Der Wind ist nicht wilder.<br />
Sri Krischna:<br />
Ja, Arjuna, sicher ist ruhelos der Geist und schwer unterwerfbar. Aber durch ständige<br />
Übung, vorzüglich in der Gelassenheit, kann er gemeistert werden.<br />
Ja, gewiss, wer sein Ich nicht beherrscht, wird diesen Yoga schwierig finden. Jedoch<br />
der sich selbst überwindet, vermag ihm zu folgen, sobald er die rechten Mittel der<br />
Einsicht verwendet. Denn diese Einsicht wird durch Innehalten und Stille – durch die<br />
Meditation – vernehmbar.<br />
78
Arjuna:<br />
Wenn ein Mensch nun Glauben hat, doch nicht hart genug kämpft? Wenn von der<br />
Yoga-Übung sein Denken abirrt und er die Vollkommenheit nicht erreicht? Was wird<br />
das aus ihm?<br />
Wenn der Mensch vom Pfade des Brahman abweicht, so hat er beide Leben versäumt,<br />
das weltliche und das Geistige. Nirgendwo findet er Beistand. Ist er dann<br />
nicht verloren wie eine windverwehte Wolke am Himmel?<br />
<strong>Die</strong>ses ist, oh, Krischna, der Zweifel, der an mir nagt, und einzig Du kannst ihn mir<br />
ganz von der Seele nehmen. Lasse Deine Antwort mich hören!<br />
Sri Krischna<br />
Groß ist der Yogi, denn ihn verlangt, in Brahman zu sein,<br />
Größer als wer den Leib abtötet,<br />
Größer als alle Gelehrten,<br />
Größer als jener, der gute Werke vollbringt,<br />
Deshalb Arjuna, werde ein Yogi.<br />
Mir, in der Erkenntnis seines Selbst,<br />
bringt er dar sein ganzes Herz.<br />
79
Siebentes Kapitel<br />
Erkenntnis und Erfahrung<br />
Sri Krischna:<br />
Weihe mir Dein ganzes Wesen. Übe Yoga. Sieh in mir Deinen einzigen Hort. Ich will<br />
Dich lehren, wie Du, wenn Du dies tust, mich ganz erkennen kannst in meiner Wahrheit<br />
ohne eines Zweifels Schatten. Alle die Erkenntnis will ich Dir geben und überdies<br />
noch unmittelbare geistige Erfahrung. Wer diese besitzt, dem bleibt auf dieser Welt<br />
nichts mehr zu lernen übrig.<br />
Wer hat das Herzensbedürfnis,<br />
<strong>Die</strong> vollkommene Freiheit zu haben?<br />
Ein Mensch vielleicht<br />
Unter Tausenden und mehr.<br />
Und wer von denen,<br />
<strong>Die</strong> Freiheit suchen,<br />
Wird meines Wesens<br />
Völlige Wahrheit erfahren?<br />
Vielleicht nur ein einziger.<br />
Achtfältig ist die Beschaffenheit meiner Prakriti 54 :<br />
1. Erde,<br />
2. Wasser,<br />
3. Feuer,<br />
4. Luft,<br />
5. Äther,<br />
6. Geist,<br />
7. Verstand<br />
8. und das Ich.<br />
Erfasse, dass dahinter und getrennt davon das ist, was den Bewusstseinsgrund und<br />
die Quelle des Lebens in allen Wesen ausmacht. Das ist die Stütze des Weltalls.<br />
Wisse, meine Prakriti<br />
Ist Eines mit mir,<br />
Der Schoß allen Seins.<br />
Ich bin die Geburt dieses Kosmos<br />
Und ebenso seine Zersetzung.<br />
54 Wandelform<br />
80
Ich bin es der wirkt,<br />
Kein anderer außer mir.<br />
Alle Welten sind in mir aufgereiht<br />
Wie Perlen an einer Schnur.<br />
Ich bin die Nässe des Wassers,<br />
Das Leuchten von Sonne und Mond,<br />
Das OM in allen Veden,<br />
Denn OM, dieses Wort ist Gott.<br />
Ich bin es, der im Äther erklingt,<br />
Ich bin die Potenz im Manne,<br />
Bin der heilige Duft dieser Erde,<br />
Das Licht des Feuers,<br />
Das Leben alles Lebendigen,<br />
<strong>Die</strong> Askese des Asketen.<br />
Erkenne in mir den ewigen Samen<br />
Von allem, das wächst,<br />
Den Versand der Verständigen,<br />
<strong>Die</strong> Wirksamkeit im Tätigen.<br />
Im Starken bin ich die Stärke,<br />
Unbehindert durch Gier<br />
Und durch das, was begehrt wird:<br />
Ich bin, was Menschen sich wünschen mögen,<br />
Ohne sich zu versündigen<br />
Gegen die Weisungen ihrer Natur:<br />
Erfasse, dass alles, was zu dem Zustand von Sattwa, Rajas und Tamas gehört,<br />
aus mir hervorgeht. Sie sind enthalten in mir, jedoch ich nicht in ihnen. <strong>Die</strong><br />
ganze Welt wird betört von den Launen und Stimmungen, in denen sich die<br />
drei Gunas ausdrücken. Deshalb vermag die Welt mich nicht so zu sehen, wie<br />
ich in Wirklichkeit bin. Abgesondert von alledem stehe ich, erhaben und todlos.<br />
Wie schwer ist zu durchbrechen<br />
<strong>Die</strong>se meine Maya,<br />
<strong>Die</strong> von den Gunas geschaffene!<br />
Wer jedoch seinen Hort<br />
Einzig in mir sieht,<br />
Wird Maya 55 hinter sich lassen,<br />
Er und kein anderer.<br />
Der Übeltäter wendet<br />
55 <strong>Die</strong> Illusion, die Täuschung<br />
81
Sich nicht mir zu. Er ist<br />
Ein Tiefgesunkener unter den Sterblichen.<br />
Sein Wissen verliert sich<br />
Im Irrgarten Mayas,<br />
Bis länger sein Herz nicht<br />
Ein menschliches ist<br />
Und in ihm sich wandelt<br />
Zum teuflischen Herzen.<br />
Unter den Menschen, die sich geläutert haben und durch gute Werke sich auszeichnen,<br />
sind vielerlei, die im Ansatz meine Wahrheit erkennen und mich verehren: der<br />
des Weltlichen Müde, der Erkenntnissucher, der Sucher nach Glück und der Mensch<br />
mit weiser Einsicht.<br />
Der Erkennende und Einsichtige steht am höchsten von Allen. In der Erkenntnis und<br />
der Einsicht, dass ich die Schöpfung selbst bin, lebt er geheißvoll und frei von der<br />
Täuschung all jenes, dass ich bin.<br />
Gewiss, sie alle sind edel.<br />
Aber der Einsicht hat,<br />
Der verwirklicht in sich mein Selbst:<br />
Im Geheiß seiner Erkenntnis<br />
Lebt er sein Leben im Einvernehmen<br />
Unseres gemeinsamen Seins.<br />
Weil ich bin, der ich bin:<br />
Das einzige Ziel<br />
Eines ergebenen Herzens.<br />
Ist seine Einsicht gereinigt:<br />
Er macht mich zu seinem Hort.<br />
Er weiß: Ich bin alles.<br />
Wie selten sind diese Großen!<br />
82
<strong>Die</strong>, deren Einsicht durch weltliche Wünsche verdunkelt ist, führen diesen und jenen<br />
Kult oder Ritus ein und suchen Zuflucht bei vielerlei Gottheiten, je nach dem Drang<br />
ihrer eingeborenen Natur. Welch eine Gottheit der Hingegebene wählt für seine Verehrung,<br />
ist jedoch nicht von Belang. Hat er nur Glauben, so mache ich seinen Glauben<br />
zum Felsenfesten. Ausgerüstet mit diesem Glauben, den er sich selbst gibt, betet<br />
er dann jene Gottheit an und empfängt in seinem Glauben von ihr alles, was er<br />
erbittet. In Wahrheit aber bin ich es, der einzige Geber.<br />
Menschen von kleinem Fassungsvermögen beten nur um Vergängliches und Zerstörbares.<br />
Wer Devas anbetet, wird zu den Devas gehen. Doch wer sich mir ergibt,<br />
der kommt zu mir.<br />
<strong>Die</strong>ses meint der Unweise: Ich der Nichtoffenbarte, werde zum Menschen. Sie kennen<br />
mein Wesen nicht, Das Eins ist mit Brahman, übermenschlich und wandellos.<br />
Im Schleier meiner Maya stets, zeige ich mich wenigen.<br />
Wie sollte die Welt auch, verwirrt von Täuschung,<br />
Je mich erkennen, den Ungeborenen, den Wandellosen?<br />
Alle Wesen sind aus mir entstanden, Arjuna, die einstigen, die jetzigen und jene, die<br />
kommen werden.<br />
Alles, was lebt, wird, kaum geboren, irregeführt durch die Täuschung, diese Welt des<br />
Scheins sei die Wahre.<br />
Aus ihren Begierden und Hassgefühlen steigt diese Täuschung auf. Wer aber Gutes<br />
wirkt, wes böses Karma erschöpft ist, wird frei von dieser Täuschung über die<br />
Scheinwelt. Sie bleiben ihrer Erkenntnis uns Einsicht treu und leben in mir.<br />
So mancher nimmt seine Zuflucht zu mir aus Angst vor Alter und Tod. So werden sie<br />
mich nie erkennen, die wahre Natur ihrer Selbst und die Schöpferkraft, die alles<br />
durchdringt.<br />
Alle diese Zusammenhänge erkennend, begreifen sie die Natur der Scheinwelt, das<br />
Selbst aller Lebewesen und das Wesen meiner Inkarnationen, der über allem Wirken<br />
83
thront. Selbst in der Stunde des Todes sterben sie in der frommen und lauteren Einsicht,<br />
dass sie lediglich eine zeitliche Spanne meiner Inkarnation selbst waren.<br />
Achtes Kapitel<br />
Der Weg zum ewigen Brahman,<br />
der Weg zur Erkenntnis von Allem<br />
Arjuna:<br />
Erkläre mir, Krischna, wer Du bist? Und was ist mein innewohnendes Selbst? Was ist<br />
Deine Schöpferkraft? Erkläre das Wesen der Scheinwelt in mir und das des einzelnen<br />
Menschen.<br />
Was ist die Kraft, die alles Handeln leitet in diesem Körper, und wie verweilt er hier?<br />
Wie offenbart sich Dein Sein in der Stunde des Todes in Demjenigen, dessen Bewusstsein<br />
Dich verstanden hat und fromm in der Frucht seiner Erkenntnis und Einsicht<br />
lebt?<br />
Sri Krischna:<br />
Ich bin das, was wandellos und keiner anderen Ursache untertan ist als sich selbst.<br />
Wenn wir mich als jedem Einzelwesen innewohnend sehen, so nennen wir ihn die<br />
Seele, den Atman. Und meine Schöpferkraft ist es, was das Dasein aller Wesen bewirkt.<br />
Wandelbar ist die Natur der Scheinwelt. <strong>Die</strong> Natur des Einzelmenschen ist sein das<br />
Maß seiner Erkenntnis und seiner Einsicht. Je nachdem, inwieweit dieser Einzelmensch<br />
verfangen ist innerhalb der Verkenntnis, der Uneinsichtigkeit und den Sinnenlüsten<br />
anhängt, die als rastlose Früchte an diesem Baume von Sinnenlust und<br />
Gier, von Eifer, Ehrfurcht, Eitelkeit, Neid, Eifersucht und Lüsternheit hängen, sind sie<br />
die Früchte, die in der menschlichen Gemeinschaft als und in der Kraft meiner Gunas<br />
84
untereinander gemeinschaftlich verzehrt werden und damit die menschliche Gemeinschaft<br />
derart trüben, bis sie ihre unlauteren Kräfte entfalten und die Menschen dieser<br />
Gemeinschaft gegeneinander aufwerfen und zu ihrer gewalttätigen Entfaltung gelangen.<br />
Ich allein bin Dein Leben.<br />
Mache es zu einem festen Brauch, das Sich-Versenken zu üben, um Dich selbst zu<br />
erkennen und Dich von der Täuschung fromm zu befreien. Denn wisse: Dein Leben<br />
ist von mir. Dein Wirken ist für mich.<br />
So wie ich das Universum erschaffen habe, das Sonnensystem und diesen Planeten,<br />
auf dem sich die Wandelwelt vollzieht – und alles an sich in allen Größen die Wandelwelt<br />
an sich darstellt – so erkenne kraft Deiner Vernunft und Deinem Verstand,<br />
dass ich es bin: <strong>Die</strong> Inkarnation meiner Wesenheit in Dir.<br />
Ich bin Alles, Herr der Inkarnation und allen Seins.<br />
Ich bin weit zarter als des Geistes innerste Zartheit,<br />
Der Welten alterlose Stütze:<br />
Ich wirke aus mir selbst.<br />
Nun will ich kurz die Natur von jener Erkenntnis erläutern, den jene Seher, die fürwahr<br />
die Veden ganz erfassen und todlos nennen. Um mich zu erkennen, befreie der<br />
Ergebene sich von den Banden seiner Wünsche. Damit er dieses Ziel erreiche, übt er<br />
Beherrschung aller Leidenschaften.<br />
Hat viele Jahre lang der Yogi ohne Unterlass mit unzerstreutem Sinne nach sich<br />
selbst mittels der Einkehr gesucht und Erkenntnis erlangt, so wird der Yogi in sich<br />
meine in ihm innewohnende Macht erfahren und zur großen Erleuchtung, zum Maha-<br />
Samaddhi gelangen!<br />
Wer mich findet, hat mich, die universelle Seele und damit Vollkommenheit im letzten<br />
Sinn erlangt.<br />
Tag gibt es und ebenso Nacht im Weltall.<br />
<strong>Die</strong>ses weiß der Weise und auch, dass Brahmas Tag<br />
Tausend Jahrhunderte währt, und die Nacht<br />
Wiederum tausend Jahrhunderte 56 .<br />
Es dämmert der Tag, und alles im Schlaf geborgene Leben<br />
Kommt hervor und tritt in Erscheinung, erkennbar sterblich.<br />
Nacht sinkt herab, und alles löst sich auf<br />
In den schlafenden Keim des Lebens.<br />
So entsteht Leben, o Prinz, erscheint unaufhörlich,<br />
Sich lösend im Dunkel und mit dem Tag wiederkehrend,<br />
Zurück zu neuer Geburt, neuem Tod,<br />
Ganz unausweichlich: Es tut, was es muss.<br />
56 Siehe Anhang I<br />
85
Doch hinter dem Offenbaren und dem Nichtoffenbaren gibt es ein Sein, das ewig ist<br />
und wandellos. <strong>Die</strong>s wird nicht zerstört in der großen kosmischen Auflösung. Das<br />
Nie-Offenbarte, das Unvergängliche ward es genannt. <strong>Die</strong>s zu gewinnen, gilt als der<br />
größte aller Gewinne. <strong>Die</strong>ses ist mein höchster Zustand des Seins. <strong>Die</strong> ihn erlangen,<br />
erkennen die höchste aller Weisheiten und erschauen in sich mich selbst.<br />
Doch lässt dieser höchste Zustand des Seins – dem Wohnen in mir durch Selbsterkenntnis<br />
– nur erreichen in völliger Achtung dessen, in dem alle Schöpfung beruht<br />
und alle Schöpfung durchdringt.<br />
<strong>Die</strong> Schriften sagen, es könne gar viel Verdienst erworben werden durch Studium der<br />
Veden, Vollzug ritueller Opfer, durch Üben von Enthaltsamkeit und durch das Almosenspenden.<br />
– Der Yogi aber, der meine Lehre verstanden hat, gewinnt viel mehr als<br />
jene, die dies alles tun. Er wird innerlich zur Weltenquelle gelangen und mich in sich<br />
erkennen.<br />
86
Neuntes Kapitel<br />
Der Yoga der heiligen Geheimnisse<br />
Da Du mir zustimmst,<br />
Nicht mit mir rechtest,<br />
Will ich Dir sagen<br />
Das tiefste Geheimnis:<br />
Gotteserkenntnis<br />
<strong>Die</strong> mehr ist als Wissen<br />
<strong>Die</strong> offene Innenschau,<br />
Plötzlich, unmittelbar.<br />
Erfasse sie recht und<br />
Sei frei auf immer<br />
Vom Elend der Täuschung<br />
Und dem Rad der in ihr wohnenden<br />
Selbstgeschaffenen Verelendung<br />
Durch die karmische Kette von<br />
Verleumdungen und Sinnesverkehrung.<br />
<strong>Die</strong>ses ist von allen<br />
<strong>Die</strong> höchste Erkenntnis,<br />
<strong>Die</strong> Läuterin und Königin<br />
Aller Geheimnisse,<br />
<strong>Die</strong> nur dem Auge<br />
Des Mysten sich auftut.<br />
Groß ist ihr wert<br />
Und leicht, sie zu üben.<br />
Sie führt den Menschen<br />
Zur ewigen Wahrheit.<br />
Wer in dieser Erkenntnis<br />
Nicht Glauben kann schenken,<br />
Wird nimmer mich und sich finden.<br />
87
<strong>Die</strong>ses ganze Weltall ist von mir durchdrungen auf jene ewige Weise, die<br />
sich den Sinnen nicht offenbart. Bin ich auch nicht körperlich in den Geschöpfen,<br />
so sind doch alle Geschöpfe in mir. Ich sage nicht, dass sie<br />
körperlich in mir wohnen. <strong>Die</strong>s ist mein göttliches Geheimnis, doch<br />
musst Du versuchen, es seinem Wesen nach zu erfassen:<br />
Mein Sein erhält die Geschöpfe alle, ist Ursache<br />
zu ihrer Geburt und steht doch nicht in<br />
leiblicher Fühlung mit ihnen.<br />
So wie die Luft weltenweit wandert,<br />
Ewig im Reiche des Raumes verharrt,<br />
So bleiben meine Geschöpfe, die wandelnden,<br />
Wo sie auch sind, stets in mir.<br />
Wenn der Kreislauf der Zeit sich erfüllt hat,<br />
Rufe ich sie zurück in den Samen des Werdens,<br />
Und sende sie wiederum aus,<br />
Wenn die Stunde der Schöpfung schlägt.<br />
Preisgegeben sind sie, denn Maya ist ihre Meisterin.<br />
Und ich, ihr Herr, bin Meister der Maya.<br />
Immer wieder sende ich diese Vielheit<br />
Aus meinem Sein hervor.<br />
Wie könnte mein Tun mich binden,<br />
Mich, den die Früchte nicht kümmern?<br />
Tritt doch der Geist beiseite<br />
Und überwacht Maya, die Schöpferin.<br />
Maya bringt alles hervor, das Bewegte, das Starre.<br />
Oh, Sohn der Kunti, darum wirbelt die Welt<br />
Dreht sich das Rad durch Geburt<br />
Und durch Zerstörung.<br />
Toren gehen blind an meinem Wohnort<br />
Hier in der menschlichen Form vorüber,<br />
Nichts ahnend von meiner Erhabenheit,<br />
Von mir, meiner Allmacht und ihrer Seele.<br />
Eitel ist ihr Hoffen, eitel ist ihr Mühen und ihr<br />
Wissen, All Verstand nichts als Verwirrung,<br />
88
Ihr Wesen ist ganz dem Wahnsinn<br />
Der Ungeheuer und Teufel verfallen.<br />
Groß ist Jener, der durch die Erkenntnis meiner,<br />
den Anbeginn und im Tode den Wandel erkennt:<br />
Der nimmer wankenden Seele.<br />
Mit Herz und Mund preist er mich stetig.<br />
Nach Tugend, die mich gewinnt, hinstrebend,<br />
Seinen Gelübden treu:<br />
In seiner Erkenntnis um mich und sich<br />
Erlischt in ihm die Täuschung.<br />
<strong>Die</strong> mich in allem erkennen<br />
Und die sich vor zahllosen Göttern verneigen,<br />
<strong>Die</strong> nichts anderes sind, als die zahllosen<br />
Meiner Millionen Gesichter erkennen:<br />
Ich bin der Vater der Welt.<br />
Ich bin es, der jedem die Frucht<br />
Seiner Arbeit gewährt.<br />
Ich bin die unumschränkte Erkenntnis.<br />
Ich liege unter dem Sichtbaren<br />
Und bin aller Geschöpfe Samen:<br />
Der Wandellose.<br />
Ich bin der Sonne Glut und auch die Hitze des Feuers. Ich bin das Zeitlose<br />
und immerdar. Ewiglich Leben und Tod. Ich bin die Kraft im Regen und halte<br />
ihn zurück:<br />
Arjuna:<br />
Ich bin der Kosmos,<br />
der Offenbarte<br />
und in seinem Keim der Verborgene.<br />
Der sich durch die Kräfte der Erkenntnis<br />
Und der Einsicht selbst erkannt hat,<br />
versteht, dass Geburt und Tod<br />
Eine Spanne ist, die mich verwirklicht.<br />
Doch wer mit gesammeltem Sinn treulich mich in sich selbst durch Selbstversenkung<br />
sucht, wer jeden Augenblick sich treu auf dem Pfade der Erkenntnis<br />
wandelt, wird mich mit der Zeit durch Wandel und Erkenntnis in sich erfahren.<br />
89
Was immer das Tun sei,<br />
Deine Mahl, Deine Andacht –<br />
Welche Gabe auch immer<br />
Du anderen gibst,<br />
Was Du gelobest<br />
Dem geistlichen Werke,<br />
Bringe dieses alles<br />
Selbstverständlich und im<br />
Grunde der Erkenntnis dar.<br />
Verhafte Deinen Geist, Dein Leben, Dein Sinnen und Dein Streben nicht an<br />
diese vergängliche Welt, dem Samsara 57 . Wenn solcherart Du Dein Herz mir<br />
zuwendest, dann wirst Du eingehen in mein ewiges Wesen.<br />
57 Wandelwelt<br />
90
Zehntes Kapitel<br />
Göttliche Herrlichkeit<br />
Sri Krischna:<br />
Noch einmal, Krieger,<br />
Höre dieses höchste<br />
Wort meiner Weisheit:<br />
Dein Bestes wünschend,<br />
Lehre ich es Dich,<br />
Da sich Dein Herz<br />
An dieser Botschaft erfreut.<br />
Wie können die mächtigen<br />
Seher und Devas<br />
Wissen von meinem Beginn?<br />
Ich bin der Ursprung,<br />
Ich der Erhalter<br />
Der Seher und Devas.<br />
Wer mich geburtlos weiß,<br />
Nimmer beginnend,<br />
Herr aller Welten,<br />
Der nur ist makellos<br />
Unter den Sterblichen,<br />
Täuschungen nicht unterworfen.<br />
Alles dieses ist des Menschen<br />
Vielfaches Wesen:<br />
Erkenntnis und Fähigkeit<br />
Zur tiefen, vom Irrtum<br />
Unumdunkelten Einsicht,<br />
Seelenruhe,<br />
Beherrschung der Sinne,<br />
Seligkeit, Kummer,<br />
Geburt und Zerstörung,<br />
Was fürchtet, was furchtlos ist,<br />
Was kein Geschöpf schädigt,<br />
91
Unschreckbarer Sinn,<br />
Zufriedenes Herz,<br />
Unbeugsamer Wille,<br />
<strong>Die</strong> Hand des Spenders,<br />
Ehre und Ruhm<br />
Und ebenso Schande:<br />
Einzig durch mich<br />
Wird dieses alles verteilt.<br />
Mein Wesen brachte hervor<br />
<strong>Die</strong> sieben Weisen,<br />
<strong>Die</strong> Alten Vier<br />
Und schließlich die Manus:<br />
So gab ich Leben<br />
Den ersten Erzeugern<br />
Der Erdenkinder.<br />
Wer wahrlich mich kennt<br />
Im vielfältigen Sein<br />
Stets gegenwärtig<br />
Und alles beherrschend,<br />
Wohnt meinem Yoga,<br />
Stets unerschütterlich inne:<br />
Dessen sei sicher.<br />
Ich bin, wo alles begann, der Ausgangspunkt der Geschöpfe, dem Weisen in<br />
seiner Liebe bekannt, wenn er verehrt mit überströmendem Herzen:<br />
Sinne und Sinn sind gelöscht.<br />
Ich allein bin der Gegenstand ihrer Gespräche:<br />
So einander erfreuend, leben in Wonne<br />
sie und in Zufriedenheit,<br />
Überall meiner Gewahr und stets in Erkenntnis mir<br />
ergeben:<br />
Darum führt sie der Strom ihres erleuchteten Denkens<br />
alle Zeit zu mir.<br />
Dort im unweisen Herzen wohne ich durch die Huld<br />
meiner Gnade:<br />
Ich bin die Weisheit, die leuchtende,<br />
alles Dunkel verscheuchende Lampe.<br />
92
Arjuna<br />
Du bist Brahman, die höchste Stätte, das Allerheiligste. Jeder Weise kündet<br />
von Deiner Ewigkeit, Herr der Devas 58 . Fromm wusste Narada geburtlos Dich<br />
und allgegenwärtig. Devala Sang Lob und Preis Dir, Asita auch und Vyasa 59 :<br />
Nun ward hörend auch ich, denn Deine eigenen Lippen haben es mir bestätigt,<br />
Krischna, dies ist die Wahrheit, Du sagst es. Mein Herz gebietet mir, Dir zu<br />
glauben.<br />
Herr der Welten, Lebensquell, oh Inwendigkeit aller Geschöpfe, wie könnte<br />
Deva oder Titan erkennen Deiner Herrlichkeit gänzliche Weise?<br />
Du allein weißt, was Du bist, dank dem Licht Deines innersten Wesens:<br />
Deshalb lehre mich jetzt und halte kein Wort Deiner Rede zurück.<br />
Keine aus der Gesamtheit Deiner Gestalten,<br />
mit denen Du die drei Welten durchdringst.<br />
Krishnas Selbstdarlegung gegenüber Arjuna<br />
58 Weisen<br />
59 Alte Weise<br />
93
o Lehre mich, wie Du Dich zu erkennen gibst meiner Inbrunst. Zeige mir, in<br />
welcher Form und Verkleidung Dich zu erkennen ich lernen muss.<br />
o Zähle sie mir auf, Deine himmlischen Mächte und alle Deine Offenbarungen.<br />
o Sprich: Denn jedes Wort ist unvergänglicher Nektar, dessen ich nimmer<br />
müde werde!<br />
Sri Krischna:<br />
Oh, Arjuna, wahrlich, ich will Dir alle meine göttlichen Offenbarungen weisen.<br />
Doch will ich nur die gewichtigsten Dir davon nennen. Denn von den kleineren<br />
und ihren Einzelheiten zu sprechen, fände ich kein Ende.<br />
Ich bin der Atman, der im Herzen alles Geschaffenen wohnt. Ich bin der Beginn,<br />
des Lebens Spanne und auch sein Ende.<br />
Vischnu, der Erhalter des Lebens in der philosophischen Trinität des Hinduismus.<br />
<strong>Die</strong> Abbildungen gelten als Metapher. Eigentlich gilt bei allen Betrachtungen die<br />
Urkraft der Schöpfung – nämlich das Nirwana – ein Synonym, dass gleichsam die<br />
Schöpfung allesamt wiedergibt: <strong>Die</strong> des Universums, die Geburt, die Gedanken,<br />
die Handlungen...<br />
Das Nirwana – das Nichts – ist die Quelle der Schöpfung<br />
94
Ich bin Vischnu. Ich bin die strahlende Sonne. Von den Sinnen bin ich der Sinn. Ich<br />
bin das Bewusstsein in allem Lebendigen. Ich bin der Tod, der die Frucht des Handelns<br />
zerstückt. Ich bin die Zeit und bin doch zeitlos. Im Gemisch bin ich das Verbindende.<br />
Ich bin der Tod, der alles wegrafft. Und ich bin der Quell, aus dem alles Leben hervorgeht.<br />
Ich bin die Herrlichkeit, Glück und Gedeihen, Gedächtnis, Vernunft, Verstand, Standhaftigkeit<br />
und Verständnis und damit die Erkenntnis an sich.<br />
Oh, Arjuna: Ich bin der göttliche Samen allen Lebens. Nichts besteht ohne mein innewohnendes<br />
Vermächtnis!<br />
Meinen Offenbarungen sind keine Grenzen gesetzt, noch können sie aufgezählt<br />
werden.<br />
Was immer in dieser Welt mächtig ist, schön oder erhaben, wisse, es entspringt aus<br />
meiner mir innewohnenden Allmacht!<br />
Wisse Arjuna: Ich bin das kausale Vielfache. Und wisse, dass ich die Ursache des<br />
Universums bin und derjenige, der das Weltall zusammenhält. Ich bin alles: Erkenne<br />
mich durch den Yoga: Erkenne, dass ich es bin, der in Dir lebt! Befreie Dich von der<br />
Täuschung, in dem Du Dich und damit mich erkennst: Das ist die höchste Weisheit<br />
und das größte Wissen. Nur dem Menschen wird sie derart bewusst zuteil und durch<br />
den Yoga erlangbar. Mich zu erkennen, die Inwendigkeit und die Schöpfung, die Zeit<br />
und das in ihr enthaltene Leben.<br />
Nun ist über die Zeitalter des Karma das menschliche Bewusstsein entstanden und<br />
der Mensch dadurch befähigt, mich zu erkennen. Und damit sich selbst in der Ungeschiedenheit<br />
der Erkenntnis. Denn wisse: Ich bin Alles. Suche derart mich in Dir zu<br />
erkennen.<br />
95
<strong>Die</strong> Schau Gottes in seiner allumfassenden Gestalt<br />
Arjuna:<br />
In Deiner Gnade hast Du mich die Wahrheit über den Atman gelehrt. Deine Worte<br />
sind geheimnisvoll und hehr. Mein Unwissen haben sie zerstreut.<br />
Durch Dich, des Augen wie die Lotosblumen sind, habe ich von Ursprung und Vergehen<br />
aller Kreatur und Deiner eigenen endlosen Herrlichkeit erfahren.<br />
Oh, höchster Herr, Du bist, wie Du Dich selbst beschreibst; kein Zweifel ist in mir<br />
mehr. Doch sehn’ ich mich danach, zu schauen Dein göttliches Wesen.<br />
Wenn Du mich dessen wert erachtest, so offenbare mir, oh Meister aller Yogis, Deinen<br />
wandellosen Atman.<br />
Sri Krischna:<br />
So siehe, oh Prinz, denn meine göttlichen Gestalten, die vielen Hunderttausende, an<br />
Art, an Farbe und an Form verschieden.<br />
Nehme wahr die Adityas, die Vasus, die Rudras, die Aswins und die Maruta 60 . <strong>Die</strong><br />
vielen Wunder nehme wahr, oh Spross der Bharata, die noch kein Mensch je geschaut.<br />
Oh Überwinder der Trägheit, noch heute sollst Du das Weltalle mit allem Beseelten<br />
und Unbeseelten als Eins in mir erfahren. Doch nicht mit Menschenaugen wirst Du<br />
mich innerlich erfahren können. Darum eröffne ich Dir die Fähigkeit, meiner durch<br />
Deine Innenschau gewahr zu werden.<br />
Sandschya:<br />
Dann, oh König, nachdem Sri Krischna, Meister aller Yogis, diese Worte gesprochen<br />
hatte, offenbarte er Arjuna seine alle Phantasien übersteigende, allgöttliche Gestalt,<br />
sprach aus unzähligen Mündern, blickte aus Myriaden von Augen, bot zahllose, an<br />
Wundern überreiche Anblicke, mit Ornamenten göttlicher Natur geschmückt, himmliche<br />
Waffen aller Arten schwingend, mit Blumenkränzen und mit paradiesischen Gewändern<br />
angetan, gesalbt mit Düften überirdischer Wohlgerüche, voll von Enthüllungen,<br />
hellstrahlend, grenzenlos, allgegenwärtig.<br />
60 Verschiedene Stufen himmlischer Wesen<br />
96
<strong>Die</strong> Schau der göttlichen Inwendigkeit und Kraft<br />
97
Nimm an, es stiegen am Firmament im gleichen Augenblick viele Tausend Sonnen:<br />
So herrlich strahlt die Allgestalt des ewigen Gottes.<br />
Dann sah der Sohn der Pandu das gesamte Weltall in seinen endlosen verschiedenen<br />
Teilen geborgen wie ein einziges Wesen.<br />
Von all den Wundern völlig überwältigt war Arjuna, der Herrscher über mächtigen<br />
Reichtum. Das Haar stand ihm zu Berge. Er weinte ergriffen, dass er in sich die<br />
Weisheit der Weisheiten erfuhr: <strong>Die</strong> Ewigkeit des Brahman.<br />
Tief neigte er sich und die Hände faltend sprach er:<br />
Arjuna:<br />
Ich sehe Brahma, thronend auf dem Lotus, sehe alle Weisen und sehe die<br />
Heiligen.<br />
Allumfassende Gestalt, ich sehe Dich ohne Grenzen,<br />
Endlos reich an Augen, Mündern, Armen, Leibern,<br />
Sehe und finde nicht Ende, Mitte noch Anfang.<br />
Strahlend nach allen Seiten blendest Du das Auge mit Deinem Glanz,<br />
Der sonnengleich leuchtet, wie Feuer ist, glühend und grenzenlos. 61<br />
Das, was wir kennen, bist Du und erhaben, weit über Menschenermessen,<br />
Der Welten sicherer Grund und nimmer wankende Zuflucht,<br />
Wächter des ewigen Gesetzes, des Lebens unsterbliche Seele.<br />
Geburtlos, todlos; Dein ist die allumfassende Kraft, Alles umfassender,<br />
Sonne und Mond sind die Leben spendenden Kräfte auf diesem Planeten,<br />
Auf dem das Leben wandelt. Der Himmel von Erde sondert.<br />
Herrlich und schrecklich lässt Du vor Deiner Gestalt mich erzittern.<br />
Strahlend nach allen Seiten blendest das Auge Du mit Deinem Glanz,<br />
Der Sonnengleich leuchtet wie Feuer ist, glühend und grenzenlos.<br />
Das, was wir kennen bist Du und weit über Menschenermessen erhaben.<br />
Der Welten sicherer Urgrund und niemals wankende Zuflucht,<br />
Wächter des ewigen Gesetzes des Lebens und ihre unsterbliche Seele.<br />
Geburt- und todlos bist Du der Inhalt allen Seins.<br />
Du hauchst die Welten zu Asche,<br />
Füllst des Himmels vier Ecken,<br />
Der Himmel von Erde sondert.<br />
Mit gefalteten Händen gehen die Scharen der Devas<br />
Ein in Dich in Ehrfurcht und Staunen.<br />
Künde mir, wer Du bist und warst von Anbeginn!<br />
In Ehrfurcht neige ich mir vor Dir, oh Herr.<br />
Unerforschlich sind mir Deine Wege.<br />
61 Gegebenenfalls ist dieses eine Anspielung auf die Leben spendende Sonne...<br />
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Sri Krischna:<br />
Ich bin Raum und Zeit und darin enthalten<br />
Geburt, Leben und Tod.<br />
Lässt die menschliche Gemeinschaft ab<br />
Von Vernunft und verständigem Gestalten<br />
Und missachtet das Dharma,<br />
So überwiegt das Raja-Guna im Herzen der Völker,<br />
Das Verlangende, das Gierige und das Ausgrenzende,<br />
geblendet von Eigensucht und verkennend das Dharma.<br />
Weil sie mich nicht zu verstehen suchen,<br />
Sind alle diese Heere zum Sterben bestimmt.<br />
Ob Du kämpfst oder nicht:<br />
Weil sie bar und jenseits von Vernunft und Verstand sind,<br />
geblendet sind nach Besitz und Reichtum,<br />
sind sie darauf aus, Dich und Deine Sippschaft zu morden.<br />
Deshalb kämpfe: Du richtest das Dharma wieder,<br />
und sei deshalb ohne Furcht. 62<br />
Arjuna:<br />
Du bist der Erste, der Höchste, oh uralter Geist.<br />
In Dir liegt der Kosmos geborgen.<br />
Ewigen Wandels voll, gestaltest Du dauernd die Schöpfung.<br />
Vater von allem Geborenen und des Weltalters Vater,<br />
Seie gegrüßt mit allen erdenklichen Grüßen.<br />
Arjuna innehaltend weiter:<br />
Unbedacht nannte ich Dich ‚Krischna’ und lieber ‚Gefährte’<br />
Und hielt den todlosen Gott für meinen sterblichen Freund.<br />
Vermessen vor Liebe, Deiner Größe mir gar nicht bewusst.<br />
Urheber dieser Welt, der bewegten, der unbewegten,<br />
Dir allein gebührt Ehrung, Dir als dem Höchsten.<br />
Wo in allen Welten gäbe es Deinesgleichen? 63<br />
62 Dabei muss ich derart an die Gräuel des ZWEITEN WELTKRIEGES und die Teilung der<br />
Gesellschaftsbündnisse durch den KALTEN KRIEG denken. Das alles hätte nicht sein<br />
brauchen...<br />
63 SRI RAMAKRISCHNA:<br />
‣ Der Gottergebene akzeptiert die drei Gunas. Er sieht, dass es nur Gott ist, der zu<br />
den Naturgesetzen, dem Universum und allen Lebewesen geworden ist.<br />
‣ Wer Gott nicht in sich selbst findet, wird ihn niemals außerhalb von sich selbst<br />
finden. Aber der, der ihn im Tempel der eigenen Seele sieht, sieht ihn auch im<br />
Tempel, welcher dieses Universum ist.<br />
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