ANDY WARHOL - Bilder des Gengenbacher Adventskalenders / Deutsche Ikonen
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MÄNNLICHE PARTYBIENE<br />
IM RAMPENLICHT, UM SICH DARIN<br />
ZU VERSTECKEN · EIN SEHER<br />
EIN MODERNER MEPHISTO<br />
ETWAS VON EINEM HEILIGEN<br />
GEFÜHLLOSER BEOBACHTER<br />
EIN ENGEL · UNANGREIFBARE<br />
UNSCHULD UND DEMUT · RÄTSEL<br />
EHRGEIZIG · LIEBENSWÜRDIG · IN<br />
SICH GEKEHRT · EINDEUTIG<br />
PRÄÖDIPAL · GROSSZÜGIG · MACHT<br />
AUS DER VERLETZLICHKEIT EINE<br />
TUGEND · FASZINIEREND · KÖSTLICH<br />
EXOTISCH · KOMBINATION AUS<br />
EUROPÄISCHER THEATRALIK<br />
UND ECHTER AMERIKANISCHER<br />
ÜBERSPANNTHEIT<br />
NACHTMENSCH · PEINLICH<br />
EKEL · WEISSE HEXE<br />
SUPER- INTELLEKTUELLER<br />
BEGABTER ARTDIRECTOR<br />
GESCHLECHTSLOS · BEDROHUNG<br />
FÜR DIE KUNSTSZENE · DER<br />
MEISTGEHASSTE MENSCH<br />
SEHR MERKWÜRDIG · TOTAL<br />
DESORIENTIERT · STARKER<br />
SCHÖPFERISCHER DRANG<br />
GESPÜR FÜR DAS BÖSE · SICHERER<br />
INSTINKT FÜRS VULGÄRE<br />
MYTHENSCHÖPFER · EIN KIND AUS<br />
EINER ANDEREN WELT<br />
<strong>ANDY</strong> WAR POP, POP WAR <strong>ANDY</strong><br />
BEUYS UND <strong>WARHOL</strong><br />
Die Süddeutsche Zeitung sieht zwei<br />
Superstars auf Augenhöhe: „Beide hatten<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg ihre eigenen<br />
Kriege gegen den althergebrachten Kunstbegriff<br />
geführt – und beide verdienten ihr<br />
Geld mit der scheinbar alchemistischen<br />
Fähigkeit, aus Banalitäten hohe Kunst zu<br />
machen. Während Warhol in den USA die<br />
serielle Reproduktion der immergleichen<br />
wohlbekannten Motive in Angriff nahm<br />
(Stichwort: Tomatensuppendose), revolutionierte<br />
Beuys vom Niederrhein aus die<br />
Kunstwelt, indem er aus Honig, Schrott,<br />
Fett und Filz Kunst machte.“ 5)<br />
1980 berichtet der SPIEGEL in der ihm<br />
eigenen Ironie. „Die so ziemlich letzte<br />
Chance, noch auf Leinwand abgemalt<br />
zu werden, ohne sich vor der zeitgenössischen<br />
Kunst bloßzustellen: Man läßt<br />
– sofern hinlänglich prominent, reich oder<br />
mit dem Künstler befreundet – bei Andy<br />
Warhol arbeiten. Als neuester Teilnehmer<br />
in <strong>des</strong>sen Erlauchten-Reigen präsentiert<br />
sich nunmehr Deutschlands Kunst-Guru<br />
Joseph Beuys. Warhol hat ihn (…) abgebildet,<br />
teils farbig, teils schwarzweiß und mit<br />
Diamantstaub bepudert: für 40.000 und<br />
25.000 Dollar stehen die Konterfeis zum<br />
Verkauf. Im Beisein <strong>des</strong> Porträtisten wie<br />
<strong>des</strong> Porträtierten hat die Warhol-Werkreihe<br />
(…) ihre Weltpremiere. 6)<br />
GOETHE IN DER REIHE<br />
DER MEDIENSTARS<br />
Andy Warhol steht im November 1980<br />
auf Einladung von Verleger Siegfried<br />
Unseld in Frankfurt im Städel vor dem<br />
Goethe-Porträt von Tischbein. Es ist wohl<br />
das prominenteste der Dichter-Bildnisse.<br />
„Eine Ikone bürgerlicher Kultur“, ein Star-<br />
Portrait also. Warhol bringt Goethe somit<br />
in eine Galerie für ihn Gleichrangiger wie<br />
Marilyn Monroe, die Eishockey-Legende<br />
Wayne Gretzky, Beethoven, Mick Jagger.<br />
„Die Heiligtümer der europäischen Kultur<br />
und die Superstars von Hollywood wurden<br />
bei Warhol ästhetisch egalisiert“. Das sei<br />
nicht als Provokation, sondern in der<br />
Naivität <strong>des</strong> Künstlers geschehen, urteilt<br />
Andreas Hansert.<br />
Ausgerechnet der Dichter, dem das Singuläre,<br />
Geniale zumin<strong>des</strong>t in der Wahrnehmung<br />
über viele Epochen hinweg zugeschrieben<br />
wurde, erfährt eine Bearbeitung<br />
vom Protagonisten <strong>des</strong> Seriellen, der die<br />
„maschinelle künstlerische Produktion“<br />
favorisiert.<br />
Bei einem zweiten Besuch Warhols an einem<br />
Sonntag ist Barbara Klemm mit ihrem<br />
Mann zum privaten Museumsbesuch im<br />
Städel und stößt zufällig auf die kleine,<br />
prominente Gruppe mit Direktor Gallwitz.<br />
Da aber die renommierte Fotojournalistin<br />
stets eine Kamera bei sich trägt, gelingt<br />
ihr jenes Foto (S. 46), das selbst wieder<br />
zur Ikone der Künstler-Portrait-Fotografie<br />
wurde. 7)<br />
Reinhard End<br />
1)<br />
Bischofberger, Bruno in: Andy Warhol Fotografien<br />
1976-1987 Kestner Gesellschaft. Hrsg v. Carl Haenlein.<br />
Hannover 2001, S. 19.<br />
2)<br />
Ebd, S. 14ff.<br />
3)<br />
Vgl. Andy Warhol, herausgegeben von Karl Egon<br />
Vester Kunstverein Hamburg 1987. S. 95.<br />
4)<br />
Bischofberger, Bruno in: Hubert Burda „Kunst und<br />
Medien“, Festschrift zum 9. Februar 2000, hrsg. von<br />
Judith Betzler. München 2000. S. 156f.<br />
5)<br />
Süddeutsche Zeitung, dem Internet entnommen am<br />
25.10.2016, erstellt am 25.01.2011.<br />
6)<br />
Der SPIEGEL, dem Internet entnommen am<br />
25.10.2016, erstellt am 24.03.1980.<br />
7)<br />
Vgl. Andreas Hansert in: Andy Warhol. Goethe Serigraphien,<br />
1982 Galerie Uwe Opper. Kronberg 2000.<br />
Unvollständige Sammlung von Warhol zugeschriebenen<br />
Eigenschaften und Merkmalen in:<br />
Bockries, Victor: Andy Warhol. Düsseldorf 1989.<br />
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