La Vida Magazin Ausgabe: Mai - Aug. 2016
La Vida ist Ihr Magazin und Online-Portal für Angebote aus den Bereichen Gesundheit, Therapie und Coaching, Kreativität und Lebenskunst in der Region Freiburg-Lörrach-Offenburg.
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18<br />
eine intakte Umwelt. Es gibt viele Menschen, die<br />
das Rauchen oder Fleisch-Essen hinter sich gelassen<br />
haben und es dann den Anderen nicht gönnen,<br />
sich moralisch überlegen fühlen. Das kann<br />
wie bei einer Religion mit Schuldgefühlen (wegen<br />
des Verlangens), Sünden (die eine Zigarette oder<br />
die Salami auf der Pizza) und Buße (strengerem<br />
Fasten) einhergehen. Wenn wir uns fragen, was<br />
ein gutes Leben ist, dann gehört dazu doch auch<br />
der gemeinsame Genuss von Essen. Gemeinsame<br />
Mahlzeiten. Genießen heißt auch mal fünf gerade<br />
sein lassen können, wie z.B. die vegane Enkelin,<br />
die bei der Oma den nicht-veganen Kuchen isst,<br />
weil sie keinem Dogma unterliegt. Weil sie nicht<br />
fürchtet, dass sie so nicht in den Himmel kommt.<br />
Außerdem hätte es keinen gesundheitlichen Vorteil,<br />
außer sie hätte eine Hühnereiallergie.<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Sich an eine gesündere oder ethischere<br />
Ernährung zu gewöhnen, das benötigt ja eine gewisse<br />
Konsequenz. Nur wird man so auch schnell<br />
rigide, nicht wahr?<br />
AvR: Der Philosoph Epikur soll gesagt haben,<br />
dass das Maß halten nicht maßlos werden dürfe.<br />
Ich möchte beispielsweise ethisch leben und wenig<br />
Fleisch essen. Wenn ich aber ein begeisterter<br />
Fleischesser bin und gönne mir ab jetzt kein<br />
Fleisch mehr, dann würde ich verkniffen. Wäre<br />
das wünschenswert? Aber wenn ich einmal oder<br />
auch zweimal in der Woche eine Ausnahme mache,<br />
dann wird dieser Sonntagsbraten ein richtiges<br />
Fest!<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Das wäre sozusagen der „mittlere Pfad“.<br />
Vielleicht gibt es deshalb viele Flexitarier, also fl e-<br />
xible oder Teilzeit-Vegetarier.<br />
AvR: Das ist möglich. Es darf jedenfalls nicht der<br />
einzige Weg in den Himmel sein, das Fleisch ganz<br />
wegzulassen. Das wäre sehr traurig.<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Aber die weltweite Umstellung hin zu einer<br />
veganen Ernährung sei laut Umweltprogramm<br />
der Vereinigten Nationen entscheidend, um die<br />
Welt vor Hunger, Armut und den schlimmsten<br />
Auswirkungen des Klimawandels zu schützen.<br />
AvR: Ja schon. Aber wenn ich ein ethisches Programm<br />
aufstellen würde, dann gehörten dazu<br />
auch: kein industrieller Fischfang mit Schleppnetzen,<br />
keine Abholzung zum Sojaanbau, keine<br />
Brandrodung für Palmölanbau, Erhaltung des Urwaldes,<br />
keine Monokulturen, keine Massentierhaltung,<br />
aber auch keine Kurz- und <strong>La</strong>ngstreckenfl<br />
üge, keinen Lufttransport von Lebensmitteln,<br />
keine Spekulation mit Lebensmitteln und noch<br />
vieles mehr --- denn das ist streng genommen alles<br />
unethisch. Wenn wir aber Tiere essen wollen,<br />
dann gehören sie achtsam getötet. Im Vorfeld gut<br />
behandelt, auf Weidefl ächen artgerecht gehalten,<br />
später gut betäubt, möglichst ohne Angst zu<br />
erzeugen getötet. Dann könnte man aus meiner<br />
Sicht auch in ethischer Weise Fleisch essen.<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Aber es werden für die Fleischerzeugung<br />
viele Ressourcen verbraucht, viel CO2 erzeugt.<br />
AvR: Ja, aber man muss auch genau hinschauen:<br />
Die meisten Menschen auf dieser Erde sind nicht<br />
freiwillig Vegetarier, sondern weil sie zu arm sind.<br />
In Deutschland ist es hip vegan zu leben, wenigstens<br />
ein paar Tage in der Woche. Das ist erfreulich<br />
für die Tiere und es macht einen kleineren<br />
CO2-Ausstoß. Es ist jedoch nicht zwangsläufi g<br />
gesund.<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Wir essen in gesundheitlicher Hinsicht<br />
allerdings durchaus zu viel Fleisch und Milchprodukte,<br />
zumindest laut China Study?<br />
AvR: Diese Studie bzw. das Buch von Campbell<br />
enthält viele Fehler, Lücken und falsche Schlussfolgerungen,<br />
das wäre ein ganz eigenes Thema.<br />
Es enthält jedoch viele verständliche Argumente<br />
für vegane Kost, denn auch laut DGE essen wir zu<br />
viel Fleisch. Dr. Nicolai Worm sagt andererseits,<br />
man könne so viel Fleisch essen, wie man will,<br />
wenn es nur begleitet sei von viel Gemüse.<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Gibt es denn einfache Leitlinien für eine<br />
gesunde Ernährung hier bei uns?<br />
AvR: Die DGE hat 10 Ernährungsregeln, die gut<br />
sind, und auch von Flexi-Carb gibt es 12 sinnvolle<br />
Regeln.<br />
<strong>La</strong> <strong>Vida</strong>: Das ist ein bisschen viel für dieses Interview,<br />
das kann man ja bei näherem Interesse im<br />
Internet nachschauen. Der Flyer „Freiburg is(s)t<br />
für Klimaschutz“ spricht vom „Pfl anzlichen Basisteller“:<br />
Die Hälfte des Tellers jeder Mahlzeit sollte<br />
aus Gemüse und/oder Obst bestehen, ein Viertel<br />
mit vollwertigen Kohlenhydraten und das letzte<br />
Viertel mit Eiweißträgern wie Sojaprodukten oder<br />
Hülsenfrüchten. Und das habe ich auch schon