Programmheft als PDF - Staatskapelle Dresden
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8. Kammerabend<br />
Saison 2011 | 2012
mi 04.04.12 20 uhr | semPeroPer dresden<br />
8. Kammerabend<br />
Kammermusikaustausch mit dem<br />
Gewandhausorchester Leipzig<br />
Ausführende<br />
Reinhold Quartett<br />
Dietrich Reinhold und Tobias Haupt VioLine<br />
Norbert Tunze VioLa<br />
Christoph Vietz VioLonceLLo<br />
Rainer Hucke KontRabass<br />
Thomas Ziesch KLaRinette<br />
Ralf Götz HoRn<br />
Albert Kegel FaGott<br />
Joseph Haydn<br />
( 1 7 3 2 -1 8 0 9 )<br />
streichquartett d-Moll Hob. iii:76<br />
»Quintenquartett«<br />
1. Allegro<br />
2. Andante o più tosto allegretto<br />
3. Menuetto. Allegro ma non troppo<br />
4. Vivace assai<br />
Pause<br />
Franz Schubert<br />
(1797-1828)<br />
oktett für Klarinette, Horn, Fagott,<br />
streichquartett und Kontrabass<br />
F-Dur D 803<br />
1. Adagio – Allegro<br />
2. Adagio<br />
3. Allegro vivace<br />
4. Thema mit sieben Variationen. Andante<br />
5. Menuetto. Allegretto<br />
6. Andante molto – Allegro
Zum Programm<br />
Im diesjährigen Kammermusikaustausch mit dem Gewandhausorchester bringen<br />
die Leipziger Gäste zwei Gipfelwerke der Kammermusik zu uns, die sowohl in ihrer<br />
eigenen Tradition <strong>als</strong> auch in derjenigen des Dresdner Tonkünstler-Vereins schon<br />
sehr lange verankert sind. Diesen Werken wieder zu begegnen verspricht aber<br />
umso mehr Genuss, <strong>als</strong> man sie doch leider immer seltener hört.<br />
Von Joseph Haydn erklingt das <strong>als</strong> op. 76<br />
Nr. 2 bekannt gewordene Streichquartett,<br />
das zu einer Gruppe von sechs Quartetten<br />
gehört, welche ihr Autor auf Bestellung<br />
des ungarischen Grafen Joseph<br />
Erdődy 1797 komponiert hat. Über die<br />
ersten Aufführungen ist wenig bekannt,<br />
Haydns originale Niederschriften sind<br />
sämtlich verschollen. 1799 gab Haydn<br />
Drucklegungen in Auftrag, und zwar<br />
etwa gleichzeitig in Wien und in London.<br />
Von da an wurden die Quartette ebenso<br />
rasch bekannt, wie sie allgemeine Bewunderung<br />
auslösten. Sie repräsentieren<br />
Haydns Spätstil und verbinden kompositorische<br />
Meisterschaft mit Tiefe und<br />
Dichte der inhaltlichen Aussage. Nichts<br />
dient hier mehr der freundlich-heiteren<br />
Unterhaltung, sondern Ausführenden wie<br />
Hörern wird abverlangt, sich dieser Musik<br />
intensiv zuzuwenden.<br />
Das »Quinten-Quartett« zählt schon<br />
aufgrund der Tonart d-Moll, die auch bei<br />
Mozart für Tragisches, ja sogar Dämonisches<br />
steht, zu den besonders ernsten<br />
und gewichtigen Werken seiner Art. Die<br />
zwei aufeinander folgenden Quintenschritte,<br />
anfangs von der Violine I vorgetragen,<br />
durchziehen nicht nur den gesamten<br />
ersten Satz, sondern bestimmen, mehr<br />
oder weniger deutlich heraushörbar, im<br />
Grunde das gesamte Quartett. Nun sind<br />
Quint-Intervalle in der tonalen Musik ganz<br />
selbstverständlich und normalerweise<br />
ohne thematisch-motivische Bedeutung.<br />
Anders bei diesem Haydn-Quartett: Hier<br />
ist es die Konsequenz ihrer Verwendung<br />
in allen Sätzen – <strong>als</strong> »leerer« Sprung oder<br />
melodisch ausgefüllt, fallend oder steigend<br />
–, die alle Zufälligkeit ausschließt.<br />
Allerdings ist diese Verwendung noch<br />
mehr augen- <strong>als</strong> ohrenfällig und geht am<br />
deutlichsten aus dem Notenbild hervor. Interessant,<br />
dass Haydn im ersten Satz kein<br />
zweites Thema einführt, sondern allein<br />
die Quinten verarbeitet.<br />
Das Andante beginnt wie ein Variationensatz,<br />
doch erweist sich das liedartige<br />
Thema (worin die Quinte ständig präsent<br />
ist) <strong>als</strong> erster Teil einer A-B-A’-Form, worin<br />
der B-Teil eine modulierende Fortspinnung<br />
von A und nur A’ eine ornamentale<br />
Variation von A bildet. – Das Menuett<br />
erscheint <strong>als</strong> streng gearbeiteter Kanon:<br />
Die Violinen beginnen im Oktavabstand,<br />
Bratsche und Violoncello folgen ebenfalls<br />
im Oktavabstand. Dem gegenüber ist das<br />
in Dur stehende Trio von homophon hämmernden<br />
Akkorden geprägt, die zwischen<br />
piano und fortissimo große Spannungen<br />
aufbauen. – Das Finale schließlich, in<br />
einem für Haydn typischen Piano beginnend,<br />
schwankt ein wenig zwischen<br />
Sonaten- und Rondoform und knüpft mit<br />
den hämmernden Ton- und Akkordrepetitionen<br />
an das Trio des Menuetts an.
Auch Franz schuberts Oktett in F-Dur<br />
verdankt einem adligen Auftraggeber<br />
seine Entstehung. Ferdinand Graf Troyer,<br />
Obersthofmeister des Erzherzogs Rudolph,<br />
begeisterte sich für die Klarinette<br />
und spielte 1824 in seiner Wiener Wohnung<br />
bei der ersten privaten Aufführung<br />
des Schubertschen Werkes selbst den<br />
Klarinettenpart. Als erster Violinist war<br />
der berühmte Ignaz Schuppanzigh gewonnen<br />
worden, wohlbekannt <strong>als</strong> Interpret<br />
Beethovenscher Streichquartette. Er<br />
betreute drei Jahre später auch die erste<br />
öffentliche Aufführung des Oktetts von<br />
Schubert, diesmal aber ausschließlich im<br />
Verein mit professionellen Musikern. Sie<br />
führte bei einem Wiener Kritiker zu dem<br />
Urteil: »Herrn Schuberts Composition<br />
ist dem anerkannten Talente des Autors<br />
angemessen, lichtvoll, angenehm und<br />
interessant; nur dürfte die Aufmerksamkeit<br />
der Hörer durch die lange Zeitdauer<br />
vielleicht über die Billigkeit in Anspruch<br />
genommen seyn …«.<br />
Dem ist heute zu widersprechen: Weder<br />
ist das Werk »lichtvoll« noch – trotz<br />
einer Aufführungsdauer von einer Stunde<br />
– zu »lang«. Schuberts Zeitgenossen<br />
jedoch fühlten sich überfordert, und so<br />
erschien noch 1853 die erste (!) Druckausgabe<br />
ohne die Sätze 4 und 5. Dam<strong>als</strong><br />
hatte Robert Schumann längst das Wort<br />
von »Schuberts himmlischen Längen«<br />
geprägt, das er für die »große« C-Dur-<br />
Symphonie D 944 fand.<br />
Das Oktett, wohl <strong>als</strong> ein Pendant zu<br />
Beethovens Septett op. 20 aus dem Jahre<br />
1799 gedacht und diesem gegenüber<br />
in der Besetzung nur durch eine zweite<br />
Violine vermehrt, erinnert mit seiner<br />
Vielsätzigkeit noch an die Serenaden<br />
und Cassationen des 18. Jahrhunderts,<br />
entfernt sich aber weit von deren unterhaltsamem<br />
Charakter. Selbst Beethovens<br />
Septett, dessen sechssätzigem Aufbau<br />
Schubert (mit Vertauschung der Plätze<br />
für Scherzo und Menuett) genau folgte,<br />
ist dem Serenadencharakter noch verhaftet.<br />
Der 27-jährige Schubert indessen befand<br />
sich in einer Lebenskrise, <strong>als</strong> er sein<br />
Oktett schuf, denn um diese Zeit hatten<br />
einige seiner engsten Freunde Wien verlassen,<br />
und Schubert litt unter Vereinsamung.<br />
Seiner inneren Verfassung verlieh<br />
er Ausdruck mit seiner Musik.<br />
Beginnt das Oktett noch, nach<br />
langsamer Einleitung, mit einem energischen<br />
Sonatensatz, der zwei auseinander<br />
hervorgehende Themen ausgiebig<br />
durchführt, so breitet sich im folgenden<br />
Adagio bereits, zu weitschwingenden<br />
Melodiebögen, eine elegische Stimmung<br />
aus (interessanterweise mit Anklängen<br />
an das zweite Thema des ersten<br />
Satzes). – Das Scherzo findet zur Energie<br />
des ersten Satzes zurück, nur das<br />
weitgehend im Pianissimo gehaltene<br />
Trio gibt sich besinnlicher. – Unter den<br />
Variationen des vierten Satzes, der allen<br />
Mitwirkenden spieltechnisch viel abverlangt,<br />
ist die fünfte in Moll gehalten, und<br />
gegen Ende der sechsten Variation gibt<br />
es einen regelrechten Aufschrei, wie aus<br />
tiefstem Herzen kommend. – Entsprechend<br />
gewichtig wirkt das Menuett, das<br />
nur in seinem Trio zum freundlichen<br />
Menuett-Charakter findet. – Gesteigerte<br />
schmerzliche Ausbrüche eröffnen das<br />
Finale, welches dann mutig-energisch<br />
einen Sonatensatz mit zwei Themen und<br />
einer fast kecken Schlussgruppe vor uns<br />
ausbreitet. Wie um eine Art inneren Sieg<br />
zu zeigen, lässt Schubert den Satzbeginn<br />
nochm<strong>als</strong> anklingen, um dann, mit sich<br />
steigerndem Tempo, den zuversichtlichen<br />
Schluss herbeizuführen.<br />
ortrun Landmann
Mitwirkende<br />
reinhold Quartett<br />
Das Reinhold Quartett, bestehend aus Musikern des Gewandhausorchesters Leipzig,<br />
gründete sich 1996 mit dem Wunsch, gemeinsam zu musizieren und nach eigenen<br />
musikalischen Wegen zu suchen. Wichtige Anregungen bekamen die vier Musiker<br />
durch Karl Suske und Thomas Brandis. Seither gab das Ensemble mehr <strong>als</strong> 140 Quartettabende<br />
im In- und Ausland, die bei Publikum und Kritik gleichermaßen Anklang<br />
fanden. Besondere Höhepunkte waren Konzerte im Leipziger Gewandhaus, in der<br />
Semperoper <strong>Dresden</strong>, ein Janáček-Zyklus in Prag sowie ein Quartettabend im Edvard-<br />
Grieg-Haus in Bergen. Regelmäßig arbeitet das Quartett mit dem Mitteldeutschen<br />
Rundfunk zusammen, der in Live- und Studioproduktionen u.a. Werke von Brahms,<br />
Dvořák, Haydn, Bruckner sowie Felix und Arnold Mendelssohn aufgezeichnet hat.<br />
Bislang liegen zwei CDs mit dem Reinhold Quartett vor, die 2002 und 2006 bei den<br />
Labels Querstand und Genuin erschienen.<br />
rainer hucke Kontrabass<br />
Rainer Hucke studierte an der Musikhochschule Weimar und gewann 1977 den<br />
1. Preis beim Internationalen Musikwettbewerb Markneukirchen. Noch im gleichen<br />
Jahr wurde er Solo-Bassist des Gewandhausorchesters (seit 1978 1. Solo-Kontrabassist).<br />
Viele Jahre unterrichtete er an der Hochschule für Musik Felix Mendelssohn<br />
Bartholdy in Leipzig. Er ist Mitglied des Bayreuther Festspielorchesters<br />
sowie 1. Solo-Bassist des Super World Orchestra Japan.<br />
thomas Ziesch KLarinette<br />
Nach erstem Klarinettenunterricht an der Musikschule Bautzen setzte Thomas Ziesch<br />
seine Ausbildung an der Spezi<strong>als</strong>chule für Musik <strong>Dresden</strong> sowie später an der Hochschule<br />
für Musik Carl Maria von Weber fort. Beim Internationalen Musikwettbewerb<br />
Markneukirchen wurde er mit einem Diplom ausgezeichnet. Seit 1985 ist er Mitglied<br />
des Gewandhausorchesters Leipzig, seit 1989 auch des Gewandhaus-Bläserquintetts.<br />
ralf götz horn<br />
Ralf Götz begann seine musikalische Ausbildung an der Musikschule Gera und an<br />
der Spezi<strong>als</strong>chule für Musik Halle/Saale. Anschließend studierte er an der Hochschule<br />
für Musik Felix Mendelssohn Bartholdy bei Hermann Märker. 1982 und 1984<br />
war er Preisträger des Internationalen Musikwettbewerbs Markneukirchen. 1983<br />
wurde er Mitglied des Gewandhausorchesters.<br />
albert Kegel Fagott<br />
Albert Kegel erhielt ersten Fagottunterricht bei Fritz Goffing in Bremen. Ab 1989<br />
studierte er an der Hochschule für Musik Hannover bei Klaus Thunemann. In dieser<br />
Zeit war er auch Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie. Seit 1992 ist<br />
Albert Kegel Fagottist im Gewandhausorchester.
Vorschau<br />
4. aufführungsabend<br />
dienstag 26.06.12 20 u hr<br />
semPeroPer dresden<br />
Nikolaj Znaider DiRiGent<br />
Bernd Schober oboe<br />
Wolfram Große KLaRinette<br />
Jochen Ubbelohde HoRn<br />
Joachim Hans FaGott<br />
iMpRessuM<br />
Sächsische Staatsoper <strong>Dresden</strong><br />
Intendantin Dr. Ulrike Hessler<br />
Spielzeit 2011|2012<br />
Herausgegeben von der Intendanz<br />
© April 2012<br />
ReDaKtion<br />
Tobias Niederschlag<br />
GestaLtunG unD Layout<br />
schech.net<br />
Strategie. Kommunikation. Design.<br />
DRucK<br />
Union Druckerei <strong>Dresden</strong> GmbH<br />
Felix Mendelssohn bartholdy<br />
»Das Märchen von der<br />
schönen Melusine«,<br />
Konzertouvertüre op. 32<br />
wolfgang amadeus Mozart<br />
Sinfonia concertante für Oboe,<br />
Klarinette, Horn, Fagott und<br />
Orchester Es-Dur KV 297b<br />
Ludwig van beethoven<br />
Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60<br />
textnacHweis<br />
Der Einführungstext von Dr. Ortrun<br />
Landmann ist ein Originalbeitrag.<br />
private bild- und tonaufnahmen<br />
sind aus urheberrechtlichen Gründen<br />
nicht gestattet.<br />
www.staatsKapeLLe-DResDen.De