s'Magazin usm Ländle, 27. November 2016
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KUNSTHISTORISCHES MUSEUM<br />
<br />
Sabina Haag auf der<br />
Orgelemporeder<br />
Wiener Karlskirche.<br />
IhreKarriereführte<br />
sie hoch hinaus.<br />
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gen muss. Wenn es tatsächlich so wäre wie<br />
im Film mit Ben Stiller, dann wäreeswohl<br />
nureine halb so tolle Erfahrung, dennim<br />
Großen und Ganzen ist das ein Sicherheitsrisiko:<br />
Man würde wohl über gewisse<br />
Dinge stolpern, das macht es wohl etwas<br />
unerfreulicher. Und man hat vor allem<br />
nicht das, was die besondere Faszination<br />
des Hauses a<strong>usm</strong>acht. Wir sind ja kein<br />
hässliches White-Cube-Museum, sondern<br />
haben die allerschönsten Räumlichkeiten,<br />
die man sich nur vorstellen kann.<br />
Allein das ist ein Erlebnisfür sich.<br />
Sie leiten das KHM, gehen zum Ausgleich<br />
joggen und trinken zur Entspannung gerne<br />
Champagner in der Badewanne. Gibt es in<br />
Ihrem Leben auch ein wenig Trash?<br />
Oh ja! Ich lese wahnsinnig gerne die<br />
Klatschblätter, die sogenannten Frauenzeitschriften.Nicht<br />
nur beim Friseur!Am<br />
Sonntagauch alle österreichischenTageszeitungen.<br />
UndimFernsehen seheich mir<br />
wohl auch nichtimmer nur die High-Quality-Formate<br />
an. Dazu stehe ich auch.<br />
Manche sind ja immer etwas überrascht,<br />
wennman mich bei Rockkonzerten trifft.<br />
Daheißtesdann oft: „Aber Sieleiten doch<br />
das KHM!“<br />
Das heißt, Sie dürften eigentlich nur Barockmusik<br />
hören?<br />
Ja, das tueich auch leidenschaftlichgern,<br />
aber esgeht um ganzheitliches Erleben.<br />
Mein Leben wäre definitiv ärmer, wenn<br />
ich mich nur in einem schmalenSegment<br />
bewegen dürfte. Inmeinem Leben gibt<br />
Platz für sehrvieles!<br />
Fotos: KRISTIANBISSUTI<br />
Latte Macchiato<br />
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Es ist kalt,regnerisch. Die Wolken hängen tief.Ein<br />
<strong>November</strong>morgen. Vordem Bankgebäudegegenüber<br />
der Bäckerei, wo ich die Brötchen kaufe, steht<br />
ein junger Rom, ein Zigeuner,wie man sagt.Erversucht,die<br />
„Marie“anden Mann zu bringen, die hiesige<br />
Straßenzeitung. Wir kennen uns vomvielen Neinsagen<br />
und Abwimmeln. Er ist hartnäckig. Wenn ich<br />
Kleingeld habe, gebe ich es ihm. Heute habe ich gerade<br />
einen Euround ein paar Cents in der Tasche. Er<br />
sagt,das reiche nicht für einen Latte Macchiato. Das<br />
sehe ich ein. Ich mag stolzeBettler,aber den Zehn-<br />
Euro-Schein rückeich nicht raus. Er macht ein verdrießliches<br />
Gesicht,zeigt auf seine rechte Wange.<br />
Schreckliches Zahnweh habe er.„Komm mit“,sage<br />
ich. Er zögert.„Na, komm schon mit!“<br />
Ich gehe mit ihm zur Bäckerei, die auch ein kleines<br />
Caféunterhält.Esist ein Laden, der gut läuft und gesalzene<br />
Preise hat.Eine Laune fällt mich an: „Was<br />
denken Sie“, spreche ich die Verkäuferin an, „spendiert<br />
die Bäckerei diesem Mann einen Latte?“ Die<br />
junge Frau verzieht ihr Gesicht,aber nicht,weil sie<br />
Zahnweh hat.Sofort steht eine zweite Verkäuferin<br />
da. Auch die Gäste wenden sich uns zu. „Also,meine<br />
Damen“, wiederhole ich meine Frage, „spendiert die<br />
Bäckerei diesem Mann ...?“ Irritation. Das dürfen sie<br />
nicht,wegen der Chefin, eiern die Verkäuferinnen<br />
herum. „Woist die Chefin?“ frage ich. „Überall“,sagt<br />
die eine, nicht um eine schnippische Antwort verlegen.<br />
„Gut,dann beteilige ich mich mit der Hälfte“,<br />
werfeich ein. Nein, das gehe nicht.Dann müssten sie<br />
den Rest aus der eigenenTasche bezahlen, entgegnet<br />
die Schnippische.<br />
Die Irritation schlägt jetzt in das Gefühl um, belästigt<br />
zu sein. Ich nehme meinen Zehn-Euro-Schein aus<br />
der Geldbörse und klatsche ihn auf denTresen. „Bitte<br />
einen Latte Macchiato für den Herrn.“Dann lasse ich<br />
mir herauszählen, gebe den Verkäuferinnen zwei Euro<br />
Trinkgeld.<br />
Man kann das durchaus zynisch nennen. Ist mir<br />
egal. Aber eines ist mir nicht egal: Diese kleinliche<br />
Mentalität in unserem Land.<br />
s’Magazin 9