Sektionsheft 2013 - 2 (.pdf) - Deutscher Alpenverein - Sektion ...
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Aktivitäten<br />
Hochtourenwoche im Ötztal: 6 x 55 plus + Guide Hermann<br />
Vegetarier verzichten nicht<br />
Auf dem Gipfel des Fluchtkogel v. l.: Olaf Ruhfaut,<br />
Klaus Steenweg, Bernd Nagel, Gerald Steenweg, Rainer<br />
Blödorn u. Wolfgang Neuhoff<br />
Die morgendliche Stille wird sanft durch das<br />
Halsgeläut weidender Schafe durchbrochen.<br />
Zum letzten Mal heißt es früh aufstehen, frühstücken,<br />
Zähne putzen, Pickel anschnallen und<br />
Rucksack schultern. Von der Vernagthütte geht<br />
es in Richtung Breslauer Hütte, danach schnell<br />
hinunter nach Vent. Wir überschreiten zuvor<br />
fünf geländerlose Holzbrücken, unter ihnen<br />
schießt das Wasser im Gebirgsbach hinunter.<br />
Mittendrin liegt noch ein kleiner Bergtümpel,<br />
in dem wir viel Leben sehen: Unzählige Kaulquappen<br />
schwimmen unruhig umher, wenn<br />
nur der kleinste geworfene Stein seine Wasserkreise<br />
zieht. Und bei genauerem Hinsehen krabbeln<br />
schon viele kleine Frösche durchs Gras. Die<br />
einzigen, die unbeeindruckt bleiben, sind die<br />
Schafe. Sie blicken nur kurz hoch, als wir passieren,<br />
und grasen gemütlich weiter.<br />
Zuvor waren wir (sechs rund oder über 55jährige<br />
Männer plus Hermann als Hochtourenleiter)<br />
Gäste in anderen Hütten: Samstagabend<br />
erreichen wir die Dortmunder Hütte. Für die<br />
erste Akklimatisation sind 2000 Meter Höhe<br />
genau richtig. Tags darauf schellt der Wecker<br />
früh. Nach dem Frühstück fahren wir weiter<br />
bis Vent im hinteren Ötztal. Hermann Krisa, in<br />
den kommenden sechs Tagen unser Tourenführer,<br />
prüft noch die mitgebrachten Hochgebirgsutensilien<br />
und verteilt das notwendige<br />
Gletschermaterial. Wir verlassen die geparkten<br />
PKW und streben zur Martin-Busch-Hütte. An<br />
diesem ersten Wandertag merken wir noch<br />
jeden Höhenmeter. Der erste Schweiß rinnt<br />
ausreichend den Oberkörper hinab. Die Rucksäcke<br />
lassen uns selbst eine Stunde nach Ankunft<br />
die Schultern noch spüren. Vormittags darauf<br />
ziehen wir weiter. Die Similaunhütte wartet.<br />
Nach etwas mehr als 2 ¼ Stunden sind wir<br />
bereits oben. Trotzdem demotiviert uns unterwegs<br />
der Weg ein wenig. Man sieht die Hütte<br />
und immer haben wir das Gefühl, sie kommt<br />
und kommt nicht näher.<br />
Oben angelangt, ist erst einmal Ruhe angesagt.<br />
Aber Hermann will offensichtlich mit uns<br />
auf den ersten Gipfel. Der Similaun wartet. Erstmals<br />
werden die Steigeisen untergeschnallt, wir<br />
seilen uns an und tragen den Eispickel. Oben<br />
angelangt bleiben wir fast die ganze Zeit unter<br />
uns. Nach der Hüttenrückkehr sehen wir am<br />
inzwischen blauen Himmel den Ortler ganz nah<br />
vor uns, fast zum Greifen.<br />
Der kommende Tag wird anstrengend. Es geht<br />
fast 500 Meter über Geröll hinab und zwischendurch<br />
noch einmal 700 Meter zur Ötzi-Fundstelle<br />
hinauf. Südlich geht es tief ins Schnalstal<br />
nach Südtirol hinab. Der Vernagtsee zeigt<br />
unten sein grünblaues Kleid. Wie immer meint<br />
man, der Rucksack ist wieder einmal falsch<br />
gepackt. Er ist immer zu schwer, insbesondere<br />
für denjenigen, der das lange Seil zusätzlich<br />
tragen muss. Die ursprünglich geplante Spaltenbergungsübung<br />
auf dem Hochjochferner<br />
fällt aus. Dazu fehlen die Spalten. Umso mehr<br />
merken wir das Geröll unter unseren Schuhen<br />
beim Abstieg zum Hochjochhospiz. Das Wort<br />
Hospiz weckt bei einigen Gruppenmitgliedern<br />
die Aufmerksamkeit. Dessen Bedeutung erläutern<br />
uns abends der Hüttenwirt: Das war früher<br />
eine Schutzhütte für in Not geratene Bergwanderer<br />
oder ein Schlafhaus an Bergpässen.<br />
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