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FamilienSPICK (DE)

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++ Erziehung & Schule ++ Aufräumen<br />

hätten vor allem mit der Unordnung im Kinderzimmer zu<br />

tun. Sie fühlen sich dabei nicht selten hilflos und überfordert.<br />

«Kinder haben andere Vorstellungen von Ordnung<br />

als wir Erwachsenen. Die Unordnung im Kinderzimmer<br />

ist ein Symptom für andere Probleme», sagt Regula Röthlisberger.<br />

Die Eltern seien sich manchmal nicht im Klaren,<br />

was sie wollen. Als Folge davon verhalten sie sich inkongruent,<br />

indem das, was sie sagen und von den Kindern<br />

fordern, oft nicht mit dem eigenen Handeln übereinstimmt.<br />

So zum Beispiel auch beim Thema Ordnung und<br />

Sauberkeit. «Kinder spüren diese Diskrepanz sehr schnell<br />

und reagieren darauf, indem sie beispielsweise Regeln<br />

nicht einhalten. Warum sollten sie auch», berichtet die<br />

Elternberaterin.<br />

Eine Frage der Definition<br />

Was genau versteht man unter Ordnung und Sauberkeit?<br />

Und was hat das Kind davon, wenn sein Zimmer immer<br />

aufgeräumt und sauber ist? «Die Definition von Ordnung<br />

ist nicht nur eine Frage des Alters, sondern auch der Kultur.<br />

Es scheint mir, als lege man im deutschsprachigen Kul turraum<br />

generell mehr Wert auf Ordnung und Sauberkeit als<br />

in südlichen Ländern», sagt Regula Röthlisberger. Dass<br />

Ordnung überall unterschiedlich definiert und gelebt<br />

wird, erleben die Kinder etwa auf öffentlichen Spielplätzen<br />

– oder wenn sie andere Kinder zu Hause besuchen. Die<br />

Ordnung im Kinderzimmer ist stets auch ein Ausdruck<br />

der eigenen Persönlichkeit. «Kinder sind von Natur aus<br />

spontane, kreative, neugierige Menschen, die eher mal<br />

etwas liegen lassen», berichtet Regula Röthlisberger.<br />

Erwachsene hingegen seien meist viel strukturierter<br />

veranlagt. Doch es gebe auch Kinder, die von klein auf<br />

pingelig und ordnungsliebend sind. Auf der psychologischen<br />

Ebene wird Ordnung laut Regula Röthlisberger mit<br />

Selbstwertgefühlen in Verbindung gebracht. Wer über ein<br />

mangelndes Selbstwertgefühl verfügt, achtet offenbar<br />

weniger auf Ordnung, weil diese Person mehr nach aussen<br />

hin orientiert ist und dort Bestätigungen sucht.<br />

Recht auf Ordnung und Sauberkeit<br />

Ob ordnungsliebend oder chaotisch veranlagt, Kinder<br />

empfinden es in der Regel als Einmischung, wenn die Eltern<br />

von ihnen verlangen, das Zimmer aufzuräumen. «Dadurch<br />

wird die Persönlichkeit des Kindes verletzt. Es ist deshalb<br />

wichtig, zu respektieren, dass das Kind andere Vorstellungen<br />

von Ordnung und Sauberkeit hat als die Eltern», betont<br />

Regula Röthlisberger. Auf der anderen Seite haben die<br />

Eltern das Recht und die Pflicht, ihre Vorstellungen von<br />

Ordnung und Sauberkeit in jenen Räumen durchzusetzen,<br />

die von der ganzen Familie genutzt werden, zum Beispiel<br />

in der Küche, im Wohnzimmer oder im Bad. Auf diese<br />

Weise lernt das Kind schon früh, gewisse Abgrenzungen<br />

einzuhalten und zu respektieren. Schmutzige Wäsche etwa<br />

hat nichts auf dem Boden zu suchen, ebenso wenig Essbares<br />

im Kinderzimmer. Jacken werden aufgehängt und<br />

nicht in die Ecke geworfen. Schulsachen gehören auf den<br />

Tisch und nicht auf den Boden. «Je früher man damit<br />

beginnt, umso besser funktioniert es», weiss die Elternberaterin<br />

und rät, gewisse Spielzonen im Wohn bereich<br />

zuzulassen, ohne dass sich dabei das ganze Wohnzimmer<br />

in eine Spielwiese verwandelt. Die Eltern seien angehalten,<br />

sich ebenso an die Ordnungsregeln zu halten und Vorbild<br />

zu sein. «Wenn Eltern positiv übers Aufräumen oder<br />

Putzen sprechen, indem sie zum Beispiel das gute Gefühl<br />

in einem sauberen Haus hervorheben, überträgt sich dies<br />

auch auf das Kind. Es erlebt Ordnung und Sauberkeit als<br />

etwas Positives», erklärt Regula Röthlisberger.<br />

Ziele und Feedbackrunden<br />

Verbesserungspotenzial gibt es oftmals auch in der Kommunikation<br />

zwischen Eltern und Kindern. Anstatt das<br />

Kind zu fragen: Könntest du das Zimmer aufräumen?,<br />

sollte man ihm besser mitteilen, was man von ihm erwartet<br />

und eine Frist von drei Tagen dafür gewähren. «Kleinere<br />

Kinder sind hier sicher noch auf eine gewisse Unterstützung<br />

angewiesen. Bei grösseren Kindern bzw. Jugend lichen<br />

empfehle ich eine Feedbackrunde, in der sich alle Beteiligten<br />

zu ihren Forderungen und Meinungen äussern<br />

können», empfiehlt Regula Röthlisberger. Auf diese Weise<br />

lassen sich verschiedene Themen und Aufgaben erledigen,<br />

ohne gleich mit Schimpfen reagieren zu müssen. Bei Kleinkindern<br />

kann das Aufräumen auch spielerisch angegangen<br />

werden. Die Autos werden in die Garage gefahren, die Puppen<br />

gehen schlafen. So macht Aufräumen auch noch Spass.<br />

Ab vier Jahren können Kinder sehr gut selbst für Ordnung<br />

in grösseren Bereichen sorgen – zum Beispiel in der Malecke<br />

oder im Bücherregal. Weniger ist manchmal mehr:<br />

Ein Kind muss nicht in Spielsachen ertrinken. Es empfiehlt<br />

sich, gemeinsam mit dem Kind alte und kaputte Spielsachen<br />

auszusortieren. Manche Spielsachen können auch<br />

vorübergehend im Keller verstaut werden. Oft dauern Kinderspiele<br />

mehrere Tage. Deshalb sollten Eltern nicht darauf<br />

bestehen, dass die mühsam aufgebaute Ritterburg am<br />

Abend schon wieder weggeräumt wird. Allerdings sollte<br />

ein Gang zum Bett frei geräumt werden. Findet das Kind in<br />

seiner Unordnung etwas nicht, muss es selber suchen. Sind<br />

Spielkameraden im Haus, sollen sie beim Aufräumen<br />

helfen.<br />

24 FamilienSpick | 10-2016

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