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Tunesische Erinnerungen<br />

Es war August und seit zwei Wochen stöhnte Hamburg unter der Sommerhitze. Die<br />

Freibäder, Seeufer und Strände waren überfüllt von Menschen, die den stickigen Büros<br />

und Wohnungen entflohen waren und wenigstens für ein paar Stunden eine Abkühlung<br />

suchten.<br />

Ventilatoren waren ausverkauft und die Eisverkäufer schraubten die Preise auf 1,30<br />

Euro pro Kugel hoch.<br />

Tausende von Touristen drängten sich in die klimatisierten Museen und Kaufhäuser<br />

und wer konnte floh an die Nord- oder Ostsee.<br />

Die Luft stand und machte das Atmen zur Qual, besonders in der kleinen<br />

Dachgeschosswohnung, die Marcel und David bewohnten.<br />

Der Thermometer zeigte bereits 32 Grad, obwohl es noch früh am Morgen war.<br />

Marcel stöhnte. Trotz der morgendlichen Dusche war er bereits wieder<br />

durchgeschwitzt und das Hemd klebte ihm am Rücken.<br />

Es half nichts, seinen Boss interessierte es nicht und so nahm er die Schlüssel und zog<br />

leise die Haustür ins Schloss.<br />

Kaum dass er unten Marcels Auto wegfahren hörte, sprang David aus dem Bett.<br />

Heute war Marcels Geburtstag und David hatte etwas ganz Besonderes für ihn<br />

geplant.<br />

Er sah auf die Uhr. Kurz vor acht. Ihm blieb also genug Zeit, um alles vorzubereiten. Er<br />

hatte sich extra dafür freigenommen.<br />

Rasch schlüpfte er in seine Jeans und zog sich ein Poloshirt an. Duschen würde er<br />

heute Nachmittag, denn bis dahin war er bei diesem Wetter mindestens drei Mal durch.<br />

Erst einmal begann er damit, die Möbel im Wohnzimmer zu verschieben, bis er eine<br />

große freie Fläche hatte. Dann saugte er gründlich und breitete den neuen handgewebten<br />

Teppich aus, den er gekauft und hinter dem Sofa versteckt hatte und verteilte ein paar<br />

Kissen mit kunstvollen Stickereien darauf.<br />

Es war eine Riesenaktion gewesen, das sperrige Teil in die Firma liefern zu lassen und<br />

dann ungesehen in ihre vier Wände zu schaffen. Von der Aktion erst einmal etwas zu<br />

finden, das seinen Vorstellungen entsprach einmal ganz abgesehen. Aber zum Glück gab<br />

es ja das Internet und ebay.<br />

Auf das Sideboard und die Fensterbänke stellte er bunte Teelichtgläser und suchte<br />

schon mal die CD für den Abend raus. Orientalische Musik, mystisch-exotisch.<br />

Von der Tür aus betrachtete er sein Werk und war damit zufrieden. Ja, das sah schon<br />

mal gemütlich aus!<br />

Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihn in seiner Vermutung, dass er dafür fast eine Stunde<br />

gebraucht hatte. Er lag also gut in seinem Zeitplan.<br />

Also konnte er sich jetzt dem Essen widmen. Aus der hintersten Ecke des Kühlschranks<br />

kramte er alles hervor, was er dafür brauchte. Zum Glück hatte Marcel nicht das<br />

geringste Interesse am Kochen und auch nicht gefragt, was all die Tüten enthielten, die er<br />

am Vortag aus einem sauteuren Feinkostladen angeschleppt hatte.<br />

David hingegen kochte für sein Leben gern und probierte auch gerne neue Sachen aus.<br />

Das musste ein Erbe seines Vaters sein, der Koch aus Leidenschaft war, was man ihm –

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