05.01.2017 Aufrufe

Perspektive Nr. 58 Winter 2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Campus<br />

Seite 4<br />

FernUni <strong>Perspektive</strong><br />

Wissenschaftsabend<br />

Von Tabus, Verboten und Geheimnissen<br />

Wissenschaft im Hagener Kunstquartier<br />

erleben: Die FernUniversität<br />

in Hagen war jetzt mit ihren<br />

vier Fakultäten im Herzen der<br />

City zu Gast – als Auftakt für weitere<br />

Veranstaltungen in der Stadt.<br />

Beim Wissenschaftsabend „Tabus,<br />

Verbote und Geheimnisse“ erhielten<br />

rund 90 Gäste im Emil-Schumacher-Museum<br />

in Hagen interessante<br />

Einblicke in die FernUni-<br />

Forschung.<br />

Passend zum Thema des Abends<br />

räumte Rektorin Prof. Dr. Ada Pellert<br />

in ihrer Begrüßung mit einigen<br />

Mythen rund um die FernUniversität<br />

auf: Die Hagener Hochschule ist<br />

mit ihren 76.000 Studierenden als<br />

größte Universität in Deutschland<br />

vor Ort erlebbar und greifbar. Sie<br />

hat einen großen Campus in Hagen<br />

und ein Logistikzentrum im Lennetal.<br />

Und sie ist mit 1.850 Arbeitsplätzen<br />

eine der größten Arbeitgeberinnen<br />

der Stadt. „Wir möchten<br />

Ihnen Einblicke in unsere Forschung<br />

geben“, stellte Prof. Ada Pellert heraus.<br />

„Denn Universität lebt von der<br />

Kombination aus Forschung und<br />

Lehre.“ Wissenschaft kenne keine<br />

Denkverbote, leitete sie zum Thema<br />

des Abends über.<br />

Das neue Rektorat um Prof. Ada Pellert (M.) war fast vollständig vertreten, als die<br />

Referentinnen und Referenten FernUni-Forschung transparent machen.<br />

Als Expertin für Tabus führte Prof.<br />

Dr. Alexandra Przyrembel durch die<br />

Veranstaltung des Hagener Forschungsdialogs.<br />

Von ihr erfuhren<br />

die Teilnehmenden: Das Tabu hat<br />

eine Geschichte, die im Gefolge der<br />

Südsee-Euphorie des ausgehenden<br />

18. Jahrhunderts und der ersten<br />

Erwähnung durch den Entdecker<br />

James Cook beginnt. Mehr als 100<br />

Jahre später wendet sich der Psychoanalytiker<br />

Sigmund Freud dem<br />

„marvellous“, dem „wunderbaren“<br />

Tabu zu, wie er es in einem<br />

Brief an einen Freund bezeichnet.<br />

„Bis heute wirkt das Tabu fort und<br />

offenbart sich in Verboten und Geheimnissen“,<br />

sagte Prof. Przyrembel.<br />

Beispiele dafür lieferten die Referentinnen<br />

und Referenten der<br />

Fakultät Kultur- und Sozialwissenschaften,<br />

Mathematik und Informatik,<br />

Wirtschaftswissenschaft<br />

und der Rechtswissenschaftlichen<br />

Fakultät. Sie nahmen in ihren Kurzvorträgen<br />

je ein Tabu, Verbot oder<br />

Geheimnis aus der Themenpalette<br />

ihres Forschungsgebiets in den Fokus.<br />

Soziologin Jun.-Prof. Dr. Dorett<br />

Funcke schilderte am Beispiel<br />

der Medizintechnologie, wie Nichtwissen<br />

und Ungewissheit die soziale<br />

Ordnung beeinflussen. Aus<br />

volkswirtschaftlicher Sicht sprach<br />

Prof. Dr. Alfred Endres über wirkungsvolle<br />

Klimapolitik und warum<br />

deren Umsetzung so schwierig<br />

ist. Was die neue EU-Richtlinie zum<br />

Schutz unternehmerischen Knowhows<br />

bringt, beleuchtete Rechtswissenschaftlerin<br />

Prof. Dr. Barbara<br />

Völzmann-Stickelbrock. Und Informatiker<br />

Prof. Dr. Wolfgang Halang<br />

zeigte Lösungen für heutige IT-Sicherheitsprobleme<br />

auf.<br />

i<br />

So unterschiedlich die Einblicke in<br />

die Tabus, Verbote und Geheimnisse<br />

unserer Zeit auch waren, gemeinsam<br />

ist ihnen: Es gibt ein interdisziplinäres<br />

Verständnis von Wissen<br />

und Nicht-Wissen. Zudem hat<br />

Wissenschaft immer auch eine politische<br />

Dimension.<br />

Abschließend gab es Gelegenheit<br />

im Foyer des Schumacher-Museums,<br />

mit den Referentinnen und<br />

Referenten ins Gespräch zu kommen<br />

und mehr über die FernUniversität<br />

zu erfahren. Das können<br />

Interessierte darüber hinaus auch<br />

bei zukünftigen Veranstaltungen<br />

des Hagener Forschungsdialogs –<br />

in der Stadt und auf dem Campus<br />

der FernUniversität. can<br />

Hagener Forschungsdialog: Forschung sichtbar machen, Ergebnistransfer<br />

unterstützen: Das sind die Ziele des Hagener Forschungsdialogs. Unter<br />

diesem Dach bündelt die FernUniversität in Hagen Vortragsreihen, Antrittsvorlesungen<br />

und Fachtagungen. Die Veranstaltungen richten sich an<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie an wissenschaftlich interessierte<br />

Bürgerinnen und Bürger. Die Teilnahme ist kostenfrei. Weitere<br />

Infos im Überblick: www.fernuni-hagen.de/hagenerforschungsdialog<br />

Philosophische Fachtagung<br />

Verhältnis von Phänomenologie und Praxistheorie<br />

Seit ihren Anfängen in den ersten<br />

Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts<br />

hat die Phänomenologie die<br />

Auseinandersetzung und den Dialog<br />

mit anderen Disziplinen und<br />

Forschungsansätzen gesucht. Ihr<br />

Einfluss auf die Sozialwissenschaften<br />

nimmt dabei einen besonderen<br />

Stellenwert ein: Die Phänomenologie<br />

verfügt über einen Zugang zu<br />

ihren Gegenständen, bei dem der<br />

„Erfahrungsbegriff“ eine zentrale<br />

Rolle spielt. Aber auch dort, wo der<br />

Dialog mit den Sozialwissenschaften<br />

nicht im Vordergrund steht, ist<br />

die Phänomenologie an der Praxis<br />

interessiert.<br />

Der offenkundigen Nähe von Phänomenologie<br />

und Praxistheorie und<br />

der Potenziale einer Verhältnisbestimmung<br />

war die Tagung „Phänomenologie<br />

und Praxistheorie – Eine<br />

Verhältnisbestimmung“ gewidmet,<br />

die von Selin Gerlek (M.A.), Dennis<br />

Clausen (M.A.) und Prof. Dr.<br />

Thomas Bedorf (Lehrgebiet Philosophie<br />

III, Praktische Philosophie:<br />

Technik, Geschichte, Gesellschaft)<br />

organisiert wurde. Der Dekan der<br />

Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften,<br />

Prof. Dr. Frank Hillebrandt,<br />

dankte ihnen für das hoch interessante<br />

Programm und die Einladung<br />

renommierter Kolleginnen<br />

und Kollegen als Vortragende: „Ihr<br />

habt damit eine sehr ansprechende<br />

Tagung organisiert, deren Programm<br />

für die nächsten drei Tage<br />

anspruchsvolle Diskussionen erwarten<br />

lässt.“ Dies sei deshalb so lobenswert,<br />

weil Fakultäten sehr von<br />

kontroversen und ideenreichen Diskussionen<br />

profitieren können.<br />

Gespannt folgte<br />

das Publikum den<br />

Ausführungen<br />

der Vortragenden.<br />

Im Hinblick auf die Wahl des Themas<br />

wies Hillebrandt auf die große<br />

Ehre für alle an Praxistheorie Interessierten<br />

hin, mit der „altehrwürdigen<br />

Phänomenologie in ein Verhältnis<br />

gesetzt“ zu werden. Denn während<br />

die Praxistheorie sich erst als zentrales<br />

Paradigma der Kultur- und Sozialwissenschaften<br />

zu etablieren beginne,<br />

sei die Phänomenologie eine<br />

weit verzweigte, mit vielen Facetten<br />

und Ausrichtungen versehene<br />

Denkrichtung. Spätestens seit den<br />

1950er Jahren habe sie sich in verschiedensten<br />

Disziplinen als wichtiger<br />

und fruchtbarer Ausgangspunkt<br />

für kultur- und sozialwissenschaftliche<br />

Forschung etabliert. „Möglicherweise<br />

ist die Verhältnisbestimmung<br />

der Praxistheorien mit solcherart<br />

etablierten Paradigmen der Sozialwissenschaften<br />

ein weiteres Indiz<br />

Den Eröffnungsvortrag hielt Volker<br />

Schumann.<br />

dafür, dass die Praxistheorie zu einer<br />

ernst zu nehmenden Denk- und<br />

Forschungsrichtung geworden ist.“<br />

Ähnlich wie die Phänomenologie<br />

in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

zeige sie vielversprechende<br />

neue Ansatzpunkte des Denkens<br />

und Forschens auf.<br />

Während die Phänomenologie zum<br />

Beispiel als eine ihrer Grundeinsichten<br />

konstatiere, dass Erkenntnis nur<br />

über die Wahrnehmung der Phänomene<br />

möglich sei, lege sich die<br />

Praxistheorie in einer ihrer zentralen<br />

Denkbewegungen darauf fest,<br />

dass alles zu Erkennende nur materiell<br />

verstanden werden könne.<br />

Diese erneuerte Hinwendung zur<br />

Materialität der Praxis erscheine als<br />

neuer Weg, mehr über das herauszufinden,<br />

was uns regelmäßig als<br />

Praxis begegnet.<br />

Gegenwärtige Theorien der Praxis<br />

wollten diese Denkbewegung sehr<br />

konsequent verstanden wissen, alle<br />

Bezugnahmen auf so etwas wie<br />

den Geist oder die Beseelung der<br />

Dinge würden konsequent vermieden.<br />

Hillebrandt weiter: „An diesen<br />

Stellen entzünden sich mit sehr<br />

großer Wahrscheinlichkeit Kontroversen<br />

mit der Phänomenologie.“<br />

Diese sehe das Besondere in den<br />

Phänomenen der Erkenntnis, sie<br />

wende sich nicht so radikal der körperlichen<br />

und dinglichen Konstitution<br />

der Welt zu wie die Praxistheorien.<br />

Gleichzeitig sei es offensichtlich,<br />

dass sich Phänomenologie und Praxistheorie<br />

gegenseitig befruchten.<br />

Intensive Forschung<br />

Die Tagung stand im Zusammenhang<br />

mit einem von der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft geförderten<br />

Projekt zur Weiterentwicklung<br />

der Körpertheorie der Praxis,<br />

das Thomas Bedorf und Selin<br />

Gerlek für das Institut für Philosophie<br />

der FernUniversität eingeworben<br />

haben. Dekan Prof. Hillebrandt:<br />

„Dies zeigt zum einen, dass Philosophie<br />

hier in Hagen sehr forschungsintensiv<br />

ist. Zum anderen ist es ein<br />

Beleg dafür, dass in der Fakultät<br />

für Kultur- und Sozialwissenschaften<br />

ein innovatives Forschungsklima<br />

herrscht.“<br />

Da

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!