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Thüringen<br />
Thüringen<br />
Gera<br />
Viel Grün, Geschichte und Kunst<br />
Kulturstadt Weimar<br />
Mehr als man denkt<br />
Foto: Claudia von der Heyde<br />
Foto: mbpicture © Fotolia.com<br />
Das viele Grün ist oftmals das erste, Gespräch mit Dr. Volker Kielstein im Henry Park, Nebengebäude und Haupthaus, so hat Weimar – ein Name, der je nach Ausstellungen und Vorträge erwarten den <strong>CICERONE</strong> Profil<br />
was Besuchern der thüringischen van de Velde Museum – Haus Schulenburg man das Gefühl, dass der Hausherr Paul Schulenburg<br />
und seine Familie es nur für kurze Zeit<br />
die unterschiedlichsten Assozile<br />
bietet einen Rahmen für Veranstaltungen, So vielfältig wie die Weimarer Geschichte<br />
Herkunft und Lebenserfahrung Gast. Das congress centrum neue weimarhal-<br />
Stadt auffällt. Der zweite Blick fällt<br />
auf die gut erhaltene historische Innenstadt,<br />
mit Bürger- und Kaufmannshäusern, als Sie 1996 vor dem Kauf das Haus Schulen-<br />
vielleicht an Goethe oder die Weimarer Re-<br />
Park an der Ilm und dem Weimarer Umland. Für<br />
Herr Dr. Kielstein, was war Ihr erster Gedanke, verlassen haben.<br />
ationen auslöst. Schüler denken Raum für Erholung oder Sport finden sich im ist auch das Angebot der Mitglieder des<br />
Vereins der Stadtführer Weimars: Führungen<br />
in den Museen, wie Goethes oder<br />
mit dem historischen Rathaus, der Stadtapotheke<br />
und der stattlichen Figur des Simson,<br />
wollte, und woran ich immer noch arbeite. Seit<br />
taurants und Hotels oder Pensionen. Dabei gilt<br />
burg erstmals betraten?<br />
Dr. Kielstein: Das ist das, was ich erreichen<br />
publik, Architekten an Bauhaus oder die Uni-<br />
das leibliche Wohl sorgen verschiedenste Res-<br />
102 Schillers Wohnhaus, oder in der Gedenkstätte<br />
Konzentrationslager Buchenwald;<br />
103<br />
der den Marktbrunnen ziert. Natürlich ranken Dr. Kielstein: Als ich das Grundstück betrat, seiner Eröffnung waren mehr als 25 000 Besucher<br />
im Haus Schulenburg. Seit der Eröffnung<br />
das Prinzip der kurzen Wege. Schon Thomas Architektur oder Musik, zur Geschichte<br />
in Weimar mit seinen gut 65 000 Einwohnern<br />
individuelle Themenführungen z.B. zu<br />
sich um all diese Gebäude Geschichten und bot sich ein erbarmungswürdiger Anblick:<br />
„Histörchen“, die von den Gästeführern, die alle Fenster und Türen zugemauert, defekte Dächer,<br />
hatten wir etwa 30 Ausstellungen.<br />
Mann legte es 1932 seinem Hoteldiener Ma-<br />
des Nationalsozialismus oder der Refor-<br />
auch in historischen Kostümen agieren, zum<br />
Wasserschäden, der Garten verwahrlost.<br />
ger in „Lotte in Weimar“ in den Mund: „Dergleimation;<br />
Lügen- und Anekdotenführungen;<br />
Besten gegeben werden.<br />
Aber die Grundstruktur des Gebäudes war Was ist für 2016 und darüber hinaus geplant?<br />
chen wie weite Wege gibt es bei uns in Weimar Kostümführungen mit verschiedensten<br />
noch vorhanden. Ich hatte die Absicht, das<br />
Gesamtkunstwerk des genialen belgischen Dr. Kielstein: Es wird eine Ausstellung mit Fotografien<br />
nicht; unsere Größe beruht im Geistigen.“ Für<br />
den Gast bedeutet dies, dass alle wichtigen<br />
Weimarer Persönlichkeiten. Warum nicht<br />
mal mit Christiane von Goethe auf den<br />
von Gebäuden in der Bauhaustradi-<br />
Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichbar sind, Spuren des Dichterfürsten wandeln oder<br />
Architekten und Designers Henry van de Velde<br />
vollständig wiederzubeleben. Die Arbeiten tion aus der ganzen Welt geben. Dann möchte<br />
auch im Rahmen von Führungen. Für Gruppen,<br />
sich vom „Zwiebelinchen“ über Thüringens<br />
größtes Volksfest, den Weimarer Zwiebelmarkt,<br />
führen lassen? Egal, welche Gründe<br />
begannen 1997.<br />
ich eine Ausstellung den Geraer Malerfürsten,<br />
die auf Kopfsteinpflaster nicht so gut zu Fuß<br />
darunter Paul Neidhardt und Kurt Günther<br />
sind, bieten Weimars Stadtführer natürlich<br />
Sie nach Weimar führen: Wir können Ihnen<br />
widmen.<br />
auch kürzere Stadtspaziergänge an.<br />
eine passende Stadtführung bieten.<br />
Die Stadtgründung wird auf das Jahr 1237<br />
datiert. Warum? Das und viele andere Geheimnisse<br />
lüften die Marktfrauen oder der<br />
Ratsassessor Heinrich Krause. Die Führung mit<br />
dem Nachtwächter zeigt die dunklen Reize<br />
der Stadt. Dass es sowohl ein oberirdisches als<br />
auch ein unterirdisches Gera gibt, erzählt der<br />
„Gersche Bierbrauer“. Geheimnisvolle Gänge<br />
unter den Hauskellern, Höhler genannt, sind<br />
in der ganzen Innenstadt zu finden. Einmalig<br />
in Deutschland ist die alle zwei Jahre stattfindende<br />
Höhlerbiennale – internationale<br />
Installationskunst in den Höhlern – die bei<br />
einem Rundgang zu bewundern ist. Durch<br />
den Küchengarten gelangt man zur Orangerie,<br />
die die Kunstsammlung der Stadt beherbergt.<br />
Und hier kann es passieren, dass dem Gast<br />
eine Hofdame des Schlosses Osterstein entgegentritt<br />
und aus dem fürstlichen „Nähkästchen“<br />
plaudert. Mit viel Glück begegnet man<br />
der Lieblingsschwester von Otto Dix, der jungen<br />
Hedwig, oder gar seinem Förderer, dem<br />
Zeichenlehrer Ernst Schunke. Sie führen gern<br />
Das Ergebnis dieser Arbeit kann sich heute sehen<br />
lassen. Betritt man durch das Torhaus den<br />
zum Geburtshaus des bedeutenden Malers<br />
Otto Dix, der hier seine Kinder- und Jugendjahre<br />
verbrachte. Weiter geht es durch den<br />
Stadtteil Heinrichsgrün, die Gartenstadt Geras.<br />
Der Weg führt dann vorüber an zahlreichen<br />
Stadtvillen, von denen es in Gera nahezu 100<br />
gibt. Jetzt taucht ein ganz besonderes Gebäude<br />
auf. Es handelt sich um das Haus Schulenburg,<br />
ein Gesamtkunstwerk des belgischen<br />
Architekten Henry van de Velde.<br />
Text: Karin Schumann<br />
Bildrechte: Andreas Kühn, Bildarchiv Marburg,<br />
Karin Schumann, Schenke<br />
<strong>CICERONE</strong><br />
Profil<br />
Das und noch vieles mehr können Besucher<br />
unter fachkundiger Führung der Geraer<br />
Gästeführer erleben. Eine enge Zusammenarbeit<br />
besteht mit dem Gera Kultur<br />
GmbH (Gera-Information) und anderen<br />
Einrichtungen der Otto-Dix-Stadt Gera.<br />
www.gaestefuehrung-gera.de<br />
versität, andere wiederum an das ehemalige<br />
Konzentrationslager Buchenwald, die jetzige<br />
Gedenkstätte. Die französische Schriftstellerin<br />
Madame de Stael nannte Weimar „keine Stadt,<br />
sondern ein großes Schloss, wo über Kultur<br />
geredet wird“. In der Tat war Weimar um 1800<br />
die kulturelle Hauptstadt Deutschlands, in einem<br />
Reich, das aus 300 Kleinstaaten bestand<br />
und eben über keine richtige Hauptstadt<br />
verfügte. Bis heute wird die Stadt von diesem<br />
Erbe belebt und geprägt. Ohne Reformation<br />
keine Weimarer Klassik, ohne Herzogin Anna<br />
Amalia kein Henry van de Velde, ohne Nationalversammlung<br />
kein Gauforum der NS-Zeit.<br />
So präsentiert sich dem Besucher Weimar<br />
heute als eine Stadt der übergreifenden Zusammenhänge<br />
und Gegensätze, von der man<br />
sich mit einem zweistündigen Stadtrundgang<br />
einen guten Überblick verschafft.<br />
„Wo finden Sie auf einem so engen Fleck noch<br />
so viel Gutes!“ schwärmte Johann Wolfgang<br />
von Goethe 1823 und hoffte, der Schriftsteller<br />
und sein späterer Vertrauter Johann Peter<br />
Eckermann werde Weimar als seinen Wohnsitz<br />
wählen. Auch wenn sich seitdem in der Stadt<br />
viel getan hat, gilt der Satz noch immer: Rund<br />
25 Museen, das Deutsche Nationaltheater mit<br />
den Sparten Schauspiel, Oper und Konzert,<br />
weitere Theater und Kabaretts, drei öffentliche<br />
Bibliotheken, vier Kinos, unzählige Konzerte,<br />
Text: Claudia von der Heyde<br />
www.weimar-tourist.de/stadtfuehrerverein<br />
Schloss Belvedere: TimSiegert-batcam.de © Fotolia.com<br />
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