Mutig in die Zukunft - ideen-theke
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onJürgen Herda<br />
<strong>Mutig</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong><br />
Warum es sich lohnt, an sich zu glauben!<br />
Wöllershof. „Nur Mut“ –leichter<br />
gesagt als getan. Das Phänomen<br />
ut ist komplexer,als es auf den<br />
ersten Blick sche<strong>in</strong>t. Nur allzu<br />
oft verheddern wir uns <strong>in</strong> der<br />
ehrseite des Mutes: <strong>in</strong> unseren<br />
Ängsten. Dr. Heribert Fleischmann<br />
eröffnet im Interview <strong>in</strong>teressante<br />
Perspektiven auf das<br />
vielschichtige Thema.<br />
Wie würden Sie Mut def<strong>in</strong>ieren –<br />
wohl kaum als Abst<strong>in</strong>enz von Angst,<br />
denn ohne Furcht gäbe es nichts,<br />
das man überw<strong>in</strong>den müsste?!<br />
r. Heribert Fleischmann: Bei Mut<br />
denke ich zuerst an Lebenskraft, also<br />
mehr an das Gemüt. Schwermütige<br />
enschen leiden sehr unter dem<br />
erlust. Unter Mut verstehe ich auch<br />
apferkeit, <strong>die</strong> Bereitschaft se<strong>in</strong> Lebensschicksal<br />
mutig anzunehmen,<br />
sich dem Leben stellen.<br />
Wo vermuten Sie <strong>die</strong> Wurzel des<br />
Mutes: <strong>in</strong> der genetischen Veranlagung<br />
oder <strong>in</strong> der Erziehung?<br />
leischmann: Mut ist e<strong>in</strong>e Charaktereigenschaft,<br />
e<strong>in</strong>e Tugend mit e<strong>in</strong>er<br />
festen neurobiologischen Verankeung<br />
auf genetischer Basis. Gene, <strong>die</strong><br />
nicht mit der Umwelt <strong>in</strong> Interaktion<br />
treten, bleiben stumm, liegen als Potenzial<br />
brach. Anlagen müssen <strong>in</strong> der<br />
jedem Menschen speziellen Lebensumwelt<br />
entwickelt – angeschaltet –<br />
erden, wenn sie wirksam werden<br />
sollen. Das ist e<strong>in</strong> lebenslang anhaltender<br />
Prozess.<br />
„Mut ist e<strong>in</strong>e Tugend“<br />
Interview mit dem Psychologen und Psychiater Dr. Heribert Fleischmann über das Phänomen „Mut“<br />
Mut als politische Propaganda: Die Parteien entdecken e<strong>in</strong>e Tugend als Kampfbegriff –der Inhalt bleibt hier bewusst<br />
unbestimmt. Der Wähler soll den Wahlkämpfer als mutigen Helden wahrnehmen. Bilder: dpa<br />
Was unterstützt <strong>die</strong> Entwicklung<br />
mutiger Verhaltensweisen?<br />
Fleischmann: Um Mut entwickeln zu<br />
können, braucht man e<strong>in</strong>e verlässliche<br />
Ausgangsbasis, vor allem Sicherheit<br />
und Geborgenheit <strong>in</strong> den grundlegenden<br />
Beziehungen, <strong>in</strong>sbesondere<br />
e<strong>in</strong>e sichere B<strong>in</strong>dung an <strong>die</strong> Eltern.<br />
Darauf aufbauend geht es ums Fördern<br />
und Fordern der K<strong>in</strong>der und<br />
jungen Menschen.<br />
Ist Mut vielleicht auch <strong>die</strong> Kehrseite<br />
e<strong>in</strong>es riskanten Lebensstils? E<strong>in</strong>ige<br />
Sozialforscher behaupten,<br />
ängstliche Menschen leben länger.<br />
Fleischmann: Mut im S<strong>in</strong>ne von<br />
Übermut oder Wagemut kann lebensgefährlich<br />
se<strong>in</strong>. Nicht jeder<br />
furchtlose Siegfried geht aus dem<br />
Kampf mit dem Drachen – heute<br />
eher Lifestyle –als Sieger hervor, sondern<br />
wird gefressen. Solche Gene setzen<br />
sich –<strong>in</strong>der Dimension der Evolutionsbiologie<br />
–nicht durch.<br />
Wo würden Sie auf e<strong>in</strong>er Skala von<br />
1 bis 10 den durchschnittlichen<br />
Mut-Koeffizienten unserer modernen<br />
Leistungs- und Me<strong>die</strong>ngesellschaft<br />
ansiedeln. Anders gefragt:<br />
S<strong>in</strong>d Menschen <strong>in</strong> freiheitlichen<br />
Demokratien per se mutiger?<br />
Fleischmann: Auf <strong>die</strong>ser Skala zwischen<br />
4und 5–obwohl es noch nie<br />
so leicht war, <strong>in</strong>unserer Gesellschaft<br />
mutig zu se<strong>in</strong>. Freiheit und Autonomie<br />
beflügeln uns Menschen, machen<br />
uns Mut. Diktaturen – auch<br />
mutlose Vorgesetzte –lähmen uns.<br />
Moderne Leistungsgesellschaften<br />
laufen Gefahr, uns Menschen <strong>die</strong><br />
Freiheit zu nehmen, <strong>die</strong> Entscheidungsfreiheit<br />
und den Gestaltungsspielraum<br />
durch Bevormundung sowie<br />
<strong>die</strong> Aktivität und Lebenskraft<br />
durch übermäßige Fürsorge.<br />
Ich sehe immer häufiger Mutlosigkeit<br />
und Streben nach e<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>baren<br />
Geborgenheit <strong>in</strong> sozialen Sicherungssystemen<br />
statt Selbstvertrauen,<br />
Aufbruch und Zuversicht.<br />
Freilich wird vielen Menschen auch<br />
jeglicher Mutgenommen.<br />
Wass<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Kollateralschäden der<br />
Mutlosigkeit?<br />
Fleischmann: Mutlosigkeit eröffnet<br />
dem Machtmissbrauch Tür und Tor<br />
mit allen Folgen. Das gilt gleichermaßen<br />
<strong>in</strong> den Beziehungen, <strong>in</strong> den Familien,<br />
am Arbeitsplatz, <strong>in</strong> der hohen<br />
Politik. Aber auch Übermut zieht <strong>in</strong><br />
der Regel Schäden nach sich.<br />
Es gibt Helden des Alltags, <strong>die</strong> nach<br />
Unfällen, ungeheueren Lebensmut<br />
entwickeln. Wie viel Mut braucht<br />
man, um Krisen zu bewältigen?<br />
Fleischmann: Solche Menschen bewundere<br />
ich. In unseren schwersten<br />
Stunden hilft uns oft nur noch Gottvertrauen.<br />
Das ist e<strong>in</strong> Mut ganz andererArt.<br />
Waserfordert mehr Mut: Zu e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>toleranten Umfeld zu sagen: „Ich<br />
gehe zur psychologischen Behandlung“<br />
oder sich selbst e<strong>in</strong>zugestehen,<br />
dass man nicht mehr ohne<br />
Hilfe auskommt?<br />
Fleischmann: Se<strong>in</strong>e eigene Begrenztheit<br />
zu akzeptieren und zu sagen<br />
„Bitte hilf mir“, das erleben viele<br />
Menschen als kränkend. Manche<br />
sterben lieber, statt e<strong>in</strong>en Psychiater<br />
aufzusuchen. Um so wichtiger ist,<br />
dass wir Mitmenschen aufgeklärt<br />
reagieren und Menschen <strong>in</strong> Not ermuntern,<br />
Hilfe <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen.<br />
Wie viel Mut braucht der Psychologe,<br />
sich auf unterschiedlichste<br />
Ängste e<strong>in</strong>zulassen?<br />
Fleischmann: Man braucht zweifelsohne<br />
Mut, <strong>die</strong>sen Beruf zuergreifen.<br />
Ihn auszuüben erfordert e<strong>in</strong> hohes<br />
Maß anProfessionalität und Können.<br />
Mutist da fehl am Platze.<br />
Mutlosigkeit eröffnet<br />
dem Machtmissbrauch<br />
Tür und Tormit allen<br />
Folgen.<br />
Dr.HeribertFleischmann<br />
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