MBO als Nachfolgelösung - Deutsche Beteiligungs AG
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FINANCE<br />
<strong>MBO</strong><br />
<strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong><br />
■ Fortbestand des<br />
Familienunternehmens gesichert<br />
■ Überdurchschnittliche<br />
Gewinn- und Umsatzsteigerung<br />
■ Management und Finanzinvestor<br />
mit ihrer Zusammenarbeit zufrieden<br />
FINANCE
März 2002<br />
Haftungsausschluss: Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert<br />
und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des<br />
Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion<br />
und Verlag keine Gewähr.<br />
© 2002 F.A.Z.-Institut für Management-,<br />
Markt- und Medieninformationen GmbH<br />
Mainzer Landstraße 195, D-60326 Frankfurt am Main;<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong><br />
Kleine Wiesenau 1<br />
60323 Frankfurt am Main<br />
Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen<br />
Wiedergabe und der Speicherung in elektronischen Medien.<br />
Datenerhebung und -auswertung: Dr. Guido Birkner,<br />
Petra Gessner (FINANCE)<br />
Redaktion: Thomas Franke (<strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>),<br />
Petra Gessner (FINANCE)<br />
Gestaltung, Satz und Korrektur: Daniela Seidel, Vera Pfeiffer<br />
(F.A.Z.-Institut)<br />
Druck: XXXXX GmbH, Frankfurt am Main
Inhalt<br />
I. Management Summary 5<br />
II. Was ist ein Management Buy-out (<strong>MBO</strong>)? 6<br />
III. Die Befragungsergebnisse 8<br />
1. Die Durchführung der Befragung 8<br />
Wer hat teilgenommen?<br />
2. <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong> 9<br />
Erstm<strong>als</strong> Zahlen für Deutschland<br />
3. Erfolgsmodell <strong>MBO</strong> 11<br />
Unternehmenswert und Ertragskraft werden gesteigert<br />
4. Bekanntheitsgrad eines <strong>MBO</strong> 12<br />
Aufklärungsarbeit ist gefragt<br />
5. <strong>MBO</strong> kein Allheilmittel 14<br />
Das Familienunternehmen muss gesund sein<br />
6. Topführungskräfte gesucht 17<br />
Das Management auf dem Prüfstand<br />
7. Professionelle <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft gesucht 19<br />
Der Finanzinvestor auf dem Prüfstand<br />
8. Die Verhandlungen 21<br />
Der Kaufpreis ist der Knackpunkt<br />
9. Die Finanzierung 24<br />
Die Banken sind der wichtigste Financier<br />
10. Beurteilung der Partnerschaft 29<br />
Management und Finanzinvestor sind glücklich miteinander<br />
IV. Stolpersteine & Erfolgsfaktoren 35<br />
1. Die Gefahren 35<br />
Warum scheitern <strong>MBO</strong>s?<br />
2. Die Erfolgsfaktoren 37<br />
Die wichtigsten Tipps des Managements<br />
und der Finanzinvestoren<br />
V. Erfolgsgeschichten 39<br />
1. Westfalia GmbH & Co. KG 39<br />
2. Techem <strong>AG</strong> 42<br />
3. Franz Funke GmbH & Co. KG 45<br />
3
Vorwort<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
der Irrglaube des Unternehmers an die eigene Unsterblichkeit,<br />
der Widerwille loszulassen, Familienzwist – die typischen Nachfolgephänomene<br />
bei Familienunternehmen sind in Deutschland nichts<br />
Neues. Erst seit einigen Jahren greifen Institutionen wie das<br />
Bundeswirtschaftsministerium, Industrieverbände sowie Industrieund<br />
Handelskammern das Thema immer häufiger auf, um die<br />
Unternehmen dazu zu bewegen, sich frühzeitig um ihre Nachfolge<br />
zu kümmern. Der Grund: Jede zu spät oder schlecht geregelte Nachfolge<br />
gefährdet das Unternehmen und folglich auch Arbeitsplätze.<br />
Mittlerweile haben sich auch Banken, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer<br />
und Unternehmensberater auf die Fahne geschrieben,<br />
ihre Kunden für das Thema zu sensibilisieren. Schließlich wird<br />
die (un-)geklärte Nachfolgeregelung zukünftig für das Rating der<br />
Unternehmen eine Rolle spielen.<br />
Die <strong>Nachfolgelösung</strong>en sind vielfältig. Da sich der Traum des Unternehmers,<br />
die Sprösslinge in den eigenen Fußstapfen zu sehen,<br />
heute in vielen Fällen nicht mehr erfüllt, werden andere <strong>Nachfolgelösung</strong>en<br />
angestrebt: der Einsatz eines Fremdgeschäftsführers oder<br />
der Verkauf des Lebenswerks. Beim Verkauf denken Eigentümer<br />
zunächst häufig an Industrieunternehmen. Der Managements<br />
Buy-out (<strong>MBO</strong>), <strong>als</strong>o der Verkauf an die eigenen Führungskräfte<br />
sowie an eine oder mehrere <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaften, ist hingegen<br />
weitgehend unbekannt. Dabei bietet diese Lösung im Vergleich zum<br />
Verkauf an einen Wettbewerber den großen Vorteil, dass das Unternehmen<br />
in seiner Struktur an seinen Standorten und mit seinen<br />
Mitarbeitern fortbesteht.<br />
Die vorliegende Studie beleuchtet zum ersten Mal das Thema<br />
<strong>MBO</strong> im Rahmen der Nachfolgeregelung in Deutschland. Dabei<br />
greift sie fast ausschließlich auf die Erfahrungen von Finanzinvestoren<br />
und Managern zurück, die sich über einen <strong>MBO</strong> an ehemaligen<br />
Familienunternehmen beteiligt haben.<br />
Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Finanzinvestoren und Managern<br />
für ihre Mitarbeit und ihr Vertrauen. Ohne ihre Kooperation<br />
hätten wir diese Studie nicht durchführen können.<br />
Gewinn und Freude beim Lesen wünschen<br />
FINANCE <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong> F.A.Z.-Institut<br />
4
I. Management Summary<br />
■ Erstm<strong>als</strong> liegen in Deutschland Zahlen über den Management<br />
Buy-out (<strong>MBO</strong>) <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong> vor.<br />
■ Ein <strong>MBO</strong> verbessert die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens.<br />
Seit dem <strong>MBO</strong> konnten fast alle Unternehmen Umsatz<br />
und Gewinn überdurchschnittlich steigern.<br />
■ Management und Finanzinvestor sind ein schlagkräftiges Team.<br />
Jeweils drei Viertel der Manager und der Finanzinvestoren sind<br />
mit der Zusammenarbeit zufrieden bis sehr zufrieden.<br />
■ Der Aufklärungsbedarf ist groß. Knapp 60 Prozent des Managements<br />
kannten vor dem eigenen Deal einen <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong><br />
nicht. Für knapp die Hälfte der Altgesellschafter war der<br />
<strong>MBO</strong> nur die zweite Wahl.<br />
■ Ein <strong>MBO</strong> eignet sich nur für ertragsstarke und gesunde Unternehmen.<br />
In über 60 Prozent der Unternehmen gab es keinen oder<br />
nur einen geringen Investitionsstau.<br />
■ Die Altgesellschafter bauen keine oder nur eine schwache zweite<br />
Führungsebene auf. Die Hälfte der Finanzinvestoren stufte die<br />
Qualität des Managements daher nur <strong>als</strong> befriedigend ein.<br />
■ Knapp 54 Prozent der Altgesellschafter entschieden sich für einen<br />
Finanzinvestor, der nicht den höchsten Preis bot. Wichtigstes Auswahlkriterium<br />
war das Gesamtkonzept, das die Zukunft des<br />
Unternehmens sichert.<br />
■ Könnte das Management heute einen Finanzinvestor wählen, wäre<br />
das Know-how in Finanzierungsfragen das wichtigste Auswahlkriterium,<br />
gefolgt vom Einfühlungsvermögen für die Unternehmenssituation<br />
und von der „Chemie“.<br />
■ Der Preis ist ein wesentlicher Knackpunkt in den Verhandlungen.<br />
In 38 Prozent der Fälle wurde der Kaufpreis um mehr <strong>als</strong> 25 Prozent<br />
gegenüber dem ursprünglich geforderten Preis gesenkt.<br />
■ Die Finanzierung des Unternehmenserwerbs sowie des Anteilskaufs<br />
durch das Management variiert von Fall zu Fall stark. Fest<br />
steht jedoch, dass Bankkredite eine herausragende Rolle spielen.<br />
■ Die meisten Finanzinvestoren empfanden die Höhe des Cashflows,<br />
der für den Schuldenabbau eingesetzt wurde, <strong>als</strong> angemessen.<br />
Über 60 Prozent des Managements dagegen waren der<br />
Meinung, dass diese Beträge zu hoch waren.<br />
■ Die größten Gefahren, die einen <strong>MBO</strong> zum Scheitern bringen<br />
können, sind aus dem Blickwinkel des Management die hohe<br />
Fremdfinanzierung des De<strong>als</strong>, für den Finanzinvestor hingegen<br />
der emotionale Alteigentümer, der einen zu hohen Preis für sein<br />
Lebenswerk verlangt.<br />
■ Den wichtigsten Erfolgsfaktor sieht das Management in einer<br />
realistischen Relation von Eigen- zu Fremdkapital für die Kaufpreisfinanzierung.<br />
Für den Finanzinvestor ist ein exzellentes<br />
Management der entscheidende Erfolgsfaktor.<br />
5
II. Was ist ein Management Buy-out?<br />
Manch einer träumt davon, sein eigener Herr zu sein: Als Unternehmer<br />
auf eigenes Risiko arbeiten und wesentliche Entscheidungen<br />
selbst treffen. Auslöser für solche Träume sind manchmal Krisen.<br />
Ferne Konzernmütter vernachlässigen ihre Tochterunternehmen so<br />
stark, dass deren Führungsriege die letzte Rettung für das Unternehmen<br />
in einer Übernahme sieht – <strong>als</strong> Freikauf gewissermaßen. Auch<br />
wenn altgediente Gründerunternehmer sich aus dem Geschäft zurückziehen,<br />
ziehen sie einen Verkauf an das bisherige Management<br />
immer häufiger in Betracht. Was in angelsächsischen Ländern seit<br />
langem gang und gäbe ist, verliert inzwischen in Deutschland den<br />
Seltenheitswert. Durch ein Management-Buy-out (<strong>MBO</strong>) Unternehmer<br />
werden, dieser Traum wird für immer mehr Manager wahr.<br />
Woher sollen aber das Geld gezaubert werden, um diesen Traum zu<br />
erfüllen? Den Kauf des Unternehmens finanzieren, in dem sie selbst<br />
arbeiten, können die Manager in den seltensten Fällen. Auch wenn<br />
sie <strong>als</strong> Führungskräfte bisher nicht schlecht verdient haben, übersteigt<br />
der Kaufpreis eines mittelständischen Unternehmens mit zum<br />
Beispiel 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr die Möglichkeiten der<br />
meisten Privatpersonen.<br />
Finanzinvestor und Management werden Partner<br />
Private-Equity-Gesellschaften stehen den Managern hierbei zur Seite.<br />
Beide ergänzen sich, sind aber auch aufeinander angewiesen: Das<br />
vorhandene Management ist meist am besten geeignet, ein bestehendes<br />
Geschäft unter neuem Eigentümer weiter zu führen – es kennt<br />
das Unternehmen, seinen Markt, seine Produkte und genießt das Vertrauen<br />
der Mitarbeiter. Manch einem Familienunternehmer fällt es<br />
leichter, ihrer zweiten Führungsebene das Lebenswerk zu überlassen,<br />
<strong>als</strong> einem Wettbewerber oder <strong>als</strong> das Unternehmen gar zu liquidieren.<br />
Der Finanzinvestor hingegen hat Geld, vor allem aber das Knowhow,<br />
einen Kauf zu strukturieren. Er kann das richtige Verhältnis von<br />
Eigen- und Fremdkapital ermitteln, und er kann eine Bankfinanzierung<br />
auf die Beine stellen. Denn ein wesentlicher Teil des erforderlichen<br />
Kapit<strong>als</strong> für den Unternehmenserwerb stammt aus Krediten.<br />
Kredite stellen die Banken allerdings nicht jedem Unternehmen zur<br />
Verfügung. Finanzinvestoren haben deshalb genaue Vorstellungen<br />
von den Unternehmen. Sanierungsfälle mögen die allerwenigsten.<br />
Eine gute Marktstellung sollten sie haben, Phantasie zur Weiterentwicklung<br />
und vor allem einen deutlich positiven Cashflow. Der Investitionsbedarf<br />
im Unternehmen hingegen sollte eher niedrig sein,<br />
ebenso der bisherige Verschuldungsgrad. An die Manager werden hohe<br />
Anforderungen gestellt: Sie müssen das Zeug zum Unternehmer<br />
haben, denn Finanzinvestoren greifen in das operative Geschäft nicht<br />
ein. Sie wirken über Beiräte oder andere Aufsichtsgremien lediglich<br />
an strategischen Entscheidungen mit. Ob der Unternehmenskauf<br />
zum Erfolg wird, hängt daher wesentlich von der Qualität des Managements<br />
ab.<br />
Das Muster, nach dem ein <strong>MBO</strong> meist abläuft, lässt sich vereinfacht<br />
so darstellen: Der Finanzinvestor und das Management gründen eine<br />
Erwerbergesellschaft und statten diese mit Kapital aus. Das Kapital<br />
wird, ergänzt um Bankverbindlichkeiten, für den Kauf des Familien-<br />
6
unternehmens verwendet. Über die Erwerbergesellschaft kaufen Finanzinvestor<br />
und Management gemeinsam die operativen Einheiten<br />
des Unternehmens.<br />
Alle Interessen werden berücksichtigt<br />
Das Vertragsgeflecht solch einer Transaktion ist oft kompliziert.<br />
Schließlich müssen ganz unterschiedliche Interessen berücksichtigt<br />
werden: Der ehemalige Besitzer möchte für den Verkaufserlös so wenig<br />
Steuern wie möglich zahlen. Der Finanzinvestor ist an einem<br />
möglichst hohen Abschreibungspotenzial interessiert. Er will aber<br />
auch Unwägbarkeiten, zum Beispiel Umweltrisiken oder Gewährleistungen<br />
des Unternehmens gegenüber Kunden und Lieferanten, ausschließen.<br />
Eine optimierte finanzielle und steuerrechtliche Struktur<br />
ist die Voraussetzung für den späteren Erfolg. Sie zu gestalten, ist ein<br />
wesentlicher Teil des Know-hows von Private-Equity-Gesellschaften.<br />
Nach etwa drei bis sieben Jahren veräußern Finanzinvestoren ihre<br />
Beteiligungen, um die Wertsteigerung des eingesetzten Kapit<strong>als</strong> zu<br />
realisieren. Dann partizipieren auch die Manager mit ihrem Einsatz.<br />
Drei Einflussgrößen gibt es, die den Eigenkapitalwert des Finanzinvestors<br />
und des Managements steigern. Erstens werden aus dem<br />
Cashflow des Unternehmens die Schulden zurückgeführt. Zweitens<br />
achten Private-Equity-Gesellschaften besonders auf die Profitabilität.<br />
Mittelständische Familienunternehmen haben dagegen gelegentlich<br />
andere Kennziffern im Blick, das Wachstum des Marktanteils genießt<br />
mitunter Vorrang vor der Ertragssteigerungen. Durch strategische In-<br />
vestitionen, etwa Akquisitionen zur Abrundung des Angebots oder<br />
der regionalen Präsenz, erhöht sich drittens der Multiplikator, der zur<br />
Ermittlung des Verkaufspreises herangezogen wird.<br />
Große Chancen und überschaubare Risiken für das Management<br />
Die Beteiligung des Managements gibt dem Finanzinvestor die Gewissheit,<br />
dass die Geschäftsführung die gleichen Interessen wie er<br />
selbst verfolgt. Üblicherweise müssen die Manager selbst ein bis zwei<br />
Jahresgehälter investieren – eine Summe, deren Ausfall das persönliche<br />
Vermögen deutlich schmälert, die Existenz des Managers oder<br />
seiner Familie aber nicht gefährdet. Dem Risiko stehen entsprechende<br />
Chancen gegenüber: Branchenüblich ist es, dem Management<br />
mehr Stimmanteile zu geben <strong>als</strong> ihrem Eigenkapitalbeitrag entspricht.<br />
Dies geschieht zum Beispiel durch Vorzugskapital, das der<br />
Finanzinvestor bereitstellt und das bei Verkauf vor dem Stammkapital<br />
bedient wird. Die Manager können auf diese Weise im Vergleich<br />
zum Finanzinvestor eine höhere Verzinsung ihres Einsatzes erzielen.<br />
Während sich der Finanzinvestor mit einer jährlichen Rendite von 20<br />
bis 30 Prozent zufrieden gibt, <strong>als</strong>o eine Verdreifachung in fünf Jahren<br />
erwartet, dürfen die Manager mit dem fünf- bis zehnfachen ihres Einsatzes<br />
rechnen. Und den nächsten Traum träumen: den von der Zeit<br />
nach dem Ausstieg. Wer mit Mitte 50 ein Unternehmen erwirbt, hat<br />
nach fünf Jahren ein gutes Polster, um sich zur Ruhe zu setzen. Oder<br />
aber das Kapital, um einen neuen, noch größeren Chefsessel anzusteuern.<br />
Von Thomas Franke (<strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>)<br />
7
III. Die Befragungsergebnisse<br />
1. Die Durchführung der Befragung – Wer hat teilgenommen?<br />
Für die Studie hat die FINANCE-Redaktion 26 in <strong>MBO</strong>s involvierte<br />
Führungskräfte ausführlich befragt. Unter 150 <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaften<br />
wurden 52 ermittelt, die schon <strong>MBO</strong>s in Familienunternehmen<br />
durchgeführt haben. Aus dieser Gruppe erklärten sich wiederum<br />
33 bereit, an der Studie teilzunehmen. Somit wurde eine wesentliche,<br />
repräsentative Gruppe aus Management und Finanzinvestoren<br />
befragt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass bei allen folgenden Ergebnissen<br />
durch Rundungsfehler die Summe nicht immer genau<br />
100 Prozent ergibt.<br />
Die 26 befragten Portfoliounternehmen<br />
erwirtschaften folgende Umsätze:<br />
bis zu 10 Mio. Euro 3<br />
bis zu 25 Mio. Euro 3<br />
bis zu 50 Mio. Euro 7<br />
bis zu 250 Mio. Euro 8<br />
über 250 Mio. Euro 2<br />
k.A. 3<br />
n=26<br />
Die Unternehmen zählen zu den<br />
folgenden Branchen<br />
Automobilzulieferer 4<br />
Elektrotechnik/Elektronik 4<br />
Maschinenbau 6<br />
Textil & Bekleidung 2<br />
Kunststoffindustrie 2<br />
Dienstleistung & Handel 6<br />
Gießerei 1<br />
k.A. 1<br />
n=26<br />
Die 33 befragten Finanzinvestoren<br />
investieren in Unternehmen mit einer<br />
Umsatzgröße ab<br />
5 Mio. Euro 1<br />
10 Mio. Euro 16<br />
25 Mio. Euro 6<br />
50 Mio. Euro 7<br />
200 Mio. Euro 3<br />
n=33<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
8
2. <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong> – erstm<strong>als</strong> für Deutschland<br />
Wenn es um eine Schätzung der <strong>MBO</strong>s in Familienunternehmen<br />
ging, tappten bislang selbst erfahrene <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaften im<br />
Dunkeln. Familienunternehmer neigen zur Verschwiegenheit. Viele<br />
empfinden einen Verkauf des Lebenswerkes<br />
<strong>als</strong> Niederlage, lieber<br />
sähen sie die eigenen Sprösslinge<br />
ihren Platz einnehmen. Andere<br />
möchten in ihrer Heimatregion<br />
Spekulationen über den<br />
Verkaufserlös vermeiden. Auch<br />
wirtschaftliche Aspekte spielen eine Rolle. Die Wettbewerber und die<br />
Lieferanten sollen nicht erfahren, dass ein starker Partner an Bord geholt<br />
wurde. Aus all diesen Gründen verbieten oftm<strong>als</strong> vertragliche<br />
Klauseln, den Deal zu veröffentlichen.<br />
<strong>MBO</strong>s im Rahmen der Nachfolgeregelung von 1996 bis 2001<br />
Ingesamt<br />
Durchgeführte <strong>MBO</strong>s<br />
Geplatzte <strong>MBO</strong>s<br />
(nach Unterzeichnen des Letter of Intent)<br />
Knapp die Hälfte aller <strong>MBO</strong>s scheitern nach dem<br />
Unterzeichnen des „Letter of Intent“.<br />
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bringen etwas Licht ins<br />
Dunkel: Die 33 befragten Finanzinvestoren haben von 1996 bis 2001<br />
in Deutschland insgesamt 130 <strong>MBO</strong>s bei Familienunternehmen<br />
durchgeführt. Im Durchschnitt<br />
ergeben sich daraus 26 De<strong>als</strong> pro<br />
Jahr. Gleichwohl platzten im<br />
selben Zeitraum bei den Befragten<br />
immerhin 119 <strong>MBO</strong>s nach<br />
dem Unterzeichnen des Letter of<br />
Intent, das heißt, dass von insgesamt<br />
249 potenziellen <strong>MBO</strong>s knapp die Hälfte nicht zustande<br />
kamen. Im vorletzten Kapitel nennen die Befragten die häufigsten<br />
Gründe für ein Scheitern dieser <strong>Nachfolgelösung</strong>.<br />
119<br />
130<br />
249<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
9
Die meisten <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaften verfolgen das Ziel, den Wert<br />
des Unternehmens zu steigern, um es nach einigen Jahren zu veräußern.<br />
Für den Verkauf ihrer Beteiligung, im Fachjargon auch Exit genannt,<br />
prüft er verschiedene Möglichkeiten: der Gang an die Börse,<br />
der Verkauf an ein Industrieunternehmen<br />
oder der Verkauf<br />
an einen anderen Finanzinvestor.<br />
Welcher Exit gewählt wird,<br />
hängt von der jeweiligen Unter-<br />
Die Exitkanäle – So verkaufte der Finanzinvestor seine Beteiligungen<br />
nehmens- und Kapitalmarktsituation<br />
ab.<br />
Börsengang<br />
15%<br />
Die befragten Finanzinvestoren<br />
haben zwischen 1996 und 2001<br />
bei 46 Fällen (35 Prozent) ihr Ziel<br />
erreicht und sich von diesen<br />
Unternehmen getrennt. Der Exit<br />
erfolgte nur zu einem geringen<br />
Teil über die Börse. In den meisten<br />
Fällen waren Industrieunternehmen<br />
die glücklichen<br />
Käufer.<br />
Trade Sale<br />
(Verkauf an ein Industrieunternehmen)<br />
Secondary Buy-out<br />
(Verkauf an einen Finanzinvestor)<br />
Die Umsetzung der gemeinsamen Wachstums- und Exitstrategie ist<br />
<strong>als</strong>o kaum direkt von den unberechenbaren Launen des Kapitalmarktes<br />
abhängig. Gleichwohl sinken in schlechten Zeiten die Unternehmenswerte,<br />
so dass für den Finanzinvestor ein schwieriger Kapitalmarkt<br />
auch den Verkauf an Dritte erschwert.<br />
n=46<br />
20%<br />
65%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
10
3. <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> Erfolgsmodell – Unternehmenswert und Ertragskraft werden gesteigert<br />
Nicht nur die Finanzinvestoren machen mit ihrer Beteiligung und<br />
dem späteren Verkauf ein gutes Geschäft. Von einem <strong>MBO</strong> profitiert<br />
das gesamte Unternehmen und somit auch das beteiligte Management<br />
und die Belegschaft. Das zeigen die Ergebnisse zur wirtschaftlichen<br />
Entwicklung. Umsatz und Gewinn verbesserten sich seit dem<br />
<strong>MBO</strong> in den meisten Fällen überdurchschnittlich – eine Motivation<br />
für alle am <strong>MBO</strong> beteiligten Parteien. Zum Vergleich: Von 1995 bis<br />
2001 stieg laut des Statistischen Bundesamtes der jährliche Umsatz<br />
des verarbeitenden Gewerbes im Schnitt um 2,1 Prozent.<br />
Das gesamte Unternehmen<br />
profitiert von einem <strong>MBO</strong> –<br />
und somit auch das beteiligte<br />
Management und die<br />
Belegschaft.<br />
Umsatzsteigerung pro Jahr seit dem <strong>MBO</strong><br />
bis zu<br />
5%<br />
n=31<br />
Gewinnsteigerung pro Jahr seit dem <strong>MBO</strong><br />
blieb<br />
konstant<br />
n=31<br />
7% 7%<br />
bis zu<br />
5%<br />
19% 19%<br />
bis zu<br />
10%<br />
bis zu<br />
15%<br />
16%<br />
13%<br />
bis zu<br />
20%<br />
42%<br />
bis zu<br />
10%<br />
19%<br />
bis zu<br />
25%<br />
16% 16%<br />
bis zu<br />
15%<br />
7%<br />
bis zu<br />
30%<br />
bis zu<br />
20%<br />
3%<br />
bis zu<br />
40%<br />
10%<br />
mehr <strong>als</strong><br />
20%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
7%<br />
bis zu<br />
50%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
11
4. Bekanntheitsgrad eines <strong>MBO</strong> – Aufklärungsarbeit ist gefragt<br />
Trotz der wirtschaftlichen Erfolge ist ein <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong><br />
noch relativ unbekannt. Nur für knapp die Hälfte der Familienunternehmen<br />
war ein <strong>MBO</strong> durch einen Finanzinvestor die erste Wahl der<br />
<strong>Nachfolgelösung</strong>.<br />
War ein <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong><br />
die erste Wahl?<br />
n=26<br />
46% 46%<br />
ja<br />
nein<br />
8%<br />
weiß<br />
nicht<br />
Falls nein: Wie wollte<br />
die Familie die Nachfolge<br />
sichern?<br />
Familieninterne Lösung 3<br />
Fremdgeschäftsführer 3<br />
Verkauf an Existenzgründer 4<br />
Verkauf an Industrieunternehmen 1<br />
Börsengang 1<br />
n=12<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Wie das Management von der Möglichkeit eines<br />
<strong>MBO</strong> erfuhr<br />
Geschäftsfreunde/<br />
-partner<br />
35%<br />
n=26<br />
Medien (Presse, TV etc.)<br />
4%<br />
Hausbank<br />
12%<br />
Eigentümerfamilie<br />
8%<br />
War bekannt<br />
42%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Überraschender und bedenklicher ist das Ergebnis, dass nicht einmal<br />
die Hälfte der Manager, die später einen Buy-out durchführten, vorher<br />
wusste, was ein <strong>MBO</strong> überhaupt ist. <strong>MBO</strong>s <strong>als</strong> Nachfolge könnten<br />
<strong>als</strong>o populärer werden, wenn Unternehmer und Manager mehr darüber<br />
wüssten. Aufklärungsarbeit ist hier gefragt.<br />
12
Aufklärungsarbeit und Eigeninitiative sind besonders vom Finanzinvestor<br />
gefordert. In nur 15 Prozent der Fälle ging er gezielt auf die<br />
Familienunternehmen zu, um sie für einen <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> Nachfolgeinstrument<br />
zu gewinnen. Die Wege zum Buy-out sind vielfältig:<br />
Eigentümerfamilie, Hausbank und Management waren bei der<br />
Kontaktaufnahme zum Finanzinvestor gleichermaßen aktiv: in jeweils<br />
sechs Fällen suchten sie eine <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft auf.<br />
Kontaktaufnahme zum Finanzinvestor<br />
Finanzinvestor<br />
hat das Unternehmen<br />
kontaktiert<br />
15%<br />
n=26<br />
Andere (M&A-Berater,<br />
Wirtschaftsprüfer)<br />
15%<br />
Management<br />
23%<br />
Eigentümerfamilie<br />
23%<br />
Hausbank<br />
23%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Der Aufklärungsbedarf ist groß.<br />
Knapp 60 Prozent des Managements kannten vor<br />
dem eigenen Deal einen <strong>MBO</strong> <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong> nicht.<br />
Für knapp die Hälfte der Altgesellschafter war der <strong>MBO</strong><br />
nur die zweite Wahl.<br />
13
5. <strong>MBO</strong> kein Allheilmittel – das Familienunternehmen muss gesund sein<br />
Trotz der guten und verlockenden Ergebnisse: Nicht für alle der<br />
90.000 industriellen Familienunternehmen, die laut Institut für<br />
Mittelstandforschung (IfM) und BDI bis 2006 in die nächste Generation<br />
übergehen, kommt ein <strong>MBO</strong> in Frage. Finanzinvestoren verlangen<br />
eine Mindestgröße des Unternehmens (siehe Punkt 1 in diesem<br />
Kapitel), und 82 Prozent der 90.000 Unternehmen beschäftigen nur<br />
bis 19 Mitarbeiter. Zentrale Bedingung für eine Investition ist außerdem<br />
ein exzellentes Management, da der Investor nicht in das operative<br />
Geschäft eingreift und somit auf branchen- und führungserfahrene<br />
Topleute angewiesen ist. Und das Unternehmen muss Gewinne<br />
erwirtschaften und Wachstumsphantasien entwickeln können. Der<br />
Investor sucht schließlich nach Wertsteigerungspotenzialen.<br />
Wann ist ein Familienunternehmen aus Sicht der Finanzinvestoren fit für einen <strong>MBO</strong>? (Häufigkeit der Nennung)<br />
n=31<br />
Sehr gutes Management<br />
Solide Finanzierung &<br />
ausreichender Cash-flow<br />
Sehr gute Wettbewerbsposition<br />
Hohes Wachstumspotenzial<br />
Eigenes Produktprogramm<br />
mit Entwicklungspotenzial<br />
Stabile Erträge<br />
23%<br />
26%<br />
36%<br />
45%<br />
58%<br />
77%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
14
Kurzum: Das Unternehmen muss rundherum gesund sein. Auf einen<br />
wohlwollenden Investor, der einen Betrieb saniert, kann der<br />
Unternehmer nicht hoffen. Vielmehr stellt der Finanzinvestor für<br />
strukturell gut aufgestellte Unternehmen zusätzliche Mittel bereit,<br />
um das Umsatz- und Gewinnwachstum wieder auf Kurs zu bringen<br />
Der Umsatz bewegte sich zum Zeitpunkt des <strong>MBO</strong><br />
n=33<br />
61%<br />
mit steigender<br />
Tendenz<br />
36%<br />
mit stagnierender<br />
Tendenz<br />
3%<br />
mit fallender<br />
Tendenz<br />
oder stärker voranzutreiben. Auch Investitionen erhalten einen neuen<br />
Schub. Ein Investitionsstau ist bei Familienunternehmen kein ungewöhnliches<br />
Phänomen und gibt nicht zwingend über das Wachstumspotenzial<br />
Auskunft. Mit zunehmendem Alter scheuen Familienchefs<br />
das Risiko einer Investition mehr <strong>als</strong> in jungen Jahren.<br />
Der Investitionsstau war zum Zeitpunkt des <strong>MBO</strong><br />
kein<br />
Investitionsstau<br />
n=33<br />
27%<br />
36%<br />
24%<br />
12%<br />
gering mittel groß<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
15
Wo der Investitionsstau am größten ist, lässt sich nicht eindeutig sagen.<br />
Entgegen der Annahme, dass der Familienunternehmer am ehesten<br />
die Informationstechnologie vernachlässigt, flossen die meisten<br />
Mittel nach dem <strong>MBO</strong> in die Forschung & Entwicklung, die Internationalisierung<br />
und in den Maschinenpark.<br />
Nach dem <strong>MBO</strong> wurde am stärksten investiert in:<br />
n=29<br />
F&E, Innovationen<br />
Internationalisierung<br />
Maschinen & Anlagen<br />
Informationstechnologie<br />
Marketing & Vertrieb<br />
Personal<br />
10%<br />
14%<br />
31%<br />
52%<br />
55%<br />
55%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
16
6. Top-Führungskräfte gesucht – das Management auf dem Prüfstand<br />
Da der Finanzinvestor nicht in das operative Geschäft eingreift, entscheidet<br />
die Qualität des Managements über den Erfolg seiner Investition.<br />
Die Einschätzung und die Auswahl des Managements ist<br />
allerdings besonders bei Familienunternehmen schwer, da der Patriarch<br />
häufig die Zügel allein in der Hand hält und die Mitarbeiter<br />
nicht zur Eigeninitiative und Verantwortungsübernahme motiviert.<br />
Daher ist die Managementfrage kritisch. Über die Hälfte der Investoren<br />
stuft die Führungsebene unter oder neben dem geschäftsführenden<br />
Alteigentümer <strong>als</strong> befriedigend bis stark verbesserungsbedürftig<br />
ein. Die Folge: Bei rund einem Drittel der <strong>MBO</strong>s wurde das alte<br />
Management um neue Kräfte vor allem in der Geschäftsführung und<br />
im Bereich Finanzen ergänzt. Gut die Hälfte der Investoren setzte bei<br />
Qualität der zweiten Führungsebene<br />
Stark verbesserungsbedürftig<br />
12%<br />
n=33<br />
Es gab keine zweite<br />
Führungsebene<br />
24%<br />
Sehr gut<br />
12%<br />
Befriedigend<br />
52%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
der Person<strong>als</strong>uche auf die Unterstützung<br />
von Personalberatern.<br />
In 42 Prozent der Fälle griff der<br />
Investor auf das eigene Netzwerk<br />
zurück. Drei Prozent der neuen<br />
Kräfte heuerte das Management<br />
selbst an.<br />
In den meisten Fällen kam das<br />
Management aber aus dem<br />
Unternehmen selbst. Denn ganz<br />
„ungeübt“ waren die Führungskräfte<br />
nicht: In der Hälfte aller<br />
De<strong>als</strong> war der Familieneigentümer<br />
nicht mehr der alleinige Geschäftsführer.<br />
Außerdem setzten<br />
die Investoren mehrheitlich auf<br />
ein Management, das schon länger<br />
<strong>als</strong> fünf Jahre im Unternehmen<br />
arbeitet.<br />
Betriebszugehörigkeit des<br />
beteiligten Managements<br />
(Mehrfachnennung möglich)<br />
bis 2 Jahre 6%<br />
bis 5 Jahre 30%<br />
bis 10 Jahre 36%<br />
über 10 Jahre 27%<br />
Teilweise neu eingesetztes<br />
Management 33%<br />
davon<br />
Geschäftsführung 35%<br />
Finanzen 27%<br />
Vertrieb 18%<br />
Produktion & Technik 18%<br />
n=33<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Die Altgesellschafter bauen keine oder nur eine<br />
schwache zweite Führungsebene auf. Die Hälfte der<br />
Finanzinvestoren stufte die Qualität des Managements<br />
daher nur <strong>als</strong> befriedigend ein.<br />
17
Personelle Veränderungen<br />
im Management<br />
seit dem <strong>MBO</strong><br />
Keine Veränderung 45%<br />
Eine Veränderung 39%<br />
Zwei Veränderungen 13%<br />
Mehr <strong>als</strong> drei Veränderungen 3%<br />
n=31<br />
Veränderungen seit dem<br />
<strong>MBO</strong> in der Führung<br />
(Mehrfachnennung möglich)<br />
Geschäftsführung 43%<br />
Finanzen 24%<br />
Vertrieb 24%<br />
Produktion & Technik 10%<br />
n=21<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Auch nach dem <strong>MBO</strong> bereitet<br />
das Management dem Finanzinvestor<br />
Kopfzerbrechen. Die Hoffnungen<br />
des Finanzinvestors auf<br />
das Entwicklungspotenzial der<br />
ehemaligen zweiten Führungsebene<br />
werden häufig enttäuscht.<br />
In über der Hälfte der Unternehmen<br />
wurden auch nach dem<br />
<strong>MBO</strong> Veränderungen in der<br />
Führungsspitze vorgenommen.<br />
Auch hier handelt es sich überwiegend<br />
um Veränderungen in<br />
den Bereichen Geschäftsführung<br />
und Finanzen. Somit bleibt die<br />
Frage nach der Qualität der<br />
zweiten Führungsebene, wenn<br />
es denn eine gibt, aus Sicht der<br />
Investoren der kritischste Erfolgsfaktor.Familienunternehmer<br />
könnten dieses Spannungsfeld<br />
erheblich entschärfen, wenn<br />
sie sich frühzeitig um Führungsnachwuchs<br />
aus den eigenen Reihen<br />
kümmern.<br />
Eng verbunden mit der Managementfrage bleibt auch die Frage nach<br />
der weiteren Rolle des Alteigentümers, vor allem, wenn bis dahin alle<br />
Fäden bei ihm zusammen liefen.<br />
Auf der einen Seite sind das Know-how, die Erfahrungen und die<br />
Kontakte des Seniors Gold und Geld wert. Auf der anderen Seite kann<br />
ein kompletter Rückzug des Alteigentümers wünschenswert sein, vor<br />
allem wenn er sich in fremde Aufgabenbereiche einmischt und Unruhe<br />
stiftet. Die Vertragsparteien haben diese schwierige Aufgabe<br />
unterschiedlich gelöst:<br />
Der Verkäufer übt nach Kaufvertragsunterzeichnung<br />
im Unternehmen<br />
n=33<br />
eine beratende Funktion aus<br />
eine Aufsichtsratsfunktion aus<br />
keine Funktion aus<br />
eine andere Funktion aus<br />
(Beirat, Geschäftsführung)<br />
3%<br />
15%<br />
33%<br />
49%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
18
7. Professionelle <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft gesucht – Der Finanzinvestor auf dem Prüfstand<br />
Nicht nur das Management muss sich vielen detaillierten Fragen<br />
stellen. Auch der Finanzinvestor muss aus Sicht der Familie und des<br />
Managements zum Unternehmen passen und sich mit überzeugenden<br />
Konzepten gegen seine Wettbewerber durchsetzen. In 80<br />
Prozent aller <strong>MBO</strong>-Fälle nahm der Altgesellschafter zunächst mehr<br />
<strong>als</strong> eine Private-Equity-Gesellschaft unter die Lupe. Bei gut der Hälfte<br />
kamen zwei Investoren in die engere Auswahl.<br />
Wie viele Finanzinvestoren<br />
wurden angesprochen?<br />
Anzahl der Nennung<br />
Finanzinvestoren<br />
1 20%<br />
2 8%<br />
3 20%<br />
4 12%<br />
5 16%<br />
6 20%<br />
7 0%<br />
8 4%<br />
n=25<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Zahlte der ausgewählte<br />
Finanzinvestor den höchsten<br />
Preis?<br />
n=26<br />
46%<br />
54%<br />
ja nein<br />
Wann gewinnt der Finanzinvestor das Rennen? Dass der Familienunternehmer<br />
in erster Linie an die Fortführung seines Lebenswerks<br />
denkt, zeigt das folgende Ergebnis: Bei der Auswahl des Finanzinvestors<br />
spielte die Höhe des Kaufpreises nicht die ausschlaggebende Rolle.<br />
In über 50 Prozent der Fälle war der auserwählte Finanzinvestor<br />
nicht derjenige, der den höchsten Preis geboten hatte. Statt dessen<br />
muss das Gesamtkonzept überzeugen. Ob der Finanzinvestor eine<br />
Mehrheit oder Minderheit halten will, interssiert dagegen nur wenig.<br />
Falls nein: Welches war das entscheidende Auswahlkriterium für<br />
den Finanzinvestor (Mehrfachnennung möglich)?<br />
n=14<br />
Strategie/Gesamtkonzept/<br />
Zukunftssicherung des Unternehmens<br />
Seriosität/Vertrauenswürdigkeit/<br />
Persönlichkeit der Finanzinvestors<br />
Vertrags- und Finanzierungsbedingungen<br />
Akzeptanz einer Minderheitsbeteiligung<br />
7%<br />
21%<br />
29%<br />
71%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
19
Wenn das beteiligte Management heute selbst eine <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft<br />
auswählen könnte, wären die folgenden Kriterien entscheidend<br />
(Ranking):<br />
Der Traumfinanzinvestor<br />
Welche Kriterien sind für das Management bei der Wahl des Finanzinvestors am wichtigsten? (1=sehr wichtig, 10=unwichtig)<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Know-how in Finanzierungsfragen<br />
Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Unternehmenssituation<br />
„Chemie“ und Sympathie<br />
Kontakte zu Banken und anderen Finanzinstituten<br />
<strong>MBO</strong>-Erfahrung mit Familienunternehmen<br />
Know-how in Management- und Strategiefragen<br />
Internationales Netzwerk<br />
Fachwissen über die Branche<br />
Erfahrungsaustausch der<br />
Portfoliounternehmen untereinander<br />
2,8<br />
2,9<br />
3,0<br />
3,4<br />
3,7<br />
4,6<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
sehr wichtig unwichtig<br />
5,5<br />
5,6<br />
6,2<br />
20
8. Die Verhandlungen – Der Kaufpreis ist der Knackpunkt<br />
Für die Verhandlungen mit dem Finanzinvestor hat die große Mehrheit<br />
der Alteigentümer bzw. des Managements externe Unterstützung<br />
hinzugezogen. Die Verhandlungen und Vertragsgestaltungen<br />
sind zu komplex, um sie allein zu bewältigen.<br />
Die hinzugezogenen Berater waren<br />
(Mehrfachnennung möglich)<br />
n=33<br />
Wirtschaftsprüfer<br />
Steuerberater<br />
Rechtsanwalt<br />
Unternehmensberater<br />
M&A-Berater 15%<br />
18%<br />
21%<br />
21%<br />
24%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Die Altersvorsorge abgesichert?<br />
Zu einem großen Teil<br />
42%<br />
n=33<br />
Zu einem geringen Teil<br />
15%<br />
Gar nicht<br />
3%<br />
Zu 100%<br />
39%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Die meisten Familienunternehmer, die ihr Unternehmen<br />
erfolgreich führen, konnten Vermögen aufbauen.<br />
Das stärkt ihre Verhandlungsposition gegenüber dem<br />
Finanzinvestor, da die Altersvorsorge nicht vollständig<br />
vom Kaufpreis abhängt.<br />
21
Wie viel Zeit lag zwischen der ersten Präsentation<br />
des Unternehmens bis zum Vertragsabschluss?<br />
n=26<br />
42%<br />
bis 6 Monate bis 9 Monate bis 12 Monate über 12 Monate<br />
War das schnell genug?<br />
n=26<br />
ja<br />
nein<br />
19%<br />
31%<br />
12%<br />
15%<br />
81%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Verhandlungen ziehen sich vor allem dann in die<br />
Länge, wenn der Alteigentümer seinen Emotionen<br />
freien Lauf lässt und einen überhöhten Kaufpreis verlangt.<br />
Er orientiert sich nicht am Ertrags-, sondern am<br />
Substanzwert seines Lebenswerkes.<br />
Insgesamt verliefen die Verhandlungen<br />
aus Sicht des Managements schnell genug.<br />
Drei Viertel aller Verhandlungen kamen nach spätestens<br />
neun Monaten zum Abschluss.<br />
22
Wie bei den meisten Verhandlungen bei M&A-Transaktionen ist der<br />
Kaufpreis ein wesentlicher Knackpunkt. In Familienunternehmen ist<br />
die Situation besonders knifflig. Der Alteigentümer überschätzt häufig<br />
den Wert seines Lebenswerks, da er sich eher am Substanz- <strong>als</strong> am<br />
Ertragswert orientiert. Außerdem hängt die Altersvorsorge manchmal<br />
von der Kaufpreishöhe ab. Der Kaufpreis bzw. der Unternehmenswert<br />
ist trotz einer gründlichen Due Diligence (sorgfältige<br />
Abweichung des Kaufpreises von der Forderung<br />
des Alteigentümers<br />
keine Abweichung<br />
n=28<br />
7%<br />
14%<br />
43%<br />
25%<br />
bis 10 bis 20 bis 30 bis 40 bis 50<br />
4%<br />
7%<br />
Unternehmensprüfung) schwer abschätzbar, weil Transparenz nicht<br />
zur Philosophie inhabergeführten Firmen zählt. Beim Versuch, den<br />
„fairen“ Kaufpreis zu ermitteln, greift die <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft<br />
auf ihr Know-how und ihren Erfahrungsschatz zurück und zieht auch<br />
Vergleichswerte von Unternehmen der Branche heran. Bei der Bezahlung<br />
des Kaufpreises standen die Einmalzahlung und die Kaufpreisrate<br />
hoch im Kurs.<br />
Zahlung des Kaufpreises<br />
n=32<br />
Einmalzahlung 100%<br />
Einmalzahlung 80%, Kaufpreisrate 20%<br />
Einmalzahlung 70%, Kaufpreisrate 30%<br />
Einmalzahlung 50%, Kaufpreisrate 50%<br />
6%<br />
9%<br />
Restliche Einzellösungen 13%<br />
16%<br />
56%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
23
9. Die Finanzierung – Die Banken sind der wichtigste Financier<br />
Ein <strong>MBO</strong>-Deal erfordert in der Regel zwei Fremdfinanzierungsmodelle.<br />
Erstens muss ein großer Teil des Unternehmenskaufs insgesamt<br />
fremdfinanziert werden, zweitens kann das Management die<br />
Mittel für seinen Eigenkapitalanteil oft nur durch Kredite aufbringen.<br />
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass es kein Standardmodell für die<br />
Finanzierung eines <strong>MBO</strong>s gibt. Da die Situation der drei Verhandlungsparteien<br />
(Altgesellschafter, Management und Finanzinvestor)<br />
im Einzelfall höchst unterschiedlich ist, sieht jede Lösung anders aus.<br />
a) Finanzierung des <strong>MBO</strong>s: Hier spielte in den meisten Fällen die<br />
Banken die wichtigste Rolle. Die Finanzinstitute übernehmen vielfach<br />
über die Hälfte des gesamten Finanzierungsvolumens. Auch der<br />
Finanzinvestor steuert entweder über Eigenkapital oder über ein<br />
nachrangiges Darlehen häufig über die Hälfte des Kaufpreises bei.<br />
So wurde der <strong>MBO</strong> im Detail finanziert:<br />
Finanzierung des <strong>MBO</strong>s auf einen Blick<br />
Finanzierungsart Zahl der Nutzung davon bis zu 50% über 50%<br />
EK Finanzinvestor 32 (100%) 26 6<br />
EK Management 31 (97%) 29 2<br />
FK (nachrangige Darlehen<br />
Finanzinvestor, Mezzanine) 17 (53%) 12 5<br />
FK (Darlehen Banken) 23 (72%) 4 19<br />
FK (Darlehen Verkäufer) 6 (19%) 5 1<br />
Finanzierungsart Zahl der Nutzung davon bis zu 10% bis zu 20% bis zu 30% bis zu 40% bis zu 50% bis zu 60% bis zu 70% bis zu 80% bis zu 90% bis zu 100%<br />
EK Finanzinvestor 32 (100%) 5 5 11 5 1 1 1 2 1<br />
EK Management 31 (97%) 22 5 2 2<br />
FK (nachrangige Darlehen<br />
Finanzinvestor, Mezzanine) 17 (53%) 4 3 4 1 2 2 1<br />
FK (Darlehen Banken) 23 (72%) 1 1 2 6 7 4 2<br />
FK (Darlehen Verkäufer) 6 (19%) 3 1 1 1<br />
n=32<br />
n=32<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
24
) Finanzierung des Managements: Die Private-Equity-Gesellschaft investiert<br />
nur, wenn das Führungsteam Anteile am Unternehmen erwirbt.<br />
Sie möchte einerseits sichergehen, dass das Management es<br />
ernst meint mit dem erarbeiteten Business-Plan. Andererseits fördert<br />
das eigene finanzielle Risiko die Motivation. In der Regel ist die Finanzierung<br />
für das Management kein großes Problem. Da das Management<br />
schon viele Jahre berufstätig ist, verfügt es auch über höhere<br />
Eigenmittel <strong>als</strong> Jungunternehmer: Weit über die Hälfte griff zu<br />
den eigenen Ersparnissen, um die Anteilskäufe zu finanzieren. Insgesamt<br />
spielen Bankkredite aber immer noch die herausragende<br />
Rolle. Zaudern die Banken allerdings, kann das Management auch<br />
Darlehen vom Finanzinvestor oder von öffentlichen Förderinstituten<br />
wie der <strong>Deutsche</strong>n Ausgleichsbank (DtA) oder der Kreditanstalt für<br />
Wiederaufbau (KfW) in Anspruch nehmen.<br />
So finanzierte sich das Management im Detail:<br />
Finanzierungsart Zahl der Nutzung davon bis zu 10% bis zu 20% bis zu 30% bis zu 40% bis zu 50% bis zu 60% bis zu 70% bis zu 80% bis zu 90% bis zu 100%<br />
Eigene liquide Mittel 17 (68%) 6 2 2 1 6<br />
Darlehen von öffentlichen Instituten 3 (12%) 1 1 1<br />
Hausbankdarlehen 11 (44%) 1 1 2 2 1 4<br />
Darlehen vom Finanzinvestor 7 (28%) 1 1 2 1 2<br />
Darlehen vom Alteigentümer 4 (16%) 2 1 1<br />
Andere (z.B. Beleihung Haus) 1 (4%) 1<br />
n=25<br />
Finanzierung des Managements auf einen Blick<br />
Finanzierungsart Zahl der Nutzung davon bis zu 50% über 50%<br />
Eigene liquide Mittel 17 (68%) 11 6<br />
Darlehen von öffentlichen Instituten 3 (12%) 3<br />
Hausbankdarlehen 11 (44%) 11<br />
Darlehen vom Finanzinvestor 7 (28%) 4 3<br />
Darlehen vom Alteigentümer 4 (16%) 3 1<br />
Andere (z.B. Beleihung Haus) 1 (4%) 1<br />
n=25<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
25
c) Cashflow zum Schuldenabbau: Die hohe Fremdfinanzierung eines<br />
<strong>MBO</strong>s belastet das Unternehmen, denn die Verschuldung muss in<br />
den anschließenden Jahren abgebaut werden. Dabei muss der Finanzinvestor<br />
die schwierige Aufgabe bewältigen, die Fremdfinanzierung<br />
so zu gestalten, dass das Unternehmen unter der Schuldenlast<br />
nicht erstickt. An einer soliden Finanzierung ist nicht nur das Management,<br />
sondern auch der Finanzinvestor interessiert, denn<br />
schließlich will auch er am Unternehmen verdienen.<br />
Die Verwendung des Cashflows zum Schuldenabbau zeigt bei den<br />
Befragten kein einheitliches Bild. Manchmal wurden nur bis zu 10<br />
Prozent, manchmal über 90 Prozent des Cashflows an die Bank<br />
weitergeleitet. Dabei hätte gut die Hälfte der Unternehmen noch<br />
mehr Fremdmittel aufnehmen können. Insgesamt gilt: Das Tempo<br />
Haben Sie die Verschuldungskapazität voll ausgeschöpft?<br />
n=29<br />
ja<br />
nein<br />
45%<br />
55%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
und die Art des Schuldenabbaus hängen stark von der individuellen<br />
Situation des Unternehmens ab.<br />
Auf den nächsten beiden Seiten können die Antworten der Finanzinvestoren<br />
und des Managements verglichen werden. Beide Parteien<br />
gaben Auskunft darüber, wie viel Prozent des Cashflows zum Schuldenabbau<br />
eingesetzt wurde. Ihr Urteil darüber, ob ihnen die Höhe<br />
des Cashflows angemessen erschien, fällt deutlich unterschiedlich<br />
aus. Während sich vier Fünftel der Finanzinvestoren einig waren,<br />
dass die festgelegte Höhe richtig war, fand weit über die Hälfte des<br />
Managements den Betrag zu hoch.<br />
Die Krux bei der Finanzierung des <strong>MBO</strong>Ss besteht darin,<br />
ein gesundes Verhältnis von Eigen- und<br />
Fremdfinanzierung zu finden, damit das Unternehmen<br />
unter der Schuldenlast nicht erstickt.<br />
26
Wie viel Prozent des Cashflows werden im Schnitt bis zum Exit zum Abbau der Fremdverschuldung,<br />
die mit dem <strong>MBO</strong> einherging, eingesetzt?<br />
8%<br />
Antworten der Finanzinvestoren<br />
Antwort des Managements<br />
bis 10%<br />
n=26<br />
0%<br />
4%<br />
5%<br />
bis 20%<br />
n=21<br />
15%<br />
10%<br />
bis 30%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
4%<br />
14%<br />
bis 40%<br />
15%<br />
10%<br />
bis 50%<br />
8%<br />
5%<br />
bis 60%<br />
4%<br />
14%<br />
bis 70%<br />
15%<br />
19%<br />
bis 80%<br />
4%<br />
0%<br />
bis 90%<br />
23%<br />
24%<br />
bis 100%<br />
Zusammengefasst:<br />
46%<br />
39%<br />
insgesamt<br />
bis 50%<br />
54%<br />
62%<br />
insgesamt<br />
über 50%<br />
27
War der Betrag des Cashflows zum Schuldenabbau angemessen?<br />
Die Meinung des Finanzinvestors Die Meinung des Managements<br />
81%<br />
Die Gründe für die unterschiedlichen<br />
Ansichten sind vielfältig.<br />
Während der Finanzinvestor<br />
eher den Ertrag und den Cashflow<br />
fest im Auge behält, sieht<br />
das Management lieber Umsatz<br />
und Marktanteil wachsen. Auch<br />
die kontinierliche Weiterentwicklung<br />
des Produktes ist oft<br />
aufregender, <strong>als</strong> sich mit Controllingsystemen<br />
anzufreunden.<br />
4%<br />
zu hoch<br />
angemessen<br />
15%<br />
Schuldenabbau wäre<br />
noch schneller<br />
möglich gewesen<br />
5%<br />
n=26<br />
n=21<br />
33%<br />
62%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Konfliktpotenzial: Der Finanzinvestor<br />
orientiert sich am Ertrag und am Cashflow.<br />
Das Management, manchmal stark technologieorientiert,<br />
konzentriert sich auf die Ausweitung der Marktanteile.<br />
Controllinginstrumente zählen nicht zu seinen<br />
Leidenschaften.<br />
28
10. Beurteilung der Partnerschaft – Management und Finanzinvestor sind glücklich<br />
a) Zufriedenheit: Die positiven wirtschaftlichen Ergebnisse seit dem<br />
<strong>MBO</strong> lassen auf eine gute und erfolgreiche Partnerschaft schließen.<br />
Insgesamt sind beide Seiten mit der Zusammenarbeit zufrieden.<br />
Gleichwohl äußern sich die Manager ein wenig kritischer über ihren<br />
Finanzinvestor <strong>als</strong> umgekehrt.<br />
Wenn es um die Führungsqualitäten<br />
und die physischen<br />
und psychischen Belastungen<br />
des Managements geht,<br />
unterscheiden sich Eigenund<br />
Fremdwahrnehmung erheblich<br />
(siehe nächste Seite).<br />
Das Management wirkte auf<br />
den Finanzinvestor „souveräner“,<br />
<strong>als</strong> es sich zum Teil<br />
selbst empfunden hat.<br />
Managementund<br />
Finanzinvestor sind ein<br />
schlagkräftiges Team.<br />
Jeweils drei Viertel der<br />
Manager und der Finanzinvestoren<br />
sind mit der<br />
Zusammenarbeit zufrieden<br />
bis sehr zufrieden.<br />
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit Ihrem ...<br />
Management? Finanzinvestor?<br />
70%<br />
(1=sehr zufrieden, 5=unzufrieden)<br />
15%<br />
15%<br />
0%<br />
0%<br />
n=33<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
0%<br />
n=26<br />
12%<br />
15%<br />
23%<br />
50%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
29
Das Management hat die eigenen Führungsqualitäten<br />
n=24<br />
eher unterschätzt<br />
eher überschätzt<br />
8%<br />
den Erwartungen entsprechend 71%<br />
21%<br />
Der Finanzinvestor findet die Führungsqualitäten<br />
besser <strong>als</strong> erwartet<br />
den Erwartungen entsprechend<br />
n=33<br />
Verbesserungsbedürftig 6%<br />
24%<br />
70%<br />
Für das Management sind die physischen und psychischen Belastungen<br />
höher <strong>als</strong> erwartet<br />
den Erwartungen entsprechend<br />
n=24<br />
geringer <strong>als</strong> erwartet 0%<br />
38%<br />
Aus Sicht des Finanzinvestor bewältigt das Management die<br />
physischen und psychischen Belastungen<br />
besser <strong>als</strong> erwartet<br />
den Erwartungen entsprechend<br />
n=33<br />
Verbesserungsbedürftig 0%<br />
30%<br />
63%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
70%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
30
Das Management baut in den Verhandlungen<br />
häufig die Brücke zwischen Alteigentümer und<br />
Finanzinvestor und muss gleichzeitig auch noch<br />
die eigenen Interessen im Blick behalten.<br />
Diese schwere Aufgabewältigt es meisterhaft.<br />
b) Die Einzelbewertungen aus<br />
Sicht der <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft:<br />
Auch wenn der Finanzinvestor<br />
häufig die Qualität des<br />
Managements bemängelt (siehe<br />
Kapital 6), ist er rundherum zufrieden,<br />
wenn es um die Kooperation<br />
in bestimmten, auch<br />
schwierigen Situationen geht.<br />
Kooperation des Managements in den Kaufverhandlungen<br />
ja<br />
eingeschränkt<br />
n=33<br />
9%<br />
nein 3%<br />
Kooperation des Managements in schwierigen Situationen<br />
(z.B. Verfehlen der Zielvorgaben)<br />
ja<br />
eingeschränkt<br />
n=33<br />
nein 0%<br />
9%<br />
91%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
88%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
31
Die meisten Unstimmigkeiten zwischen Management und<br />
Finanzinvestor gab es in den Bereichen<br />
n=26<br />
Innovationen<br />
12%<br />
Zeitpunkt des Exits<br />
12%<br />
Personal<br />
12%<br />
Kosteneinsparungen<br />
8%<br />
Marketing/Vertrieb<br />
19%<br />
Investitionen<br />
39%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Wenn Management und Finanzinvestor hart diskutierten,<br />
drehte es sich in den meisten Fällen um Investitionsentscheidungen.<br />
Während das Management die Gelder lieber<br />
für die Expansion einsetzen würde, müssen zunächst<br />
die Schulden aus dem <strong>MBO</strong> bezahlt werden.<br />
c) Die Einzelbewertungen aus der Sicht des Managements: Die Führungskräfte<br />
gehen mit ihren Finanzinvestoren ein wenig härter ins<br />
Gericht <strong>als</strong> umgekehrt. Gute Noten verteilen sie bei der Verfügbarkeit<br />
und der realistischen Festlegung der Zielvorgaben. Allerdings fühlt<br />
sich knapp ein Viertel in Konfliktsituationen nur mittelmäßig fair von<br />
seinem Investor behandelt. Auch beim Branchenfachwissen und<br />
Kontaktnetzwerk schneiden die Gesellschaften nicht so gut ab. Die<br />
beiden letzten Punkte sollten aber nicht überbewertet werden, da das<br />
Management diesen Kriterien keine hohe Bedeutung einräumt (siehe<br />
Punkt 7 in diesem Kapitel).<br />
Stand/steht Ihr Finanzinvestor stets bei Bedarf mit Rat und Tat<br />
zur Verfügung?<br />
n=26<br />
meistens<br />
46%<br />
selten<br />
8%<br />
immer<br />
46%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
32
Waren/sind die mit dem Finanzinvestor vereinbarten Zielvorgaben<br />
realistisch?<br />
n=26<br />
4%<br />
zu niedrig<br />
angesetzt<br />
81%<br />
angemessen<br />
15%<br />
überhöht<br />
Trotz der Kritik des<br />
Managements am hohen Abfluss<br />
des Cashflows stimmt<br />
es mit den wirtschaftlichen<br />
Zielsetzungen überein.<br />
0%<br />
stark<br />
überhöht<br />
Verfügt (e) Ihr Finanzinvestor über angemessenes Fachwissen<br />
in Ihrer Branche?<br />
n=26<br />
wenig<br />
Fachwissen<br />
39%<br />
überhaupt kein<br />
Fachwissen<br />
15%<br />
gutes Fachwissen<br />
8%<br />
mittelmäßiges<br />
Fachwissen<br />
39%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Die Finanzinvestoren schneiden zwar beim<br />
Branchenfachwissen schlecht ab. Das empfindet das<br />
Management aber nicht <strong>als</strong> tragisch, da für sie das<br />
Fachwissen ihres Kapitalgebers nicht erfolgsentscheidend<br />
ist (siehe Kapitel 7).<br />
33
Wie fair fühlten/fühlen Sie sich in Konfliktsituationen von<br />
Ihrem Finanzinvestor behandelt?<br />
n=26<br />
mittelmäßig<br />
23%<br />
unfair<br />
8%<br />
sehr fair<br />
69%<br />
Die erfolgreiche Partnerschaft zwischen<br />
Management und Finanzinvestor basiert auch auf<br />
Vertrauen. In über zwei Drittel der Fälle haben es<br />
die Finanzinvestoren geschafft, durch Fairness in<br />
Konfliktsituationen das Vertrauen zu stärken.<br />
Waren/sind die Kontakte Ihres Finanzinvestors hilfreich?<br />
sehr hilfreich<br />
bedingt hilfreich<br />
wenig hilfreich 12%<br />
n=26<br />
27%<br />
62%<br />
Quellen: FINANCE, <strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Das Management legt großen Wert auf<br />
das Kontaktnetzwerk des Finanzinvestors<br />
(siehe Kapitel 7). Die Finanzinvestoren haben<br />
die Erwartungen des Managements in<br />
diesem Bereich aber enttäuscht.<br />
34
IV. Stolpersteine & Erfolgsfaktoren<br />
1. Die Gefahren – Warum scheitern <strong>MBO</strong>s?<br />
Die positiven Ergebnisse und vor allem der wirtschaftliche Erfolg dürfen<br />
nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Weg zu einem erfolgreichen<br />
<strong>MBO</strong> beschwerlich sein kann und die Beteiligten zuweilen auch<br />
Rückschläge verkraften müssen. Die Manager und die Finanzinvestoren<br />
sehen zwar ähnliche Stolpersteine, gewichten diese aber unterschiedlich.<br />
Die folgenden Ausführungen beruhen ausdrücklich auf<br />
den Erfahrungen jedes einzelnen Befragungsteilnehmers. Die Beschreibungen<br />
der Alteigentümer oder Finanzinvestoren dürfen nicht<br />
<strong>als</strong> pauschalisierte Bilder verstanden werden.<br />
Die größten Stolpersteine aus Sicht des Managements<br />
(Rangfolge nach Häufigkeit der Nennung):<br />
1. Fremdfinanzierung: Wenn die Fremdfinanzierung erfolgt, belastet<br />
der hohe Abfluss des Cashflows zum Schuldenabbau das Unternehmen.<br />
Der Spielraum für die kurz- bis mittelfristige Bereitstellung finanzieller<br />
Mittel ist daher sehr eng, Chancen können wegen Liquiditätsengpässen<br />
nicht genutzt werden. Außerdem stellt der eigene Anteilskaufs<br />
eine Belastung dar – auch für die Familie.<br />
2. Alteigentümer: Der Familienunternehmer kann seine Emotionen<br />
in den Verhandlungen nicht zügeln. Er fordert einen zu hohen Kaufpreis,<br />
vertraut dem Management nicht und gibt mangelnde oder f<strong>als</strong>che<br />
Informationen über die tatsächliche Situation des Unternehmens.<br />
3. Management: Der Manager versetzt sich nur schwer in die Philosophie<br />
des Finanzinvestors. Ihm fehlen Visionen und Mut zum Risiko,<br />
oder er überschätzt sein Potenzial. Er kämpft gegen seine Emotionen<br />
und fühlt sich zwischen Altgesellschafter, dem seine Loyalität gilt,<br />
und Finanzinvestor hin- und her gerissen.<br />
4. Banken: Die Banken sind immer schwerer für eine hohe Fremdfinanzierung<br />
des Unternehmenskaufs zu gewinnen. Sie sind zu misstrauisch<br />
und wenig flexibel. Ihnen mangelt es an Kompetenz, wenn<br />
es um das Thema <strong>MBO</strong> geht.<br />
5. Strategie & Exit: Die angestrebten Wachstumsraten sind zu ehrgeizig.<br />
Es werden keine klaren Zielvereinbarungen zum Exit getroffen,<br />
was den Nährboden für Konflikte schafft.<br />
6. Mitarbeiter & Kunden: Die Mitarbeiter und die Kunden akzeptieren<br />
das neue Management nicht und finden nur langsam Vertrauen. Der<br />
neue, weniger traditionelle Führungsstil kommt nicht bei allen Mitarbeitern<br />
gut an.<br />
7. Finanzinvestor: Dem Finanzinvestor fehlt die Sensibilität dem Alteigentümer<br />
gegenüber. Die „Chemie“ zwischen Management und Investor<br />
stimmt nicht.<br />
8. Steuergesetzgebung: Die Veränderungen und Verzögerungen in<br />
der Steuergesetzgebung behindern und verlangsamen den Verhandlungsprozess.<br />
9. Rechtsanwälte & Steuerberater: Die Rechtsanwälte und Steuerberater<br />
sind profilierungssüchtig und nicht qualifiziert. Sie fürchten im<br />
Fall eines Verkaufs des Unternehmens den Verlust des Mandanten.<br />
35
Die größten Stolpersteine aus Sicht des Finanzinvestors<br />
(Rangfolge nach Häufigkeit der Nennung):<br />
1. Alteigentümer: Da der Alteigentümer sich am Substanzwert orientiert,<br />
ist seine Kaufpreisvorstellung überhöht. Er hat Angst loszulassen,<br />
verliert die Kontrolle über seine Emotionen und weigert sich, die<br />
Unternehmensverhältnisse transparent darzustellen. Er übt während<br />
der Verhandlungen zu starken Einfluss auf das Management aus.<br />
2. Management: Die Führungsebene unter dem Patriarchen ist nur<br />
schwach ausgeprägt oder existiert gar nicht. Das in Frage kommende<br />
Management besitzt wenig Erfahrung mit Planungs- und Controllinginstrumenten,<br />
denkt wenig strategisch und visionär und überschätzt<br />
sich. Ihm fehlt die interne und externe Akzeptanz. Die Gefahr<br />
der Fehleinschätzung des Managements durch den Investor ist groß.<br />
3. Unternehmen: Nach der Unternehmensanalyse stellt sich heraus,<br />
dass die Ertragskraft zu gering ist und die Altlasten in den Bereichen<br />
Finanzen, Investitionen und Innovationen zu groß sind. Das Unternehmen<br />
verspricht nur geringe Wachstumspotenziale, so dass realistische<br />
Exitmöglichkeiten Zukunftsmusik bleiben.<br />
4. Unternehmenskultur: Der Wandel von einer persönlichen zu einer<br />
kapitalmarktorientierten Unternehmensführung vollzieht sich nur<br />
schwer. Das Denken bewegt sich nicht in Cashflow-Größen, sondern<br />
in technologischen Details und Potenzialen. Die traditionelle, patriarchalische<br />
Führungsstruktur macht nur zögerlich einer neuen Platz.<br />
5. Fremdfinanzierung: Die Cashflows entwickeln sich zu instabil. Der<br />
Verschuldungsgrad ist zu hoch.<br />
6. Finanzinvestor: Die Qualität des <strong>MBO</strong>-Managers leidet unter dem<br />
sehr hohen Zeitdruck, unter dem er arbeitet. Seine Ertragsplanung ist<br />
zu optimistisch.<br />
7. Banken: Die Banken verhalten sich bei der Kreditvergabe zu restriktiv<br />
und ziehen sich aus der Finanzierung des Erwerbs mittelständischer<br />
Unternehmen zurück.<br />
8. Verträge: Die alten Verträge werden nicht sorgfältig durchforstet.<br />
36
2. Die Erfolgsfaktoren – Die wichtigsten Tipps des Managements und des Finanzinvestors<br />
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren aus Sicht des Managements<br />
(Ranking nach Häufigkeit der Nennung):<br />
1. Finanzierung<br />
� Verhandeln Sie eine realistische Relation von Eigenkapital zu<br />
Fremdkapital bei der Kauffinanzierung.<br />
� Prüfen Sie die geplante finanzielle Belastung des Unternehmens<br />
durch die Fremdverschuldung sehr kritisch.<br />
� Definieren Sie klare vertragliche Regeln hinsichtlich der Finanzierung<br />
von organischem und externem Wachstum.<br />
2. Verhandlungen & Zielvorgaben<br />
� Erarbeiten Sie einen soliden, realistischen, aber auch visionären<br />
Businessplan.<br />
� Ermitteln Sie realistische Planzahlen.<br />
� Beziehen Sie Ihre engsten Mitarbeiter in die Entwicklung der<br />
Planzahlen mit ein.<br />
� Verhandeln Sie ein Worst-Case-Szenario mit dem Investor vor Vertragsabschluss.<br />
� Ziehen Sie eine klare Linie zwischen den Aufgaben des Managements<br />
und denen des Finanzinvestors.<br />
3. Strategie & Exit<br />
� Treffen Sie eine klare Vereinbarung mit dem Finanzinvestor über<br />
die Exit-Strategie. Verschaffen Sie sich Klarheit über die künftigen<br />
finanziellen Ansprüche des Investors.<br />
4. Management<br />
� Informieren Sie sich über den <strong>MBO</strong>-Mechanismus.<br />
� Prüfen Sie Ihre Fähigkeiten kritisch.<br />
� Holen Sie sich Rat von erfahrenen Kollgegen ein.<br />
� Lassen Sie sich nicht um jeden Preis auf einen <strong>MBO</strong> ein.<br />
� Sorgen Sie für ein zweite, durchsetzungsstarke Führungsebene,<br />
da der CEO im Wesentlichen mit Finanzierungsfragen beschäftigt<br />
ist, wenn ein Börsengang <strong>als</strong> Exit gewählt wird.<br />
5. Finanzinvestor<br />
� Führen Sie kritische Gespräche mit mehreren renommierten Investoren.<br />
Ziele und „Chemie“ müssen übereinstimmen.<br />
� Prüfen Sie die Referenzen des Investors.<br />
6. Externe Unterstützung<br />
� Lassen Sie die Situation und das Potenzial des Unternehmens<br />
durch externe, praxiserfahrene Berater beurteilen.<br />
� Klären Sie die Beraterkosten vorab.<br />
7. Banken<br />
� Stellen Sie das Vertrauen und die Unterstützung der Banken sicher.<br />
8. Alteigentümer<br />
� Bewahren oder gewinnen Sie das Vertrauen des Alteigentümers.<br />
9. Kunden<br />
� Informieren Sie Ihre Kunden frühzeitig, um sich ihrer Zustimmung<br />
zu vergewissern.<br />
37
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren aus Sicht der Finanzinvestoren<br />
(Ranking nach Häufigkeit der Nennung):<br />
1. Management<br />
� Führen Sie ein tiefgehendes Management-Audit durch.<br />
� Gehen Sie keine Kompromisse bei der Wahl des Managements<br />
ein. Die neue Führung muss die erste Wahl sein.<br />
� Sensibilisieren Sie das neue Management für Cashflow statt für<br />
Gewinn.<br />
� Beobachten und kontrollieren Sie das Management.<br />
2. Alteigentümer<br />
� Treffen Sie eine klare Regelung mit dem Verkäufer hinsichtlich<br />
seines Ausstiegs. Finden Sie die richtige Balance: Idealerweise<br />
sollte sich der Alteigentümer zu 100% finanziell und operativ zurückziehen.<br />
Wenn aber das Unternehmen auf ihn <strong>als</strong> einzigen<br />
Know-how-Träger angewiesen ist, sollte er in die <strong>MBO</strong>-Struktur<br />
eingebunden werden: über einen Beratervertrag oder über eine<br />
Beteiligung an der Finanzierung und/oder des zukünftigen Erfolges.<br />
3. Finanzierung<br />
� Strapazieren Sie die Finanzierungsstruktur über die Fremdverschuldung<br />
nicht bis zum Limit.<br />
4. Finanzinvestor<br />
� Geben Sie allen Verhandlungsparteien und sich selber genügend<br />
Zeit.<br />
� Prüfen Sie, ob die Wellenlänge zwischen Ihnen und dem Management<br />
passt. Setzen Sie Ihre Position kompromisslos durch.<br />
� Verlieben Sie sich nicht in das Produkt.<br />
5. Strategie & Exit<br />
� Analysieren Sie die Exitchancen, und planen Sie einen realistischen<br />
Zeithorizont für den Exit ein.<br />
6. Verhandlungen & Zielvorgaben<br />
� Klären Sie alle offenen Punkte vor Vertragsabschluss.<br />
� Planen Sie realistische, ausreichende Liquiditätsreserven ein.<br />
38
V. Erfolgsgeschichten<br />
1. Westfalia GmbH & Co. KG – <strong>MBO</strong> beim traditionsreichen Marktführer für Anhängerkupplungen<br />
Getrennte Treppenhäuser für die zwei geschäftsführenden Familiengesellschafter,<br />
weil die beiden Vetter sich bekriegten? Kein phantasievolles<br />
Schreckensszenario, sondern Realität in den ehemaligen Westfalia-Werken,<br />
Hersteller von Anhängern, Wohnmobilen und Anhängerkupplungen.<br />
Auch eine andere Geschichte wird erzählt: Die beiden<br />
Führungskräfte verfügten jeweils über einen eigenen Firmenparkplatz.<br />
Eines Tages parkte der eine Vetter – im Glauben, der andere<br />
sei im Urlaub – auf dem Parkplatz des anderen. Der befand sich<br />
aber nicht im Urlaub und ließ den Wagen des F<strong>als</strong>chparkers wutentbrannt<br />
abschleppen. Heute mag man über diese Geschichten<br />
schmunzeln. Aber die Querelen in der Eigentümerfamilie trieben das<br />
Unternehmen 1994 fast in den Ruin.<br />
Der angekündigte Konkurs des Marktführers in Deutschland für Anhängerkupplungen<br />
entfachte den Zorn der Belegschaft. Die wusste<br />
nämlich um die Qualität ihres Produktes und forderte die fristlose<br />
„Entlassung“ der Famliengesellschafter. Westfalia war zum Politikum<br />
in der Region geworden. An der Autobahn hingen Transparente, die<br />
die Gründerfamilie Knöbel <strong>als</strong> Totengräber anprangerten. Es ging um<br />
den Erhalt der Arbeitsplätze und der über 150-jährigen Erfolgsstory.<br />
Regionalpatriotismus <strong>als</strong> <strong>Nachfolgelösung</strong> Nr. 1<br />
Daraufhin eilten drei unternehmerische Koryphäen aus der westfälischen<br />
Nachbarschaft zur Rettung herbei: Gunther Berg, Gründer der<br />
Unternehmensgruppe Berg (Möbelindustrie), Werner Gehring, Inhaber<br />
der Christinen Brunnen Mineralquellen (Getränkeindustrie), und<br />
Mark Wössner, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann<br />
<strong>AG</strong>. Sie kauften zu jeweils gleichen Teilen die Westfalia-Werke mit<br />
Mitteln aus ihrem Privatvermögen. „Beim Kauf dürfte neben der rationalen<br />
Investitionsentscheidung vor allem die emotionale Verbundenheit<br />
zur Region ausschlaggebend gewesen sein“, vermutet Dr.<br />
Wolfgang Alvano, Director der amerikanisch-britischen <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft<br />
Granville Baird Capital Partners. Mit der Inhaberfamilie<br />
Knöbel vereinbarten die neuen Gesellschafter Pensionszahlungen.<br />
Die Familie sei persönlich mit „einem blauen Auge“ davon gekommen,<br />
so Alvano.<br />
Die Sanierung dauerte fünf Jahre. Wie viel Kapital Berg, Gehring und<br />
Wössner in den Wiederaufbau steckten, ist offiziell nicht bekannt.<br />
1999 wurden schließlich die drei auf Vordermann gebrachten Geschäftsbereiche<br />
in eigenständige rechtliche Einheiten umgewandelt:<br />
� Westfalia Trailer Group GmbH<br />
� Westfalia Van Conversion GmbH<br />
� Westfalia-Automotive GmbH & Co. KG<br />
<strong>MBO</strong> <strong>als</strong> zweite <strong>Nachfolgelösung</strong><br />
Die drei „Retter“, die sich dem Pensionsalter näherten, veräußerten<br />
1999 zunächst 49 Prozent der Westfalia Van Conversion GmbH an<br />
DaimlerChrysler. Es sei wahrscheinlich, dass der Autokonzern sukzessive<br />
die Mehrheit erwerben würde, so Dr. Frank Wachsmuth, seit<br />
Anfang 2001 Vorsitzender der Geschäftsführung der Westfalia-Auto-<br />
39
motive GmbH & Co. KG. Für das traditionell ertragsstarke Geschäft<br />
der Anhängerkupplungen fand sich eine andere Lösung: Granville<br />
Baird kaufte 85 Prozent, das Management – bestehend aus zwei Geschäftsführern<br />
und drei Prokuristen – übernahm die restlichen 15<br />
Prozent. Derzeit sucht man einen neuen Gesellschafter, der die Bereiche<br />
Finanzen und Controlling leiten soll.<br />
Die Finanzierung folgte dem „klassischen“ Leveraged-Buy-out-Schema:<br />
40 Prozent Eigenkapital und 60 Prozent Fremdkapital. Die<br />
Fremdfinanzierung übernahm die Hamburgische Landesbank. Dem<br />
Management griff die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bei der<br />
Finanzierung des Eigenkapitalanteils unter die Arme.<br />
Nur ein Produkt im Portfolio: Anhängerkupplungen<br />
Warum investierte Granville Baird 11,7 Millionen Euro in einen Betrieb<br />
mit dieser turbulenten Vergangenheit? Spontan fällt Alvano zunächst<br />
die Qualität des Managements ein: „Ein Unternehmen, das<br />
trotz 30-jährigen Familienzwists eine Marke wie Westfalia so erfolgreich<br />
etabliert, muss sich durch ein exzellentes mittleres Management<br />
auszeichnen.“ Denn genau diese Managementebene habe die<br />
Westfalia aus der Krise geführt, wenn auch mit Unterstützung der<br />
neuen Gesellschafter. So krempelte ein erfahrener Mann von Bertelsmann<br />
für die Westfalia <strong>als</strong> Chef noch einmal die Ärmel hoch. Außerdem<br />
holte man sich – an Stelle der „A.T. Kearneys oder McKinseys“<br />
dieser Welt – Fachleute von Bertelsmann ins Haus, um etwa die EDV-<br />
Anlagen zu modernisieren.<br />
Der zweite Anreiz für das Engagement der <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaft<br />
lag in der konsequenten Ausrichtung der Westfalia-Automotive auf<br />
das Kerngeschäft. Auch Wachsmuth gerät ins Schwärmen. Er sanierte<br />
in den letzten vier Jahren die Mannesmann Röhrentechnik, musste<br />
1.000 Arbeitsplätze abbauen und Werke schließen, um diesen Teilkonzern<br />
auf das Kerngeschäft auszurichten. Eine harte Zeit. Jetzt<br />
könne er endlich in ein gesundes Unternehmen einsteigen, das das<br />
Geschäftsmodell des „Core Business“ lebe. Die Westfalia-Automotive<br />
erwirtschaftet mit 385 Mitarbeitern einen Umsatz in Höhe von 110<br />
Millionen Mark – „nur“ mit Anhängerkupplungen.<br />
Mit Private Equity von Westfalen aus in die weite Welt<br />
Doch dabei soll es nicht bleiben: Schließlich investierten Granville<br />
Baird und das Management auch wegen des Wachstumspotenzi<strong>als</strong>.<br />
Das liegt vor allem im Ausland. Westfalia beherrscht zwar 43 Prozent<br />
des deutschen Marktes, exportiert aber nur etwa 10 Prozent seiner<br />
Produktion. Bislang montiert nur eine Tochter in South Carolina,<br />
USA, nach technischen Vorgaben aus Deutschland die Kupplungen,<br />
um bei BMW-USA direkt auf das Band zu liefern. Schon längst verlangen<br />
die großen Hersteller, dass die Zulieferer ihnen in die ausländischen<br />
Produktionsstätten folgen. Aber die Internationalisierung, ob<br />
der Aufbau eines Händlernetzes oder der Aufbau einer eigenen Produktion,<br />
kostet viel Geld.<br />
Auch Akquisitionen im Ausland schließt Wachsmuth nicht aus. In<br />
Frage kämen allerdings nur reine Hersteller von Anhängerkupplun-<br />
40
gen. „Den Pfad der Tugend, nämlich eine 100-prozentige Konzentration<br />
auf unser Kernprodukt, werden wir nicht verlassen“, versichert<br />
Wachsmuth. Wenn Westfalia einen Übernahmekandidaten ausspähen<br />
sollte, will man sich auf das M&A-Know-how sowie auf das Netzwerk<br />
von Granville Baird verlassen. Der Automobilzulieferer plant,<br />
Kapital auch verstärkt in Innovationen zu stecken. „Wir wollen nicht<br />
durch einen Verdrängungswettbewerb über den Preis, sondern durch<br />
Produktinnovation wachsen“, erklärt der neue Westfalia-Chef. Seine<br />
Ziele sind ehrgeizig. In den nächsten fünf Jahren soll der Umsatz um<br />
50 Prozent steigen, das Ergebnis soll proportional wachsen.<br />
Als Gesellschafter motivierter an die Arbeit<br />
Welche Motivation hat den 50-jährigen Wachsmuth, der über einen<br />
Head Hunter gefangen wurde, zur Übernahme des Postens bewegt?<br />
Reizvoll sei für ihn zum einen die <strong>Beteiligungs</strong>möglichkeit. Er hatte<br />
die letzten Jahre immer <strong>als</strong> angestellter Geschäftsführer gearbeitet.<br />
„Es ist schon erstaunlich. Ich bin motivierter und schaue eben noch<br />
einen Tick genauer auf das, was wir im Alltäglichen entscheiden“, resümiert<br />
er nach seinen ersten Monaten. Zum anderen suchte Wachsmuth<br />
die Antwort auf eine wesentliche Frage: „Welche Zeit war für<br />
mich die schönste: die 14 Jahre im Konzern oder die 8 Jahre in einem<br />
mittelständischen Familienunternehmen? Die Antwort lautete:<br />
Mittelstand.“ Er ziehe die flachen Hierarchien, die pragmatische Vorgehensweise<br />
sowie den unmittelbaren Kontakt zu den Mitarbeitern<br />
der eher anonymen Arbeit mit den Stabsstellen im Konzern vor.<br />
Jetzt macht sich das Flaggschiff Westfalia mit frischem Kapital und<br />
Management auf zu neuen Ufern. Die Turbulenzen haben sich gelegt,<br />
der Familienzwist der Vergangenheit ist in die Ferne gerückt.<br />
Auch wenn die Familie Knöbel nicht mehr im Unternehmen präsent<br />
ist, hat sie einen Meilenstein gelegt: Wer auf der Autobahn genauer<br />
hinschaut, der sieht zwar keine Transparente mehr. Doch die Kugelkopfkupplung<br />
wird ihm unweigerlich ins Auge stechen.<br />
Chronik der Westfalia-Werke<br />
1844 Johannes Bernd Knöbel gründet eine Schmiede<br />
in Westfalen.<br />
1994 Drei Privatinvestoren aus der Region übernehmen die<br />
stark angeschlagenen Westfalia-Werke von der<br />
Gründerfamilie Knöbel.<br />
1994-1999 Sanierung.<br />
1999 Die Westfalia-Werke werden in drei rechtlich<br />
selbstständige Einheiten umgewandelt.<br />
2000 Granville Baird und das Management kaufen die<br />
Westfalia-Automotive GmbH & Co. KG. Investitionsvolumen<br />
der Granville Baird: 11,7 Millionen Euro.<br />
Von Petra Gessner (FINANCE)<br />
41
2. Techem <strong>AG</strong> – Vom Familienunternehmen zum MDAX-Aufsteiger<br />
„Ohne den Kapit<strong>als</strong>chub durch die Börse würden zwar wir immer<br />
noch existieren, allerdings bei einem Umsatz von etwa 500 Millionen<br />
Mark und nicht bei 700 Millionen Mark, die wir heute erreichen“, resümiert<br />
Dieter S. Dannheimer, Vorstandsvorsitzender der Techem<br />
<strong>AG</strong>. Das Geschäft mit der Erfassung, Verteilung und Abrechnung von<br />
Energie und Wasser lief immer sehr gut. Doch für große Investitionen<br />
in Innovation und Expansion reichte es nie. Schließlich musste<br />
die Familie des Firmengründers Friedrich Ott, der Mitte der 50er Jahre<br />
die Idee der Heizkostenerfassung aus Dänemark patentieren ließ,<br />
von den Ausschüttungen leben.<br />
Ruf nach Wachstumskapital wurde immer lauter<br />
Warum entschied die Familie Ott, bis 1996 hundertprozentige Eigentümerin<br />
der Techem <strong>AG</strong>, das Unternehmen an die Börse zu bringen?<br />
Mehrere Gründe fielen zusammen. Erstens zeigten sich die Banken<br />
und die Familie über die sehr dünne Eigenkapitaldecke von etwa 5<br />
Prozent besorgt – obwohl schwarze Zahlen bei Techem schon immer<br />
Tradition waren. Zweitens war der Kapitalbedarf seit der Wiedervereinigung<br />
Deutschlands stark gestiegen. Da in der „deutschen Gründlichkeit“<br />
auch die Heizkostenverordnung in den Einigungsvertrag<br />
hinein genommen wurde, stieg Techem massiv in den ostdeutschen<br />
Markt ein. „Wir vermieten unsere elektronischen Heizkostenverteiler<br />
über einen Zeitraum von zehn Jahren. Doch Vermietung will finanziert<br />
sein“, erklärt Dannheimer den Ruf nach Kapital. Kurzfristig<br />
wurde die Eigenkapitallücke über eine Asset-backed-Finanzierung<br />
geschlossen. Techem verkaufte die zukünftigen Forderungen – eine<br />
sehr große Zahl von Einzelforderungen basierend auf den Einzelmietverträgen.<br />
Langfristig war dies aber keine Lösung. Deshalb hatte die Familie<br />
schon 1995 an einen Börsengang gedacht. „Mit der Unternehmensbewertung<br />
durch die Banken waren wir aber nicht zufrieden. Also<br />
entschlossen wir uns, nach einem institutionellen Geldgeber Ausschau<br />
zu halten“, erklärt Dr. Martin Ott, der Sohn des Gründers. Er<br />
war dam<strong>als</strong> auf Wunsch des Vaters für die Nachfolge vorgesehen.<br />
Doch aus „persönlichen Gründen“ entschied sich der promovierte<br />
Betriebswirt für eine andere berufliche Laufbahn. Heute verwaltet er<br />
das Familienvermögen. Auch die Schwester ging ihren eigenen Weg.<br />
Zunächst keine Begeisterung für die Finanzinvestoren<br />
„Das Management sprang nicht gerade in die Höhe, <strong>als</strong> es von einem<br />
Finanzinvestor hörte. Wir wären gerne aus eigener Kraft an die Börse<br />
gegangen“, gesteht Dannheimer. „Aber im Nachhinein betrachtet<br />
und vor allem aus Sicht der Familie war die Entscheidung für einen<br />
Finanzinvestor absolut richtig.“ Es gab auch die Überlegung, die<br />
wichtigsten Lieferanten an Techem zu beteiligen. Aber die Preisvorstellungen<br />
wichen zu stark voneinander ab.<br />
Gab es Berührungsängste mit den neuen Geldgebern? Dannheimer<br />
schmunzelt. „Naja, zunächst einmal muss man ganz klar sehen: <strong>Beteiligungs</strong>gesellschaften<br />
leben davon, Firmen billig einzukaufen, um<br />
sie wieder teurer zu verkaufen. Das Management musste sich an die-<br />
42
sen Typ Menschenschlag, der durch ein sehr starkes Financial Engineering<br />
geprägt ist, gewöhnen.“ Finanzvorstand Walter Schmidt fügt<br />
schnell hinzu: „Wir hatten aber Glück, weil wir mit BC Partners nicht<br />
nur auf der fachlichen, sondern auch auf der menschlichen Ebene<br />
sehr gut zurecht kamen.“<br />
Die Familie Ott entschied sich erst nach sehr vielen Einzelgesprächen<br />
für BC Partners. „Ich hatte das Gefühl, dass BC Partners den Unternehmenswert<br />
der Techem wirklich erkannt hatte. Im Gegensatz zu<br />
anderen Wettbewerbern entwickelten sie keinerlei Ehrgeiz, die gesamte<br />
Firmenstruktur zu verändern“, erklärt der Sohn des 1979 verstorbenen<br />
Gründers. Die Empfehlung und den Kontakt zu BC Partners<br />
hatte er über eine Anwaltskanzlei bekommen.<br />
Für das Management gestaltete sich das „Beschnuppern“ mit den Finanzinvestoren<br />
etwas anders. Als sich das Management den in der<br />
näheren Auswahl stehenden Unternehmen präsentierte, schlief einer<br />
am Tisch ein. „Der ist dann erst wieder aufgewacht, <strong>als</strong> es um Verbindlichkeiten<br />
ging. Da dachte er wohl sofort an Leveraging“, scherzt<br />
Dannheimer. Dann spricht er ernster. Ihn habe das Auftreten der Finanzinvestoren<br />
sehr gestört. Ein Investor prahlte, er mache dieses<br />
Geschäft seit drei Jahren und habe 4 Millionen Mark verdient. Das<br />
könne das Techem-Management auch, wenn es wolle. „Der junge Finanzinvestor<br />
dachte, er könne mir wie einem Hasen eine Rübe vor<br />
die Nase setzen, damit ich schneller laufe. Diesen Ansatz halte ich<br />
weder für motivierend noch für sittlich“, urteilt Dannheimer. Schließlich<br />
folgte die Due Diligence. Auf Grund der intensiven Bankbeziehungen<br />
aus der Vergangenheit waren es die Mitarbeiter von Finanz-<br />
vorstand Schmidt gewohnt, die Unternehmenszahlen offen zu legen<br />
und zu erläutern. Man müsse eher aufpassen, die Zügel nicht aus den<br />
Händen zu verlieren, „denn die Berater und Wirtschaftsprüfer entwickeln<br />
in den einzelnen Abteilungen eine erstaunliche Eigendynamik<br />
und gehen über ihren eigentlichen Auftrag weit hinaus“, umschreibt<br />
Schmidt höflich das, was auch <strong>als</strong> unerwünschtes Schnüffeln<br />
bezeichnet werden könnte.<br />
Beruhigung der Mitarbeiter aufreibend<br />
Als eine besondere Herausforderung empfand das Management auch<br />
die Kommunikation mit den Mitarbeitern. Unruhe und Ungewissheit<br />
über die Zukunft der Techem grassierten. Nicht zu Unrecht,<br />
denn der langjährige Wettbewerber Ista aus Mannheim – heute Viterra<br />
– war von VEBA gekauft worden. Entlassungen und Umzüge von<br />
Mannheim nach Münster standen auf der Tagesordnung. Die Techem-Führung<br />
musste während der Due Diligence immer wieder betonen,<br />
dass man nach Lösungen für die Wahrung der Unabhängigkeit<br />
des Unternehmens suchte. Bevor 1996 der Einstieg von BC Partners<br />
unter Dach und Fach war, musste sich das Management noch für<br />
die Beteiligung aussprechen. „Beteiligung ist leicht übertrieben, das<br />
Management konnte sich ja nur mit 1,5 Prozent beteiligen. Und richtig<br />
freiwillig ist so etwas auch nicht, sonst finanzieren die Banken<br />
und die Investoren den Deal nämlich nicht“, erklärt Dannheimer seine<br />
Ansichten.<br />
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Professionalisierung der Techem durch den Börsengang<br />
Im Jahr 2000 ging die Techem an die Börse. Hier zieht der Vorstand<br />
vor BC Partners den Hut. Beim so genannten Beauty Contest habe BC<br />
Partners Kompetenz bewiesen. Auch das Pricing sei sehr professionell<br />
gewesen, da BC der Aktie sowohl beim IPO (19 Euro) <strong>als</strong> auch<br />
beim Secondary Offering (29 Euro) zwölf Monate später die Möglichkeit<br />
gegeben habe, sich zu entwickeln. „BC Partners war weder gierig,<br />
noch hat die Gesellschaft abgezockt“, lobt der Finanzvorstand. Positiv<br />
sieht Schmidt die exzellenten Beziehungen von BC Partners zu internationalen<br />
Banken und die Erfahrung mit verschiedenen Finanzierungs-<br />
und Geschäftsmodellen. „Das ist ein spezielles Know-how, das<br />
eine Firma nie aufbauen kann“, begeistert sich der Finanzvorstand.<br />
„Wir haben viel gelernt, und BC Partners und der Börsengang haben<br />
sehr zur Professionalisierung der Techem beigetragen.“<br />
Mit Innovationen und Akquisitionen wachsen<br />
Wie sieht die Zukunft der Techem aus? Mit dem frischen Börsenkapital<br />
will sie wachsen, auch personell. Der Leiter Investor Relations,<br />
Anton Steiner-Holzmann, der über einen Headhunter zu Techem<br />
kam und sich besonders intensiv um angelsächsische Investoren<br />
kümmert, bekommt von einer Mitarbeiterin aus den eigenen Reihen<br />
Verstärkung. Am 1. Juli ist jemand eingestellt worden, um sich ausschließlich<br />
um Akquisitionen zu kümmern. Techem will aber auch<br />
durch Innovation wachsen. Die Frankfurter haben ein Funksystem<br />
entwickelt, das die Energie- und Wasserwerte abliest, ohne dass die<br />
Mieter anwesend sein müssen. Bald soll man vor der Rückkehr aus<br />
dem Winterurlaub sogar über das Handy die Heizung anschalten<br />
können, damit es bei der Ankunft gemütlich warm ist. Auf den Winterurlaub<br />
freut sich Dannheimer auch wieder. Der begeisterte Skifahrer<br />
musste zwei Jahre wegen der Börsenereignisse jeweils im Februar<br />
auf seine Leidenschaft verzichten. Urlaubsreif ist Dannheimer bestimmt.<br />
„Wir haben bis zuletzt gezittert. Der Finanzinvestor kann ja<br />
bis zuletzt den Börsengang absagen und an einen höher bietenden industriellen<br />
Investor verkaufen. Jetzt ist zum Glück alles entschieden.“<br />
An der Börse fühlt er sich mit Techem endlich frei.<br />
Die Techem <strong>AG</strong> auf einen Blick<br />
1952 Gründung durch Friedrich Ott.<br />
1979 Die Kinder treten nach dem Tod des Gründers die<br />
Nachfolge nicht an. Das Unternehmen bleibt vollständig<br />
im Familienbesitz.<br />
1993 Umwandlung in eine <strong>AG</strong>.<br />
1996 BC Partners beteiligt sich mit 53 Prozent und investiert<br />
100 Millionen Mark.<br />
2000 Börsengang.<br />
2001 Zweitplatzierung, Aktienstruktur: 73,5 Prozent Freefloat,<br />
25 Prozent Familie Ott, 1,5 Prozent Management.<br />
Quelle: Techem <strong>AG</strong><br />
Von Petra Gessner (FINANCE)<br />
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3. Franz Funke GmbH & Co. KG – An die Stelle des Sohnes traten ein neuer Geschäftsführer und ein Investor<br />
Als Dr. Wolfgang Kemper ein patentiertes Stück Plastik präsentiert,<br />
versucht er gar nicht erst, den Stolz auf seine Belegschaft zu verstekken:<br />
„Das waren meine kreativen Mitarbeiter.“ Nach nur fünf Jahren<br />
hängt das Herz des Geschäftsführers an der Belegschaft und an den<br />
Spezialfabriken für Drehteile und Kunststofferzeugnisse. Der ehemalige<br />
Eigentümer Fritz Funke hingegen musste sein Herz entwöhnen.<br />
Er war 30 Jahre lang für die Geschicke seiner beiden Familienunternehmen<br />
verantwortlich, bis er 1995 verkaufte. AstroPlast Fritz Funke<br />
GmbH & Co. KG und Franz Funke GmbH & Co. KG: Hinter den etwas<br />
verwirrenden Firmennamen steckt eine spannende Geschichte.<br />
Der Großvater hatte die Firma Franz Funke GmbH & Co. KG im Jahr<br />
1919 gegründet, die mit Metallverarbeitung ihr Geld verdiente. Nach<br />
einem USA-Aufenthalt baute der Enkel Fritz Funke <strong>als</strong> weiteres<br />
Standbein die Kunststofftechnik auf: Er gründete die Firma Astro-<br />
Plast Fritz Funke GmbH & Co. KG. „Für seine Nachfolge hatte Herr<br />
Funke freilich eine andere Vorstellung, <strong>als</strong> dass ein Dr. Kemper die<br />
Ahnenreihe durchbrechen würde“, erklärt Kemper. Funke wollte die<br />
beiden Unternehmen an seine Kinder weiterreichen.<br />
Kinder und Fremdgeschäftsführer keine Lösung<br />
Dazu sollte es aber nie kommen. Zwei Kinder des Alteigentümers waren<br />
zum Zeitpunkt des Firmenverkaufs zu jung für die Übernahme<br />
der Geschäftsführung. Der Sohn teilte seinem Vater zum Ende des<br />
Studiums mit, dass er die Nachfolge nicht antreten wolle. Eine Enttäuschung<br />
für den Familienunternehmer.<br />
Zunächst gab er die Hoffnung, das Unternehmen in Familienhand<br />
zu behalten, jedoch nicht auf und stellte einen Fremdgeschäftsführer<br />
ein. Doch die Trennung von Geschäftsführung und Gesellschafter bewährte<br />
sich nicht. Der Senior war ehrlich genug, sich einzugestehen,<br />
dass er <strong>als</strong> Gesellschafter weiterhin viel zu gerne Entscheidungen<br />
mittraf.<br />
Firmenimmobilie <strong>als</strong> Altersvorsorge<br />
Bei der Übernahme von Familienunternehmen wird die Altersvorsorge<br />
des Alteigentümers oft über den Kaufpreis geregelt. Im diesem<br />
Fall lag die Sache jedoch anders. Eine Kaufpreisberechnung<br />
auf den Ertragswert erschien wegen bereits durchgeführter kostenintensiver<br />
Maßnahmen zur Umstrukturierung des Alteigentümers<br />
ungeeignet. Daher hat die Gesco <strong>AG</strong> die Immobilie nicht mit<br />
übernommen, so dass die Mieteinkünfte dem Alteigentümer heute<br />
zufließen. Für das Unternehmen kommt es zu keiner Mehrbelastung,<br />
da die Miete in etwa den Abschreibungen entspricht.<br />
Verkauf ohne Rufschädigung<br />
Aber das Lebenswerk dreier Generationen verkauft sich nicht so<br />
leicht. Dazu kam noch etwas anderes: „Fritz Funke wollte nicht vorrangig<br />
Kasse machen“, erzählt Kemper. „Der Seniorchef fühlte sich<br />
für die Unternehmen und die Belegschaft in höchstem Maße verantwortlich“,<br />
erzählt Kemper. „Ihm war wichtig, dass er auch nach dem<br />
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Rückzug in Frieden ein Bier auf dem Schützenfest trinken kann.“ Die<br />
Alternative sollte die Gesco <strong>AG</strong> sein. Gesco hält ein Portfolio mittelständischer<br />
Industrieunternehmen und hat sich auf die Regelung familiärer<br />
Nachfolgefragen spezialisiert. „Diese Spezialisierung bringt<br />
ein sehr langfristiges Engagement mit sich. Unsere Rendite erzielen<br />
wir nicht aus Kauf und Verkauf, sondern aus der Übernahme und<br />
Weiterentwicklung von gesunden Unternehmen“, erklärt Willi Back,<br />
Vorstandsvorsitzender der Gesco <strong>AG</strong>. Für den Alteigentümer waren<br />
die Wuppertaler vor allem eine Alternative zum Verkauf an einen<br />
Wettbewerber. Deshalb wurde die Übernahme durch die Gesco auch<br />
von der Belegschaft positiv aufgenommen, sagt Back.<br />
Unternehmerischer Geist <strong>als</strong> Nachfolger gesucht<br />
Aber letztendlich musste nicht Gesco, sondern der neue Geschäftsführer<br />
akzeptiert werden. „Unsere wichtigste Aufgabe überhaupt“, so<br />
Back, „ist, den richtigen Mann auf die leitende Position vor Ort zu setzen.“<br />
Gesucht wurde die neue Unternehmensleitung über eine Personalberatung.<br />
Auch Seniorchef Funke war in die Kandidatenauswahl<br />
einbezogen. Wie Kemper heute sagt, war er für diese Aufgabe<br />
prädestiniert: Er ist ausgebildeter Kunststofftechniker, hat im Sondermaschinenbau<br />
gearbeitet und bereits ein Familienunternehmen mitgeführt<br />
– eine optimale Kombination für die Leitung der beiden<br />
Unternehmen. Erst nach zwei Jahren stieg Kemper mit 20 Prozent<br />
ein. „Mir war wichtig, erst mal ins Unternehmen hineinzuschauen“,<br />
sagt er.<br />
Die Finanzierung des Anteilskaufs erfolgte über einen Darlehensvertrag<br />
mit Gesco. Getilgt wird das Darlehen aus der anteilsmäßigen Erfolgszuweisung.<br />
Ihre Anteile verkaufen können beide Parteien nur<br />
unter beidseitiger Zustimmung. Erst mit 65 hat Kemper das Recht,<br />
seine Anteile auf Ertragsbasis an die Gesco zu verkaufen. „Bis dahin<br />
kann er zwar seinen Vertrag <strong>als</strong> Geschäftsführer auflösen, die Anteile<br />
wird er aber ohne die Zustimmung der Gesco nicht los“, erklärt Back<br />
und ergänzt: „Entweder will einer Unternehmer werden oder nicht.“<br />
Kemper hat seine Entscheidung nicht bereut. Heute bilanziert er:<br />
„Das Konzept ist deshalb so reizvoll, weil ich mich <strong>als</strong> Geschäftsführer<br />
entfalten kann, gleichzeitig das Finanz- sowie das Controlling-<br />
Know-how der Gesco hinter mir habe.“ Ein ganz „beruhigendes Gefühl“,<br />
wie Kemper findet. Ein weiteres Plus: Zwischen den Geschäftsführern<br />
von Gescos Tochtergesellschaften findet ein reger Erfahrungsaustausch<br />
statt. „Normalerweise agieren Geschäftsführer<br />
mittelständischer Familienunternehmen in größter Verschwiegenheit.<br />
Über Probleme können sie sich mit niemandem austauschen.<br />
Bei uns dagegen muss man sich nicht verstecken, sondern kann über<br />
die verschiedenen Fragestellungen offen diskutieren.“<br />
Starke Kooperation des Seniorchefs<br />
Insgesamt erinnert er sich gerne an seinen Einstieg. Der Seniorchef<br />
habe ihm positiv gegenübergestanden – wohl nicht zuletzt, weil auch<br />
Kemper ein Kind des Sauerlandes ist. „Die ersten Monate hat er mir<br />
äußerst hilfreich beratend zur Seite gestanden und stellte mich bei<br />
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den langjährigen Kunden vor. Auch über interne Entscheidungen<br />
wurde diskutiert.“ Vor allem Investitionen seien notwendig gewesen,<br />
erinnert sich Kemper. „Der Verkauf eines Familienunternehmens ist<br />
ein langwieriger Prozess. Am Ende herrscht meistens Investitionsstau.“<br />
Auch mit der Belegschaft kam Kemper schnell gut zurecht. „Ich bin<br />
familienunternehmengeprägt“, sagt er. Schließlich habe er zwölf Jahre<br />
lang ein Familienunternehmen mitgeleitet. So wusste er auch, wie<br />
er mit der Machtkonzentration auf die Person des Seniorchefs am besten<br />
umzugehen hatte: „Ich habe zwei gesunde Unternehmen übernommen.<br />
Zu Anfang habe ich an der straffen Führung nichts geändert.<br />
So konnte ich erst mal sehen, was gut lief und was schlecht lief.“<br />
Neue Führung mit mehr Transparenz<br />
Lange behielt er den traditionellen Führungsstil jedoch nicht bei, erinnert<br />
sich Kemper. Dafür hatten die Mitarbeiter viel zu viele gute<br />
Ideen: „Die brauchte man nur anzuzapfen, dann sprudelten sie<br />
schon“, so Kemper begeistert. Der Informationsfluss zwischen<br />
Unternehmensführung und Mitarbeitern wurde aber nicht nur Bottom-to-Top<br />
sondern auch Top-to-Bottom intensiviert: Schon bald nach<br />
seinem Einstieg fing Kemper an, die Belegschaft über die Zahlen zu<br />
informieren – und zwar in guten wie in schlechten Zeiten: „Um seine<br />
Mitarbeiter zu mehr Leistung zu motivieren, wird nicht geklagt,<br />
sondern informiert. Wenn ich heute sage, dass es ein Problem gibt,<br />
dann glaubt die Belegschaft mir das und liefert ihren Lösungsbeitrag.“<br />
Der neue Mann an der Spitze hat dem Unternehmen gut getan.<br />
Innerhalb von fünf Jahren erhöhte sich der Umsatz von 20 auf etwa<br />
30 Millionen Mark. Am Standort wurde kräftig investiert, und auch<br />
die Rentabilität hat mit den Investitionen Schritt gehalten. Funke<br />
weiß sein Lebenswerk in guten Händen, genießt den Ruhestand und<br />
ist viel unterwegs. Er geht auf Reisen und fängt – mit etwas Glück –<br />
auch mal eine fette Forelle in Amerika, wie Kemper weiß. Und sein<br />
Bierchen, das könne er auf dem Schützenfest auch in Ruhe trinken.<br />
Für die Gesco stellte die Übernahme beider Unternehmen einen<br />
Idealfall für alle Beteiligten dar, verrät Back. Und Kemper? Er ist vor<br />
allem stolz auf seine hoch engagierten Mitarbeiter – nicht nur, wenn’s<br />
um patentierte Plastikstücke geht.<br />
Geschichte der Sauerländer<br />
1919 Gründung durch Franz Funke.<br />
1965 Enkel Fritz Funke führt das Familienunternehmen fort.<br />
1995 Die Gesco <strong>AG</strong> erwirbt 80 Prozent, Geschäftsführer<br />
Dr. Wolfgang Kemper die restlichen 20 Prozent.<br />
Quelle: Franz Funke GmbH & Co. KG<br />
Von Katharina Schlüter (FINANCE)<br />
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Ansprechpartner<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Beteiligungs</strong> <strong>AG</strong><br />
Thomas Franke<br />
Kleine Wiesenau 1<br />
60323 Frankfurt am Main<br />
Tel.: 0 69 / 95 78 73 07<br />
Fax: 0 69 / 95 78 73 91<br />
E-Mail: thomas.franke@deutsche-beteiligung.de<br />
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Petra Gessner<br />
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