14 Algorithmen zur Frühmobilisierung auf Intensivstationen
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Durchführung, Überwachung und DokumentationderMaßnahmeverantwortlich<br />
zeichnet. Eine frühe Mobilisation benötigt<br />
entsprechende Hilfsmittel, die in<br />
ausreichender Anzahl und entsprechender<br />
Qualität vorgehalten werden sollten.<br />
Letztlich geht es aber um die persönliche<br />
Haltung der einzelnen Protagonisten <strong>zur</strong><br />
Frühmobilisation und <strong>zur</strong> Überwindung<br />
vonggf.bestehendenBarrieren[13]. Aufgrund<br />
der positiven Datenlage wird die<br />
Frühmobilisation voraussichtlich als Indikator<br />
in die Qualitätsindikatoren der<br />
Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung<br />
für Intensiv und Notfallmedizin <strong>auf</strong>genommen<br />
werden.<br />
Bezüglich der Dokumentation wird<br />
empfohlen, täglich die folgenden grundlegenden<br />
Daten zu erfassen:<br />
4 Atmungszugang (endotrachealer<br />
Tubus, Trachealkanüle, nichtinvasive<br />
Ventilation, Spontanatmung),<br />
4 die an diesem Tag höchste Stufe <strong>auf</strong><br />
der ICU Mobility Scale,<br />
4 Borg-Skala,<br />
4 kategorisierte Sicherheitsereignisse<br />
und Barrieren.<br />
Die Daten ermöglichen in Verbindung<br />
mit weiteren Routinedaten, wie z. B. Alter,<br />
Geschlecht, Krankheitsschwere, Verweildauer,<br />
Bewusstsein, Schmerz, Delir,<br />
Katecholaminen, Organersatzverfahren,<br />
eine systematische Auswertung, Evaluation<br />
und ein Feedback an das Team<br />
und damit die Identifikation von Verbesserungspotenzialen.<br />
Für Studienzwecke<br />
können weitere Daten, z. B. F IO 2,<br />
Frequenz und Dauer der Mobilisierung,<br />
Weaning- oder Delirdauer usw., erfasst<br />
werden.<br />
Zusammenfassend wird empfohlen,<br />
ein Maßnahmenbündel zu entwickeln,<br />
dass einen interprofessionellen Algorithmus<br />
<strong>zur</strong> <strong>Frühmobilisierung</strong> enthält. Der<br />
Algorithmus sollte:<br />
4 ein tägliches Screening <strong>auf</strong> Mobilität,<br />
4 ein definiertes Ampelsystem zu<br />
Abwägung von Vorteilen und Risiken,<br />
4 eine Checkliste vor der Durchführung<br />
der Mobilisierung,<br />
4 dieICUMobilityScalezuDefinierung<br />
von angestrebten Mobilisierungszielen<br />
und<br />
4 Sicherheitskriterien <strong>zur</strong> Durchführung<br />
der Mobilisierung in Abhängigkeit<br />
von der Population und spezifischen<br />
Patientendaten beinhalten<br />
sowie<br />
4 bei der Mobilisierung das subjektive<br />
Erleben der Patienten berücksichtigen<br />
(. Abb. 2).<br />
Fazit für die Praxis<br />
4 Die <strong>Frühmobilisierung</strong> innerhalb von<br />
72 h nach Aufnahme, bzw. Stabilisierung<br />
<strong>auf</strong> die Intensivstation ist sicher,<br />
verbessert das funktionale Outcome<br />
und reduziert die Beatmungs- und<br />
Verweildauer im Krankenhaus.<br />
4 Prinzipiell können alle Intensivpatienten<br />
stufenweise und anhand<br />
von Sicherheitskriterien mobilisiert<br />
werden.<br />
4 Die Etablierung eines Ampelsystems<br />
<strong>zur</strong> <strong>Frühmobilisierung</strong> wird empfohlen,<br />
um einen sicheren Beginn<br />
der Mobilisierungsmaßnahmen im<br />
Rahmen von spezifischen Settings zu<br />
gewährleisten.<br />
4 Hierzu sollen <strong>zur</strong> frühzeitigen Erkennung<br />
von Risiken Sicherheitskriterien<br />
(z. B. Grenzwerte in der Hämodynamik<br />
und Ventilation) definiert<br />
werden. Mithilfe der Borg-Skala<br />
kann zudem die subjektiv erlebte<br />
Anstrengung ermittelt werden.<br />
4 Bisher gibt es keinen allgemeingültigen<br />
Algorithmus <strong>zur</strong> <strong>Frühmobilisierung</strong><br />
für alle Populationen und<br />
Bedingungen. In der Praxis bewährt<br />
sich jeweils die Entwicklung eines<br />
eigenen situationsangepassten Algorithmus<br />
durch das interprofessionelle<br />
Intensivteam.<br />
Korrespondenzadresse<br />
P. Nydahl<br />
Pflegeforschung,<br />
Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein, Campus<br />
Kiel<br />
Brunswiker Str. 10, 24105 Kiel,<br />
Deutschland<br />
peter.nydahl@uksh.de<br />
Einhaltung ethischer Richtlinien<br />
Interessenkonflikt. P.Nydahl,R.Dubb,S.Filipovic,C.Hermes,F.Jüttner,A.Kaltwasser,S.Klarmann,<br />
H. Mende, S. Nessizius und C. Rottensteiner geben an,<br />
dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren<br />
durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.<br />
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Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 2 · 2017 161