Bitte nimm mich! - Büro für Medien, Norbert Stahl e. K.
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Anzeigenverkauf in Fachverlagen<br />
ANZEIGEN<br />
<strong>Bitte</strong> <strong>nimm</strong> <strong>mich</strong>!<br />
<strong>Norbert</strong> <strong>Stahl</strong>,<br />
<strong>Büro</strong> <strong>für</strong> <strong>Medien</strong>,<br />
Raisting<br />
Die deutsche Fachpresse konnte im<br />
vorletzten Jahr erstmals seit fünf<br />
Jahren wieder zulegen, sagt uns die<br />
Statistik. Heißt das nun, dass die Gattung<br />
wieder im Aufwind ist? Wer aktiv<br />
im Verkaufsprozess steht, der weiß,<br />
dass dies keine Trendwende ist, die<br />
wieder zu alten Zeiten zurückführt. Wir<br />
befinden uns in einem Veränderungsprozess,<br />
der in den letzten Jahren an<br />
Fotos: Photocase: Sandmayr, Digitalstock<br />
Unter Anzeigen<br />
verkäufern und in<br />
Fachverlagen<br />
herrscht Ratlosig<br />
keit. Wie überzeuge<br />
ich meinen Kunden<br />
von mir und von<br />
meinem Produkt?<br />
Ein Strauß Blumen<br />
und ein Kniefall<br />
reichen wohl nicht<br />
aus. Es gibt nur<br />
zwei Möglichkeiten:<br />
Weitermachen wie<br />
bisher oder mehr<br />
Qualität liefern.<br />
Sowohl redaktionell<br />
als auch im<br />
Anzeigenverkauf.<br />
Geschwindigkeit zugenommen hat<br />
und weiter zunehmen wird. Wohin also<br />
geht die Reise im Anzeigenverkauf?<br />
Ich werde hier keine <strong>für</strong> alle befriedigende<br />
Antwort auf diese wichtige Zukunftsfrage<br />
geben können. Da<strong>für</strong> sind<br />
die jeweiligen Branchen, in denen wir<br />
unterwegs sind, zu unterschiedlich.<br />
Ich werde aber Möglichkeiten darstel-<br />
SZV impresso 2 / 2007 | 25
anZeiGen<br />
len, wie vielleicht jeder <strong>für</strong> sich ansätze<br />
finden kann, um die anstehenden aufgaben<br />
in angriff zu nehmen.<br />
Veränderungen sind immer Prozessen<br />
unterworfen und verlaufen nicht linear.<br />
Wir sollten lernen, vernetzt zu denken,<br />
auch wenn es mühsam und unbequem<br />
erscheint. Um die komplexen Veränderungsprozesse<br />
im Markt der B2B-kommunikation<br />
darzustellen, beziehe ich<br />
<strong>mich</strong> auf ein System, das in seiner ursprünglichen<br />
Form von Gregory Bateson,<br />
einem englischen anthropologen,<br />
uMfeld<br />
Das Umfeld hat sich<br />
verändert. Nicht<br />
jeder Kunde wartet<br />
noch freudig auf<br />
Vertreterbesuch<br />
26 | SZV impresso 2 / 2007<br />
Biologen und kommunikationswissenschaftler<br />
entwickelt wurde. die Grundidee<br />
ist die, dass wir uns in einem Umfeld<br />
bewegen und darauf mit einem bestimmten<br />
Verhalten reagieren. Jedes<br />
Verhalten setzt grundsätzlich Fähigkeiten<br />
voraus. Motivation ist der antrieb,<br />
um Fähigkeiten zu erlangen. Wir sind<br />
motiviert, wenn wir unsere identität gefunden<br />
haben. daraus entwickelt sich<br />
die Zugehörigkeit zu einer größeren aufgabe.<br />
das hört sich zunächst kompliziert<br />
oder abstrakt an, ist aber, wie wir<br />
später sehen werden, sehr logisch.<br />
das Umfeld ist der Markt oder die<br />
Branche, in der wir tätig sind. dieses<br />
Umfeld veränderte sich in den letzten<br />
Jahren dramatisch. noch vor vielleicht<br />
zehn Jahren sah unser alltag so aus:<br />
im Herbst eines jeden Jahres wurden<br />
kunden und agenturen besucht und ein<br />
nettes Gespräch mit dem Werbeleiter<br />
geführt. das ergebnis war oftmals, dass<br />
der Jahresauftrag nachgereicht wurde.<br />
auf den jeweiligen Messen schaute der<br />
anzeigenverkäufer mal bei dem kunden<br />
vorbei, sagte „Grüß Gott“ und sprach<br />
sein Lob <strong>für</strong> die gelungene Messestandgestaltung<br />
aus. im Laufe des Jahres informierte<br />
man diesen kunden über die<br />
eine oder andere Sonderveröffentli-<br />
chung und bekam einen auftrag, selbstverständlich<br />
ohne Preisnachlässe einräumen<br />
zu müssen. Zu Weihnachten<br />
oder zum Geburtstag wurde eine Flasche<br />
Wein verschenkt.<br />
Wer schon damals bereit war, über den<br />
eigenen tellerrand hinauszusehen,<br />
konnte feststellen, dass die Welt in anderen<br />
<strong>Medien</strong>gattungen anders aussah.<br />
Publikums- und Special-interest-Zeitschriften<br />
hatten sich schon lange intensiv<br />
mit einem neuen, starken Wettbewerber<br />
auseinanderzusetzen, der ihnen<br />
die angestammte, starke Position im<br />
Werbemarkt streitig machte. das waren<br />
die privaten tV-Sender.<br />
Kunden verlangen nach<br />
rationalen Argumenten<br />
im Consumer-Markt gab es schon lange<br />
Reichweitenanalysen – die arbeitsgemeinschaft<br />
Leseranalyse aGLa wurde<br />
bereits 1954 gegründet. die Gattung<br />
der tageszeitungen verlor schon anfang<br />
der 70er Jahre Markenartikelanzeigen<br />
an die Publikumszeitschriften und<br />
hatte sich bereits vor 0 Jahren intensiv<br />
mit dem neuen Medium anzeigenblätter<br />
auseinanderzusetzen. Waren hellseherische<br />
Fähigkeiten von nöten, um zu erkennen,<br />
dass sich mittelfristig auch un
ser Umfeld verändern würde? aus meiner<br />
Sicht: nein.<br />
ein gemeinsamer Wettbewerber berührt<br />
heute alle <strong>Medien</strong>gattungen gleichermaßen.<br />
das ist das internet. Bei diesen<br />
Betrachtungen gibt es eine gemeinsame<br />
Schnittstelle. das ist der kunde. er hat<br />
sein Verhalten grundsätzlich verändert.<br />
er ist informierter, wählerischer, kritischer<br />
geworden und stellt das Werbemittel<br />
anzeige infrage. treue scheint ihm<br />
ein Fremdwort geworden zu sein. auch<br />
wenn nach wie vor viele entscheidungen<br />
emotional getroffen werden (man geht<br />
von 80 Prozent aus), verlangen unsere<br />
kunden immer mehr nach rationalen argumenten,<br />
um ihre entscheidungen zu<br />
treffen. das hat zur Folge, dass die Forderung<br />
nach Reichweitenstudien und<br />
Leistungsnachweisen steigt.<br />
Agenturen sind oft von<br />
Verlagsangaben enttäuscht<br />
Verlage, denen bereits übergreifende<br />
Reichweitenstudien vorliegen, wissen,<br />
dass damit die Preisverhandlungen<br />
nicht vom tisch sind. Selbst in kleinen<br />
Märkten gehen Werbungtreibende dazu<br />
über, eigene kundenbefragungen<br />
durchzuführen, um die treffsicherheit<br />
ihrer anzeigen zu überprüfen. Für die<br />
Fachzeitschriften ist diese entwicklung<br />
gefährlich, da wir nicht immer von diesen<br />
Befragungen erfahren, die auswirkungen<br />
aber spüren. diese kundenbefragungen<br />
sind unter Marktforschungsgesichtspunkten<br />
manchmal zweifelhaft.<br />
Wir sind, sofern wir die daten kennen, in<br />
der Zwickmühle, da es in diesen Fällen<br />
unter verkäuferischen Gesichtspunkten<br />
nicht sinnvoll ist, die ergebnisse der<br />
auswertungen anzuzweifeln.<br />
in vielen Märkten machen anzeigenkunden<br />
60 bis 70 Prozent ihres Umsatzes<br />
im ausland. die Folge ist, dass die notwendigkeit<br />
der werblichen ansprache<br />
im inland rückläufig ist und etats auf<br />
ausländische <strong>Medien</strong> und Messen verlagert<br />
werden. Von einigen Verlagen<br />
werden deshalb auslandstitel heraus-<br />
Foto: digitalstock<br />
gebracht. kunden neigen aber dazu, die<br />
treffsicherheit, bezogen auf die Zielgruppe<br />
im ausland, genau zu hinterfragen<br />
und sind oftmals von den Verlags–<br />
angaben enttäuscht.<br />
Vor einigen Jahren haben unsere kunden<br />
ihre kunden „mal angeschrieben“.<br />
Heute heißt das direktmarketing, wird<br />
professionell eingesetzt und gewinnt<br />
aktuell an Bedeutung. die Messelandschaften<br />
verändern sich. Viele Fachzeitschriften<br />
hängen am tropf von Messen,<br />
da sie im Jahresverlauf mit den Messeausgaben<br />
die höchsten Umsätze erzielen;<br />
wenn Messen an Bedeutung verlieren,<br />
zusammengelegt werden oder<br />
ins ausland abwandern, kann das zum<br />
nachteil von Fachzeitschriften werden.<br />
da auch die Messegesellschaften unter<br />
druck stehen, suchen sie nach neuen<br />
erlösquellen; hier gilt es ganz genau zu<br />
beobachten, inwieweit sie in das Stammgeschäft<br />
der Fachzeitschriftenverlage<br />
eindringen.<br />
das investitionsvolumen im internet ist,<br />
gemessen an den Gesamtwerbeaufwendungen<br />
zwar noch bescheiden,<br />
wächst aber von Jahr zu Jahr. dass<br />
Printetats zugunsten von internetauftritten<br />
von Werbungtreibenden reduziert<br />
oder ganz gestrichen werden, ist gelebte<br />
Praxis.<br />
Gut ausgebildete Planer fällen<br />
sachliche Entscheidungen<br />
innerhalb der werbungtreibenden Unternehmen<br />
werden die entscheidungswege<br />
komplizierter. es entscheidet nicht<br />
mehr der Werbe- oder Marketingleiter<br />
alleine. Produktmanager haben heute<br />
oft eigene etatverantwortung. Für den<br />
Verkäufer ist es sehr schwierig, an diese<br />
Gruppe heranzukommen. in vielen Branchen<br />
steht ein Generationswechsel an.<br />
So mancher Gesprächspartner wechselt<br />
in den Ruhestand und es folgen gut<br />
ausgebildete Leute, die sachlicher an<br />
die Werbeplanung herangehen. es wird<br />
schwieriger, persönliche termine zu bekommen.<br />
anZeiGen<br />
SZV impresso 2 / 2007 | 27
anZeiGen<br />
insbesondere in Handelsmärkten gibt<br />
es Schnittstellen zu anderen <strong>Medien</strong>gattungen<br />
wie Publikums-, Special-interest-Zeitschriften<br />
und dem Fernsehen.<br />
die Marketingleiter dieser Unternehmen<br />
sind von Großverlagen aus dem Publikumsbereich<br />
gewohnt, hervorragende<br />
Branchendaten und Leistungswerte der<br />
<strong>Medien</strong> zu bekommen. diese dienstleistungen<br />
werden von Fachverlagen oftmals<br />
nicht erbracht.<br />
der druck auf Verlage, redaktionelle<br />
Leistungen bei entsprechendem anzeigenumsatz<br />
kostenlos zur Verfügung zu<br />
Verhalten<br />
Wie verhalten wir uns<br />
in Zukunft? Leserbefragungen<br />
und<br />
selbst gebastelte<br />
Reichweitenstudien<br />
jedenfalls langweilen<br />
die Profis<br />
28 | SZV impresso 2 / 2007<br />
stellen, wächst. das hat zur Folge, dass<br />
eine Verwässerung der redaktionellen<br />
Qualität beobachtet werden kann. Für<br />
Fachverlage ein teufelskreis, insbesondere<br />
dann, wenn der Haupterlös über<br />
anzeigen zu generieren ist.<br />
dies sind nur einige Beispiele <strong>für</strong> das<br />
sich verändernde Umfeld. Hier stellt sich<br />
uns die Frage, wie können wir darauf reagieren?<br />
dazu müssen wir zunächst unser<br />
Verhalten betrachten und dann die<br />
antwort geben: Weiter so oder brauchen<br />
wir eine neue Qualität?<br />
nach wie vor erscheinen neue Zeitschriftentitel;<br />
sei es zu speziellen<br />
themen oder zu Messeveranstaltungen.<br />
dabei bleibt die Frage oft unberücksichtigt,<br />
ob Leser oder anzeigenkunden diese<br />
neuen <strong>Medien</strong> überhaupt wünschen.<br />
der erfolg auf Leserseite ist schwer<br />
nachweisbar, da im Gegensatz zu Publikumszeitschriften<br />
diese objekte in der<br />
Regel nicht verkauft werden.<br />
es werden Leserbefragungen veranlasst<br />
oder verlagseigene, fragwürdige<br />
Reichweitenstudien, die diesen namen<br />
nicht verdienen, veröffentlicht. das ergebnis<br />
ist, dass der anzeigenkunde<br />
oder die Werbeagentur diese inzwischen<br />
nur noch mit einem müden Lächeln<br />
zur kenntnis nehmen. in Mailings<br />
werden kunden und agenturen aufgefordert,<br />
die anzeigen zu schalten, die<br />
den Verlagen noch fehlen. Heerscharen<br />
von Verkäufern stürmen auf potenzielle<br />
anzeigenkunden ein, um diese ausschließlich<br />
von der Qualität des eigenen<br />
objektes zu überzeugen. dabei stehen<br />
Sonderthemen, redaktionelle Unterstützung<br />
und Sonderkonditionen oft im Mittelpunkt.<br />
Den Wettbewerber schlecht zu<br />
reden, ist auch keine Lösung<br />
Wenn Verkäufer wenig aktuelles über<br />
den eigenen titel zu berichten haben,<br />
beschränkt man sich auf ausführliche<br />
darstellung von Mangelerscheinungen<br />
beim Wettbewerber, ohne dessen vermeintliche<br />
Leistungsschwäche mit Zahlen<br />
belegen zu können. auf manchen<br />
Messen hat man das Gefühl, dass mehr<br />
anzeigenvertreter und Redakteure als<br />
Fachbesucher die kunden beglücken.
Wenn der erfolg auf die oben geschilderten<br />
Maßnahmen sich kurzfristig<br />
einstellt, wähnt man sich auf dem richtigen<br />
Weg. Was aber passiert, wenn der<br />
erfolg nicht nachhaltig ist? Wenn man<br />
jetzt oder später zu der einschätzung<br />
gelangt, dass man mit den bisherigen<br />
Mitteln nicht weiterkommt, was gibt es<br />
dann an neuen Strategien?<br />
am schnellsten und effektivsten können<br />
wir bei unserem wichtigsten Marktpartner<br />
reagieren. Bei unseren (anzeigen-)<br />
kunden. Von ihnen sind wir abhängig,<br />
von ihnen bekommen wir das Geld. die<br />
leichteste, aber doch <strong>für</strong> viele schwierigste<br />
Methode ist, uns mit der Sichtweise<br />
unserer kunden vertraut zu machen.<br />
erfolgreich in der Produktentwicklung<br />
und im Verkauf werden diejenigen sein,<br />
die es schaffen, sich die Brille des kunden<br />
aufzusetzen.<br />
Herausfinden, wie der<br />
Kunde die Welt sieht<br />
Wie aber erfährt man, wie der kunde<br />
seine Welt sieht? nun, indem man seinem<br />
kunden aktiv zuhört und Fragen<br />
stellt. die weit verbreitete Meinung ist,<br />
dass ein Verkäufer viel reden muss. das<br />
darf er gerne, nur mit dieser Methode<br />
erfährt er nicht, was der kunde will. Penetrantes<br />
einreden auf den kunden ist<br />
die Strategie von gestern. aktives Zuhören<br />
ist wichtig, weil das der Schlüssel zu<br />
informationen <strong>für</strong> Verlagsstrategien und<br />
Produktentwicklungen sowie neuen<br />
dienstleistungsangeboten ist.<br />
Werbeagenturen haben wieder eine andere<br />
Brille auf, denn sie stehen zwischen<br />
dem anzeigenkunden und dem<br />
Verlag. auch hier sollten wir versuchen,<br />
unsere Marktpartner zu verstehen, auch<br />
wenn sie uns manchmal kritische oder<br />
unbequeme Fragen stellen oder sich <strong>für</strong><br />
einen Wettbewerbstitel im Rahmen ihrer<br />
Planung entscheiden. ich kann <strong>mich</strong><br />
darüber ärgern oder versuchen, agentur<br />
und kunde von der Leistungsfähigkeit<br />
meines titels zu überzeugen. Was<br />
sich aber verbietet, ist, die agentur beim<br />
Foto: Variopress<br />
kunden anzuschwärzen oder diesem<br />
gar Sonderkonditionen anzubieten, die<br />
ich der agentur zuvor verweigert habe.<br />
allerdings sehe ich die gerade von Werbeagenturen<br />
geforderten Reichweitenanalysen<br />
aus unterschiedlichen Blickwinkeln.<br />
Grundsätzlich stimme ich den<br />
Forderungen zu. die daten sind eine<br />
wichtige Voraussetzung, um ein gutes<br />
Verkaufsgespräch führen zu können.<br />
doch konnte ich auch die erfahrung machen,<br />
dass nicht nur die sogenannten<br />
top 10 einer Rangreihe in einen Mediaplan<br />
aufgenommen wurden.<br />
Chancen auch <strong>für</strong> Außenseiter<br />
es gibt eine Vielzahl von kriterien, wie<br />
eine Werbeagentur einen Mediaplan<br />
aufstellt und bewertet. Gute Mediaplaner<br />
sehen nicht nur Rangreihen unter<br />
tkP-Gesichtspunkten. Sie schauen<br />
sich Heftinhalte an und führen Hintergrundgespräche<br />
mit ihren kunden. Mediaplanung<br />
läuft auch bei agenturen<br />
nicht immer rational. So kann es sein,<br />
dass Verlage mit einer Vielzahl von zielgruppenaffinen<br />
titeln einen Vorsprung<br />
haben, auch wenn sich nicht jedes objekt<br />
in einer Zählung profilieren konnte.<br />
dann greift schon mal die spezielle Verlagsrabattierung<br />
oder Boniregelung, die<br />
es ja eigentlich nicht gibt. Mit diesem<br />
Hinweis zweifle ich nicht an der Planungskompetenz<br />
von agenturen. ich<br />
sehe agenturen nach wie vor als wichtige<br />
und vertrauensvolle Partner im<br />
Markt. Vielmehr geht es darum zu verstehen,<br />
in welcher Situation sich agenturen<br />
befinden. Sie stehen untereinander<br />
ebenfalls im Wettbewerb, haben<br />
kunden zu akquirieren und zu halten.<br />
auch die kunden der agenturen stellen<br />
mehr Leistungsforderungen an diese<br />
und sind schon lange nicht mehr bereit,<br />
jeden Preis zu zahlen. das muss man<br />
wissen, wenn man sich mit Werbeagenturen<br />
austauscht. Leistungsnachweise<br />
werden nicht nur von agenturen verlangt.<br />
auch die werbungtreibende Wirtschaft<br />
fordert diese zunehmend.<br />
anZeiGen<br />
SZV impresso 2 / 2007 | 29
anZeiGen<br />
fähiGKeiten<br />
Die Fähigkeiten der<br />
Mitarbeiter gehören<br />
auf den Prüfstand.<br />
Wenn nötig, müssen<br />
sie ergänzt und<br />
erweitert werden<br />
0 | SZV impresso 2 / 2007<br />
ich empfehle an dieser Stelle eine inventur.<br />
die Bestandsaufnahme könnte<br />
mit folgenden Fragen verknüpft werden:<br />
Welches Wissen über Märkte und Mediaplanung<br />
ist vorhanden? Reichen diese<br />
Fähigkeiten, bezogen auf die anforderungen<br />
des Umfeldes aus? Wenn ja,<br />
wie werden sie eingesetzt und wenn<br />
nein, was hindert daran, sie einzusetzen?<br />
Welche Fähigkeiten fehlen und wie<br />
kann man sie erlangen?<br />
Wenn man zu der einschätzung kommt,<br />
dass die Fähigkeiten, bezogen auf die<br />
veränderten Bedingungen des Umfeldes<br />
nicht ausreichen, muss der<br />
Wunsch nach einem Veränderungsprozess<br />
entstehen. dem Wunsch folgt<br />
hoffentlich der Wille, zu lernen und sich<br />
neuem zu öffnen. eine wichtige Fähigkeit<br />
<strong>für</strong> die Bereitschaft, zu lernen, ist,<br />
die Welt aus der Sicht des kunden zu<br />
betrachten. allein daraus wird sich,<br />
wenn man den Mut hat, dies uneingeschränkt<br />
zu tun, die Perspektive<br />
ändern.<br />
es wird zukünftig nicht nur wichtig sein,<br />
sich mit Verkaufstechniken vertraut zu<br />
machen. Gattungsübergreifendes Verständnis<br />
<strong>für</strong> Mediaplanung und Marketing<br />
werden notwendig sein, um unsere<br />
kunden und agenturpartner verstehen<br />
zu lernen. ifra, die weltweit führende<br />
Vereinigung der Zeitungsindustrie, setzt<br />
hier einen Qualitätsstandard. Sie fordert<br />
medienübergreifend geschulte Werbeakquisiteure,<br />
die Fachwissen und Verkaufsgeschick<br />
vereinen. Mediaplanung<br />
ist gar nicht so kompliziert. Verständnis<br />
da<strong>für</strong> schafft Möglichkeiten, von den leidigen<br />
Preisgesprächen umzulenken. ich<br />
muss als anzeigenverkäufer nicht die<br />
Wirkstoffe eines pharmazeutischen Produktes<br />
verstehen oder die komponenten<br />
eines Roboters im detail kennen. allein<br />
das Hineindenken und Hineinfühlen<br />
in Märkte, ist eine wichtige Voraussetzung,<br />
um ein kompetenter Gesprächspartner<br />
<strong>für</strong> den kunden zu sein.<br />
Was ein guter Berater ist,<br />
entscheidet der Kunde<br />
Manche anzeigenverkäufer nennen sich<br />
auch Verkaufsberater. ob die eigenwahrnehmung<br />
dieser kollegen mit der<br />
Fremdwahrnehmung des kunden übereinstimmt?<br />
die Bezeichnung auf einer<br />
Visitenkarte macht noch keinen Berater.<br />
ob ich ein Berater bin, entscheidet einzig<br />
und allein mein kunde. Zunächst<br />
werde ich als jemand wahrgenommen,<br />
der anzeigen verkaufen will. Wenn es<br />
mir gelingt, meine kompetenz über den<br />
eigentlichen Verkaufsprozess hinaus<br />
darzustellen, habe ich die Chance, als<br />
Berater wahrgenommen und akzeptiert<br />
zu werden. Sollte es soweit gekommen<br />
sein, habe ich natürlich eine hervorragende<br />
ausgangssituation, um mein angebot<br />
platzieren zu können. Mein kunde<br />
entscheidet auch, ob er das Gespräch,<br />
das ich mit ihm führe, wertvoll im Sinne<br />
einer Wertschöpfung ansieht.
MotiVation<br />
Kunden anbaggern<br />
und Umsätze machen<br />
darf nicht die einzige<br />
Motivation eines Verkäufers<br />
sein, denn das<br />
kommt nicht gut an<br />
Fotos: digitalstock<br />
kürzlich besuchte ich ein Seminar <strong>für</strong><br />
anzeigenverkäufer. der trainer stellte<br />
zu Beginn sinngemäß folgende Frage<br />
an die teilnehmer: Welche Ziele hat ihr<br />
Verlag, die sie auch in ihre Verkaufsgespräche<br />
mit hinein nehmen. ein junger<br />
kollege beantwortete die Frage so: Von<br />
Zielen weiß ich nichts, aber mein anzeigenleiter<br />
sagt immer: „Hauptsache es<br />
knallt“. obwohl der anzeigenleiter diesen<br />
knall nicht genau definiert hat, weiß<br />
dieser Verkäufer, was er zu tun hat: kunden<br />
anbaggern und Umsatz machen.<br />
Die Eurozeichen im Auge<br />
des Verkäufers<br />
Stellen Sie sich vor, Sie sind der kunde<br />
und dieser Verkäufer kommt zu ihnen.<br />
das Ziel des Verkäufers ist es, den knall<br />
zu hören. Sie haben einen etat, Sie haben<br />
strategische Marketingziele. der<br />
Verkäufer betritt den Raum. Sie erkennen<br />
sofort die eurozeichen in seinen augen,<br />
betrachten seine Visitenkarte, auf<br />
der Verkaufsberater steht. der durchaus<br />
sympathische anzeigenverkäufer informiert<br />
Sie über die bevorstehende „Super-Sonderveröffentlichung“,<br />
die Sie mit<br />
anZeiGen<br />
ihrer anzeige belegen können. Wenn<br />
Sie sich sofort entscheiden, so sagt der<br />
sympathische Verkäufer, bekommen Sie<br />
noch einmal 0 Prozent Sonderrabatt<br />
und eine halbe Seite PR dazu.<br />
Und natürlich können Sie auch noch eine<br />
Stellenanzeige kostenlos schalten.<br />
dieses angebot gilt <strong>für</strong> ein halbes Jahr.<br />
Sollte der Mitbewerber, so der Verkäufer,<br />
ihnen auch Rabatte einräumen, so<br />
muss er das, da die auflagenzahlen dieser<br />
Fachzeitschrift sowieso nicht stimmen<br />
und die redaktionelle Qualität sehr<br />
zweifelhaft ist.<br />
Zu forsche Verkäufer nerven<br />
ihre Kunden oft<br />
Wenn Sie jetzt bereit sind, dem Verkäufer<br />
den auftrag zu erteilen, befinden Sie<br />
sich in guter Gesellschaft. nach wie vor<br />
gibt es eine Vielzahl von kunden, die so<br />
ihre aufträge erteilen. es ist eben verlockend,<br />
dem Charme eines Verkäufers<br />
zu erliegen und dann auch noch das<br />
Gefühl zu haben, ein gutes Geschäft gemacht<br />
zu haben. darüber hinaus haben<br />
Sie einen jungen Verkäufer glücklich gemacht.<br />
der Verkäufer hat den knall gehört<br />
und seine anzeigenleitung in ihrer<br />
Motivation bestätigt.<br />
Wenn Sie den auftrag nicht erteilen,<br />
könnte Folgendes geschehen sein: Sie<br />
haben sich darüber geärgert, dass der<br />
Verkäufer ihnen ihre Zeit gestohlen hat.<br />
Zukünftig werden sie keinem anzeigenverkäufer<br />
mehr einen termin geben.<br />
das war vertane Zeit und Sie haben immer<br />
noch das Problem, dass Sie nicht<br />
genau wissen, welche der im Markt befindlichen<br />
Zeitschriftentitel ihre Zielgruppe<br />
erreicht.<br />
der Mediadatenvergleich nervt sie weiterhin.<br />
der eine titel weist empfänger,<br />
der andere Leser aus. Branchen sind in<br />
SZV impresso 2 / 2007 | 1
anZeiGen<br />
den Mediadaten nicht vergleichbar, da<br />
sie von jeder Fachzeitschrift unterschiedlich<br />
definiert sind. Sie sind frustriert,<br />
weil Sie mehrfach versucht haben,<br />
dem Verkäufer ihr Problem zu schildern.<br />
Sie hatten das Gefühl, dass dieser gar<br />
nicht zuhörte. Fragen hat er keine gestellt.<br />
da<strong>für</strong> fühlen Sie sich in ihrer Vermutung<br />
bestätigt: anzeigen sind nicht<br />
viel Wert, denn die Verlage drängen mir<br />
diese ja förmlich auf. Rabatte werden<br />
unaufgefordert gewährt. Leistungen<br />
sind nicht nachzuweisen. Sie fühlen sich<br />
in ihrer absicht bestätigt, nun doch mehr<br />
Geld ins internet und direktmailmaßnahmen<br />
zu stecken.<br />
ich finde diese Szenarien ziemlich erschreckend,<br />
sie sind aber gängige Praxis.<br />
im ersten Beispiel ist das Ziel, jetzt<br />
identität<br />
Womit identifizieren<br />
wir uns? Ist eine<br />
Anzeige <strong>für</strong> uns nur<br />
ein bedrucktes<br />
Stück Papier oder<br />
eine wertvolle<br />
Dienstleistung <strong>für</strong><br />
unseren Kunden?<br />
2 | SZV impresso 2 / 2007<br />
und sofort Umsatz zu machen, also es<br />
knallen zu lassen, erreicht. Vielleicht gelingt<br />
dem Verkäufer das ja auch im<br />
nächsten und übernächsten Jahr noch<br />
so. aber wird es weiterhin so funktionieren?<br />
Was geschieht, wenn das Pulver<br />
der herkömmlichen Verkaufsstrategie<br />
verschossen und der Qualm verraucht<br />
ist? es gibt deutliche anzeichen da<strong>für</strong>,<br />
dass die alleinige Motivation, Umsatz zu<br />
machen, mittelfristig nicht mehr ausreichen<br />
wird. Zwar kann ein Verkäufer auch<br />
in Zukunft den einen oder anderen kunden<br />
so überzeugen. aber die Frage lautet:<br />
ist das der trend? Meine eindeutige<br />
antwort ist: nein. das zeigt das zweite<br />
Szenarium. Hier hat der kunde sich bereits<br />
abgewendet. nicht von einem titel,<br />
nein, von dem Medium Fachzeitschrift<br />
und dem Werbemittel anzeigen.<br />
die identitätsfrage hat sich jeder Verlag<br />
und jeder Verkäufer zu stellen.<br />
Bezogen auf das Verlagsunternehmen<br />
könnte die Frage lauten: ist der Verlag<br />
von morgen ein Hersteller und Verteiler<br />
von druckerzeugnissen oder ist der Verlag<br />
ein <strong>Medien</strong>unternehmen, das seine<br />
Produkte und dienstleistungen den<br />
wandelnden Bedürfnissen im B2B-<br />
Markt anpasst?<br />
Hier möchte ich einmal die Frage stellen:<br />
Was ist überhaupt eine anzeige und<br />
was soll sie erreichen? Sie ist ein bedrucktes<br />
Stück Papier, das eine Botschaft<br />
enthält, und den Leser zu einer<br />
bestimmten Handlung im Sinne des anzeigenkunden<br />
veranlassen soll. Somit<br />
hat derjenige, der eine anzeige schaltet,<br />
also der kunde, ein bestimmtes Ziel.<br />
Sein Ziel ist nutzengewinnung. Wenn er<br />
von dem nutzen nicht mehr überzeugt<br />
ist, weicht er auf andere kommunikationsmittel<br />
aus. das bedeutet, dass der<br />
Verkäufer letztendlich nutzen verkauft.<br />
ob dies über anzeigen, über internetplattformen<br />
oder sonstige dienstleistungen<br />
erfolgt, hängt wiederum davon<br />
ab, welche identität das <strong>Medien</strong>unternehmen<br />
<strong>für</strong> sich gefunden hat.<br />
Vor lauter Werbung den<br />
Leser nicht vergessen<br />
Wenn wir hier über Werbemittel und<br />
nutzen sprechen, dann sollten wir dabei<br />
auch nicht die Leser vergessen. auch
die Leser erwarten einen nutzen von ihrer<br />
Zeitschrift. Und damit kommen unsere<br />
kollegen, die Redakteure, ins Spiel.<br />
Gerade weil eine Vielzahl von Verlagen<br />
den Haupterlös über anzeigen generiert,<br />
werden Redakteure immer mehr in<br />
die Pflicht genommen, <strong>für</strong> anzeigenkunden<br />
zu schreiben. das kann zur Folge<br />
haben, dass Fachbeiträge eins zu eins<br />
in Zeitschriften erscheinen, die sich im<br />
Wettbewerb untereinander befinden.<br />
zuGehöriGKeit<br />
Wo gehören wir hin?<br />
Wir sind ein Teil vom<br />
großen Werbekuchen.<br />
Doch unsere Leser<br />
und das Profil unserer<br />
Zeitschrift dürfen wir<br />
dabei nicht aus den<br />
Augen verlieren<br />
Für den anzeigenkunden muss das<br />
nicht schlecht sein, da er hier in den Genuss<br />
der externen Überschneidung<br />
kommt. aber wie ist es mit dem Leser?<br />
Wie kann er das Profil oder die identität<br />
der Zeitschrift noch erkennen? Wie steht<br />
es um die identität der Redakteure?<br />
Fühlen sie sich noch dem Leser verpflichtet<br />
und dem Profil ihrer Zeitschrift<br />
zugehörig? oder sind sie nur der verlängerte<br />
arm des anzeigenverkaufs?<br />
Um es marktwirtschaftlich auszudrücken:<br />
Wir befinden uns in einem<br />
Umfeld mit deutlichen Überkapazitäten<br />
und sinkenden Preisen. der kuchen<br />
wird nicht größer und der kampf um<br />
Marktanteile <strong>nimm</strong>t zu. Wir alle, die wir<br />
in der B2B-kommunikation arbeiten,<br />
sollten uns – auch wenn der Gedanke<br />
schwer fällt – darüber klar werden, dass<br />
wir grundsätzlich auch pro Gattung<br />
Fachzeitschriften verkaufen und wir soll-<br />
anZeiGen<br />
ten die Gattung Fachzeitschrift gemeinsam<br />
im Bewusstsein unserer kunden,<br />
das sind Leser und anzeigenkunden,<br />
festigen.<br />
Wo immer es möglich ist, setze ich die<br />
Leistungsanalyse der deutschen Fachpresse<br />
ein, um von der übergeordneten<br />
einheit Fachpresse das Gespräch in<br />
Richtung eigener titel zu führen. der<br />
druck auf jeden Verlag, auf jede Fachzeitschrift,<br />
auf jeden Verantwortlichen in<br />
den Verlagen und jeden Verkäufer <strong>nimm</strong>t<br />
zu. Wenn man glaubt, Umsatzsteigerungen<br />
nicht mehr über ein kreatives<br />
Marktverhalten erreichen zu können,<br />
geht man kopierte Wege, um die angestrebte<br />
Rendite und kurzfristige Gewinnmaximierung<br />
zu erreichen. da viele<br />
kollegen das so machen, wähnt man<br />
sich in guter Gesellschaft und schließt<br />
daraus: das wird schon richtig sein.<br />
Nicht vergessen: Wir arbeiten<br />
in einer wundervollen Branche<br />
ich kann zwar den Zeitgeist nicht ändern,<br />
sehe aber bessere Chancen im<br />
Markt, wenn Qualität ein stärkeres Gewicht<br />
bekommt. ich finde, wir arbeiten in<br />
einer wunderbaren Branche. Sie ist vielfältig<br />
und spannend. Wir sollten die Zukunft<br />
als Herausforderung ansehen und<br />
uns gemeinsam anstrengen, der B2Bkommunikation<br />
die Bedeutung zukommen<br />
lassen, die ihr zusteht. o<br />
Fotos: digitalstock SZV impresso 2 / 2007 |