Clever reisen! 2/17
Ausgabe 2/17 plus Heft im Heft: ReiseIdeen Deutschland
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Deutschland<br />
Bodensee Blumige<br />
Aussichten<br />
Blume war das erste Wort, das Bettina<br />
Bernadotte, Gräfin von Wisborg<br />
(43) als Baby sprach, nicht Mama<br />
oder Papa. Kein Wunder also, dass Blumen<br />
ihr Leben bestimmen und sie heute so etwas<br />
wie die Blumenkönigin auf der Bodenseeinsel<br />
Mainau ist, die ihr Vater Lennart 1932<br />
als Geschenk von seinem Vater Wilhelm von<br />
Schweden bekam.<br />
Schon damals war Mainau ein Naturparadies<br />
mit 150 Jahre alten und bis zu 30 Meter<br />
hohen Bäumen und exotischen Pflanzen, die<br />
Großherzog Friedrich I. von Baden (1826 –<br />
1907) von zahlreichen Auslands<strong>reisen</strong> mitgebracht<br />
hatte. Zur berühmtesten Blumeninsel<br />
Europas wurde Mainau aber erst durch Bettinas<br />
Vater Lennart und ihrer Mutter Sonja. Zum<br />
Mekka von Millionen Blumenfans machten<br />
es Bettinas Ideen und ihr guter Sinn für modernes<br />
Marketing. Rund 1,2 Millionen Besucher<br />
pilgern inzwischen jährlich nach Mainau,<br />
bewundern Blumenrabatten, bestaunen Bananen-,<br />
Orangen-, Zitronenbäume, über 1000<br />
Rosensorten und lassen sich am „Grünen Telefon“<br />
oder in Spezialsprechstunden von rund<br />
6o Gärtnern gute Ratschläge für den heimischen<br />
Garten geben.<br />
Nirgendwo blühen Rosen dank des milden<br />
Klimas und optimaler Erde üppiger. Die Zukunftsaussichten<br />
für die gräfliche Familie sind<br />
im wahrsten Sinne des Wortes rosig. Der Erfolg<br />
machte auch benachbarte Schlossherren<br />
und Bürgermeister munter. Eine Traumgartenroute<br />
wurde ausgearbeitet, die per Rad, Schiff<br />
oder Auto erfahren werden kann und für die<br />
man auch etwas Zeit mitbringen sollte. Denn<br />
immerhin gibt es 42 Stationen. Die schönsten<br />
sind im Gebiet des Untersees.<br />
Beste Ausgangsstation ist Reichenau, Mainaus<br />
eher bäuerliche Schwesterinsel. Hier gibt<br />
es preiswerte, familiär geführte Hotels, köstliche<br />
Küche mit Felchen, Zander und Forelle<br />
und edle Weine aus dem benachbarten Thurgau<br />
und von der Insel selbst (siehe Infospalte).<br />
Statt auf gepflegtem knirschenden Kies wie<br />
auf Mainau, spaziere ich auf Reichenau fast<br />
lautlos auf fest getretenen Erdwegen im Ortsteil<br />
Niederzell an Lavendel-, Rosen- und Lilienrabatten<br />
vorbei, um zum ersten privaten<br />
Gartenrendezvous zu kommen. Es ist der private<br />
Garten von Karin Böhler, den sie in 14<br />
Jahren mit ihrem Mann Gottfried schuf und<br />
jetzt für alle Besucher bis spät in den Herbst<br />
offen hält.<br />
Die Böhlers haben, ähnlich wie die adligen<br />
Garten- und Parkherren in der Nachbarschaft,<br />
Setzlinge, Samen und Souvenirs aus<br />
der ganzen Welt mit ans Bodenseeufer gebracht.<br />
Da duften Rosen aus Frankreich und<br />
England. Dort bimmelt ein Baumglöckchen<br />
aus Japan. Am Eingang sprießen Kakteen aus<br />
Mexiko und Arizona. Zum Wasser hin verströmen<br />
Zypressen und Smaragd-Thuja kräftige<br />
Würze. Mitten im Garten steht ein Tisch mit<br />
Lavendelkeksen und eine Flasche „Hugo“,<br />
beides von Karin Böhler selbst gemacht. Alles<br />
kostenlos.<br />
„Ich will, dass sich viele an meinem Garten<br />
freuen“, sagt sie. Ihr Wahlspruch „Wer ein Leben<br />
lang glücklich sein will, der werde Gärtner“,<br />
baumelt in Holz geschnitzt von einem<br />
Baum. „Er trifft auf mich zu“, sagt sie und<br />
strahlt dabei Heiterkeit und Zuversicht aus,<br />
obwohl kurz zu vor Tränen flossen, als sie über<br />
den tragischen Tod ihres Mannes sprach. Er<br />
ertrank vor zwei Jahren im See.<br />
An Gemüsefeldern und Weingärten vorbei<br />
geht es vom „Privatgarten Böhler“ per Schiff<br />
auf die Schweizer Seite nach Mannenbach.<br />
Hoch über dem Ort thront Schloss Arenenberg.<br />
Dort schuf Hortense (<strong>17</strong>83 – 1837),<br />
Stief- und Adoptivtochter von Napoleon I.,<br />
Mutter des letzten Franzosenkaisers Napoleon<br />
III. und einige Jahre Königin von Holland,<br />
ein wahrhaft königliches Garten- und<br />
Parkparadies, das heute ein halbes Jahrtausend<br />
Gartengeschichte lebendig macht. Fontänen<br />
rauschen, Wassertreppen plätschern, Grotten<br />
locken. Auf schattigen Waldwegen klettere<br />
ich über 300 Stufen vom Bodenseeufer zum<br />
Schlossgelände. Gleich hinter dem Haupthaus<br />
entstand ein mittelalterlicher Garten, darüber<br />
am Terrassenhang werden Gemüse, Heidelbeeren,<br />
Rosen und Weinreben gezüchtet.<br />
Auch Deutschlands großer Gartenkünstler<br />
Fürst Hermann Pückler-Muskau, Freund<br />
von Napoleon III. (1808 – 1873) hat im Park<br />
seine Spuren hinterlassen. Nach seinen Ideen<br />
wurden Bäume und Hecken gepflanzt und die<br />
Wege angelegt. Im äußerlich eher unscheinbaren<br />
Schloss sind kostbare Möbel, Gemälde,<br />
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