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Wiehre Magazin, Ausgabe Unterwiehre (April 2017)

Der Lichtkünstler: Konrad Wallmeier schafft leuchtende Kunstobjekte, gespickt mit Technik und spielerischem Humor

Der Lichtkünstler: Konrad Wallmeier schafft leuchtende Kunstobjekte, gespickt mit Technik und spielerischem Humor

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INTERVIEW<br />

©Foto: Barbara Breitsprecher<br />

AUF DER SUCHE<br />

NACH ANTWORTEN<br />

Falls das Thema Wirtschaftsethik je einen trockenen,<br />

unzugänglichen Eindruck erwecken sollte, dann<br />

räumt spätestens die Begegnung mit Philippe Merz<br />

alle diese Bedenken aus dem Weg. Der junge Philosophie-Dozent<br />

und Geschäftsführer der Thales Akademie für<br />

Wirtschaft und Philosophie versprüht freundliche, lockere<br />

Offenheit und sein waches Interesse an allen kniffligen<br />

sozio-ökonomischen Fragen überträgt sich augenblicklich.<br />

Welches ist für Sie die drängendste ethische Fragestellung?<br />

Philippe Merz: Die drängendste ethische Frage – gesamtgesellschaftlich<br />

gesehen – ist meiner Ansicht nach die, wie wir mit<br />

der immer mehr zunehmenden, massiven Vertrauenskrise in die<br />

Marktwirtschaft umgehen. Denn immer größere Teile der Bevölkerung<br />

halten diese Wirtschaftsordnung für in sich ungerecht und<br />

ökologisch fatal.<br />

Welche Entwicklungen befürchten Sie?<br />

Philippe Merz: Daraus entstehen jetzt schon größere Sympathien<br />

für links- oder rechtsextreme Parteien und Gruppierungen. Auch<br />

aus der wachsenden ökonomischen Ungleichheit in der Gesellschaft.<br />

Darunter sind viele Menschen, die sich einfach abgehängt<br />

und zurückgelassen fühlen und den Eindruck haben, sie hätten<br />

weder mit den oberen Zehntausend noch mit der bürgerlichen Mitte<br />

etwas zu tun. Das hat politisch-ideologische Gründe, aber eben<br />

auch sozio-ökonomische.<br />

Sehen Sie da eine Verantwortung bei den Unternehmern?<br />

Philippe Merz: Absolut. Unternehmen müssen sich diesen Entwicklungen<br />

stellen. Jeder Unternehmensverantwortliche ist ja nicht nur<br />

ein ökonomischer Akteur, sondern auch ein Bürger und auch da hat<br />

er Verantwortung. Er muss deshalb beispielsweise auch über Gehaltsunterschiede<br />

und Vergütungsmodelle nachdenken: Nach welchen<br />

Kriterien werden die Leute bezahlt? Wie hoch ist der Bonus- ,<br />

wie hoch der Fixanteil? Wie groß sind die Gehaltsunterschiede?<br />

Das weckt ja immer große Frustrationen, wenn man erfährt<br />

welch hohe Abfindung ein scheidender Bahn- oder<br />

VW-Chef bekommt…<br />

Philippe Merz: Gerade wurde bekannt, dass es in Deutschland<br />

Unternehmen gibt, als Beispiel wurde Heidelberg Zement genannt,<br />

die eine Gehaltslücke von 190 haben. Der Chef verdient also 190<br />

mal mehr als der Durchschnittsverdiener dieses Unternehmens.<br />

Aber die Bosse sehen ihren Verdienst doch als ihr Recht an?<br />

Philippe Merz: Das glaube ich nicht. Viel häufiger nehmen sie<br />

einfach was sie kriegen können, weil es sich in bestimmten, relativ<br />

intransparenten Szenen so etabliert hat. Aber sobald sie öffentlich<br />

herausgefordert werden, das zu begründen, machen die meisten<br />

schnell einen Rückzieher. Weil sie einerseits den medialen Druck<br />

und die Kritik nicht wollen, aber auch weil sie sehen, dass solche<br />

Gehaltsunterschiede nicht begründbar sind. Es gibt keine hinreichenden<br />

Argumente dafür, dass ein Verantwortungsträger 190<br />

mal mehr verdient als der durchschnittliche Arbeitnehmer in einem<br />

Unternehmen. Denn seine Arbeit ist nicht 190 mal besser oder wichtiger.<br />

Natürlich trägt er eine größere Verantwortung, arbeitet zeitlich<br />

mehr und mit größerem Energieaufwand und seine soziale Fallhöhe<br />

ist größer, weil er nach außen für das Unternehmen steht. All das<br />

alles rechtfertigt gewisse Gehaltsunterschiede. Aber solche exzessiven<br />

Klüfte sind einfach mit keinem guten Argument zu rechtfertigen.<br />

Und letztlich können Verantwortungsträger daran auch selbst<br />

kein Interesse haben. Denn das hat einen Bumerang-Effekt, weil so<br />

das Vertrauen ihnen gegenüber untergraben wird und zunehmend<br />

auch das Vertrauen in die Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung.<br />

Dennoch verzichten doch nur die wenigsten auf ihren<br />

Bonus…<br />

Philippe Merz: Es gibt sie aber, diese Fälle. Diese Einzelfälle machen<br />

durchaus Schule. Sie haben einen Vorbildeffekt für andere<br />

Verantwortungsträger, die erkennen, dass Geld zwar Mittel zum<br />

Zweck ist für ein gutes Leben, aber kein Selbstzweck.<br />

Eher hört man aber von Tricksereien, Steuerhinterziehungen<br />

oder Vetternwirtschaft in den Chefetagen als von diesen<br />

Vorbildeffekten.<br />

Philippe Merz: Soweit ich weiß, gibt es dazu bislang keine sauberen,<br />

empirischen Studien. Auch weil es nach wie vor beim Thema<br />

Geld und Vermögen eine hohe Diskretion in Deutschland gibt. Bis<br />

hin zu dem alten Sprichwort „Über Geld spricht man nicht“. Da<br />

kann man sich auch fragen, warum eigentlich nicht? Ist Geld wirklich<br />

so wichtig? Oder könnte man auch mal ein bisschen entspannter<br />

damit umgehen und offen darüber reden? Und natürlich haben<br />

die Fälle von Versagen, Missbrauch oder gar Korruption in der<br />

Öffentlichkeit eine viel stärkere Resonanz, als die vielen anderen<br />

Fälle, in denen Leute sehr verantwortungsbewusst handeln, gerade<br />

im eigentümergeführten Mittelstand.<br />

<br />

Freiburg <strong>Unterwiehre</strong> Stadt-<strong>Magazin</strong> | 9

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