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05/2017 Schule-Spezial

Fritz + Fränzi

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Frühjahr <strong>2017</strong><br />

Schulweg Elternabend<br />

Oskar Jenni Jokertage<br />

Neue Freunde Lehrer<br />

Schulsport Jesper Juul<br />

Pausenplatz Noten<br />

Michèle Binswanger<br />

Hausaufgaben Znüni<br />

Fabian Grolimund<br />

Neue Medien Lernen<br />

1 Jahr lang<br />

Fritz+Fränzi<br />

gratis<br />

Abo-Karte<br />

auf Seite 18<br />

<strong>Schule</strong><br />

Abenteuer<br />

Lernen


Wichtig ist, dass man nie aufhört zu fragen.<br />

(Albert Einstein, 1879–1955)<br />

Gratis-Jahresabonnement zum<br />

Übertritt in die Primarschule<br />

Wie kann das Nebeneinander von Beruf und Familie gelingen? Wie organisieren wir die<br />

Mediennutzung unserer Kinder? Wie gestalten wir das Verhältnis zu ihren Lehrpersonen?<br />

Es sind diese und andere grosse Themen, mit denen sich Familien heute beschäftigen.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi versucht Antworten zu finden. Lässt Eltern,<br />

Lehrpersonen und Fachleute zu Wort kommen. Informiert, analysiert, ordnet ein.<br />

Zum Übertritt Ihres Kindes in die Primarschule schenken wir Ihnen die vorliegende<br />

Ausgabe und ein Jahresabonnement des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi.<br />

Wir wünschen Ihnen, liebe Eltern, dass sich Ihr Kind wohlfühlt. Und Ihrem Kind<br />

wünschen wir viel Spass und dass es gute Freunde findet.<br />

Die Gutscheinkarte für das Jahresabonnement finden Sie auf Seite 19.<br />

Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi


Editorial<br />

Liebe Eltern<br />

Im kommenden Schuljahr wird Ihr Kind vom Kindergarten in die <strong>Schule</strong> übertreten. Damit<br />

beginnt für Ihr Kind die Primarschulzeit. Der erste Schultag ist ein besonderer Tag im<br />

Leben aller Erstklässler und ihrer Eltern. In vielen Familien wird das Ereignis fotografisch<br />

festgehalten und gefeiert. Das ist schön. Doch manche Eltern sehen diesem Tag auch<br />

mit Unsicherheit, ja Sorge entgegen: Wird mein Kind diesen Schritt schaffen?<br />

Bild: Geri Born Bild: ZVG<br />

Ruth Fritschi<br />

Präsidentin der LCH-<br />

Stufenkommmission<br />

4bis8, Kindergärtnerin<br />

Es liegt mir am Herzen, zu betonen, dass – ebenso wie im Kindergarten – auch in der<br />

<strong>Schule</strong> das Kind als ganzheitliche Persönlichkeit im Mittelpunkt steht und als solche<br />

begleitet und gefördert wird. Natürlich erscheinen neue Fächer im Stundenplan, doch<br />

haben die Institution <strong>Schule</strong> und der Ihnen bekannte Kindergarten einiges gemeinsam:<br />

Beide haben die Aufgabe, die Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz Ihres Kindes zu fördern.<br />

Nichts ist wichtiger, als dass ein Kind ein gutes Gefühl von sich selber entwickelt. Freuen<br />

Sie sich an den Fähigkeiten Ihres Kindes und zeigen Sie ihm Ihre Freude darüber.<br />

Vergleichen Sie Ihr Kind nicht mit anderen – Ihr Kind ist und bleibt einzigartig. Seien<br />

«Ernst des Lebens wird die <strong>Schule</strong> genannt,<br />

doch dabei hat einer total verkannt,<br />

dass du lernst 1000 tolle Sachen,<br />

hast Freunde und wirst viel lachen.»<br />

Sarah Ewald<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Sie geduldig, setzen Sie Ihr Kind nicht unnötig unter<br />

Druck und haben Sie angepasste Erwartungen.<br />

Vertrauen Sie Ihrem Kind und der Lehrperson und<br />

suchen Sie das Gespräch, wenn Sie Fragen haben.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />

thematisiert diese wichtigen Aspekte in diesem<br />

Sonderheft. Ich empfehle Ihnen die Ausgabe als<br />

Präsidentin der LCH-Stufenkommission 4bis8 und als erfahrene Praktikerin in der<br />

<strong>Schule</strong>ingangsstufe.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Vertrauen und gute Lektüre!<br />

Im vergangenen Frühjahr sprach mich eine Nachbarin auf unsere Ausgabe «Schöne<br />

Schulzeit» zum Übertritt in die Primarschule an. Ihrem Sohn stand dieser grosse<br />

Schritt gerade bevor. Ich freute mich über ihr positives Feedback. Noch mehr freute<br />

ich mich darüber, dass sie nicht die Einzige blieb, der unsere Arbeit gefiel – und das<br />

Heft in diesem wichtigen Lebensabschnitt Wegbegleiter sein durfte.<br />

Aufgrund der positiven Resonanz bringt die Stiftung Elternsein erneut ein Heft zu<br />

diesem Thema heraus und orientiert sich dabei an der «grossen Schwester». Das<br />

Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi widmet sich relevanten Erziehungs- und<br />

Bildungsthemen. Auf Seite18 finden Sie einen Gutschein für ein Gratis-Jahresabo!<br />

Evelin Hartmann<br />

Stv. Chefredaktorin<br />

Haben Sie viel Freude mit dieser Ausgabe. Ihrem Kind wünsche ich vor allem Spass<br />

am Lernen und eine gehörige Portion Abenteuerlust.<br />

Herzlichst, Ihre Evelin Hartmann<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>3


Inhalt<br />

<strong>Schule</strong> / Frühjahr <strong>2017</strong><br />

Viele nützliche Informationen finden Sie auch auf<br />

fritzundfraenzi.ch und<br />

facebook.com/fritzundfraenzi.<br />

Bild: Ornella Cacace / 13 Photo<br />

Cover<br />

Emma, 7, findet die<br />

<strong>Schule</strong> gar nicht so<br />

anstrengend. «Und dass<br />

es dort lässig wird,<br />

wusste ich schon von<br />

meiner Cousine.»<br />

8Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

08 Das fängt ja gut an!<br />

Die Psychologen Fabian Grolimund und<br />

Stefanie Rietzler erklären, wie Sie Ihr Kind<br />

auf den Übertritt in die Primarschule<br />

vorbereiten und in ihm die Freude an<br />

der <strong>Schule</strong> entfachen.<br />

14 5 Tipps – was Kinder stark macht<br />

Wie Eltern das Selbstbewusstsein und<br />

Selbstwertgefühl ihrer Kinder fördern.<br />

16 «Jedes Kind ist anders»<br />

Der Kinderarzt Oskar Jenni über<br />

individuelles Lernen, gute Lehrer und<br />

warum in den ersten Schuljahren<br />

die Leistung nicht im Vordergrund steht.<br />

Bilder: Sophie Stieger / 13 Photo, Marvin Zilm / 13 Photo, Keystone, ZVG<br />

4


16<br />

34<br />

38<br />

Herr Jenni, wie können Eltern zum<br />

<strong>Schule</strong>rfolg ihrer Kinder beitragen?<br />

Warum das freie Spiel auch nach<br />

dem ersten Schultag so wichtig ist.<br />

Wie Eltern kleine Frühstücksmuffel zum<br />

Essen motivieren können.<br />

24 Abenteuer <strong>Schule</strong><br />

Warum es wichtig ist, dass Eltern und<br />

Lehrpersonen ein gutes Team bilden.<br />

26 Schulweg – Chancen und Risiken<br />

Auf dem Schulweg lauern Gefahren.<br />

Aber er bietet Kindern auch viele<br />

Möglichkeiten, spielerisch zu lernen.<br />

34 Du darfst spielen!<br />

Das freie Spiel bleibt auch nach dem<br />

Übertritt in die Primarschule wichtig –<br />

zur Erholung und um wichtige<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen.<br />

36 Kinderfreundschaften<br />

Was sollen Eltern tun, wenn sie von<br />

den Freunden ihrer Kinder nicht<br />

begeistert sind? Gelassen bleiben,<br />

raten Fachleute.<br />

44 «Jetzt habe ich neue Freunde»<br />

Matilda, Leon und Emma erzählen von<br />

ihrem ersten Schultag. Und wollen gar<br />

nicht mehr aufhören, denn sie finden:<br />

«<strong>Schule</strong> ist cool.»<br />

54 Elternabend auf Kinderstühlen<br />

Die vierfache Mutter Claudia Landolt<br />

über angestrengte Mütter und Väter,<br />

Zoff auf dem Pausenplatz und wie man<br />

als Eltern die <strong>Schule</strong> meistert.<br />

Eine Polemik.<br />

58 Und jedem Anfang ...<br />

Ursi Steiner erinnert sich an<br />

ihren ersten Schultag als Lehrerin.<br />

Und verrät ein Geheimnis.<br />

62 Problemzone Hausaufgaben<br />

Wie Eltern ihre Kinder sinnvoll beim<br />

Lernen unterstützen können.<br />

Ernährung & Gesundheit<br />

38 Gut genährt in die <strong>Schule</strong><br />

Zum Lernen braucht es Energie.<br />

Wie ein optimales Znüni aussieht,<br />

weiss Ernährungsberaterin<br />

Marianne Honegger.<br />

52 <strong>Schule</strong> und Gesundheit<br />

Welcher Schulthek ist der richtige?<br />

Braucht mein Kind einen neuen<br />

Schreibtisch? Soll ich seinen<br />

Biorhythmus umstellen?<br />

Digital & Medial<br />

06 Früher – heute<br />

Von der Schiefertafel zum Tablet.<br />

60 <strong>Schule</strong> und neue Medien<br />

Was Eltern bei der Medienbildung<br />

von der <strong>Schule</strong> erwarten dürfen –<br />

und was nicht.<br />

Rubriken<br />

03 Editorial<br />

42 Jesper Juul<br />

Ein siebenjähriger Junge geht nicht<br />

gerne zur <strong>Schule</strong>. Seine besorgte<br />

Mutter wendet sich an Jesper Juul.<br />

Der dänische Familientherapeut und<br />

Buchautor weiss Rat.<br />

53 Michèle Binswanger<br />

Wie Gemeinschaft ausserhalb der<br />

Familie geht, lernen wir unter anderem<br />

in der <strong>Schule</strong>, schreibt Michèle<br />

Binswanger in ihrer Kolumne.<br />

66 Abgedruckt<br />

«Was hatten wir heute für einen<br />

schönen Tag»<br />

Service<br />

19 Abo<br />

23 Buchtipps<br />

51 7 Fragen und Antworten zum<br />

Übertritt in die Primarschule<br />

64 Impressum<br />

65 Wussten Sie, dass …<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>5


F R Ü H E R<br />

Bilder: Keystone, Salvatore Vinci / 13 Photo<br />

1941<br />

Schrieben Primarschüler vor 70 Jahren noch auf Schiefertafeln wie im Mühlemattschulhaus in Liestal ...<br />

6 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


H E U T E<br />

<strong>2017</strong><br />

... gehört das Tablet heute zum Alltag der Projektschule des Hofmattschulhauses in Arth SZ wie bei diesen zwei Schülern einer 5. Klasse.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>7


Das fängt ja gut an!<br />

Wie Eltern ihren Kindern den Schulstart erleichtern<br />

Viele Jungs und Mädchen freuen sich auf den ersten Schultag und kippen dann vor<br />

Nervosität fast um. Wie bringen Eltern ihre Kinder gut durch diese aufregenden Tage?<br />

Text: Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

Erinnern Sie sich noch an<br />

Ihren ersten Schultag?<br />

Meiner ist mir noch in<br />

guter Erinnerung. «Fa ­<br />

bian, zieh dich schon<br />

mal an – ich muss noch mit deiner<br />

Kindergärtnerin sprechen», sagte<br />

meine Mutter mir damals und strich<br />

mir übers Haar. Sie wurde zu einem<br />

Gespräch in den Kindergarten gebeten.<br />

Als die Kindergärtnerin und<br />

meine Mutter wieder in den Gang<br />

kamen, sass ich in Unterwäsche auf<br />

der Bank, sah die beiden gedankenverloren<br />

an und fragte: «Im Winter,<br />

tragen da die Könige die Krone über<br />

oder unter der Mütze?»<br />

«Sehen Sie, genau so ist er im ­<br />

mer!», rief die Kindergärtnerin, «er<br />

ist einfach noch nicht schulreif.»<br />

Meine Mutter blieb gelassen und<br />

meinte: «Ja, dann geht er noch ein<br />

Jahr in den Kindergarten.» So kam<br />

für mich, Fabian, der grosse Tag erst<br />

ein Jahr später.<br />

Der erste Schultag ist für jedes<br />

Kind ein grosses Ereignis. Aber<br />

nicht nur bei den Kindern löst der<br />

Übertritt in die Primarschule einiges<br />

aus – auch Ihnen als Eltern werden<br />

schon lange vorher viele Gedanken<br />

durch den Kopf gehen. Die meisten<br />

Eltern schauen dem Übertritt mit<br />

gemischten Gefühlen entgegen:<br />

Stolz mischt sich mit Wehmut, Hoffnung<br />

mit Sorge. Sie können aber<br />

einiges tun, damit der erste Schultag<br />

so entspannt wie möglich abläuft.<br />

Am besten bereiten Sie Ihr Kind<br />

und sich selbst gemeinsam auf das<br />

Abenteuer <strong>Schule</strong> vor. Die Kindergärten<br />

legen einen sehr guten<br />

Grundstein, indem sie den Kindern<br />

wichtige Kompetenzen vermitteln<br />

und den Schulbeginn thematisieren.<br />

Sie als Eltern können die Kindergartenzeit<br />

nutzen, um bei Ihrem Kind<br />

Neugier und Vorfreude zu wecken:<br />

• Üben Sie mit Ihrem Kind vorgängig<br />

den Schulweg, damit es möglichst<br />

von Beginn an alleine zur<br />

<strong>Schule</strong> gehen kann. Gespräche<br />

nach der <strong>Schule</strong> und auf dem<br />

Schulweg sind für die Entwicklung<br />

von Freundschaften zentral.<br />

• Besuchen Sie eine Theateraufführung,<br />

ein Singspiel oder einen<br />

anderen öffentlichen Anlass der<br />

<strong>Schule</strong>, damit sich Ihr Kind das<br />

Schulhaus anschauen kann.<br />

• Machen Sie es neugierig auf die<br />

<strong>Schule</strong>, indem Sie von spannenden,<br />

witzigen und schönen Erlebnissen<br />

Ihrer eigenen Schulzeit<br />

erzählen.<br />

• Lassen Sie ab und zu einfliessen,<br />

was Ihr Kind in der <strong>Schule</strong> lernen<br />

wird und wie nützlich dies sein<br />

wird («Bald kannst du die Ge ­<br />

schichten selbst lesen!»).<br />

• Lesen Sie ihm Geschichten vor, die<br />

sich in der <strong>Schule</strong> abspielen oder<br />

den Schulanfang thematisieren.<br />

Die Vorfreude wächst weiter, wenn<br />

Sie mit Ihrem Kind die Schulsachen<br />

kaufen. Sie werden von der <strong>Schule</strong><br />

vorgängig informiert, welches Material<br />

Ihr Kind benötigt. Nehmen Sie<br />

sich einen Tag Zeit und lassen Sie<br />

den Einkauf zu etwas Besonderem<br />

werden.<br />

Die <strong>Schule</strong> beginnt: So können Sie<br />

Ihr Kind beim Lernen begleiten<br />

Die meisten Kinder gehen in der<br />

ersten Zeit begeistert in die <strong>Schule</strong><br />

und interessieren sich für ihre Hausaufgaben.<br />

Wie lange Kinder dieses<br />

Interesse aufrechterhalten können,<br />

hängt auch von ihren Eltern ab.<br />

Je mehr es Ihnen gelingt, sich auf<br />

Ihr Kind einzulassen, Interesse an<br />

der <strong>Schule</strong> zu zeigen und es bei den<br />

Hausaufgaben sinnvoll zu unterstützen,<br />

desto eher wird die <strong>Schule</strong> zu<br />

einer schönen Erfahrung für die<br />

ganze Familie.<br />

Sich auf das eigene Kind einzulassen,<br />

kann auch bedeuten, gängigen<br />

Ratschlägen nicht zu viel Beachtung<br />

zu schenken. So wird in vielen<br />

Ratgebern und Tipplisten für den<br />

Schulanfang darauf hingewiesen,<br />

dass die Kinder unbedingt einen<br />

ruhigen Ort und einen eige­ >>><br />

Der Besuch des<br />

Pausenplatzes<br />

kann die<br />

Vorfreude auf die<br />

<strong>Schule</strong> steigern.<br />

8 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>9


nen, ergonomisch sinnvollen<br />

Arbeitstisch benötigen, um konzentriert<br />

arbeiten zu können. In der<br />

Folge wird dem Kind ein Pult ins<br />

Zimmer gestellt, wo es fortan in<br />

Ruhe arbeiten soll. Nur: Viele Kinder<br />

sind in diesem Alter nicht gerne<br />

alleine. Abgeschieden und einsam<br />

in ihrem Zimmer, fühlen sie sich<br />

unwohl und werden zappelig. Die<br />

Kinder stehen immer wieder auf<br />

und verlassen unter einem Vorwand<br />

das Zimmer – beispielsweise um<br />

eine Frage zu stellen –, worauf die<br />

Eltern ärgerlich werden.<br />

Sie können also darauf achten,<br />

wo sich Ihr Kind wohlfühlt. Vielleicht<br />

will es die Hausaufgaben alleine<br />

im Zimmer erledigen. Vielleicht<br />

möchte es aber lieber in der Küche<br />

oder im Wohnzimmer arbeiten,<br />

während Sie Ihre E-Mails beantworten<br />

oder die Spülmaschine einräumen.<br />

Lassen Sie dies zu.<br />

Kinder freuen sich über eine<br />

wohlige Atmosphäre beim Lernen.<br />

Ein positives Klima entsteht, wenn<br />

die Eltern einfach da sind, ohne<br />

ständig danebenzusitzen oder ihre<br />

Hilfe aufzudrängen. Bringen Sie<br />

Ihrem Kind etwas zu knabbern,<br />

berühren Sie es beim Vorbeigehen<br />

kurz an der Schulter, lächeln Sie es<br />

an und stellen Sie ab und zu eine<br />

interessierte Frage zum Stoff, während<br />

Sie einer eigenen Tätigkeit<br />

nachgehen.<br />

Die Hausaufgaben werden in der<br />

<strong>Schule</strong> kontrolliert und die Lehrperson<br />

benötigt eine Rückmeldung<br />

darüber, wie gut das Kind den Stoff<br />

verstanden hat. Es ist daher sinnvoll,<br />

sich mit Korrekturen zurückzuhalten.<br />

Viele Kinder reagieren<br />

sehr empfindlich, wenn die Eltern<br />

auf Fehlersuche gehen oder mit<br />

Erklärungen aufwarten, die sich<br />

nicht mit denen der Lehrperson<br />

decken. Bald entzünden sich Konflikte,<br />

die sich gravierender auswirken<br />

als ein paar Fehler, weil sie die<br />

Lernmotivation des Kindes zunehmend<br />

schädigen. Falls Ihr Kind eine<br />

Aufgabe nicht verstanden hat, ist es<br />

daher oft sinnvoller, der Lehrperson<br />

eine Notiz im Hausaufgabenheft zu<br />

hinterlassen. Es ist wichtig, dass das<br />

Kind auch in Sachen Hausaufgaben<br />

seine eigenen Erfahrungen macht.<br />

Zu guter Letzt ist es hilfreich,<br />

wenn Sie Ihrem Kind signalisieren,<br />

dass die Hausaufgaben Teil der<br />

Erwachsenenwelt sind, und es in<br />

dieser schönen Welt willkommen<br />

heissen. Vermeiden Sie Aussagen<br />

wie: «Das musst du halt einfach<br />

machen!» – laden Sie es lieber dazu<br />

ein. Vielleicht mit einer Aussage wie:<br />

«Hey Grosser, hast du auch noch<br />

Arbeit zu erledigen? Ich möchte<br />

noch meine Mails machen. Wollen<br />

wir gleich loslegen?»<br />

Mit einem guten Start ist viel<br />

gewonnen. Falls sich im Verlauf der<br />

Schulzeit Schwierigkeiten einstellen,<br />

ist es wichtig, dass Sie sich Hilfe<br />

holen, bevor heftige Konflikte oder<br />

immer länger werdende Hausaufgabenmarathons<br />

die Beziehung zu<br />

Ihrem Kind und dessen Lernmotivation<br />

untergraben. Wir haben zu<br />

diesem Zweck einen kostenlosen<br />

Online-Kurs für Eltern entwickelt<br />

und gemeinsam mit dem Schweizer<br />

ElternMagazin Fritz+Fränzi eine<br />

Videoserie erstellt (siehe Box unten).<br />

Überprüfen Sie Ihre Einstellung<br />

zur <strong>Schule</strong><br />

Wenn Kinder in eine neue Situation<br />

kommen, suchen sie nach Orientierung.<br />

Die Aussagen, die die Eltern<br />

über die <strong>Schule</strong> treffen, beeinflussen<br />

die Wahrnehmung und die Erwartungen<br />

des Kindes.<br />

Vielleicht haben Sie Lust auf ein<br />

kleines Experiment: Lesen Sie die<br />

folgenden Aussagen durch und<br />

hören Sie in sich hinein. Was klingt<br />

in Ihnen an, wenn Sie die folgenden<br />

Aussagen und Fragen lesen?<br />

• Mit der <strong>Schule</strong> beginnt der Ernst<br />

des Lebens.<br />

• In der <strong>Schule</strong> dürfen die Kinder<br />

heute gar nicht mehr Kind sein.<br />

• In der <strong>Schule</strong> werden Kinder in<br />

ein Schema gepresst und verlieren<br />

ihre Individualität.<br />

Kann ein Kind in einem<br />

System erfolgreich sein, das<br />

seine Eltern verachten?<br />

• Zuerst lernen wir sprechen und<br />

gehen – dann stillsitzen und den<br />

Mund halten. Das ist die traurige<br />

Wahrheit.<br />

• ch war auch immer schlecht in<br />

Mathe/Deutsch.<br />

• Findet mein Kind wohl seinen<br />

Platz?<br />

• Wird die Lehrerin genügend auf<br />

mein Kind eingehen?<br />

Heute wird von den Medien und<br />

populären Experten aus Erziehung<br />

und Bildung manchmal ein sehr<br />

negatives Schulbild gezeichnet.<br />

Dabei geht unter, dass viele Kinder<br />

gerne zur <strong>Schule</strong> gehen und dass die<br />

meisten Lehrpersonen Menschen<br />

sind, die in der Lage sind, eine gute<br />

Beziehung zu ihren Schülern aufzubauen.<br />

Wer nach Fehlern und Unzulänglichkeiten<br />

im Bildungssystem und<br />

bei der Lehrperson seiner Kinder<br />

sucht, wird viele finden. Die Frage<br />

ist: Hilft das dem Kind, sich in der<br />

<strong>Schule</strong> wohlzufühlen? Kann ein<br />

Kind in einem System erfolg- >>><br />

«Mit Kindern lernen»<br />

Die Hausaufgaben können für Eltern und Kinder<br />

zu einem Problem werden. Der kostenlose<br />

Online-Kurs «Mit Kindern lernen» gibt Antworten<br />

auf die folgenden Fragen:<br />

• Wie kann ich mein Kind fürs Lernen<br />

motivieren?<br />

• Wie können wir Konflikte reduzieren?<br />

• Wie kann ich die Selbständigkeit meines<br />

Kindes fördern?<br />

• Welche Lernstrategien sind für<br />

Primar schulkinder sinnvoll?<br />

Der Kurs besteht aus 12 Lektionen und<br />

7 Kurzfilmen. Eltern können sich jederzeit<br />

anmelden auf: www.mit-kindern-lernen.ch<br />

10 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Amory konnte es<br />

kaum erwarten,<br />

endlich zur<br />

<strong>Schule</strong> gehen zu<br />

dürfen.<br />

Amory Straub, Zürich<br />

«Vor Aufregung habe ich meinen Namen vergessen»<br />

«Ich habe mich gefreut auf die <strong>Schule</strong> – riesig sogar,<br />

weil ich da neue Freunde finden würde. Im Kindergarten<br />

hatte es oft Streit gegeben, vermutlich, weil wir so eine<br />

kleine Klasse waren. Bevor die <strong>Schule</strong> dann endlich<br />

losging, war ich sehr aufgeregt. Wie das so ist als Erstklässlerin,<br />

das konnte mir keiner sagen. Meine grosse<br />

Schwester Valeria ist schon 17 und geht aufs Gymnasium,<br />

die weiss das nicht mehr. Vorbereitet habe ich<br />

mich eigentlich nicht. Obwohl, doch: Als mich meine<br />

Mutter am ersten Tag zum Unterricht begleitete, flüsterte<br />

ich ununterbrochen meinen Namen vor mich hin.<br />

Ich wollte nämlich vermeiden, dass noch einmal passiert,<br />

was damals am ersten Morgen im Kindergarten<br />

geschehen war: Da hatte ich vor lauter Aufregung<br />

meinen Namen vergessen!<br />

Auf dem Weg in die <strong>Schule</strong> schaue ich manchmal<br />

beim Kindergarten vorbei und werfe einen Blick durchs<br />

Fenster. Ich vermisse den Kindergarten schon ein bisschen.<br />

Da hatten wir so viel Zeit zum Basteln und Singen,<br />

das macht mir mehr Spass als Rechnen und Schreiben.<br />

Was mir an der <strong>Schule</strong> am besten gefällt, sind die anderen<br />

Kinder. Und mein eigenes Pult. Ich hatte gar nicht<br />

gewusst, dass jedes Kind so eines bekommt. Auch das<br />

Schwimmen macht Spass, ich finde es super, dass mein<br />

grösstes Hobby jetzt ein Schulfach ist. Dann ist da noch<br />

Florence, sie ist eine Fünftklässlerin und wurde mir von<br />

der <strong>Schule</strong> als Gotte zugeteilt. Sie ist super! Als ich Streit<br />

mit einem Buben hatte, ist sie mir sofort zu Hilfe gekommen.<br />

Kinder, die neu in die <strong>Schule</strong> kommen, müssen<br />

davor keine Angst haben. Sie sollten sich bloss ihren<br />

Namen gut merken!<br />

(Dies erzählte uns Amory mit 7 Jahren.<br />

Inzwischen ist die Primarschülerin 8.)<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>11


eich sein, das seine Eltern<br />

verachten? Kann sich ein Kind auf<br />

eine Lehrperson einlassen, die die<br />

Eltern als inkompetent abstempeln?<br />

Sie können Ihrem Kind helfen,<br />

indem Sie seinen Schul-Rucksack<br />

für ein Abenteuer rüsten, anstatt ihn<br />

mit Sorgen und Befürchtungen vollzupacken.<br />

Denn vielleicht wird Ihr<br />

Kind:<br />

• zu einer wunderbaren Lehrerin<br />

kommen, die es sehr gern haben<br />

wird und bei Schwierigkeiten<br />

ermutigt und stärkt,<br />

• sich für den Stoff interessieren und<br />

gerne lernen,<br />

• stolz sein auf seine ersten Schritte<br />

in der Welt der Grossen,<br />

• dort seine Stärken haben, wo Sie<br />

Ihre Schwächen hatten,<br />

• mit einer «schwierigen» Lehrperson<br />

viel besser zurechtkommen,<br />

als Sie sich momentan vorstellen<br />

können,<br />

• in eine <strong>Schule</strong> kommen, in der ein<br />

angenehmes Klima herrscht,<br />

• die Möglichkeit geniessen, jeden<br />

Tag an einen Ort zu kommen, wo<br />

es Freundschaften knüpfen und<br />

mit anderen Kindern zusammen<br />

sein kann, selbst wenn es mitunter<br />

zu Konflikten kommen kann.<br />

Wir wollen durchaus keine Schönfärberei<br />

betreiben, doch uns beeindrucken<br />

die vielen engagierten<br />

Lehrpersonen, die sich Tag für Tag<br />

neu auf die Kinder einlassen und die<br />

Kinder auch in schwierigen Phasen<br />

gut begleiten. Es ist so vieles möglich,<br />

wenn Eltern und <strong>Schule</strong> konstruktiv<br />

zusammenarbeiten und ein<br />

Team bilden. Wenn Sie davon ausgehen,<br />

dass die zukünftige Lehrperson<br />

das Beste für Ihr Kind will und<br />

<strong>Schule</strong> ein positiver Ort sein kann,<br />

wird die Schulzeit entspannter,<br />

schöner, bunter – für Sie, Ihr Kind<br />

und die Lehrpersonen.<br />

>>><br />

Fabian Grolimund<br />

ist Psychologe und Autor («Mit Kindern<br />

lernen») und schreibt regelmässig für<br />

Fritz+Fränzi. Er ist Vater zweier Kinder.<br />

Stefanie Rietzler<br />

ist Psychologin, Buchautorin («Erfolgreich<br />

lernen mit ADHS») und leitet mit Fabian<br />

Grolimund die Akademie für Lerncoaching<br />

in Zürich.<br />

Kurzfilme mit Hase, Biber und Co.<br />

Möchten Sie gerne wissen, wie Sie Ihr Kind für das Lernen und<br />

die Hausaufgaben motivieren können? Oder ist es Ihnen ein<br />

Anliegen, das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl von<br />

Kindern zu stärken? Möchten Sie als Lehrperson wissen, wie<br />

Klassen zusammenwachsen können?<br />

Zu diesen Lern- und Erziehungsthemen produziert das<br />

Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi gemeinsam mit dem<br />

Team der Akademie für Lerncoaching Kurzfilme. Gemeinsam<br />

mit einem kleinen Hasen und einem Biber erläutert das<br />

Psychologenteam um Fabian Grolimund, wie Eltern und<br />

Lehrpersonen Kinder unterstützen können.<br />

Sie finden die bereits veröffentlichten Staffeln auf der<br />

Webseite von Fritz+Fränzi unter der Rubrik «Video»:<br />

www.fritzundfraenzi.ch.<br />

Mit Kindern lernen<br />

In der Videoserie «Mit Kindern lernen»<br />

erfahren Eltern, wie man Kinder bei den<br />

Hausaufgaben unterstützt und sie zum<br />

Lernen motiviert.<br />

Was Kinder stark macht<br />

In der Serie «Was Kinder stark macht»<br />

erfahren Eltern und Lehrpersonen, wie<br />

sich das Selbstvertrauen und das<br />

Selbstwertgefühl von Kindern stärken<br />

lässt.<br />

Schulfrust? Schullust!<br />

In der Serie «Gemeinsam sind wir Klasse»<br />

erfahren Lehrer/innen, wie sie mit der<br />

Klasse daran arbeiten können, dass alle<br />

– Kinder und Lehr personen – gerne zur<br />

<strong>Schule</strong> kommen.<br />

12 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Karín Straub-Hernández, Lehrerin, Zürich<br />

«Wenn Amory Schulaufgaben macht, halte ich mich im Hintergrund»<br />

«Amory konnte es kaum erwarten, in die <strong>Schule</strong> zu<br />

gehen. Als der grosse Tag näher rückte, haben wir<br />

gemeinsam ihren Schulsack ausgesucht. Aller Vorfreude<br />

zum Trotz spürten wir, dass unsere Tochter<br />

nervös war. Mein Mann und ich wollten keine zusätzliche<br />

Aufregung schüren – und haben deshalb<br />

bewusst keine bestimmten Vorbereitungen getroffen.<br />

Wir wollten es auf uns zukommen lassen. In den<br />

Sommerferien war das Thema Schulbeginn dann<br />

dauerpräsent. Wir haben am Familientisch darum<br />

hin und wieder das Gesprächsthema gewechselt,<br />

damit Amory auf andere Gedanken kommt.<br />

In den ersten Schulwochen war unsere Tochter<br />

regelrecht euphorisch: Alles war toll. Es dauerte eine<br />

ganze Weile, bis sie auch durchblicken liess, dass es<br />

nicht immer nur rundläuft. Ich möchte, dass meine<br />

Tochter weiss, dass das ganz normal ist und zum<br />

Leben dazugehört. Also haben wir eine Art Ritual<br />

eingeführt: Amory berichtet mir jeden Tag, was in der<br />

<strong>Schule</strong> gut gelaufen ist – dann sprudelt es nur so aus<br />

ihr heraus –, sie darf mir aber auch sagen, was ihr<br />

nicht so gut gefallen hat. Wenn Amory Schulaufgaben<br />

macht, halte ich mich im Hintergrund. Dass ich da bin,<br />

scheint mir aber schon nötig zu sein, damit die Sache<br />

auch erledigt wird.<br />

Morgens begleite ich Amory ein Stück weit zur <strong>Schule</strong>,<br />

nur gerade so weit, bis wir an der grossen Baustelle<br />

vorbei sind, die zurzeit im Quartier ist. Ich möchte<br />

meine Tochter unterstützen, wo es nötig ist, sie aber<br />

auch eigene Erfahrungen machen lassen. Manchmal<br />

bedeutet das für die Eltern, sich zurückzunehmen. So<br />

mische ich mich nicht ein, wenn es in der <strong>Schule</strong> Streit<br />

gibt. Ich weiss, dass Kinder manchmal ganz schön<br />

garstig zueinander sein können, und manchmal<br />

kommt dabei auch das eigene unter die Räder. Ich<br />

habe dann ein offenes Ohr und spende Trost – und bin<br />

gleichzeitig überzeugt davon, dass die Kinder den Rest<br />

untereinander ausmachen sollten.»<br />

Lesen kann man<br />

überall: Karín<br />

Straub mit ihrer<br />

Tochter Amory.<br />

Sie besucht die<br />

erste Klasse.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>13


Elterncoaching<br />

Was Kinder stark macht<br />

5 Tipps für Eltern, die wirklich helfen<br />

Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen, sind sie mit vielen neuen<br />

Herausforderungen konfrontiert. Wie gut sie diese meistern, hängt<br />

nicht zuletzt von ihrem Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein ab.<br />

Fabian Grolimund<br />

ist Psychologe und Autor («Mit<br />

Kindern lernen»). In der Rubrik<br />

«Elterncoaching» beantwortet<br />

er Fragen aus dem Familienalltag.<br />

Der 37-Jährige ist verheiratet<br />

und Vater eines Sohnes, 4,<br />

und einer Tochter, 1. Er lebt<br />

mit seiner Familie in Freiburg.<br />

www.mit-kindern-lernen.ch<br />

www.biber-blog.com<br />

Tipp 1: Nutzen Sie Probleme,<br />

um Ihr Kind zu stärken<br />

Kinder stossen im Verlauf ihres<br />

Lebens immer wieder auf Probleme.<br />

Als Eltern fühlen wir uns oft dazu<br />

gedrängt, für unser Kind sofort eine<br />

Lösung bereitzustellen. Dabei übersehen<br />

wir, dass jedes Problem auch<br />

eine Gelegenheit für das Kind darstellt,<br />

zu wachsen und wichtige Problemlösefertigkeiten<br />

zu entwickeln.<br />

Indem wir nur so viel helfen wie<br />

nötig und das Kind mehr und mehr<br />

in die Entwicklung einer Lösung<br />

einbeziehen, leiten wir es an, Probleme<br />

selbst zu lösen. Ein Kind, das<br />

sich auf seine Fähigkeiten und seine<br />

Problemlösekompetenzen verlassen<br />

sowie mit Rückschlägen und Misserfolgen<br />

umgehen kann, ist auch<br />

zuversichtlich, wenn es mit Herausforderungen<br />

konfrontiert wird.<br />

Wichtig ist, dass die Kinder ein<br />

gesundes Selbstvertrauen entwickeln.<br />

Es gilt aber nicht: je selbstsicherer,<br />

desto besser. Hilfreich ist<br />

ein positives, aber realistisches Bild<br />

von sich selbst, damit wir uns entwickeln<br />

können, uns angemessenen<br />

Herausforderungen stellen und uns<br />

über kleine Fortschritte freuen können.<br />

Wir müssen auch in der Lage<br />

Damit wir uns entwickeln<br />

können, brauchen wir ein<br />

positives, aber realistisches<br />

Bild von uns selbst.<br />

sein, unsere Schwächen und Schwierigkeiten<br />

wahrzunehmen und uns<br />

richtig einzuschätzen. Dazu benötigen<br />

Kinder wohlwollende, aber<br />

akkurate Rück meldungen.<br />

Tipp 2: Zeigen Sie Ihrem Kind,<br />

dass sich Anstrengungen lohnen<br />

Kinder lernen auch indirekt von<br />

Ihnen als Eltern, ob es sich lohnt,<br />

sich trotz Misserfolgen weiter zu<br />

bemühen. Wie effektiv schon ein<br />

kurzer Kontakt mit einem positiven<br />

Modell sein kann, zeigten die Psychologen<br />

Perry und Penner. Sie führten<br />

Psychologiestudenten ein Video<br />

eines Psychologieprofessors vor.<br />

Dieser erzählte von seinen Studienzeiten<br />

und schilderte ein Ereignis,<br />

bei dem er wiederholt Misserfolge<br />

einstecken musste und nur durch<br />

gutes Zureden eines Freundes nicht<br />

aufgab. Er betonte, dass die Leistung<br />

vor allem von der eigenen Anstrengung<br />

abhänge und sich Fähigkeiten<br />

durch Übung trainieren lies sen. Jene<br />

Studierenden, die das Video gesehen<br />

hatten, zeigten am Semesterende<br />

bessere Leistungen.<br />

Die Forschung zeigt, dass Kinder<br />

gut mit Misserfolgen umgehen können,<br />

wenn sie glauben, dass sie sich<br />

durch Anstrengung verbessern können.<br />

Sie geben hingegen rasch auf,<br />

wenn sie den Eindruck haben, eine<br />

Leistung hinge von Intelligenz oder<br />

Begabung ab. Kinder brauchen<br />

Eltern, die ihnen vermitteln: Du<br />

kannst dich durch Übung verbessern;<br />

ich sehe (auch kleine!) Fortschritte<br />

und freue mich darüber.<br />

Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren<br />

14 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Tipp 3: Fangen Sie Ihr Kind auf, wenn<br />

es Misserfolge einstecken muss<br />

Wie würden Sie sich fühlen, wenn<br />

Sie in Ihrem Beruf trotz vollem Einsatz<br />

Woche für Woche hören müssten:<br />

«Du bist nicht gut genug! Deine<br />

Leistung reicht nicht!»? Viele Kinder<br />

machen diese Erfahrung tagtäglich<br />

– über Jahre hinweg. Wie können wir<br />

als Eltern oder Lehrperson Kinder<br />

in dieser Situa tion stärken? Vielleicht<br />

gibt Ihnen der folgende Dialog zwischen<br />

der Mutter eines rechenschwachen<br />

Kindes und mir einen Hinweis:<br />

G.: «Wie schaffen Sie es, dass Ihre<br />

Tochter sich immer wieder auf das<br />

Rechnen einlässt, obwohl sie ständig<br />

Misserfolge erlebt?»<br />

Mutter: «Wissen Sie, ich erwarte<br />

von meiner Tochter, dass Sie täglich<br />

zehn Minuten mit mir übt. Da bin<br />

ich eisern. Ich habe aber gelernt,<br />

mich mit ihr zusammen über kleine<br />

Fortschritte zu freuen. Wenn sie mit<br />

einer Prüfung nach Hause kommt<br />

und eine 4 geschafft hat, gehen wir<br />

zusammen ein Siegerglace essen.»<br />

G.: «Und was, wenn sie mit einer<br />

ungenügenden Note nach Hause<br />

kommt?»<br />

Mutter: «Dann gehen wir ein<br />

Trostglace essen! Ich will, dass sie<br />

weiss: Wenn es gut lief, freuen wir<br />

uns mit dir. Wenn es schlecht lief,<br />

fangen wir dich auf.»<br />

Tipp 4: Geniessen Sie Momente<br />

zu zweit<br />

Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen,<br />

nimmt die Kommunikation mit den<br />

Eltern oft deutlich ab. Die Gleichaltrigen<br />

werden wichtiger, und die Kinder<br />

verbringen weniger Zeit mit den<br />

Eltern. Auf die Frage, wie es in der<br />

<strong>Schule</strong> war, antworten viele Kinder<br />

mit einem einsilbigen «gut».<br />

Damit wir mit unseren Kindern<br />

im Austausch bleiben und auch Persönliches<br />

erfahren, ist es hilfreich,<br />

wenn wir uns bewusst Zeit dafür<br />

nehmen. Kinder sprechen Themen,<br />

die sie beschäftigen oder ihnen sogar<br />

Sorgen bereiten, nicht gerne am Esstisch<br />

mit der Familie an. Sie können<br />

als Mutter oder Vater darauf achten,<br />

Zeit mit einem Kind alleine einzuplanen.<br />

Statt dass man einen Ausflug<br />

zu viert macht, könnte die Mutter<br />

mit dem Sohn, der Vater mit der<br />

Tochter etwas unternehmen. Eltern<br />

sind regelmässig erstaunt, wie viel<br />

besser sie ihre Kinder kennenlernen<br />

und wie viel Nähe plötzlich wieder<br />

da ist, wenn sie sich ganz bewusst<br />

für ein Kind Zeit nehmen: nur zu<br />

zweit und ohne To-do-Liste im Kopf.<br />

Tipp 5: Geben Sie Ihrem Kind die<br />

Möglichkeit, sich zu engagieren<br />

Kinder, die die Erfahrung machen,<br />

dass sie für ihre Familie, ihr Team<br />

oder ihre Klasse wichtig sind und<br />

einen Beitrag zu einem grösseren<br />

Ganzen beisteuern können, entwickeln<br />

ein höheres Selbstwertgefühl.<br />

Das konnte sogar die Forschung<br />

nachweisen: Kinder, die sich eine<br />

Stunde pro Woche ehrenamtlich für<br />

eine gute Sache betätigen sind<br />

zufriedener, übernehmen auch in<br />

anderen Bereichen wie der <strong>Schule</strong><br />

mehr Verantwortung und entwickeln<br />

mehr Selbstvertrauen und<br />

höhere soziale Kompetenzen.<br />

Dabei haben Kinder vor allem<br />

dann das Gefühl, einen echten Beitrag<br />

geleistet zu haben, wenn sie<br />

etwas für sie Anspruchsvolles beitragen<br />

können. Ein 5-Jähriger ist stolz,<br />

wenn er den Tisch decken darf. Eine<br />

10-Jährige würde vielleicht lieber<br />

einmal pro Woche für die ganze<br />

Familie kochen.<br />

Unsere Gesellschaft ist sehr auf<br />

das Individuum ausgerichtet. Dabei<br />

wäre das Gefühl der Zugehörigkeit<br />

ein wichtiger Schutz vor psychischen<br />

Problemen. Wenn wir uns etwas<br />

mehr auf andere konzentrieren als<br />

auf uns selbst, wächst unser Selbstwertgefühl.<br />

Wir lesen an den Gesichtern<br />

anderer Menschen ab, dass<br />

unser Beitrag geschätzt wird. Wir<br />

sehen eine gute Sache wachsen, freuen<br />

uns darob, empfinden unser<br />

Leben als wert- und sinnvoll. Zu -<br />

gleich weitet sich der Blick. Wir sind<br />

nicht mehr so stark auf uns fixiert,<br />

Du kannst dich durch Üben<br />

verbessern; ich sehe<br />

(auch kleine!) Fortschritte<br />

und freue mich darüber.<br />

denken weniger darüber nach, wie<br />

andere uns sehen, wie wir wirken<br />

und wie bedeutsam wir sind.<br />

Ein starkes Kind sagt von sich:<br />

Ich kann<br />

• mich über Erfolge freuen,<br />

• aus Misserfolgen und Fehlern<br />

lernen,<br />

• mich durch Anstrengung und<br />

Übung verbessern,<br />

• Probleme lösen und Schwierigkeiten<br />

überwinden,<br />

• mit anderen sprechen, wenn<br />

mich Sorgen quälen,<br />

• mir Hilfe und Unterstützung<br />

holen.<br />

Ich bin<br />

• als Mensch liebenswert,<br />

• verantwortlich für das, was ich tue,<br />

• zuversichtlich, dass ich mit<br />

Proble men und schwierigen<br />

Gefühlen umgehen kann,<br />

• mir bewusst, dass mein Wert<br />

als Mensch nicht von meinen<br />

Leistungen abhängt.<br />

Ich habe<br />

• Eltern, die mir zuhören und sich<br />

Zeit für mich nehmen,<br />

• Menschen in meinem Leben, die<br />

mich so annehmen und lieben,<br />

wie ich bin,<br />

• Menschen, die mir helfen, wenn<br />

ich Hilfe brauche, und mich<br />

gleichzeitig darin bestärken,<br />

selbstbestimmt zu handeln,<br />

• Werte, die mir wichtig sind und<br />

für die ich mich einsetzen kann.<br />

Dieser Text ist erschienen in: Das<br />

Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi,<br />

Ausgabe 2 / März 2015.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>15


Interview<br />

16 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

«In den ersten Schuljahren<br />

kommt es nicht auf Leistung an»<br />

Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen, sollten Eltern wie Lehrer ihre Erwartungen an die<br />

Möglichkeiten des Kindes anpassen, fordert Oskar Jenni, Co-Leiter der entwicklungspädiatrischen<br />

Abteilung des Kinderspitals Zürich. Denn Kinder sind unterschiedlich weit entwickelt.<br />

Ein Gespräch über individualisierten Unterricht, Schulpsychologen und Lernprobleme.<br />

Interview: Evelin Hartmann Bilder: Marvin Zilm / 13 Photo<br />

Eine schöne, alte Stadtvilla am Fusse<br />

des Züribergs. Hier, unweit des<br />

Kinderspitals, finden Besucher die<br />

Räume der entwicklungspädiatrischen<br />

Abteilung. Oskar Jenni kommt die<br />

knarzende Stiege hinunter. Sein Gang ist<br />

schwungvoll, sein Händedruck fest.<br />

«Lassen Sie uns anfangen», sagt der<br />

Kinderarzt und zeigt auf ein freies<br />

Sitzungszimmer. Oskar Jenni ist voll bei<br />

der Sache.<br />

Herr Jenni, Kinder treten hierzulande<br />

mit sechs Jahren in die <strong>Schule</strong> ein. Auf<br />

welchem Entwicklungsstand sind sie<br />

in diesem Alter?<br />

Das ist, wie in jedem Alter, sehr<br />

unterschiedlich. Ich würde sagen auf<br />

dem Stand eines viereinhalb bis siebeneinhalb<br />

Jahre alten Kindes.<br />

Können Sie uns das erläutern?<br />

Wenn eine Lehrerin eine erste Primarklasse<br />

mit 20 sechsjährigen Kindern<br />

vor sich hat, unterscheiden sich<br />

die Kinder in ihrem Entwicklungsalter<br />

um bis zu drei Jahre. So steht<br />

beispielsweise ein Junge, nennen wir<br />

ihn Ruben, auf dem Entwicklungsstand<br />

eines Siebenjährigen und kann<br />

bereits Schreiben, während die<br />

gleichaltrige Mara mit einem Entwicklungsalter<br />

von fünf Jahren weit<br />

davon entfernt ist. Zusätzlich ist auch<br />

ein und dasselbe Kind nicht in allen<br />

Bereichen gleich weit entwickelt. Das<br />

heisst, Ruben mag in seinen schriftlichen<br />

Fähigkeiten auf dem Stand<br />

eines Siebenjährigen sein, sein So ­<br />

zial verhalten entspricht aber eher<br />

dem eines Fünfjährigen. Die Norm<br />

ist, dass ein Kind Stärken und Schwächen<br />

hat. Wie wir Erwachsenen auch.<br />

Wann ist ein Kind also schulreif?<br />

Der Begriff Schulreife orientiert sich<br />

am Kind. Man schaut aufs Kind und<br />

fragt, ob es sprachlich, kognitiv, in<br />

seinem Sozialverhalten, der Selbständigkeit,<br />

im Arbeitsverhalten und in<br />

«Viele Lehrpersonen<br />

bemühen sich<br />

darum, jedem Kind<br />

gerecht zu werden.»<br />

seinen motorischen Kompetenzen<br />

so weit ist, den Schulalltag zu meistern.<br />

Ob das Kind aber eingeschult<br />

werden soll, hängt auch von anderen<br />

Faktoren ab, etwa von der <strong>Schule</strong>, in<br />

die es kommen wird. Welches Leitbild<br />

vertritt diese Institution? Wie<br />

steht es um die Erfahrung der Lehrpersonen?<br />

Die Klassengrös se? Passt<br />

das Profil des Kindes in diese <strong>Schule</strong><br />

oder nicht? Das ist die eigentliche<br />

Frage, die wir uns stellen müssten ...<br />

… was aber nicht der momentanen<br />

Praxis entspricht.<br />

Stimmt, aber diese Art der Individualisierung<br />

wäre kindgerecht. Es geht<br />

darum, sicherzustellen, dass die<br />

Eigenheiten des Kindes mit den An ­<br />

forderungen der Umwelt und in<br />

diesem Fall mit denjenigen der <strong>Schule</strong><br />

übereinstimmen. Man muss sich<br />

einfach bewusst sein: Kinder sind in<br />

ihrem Wesen sehr unterschiedlich,<br />

und man muss diese Variabilität zwischen<br />

Kindern akzeptieren, das Kind<br />

so annehmen, wie es ist, und es seinem<br />

Entwicklungsstand entsprechend<br />

fördern.<br />

Sie sprechen damit den individualisierten<br />

Unterricht an.<br />

Individualisierter Unterricht ist eine<br />

Herausforderung und gerät dadurch,<br />

dass Bildung ständig getestet, standardisiert<br />

und evaluiert wird, unter<br />

Druck. Die heutige Bildungspolitik<br />

geht nicht vom Kind aus, sondern<br />

wird von ökonomischen Interessen<br />

geleitet. Bildung wird als eine der<br />

wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen<br />

und Erfolgsfaktoren eines<br />

Landes verstanden. Und dieser Rohstoff<br />

gilt es aktiv und gezielt zu fördern.<br />

Das steht im Widerspruch zur<br />

Individualisierung.<br />

Werden die Lehrpersonen ihrer Aufgabe<br />

nicht gerecht?<br />

Ich bin überzeugt, dass viele Lehrpersonen<br />

die grosse Vielfalt im Klassenzimmer<br />

anerkennen und sich<br />

darum bemühen, jedem Kind ge ­<br />

recht zu werden. Auf der anderen<br />

Seite haben sie aber ein Bildungssystem<br />

im Rücken, das von ihnen<br />

Kinderarzt Oskar<br />

Jenni betreut<br />

viele Kinder, die<br />

in ihrem<br />

Schulalltag nicht<br />

zurechtkommen. >>><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>17


Interview<br />

>>> verlangt, alle Kinder für die Nun beklagen kritische Stimmen men, sein Entwicklungsprofil zu verstehen<br />

Gerade in den<br />

Wirtschaft fit zu machen und zum<br />

Beispiel die Leseschwäche, die jeder<br />

fünfte Jugendliche bei Schulaustritt<br />

zeigt, auszumerzen. Der Druck auf<br />

die Lehrpersonen ist enorm.<br />

Was können Eltern tun, wenn ihr Kind<br />

einen regelrechten «Abklärungswahn»<br />

an unseren <strong>Schule</strong>n.<br />

Die differenzierte Abklärung eines<br />

Kindes sehe ich nicht als Problem.<br />

Mir macht vielmehr der Umstand<br />

und das Verhalten zu analy­<br />

sieren, um daraus zusammen mit den<br />

Lehrpersonen ableiten zu können,<br />

welche Strategien dem Kind helfen.<br />

Was heisst das konkret?<br />

Wenn die Lehrerin das Sprachproblem<br />

ersten<br />

Schuljahren<br />

sollte das freie<br />

Spiel nicht zu<br />

kurz kommen.<br />

des Kindes erkennt, wird sie<br />

in der <strong>Schule</strong> Probleme hat?<br />

Rasch das Gespräch mit der Lehrerin «Das Wichtigste nicht zwei Wörter an die Tafel<br />

suchen. Ich wünsche mir, dass Lehrpersonen<br />

nicht nur Fachdidaktiker,<br />

schreiben, gleichzeitig viel dazu erzählen<br />

und hoffen, dass das sprach­<br />

einer Abklärung ist,<br />

sondern auch Entwicklungsspezialisten<br />

sind, dass sie wissen, wie mit<br />

versteht, was sie von ihm erwartet.<br />

ein genaues Bild gestörte Kind hinter ihrem Rücken<br />

einer Situation umzugehen, wenn vom Kind zu Vielmehr sollte sie die Aufmerksamkeit<br />

dieses Kindes beispielsweise mit<br />

ein Kind Probleme hat, über- oder<br />

bekommen.»<br />

unterfordert ist. Ist ein grosser Leidensdruck<br />

visuellen Hinweisen verstärken. Sie<br />

da, macht es Sinn, dass<br />

Lehrpersonen und Eltern gemeinsam<br />

bei einer Fachperson wie etwa<br />

einer Schulpsychologin Hilfe suchen,<br />

das Kind abklären lassen und schauen,<br />

wo genau die Probleme liegen.<br />

Leistungsanforderungen kann man<br />

nur anpassen, wenn man weiss, wo<br />

Sorgen, dass nach einer Abklärung<br />

sofort spezifische Therapien eingeleitet<br />

werden.<br />

Aber das ist doch die logische Folge<br />

einer Abklärung.<br />

Das muss nicht sein. Das Wichtigste<br />

einer Abklärung ist, ein möglichst<br />

sollte es beim Sprechen anschauen<br />

und wichtige Informationen mehrfach<br />

wiederholen. Die Folge einer<br />

Abklärung muss immer sein, das<br />

individuelle Profil des Kindes in Passung<br />

mit den Anforderungen in der<br />

<strong>Schule</strong> und zu Hause zu bringen.<br />

Ich kann mir aber trotzdem vorstellen,<br />

das Kind in seiner Entwicklung steht. genaues Bild vom Kind zu bekom­ dass sich viele Eltern Sorgen >>><br />

Bild: Keystone<br />

18 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


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Interview<br />

20 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Oskar Jenni: «Ich<br />

rate Eltern zu<br />

Gelassenheit.<br />

Kinder sind<br />

robuster, als wir<br />

denken.»<br />

>>> machen, dass ihr Kind in der<br />

<strong>Schule</strong> nicht erfolgreich ist.<br />

Eltern stehen tatsächlich unter<br />

einem grossen Druck. Man macht<br />

sie heute für den Erfolg ihrer Kinder<br />

verantwortlich. Doch die kindliche<br />

Entwicklung kann man nicht be ­<br />

schleunigen.<br />

Können Eltern denn nichts tun?<br />

Eltern sollen Vertrauen in die Fähigkeiten<br />

ihres Kindes haben, Geborgenheit<br />

und Sicherheit vermitteln,<br />

aber auch Führung und Struktur<br />

geben und ihre eigenen Vorstellungen<br />

und Wünsche zurückstellen. Es<br />

gilt, zu spüren, was ein Kind bewältigen<br />

kann und in welchen Situationen<br />

es überfordert ist und Unterstützung<br />

braucht.<br />

Und mehr nicht?<br />

Die Gesellschaft geht von einem veralteten<br />

Entwicklungsmodell aus, das<br />

sagt, dass das Kind von aussen ge ­<br />

steuert werden kann. Dabei ist Entwicklung<br />

ein ausserordentlich komplexer<br />

Prozess, der vom Kind aus in<br />

engem Zusammenspiel mit der<br />

Umwelt gesteuert wird. Entwicklung<br />

ist eine Mischung aus dem, was das<br />

Kind selbst mitbringt, und dem, was<br />

ihm die Umwelt bereitstellt. Es gibt<br />

viele Untersuchungen, die zeigen,<br />

dass der elterliche Einfluss für eine<br />

erfolgreiche Schulkarriere eher ge ­<br />

ring ist.<br />

«Ein Kind, das<br />

zu früh eingeschult<br />

wurde, kann schon<br />

früh Misserfolge<br />

erleben.»<br />

Das hört sich entlastend an.<br />

Ja, ob ein Kind erfolgreich ist, hängt<br />

von ganz vielen Faktoren ab. Von den<br />

Eigenschaften, die das Kind selbst<br />

mitbringt, vom Umfeld, das wir<br />

bereitstellen, und von den Vorbildern.<br />

Das sind Treiber der Entwicklung,<br />

die eine grosse Rolle spielen.<br />

Als Eltern hat man wenig Einfluss<br />

darauf, diese aktiv und gezielt zu<br />

beeinflussen und zu steuern.<br />

Also sollten Eltern sich früh überlegen,<br />

in welchem <strong>Schule</strong>inzugsgebiet<br />

sie mit ihren Kindern leben wollen?<br />

Das ist keine Garantie, dass es gut<br />

kommt. Es gibt Faktoren, die man<br />

im Vorfeld nicht beeinflussen kann.<br />

Wie ist die Lehrperson? Wie ist die<br />

Klassenzusammensetzung? Gibt es<br />

viele schwierige Kinder, die die Aufmerksamkeit<br />

der Lehrperson beanspruchen?<br />

Fragen, die man nicht<br />

zuverlässig beantworten kann. Da<br />

plädiere ich dafür, dass die Eltern<br />

gelassen bleiben.<br />

Also kann man als Eltern im Vorfeld<br />

gar keinen Einfluss nehmen?<br />

Einen gewissen Einfluss auf den<br />

<strong>Schule</strong>rfolg haben Eltern bei der<br />

Wahl des Einschulungszeitpunktes.<br />

Wenn das Kind in der Entwicklung<br />

oder in seinem Verhalten verzögert<br />

ist, dann rate ich, lieber etwas zuzuwarten.<br />

So hat das Kind noch Zeit,<br />

weitere Entwicklungsschritte zu<br />

machen, und es kommt gestärkt in<br />

die <strong>Schule</strong>. Ein Kind, das zu früh<br />

eingeschult wird, kann schon früh<br />

Misserfolge erleben und den Rückstand<br />

nicht mehr aufholen. Es gibt<br />

eine Reihe von Studien, die belegen,<br />

dass eine zu frühe Einschulung<br />

Grund für späteres Schulversagen<br />

beziehungsweise schlechtere Leistungen<br />

sein kann.<br />

Nun rückt der grosse Tag also näher.<br />

Wie bereite ich mein Kind auf die<br />

Einschulung vor?<br />

Der erste Schultag ist ein grosses<br />

Ereignis im Leben, wer erinnert sich<br />

nicht daran? Man sollte das mit seinem<br />

Kind entspannt besprechen.<br />

Welchen Schulthek wollen wir kaufen?<br />

Wie ist der Schulweg? Mit wem<br />

kommst du in eine Klasse, wie wird<br />

die Lehrerin sein? Ich bin überzeugt,<br />

dass die meisten Kinder den Übergang<br />

vom Kindergarten in die erste<br />

Klasse gut meistern. Vertrauen wir<br />

den Kindern. Sie sind ohnehin viel<br />

widerstandsfähiger, als wir denken.<br />

Meine Botschaft an die Eltern lautet:<br />

In den ersten zwei Schuljahren sollte<br />

die Leistung des Kindes nicht im<br />

Vordergrund stehen. Es geht darum,<br />

das Schulleben kennenzulernen und<br />

nicht primär die Leistungsanforderungen<br />

zu spüren.<br />

Und was kann ich als Mutter oder<br />

Vater dafür tun, dass mein Kind den<br />

Spass an der <strong>Schule</strong> auch über die<br />

ersten zwei Jahre hinaus behält?<br />

«Bei schulischen<br />

Problemen ist es<br />

wichtig, als Eltern<br />

nicht in einen<br />

Rollenkonflikt zu<br />

geraten.»<br />

Wenn Eltern merken, dass ihr Kind<br />

nicht klarkommt, ist es falsch, sich<br />

auf die Probleme zu fokussieren, sich<br />

ständig mit dem Kind hinzusetzen,<br />

viel gemeinsam zu lernen und Hausaufgaben<br />

zu machen. Es ist dann<br />

wichtig, das Gespräch mit den Lehrpersonen<br />

zu suchen und schulische<br />

Aufgaben an die <strong>Schule</strong> zu delegieren.<br />

Ansonsten geraten Eltern in<br />

einen Rollenkonflikt.<br />

Warum das?<br />

Kinder brauchen die Eltern als Be ­<br />

zugspersonen, die ihnen Geborgenheit<br />

und Sicherheit geben. Leistungsstress<br />

beeinträchtigt diese Beziehung.<br />

Eltern kommen oft zu mir und sagen:<br />

Die Beziehung zu meinem Kind ist<br />

gestört, wir streiten oft, aber nur bei<br />

den Hausaufgaben und Schulthemen.<br />

Sobald der Schuldruck weg ist,<br />

finden wir wieder zu uns.<br />

Also sind Eltern gar nicht für die<br />

Hausaufgaben ihrer Kinder verantwortlich?<br />

Bei denjenigen Kindern, die keine<br />

Probleme mit schulischen Anforderungen<br />

haben und die Anforderungen<br />

gut meistern, ist es wichtig, In ­<br />

ter esse zu zeigen. Aber in dem<br />

Moment, in dem es Probleme >>><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>21


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

«Förderung ist dann<br />

sinnvoll, wenn das<br />

Kind in seinen<br />

eigenen Aktivitäten<br />

unterstützt wird.»<br />

>>> gibt, ist es wichtig, diese an<br />

andere Personen zu delegieren.<br />

Es gibt ja auch Kinder, die ihre schulischen<br />

Anliegen mit ihren Eltern teilen<br />

wollen.<br />

Darin liegt die grosse Herausforderung<br />

für Eltern, nämlich zu spüren,<br />

welche Bedürfnisse das Kind hat,<br />

und diese dann zu fördern. Förderung<br />

ist dann wirksam, wenn das<br />

Kind in seinen eigenen Aktivitäten<br />

unterstützt wird. Dann macht es<br />

Fortschritte, fühlt, dass es etwas<br />

bewegen kann, selber wirksam ist,<br />

und es entwickelt ein gutes Selbstwertgefühl.<br />

Wenn man sein Kind<br />

immer in denjenigen Bereichen fordert,<br />

in denen es Schwächen hat,<br />

wird es dauernd Misserfolgserlebnisse<br />

haben und ein schlechtes<br />

Selbstwertgefühl entwickeln. Ein<br />

Kind muss immer mehr Erfolgserlebnisse<br />

haben als Misserfolge.<br />

Können Sie ein Beispiel nennen?<br />

Ich kenne einen Jungen aus meiner<br />

Sprechstunde, der mit vier Jahren<br />

eine schwere Spracherwerbsstörung<br />

zeigte und dessen Eltern ihn täglich<br />

mit Förderung gedrillt haben. Jetzt,<br />

er ist mittlerweile am Gymnasium,<br />

haben die Eltern wieder Kontakt mit<br />

mir aufgenommen, da sie wegen der<br />

Schwierigkeiten einen Nachteilsausgleich<br />

erwirken wollen. (Notwendige<br />

Anpassungen des Unterrichts<br />

oder von Prüfungen, um die behinderungsbedingten<br />

Nachteile eines<br />

betroffenen Schülers auszugleichen.*)<br />

Ich bin echt erschrocken.<br />

Das Selbstwertgefühl dieses Jungen<br />

ist minimal, er wirkt depressiv. Man<br />

spürt die chronische Überforderung.<br />

Und jetzt ist er an einem Ort, der<br />

nicht zu seinen Fähigkeiten passt. Ich<br />

bin überzeugt, dass er den eingeschlagenen<br />

Weg so nicht schaffen<br />

wird, trotz maximalem Einsatz seiner<br />

Eltern.<br />

Sie selbst sind Vater von vier Söhnen<br />

im Alter von 10 bis 18 Jahren.<br />

Sie sind in ihrer Persönlichkeit und<br />

ihren Begabungen sehr unterschiedlich.<br />

Einer macht beispielsweise eine<br />

Försterlehre.<br />

Und das wollten Sie ihm als Akademiker<br />

nicht ausreden?<br />

Nein, er geht seinen eigenen Weg<br />

und ist glücklich. Er hat einen starken<br />

Charakter und liebt die Natur.<br />

Nach der Lehre hat er immer noch<br />

die Möglichkeit, Weiterbildungen<br />

oder sogar die Berufsmatur zu<br />

machen, wenn er das möchte. Manche<br />

wissen erst dann, was sie wollen,<br />

werden später reif. Ich bin da gelassen.<br />

In der Schweiz haben wir ein<br />

durchlässiges Bildungssystem und<br />

die jungen Erwachsenen haben auch<br />

später noch Chancen, ihre berufliche<br />

Laufbahn zu gestalten. Eine Übereinstimmung<br />

von den eigenen<br />

Fähigkeiten und den Erwartungen<br />

und Anforderungen, welche die<br />

Umwelt an uns stellt – das ist ein<br />

zentrales Element für unser Selbstwertgefühl,<br />

unser Wohl- und<br />

Glücksempfinden.<br />

Im Erwachsenenalter können wir dies<br />

selbst steuern ...<br />

... während Kinder das nicht können.<br />

Daher haben wir als Eltern die Verantwortung,<br />

eine geeignete Passung,<br />

eine Übereinstimmung von Anforderungen<br />

und Möglichkeiten für<br />

unsere Kinder zu finden und herzustellen.<br />

Das ist eine zentrale Aufgabe<br />

des Elternseins, und gleichzeitig eine<br />

sehr anspruchsvolle …<br />

* Anmerkung der Redaktion<br />

>>><br />

Oskar Jenni<br />

Professor, ist Kinderarzt und leitet<br />

seit 20<strong>05</strong> zusammen mit Bea Latal<br />

die Abteilung Entwicklungspädiatrie<br />

des Kinderspitals Zürich. Er ist<br />

verheiratet und Vater von vier<br />

schulpflichtigen Kindern.<br />

22 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Service<br />

Literatur zum Thema<br />

Uta Reimann-Höhn: Einmal 1. Klasse, bitte! So<br />

gelingt der Übergang vom Kindergarten in die<br />

<strong>Schule</strong><br />

Wie kann ich mein Kind bestmöglich auf die<br />

<strong>Schule</strong> vorbereiten? Wie lässt sich der Übergang<br />

vom Kindergarten in die <strong>Schule</strong> optimal<br />

gestalten? Die Diplompädagogin und Lerntherapeutin<br />

beantwortet die wichtigsten Fragen zum Schulstart.<br />

Dazu: Tests und Checklisten.<br />

Herder Verlag, 2011, 64 Seiten, ab Fr. 12.90<br />

Doris Rübel: Wieso? Weshalb? Warum?<br />

Ich komme in die <strong>Schule</strong><br />

In diesem Klapp-Bilderbuch entdecken Kinder<br />

spielerisch, was es mit der <strong>Schule</strong> auf sich hat:<br />

Vom Aussuchen des Schultheks über den<br />

Schulweg bis zum ersten Schultag werden<br />

viele Fragen beantwortet, die Schulanfängern<br />

unter den Nägeln brennen.<br />

Ravensburger, 2015, Ringbuch, 16 Seiten, Fr. 21.90<br />

Sabine Jörg und Antje Drescher:<br />

Der Ernst des Lebens<br />

«Wenn du in die <strong>Schule</strong> kommst, beginnt der<br />

Ernst des Lebens», sagen alle zu Annette.<br />

Doch dann kommt alles anders und Annette<br />

beschliesst, sich in Zukunft keine Angst<br />

mehr von den Grossen machen zu lassen.<br />

Thienemann-Esslinger Verlag, 2015, 32 Seiten, Fr. 17.90<br />

Adolf Timm und Klaus Hurrelmann: Stark in die<br />

<strong>Schule</strong>. Was Kinder vor der Einschulung brauchen<br />

Hier werden Eltern durch neun Kompetenzen geführt, die<br />

ein Kind erwerben sollte, um die <strong>Schule</strong> erfolgreich und<br />

glücklich zu meistern, darunter: Neugier, Selbstwertgefühl,<br />

Zielstrebigkeit, Freiheit, Resilienz. Das Autoren ­<br />

duo, zwei deutsche Jugendforscher, zeigt, dass es auf die<br />

richtige Balance ankommt, um grösser gewordene Erwartungen in<br />

<strong>Schule</strong> und Gesellschaft zu meistern.<br />

Beltz Verlag, 2015, 223 Seiten, ab Fr. 21.30<br />

Irina Korschunow: Für Steffi fängt die <strong>Schule</strong> an<br />

Schultag! Zuerst wird Steffi bei der Klassenzuteilung<br />

vergessen, dann ist auch noch der Platz neben ihrer<br />

besten Freundin Marei besetzt. Wie die tapfere Steffi<br />

den turbulenten Schulbeginn mit tatkräftiger Unterstützung<br />

ihrer Eltern und ihres kleinen Hundes Murkel<br />

meistert, zeigt diese schöne Mutmach-Geschichte.<br />

Dtv junior Verlag, 2001, 73 Seiten, Fr. 13.50<br />

Martin Baltscheit: Die Geschichte vom Löwen,<br />

der nicht schreiben konnte.<br />

Den Löwen stört es nicht, dass er nicht schreiben kann.<br />

Schliesslich kann er brüllen und die Zähne zeigen. Das<br />

reicht ihm. Erst als er einer lesenden Löwin begegnet und sich in sie verliebt,<br />

kommt er ins Grübeln, denn «eine Löwin, die liest, ist eine Dame.<br />

Und einer Dame schreibt man Briefe. Bevor man sie küsst.»<br />

Beltz Verlag, 2014, 40 Seiten, Fr. 19.90<br />

Links<br />

Viele wichtige Informationen rund um das Thema Gesundheit<br />

und Schulstart bieten die Schulärztlichen Dienste der<br />

Gemeinden, Städte und Kantone.<br />

Der Schulärztliche Dienst der Stadt Zürich zum Beispiel<br />

bietet unter anderem folgende Infoblätter:<br />

• «Informationsblatt für Eltern und Lehrpersonen –<br />

Bewegungsempfehlungen für Kinder»<br />

• «Information für Eltern von Kindern vor dem Eintritt in die<br />

1. Klasse und in der Unter- und Mittelstufe – Der passende<br />

Schulthek»<br />

• «Information für Lehrpersonen und Eltern – Richtig Sitzen<br />

ist Einstellungssache!»<br />

• «Znüni und Zvieri» – Leckere und gesunde Rezepte für<br />

die <strong>Schule</strong> und den Hort<br />

Anzeige<br />

THEK<br />

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handgefertigt im Seefeld<br />

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Kostenlos zu bestellen bzw. herunterzuladen auf:<br />

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Suchbegriff: Allgemeine Gesundheitstipps<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong><br />

Sattlerei + Polsterei<br />

Ursula Hoher<br />

Seefeldstr. 96<br />

8008 Zürich<br />

info@polsterei-hoher.ch<br />

044 383 86 32


Ein wichtiges Team –<br />

Eltern und Lehrpersonen<br />

Ein regelmässiger Austausch zwischen Eltern, Lehrerinnen und Lehrern schafft<br />

Vertrautheit. Warum das so ist und wie dieser gestaltet werden kann, lesen Sie in<br />

diesem Auszug aus dem Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang».<br />

Eine vertrauensvolle Zu ­<br />

sammenarbeit zwischen<br />

Elternhaus und <strong>Schule</strong><br />

ist enorm wichtig. Tatsache<br />

ist jedoch, dass<br />

Eltern und Lehrperson sich nicht<br />

aussuchen können. Daher ist es<br />

nicht selbstverständlich, dass man<br />

sich auf Anhieb sympathisch ist und<br />

die Ansichten des anderen teilt.<br />

Wichtig ist, dass Ihr Kind gerne in<br />

die <strong>Schule</strong> geht und eine gute Beziehung<br />

zu seinem Lehrer oder seiner<br />

Lehrerin aufbauen kann. Gegenseitige<br />

Toleranz und Akzeptanz ist<br />

daher von Bedeutung. Ganz besonders<br />

auch dann, wenn der Lehrer<br />

oder die Lehrerin zum grossen<br />

«Alleswisser» avanciert und nur<br />

noch er oder sie recht zu haben<br />

scheint! Nehmen Sie das nicht persönlich,<br />

Kinder suchen sich neben<br />

den Eltern auch andere Erwachsene<br />

als Vorbilder.<br />

Sollten Sie mit der Lehrperson<br />

Ihres Kindes oder gewissen Abläufen<br />

in der <strong>Schule</strong> uneins sein, so<br />

machen Sie Ihrem Ärger nicht vor<br />

Ihrem Kind Luft. Bringen Sie Ihre<br />

Kritik am besten persönlich an.<br />

Wenn das nicht hilft, können Sie<br />

sich an die Schulleitung, in zweiter<br />

Instanz an die Schulpflege oder den<br />

örtlichen Elternverein wenden.<br />

Von Zeit zu Zeit werden Sie von<br />

der Lehrerin, dem Lehrer zu einem<br />

Elternabend eingeladen. Dort erfahren<br />

Sie mehr über Lehrmethoden,<br />

haben Gelegenheit, Fragen zu stel­<br />

len, Anregungen für den Unterricht<br />

zu geben oder auch einmal ein verdientes<br />

Lob auszusprechen. Sie lernen<br />

auch die Standpunkte anderer<br />

Eltern kennen und erhalten Tipps,<br />

zum Beispiel wie Sie Ihrem Kind zu<br />

Hause bei den Hausaufgaben helfen<br />

können.<br />

Ebenfalls wichtig sind Einzelgespräche,<br />

bei denen Sie etwas über<br />

die Leistungsfähigkeit und das Verhalten<br />

Ihres Kindes in der <strong>Schule</strong><br />

erfahren. Und das nicht nur bei auftretenden<br />

Problemen, sondern auch<br />

dann, wenn alles rundläuft! Auch<br />

ein vom Kind getrennt lebender<br />

Elternteil hat Anrecht auf Information.<br />

Sollte das nicht funktionieren, so<br />

besprechen Sie das als Mutter und<br />

Vater und informieren Sie die Lehrperson<br />

über Ihr Bedürfnis. Sollte Ihr<br />

Kind im Alltag hauptsächlich von<br />

Grosseltern oder anderen Bezugspersonen<br />

betreut werden (wie einem<br />

Au ­pair), so empfiehlt es sich, diese<br />

ebenfalls an einem Einzelgespräch<br />

teilnehmen zu lassen.<br />

Ein regelmässiger Austausch<br />

schafft Vertrautheit und Sicherheit.<br />

Wie viele Begegnungen es dafür<br />

braucht, müssen Sie sorgfältig abwägen,<br />

denn es gilt, auch die eigene<br />

neue Welt Ihres Kindes zu respektieren.<br />

Elternmitwirkung<br />

Die <strong>Schule</strong> macht ständig in allen<br />

Kantonen einen grossen Wandel<br />

durch. Daher informieren Sie sich<br />

am besten vor Ort, wie das Schulsystem<br />

und die Möglichkeiten für<br />

Elternmitwirkung in Ihrer Gemeinde<br />

aussehen.<br />

In verschiedenen Städten und<br />

Dörfern gibt es Elternräte, die eng<br />

mit der <strong>Schule</strong>inheit zusammenarbeiten,<br />

oder Elternvereine, welche<br />

die Zusammenarbeit zwischen<br />

<strong>Schule</strong> und Eltern unterstützen und<br />

fördern. Existiert bei Ihnen kein solcher<br />

Zusammenschluss, so schliessen<br />

Sie sich doch mit anderen engagierten<br />

Eltern zu einer Elterngruppe<br />

zusammen. Konkrete Hilfestellung<br />

dafür und allgemeine Informationen<br />

zur Elternmitwirkung und<br />

Elternbildung erhalten Sie beim<br />

Schweizerischen Bund für Elternbildung<br />

(SBE), bei der «Fachstelle<br />

Elternmitwirkung» und bei der<br />

grössten Elternorganisation «<strong>Schule</strong><br />

und Elternhaus Schweiz» (S&E).<br />

Lesetipp<br />

Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer<br />

Schulanfang». Elternbrief Nr. 35 aus<br />

dem Set «Pro Juventute Elternbriefe<br />

4.–6. Lebensjahr», Fr. 12.–, zu bestellen<br />

auf www.projuventute.ch/shop oder<br />

unter Tel. 044 256 77 33.<br />

24 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Der erste Schultag<br />

Der erste Schultag ist ein grosses Ereignis im Leben eines<br />

Kindes. Wie können seine Eltern es bei diesem Schritt optimal<br />

begleiten? Fünf Praxistipps.<br />

Die meisten Kinder stehen am ersten Schultag unter einer<br />

inneren Spannung. Die einen sind ganz zappelig vor lauter<br />

Freude, die anderen ganz still. Begleiten Sie Ihr Kind am ersten<br />

Schultag und zeigen Sie Verständnis für seine Gefühle. Treten<br />

Sie den ersten Schultag in aller Ruhe, mit viel Vorfreude und gut<br />

vorbereitet an:<br />

• Vielleicht kochen Sie am Vortag das Lieblingsgericht Ihrer<br />

Tochter oder Ihres Sohnes?<br />

• Vor dem Schlafengehen suchen Sie gemeinsam die Kleider<br />

für den ersten Schultag aus und stellen den neuen Schulthek<br />

bereit.<br />

• Können Sie sich noch an Ihren Schulbeginn erinnern? Ihr<br />

Kind erfährt bestimmt gerne, wie es Ihnen damals erging.<br />

Vielleicht besitzen Sie noch ein Foto von sich als Erstklässler?<br />

• Nehmen Sie sich am Morgen ausreichend Zeit fürs<br />

Aufstehen, Anziehen und vor allem fürs Frühstücken.<br />

Schulkinder brauchen einen energiespendenden und<br />

gesunden «Zmorge», um sich in der <strong>Schule</strong> konzentrieren<br />

zu können. Das gilt nicht nur für den ersten Schultag,<br />

sondern auch für jeden weiteren. Bringt Ihr Kind morgens<br />

wirklich keinen Bissen herunter, so trinkt es vielleicht<br />

wenigstens eine Ovomaltine oder ein Glas Milch und nimmt<br />

einen grossen Znüni mit in die <strong>Schule</strong>.<br />

• Feiern Sie als Familie diesen besonderen Tag Ihres Kindes:<br />

Halten Sie den Beginn des neuen Lebensabschnittes in<br />

Bildern fest, krönen Sie den ersten Schultag mit einem<br />

leckeren Dessert, überraschen Sie Ihr Kind zu Hause mit<br />

einer Schultüte …<br />

Quelle: Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang».<br />

Siehe Lesetipp auf Seite 24.


Schulweg<br />

26 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Auf eigenen Füssen<br />

Der Schulweg ist seit jeher ein Streitthema zwischen Eltern, Pädagogen und<br />

Verkehrsforschern. Denn besonders im Strassenverkehr lauern Gefahren.<br />

Kein Wunder, dass viele Eltern ihre Kinder den Schulweg nicht alleine gehen<br />

lassen wollen. Dabei bietet er viele Chancen für Kinder, spielerisch zu lernen.<br />

Text: Stefan Michel Bilder: Sophie Stieger / 13 Photo<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>27


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Yanniks<br />

Schulweg hat so<br />

einige Tücken.<br />

Yannik winkt seiner<br />

Mutter noch einmal<br />

zu, bevor er die Strasse<br />

hinuntergeht, die in<br />

den historischen Dorfkern<br />

von Wangen bei Brüttisellen<br />

ZH führt. Fünf Strassen kreuzen<br />

sich hier. Es herrscht reger Verkehr.<br />

Wangen ist ein beliebter Schleichweg,<br />

um den Stau um das Brüttiseller<br />

Kreuz zu umfahren. Der 6-Jährige<br />

wartet lange, bis sich eine Lücke<br />

auftut und er die Strassenseite wechseln<br />

kann. Eigentlich wäre Yanniks<br />

Schulweg so, wie man ihn sich<br />

wünscht: mitten durchs Dorf, vorbei<br />

an Fachwerkhäusern und gepflegten<br />

Gärten. Doch der Durchgangsverkehr<br />

verwandelt den idyllischen<br />

Spaziergang in eine tägliche Lektion<br />

Verkehrskunde. Trotzdem lässt ihn<br />

seine Mutter alleine gehen, obwohl<br />

ihr nicht ganz wohl ist dabei. «Yannik<br />

ist ein sehr vernünftiges Kind.<br />

Seinen kleinen Bruder werde ich<br />

wohl länger begleiten müssen»,<br />

meint sie vorausschauend.<br />

Der Schulweg ist viel mehr<br />

als nur eine Wegstrecke,<br />

er ist ein Ort des Lernens.<br />

Für viele Kinder ist der Schulweg die<br />

einzige Möglichkeit, sich ohne Aufsicht<br />

zu bewegen, sich mit ihren<br />

Kollegen auszutauschen, Freundschaften<br />

zu schliessen oder zu streiten.<br />

Er bietet aber auch die Möglichkeit,<br />

Abstand vom Schultag zu<br />

gewinnen und sich auf zu Hause<br />

einzustellen. Aber er verlangt gerade<br />

jüngeren Kindern einiges ab. Sie<br />

müssen den Weg zur <strong>Schule</strong> selbständig<br />

finden, rechtzeitig dort sein<br />

und auf sich aufpassen. Der Schulweg<br />

ist viel mehr als die Strecke zwischen<br />

Wohn- und Schulhaus, er ist<br />

ein Ort des Lernens.<br />

Das ist die eine Seite. Die andere<br />

erschliesst sich einem beim Blick in<br />

die Statistik: Laut der Beratungsstelle<br />

für Unfallverhütung (bfu) werden<br />

jedes Jahr rund 400 Kinder auf dem<br />

Schulweg Opfer eines Verkehrsunfalls.<br />

Durchschnittlich zwei Kinder<br />

sterben. Das grösste individuelle<br />

Risiko tragen die 5- bis 9 -Jährigen<br />

als Fuss gänger und die 10- bis 14 -<br />

Jährigen als Velo fahrer. So verwundert<br />

es nicht, dass sich Eltern in den<br />

Monaten vor der Einschulung die<br />

Frage stellen: Wie kommt unser<br />

Kind sicher in die <strong>Schule</strong> und wieder<br />

nach Hause? Die grösste Sorge gilt<br />

dabei dem Strassenverkehr. Sind viel<br />

befahrene Strassen zu überqueren?<br />

Gibt es unübersichtliche Kreuzungen?<br />

Ist unser Kind vernünftig<br />

genug, um sich sicher an den Autos<br />

vorbeizubewegen? Und wie rücksichtsvoll<br />

und aufmerksam sind<br />

wohl die Autofahrer?<br />

Dabei hält der Verkehrsexperte<br />

Pascal Regli fest, dass Deutschschweizer<br />

Schulwege im nationalen<br />

Vergleich relativ sicher seien. Regli<br />

28 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


leitet das Projekt «Sichere Schulwege»<br />

bei Fussverkehr Schweiz und<br />

kennt die elterlichen Sorgen. «Wie<br />

gross die Gefahr und die Bedenken<br />

der Eltern sind, spiegelt sich direkt<br />

in den sogenannten Elterntaxis<br />

wider. In der Romandie und im Tessin<br />

ist der Anteil der Kinder, die zur<br />

<strong>Schule</strong> gefahren werden, viel höher<br />

als in der Deutschschweiz», erklärt<br />

er. So sind es in der Deutschschweiz<br />

weniger als 10 Prozent der Kinder,<br />

die täglich mit dem Auto zur <strong>Schule</strong><br />

gebracht und wieder abgeholt werden.<br />

Doch ihr Anteil steigt.<br />

Elterntaxis sind umstritten<br />

Die Elterntaxis sind das am hitzigsten<br />

diskutierte Thema im Zusammenhang<br />

mit Schulwegen. Offizielle<br />

Stellen wie die Kantonspolizei Zürich<br />

raten in der Regel ebenso entschieden<br />

vom elterlichen Fahrdienst ab<br />

wie Verkehrsorganisationen, beispielsweise<br />

der TCS. Denn dass die<br />

Kinder im Auto sicherer >>><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong> Frühjahr <strong>2017</strong><br />

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Stärken stärken. Lernen lernen.<br />

Die Schweizer Primarschule mit einem internationalen Touch.<br />

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Schulweg<br />

«Eltern müssen mit<br />

ihren Kindern immer<br />

wieder üben»<br />

Gewisse Situationen im<br />

Strassenverkehr können Kinder im<br />

frühen Primarschulalter nicht<br />

einschätzen, weil ihre Sinne noch<br />

nicht weit genug ausgebildet sind. Wie<br />

wichtig es daher ist, den Schulweg<br />

immer wieder zu üben, erklärt Barbara<br />

Schürch von der Beratungsstelle für<br />

Unfallverhütung bfu.<br />

Interview: Stefan Michel<br />

Frau Schürch, was muss ein Kind<br />

leisten, wenn es seinen Schulweg alleine<br />

geht?<br />

Das Kind muss den Weg finden und sich<br />

im Stras senverkehr richtig verhalten.<br />

Und es kommen viele Dinge dazu, die es<br />

ablenken, wie etwa der Abschied von zu<br />

Hause. Vielleicht hat das Kind auch ein<br />

bisschen Angst vor der <strong>Schule</strong>, oder es freut<br />

sich ganz besonders darauf. All das macht<br />

den Schulweg noch anspruchsvoller, denn<br />

das Kind muss sich auf sein Verhalten im<br />

Verkehr konzentrieren.<br />

Die Wahrnehmung eines 6- oder 7-jährigen<br />

Kindes ist noch nicht voll ausgebildet.<br />

Was kann es noch nicht?<br />

Kinder im frühen Primarschulalter haben<br />

aufgrund ihrer Körpergrösse noch keinen<br />

so guten Überblick. Wenn sie nach links und<br />

rechts schauen, wie sie es gelernt haben,<br />

machen sie das manchmal automatisch,<br />

statt bewusst wahrzunehmen und die Verkehrsumwelt<br />

gezielt nach Gefahren abzusuchen.<br />

Abzuschätzen, wie weit ein Auto<br />

entfernt ist, fällt ihnen schwer. Die Distanz<br />

in einen Bezug zur Geschwindigkeit zu<br />

setzen, also vorauszusagen, wie lange es<br />

dauert, bis das Auto vor ihnen steht, ist in<br />

diesem Alter sehr anspruchsvoll und oft<br />

noch nicht möglich.<br />

Ab wann haben sie ein sicheres<br />

Wahrnehmungsniveau erreicht?<br />

Altersangaben sind heikel, weil sich<br />

Kinder unterschiedlich entwickeln. Es gilt,<br />

das einzelne Kind zu beobachten und so<br />

festzustellen, ab wann es sich zuverlässig<br />

und sicher verhält im Strassenverkehr.<br />

Lässt sich die Wahrnehmungsfähigkeit<br />

eines Kindes fördern?<br />

Ja, sie ist trainierbar. Es gibt spieleri sche<br />

Übungen, die Spass machen. Das alt bekannte<br />

«Ich sehe was, was du nicht siehst!»<br />

ist eine Möglichkeit, oder ein Hör-Memory,<br />

welches das Gehör schult. Wir begrüssen es<br />

sehr, wenn Eltern mit ihren Kindern solche<br />

Übungen machen. Sie sollten aber nicht<br />

erwarten, dass sich die Wahrnehmung der<br />

Kinder damit auf einen Schlag verbessert.<br />

Das geschieht in kleinen Schritten.<br />

Strassenübergänge stehen oft im<br />

Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn es<br />

um Schulwegsicherheit geht. Welche<br />

weiteren Situationen können gefährlich<br />

sein?<br />

Besonders zu beachten sind Strassen ohne<br />

Trottoir, unübersichtliche Kurven, Hecken,<br />

die die Sicht nehmen, und Ausfahrten von<br />

einem Vorplatz. Da geht das Kind korrekt<br />

auf dem Trottoir, denkt, es sei sicher, und<br />

dann kommt plötzlich trotzdem ein Auto<br />

gefahren! Viele Kinder meinen ausserdem,<br />

30 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Studien belegen, dass Kinder<br />

am meisten lernen, wenn<br />

sie auf sich gestellt sind.<br />

Yannik übt den<br />

neuen Schulweg<br />

schon jetzt.<br />

>>> unterwegs sind, ist ein Trugschluss.<br />

Einerseits zeigen Statistiken,<br />

dass Kinder häufiger im Auto Opfer<br />

von Verkehrsunfällen werden als zu<br />

Fuss. Darüber hinaus gefährden die<br />

vor den <strong>Schule</strong>n kreuz und quer rangierenden<br />

Autos die Kinder, die sich<br />

dort bewegen. Verschiedene Schulleitungen<br />

appellieren daher an die<br />

Eltern, die Fahrdienste zu unterlassen.<br />

Die Aargauer Gemeinde Muri<br />

hat sogar ein Halteverbot um die<br />

Schulhäuser herum erlassen.<br />

So richten sich einige Aufklärungskampagnen<br />

vor allem auch an<br />

Autofahrer, wie die TCS-Kampagne<br />

«Rad steht, Kind geht». Denn was<br />

viele Autofahrer nicht bedenken:<br />

Am Fussgängerstreifen stehende<br />

Erwachsene erkennen in der Regel,<br />

dass ein Auto bremst, dass die Distanz<br />

gross genug ist, um vor dem<br />

heranrollenden Fahrzeug die andere<br />

Strassenseite zu erreichen – Kindern<br />

fehlen das Auge und die Erfahrung<br />

dafür. «Wenn die Autofahrer wissen,<br />

dass das Kind erst losgeht, wenn das<br />

Auto steht, gibt es keine Missverständnisse»,<br />

betont Helmut Gierer<br />

vom TCS.<br />

>>><br />

wenn sie ein Auto oder einen Lastwagen<br />

sehen, dann sehe dessen Lenker auch sie.<br />

Eine weitere Herausforderung sind E-Bikes<br />

und andere Elektrofahrzeuge, die sich<br />

praktisch lautlos fortbewegen.<br />

Angenommen, das Kind hat den<br />

Kindergartenweg problemlos<br />

gemeistert. Nun kommt ein neuer<br />

Schulweg. Ist es dafür gerüstet, oder<br />

beginnt hier der Lernprozess bei null?<br />

In diesem Alter sollten die Eltern mit ihrem<br />

Kind jede neue Strecke anschauen und<br />

üben. Das gilt auch für den Weg in die<br />

Musikstunde oder den Sportunterricht. Wir<br />

empfehlen, zuerst gemeinsam zu gehen.<br />

Später können sich die Eltern aufs Be -<br />

obachten beschränken, etwa indem sie mit<br />

Abstand hinterhergehen, und schliesslich<br />

kann das Kind auch den neuen Schulweg<br />

alleine gehen.<br />

Was können die Eltern in den Monaten<br />

vor dem Schulbeginn tun?<br />

Üben, üben, üben. Sie sollten den Schulweg<br />

immer wieder mit ihrem Kind gehen.<br />

Nachdem die schwierigen Stellen geübt<br />

wurden, können Eltern das Kind erklären<br />

lassen, wie es sich verhalten soll. So<br />

erfahren sie, ob es verstanden hat, worauf<br />

es achtgeben muss. Die Eltern müssen ihm<br />

ermöglichen, Erfahrungen zu sammeln. Nur<br />

so können Kinder lernen, sich im Strassenverkehr<br />

sicher zu bewegen.<br />

Auf welche Verhaltensweisen sollten<br />

Eltern ihr Kind trainieren?<br />

Auf einen Nenner gebracht: Achtsamkeit.<br />

Das Kind muss sich auf sein Verhalten im<br />

Strassenverkehr konzentrieren. Ablenkung<br />

ist gefährlich. Auf dem Trottoir sollte es<br />

nicht spielen, weder mit dem Ball noch mit<br />

dem Trottinett. Strassenverkehr und Trottoir<br />

sind keine Spielplätze. Zudem müssen sich<br />

die Eltern selber an die Regeln halten. Ihr<br />

Vorbild ist entscheidend für das Verhalten<br />

ihres Kindes.<br />

Was muss ein Kind beherrschen,<br />

damit man es guten Gewissens alleine<br />

gehen lassen kann?<br />

Wir nennen es «stabiles Verkehrsverhalten».<br />

Als Mutter oder Vater muss man sich darauf<br />

verlassen können, dass sich das Kind in den<br />

Situationen, die es antrifft, richtig verhält.<br />

Auf bekannten Wegen ist das einfacher als<br />

auf neuen. Letztlich hängt es auch vom<br />

Vertrauen in das Kind ab. Die einen muten<br />

ihm früh (zu) viel zu, andere sind (zu)<br />

beschützend. Einmal zu viel begleiten ist<br />

sicher besser als einmal zu wenig.<br />

Das Kind will alleine gehen, den Eltern<br />

ist nicht wohl dabei. Was raten Sie?<br />

Da sollte man ehrlich mit sich selbst<br />

sein: Bin ich zu ängstlich oder ist mein<br />

Kind wirklich noch nicht so weit? Überschätzt<br />

sich das Kind, dann muss es die<br />

Begleitung halt über sich ergehen lassen.<br />

Aber natürlich kann die Angst grösser sein,<br />

als sie begründet ist.<br />

Barbara Schürch<br />

leitet die Abteilung Bildung der bfu –<br />

Beratungsstelle für Unfallverhütung. Sie<br />

setzt sich unter anderem für einen guten<br />

Verkehrsunterricht an <strong>Schule</strong>n ein.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>31


Schulweg<br />

Alles gut gegangen:<br />

Yannik wird freudig<br />

zu Hause erwartet.<br />

>>> Wer sich jedoch täglich im<br />

Strassenverkehr bewegt, weiss, dass<br />

diese Botschaft noch nicht bei allen<br />

Verkehrsteilnehmern angekommen<br />

ist. Was also tun? Die Kinder mit<br />

dem eigenen Auto zur <strong>Schule</strong> zu fahren,<br />

ist eine Reaktion auf die Gefahren.<br />

Eine andere wäre, etwas zur<br />

Entschärfung zu unternehmen –<br />

indem Eltern beispielsweise die<br />

Gemeindebehörden auffordern, den<br />

Schulweg sicherer zu machen. Das<br />

können bauliche Veränderungen<br />

sein oder ein Lotsendienst an besonders<br />

heiklen Stellen. Wenn Gemeinde-<br />

oder Schulbehörden aktiv werden<br />

müssen, dauert es länger, dafür<br />

dient die Lösung dann auch den<br />

kommenden Jahrgängen. Das Problem<br />

vieler Eltern ist aber, dass sie<br />

nicht auf eine Lösung warten können.<br />

Ihr Kind muss jetzt zur <strong>Schule</strong>,<br />

es muss heute die gefährliche Strasse<br />

überqueren.<br />

Der Schulweg unserer Kinder ist zu gefährlich –<br />

was können wir als Eltern tun?<br />

• Schliessen Sie sich mit anderen Eltern zusammen.<br />

• Dokumentieren Sie die Gefahr mit Fotos, Videos und Umfragen.<br />

• Kontaktieren Sie als Erstes die Schulpflege oder die Schulleitung.<br />

• Gelangen Sie erst an die Gemeindebehörden, wenn Sie nicht mehr weiterkommen.<br />

• Schlagen Sie den langwierigen Rechtsweg nur ein, wenn alles andere keine Lösung bringt.<br />

In Wangen bei Brüttisellen ZH wird der Dorfkern im Sommer <strong>2017</strong> zu einer Tempo-20-<br />

Begegnungszone umgewandelt. Damit wird Yanniks Schulweg erheblich ungefährlicher.<br />

Ein positives Beispiel dafür, was Eltern mit ihrem Engagement erreichen können.<br />

Begleitdienste haben Nachteile<br />

Wer deshalb also nicht warten will,<br />

kann sich privat organisieren, beispielsweise<br />

mit einem sogenannten<br />

Pedibus: Jeweils eine Mutter oder ein<br />

Vater begleitet die Kinder mehrerer<br />

Familien. Der Kinderzug hat feste<br />

Abgangszeiten, sodass die Eltern<br />

wissen, wann die Tochter oder der<br />

Sohn am vereinbarten Ort sein muss,<br />

um sich dem Pedibus anzuschliessen.<br />

Einen Nachteil aber haben alle<br />

Begleitdienste: Die Kinder lernen<br />

nicht, den Verkehr selber zu meistern,<br />

denn es ist ja die er wachsene<br />

Begleitperson, die schaut, dass nichts<br />

passiert. Bezeichnend ist die Aussage<br />

einer Erstklässlerin aus Adliswil<br />

32 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

ZH: «Wenn ich allein gehe, dann<br />

passe ich auf. Wenn wir im Pedibus<br />

gehen, machen wir Quatsch.»<br />

Der Schulweg als Chance<br />

Viele Studien sind zum Schluss<br />

gekommen, dass Kinder am meisten<br />

lernen, wenn sie auf sich gestellt sind,<br />

sei es unterwegs in die <strong>Schule</strong> oder<br />

im freien Spiel. «Bei der eigenständigen<br />

Erkundung ihres Wohn- und<br />

Schulumfeldes werden Kinder selbständig<br />

und unabhängig», wie die<br />

Erziehungswissenschaftlerin Maria<br />

Limbourg schon vor mehr als zehn<br />

Jahren schrieb.<br />

Der 6-jährige Yannik hat viel<br />

gelernt auf seinem knapp 700 Meter<br />

langen neuen Schulweg. In einer<br />

Selbstverständlichkeit überquert er<br />

viel befahrene Strassen, kennt die<br />

sicherere Seite einer Strasse ohne<br />

Trottoir. Er orientiert sich mühelos<br />

in den Quartiersträsschen und<br />

weiss, wo er abbiegen muss. Auch<br />

wenn sich unterwegs Kameraden<br />

dazugesellen, behält er die flott<br />

durchs Dorf rollenden Autos im<br />

Auge. Auf diesem Weg wirkt Yannik<br />

um Jahre älter als beim Herumtollen<br />

mit seinem kleinen Bruder.<br />

Kinder, die ausschliesslich im<br />

Auto gefahren werden oder unter<br />

Aufsicht laufen, verpassen das.<br />

Ihnen entgehen Erkenntnisse und<br />

Erinnerungen, die sie vielleicht ein<br />

Leben lang begleiten. Dem gegenüber<br />

steht das Sicherheitsempfinden<br />

der Eltern. Denn sie tragen die Verantwortung.<br />

Die Entscheidung liegt<br />

letztlich bei den Müttern und<br />

Vätern, wie viel sie ihrem Kind zu -<br />

trauen – und wann und wo.<br />

>>><br />

Bei der eigenständigen<br />

Erkundung ihres Wohnumfeldes<br />

werden Kinder selbständig.<br />

Stefan Michel<br />

ist freier Journalist in Zürich. Seine Tochter,<br />

6, hat den längsten Schulweg ihrer Klasse,<br />

aber einen wesentlich ungefährlicheren als<br />

Yannik in Wangen bei Brüttisellen.<br />

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Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Du darfst spielen!<br />

Mit dem Übertritt in die Primarschule beginnt der «Ernst des Lebens», hiess es früher. Heute betonen<br />

Fachleute wie Karolin Weber, wie wichtig das Spielen auch nach dem ersten Schultag ist. Nicht nur zur<br />

Erholung, sondern um wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen. Interview: Evelin Hartmann<br />

Das freie Spiel<br />

bleibt auch nach<br />

dem ersten<br />

Schultag für<br />

Kinder wichtig.<br />

Frau Weber, warum ist Spielen so<br />

wichtig in der Entwicklung eines<br />

Kindes?<br />

Bei kleinen Kindern ist das Spielen<br />

der Königsweg des Lernens. Indem<br />

sie im Spiel Dinge entdecken, selbst<br />

ausprobieren, Situationen nachspielen,<br />

lernen sie quasi ganz nebenbei.<br />

Ihre Aktivitäten werden dabei in<br />

erster Linie von ihren Interessen und<br />

der Motivation geleitet, die eigenen<br />

«In den Klassenzimmern von<br />

heute liegt mehr Spielmaterial<br />

bereit als früher.»<br />

Fähigkeiten zu erproben und zu er ­<br />

weitern. Im Spiel können sich viele<br />

Kinder über lange Zeit in eine selbst<br />

gestellte Aufgabe oder eine Rolle vertiefen,<br />

eine hohe Konzentration aufrechterhalten<br />

und spezifisches Wissen<br />

und Können erwerben.<br />

Gilt dies auch noch für Kinder im<br />

Primarschulalter?<br />

Das Spiel verändert sich mit der Reifung<br />

des Kindes. Es wird zielgerichteter,<br />

Regeln werden aufgestellt und<br />

beim Spielen eingehalten, das Spiel<br />

wird komplexer. Nehmen wir Legosteine<br />

als Beispiel: Zu Beginn steckt<br />

das Kleinkind die Steine irgendwie<br />

und zufällig zusammen. Nach ein bis<br />

zwei Jahren baut es Türme, die so<br />

gross sind wie es selbst, und irgendwann<br />

baut es komplexe Gebilde nach<br />

Bauanleitungen. Trotzdem bleibt die<br />

Grundfunktion die gleiche: Wenn es<br />

sich um echtes Spielen handelt, geht<br />

es nicht ums Lernen, sondern um<br />

das Spielen an sich. Das Lernen passiert<br />

nebenbei.<br />

Welche Eigenschaften werden im Spiel<br />

gefördert, speziell bei Kindern im frühen<br />

Primarschulalter?<br />

Ende der 90er-Jahre hat es in<br />

Deutschland Untersuchungen in<br />

ersten Primarschulkassen gegeben.<br />

Dabei kam heraus, dass diejenigen<br />

Kinder, die während des Unterrichts<br />

auch regelmässig frei spielen durften,<br />

dass heisst sich aussuchen durften,<br />

was beziehungsweise womit sie spielen,<br />

stärker in den sogenannten<br />

Lernbegleitprozessen wie beispielsweise<br />

Durchhaltevermögen, Konzentra<br />

tion, Kreativität waren als<br />

Kinder der Klassen, die dies nicht<br />

durften – ohne Defizite im Fachlichen<br />

zu haben.<br />

Und diese Kompetenzen sind wichtig<br />

für das Lernen?<br />

Fachliches Lernen wäre ohne diese<br />

Kompetenzen gar nicht möglich.<br />

Nun hat man den Eindruck, dass das<br />

freie Spielen mit dem Übertritt in die<br />

Primarschule zugunsten des fachlichen<br />

Lernens stark in den Hintergrund<br />

rückt. Ist das auch Ihre Erfahrung?<br />

Wenn man sich die Entwicklung der<br />

letzten zehn Jahre anschaut, glücklicherweise<br />

nicht. In den Klassenzimmern<br />

liegt mehr Spielmaterial<br />

bereit als früher. Aber es ist schon<br />

so: Die Möglichkeiten des Kindes,<br />

auch ge zielt und bewusst zu lernen,<br />

nehmen in diesem Alter zu – und<br />

Bild: Keystone<br />

34 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


werden im Lehrplan berücksichtigt.<br />

Das Spiel behält seine Bedeutung,<br />

wird aber mehr und mehr durch<br />

zielgerichtetes Lernen ergänzt.<br />

Es ist auch für Lehrer aufwendiger,<br />

den Unterricht so zu gestalten, dass<br />

Kinder sich die Lerninhalte spielerisch<br />

aneignen.<br />

Und es ist schwieriger, die Lernschritte<br />

und Erfolge zu beobachten.<br />

Aber es lohnt sich! Ein sehr abrupter<br />

Wechsel vom vorwiegend selbst<br />

gewählten Spiel wie im Kindergarten<br />

zum zielgerichteten, diktierten Lernen<br />

ist eine sehr grosse Umstellung.<br />

Die Kinder haben in den ersten<br />

Monaten in der <strong>Schule</strong> ein grösseres<br />

Aktivitätsbedürfnis, da sie mehr sitzen,<br />

aufmerksamer sein müssen als<br />

im Kindergarten. Sie wollen draussen<br />

sein, frei spielen. Andererseits<br />

ist ein «schulfähiges» Kind in der<br />

Regel in der Lage, sich auf die Anforderungen<br />

des schulischen Alltags<br />

einzulassen. Lernen ist ein Bedürfnis.<br />

Je besser die <strong>Schule</strong> auf die verschiedenen<br />

Lernwege und Voraussetzungen<br />

der Kinder eingeht, desto<br />

leichter fällt den Kindern die Umstellung.<br />

Ihre Motivation zu lernen<br />

bleibt oder steigert sich sogar noch.<br />

Wie wichtig ist es, dass auch die Eltern<br />

ihre Kinder nachmittags weiterhin frei<br />

spielen lassen?<br />

Sehr wichtig. Eltern wie Lehrer müssen<br />

das Bewusstsein entwickeln, dass<br />

Kinder nicht nichts tun, wenn sie<br />

spielen. Spielen ist mehr als nur Ausruhen<br />

und braucht Zeit. In dieser Zeit<br />

suchen sich Kinder selbstgesteuert<br />

und aus eigener Motivation heraus<br />

eine für sie sinnvolle Beschäftigung.<br />

Das ist eine nicht zu unterschätzende<br />

Leistung.<br />

Welches sind geeignete Spiele für<br />

Kinder im frühen Primarschulalter?<br />

Das können ganz unterschiedliche<br />

Brettspiele, Rollenspiele und vor<br />

allem Bewegungsspiele sein, Ballspielen,<br />

Toben, Velofahren, Skateboarden.<br />

Wichtig ist, dass Kinder<br />

nicht vorgegeben bekommen, was<br />

sie spielen sollen, sondern frei wählen<br />

können.<br />

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Was halten Sie von Spielen, die das<br />

Lernen fördern sollen, also von so ­<br />

genannten Lernspielen.<br />

Nicht viel. In der Regel geht es nicht<br />

mehr um das Spielen an sich, es verkommt<br />

zum Mittel zum Zweck. Das<br />

wird von Kindern schnell enttarnt.<br />

Und was ist mit Computerspielen?<br />

Solche Spiele erfüllen oft genau die<br />

Voraussetzungen, um sich über längere<br />

Zeit zu vertiefen und zu beschäftigen.<br />

Anspannung und Entspannung<br />

sind meist in einem optimalen<br />

Verhältnis, und das Erfolgserlebnis<br />

erfolgt sehr schnell und in grosser<br />

Zahl. Das stimuliert und macht<br />

zufrieden. Andererseits macht es<br />

aber auch einseitig abhängig. Darum<br />

gilt: Computerspiele gehören dazu,<br />

aber in einem kleinen und kontrollierten<br />

Rahmen.<br />

Inwiefern wird das freie Spiel im Lehrplan<br />

21 berücksichtigt?<br />

Für die Vorschulstufe wird im Lehrplan<br />

21 das Spiel als wichtiges Element<br />

der Entwicklung und des Lernens<br />

explizit in den Vordergrund<br />

gestellt.<br />

Und in der Primarschule?<br />

Auch auf der Primarstufe ist es nach<br />

wie vor möglich, gewisse Inhalte<br />

spielerisch zu lernen und zu üben.<br />

Viel wichtiger als der Lehrplan sind<br />

in dieser Frage das Methodenrepertoire<br />

und die Grundeinstellung der<br />

Lehrpersonen. Aber es gilt auch hier:<br />

Spiel kann nicht verordnet werden,<br />

weder von noch für Lehrpersonen.<br />

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Karolin Weber ist Kindergartenlehrperson,<br />

Mitglied der Redaktion 4bis8, Fachzeitschrift<br />

für Kindergarten und Unterstufe, und<br />

Mitautorin des Lehrplans 21.<br />

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Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Freundschaften lassen sich<br />

nicht erzwingen<br />

Der Schulbeginn ist ein grosser Schritt, bei dem die ganze Familie mitfiebert. Alle hoffen,<br />

dass das Kind leicht lernt und die Freude an der <strong>Schule</strong> anhält. Wichtig ist aber auch, dass<br />

sich Kinder gut in die Klassengemeinschaft einfügen und Freunde finden. Text: Susan Edthofer<br />

«Kinder möchten sich<br />

ihre Freunde selber<br />

aussuchen und haben<br />

dafür eigene Massstäbe.»<br />

Susan Edthofer ist Redaktorin im Bereich Kommunikation<br />

von Pro Juventute.<br />

Nur noch drei Mal schlafen, bis ich zur<br />

<strong>Schule</strong> gehe», erzählt Tim seiner Grossmama<br />

voller Stolz. Auch Sophia und<br />

Emilie können den Schulbeginn kaum<br />

erwarten. Die beiden haben miteinander<br />

den Kindergarten besucht und sind Freundinnen. Der<br />

sechsjährige David ist hingegen eher schüchtern. Neue<br />

Situationen und Veränderungen bereiten ihm Mühe.<br />

Obwohl er sich auf die <strong>Schule</strong> freut und lesen und<br />

schrei ben lernen möchte, hat er Angst. Vor dem Einschlafen<br />

spricht er aus, was ihn beschäftigt. «Meinst du,<br />

die anderen Kinder sind nett und mögen mich und wollen<br />

mit mir spielen?», fragt er seinen Vater besorgt.<br />

Anfangs fühlen sich Kinder meist etwas verloren<br />

Als die Lehrerin am ersten Schultag die Schulhaustüre<br />

öffnet, blickt sie in lauter erwartungsvolle Gesichter.<br />

Unterschiedliche Stimmungen, aber auch Unsicherheit<br />

spiegeln sich in ihnen. Unbekümmert plappern die einen<br />

Kinder, zappelig hüpfen die anderen herum, still und in<br />

sich gekehrt umklammern einige die Hand von Mama<br />

oder Papa. Im Schulzimmer sind auf den Pulten bunt<br />

bemalte Namensschildchen verteilt, und jedes Kind soll<br />

sich seinen Sitzplatz suchen. Für Sophia und Emilie<br />

bedeuten die vorgegebenen Plätze eine herbe Enttäuschung,<br />

da sie nebeneinandersitzen wollten. Dieses<br />

Unbehagen bleibt von der Lehrerin nicht unbemerkt.<br />

Sie erklärt den beiden, dass auch andere Kinder die<br />

Mädchen kennenlernen möchten. Sogleich erhellen sich<br />

die Mienen der Freundinnen.<br />

Nach dem geschützten Rahmen des Kindergartens<br />

fühlen sich die Erstklasskinder im grossen Schulhaus<br />

meist noch etwas verloren. Umso besser, wenn sie von<br />

den Lehrerinnen und Lehrern behutsam in diese neue<br />

Welt eingeführt werden. Doch bis sich der Schulalltag<br />

eingependelt und sich ein Gemeinschaftsgefühl gebildet<br />

hat, braucht es Zeit, Geduld und Verständnis. Denn erst<br />

müssen sich die Kinder an den Tagesablauf gewöhnen<br />

und sich in der neu zusammengewürfelten Klasse<br />

zurechtfinden. Während sie im Kindergarten zuletzt zu<br />

den Grossen gehört haben, sind sie jetzt in der <strong>Schule</strong><br />

in der «Hackordnung» wieder nach unten gerutscht.<br />

Übungsfeld Pause<br />

Auch der Pausenplatz ist Neuland. Schüchtern stehen<br />

die Erstklässlerinnen und Erstklässler in der Pause etwas<br />

abseits. Um sich an dieses neue Umfeld zu gewöhnen,<br />

essen die Kinder ihr Znüni beispielsweise im Schulzimmer.<br />

Die Pause ist dem Spielen vorbehalten. Oder sie<br />

bekommen ältere Schulkinder als Gotte oder Götti an<br />

die Seite gestellt. Deren Aufgabe ist es, darauf zu achten,<br />

dass sich die Erstklasskinder in der Pause wohlfühlen<br />

und mitspielen dürfen. So kann es vorkommen, dass<br />

man in den ersten Wochen ziemlich ungleiche Paare<br />

miteinander spielen sieht. Mit Hilfe dieser Freundschaften<br />

werden die jüngeren Kinder in die Pausenplatzkultur<br />

eingeführt, während die Grösseren lernen sollen,<br />

Verantwortung zu tragen und Rücksicht zu nehmen.<br />

Doch auch wenn Lehrpersonen dieses Miteinander<br />

begleiten: Konfliktfrei gestaltet sich der Schulalltag<br />

kaum. Früher oder später gibt es Momente, die schwierig<br />

sind, und jedes Kind wird Enttäuschungen verkraften<br />

müssen. Zum Beispiel wenn Thea merkt, dass sie<br />

weniger schön schreibt als Anna, oder Lars kein so tol-<br />

36 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


les Pferd zeichnet wie Nora oder Tim nicht so kräftig ist<br />

wie Lukas. Vergleiche mit Freundinnen und Freunden<br />

oder Auseinandersetzungen in der Klasse gehören dazu.<br />

Nicht nur die Kinder, auch die Kinderfreundschaften<br />

verändern sich im Laufe des Aufwachsens.<br />

Zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen<br />

Für das Wohlbefinden und den Lernerfolg des einzelnen<br />

Kindes spielen das Klassenklima und der Zusammenhalt<br />

in der Klasse eine wesentliche Rolle. Freundschaften<br />

sind wichtig, doch sie lassen sich nicht erzwingen. Wie<br />

bei den Erwachsenen spielen Sympathie und Antipathie<br />

mit. In der <strong>Schule</strong> lernen die Kinder, gewisse Regeln<br />

einzuhalten und einander mit Respekt zu begegnen.<br />

Schliesslich kann man miteinander auch klarkommen,<br />

ohne enger befreundet zu sein. Viele Eltern sind sich zu<br />

wenig bewusst, dass Kinderfreundschaften oft unverbindlich<br />

und einfach zweckmässig sind: Man wohnt in<br />

der Nähe, verfolgt die gleichen Interessen, ergänzt sich<br />

gut und profitiert voneinander. Gerade bei jüngeren<br />

Kindern sind Freundschaften spontan, kurzfristig und<br />

dauern vielleicht bloss eine Spielsequenz: «Ich bin deine<br />

Freundin und darum darf ich mitspielen.»<br />

Manchmal machen sich Eltern Sorgen, weil sie über<br />

die Wahl der Freunde nicht unbedingt glücklich sind.<br />

«Warum hat der scheue Benjamin ausgerechnet den<br />

Klassenclown zum Freund auserkoren?», fragt sich seine<br />

Mutter mit einem Kopfschütteln. Doch Gegensätze<br />

ziehen sich an, und so sucht das Kind möglicherweise<br />

genau einen Gegenpol zu sich selbst. Das ist vielleicht<br />

auch der Grund, weshalb sich Lisa pausenlos von ihrer<br />

Freundin Anna herumkommandieren lässt.<br />

Im Umgang mit Freundschaften unter Kindern empfiehlt<br />

sich Gelassenheit. Kinder merken, dass Freundschaften<br />

sie stärken, und suchen sich Verbündete, mit<br />

denen sie spielen, lachen, Unsinn machen und Geheimnisse<br />

austauschen können.<br />

5 Fakten zum Thema Kinderfreundschaften,<br />

die Eltern wissen sollten<br />

Der themenspezifische<br />

Elternbrief von<br />

Pro Juventute begleitet<br />

Eltern und Kinder<br />

beim Übergang vom<br />

Kindergarten in<br />

die <strong>Schule</strong>.<br />

• Bei jungen Kindern sind Freundschaften oft bloss zweckgebunden<br />

und dauern nur kurz. Erst mit dem Älterwerden bildet sich zwischen<br />

Freundinnen und Freunden auch eine emotionale Verbundenheit.<br />

• Eltern sollten sich möglichst wenig in Kinderfreundschaften<br />

einmischen. Kinder möchten sich ihre Freunde selber<br />

aussuchen und setzen oft andere Massstäbe als ihre Eltern.<br />

• Entstehen Konflikte, sollten Erwachsene sich zurückhalten und<br />

erst einmal beobachten, wie die Kinder mit der Situation umgehen.<br />

• Kinder sollten Probleme mit Gleichaltrigen selber lösen lernen und<br />

Schwierigkeiten mit ihren eigenen Strategien angehen.<br />

• Indem Eltern die Sorgen und Nöte teilen und gleichzeitig darauf<br />

vertrauen, dass das Kind seinen Weg meistert, wird es gestärkt,<br />

um sich in einer Gemeinschaft zurechtzufinden.<br />

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Das Frühstück –<br />

die Kraftquelle für mein Schulkind<br />

Wer in die <strong>Schule</strong> geht, braucht Energie. «Die holen sich Primarschüler am besten in Form einer<br />

ausgewogenen, vielfältigen Ernährung», sagt Marianne Honegger vom Schulärztlichen Dienst<br />

der Stadt Zürich. Die Ernährungsberaterin erklärt, wie ein optimales Znüni aussieht und wie<br />

Eltern kleine Frühstücksmuffel zum Essen motivieren. Interview: Evelin Hartmann Bilder: Martina Meier<br />

Bild: Martina Meier<br />

38 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Ernährung & Gesundheit<br />

Frau Honegger, wie sieht eine sinnvolle<br />

Ernährung von Schulkindern aus?<br />

Vielseitig, farbenfroh und alle<br />

Lebensmittelgruppen berücksichtigend.<br />

Empfohlen werden beispielsweise<br />

zwei Portionen Obst und drei<br />

Portionen Gemüse am Tag. Diese<br />

liefern eine Vielzahl an Vitaminen,<br />

Mineralstoffen, Nahrungsfasern<br />

sowie sekundäre Pflanzenstoffe.<br />

Stärkeprodukte in der Vollkornvariante<br />

wie Reis, Getreideflocken,<br />

Brot oder Kartoffeln liefern Kohlenhydrate,<br />

Mineralstoffe und Nahrungsfasern.<br />

Milchprodukte, Hülsenfrüchte,<br />

Fleisch, Fisch und Eier<br />

ergänzen die Mahlzeit mit Eiweiss.<br />

Fette und Öle liefern essenzielle Fettsäuren.<br />

Aber welche Nährstoffe gelten als<br />

besonders wichtig in diesem Alter?<br />

Auch für Kinder gelten die Empfehlungen<br />

der Lebensmittelpyramide,<br />

wenn die Mengen entsprechend<br />

angepasst werden. Besonders wichtig<br />

im Wachstum ist eine gute Versorgung<br />

mit Kalzium und Vitamin<br />

D, denn diese beiden Stoffe unterstützen<br />

den optimalen Aufbau der<br />

Knochen. Die beste Kalziumquelle<br />

stellen Milch und Milchprodukte<br />

wie Joghurt und Käse dar. Über einige<br />

Gemüsearten wie Brokkoli, Grünkohl,<br />

Fenchel und Lauch kann der<br />

Körper ebenfalls gut Kalzium aufnehmen.<br />

Vitamin D übrigens wird<br />

– unter dem Einfluss der Sonne – zu<br />

rund 90 Prozent in der Haut gebildet.<br />

Auch deshalb ist viel Bewegung<br />

im Freien für Kinder so wichtig!<br />

Was und wie viel sollten Kinder in diesem<br />

Alter trinken?<br />

Über den Tag verteilt etwa einen<br />

Liter, an besonders aktiven oder<br />

heissen Tagen natürlich mehr – vorzugsweise<br />

Leitungswasser oder<br />

ungezuckerten Tee.<br />

Sprechen wir über die erste Mahlzeit<br />

des Tages. Wie sollte ein optimales<br />

Frühstück aussehen?<br />

Frühstück und Znüni sollten Energie<br />

liefern, die bis zum Mittagessen<br />

anhält. Mit diesen Lebensmitteln<br />

sind alle Nährstoffe abgedeckt:<br />

«Wenn das Frühstück in<br />

der Familie seinen festen<br />

Platz hat, gehört es auch für<br />

die Kinder zum Alltag.»<br />

Getreideprodukte, möglichst Vollkornbrot,<br />

Ruchbrot oder Haferflocken,<br />

Müeslimischungen mit keinem<br />

oder möglichst geringem Zuckergehalt,<br />

ein Glas Milch oder eine<br />

Portion Frischkäse, Käse oder Jo ­<br />

ghurt nature. Zusätzlich ein Stück<br />

Obst oder ein Deziliter ungezuckerter<br />

Fruchtsaft. Als Brotaufstrich<br />

empfehlen wir etwas Butter oder<br />

Margarine, Konfitüre oder Honig.<br />

Und gefrühstückt wird in Ruhe<br />

gemeinsam am Familientisch.<br />

Gemeinsame Mahlzeiten sind wichtig.<br />

Sie bieten Kindern die Möglichkeit,<br />

in Ernährungsfragen von ihren<br />

Eltern zu lernen. Aber ein ausgedehntes<br />

Familienfrühstück ist, mit<br />

Ausnahme des Wochenendes, im<br />

Alltag kaum umsetzbar. Wichtig ist<br />

also, dass Eltern ihren Kindern ein<br />

vollwertiges Frühstück anbieten.<br />

Was tun mit Frühstücksmuffeln?<br />

Wenn das Frühstück in der Familie<br />

seinen festen Platz hat, gehört es<br />

auch für die Kinder zum Alltag. Was<br />

wir aber alle kennen: Wenn wir ausgeschlafen<br />

sind und Zeit haben,<br />

haben wir mehr Appetit auf ein ausgewogenes<br />

Frühstück als an einem<br />

– vielleicht hektischen – Wochentag,<br />

an dem alle früh aus dem Haus müssen.<br />

Für Kinder, denen es schwerfällt,<br />

am Morgen etwas zu essen, empfehlen<br />

wir, zumindest etwas zu trinken.<br />

Mit einem Glas Milch oder einem<br />

ungezuckerten Fruchtsaft werden<br />

gleichzeitig auch Energie und Nährstoffe<br />

getrunken.<br />

Und das Znüni sollte dann etwas<br />

reichhaltiger gestaltet werden.<br />

Genau, dann kann der Rest des Frühstücks<br />

beim Znüni nachgeholt werden.<br />

Wenn Eltern jedoch die Möglichkeit<br />

haben, schon frühmorgens<br />

immer wieder verschiedene Frühstücksvarianten<br />

anzubieten und auszuprobieren,<br />

kann sich diese Geduld<br />

lohnen.<br />

Welche Lebensmittel gehören in eine<br />

Znünibox?<br />

Idealerweise gehören zum Znüni ein<br />

ungesüsstes Getränk sowie eine<br />

Frucht oder ein Gemüse. Bei Frühstücksmuffeln<br />

kann zusätzlich ein<br />

Stück Vollkornbrot oder ein kleines<br />

Sandwich angeboten werden. Für<br />

das Zvieri gilt das Gleiche. Kindern,<br />

die diese Zwischenmahlzeiten regelmässig<br />

stehen lassen, kann man das<br />

Obst in mundgerechte Stücke ge ­<br />

schnitten mitgeben oder selbst kreierte<br />

«Kinderspiesse» oder «Räuberbrote»<br />

einpacken. Fragen Sie Ihre<br />

Kinder, was sie aus der grossen Auswahl<br />

von sinnvollen Znünis gerne<br />

essen. Können sie mitbestimmen,<br />

erhöht sich gerade bei Znünimuffeln<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass die<br />

Zwischenmahlzeit auch gegessen<br />

wird.<br />

Dass gezuckerter Eistee, Schokoriegel<br />

oder Butterkekse fürs Znüni ungeeignet<br />

sind, versteht sich von selbst.<br />

Aber was können Eltern mitgeben,<br />

denen morgens die Zeit fehlt, ein<br />

feines Sandwich zu schmieren oder<br />

kreative Obst-Gemüse-Spiesse zu<br />

gestalten?<br />

Ein Apfel ist schnell gewaschen, ein<br />

Rüebli schnell geschält und zusammen<br />

mit einer Handvoll Nüssen,<br />

einigen Vollkorncrackern oder<br />

einem Stück Brot in die Znünibox<br />

gepackt.<br />

Wie steht es um Lifestyle-Produkte<br />

wie Smoothies? Sind diese eine<br />

schnell griffbereite, gesunde Alternative?<br />

Grundsätzlich gilt: Je unverarbeiteter<br />

ein Lebensmittel ist, desto empfehlenswerter<br />

ist es. Es ist aber nichts<br />

dagegen einzuwenden, hin und wieder<br />

eine Portion Obst durch einen<br />

Smoothie zu ersetzen. Allerdings<br />

sollte davon nicht mehr als ein Deziliter<br />

pro Tag getrunken werden, da<br />

sie Fruchtzucker in sehr komprimierter<br />

Form enthalten. >>><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>39


Bild: Martina Meier<br />

Dos and Don’ts<br />

Ein gesundes Znüni und Zvieri<br />

• enthält immer Wasser oder ungesüssten<br />

Kräuter- oder Früchtetee<br />

• besteht aus einer Frucht und/oder einem Gemüse,<br />

ist bunt zusammengestellt und zuckerfrei<br />

• kann je nach körperlicher Anstrengung und<br />

Hungergefühl durch ein Getreide- und/oder<br />

Milchprodukt sowie mit Nüssen ergänzt werden<br />

• besteht idealerweise aus Produkten der Saison<br />

Nicht regelmässig – aber ab und zu<br />

• exotische Früchte wie Mango, Ananas, Papaya, am<br />

besten in Bioqualität<br />

• Trockenfrüchte<br />

• Fleisch und Fleischprodukte wie Trockenfleisch und<br />

Schinken, dabei die fettarmen Varianten wählen<br />

• Fruchtsaft, gemischt mit Wasser<br />

Nicht empfehlenswert<br />

• Schokoladen-, Milch- und Getreideriegel<br />

• Gipfeli, Zopf, weisses Toastbrot<br />

• gezuckerte Frühstückscerealien<br />

• Biskuits<br />

• Süssgetränke wie Eistee, Sirup, Cola, Energydrinks,<br />

künstlich gesüsste Getränke (Lightprodukte)<br />

• gesüsste, aromatische Milchmixgetränke<br />

(wie Schokodrink)<br />

• fette oder stark gesalzene Produkte wie<br />

Salzstangen, Chips, gesalzene Nüsse<br />

Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz<br />

40 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Ernährung & Gesundheit<br />

>>> Nun kann ich meinem Kind Und was können Eltern tun, deren Kinder<br />

noch so gesunde Znüni mitgeben,<br />

wenn das Gspänli in der Pause die<br />

süssen Leckereien auspackt, wird<br />

mein Kind unweigerlich nach diesen<br />

greifen ...<br />

… und den gesunden Apfel wieder<br />

mit nach Hause bringen. Das ist so.<br />

Und wenn das hin und wieder vorkommt,<br />

ist das auch kein Problem.<br />

Zu einer ausgewogenen Ernährung<br />

gehören auch Süssigkeiten – in Massen.<br />

Wenn dies allerdings zur Regel<br />

wird, würde ich mit meinem Kind<br />

besprechen, was es gerne als Zwischenmahlzeit<br />

essen würde. Meist<br />

können sich Eltern und Kind auf ein<br />

Znüni einigen, das gesund ist und<br />

sich über Jahre hinweg an süsse,<br />

fettige Lebensmittel gewöhnt haben<br />

und nun kaum noch etwas anderes<br />

mögen?<br />

Eine Veränderung der Geschmacksvorlieben<br />

braucht Zeit und muss<br />

langsam angegangen werden. Man<br />

kann beispielsweise das süsse Knuspermüsli<br />

mit ungesüssten Getreideflocken<br />

mischen und das Mischverhältnis<br />

langsam zugunsten der<br />

Getreideflocken verändern. Und bei<br />

Obst- und Gemüsemuffeln gilt:<br />

Geduld haben und immer wieder<br />

anbieten. Zwang bringt nichts, mit<br />

gutem Beispiel vorangehen bewirkt<br />

viel mehr!<br />

dem Kind schmeckt.<br />

>>><br />

Zu einer ausgewogenen<br />

Ernährung gehören auch<br />

Süssigkeiten – in Massen.<br />

Zur Person<br />

Marianne Honegger ist Ernährungsberaterin<br />

FH im Schulärztlichen Dienst der Stadt Zürich.


Kolumne<br />

Noah fühlt sich in der <strong>Schule</strong><br />

nicht wohl<br />

Der siebenjährige Noah hat eine totale Abneigung gegen die <strong>Schule</strong>. Jeden Morgen<br />

beginnt für ihn ein neuer Kampf, er ist so traurig und verzweifelt, dass er sterben möchte.<br />

Noahs besorgte Mutter bittet Jesper Juul um Rat.<br />

Jesper Juul<br />

ist Familientherapeut und Autor<br />

zahlreicher internationaler Bestseller<br />

zum Thema Erziehung und Familien.<br />

1948 in Dänemark geboren, fuhr er<br />

nach dem Schulabschluss zur See, war<br />

später Betonarbeiter, Tellerwäscher<br />

und Barkeeper. Nach der<br />

Lehrerausbildung arbeitete er als<br />

Heimerzieher und Sozialarbeiter<br />

und bildete sich in den Niederlanden<br />

und den USA bei Walter Kempler zum<br />

Familientherapeuten weiter. Seit 2012<br />

leidet Juul an einer Entzündung der<br />

Rückenmarksflüssigkeit und sitzt im<br />

Rollstuhl.<br />

Jesper Juul hat einen erwachsenen<br />

Sohn aus erster Ehe und ist in zweiter<br />

Ehe geschieden.<br />

Eine besonders verantwortungsvolle<br />

Mutter<br />

mit drei Kindern, To ­<br />

bias, 10, Ronja, 8, und<br />

Noah, 7, schreibt, wie<br />

sehr sie die Einschulung ihres Sohnes<br />

Noah beschäftigt. Ihr Sohn findet<br />

es schwierig, in die <strong>Schule</strong> zu<br />

gehen. Jeden Morgen ist es für ihn<br />

ein Kampf, sich für die <strong>Schule</strong> bereit<br />

zu machen. Noah ist richtig traurig<br />

und verzweifelt, dass er nun nicht<br />

mehr so viel Zeit zum Spielen hat.<br />

Die Ansprüche der <strong>Schule</strong> verunsichern<br />

ihn stark. Die Mutter fragt<br />

sich, was hinter dieser Abneigung<br />

gegenüber der <strong>Schule</strong> steckt, und ist<br />

selber verunsichert. Es macht sie<br />

traurig, dass es ihrem Sohn so er ­<br />

geht. Noah hat auch schon ausgesprochen,<br />

dass er sterben möchte.<br />

Seine Geschwister haben den <strong>Schule</strong>intritt<br />

jeweils als etwas Positives<br />

Es geht nicht um einen<br />

Buben, der seine Lehrperson<br />

nicht mag, sondern um ein<br />

Kind, das mit der Realität<br />

der <strong>Schule</strong> überfordert ist.<br />

empfunden. Die Mutter bittet Jesper<br />

Juul um seine Überlegungen.<br />

Jesper Juul antwortet<br />

Sie teilen das Schicksal mit vielen<br />

Eltern. Denn für Eltern ist der Übergang<br />

ihrer Kinder in die <strong>Schule</strong> oft<br />

dramatisch, und sie suchen einen<br />

konstruktiven Weg, um mit der<br />

neuen Situation umzugehen. Ihre<br />

Zeilen lassen mich vermuten, dass<br />

Sie sich um geliebte Menschen sehr<br />

fürsorglich und rücksichtsvoll kümmern.<br />

(…)<br />

Aber nun zu Noah: Er ist ein Bub,<br />

der sich wohl etwas langsamer entwickelt<br />

als seine Geschwister. Das<br />

macht ihn zum Opfer mütterlichen<br />

Schutzes und der Rechenschaftspflicht.<br />

Und jetzt hat er ernsthafte<br />

Probleme damit, in die <strong>Schule</strong> zu<br />

gehen. Was ausreicht, um sowohl<br />

Vater als auch Mutter um den nächtlichen<br />

Schlaf zu bringen.<br />

Auch wenn es jetzt etwas grausam<br />

klingt, sollten Ihnen dennoch<br />

Noahs zwei grosse Probleme be ­<br />

wusst sein: Das erste ist, dass er<br />

nicht gerne in die <strong>Schule</strong> geht. Das<br />

zweite, dass sein Selbstbild sehr<br />

schnell kippen kann, weil er sich<br />

ständig mit seinen Geschwistern<br />

vergleicht. Darüber hinaus verletzen<br />

seine Gefühle jene seiner Mutter,<br />

was wohl das Letzte ist, was er will.<br />

Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />

42 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Deshalb denkt er, dass das Leben<br />

nicht lebenswert ist. Das bedeutet<br />

allerdings nicht, dass er einen<br />

Selbstmord plant, sondern nur, dass<br />

er sein Leben, so wie es jetzt ist,<br />

nicht aushält.<br />

Das ist nicht seltsam oder aussergewöhnlich<br />

für Kinder. Noah weiss,<br />

dass er in die <strong>Schule</strong> gehen muss.<br />

Und es ist für ihn im Moment un ­<br />

vorstellbar, das die nächsten zehn<br />

Jahre oder mehr auszuhalten. (…)<br />

Der ideale Weg zu einer Lösung<br />

mag im derzeitigen Schulsystem<br />

völlig unrealistisch erscheinen, ich<br />

erwähne ihn aber trotzdem: Sprechen<br />

Sie mit Noahs Klassenlehrperson<br />

und bitten Sie sie zu sich nach<br />

Hause. Noahs Erfahrungen in der<br />

<strong>Schule</strong> sind so negativ, dass er in der<br />

<strong>Schule</strong> kaum wahrnimmt, was die<br />

Lehrperson zu ihm sagt. Ausserdem<br />

ist ein Besuch zu Hause im Interesse<br />

aller Beteiligten: Wenn Sie die Lehrperson<br />

davon überzeugen können,<br />

eine Stunde ihrer Zeit für einen<br />

Hausbesuch zu investieren, wird sie<br />

sich in den kommenden Jahren viele<br />

Stunden an Konflikten, viele<br />

Erklärungen und Gespräche ersparen.<br />

Hier geht es nicht um einen<br />

Buben, der seine Lehrperson nicht<br />

mag, sondern um ein Kind, das mit<br />

der Realität der <strong>Schule</strong> an sich überfordert<br />

ist. Dennoch sind die beiden<br />

«Hauptparteien» in diesem Konflikt<br />

Noah selbst und die <strong>Schule</strong>. Die<br />

Lehrperson personifiziert für Noah<br />

die <strong>Schule</strong>.<br />

Ich würde dem Lehrer oder der<br />

Lehrerin daher zu folgendem Ge ­<br />

sprächseinstieg raten: «Noah, deine<br />

Mama glaubt, dass es für dich<br />

megaschwer ist, in die <strong>Schule</strong> zu<br />

gehen. Das macht uns traurig. Denn<br />

wir wünschen uns, dass es den Kindern<br />

in der <strong>Schule</strong> Spass macht und<br />

dass sie es dort spannend finden.<br />

Aber wie es scheint, ist das bei dir<br />

nicht so. Deine Mama hat dir sicher<br />

schon gesagt, dass alle Kinder in die<br />

<strong>Schule</strong> gehen müssen, egal ob sie<br />

wollen oder nicht. Ich bin heute hier,<br />

Eltern sollten abseits von ihrem<br />

Kind stehen und ihm ihre<br />

Lebenserfahrung anbieten.<br />

um dir zu zeigen, dass ich alles tun<br />

möchte, um euch zu helfen. Vielleicht<br />

können wir, wenn wir miteinander<br />

reden, herausfinden, wie du<br />

mir und den anderen Lehrpersonen<br />

dabei helfen kannst.»<br />

Auf diese Weise kann die Lehrperson<br />

im Auftrag der <strong>Schule</strong> die<br />

Initiative ergreifen, damit Noah<br />

geholfen wird. Noah kann so einen<br />

Bezug zur <strong>Schule</strong> herstellen, den er<br />

alleine nicht aufbauen kann.<br />

Sie als Eltern konnten bisher nur<br />

abstrakt mit ihm über die <strong>Schule</strong><br />

sprechen. Natürlich kann es passieren,<br />

dass die Lehrperson diese Vorgehensweise<br />

als nicht üblich oder<br />

schwierig ablehnt. Was schade wäre,<br />

weil die <strong>Schule</strong> damit eine Möglichkeit<br />

im Leben dieser Familie verpasst,<br />

um zu ihrer weiteren Zukunft<br />

konstruktiv beizutragen.<br />

Lassen Sie uns optimistisch sein:<br />

Stellen wir uns vor, dass Noah Lehrpersonen<br />

hat, die pädagogisch denken<br />

können und deshalb auch bereit<br />

sind, Noah dort zu begegnen, wo er<br />

sich gerade befindet. Das be deutet<br />

nicht, dass sich damit das Problem<br />

auflöst. Sie und Ihr Mann haben<br />

jetzt die wichtige Aufgabe, die Ba ­<br />

lance zwischen Empathie und Mitgefühl<br />

und der Realität des Lebens<br />

zu finden. Noah braucht Ihr Engagement<br />

und Interesse als Rückhalt.<br />

Es wird wahrscheinlich mehrere<br />

Wochen oder Monate dauern, bis<br />

Noah sich artikulieren und darüber<br />

sprechen kann, was an der <strong>Schule</strong> so<br />

schwer ist für ihn. Denken Sie daran,<br />

dass Ihr Sohn jetzt in der Krise ist<br />

und deshalb keinen klaren Blick hat.<br />

Er braucht Zeit und viele Pausen<br />

abseits der <strong>Schule</strong>, in denen er nur<br />

spielen kann. Es ist wichtig, dass<br />

sowohl Sie als auch Ihr Mann nicht<br />

ständig mit einem besorgten Gesicht<br />

herumlaufen. Wenn Sie das nämlich<br />

tun, nehmen Sie die Szene ein (weil<br />

Noah, wie alle Kinder, kooperieren<br />

möchte) und lassen ihn alleine zurück<br />

mit dem Szenario und dem Ausblick in<br />

die Zukunft, dass er sein eigenes Leben<br />

in die Hand nehmen muss und für das<br />

Wohlbefinden seiner Eltern verantwortlich<br />

ist. Klingt das schwierig? Ist es<br />

auch!<br />

Schliesslich möchte ich darauf aufmerksam<br />

machen, dass es während der<br />

kommenden Zeit nicht nur darum<br />

geht, dass Noah sich in der <strong>Schule</strong><br />

zurechtfindet, sondern auch darum,<br />

wie er seine Lebenskompetenz und seine<br />

individuelle Art, zukünftige Le ­<br />

benskrisen zu bewältigen, aufbaut und<br />

entwickelt.<br />

Das kann er garantiert nicht in der<br />

<strong>Schule</strong> lernen, sondern nur zu Hause<br />

und gemeinsam mit Ihnen. Dazu ist es<br />

notwendig, dass Sie sich Ihrer eigenen<br />

Rolle bewusst sind: Die sollte sein,<br />

abseits zu stehen und ihm Ihre Lebenserfahrung<br />

anzubieten, ihn zu begleiten.<br />

Sie sollten nicht versuchen, seine Krisen<br />

zu verhindern. (…)<br />

Jesper Juul schreibt regelmässig für das<br />

Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi.<br />

Seine Kolumnen entstehen in<br />

Zusammenarbeit mit<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>43


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

44 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Der Übertritt in die <strong>Schule</strong> ist für jedes Kind<br />

ein grosses Ereignis. Sechs Erstklässler<br />

der Primarschule Hanfländer in Rapperswil SG<br />

erzählen, wie sie es erlebt haben.<br />

Aufgezeichnet von: Virginia Nolan<br />

Bilder: Ornella Cacace / 13 Photo<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>45


Matilda Bickel, 7<br />

«Als ich damals erfuhr, in welche Klasse<br />

ich komme, war ich richtig glücklich:<br />

Meine beste Freundin Emma war der<br />

gleichen Lehrerin zugeteilt worden!<br />

Gleichzeitig war ich traurig, weil ich<br />

meine Kindergartenlehrerin sehr gern<br />

hatte und mich gar nicht von ihr<br />

verabschieden mochte. Ich machte<br />

mir schon Sorgen, ob die Klassenleh ­<br />

rerin in der <strong>Schule</strong> wohl auch so nett sei.<br />

Aber ich habe es wieder gut getroffen:<br />

Frau Possberg ist die beste Lehrerin<br />

überhaupt. Bis jetzt finde ich die <strong>Schule</strong><br />

nicht streng – nicht einmal die<br />

Hausaufgaben. Mein älterer Bruder Finn<br />

mag die hingegen gar nicht. Am liebsten<br />

gehe ich zur Musikschule, die müssen<br />

alle Kinder besuchen. Und ich mag<br />

Singen, Tanzen und Geschichtenerzählen.<br />

Später will ich einmal<br />

Eiskunstläuferin werden. Ich trainiere<br />

dreimal pro Woche und habe meinen<br />

ersten Wettkampf hinter mir.»<br />

46 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Lilly Schnider, 7<br />

«Auf die <strong>Schule</strong> habe ich mich gefreut,<br />

aber ich war auch ganz schön nervös,<br />

als es so weit war – vor allem hatte ich<br />

ein bisschen Angst, dass ich mein Mami<br />

vermissen würde, jetzt, wo meine<br />

Schultage länger dauern als im<br />

Kindergarten. Aber mittlerweile habe ich<br />

mich prima eingewöhnt hier. An den<br />

ersten Schultag kann ich mich schon<br />

fast nicht mehr erinnern. Ich habe jedes<br />

Schulfach gerne, es gibt wirklich keines,<br />

das mir nicht gefällt. Am meisten Spass<br />

macht mir das freie Spiel am Morgen,<br />

bevor der Unterricht beginnt. Und<br />

natürlich Handarbeit! Unsere Klassenlehrerin,<br />

Frau Possberg, ist sehr nett.<br />

Jedes Mal, wenn wir eine Aufgabe<br />

besonders gut erledigen, bekommen wir<br />

von ihr eine Perle – bei der fünften<br />

dürfen wir dazu eine Süssigkeit<br />

auswählen. Ich habe schon einige Perlen<br />

und Süssigkeiten bekommen. In der<br />

<strong>Schule</strong> gefällt mir alles, so wie es ist. Ich<br />

bin wunschlos glücklich.»<br />

Gian Irminger, 7<br />

«Rechnen ist mein Lieblingsfach. Ich<br />

finde Zahlen cool und konnte im<br />

Kindergarten schon rechnen. Ich hatte<br />

so Kärtchen, mit denen ich übte, da<br />

stand vorne die Aufgabe und hinten die<br />

Lösung. Ich wusste das Resultat fast<br />

immer, war also gut vorbereitet auf die<br />

<strong>Schule</strong>. Buchstaben hingegen gefallen<br />

mir nicht so gut, die sind einfach<br />

schwieriger als Zahlen. Am ersten<br />

Schultag hat mich Mami begleitet, ich<br />

war recht nervös. Von meinem älteren<br />

Bruder wusste ich aber auch schon<br />

einiges über die <strong>Schule</strong>. Ich gehe lieber<br />

hin als er. Ich habe jetzt ganz andere<br />

Freunde als im Kindergarten – manchmal<br />

vermisse ich die alten ein bisschen.<br />

Aber sie besuchen ja immerhin die<br />

gleiche <strong>Schule</strong>. Wenn ich einen Wunsch<br />

frei hätte, würde ich in unserer Klasse<br />

einen Spieltag einführen – einen<br />

ganzen! Bisher gibt es nämlich nur den<br />

Spielmorgen, leider auch nicht allzu oft.<br />

Am liebsten spiele ich mit Autos, das<br />

könnte ich den ganzen Tag lang tun.<br />

Später will ich einmal Koch werden; ich<br />

habe zu Hause eine Spielküche und<br />

helfe beim Kochen mit.»<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>47


Emma Oehri, 7<br />

«Dass es in der <strong>Schule</strong> lässig wird,<br />

wusste ich schon von meiner Cousine.<br />

Sie ist 13 und hatte mir schon viel<br />

darüber erzählt, wie das so ist mit<br />

Rechnen und Schreiben. Ich wusste<br />

auch sonst, was auf mich zukommt,<br />

meine Mama war früher selbst Lehrerin.<br />

Ich mag jedes Fach gerne, aber das<br />

Schönste an der <strong>Schule</strong> sind die<br />

anderen Kinder. Ich hatte das Glück,<br />

schon viele Kinder in meiner Klasse zu<br />

kennen – zwei von ihnen sogar seit der<br />

Krippe. Meine Zwillingsschwester Mia<br />

besucht das gleiche Schulhaus, ist aber<br />

in einer anderen Klasse. Wir wollten das<br />

so, um nicht dauernd verglichen zu<br />

werden. Wir sehen zwar nicht gleich aus,<br />

aber doch verwechseln uns die Leute<br />

immer wieder. Mich dünkt die <strong>Schule</strong><br />

nicht streng. Als ich damals in den<br />

Kindergarten kam, war die Umstellung<br />

viel grösser. Auf den früheren Unterrichtsbeginn<br />

in der <strong>Schule</strong> haben wir<br />

uns schon im zweiten Kindergartenjahr<br />

vorbereitet: Zweimal in der Woche<br />

versuchten meine Schwester und ich,<br />

bereits ein bisschen früher da zu sein.<br />

So konnten wir uns langsam an die<br />

längeren Tage gewöhnen.»<br />

48 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Cedric Gross, 6<br />

«Am ersten Schultag war ich voller<br />

Freude, gespannt, nervös – alles<br />

zusammen. Mich nahm wunder, wie das<br />

Schulzimmer wohl aussieht. Es könnte<br />

schöner sein: In der Kuschelecke, da<br />

können wir uns hinlegen, wenn wir<br />

Bauchweh haben, fehlen mir die<br />

Plüschtiere. Ich freute mich auch auf die<br />

Hausaufgaben, dachte, die könnten<br />

vielleicht spannend sein. Im Kindergarten<br />

hatte ich die Lehrerin manchmal<br />

nach Rechenaufgaben gefragt und die<br />

zu Hause gelöst. Auch die Buchstaben<br />

übte ich mit den Eltern. Ich finde<br />

Rechnen und Lesen im Moment nicht so<br />

cool. Bis 20 läuft es super, aber ich kann<br />

nicht sagen, was 9 plus 38 macht. Und<br />

das D verwechsle ich ständig mit dem B.<br />

Am liebsten spiele ich – das dürfen wir<br />

jeweils, wenn wir mit einer Aufgabe<br />

fertig sind. Im Schulzimmer gibt es<br />

Autos, Helikopter, Bücher und Jonglierbälle.<br />

Gian schafft gleich drei aufs Mal!<br />

Stillsitzen fällt mir schwer, aber ich habe<br />

einen coolen Trick, der hilft: Ich stelle<br />

mir einfach vor, ich hätte Klebband am<br />

Füdli, das mich am Stuhl festmacht. Ich<br />

vermisse meinen Freund Noah aus dem<br />

Kindergarten. Naja, dafür bin ich im Fall<br />

von zwei anderen Buben froh, dass ich<br />

sie jetzt los bin.»<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>49


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Leon Nock, 7<br />

«Ich gewöhnte mich eigentlich schnell<br />

an die <strong>Schule</strong> – wobei, so viele Kinder<br />

und so riesige Wandtafeln, das war<br />

schon neu für mich. Mit der Klasse bin<br />

ich zufrieden. Emma und Cedric kenne<br />

ich, seit wir fünf Monate alt sind, wir<br />

waren schon zusammen in der Krippe.<br />

Ich bin gut im Rechnen und kann schon<br />

bis hundert zählen. Mit Zahlen kenne ich<br />

mich schon lange aus, ich war durch die<br />

Krippe immer sehr viel mit älteren<br />

Kindern zusammen und habe vieles, was<br />

die konnten, einfach selbst ausprobiert.<br />

Ich bin neugierig. Ich frage die Lehrerin<br />

deshalb oft nach zusätzlichen Hausaufgaben,<br />

weil ich mehr dazulernen will. Sie<br />

gibt mir nicht immer welche mit, aber<br />

wenn, dann erledige ich sie noch so<br />

gerne. In der <strong>Schule</strong> gefällt es mir gut,<br />

ausser letzthin, da hatte ich nach dem<br />

Bürzelbaum im Turnen Kopfweh. Ich<br />

wünsche mir, dass wir Kinder einmal für<br />

einen Tag Lehrer sein könnten und die<br />

Lehrer unsere Schüler. Dann würde ich<br />

den Erwachsenen beibringen, wie<br />

Spielen funktioniert. Die haben das<br />

nämlich verlernt.»<br />

Virginia Nolan<br />

staunte, wie viel Freude ihre kleinen<br />

Gesprächspartner an der <strong>Schule</strong> haben –<br />

und hofft, dass ihnen diese erhalten bleibt.<br />

50 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


7 FRAGEN<br />

Service<br />

zum Übertritt in die Primarschule<br />

Eltern drängen sich viele Fragen auf. Das sollten Sie wissen! Text: Claudia Landolt<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Was braucht mein Kind an<br />

Erstausstattung?<br />

Ein Schulthek mit <strong>Schule</strong>tui, Finken<br />

und ein Turnsäckli. Hallenturnschuhe<br />

sind nicht zwingend. Eine Malschürze<br />

ist ebenfalls empfehlenswert.<br />

Beim Schulthek ist darauf zu<br />

achten, dass er zehn Prozent des<br />

Körpergewichts nicht überschreitet.<br />

Ein guter Thek muss eng am Rücken<br />

liegen und die Gurte sollten breit<br />

gepolstert sein.<br />

Können Eltern mitbestimmen, in<br />

welche Klasse ein Kind kommt?<br />

Nein. Fast alle Gemeinden haben<br />

einen eigenen Verteilschlüssel (Geschlecht,<br />

Alter, Wohnort beziehungsweise<br />

Schulweg, Nationalität).<br />

Interventionsversuche der Eltern<br />

kommen bei der Schulleitung nicht<br />

gut an. Aber gegen eine höfliche Frage<br />

kann niemand etwas einwenden.<br />

Die Begründung sollte man sich<br />

allerdings gut überlegen. Ein «Wenn<br />

unser Kind mit ihrer besten Freundin<br />

zusammen ist, fällt die Eingewöhnung<br />

leichter» wird kaum<br />

ausreichen.<br />

Wann und wie erhalte ich die<br />

Informationen zum Übertritt in<br />

die Primarschule?<br />

Die Einteilungen kommen per Post,<br />

meistens Ende Mai oder Anfang Juni<br />

vor Beginn des neuen Schuljahres.<br />

In diesem Brief werden auch der<br />

offizielle Besuchstag sowie die weiteren<br />

Veranstaltungen mitgeteilt.<br />

Wie viel Bürokratie kommt auf<br />

uns zu?<br />

Nicht wenig. Die ersten Wochen bis<br />

zu den Herbstferien sind vollgepackt<br />

mit Elternabenden und diversen<br />

Veranstaltungen. Ihr Kind erhält<br />

5<br />

6<br />

auch Einladungen zu Schulanlässen<br />

und Sportveranstaltungen, ein Notfallblatt<br />

und zahlreiche weitere Informationsblätter,<br />

die ausgefüllt und<br />

visiert werden müssen. Zudem gibt<br />

es ein Elternbüchlein, in dem Lehrer<br />

wichtige Termine eintragen – und<br />

auch kontrollieren, ob das Kind die<br />

Post abgegeben hat. Auch alle Tests<br />

müssen unterschrieben werden. Deshalb<br />

gilt die Devise: Halten Sie immer<br />

einen Kugelschreiber bereit!<br />

Mein Kind kommt in die erste<br />

Klasse und geht neu in einen<br />

Hort. Wie bereite ich es vor?<br />

Der Übertritt in die Primarschule ist<br />

eine grosse Umstellung für Eltern<br />

und Kind. Um die Kleinen nicht zu<br />

überfordern, legt man den Eltern<br />

nahe, die nachmittägliche Verweildauer<br />

des Kindes im Hort behutsam<br />

zu steigern. In den ersten Wochen,<br />

so empfehlen Pädagogen, sollten die<br />

Kinder wenn möglich bereits am<br />

frühen Nachmittag abgeholt werden.<br />

Berufstätige Eltern sollten vorausschauend<br />

planen: Vielleicht kann die<br />

Oma, eine Freundin oder die Gotte<br />

das Bringen und/oder Abholen übernehmen?<br />

Plus: Eltern, deren Kinder<br />

eine Morgen- oder Nachmittagsbetreuung<br />

haben, sollten sich erkundigen,<br />

ob das Angebot auch wirklich<br />

am ersten Schultag beginnt.<br />

Können sich Eltern über<br />

schlechte Noten beschweren?<br />

Die Beurteilung der Kinder in der<br />

ersten Klasse oder Eingangsstufe<br />

erfolgt in der Regel ohne Ziffernote,<br />

ist also notenfrei. Als Instrumente<br />

für die Beurteilung werden oft Beobachtungsnoten<br />

eingesetzt. Die Beurteilung<br />

mit Ziffernoten erfolgt nicht<br />

in allen Kantonen ab dem gleichen<br />

7<br />

Zeitpunkt. Noten werden jedoch<br />

nicht mehr mit dem Taschenrechner<br />

ermittelt, es handelt sich vielmehr<br />

um ein ganzheitliches Expertenurteil.<br />

Trotzdem bringen Zeugnisnoten<br />

immer wieder Eltern gegen<br />

die Lehrer auf, manche schalten<br />

sogar einen Anwalt ein. Beschwerdefähig<br />

ist ein Zeugnis zwar, aber<br />

dass Rekursen stattgegeben wird, ist<br />

sehr selten.<br />

Was, wenn mir die neue Lehrerin<br />

total unsympathisch ist?<br />

Der Übertritt in die Primarschule<br />

bedeutet für Eltern vor allem eines:<br />

in manchen Dingen weniger Einfluss<br />

zu haben. Das kann die Kleider<br />

betreffen, die das Kind anziehen<br />

möchte, die Auswahl der Spielkameraden<br />

oder eben auch die Lehrperson.<br />

Es mag ja sein, dass diese Ihnen<br />

als allzu streng erscheint, aber das<br />

behalten Sie besser für sich. Denn in<br />

der Regel lieben Schulanfänger ihre<br />

Lehrperson. Mitreden können Sie<br />

trotzdem. Interesse, Anteilnahme<br />

und Unterstützung von Eltern sind<br />

in der <strong>Schule</strong> notwendig und er ­<br />

wünscht. Zeigen Sie also Interesse<br />

daran, was Ihr Kind gerade erlebt<br />

und erfahren hat und womit es sich<br />

beschäftigt. Und bedenken Sie:<br />

Eltern kennen ihr Kind besser, aber<br />

Lehrer verstehen mehr vom Lernen.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>51


Ernährung & Gesundheit<br />

Mein gesundes Schulkind<br />

Wie bleibt mein Kind in der <strong>Schule</strong> fit? Wie viel Schlaf braucht es und wie wichtig ist<br />

ein rückenschonender Schulthek? 5 Fragen an die Kinderärztin Andrea-Seraina<br />

Bauschatz zum Thema <strong>Schule</strong> und Gesundheit. Interview: Evelin Hartmann<br />

Frau Bauschatz, braucht es für den<br />

Schulsport spezielle Sportkleidung?<br />

In der Unterstufe ist keine teure<br />

Sport- oder Funktionskleidung aus<br />

dem Fachhandel notwendig. Wichtig<br />

ist aber, dass T-Shirts und Hosen<br />

bequem und locker sitzen, damit Ihr<br />

Kind möglichst viel Bewegungsfreiheit<br />

hat. Die Sport- beziehungsweise<br />

Turnschuhe sollen den Fuss gut stützen.<br />

Grundsätzlich gilt: Je höher das<br />

Gewicht des Kindes, desto wichtiger<br />

ist ein qualitativ guter Sportschuh,<br />

welcher den Mittelfuss ausreichend<br />

stabilisiert und je nach Sportterrain<br />

auch die nötige Rutschfestigkeit<br />

gewährleistet. Meiner Erfahrung<br />

nach ist dies – mit Ausnahme von<br />

übergewichtigen Kindern – erst ab<br />

der Mittelstufe erforderlich oder<br />

dann, wenn die Bewegungen an -<br />

spruchsvoller werden.<br />

Mein Kind wird im Unterricht längere<br />

Zeit sitzen müssen. Reicht als Ausgleich<br />

der reguläre Schulsport?<br />

Der Schulsport bietet idealerweise<br />

eine optimale Mischung aus Elementen,<br />

die Kraft, Herz-Kreislauf-System,<br />

Ausdauer, Beweglichkeit und<br />

Geschicklichkeit fördern. Das ist gut<br />

– aber reicht natürlich allein nicht<br />

aus. Kinder und Jugendliche im<br />

Schulalter sollten sich insgesamt<br />

mindestens eine Stunde täglich<br />

bewegen, Fussball, Fangis spielen,<br />

balancieren, rennen, Velo fahren<br />

und damit auch alle ihre Sinne trainieren.<br />

Je jünger Kinder sind, desto<br />

mehr Bewegung brauchen sie. Dabei<br />

sollte bereits bei Kindern schon so<br />

viel Bewegung in den Alltag eingebaut<br />

werden wie möglich: Treppen<br />

steigen anstatt Lift fahren, den Schulweg<br />

zu Fuss oder mit dem Velo statt<br />

mit dem Bus zurücklegen.<br />

Worauf sollte ich beim Schulthek-Kauf<br />

achten, um den Rücken meines Kindes<br />

zu schonen?<br />

Ihr Kind sollte beim Thek-Kauf<br />

dabei sein, damit dieser anprobiert<br />

und geprüft werden kann, ob er für<br />

ihr Kind optimal eingestellt werden<br />

kann. Es sollte sich gut damit bewegen<br />

können! Das Eigengewicht des<br />

Theks sollte so leicht wie möglich<br />

sein, seine Schultergurte verstellbar,<br />

gepolstert und mindestens 4 cm<br />

breit. Achten Sie auf ein ergonomisches<br />

und anliegendes Rückenpolster.<br />

Es kommt aber auch darauf an,<br />

wie Ihr Kind den Thek im Schulalltag<br />

trägt: über beide Schultern sowie an<br />

beiden Schulterblättern anliegend.<br />

Ausserdem kommt es auf das richtige<br />

Packen an: schwere Bücher nah<br />

am Rücken tragen, leichtere Dinge<br />

wie ein Mäppli vorne an der Verschlussseite<br />

einpacken. Weitere<br />

wichtige Infos zum Schulthek-Kauf<br />

finden Sie im Infoblatt «Der richtige<br />

Schulthek» des Schulärztlichen<br />

Dienstes der Stadt Zürich.<br />

Ist es empfehlenswert, einen verstellbaren<br />

Kinderschreibtisch und -stuhl zu<br />

kaufen?<br />

Ja, die Investition wird sich über die<br />

Zeit lohnen! Stuhl-Tisch-Kombinationen,<br />

die nicht der Körpergrösse<br />

entsprechen, führen zu Fehlhaltungen<br />

und damit Rückenbelastungen.<br />

Ein verstellbarer Tisch und Stuhl<br />

lässt sich auf die Körpergrösse einstellen<br />

– und wächst so über mehrere<br />

Jahre mit. Wie man beides richtig<br />

einstellt, finden Sie im Infoblatt<br />

«Richtig sitzen ist Einstellungssache»<br />

des Schulärztlichen Dienstes der<br />

Stadt Zürich. Und noch ein Hinweis:<br />

Eine gute Körperhaltung entwickelt<br />

sich ausschliesslich durch ausreichend<br />

Bewegung: Kampfsportarten,<br />

Schwimmen, aber auch Klettern,<br />

beispielsweise an Spielgeräten für<br />

ältere Kinder, fördern die Rumpfstabilität<br />

und damit eine gute Körperhaltung.<br />

Sollte ich den Biorhythmus meines Kindes<br />

umstellen, wenn es in die <strong>Schule</strong><br />

kommt?<br />

Wichtig ist, den Schlafbedarf seines<br />

Kindes zu kennen. Ausgeschlafen ist<br />

ein Kind, wenn es nach dem Aufwachen<br />

fit und ausgeruht wirkt. Angenommen,<br />

dies war bisher um 7 Uhr<br />

morgens der Fall, nach dem Schulstart<br />

wird der Wecker aber zukünftig<br />

um 6.30 Uhr klingeln: Dann empfiehlt<br />

es sich, abends diese halbe<br />

Stunde früher ins Bett zu gehen –<br />

und damit bereits zwei Wochen vor<br />

dem ersten Schultag zu beginnen. So<br />

lange braucht der Biorhythmus etwa,<br />

um sich umzustellen.<br />

Zur Person<br />

Andrea-Seraina Bauschatz, Dr. med, ist<br />

Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin<br />

sowie Leiterin des Schulärztlichen<br />

Dienstes der Stadt Zürich.<br />

52 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Kolumne<br />

Die grosse Reise<br />

Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />

Michèle Binswanger<br />

ist Journalistin, Buchautorin und<br />

Mutter zweier Kinder und lebt in Basel.<br />

Die studierte Philosophin schreibt<br />

regelmässig für das Schweizer<br />

ElternMagazin Fritz+Fränzi.<br />

Und dann ist er plötzlich da, der grosse Tag: Der Thek ist<br />

gepackt, das Znünibrot gestrichen, das Kind mit einer<br />

Extraportion guter Laune und Zuversicht vorbereitet auf<br />

diesen grossen Schritt. Auf dem Weg zur <strong>Schule</strong> habe<br />

ich die vielen kleinen Schrittchen der Tochter an der<br />

Hand gezählt, denn sie muss ja diesen Weg bald alleine gehen. Um Stück<br />

für Stück zu lernen, noch ganz andere Wege alleine zu gehen. Bis sie<br />

einmal ganz auf eigenen Beinen wird stehen können.<br />

Aber jetzt noch nicht. Ich stehe inmitten der anderen Eltern auf<br />

dem Schulplatz, und ich denke: Lag ich nicht eben noch in den Wehen,<br />

warf meine Kleine nicht eben noch Randenbrei durch die Küche?<br />

Und jetzt ist sie bereits ein Schulkind, und morgen wird sie ausziehen.<br />

Gegenüber haben sich die Kleinen bereits um die Klassenlehrerin<br />

versammelt, einige kennen sich bereits vom Kindergarten, die meisten<br />

aber sind sich noch fremd und harren der Dinge, die da kommen<br />

werden. Die älteren Mitschüler, die alten Hasen, singen ein<br />

Willkommenslied. Man veranstaltet ein Seilziehen. Alle sind freundlich,<br />

fröhlich. Nur die Neuen stehen bei der Lehrerin und werfen ab und an<br />

einen Blick zu ihren Müttern und Vätern wie Passagiere an der<br />

Reling eines auslaufenden Dampfers. Und wir Eltern stehen am Pier,<br />

lächeln, winken und verdrücken vielleicht eine Träne. Die Kleinen<br />

wissen es nicht, aber wir schon. Wir schicken sie tatsächlich auf eine<br />

Reise weg von uns. Hinein in die Gesellschaft, deren Teil sie irgendwann<br />

sein werden.<br />

Später erzählte mir die Tochter von diesem ersten Schultag. Von der<br />

Aufregung und Neugier und Angst. Und wie alle Schüler in einer Traube<br />

ganz dicht an der Lehrerin dranblieben, auch in der Pause, weil sie nicht<br />

wussten, dass Pause Freiheit bedeutet. Nur die ganz Mutigen wagten<br />

es, sich ein paar Schritte von der Traube zu entfernen. Bis am Schluss<br />

nur noch die ganz Ängstlichen bei der Lehrerin standen.<br />

Ja, auch Freiheit will gelernt sein, und das ist nicht immer einfach.<br />

Kinder sind manchmal brutal, die Gesellschaft folgt ihren eigenen<br />

Regeln, und am Schluss muss jeder allein herausfinden, wie sich darin zu<br />

behaupten. Alleine seine Erfahrungen machen, alleine lernen, wie<br />

Frustration, Ungerechtigkeit, Hackordnungen, Langeweile zu bewältigen<br />

sind. Unseren eigenen Weg gehen, herausfinden, wer wir sind und<br />

werden wollen, werden können. Aber auch Freunde finden, Interessen,<br />

Gemeinsamkeiten.<br />

«Wir werden alleine geboren, leben alleine, sterben alleine», schrieb<br />

Orson Welles – und wird seither gern zitiert, wenn es um die Conditio<br />

humana geht. Aber so etwas kann nur jemand schreiben, der nie ein<br />

Kind geboren hat. Natürlich fühlen wir uns manchmal alleine, aber nur<br />

Mutterliebe, Zuwendung und Gemeinschaft machen uns zu Menschen.<br />

Und wie Gemeinschaft ausserhalb der Familie geht, das lernen wir unter<br />

anderem in der <strong>Schule</strong>. Es ist eine grosse Reise, zu der die Tochter da<br />

aufbricht. Aber ich weiss, sie wird es schaffen.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>53


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Wie ich als Mutter lernte,<br />

die <strong>Schule</strong> zu meistern<br />

Und plötzlich drängt sich in die Liebesbeziehung zwischen Eltern und Kind ein grosser Rivale: die <strong>Schule</strong>.<br />

Unsere Autorin über Elternabende auf Kinderstühlen, nervöse Mütter und überforderte Väter.<br />

Eine Polemik. Text: Claudia Landolt<br />

Endlich Freitag. Der letzte Schultag vor den<br />

Ferien. Zu Ende gehen ereignisreiche Monate,<br />

prall gefüllt mit schulischen Aktivitäten:<br />

Elternabende, Räbeliechtli-Umzug, Lesenacht,<br />

Advents-und Singkonzerte sowie<br />

Elternsprechstunde, Einschulungs- und Übertrittsgespräche<br />

reihten sich quasi nahtlos aneinander. Man<br />

ahnt: Die wahre Herausforderung des Elterndaseins<br />

liegt nicht in der Vereinbarkeit von Karriere Schrägstrich<br />

Kind, sondern in der <strong>Schule</strong>.<br />

Solange der Steigerungslauf durchs Schulsystem noch<br />

nicht begonnen hat, ist das Elternleben vergleichsweise<br />

leicht. Es erschöpft sich in nächtlichen Weckrufen, entzückenden<br />

Spielzeughalden in der ganzen Wohnung<br />

und einer natürlichen Abneigung des Kindes gegen<br />

wetteradäquate Kleidung. Kaum stolpert der Nachwuchs<br />

aber auf die Schulbühne, geht es los mit den neuen<br />

Konfrontationsebenen. Statt des schützenden Nebels<br />

einer oder zweier Bezugspersonen gibt es plötzlich<br />

Unmengen davon: Lehrer, Assistenzlehrer, Heilpädagogen,<br />

Sozialarbeiter und Schulleiter. Universen, von<br />

deren Existenz das Kind nicht einmal ahnte.<br />

Elternabend auf Kinderstühlchen<br />

Noch umwälzender ist es für die Eltern. Plötzlich drängt<br />

sich in die Liebesbeziehung zwischen Eltern und Kind<br />

ein grosser Rivale: die <strong>Schule</strong>. Mein ältester Sohn kam<br />

Aus purem Enthusiasmus liess<br />

ich mich zur Elternvertreterin<br />

wählen – eine muss es ja machen.<br />

vor sieben Jahren in die erste Klasse. Der Elternabend<br />

war ein grosses Ereignis. Aus purem Enthusiasmus habe<br />

ich mich dort zur Elternvertreterin wählen lassen, mit<br />

dem üblichen, von Eitelkeit nicht ganz freien Seufzer:<br />

Irgendeine muss es ja machen. Kraft meines Amtes habe<br />

ich unzählige Elternabende miterlebt. Einer ist mir<br />

besonders in Erinnerung geblieben. Ein Vater beklagte<br />

sich sehr: Meinem Kind ist der Schulweg nicht zuzumuten.<br />

Die Strasse! Die Lastwagen! Und was, wenn es regnet?<br />

Der Gedanke, dass zwölf Minuten unbeaufsichtigter<br />

Heimweg für ein Kind auch Freiheit bedeuten kann,<br />

war in weiter Ferne. Da, auf den unbequemen Kinderstühlchen,<br />

die viel zu langen Beine irgendwo mühsam<br />

verstaut, zweifelte ich das erste Mal: Muss es tatsächlich<br />

irgendeine machen?<br />

Auch der nächste Elternabend, dieses Mal ging es um<br />

die Einschulung, entsprach so ganz und gar nicht dem,<br />

was wir Mütter und Väter erwarteten und vielleicht von<br />

der Krippe oder Kita her kannten. Ohne Umschweife<br />

erzählte die Lehrperson in einer Art Tribunalszene, was<br />

sie von Disziplin hält (sehr viel), welcher Stoff zu bewältigen<br />

sei (Lesen bis Weihnachten dank Peter und Susi),<br />

wer die Kinder sonst noch unterrichtet (Heilpädagogin,<br />

Werklehrerin, Musiklehrerin, Computerlehrerin) und<br />

welche Art von Papieren (unzählige) es in der nächsten<br />

Zeit auszufüllen gebe.<br />

Noten für eine Papierfigur<br />

Spätestens da wurde uns allen klar, wie hoffnungslos<br />

passé das Schulmodell unserer Jugend heute ist. Als das<br />

Wort Promotionsordnung fiel und uns erklärt wurde,<br />

dass auch Vorsingen ebenso wie die Art und Weise, wie<br />

der Rand der Papierfigur ausgeschnitten werde, benotet<br />

würden, erwog meine Sitznachbarin die Schnapp- >>><br />

54 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Bild: Sophie Stieger / 13 Photo<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>55


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

>>> atmung. Ein Vater schrieb bereits die zweite Seite<br />

seines Notizbuchs voll, Schweissperlen auf der Nase.<br />

Ich rutschte auf dem Stuhl herum wie eine driftende<br />

Kontinentalplatte.<br />

Dabei kamen Stundenplan, Ersatzstunden-, Notfallstunden-<br />

sowie Nachholstundenplan noch gar nicht zur<br />

Sprache. Ganz zu schweigen vom Mithelfen beim<br />

Schlittschuhbinden oder der Art und Weise, wie man<br />

den Geburtstagskuchen mitzubringen habe (portioniert,<br />

mit Servietten). Schweigen breitete sich aus. Das<br />

erwartete Sperrfeuer der Detailfragen blieb aus. Viel zu<br />

perplex waren wir Mamas und Papas, die wir uns doch<br />

in den vergangenen zwei Kindergartenjahren eifrig im<br />

Loslassen geübt hatten. Und nun dieser geballte Haufen<br />

an Information. Ungepolstert. Was passiert da mit unseren<br />

Prinzen und Prinzessinnen?<br />

Die Macht zurückerobern<br />

Die kommenden Wochen machten es klar. Denn in der<br />

<strong>Schule</strong> ist jedes Kind, selbst der folgsamste Prinz und<br />

die hübscheste Prinzessin, nur eines unter vielen. Gleiche<br />

Rechte und gleiche Pflichten gelten hier. Über Nacht<br />

werden aus kleinen Wunschkindern kleine Schulbürger.<br />

Gut möglich, dass die Lehrperson sogar ein anderes<br />

Kind dem eigenen vorzieht, und unweigerlich kommt<br />

der Tag, an dem das Kind eine Verbesserung zum zweiten<br />

Mal abschreiben oder drei Seiten Rechenaufgaben<br />

bewältigen muss, ob es nun darauf Lust hat oder nicht.<br />

Mit Sicherheit kommt auch der Moment, wo es wegen<br />

einer Dummheit nachsitzen muss oder sanktioniert<br />

wird. Dieser Gedanke ist unangenehm. Manche Eltern<br />

schäumen dann vor Empörung und tragen ihren verletzten<br />

Stolz in eine E-Mail, ein Gespräch. Noch mehr<br />

Nervosität grassiert nur noch in der fünften und sechsten<br />

Klasse, wenn die spielerische Leichtigkeit der Unterstufe<br />

abklingt und es darum geht, den Übertritt in die<br />

nächste Stufe durchzusetzen. Will man da wirklich dabei<br />

sein?<br />

Andererseits gibt es da auch die Gruppe der Eltern,<br />

die sich sofort mit dem gesamten Lehrkörper solidarisieren,<br />

zu jedem erdenklichen Anlass Selbstgebackenes<br />

beisteuern, ein Zusatzheft mit fakultativen Hausaufgaben<br />

einfordern oder nach den Schulanlässen noch freiwillig<br />

den Boden wischen. Noch ratloser aber stimmt<br />

mich auch nach vielen Jahren jene Spezies, die soziales<br />

Lernen als Unfug betrachtet und sich täglich alle Missetaten<br />

der anderen Kinder berichten lässt.<br />

Die Dinge, die meine Früchtchen heimlich taten und<br />

tun, gehen mich mit ganz wenigen Ausnahmen nichts<br />

an, denn: Hat nicht auch jedes Kind das Recht auf ein<br />

bisschen unstrukturiertes Eigenleben und Geheimnisse?<br />

Wollen wir wirklich alles wissen, was sie täglich treiben?<br />

Sind Kontrolle und allumfassender Schutz wirklich<br />

kindgerecht? Die Helikopter-Eltern sagen: Ja. Lautstark<br />

Ich rutsche auf dem Stuhl<br />

herum wie eine driftende<br />

Kontinentalplatte.<br />

beklagen sie sich am eigens einberufenen <strong>Spezial</strong>elternabend,<br />

bei den Nachbarn und in hartnäckigen Fällen<br />

sogar persönlich, dass der Tochter ein – nur ein! –<br />

Handschuh versteckt oder der Sohn auf dem Nachhauseweg<br />

mit Kirschsteinen beworfen worden sei – sogar<br />

zweimal!<br />

Schlichten ist nicht nötig<br />

Auch das ist <strong>Schule</strong>: Zoff auf dem Pausenplatz. Ein Tummelfeld<br />

zwischen Adoration und Aggression. Wo man<br />

auch als Zehnjähriger noch prima Verstecken spielen<br />

kann und die Pausencracker kollektiv zerbröselt. Ein<br />

Ort aber auch, an dem man sich aus niedrigen Beweggründen<br />

voll krass konkrete Beschimpfungen an den<br />

Hals wünscht, eine Rauferei vom Zaun bricht oder im<br />

Fussballspiel einen sauberen Beinsteller riskiert. Empörte<br />

und atemlose Gemüter, manchmal auch körperliche<br />

Schrammen gilt es dann am Familientisch zu besänftigen<br />

und einige Dutzend vermisste Gegenstände neu anzuschaffen.<br />

Ja, auch meinem Kind wurde schon die Mütze<br />

in den Bach geworfen, eins an den Kopf gehauen und<br />

die Brille verbogen. Der Höhepunkt war ein zuoberst<br />

auf dem Index stehendes Schimpfwort, das ein eifersüchtiger<br />

Klassenkamerad meinem Erstklässler zurief<br />

(und das eigentlich mir galt). Dieser war so irritiert<br />

darüber, dass er sogar vergass, beim Mittagessen den<br />

Brokkoli auf dem Teller zu ignorieren. Unschöne<br />

Geduldsproben, gewiss, doch trotzdem bin ich zum<br />

Schluss gelangt: Nein, man muss tatsächlich nicht über<br />

alles reden. Ein Schulkind zu haben, bedeutet eben nicht,<br />

die individuellen erzieherischen Ideale in einer Art<br />

Grundsatzdebatte bei jeder Gelegenheit unaufgefordert<br />

zu artikulieren.<br />

Die Petzerei ihres Kindes zu belohnen, indem die<br />

Eltern ein anderes beschimpfen, obwohl sie nicht einmal<br />

dabei waren, dient letztlich nur der Ich-Bezogenheit,<br />

nicht aber dem Kind.<br />

Gibt es Streit, wird er ausgetragen. Punkt. Ein Kind<br />

siegt oder es erlebt eine Niederlage, ohne dass Erwachsene<br />

gleich mit Blaulicht und Sirene herbeieilen müssen.<br />

<strong>Schule</strong> ist Bildung, keine Dienstleistung. Das ist zwar<br />

den Lehrpersonen klar, aber leider nicht allen Eltern.<br />

Nach sicher 25 durchgestandenen, mehrheitlich launigen<br />

und friedvollen Elternabenden wuchs in mir die<br />

Erkenntnis, dass die Gefühle, die Eltern eines frischge-<br />

56 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


ackenen Schulkindes überkommen, auf einem unschönen<br />

Sentiment basieren: der Eifersucht. Denn mit dem<br />

<strong>Schule</strong>intritt ergreift eine neue Kraft Besitz von diesem<br />

(meinem) Kind und wird es prägen. Die Lehrpersonen<br />

tun dem Kind Gutes, auch wenn sie es niemals so lieben<br />

werden wie die eigenen Eltern und obwohl sie versuchen,<br />

alle Kinder der Klasse gleich zu behandeln. Das<br />

ist scheinbar leicht zu begreifen, emotional aber bleibt<br />

es schwierig. Deshalb werden viele Eltern immer misstrauisch<br />

sein. Doch sollte die elterliche Energie nicht<br />

lieber der Überlegung zufallen, wie man sich in der<br />

Diskussion um eine verbesserte Qualität bei Bildung<br />

und Erziehung einbringen könnte? Sich aus Kinderstreitigkeiten<br />

raushalten: ja! Das bedeutet eben nicht, sich<br />

aus der <strong>Schule</strong> rauszuhalten. Sondern neugierig zu sein<br />

und Anteil zu nehmen an dem, was das Kind ausser<br />

Haus erlebt. Denn es ist auch gut, wenn die <strong>Schule</strong> etwas<br />

von den Kindern fordert. Und sie ist auch Spass. Museumsbesuche,<br />

Realien expeditionen, Universitätsausflüge,<br />

Wanderungen, Theateraufführungen, Schulfeste mit<br />

Geisterbahn: Von vielem konnte ich in meiner Schulzeit<br />

nur träumen, aber selbst ich tat viele interessante Dinge.<br />

Also sollten Empörungsschreie in Gelassenheit umgelenkt<br />

werden oder zumindest jenen unterbehüteten<br />

Kindern zugutekommen, die an den Besuchstagen stets<br />

unbesucht bleiben. Oder jenem Kind, das immer zu spät<br />

und ohne Frühstück zum Unterricht kommt und Ausflüge<br />

verpasst, weil es morgens niemand weckt.


Erziehung & <strong>Schule</strong><br />

Bild: Herbert Zimmermann / 13 Photo<br />

Und jedem Anfang wohnt<br />

ein Zauber inne …<br />

Eine Mischung aus Freude und Unsicherheit, Stolz und Selbstzweifeln – und eine üppige<br />

Cremeschnitte zur Belohnung: Auch Lehrpersonen haben Respekt vor dem ersten Schultag.<br />

Eine erfahrene Pädagogin erinnert sich an ihre erste Klasse. Text: Ursi Steiner<br />

58 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Zwei Stunden vor Schulbeginn<br />

stehe ich im<br />

Schulzimmer, kontrolliere<br />

unwichtige Dinge,<br />

rücke penibel platzierte<br />

Unterlagen und akkurate Bücherbeigen<br />

noch genauer vor mich hin.<br />

Ich präge mir zu den Vornamen der<br />

erwarteten Kinder die passenden<br />

Nachnamen ein, räuspere mich zum<br />

zwanzigsten Mal. Dann gestehe ich<br />

mir ein: Ich bin nervös, ja sogar<br />

supernervös.<br />

Dieses Gefühl, eine Mischung aus<br />

Freude und Unsicherheit, Stolz und<br />

Selbstzweifeln, belastet mich körperlich<br />

dermassen, dass ich mir<br />

bereits am frühen Morgen mein<br />

Mittagessen vorstelle. Mindestens<br />

dreigängig soll es sein, mit einer<br />

Cremeschnitte zum Dessert, ohne<br />

Rücksicht auf die Kalorienzahl.<br />

Im Gang lachen und schwatzen<br />

andere Lehrpersonen miteinander,<br />

erzählen von Ferien, laut, fröhlich.<br />

Für mich, die Neue, etwas zu laut<br />

und definitiv zu fröhlich.<br />

Gespannte Erwartungen<br />

Endlich ist es so weit: Die Kinder<br />

kommen. Einige scheu und zögerlich,<br />

andere selbstbewusst und neugierig.<br />

Eltern stellen sich vor, kommen<br />

mit ins Schulzimmer, nehmen<br />

einen Augenschein, nicht nur vom<br />

Schulzimmer, sondern auch von der<br />

Lehrerin. Plätze werden gesucht,<br />

Schultaschen ausgepackt, Etuis und<br />

Farbschachteln wie Trophäen auf<br />

Pulten platziert. Summende Emsigkeit,<br />

Nervosität und unbändige Energie<br />

sind im ganzen Zimmer zu spüren.<br />

Eltern auf die Kinderstühle<br />

Ich verschaffe mir Gehör, bitte die<br />

Kinder nach vorne in den Klassenkreis<br />

und biete den Eltern die kindgerechten<br />

Schülerstühle als Sitzgelegenheit<br />

in der zweiten Reihe an. Da<br />

sitzen sie nun, «meine» 22 Erstklässlerinnen<br />

und Erstklässler. 22 junge<br />

Augenpaare. Erwartungsvoll, neugierig,<br />

wach. Und im Stuhlkreis,<br />

etwas zurückversetzt, mindestens 22<br />

weitere, ältere Augenpaare, nicht<br />

minder erwartungsvoll, neugierig<br />

und wach.<br />

Ich räuspere mich und stelle meine<br />

erste Frage: «Wer von euch hat<br />

denn in der letzten Nacht nicht so<br />

gut geschlafen?» Einige Finger<br />

schnellen hoch, wissendes Schmunzeln<br />

in der zweiten Reihe. Der<br />

Gedanke, als Lehrerin musst du<br />

authentisch, also ehrlich sein, lässt<br />

mich langsam auch meine Hand<br />

heben. Und plötzlich sind da viele<br />

Hände, wohlwollendes Lächeln in<br />

der zweiten Reihe, und die Spannung<br />

löst sich im spontanen, erlösenden<br />

Lachen aller. Es ging uns<br />

allen gleich.<br />

Gemeinsame Ängste<br />

Das war sie, unsere erste Gemeinsamkeit.<br />

Und somit war die Verbindung<br />

hergestellt, aus der eine Bindung,<br />

eine Beziehung wachsen<br />

können würde. Die Angst vor dem<br />

Neuen, dem Unbekannten hatte ein<br />

Gesicht und einen Namen, oder in<br />

meinem Fall viele Gesichter, viele<br />

Namen bekommen. Sie verlor schlagartig<br />

alle Bedrohlichkeit, als die ausgestandenen<br />

Ängste und Gedanken<br />

im Kreis erzählt und ausgetauscht<br />

wurden. Meine 22 Schülerinnen und<br />

Schüler verstanden mich und ich<br />

verstand sie. Und plötzlich war da in<br />

meinem Bauch ein ganz anderes<br />

«Als Lehrerin musst du<br />

vor allem eines: authentisch,<br />

also ehrlich sein.»<br />

Gefühl: wohlige Wärme, Vorfreude,<br />

Energie und Stolz. Vielleicht sollte<br />

ich heute doch auf die Cremeschnitte<br />

verzichten, allein schon wegen der<br />

Kalorienzahl.<br />

Aller Erfahrung zum Trotz<br />

Heute, 30 Jahre später, kann ich diesen<br />

allerersten Tag als Klassenlehrerin<br />

noch ganz genau in meinem<br />

Gedächtnis abrufen. Ich erinnere<br />

mich an die Gesichter und sogar an<br />

die meisten Namen meiner damaligen<br />

Schülerinnen und Schüler. Doch<br />

der unruhige Schlaf in der Nacht vor<br />

dem ersten Schultag, der Gefühlswirrwarr<br />

und die Nervosität, all das<br />

begleitet mich trotz jahrelanger<br />

Erfahrung immer wieder. Zuverlässig<br />

meldet es sich zurück, wenn ich<br />

vor meiner neuen Klasse stehe. Was<br />

sich geändert hat? In den letzten<br />

dreissig Jahren einzig die Gedanken<br />

an die Cremeschnitte als Belohnung.<br />

Die verkneife ich mir mittlerweile.<br />

Ursi Steiner<br />

ist Primarschullehrerin,<br />

Kommunikationsexpertin sowie Autorin.<br />

Die Mutter zweier erwachsener Kinder<br />

lebt in Hünenberg See im Kanton Zug.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>59


Digital & Medial<br />

«Für die Erziehung sind<br />

die Eltern zuständig»<br />

Schulstoff wird heute nicht mehr nur aus Büchern und an der Tafel<br />

vermittelt – sondern auch am PC und mit dem Smartphone. Was Eltern in<br />

Sachen Medienbildung von der <strong>Schule</strong> erwarten dürfen. Interview: Bianca Fritz<br />

Frau Signer, kommt ein Kind in der Primarschule<br />

automatisch mit Computer<br />

und Internet in Berührung?<br />

Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Zwar<br />

ist die Medienbildung in der Primarschule<br />

noch nicht obligatorisch, aber<br />

seit 1998 empfohlen, und sehr viele<br />

<strong>Schule</strong>n halten sich daran. Im Lehrplan<br />

21, der nach und nach von den<br />

Kantonen eingeführt wird, sind<br />

Medienbildung und Informatik<br />

dann fächerübergreifend Pflicht.<br />

Und wie werden die Kinder in Sachen<br />

Medien gebildet?<br />

Die Medien werden einerseits als<br />

Hilfsmittel eingesetzt – man schaut<br />

zum Beispiel einen Film oder fotografiert<br />

und stellt eine Präsentation<br />

zu einem bestimmten Thema zusammen.<br />

Andererseits wird die Mediennutzung,<br />

ihre Chancen und Risiken,<br />

auch selbst thematisiert – man<br />

spricht zum Beispiel über Werbung<br />

und ihre Wirkung. Ausserdem lernen<br />

die Schülerinnen und Schüler<br />

Grundlagen der Technik und wie<br />

diese funktioniert.<br />

Und was, wenn Eltern ihr Kind, wie es<br />

manche Medienkritiker empfehlen, bis<br />

zum zwölften Lebensjahr vom Computer<br />

fernhalten wollen?<br />

Im Grunde kann man da recht wenig<br />

machen – Medienbildung gehört<br />

nun einmal zu den Kompetenzen,<br />

die die <strong>Schule</strong> vermitteln soll, und<br />

das geht nicht ohne Einsatz von<br />

Medien. Diese sind normales Unterrichtsmaterial.<br />

Kritische Stimmen<br />

gibt es natürlich immer. Die gab es<br />

auch gegen Bücher, zum Beispiel als<br />

sich eine Reihe junger Männer nach<br />

der Lektüre von Goethes Werther<br />

umgebracht hatte. Aber ich habe<br />

noch nie gehört, dass sich Eltern der<br />

digitalen Entwicklung komplett verweigert<br />

hätten.<br />

Inwieweit können Eltern denn von der<br />

<strong>Schule</strong> auch Unterstützung in Sachen<br />

Medienerziehung erwarten?<br />

Ich würde sagen: Die <strong>Schule</strong> ist für<br />

die Medienbildung zuständig. Aufgabe<br />

der Lehrpersonen ist es, die<br />

Medienkompetenz der Kinder zu<br />

fördern und ihnen einen kritischen<br />

Umgang mit den Medien beizubringen.<br />

Medienerziehung ist aber Sache<br />

der Eltern – also zum Beispiel die<br />

Frage, wie häufig und wann ein Gerät<br />

genutzt werden darf. Und dann gibt<br />

es natürlich noch Felder, wo Eltern<br />

und Lehrpersonen in Dialog treten<br />

müssen: zum Beispiel, wenn das<br />

Kind in der <strong>Schule</strong> müde ist, weil es<br />

nachts zu lange am Handy hing.<br />

Ab wann braucht das Kind einen<br />

eigenen PC für die Hausaufgaben?<br />

Das hängt ein bisschen von der <strong>Schule</strong><br />

ab – aber in den meisten Familien<br />

wird es wohl so sein, dass dieses<br />

Bedürfnis nicht von der <strong>Schule</strong> aus-<br />

geht, sondern dass das Kind sich<br />

irgendwann selbst ein eigenes Gerät<br />

wünscht. Für die <strong>Schule</strong> reicht im<br />

Normalfall das Familiengerät – und<br />

das ist in fast allen Schweizer Haushalten<br />

vorhanden.<br />

Mit Internetzugang?<br />

Ja. Aber hier gilt natürlich besonders<br />

am Anfang: Begleiten Sie Ihr Kind.<br />

Geben Sie klar die Regeln vor, was<br />

es am PC machen darf, welche Funktionen<br />

es nutzen darf und wie lange.<br />

Manche Eltern haben damit Mühe,<br />

da sie noch keine Vorstellung davon<br />

haben, was mit PC, Tablet und<br />

Smartphone alles möglich ist. Es<br />

braucht aber keine spezielle Fortbildung<br />

für Eltern oder Ähnliches – nur<br />

ehrliches Interesse an dem, was das<br />

Kind macht.<br />

Zur Person<br />

Sara Signer ist an der Pädagogischen Hochschule<br />

Zürich zuständig für die Medienbildung angehender<br />

Lehrpersonen. Zudem arbeitet sie in der Kinder- und<br />

Jugendmedien forschung und an der Entwicklung<br />

von digitalen Lernsystemen für den Unterricht,<br />

www.ifdl.ch. Sie hat eine viereinhalbjährige Tochter.<br />

60 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


5 Fragen und Antworten zum<br />

Mediengebrauch Text: Bianca Fritz<br />

Ab wann darf mein Kind ein<br />

Smartphone haben?<br />

Die meisten Medienpädagogen raten<br />

dazu, dass das eigene Smartphone<br />

erst mit dem Übergang von der<br />

Primarstufe in die höhere <strong>Schule</strong> in<br />

den Besitz von Kindern gehört.<br />

Einfach weil ein Smartphone kein<br />

Handy ist, sondern ein Computer<br />

mit Internetzugang. Und weil sich<br />

mit dem Smartphone die Mediennutzung<br />

der Kinder der elterlichen<br />

Kontrolle entzieht.<br />

Wie viel Zeit darf mein Kind vor<br />

Bildschirmen verbringen?<br />

Solange Ihr Kind viel Zeit mit anderen<br />

Aktivitäten verbringt, Freunde<br />

trifft, Sport treibt und Hausaufgaben<br />

erledigt, schadet die Game-Session<br />

am Nachmittag nicht. Auch kurzzeitige<br />

exzessive Nutzungsphasen<br />

gehören heute fast zur Entwicklung.<br />

Es gibt aber Richtwerte, an denen<br />

sich Eltern orientieren können, entwickelt<br />

von Medien psychologen der<br />

Zürcher Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften (ZHAW): kein<br />

Bildschirmkonsum unter 3 Jahren,<br />

bis zu 5 Jahren maximal 30 Minuten<br />

pro Tag und begleitet von Erwachsenen,<br />

bis 9 Jahre nicht mehr als<br />

5 Stunden in der Woche, für die 10-<br />

bis 12-Jährigen maximal 10 Stunden<br />

pro Woche. Bedenklich wird der<br />

Kon sum bei Jugendlichen ab 20<br />

Stunden pro Woche.<br />

Ab wann darf mein Kind einen eigenen<br />

PC haben?<br />

Das kommt darauf an, was auf dem<br />

PC installiert ist. Denn im PC stecken<br />

– ähnlich wie im Smartphone –<br />

potenziell viele Medien auf einmal.<br />

Auch hier hilft eine Faust regel der<br />

ZHAW und des nationalen Programms<br />

«Jugend und Medien»: kein<br />

TV unter 3 Jahren, keine eigene<br />

Spielkonsole unter 6, kein Internet<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

unter 9, keine sozialen Netzwerke<br />

und kein unbegleitetes Surfen unter<br />

12 Jahren. Kurz: «3-6-9-12».<br />

Welchen Sinn haben Internetfilter für<br />

den PC oder das Handy?<br />

Filter können eine wichtige Ergänzung<br />

sein. Sie verhindern bis zu<br />

einem gewissen Grad, dass das Kind<br />

versehentlich auf pornografische<br />

oder gewaltverherrlichende Inhalte<br />

stösst. Filter können aber nicht verhindern,<br />

dass das Kind diese Dinge<br />

bewusst sucht und dafür öffentliche<br />

WLAN-Verbindungen und andere<br />

Geräte nutzt. Ausserdem lassen sich<br />

alle Filter auch ausschalten – die<br />

Anleitungen dafür finden sich auf<br />

Youtube. Daher ersetzen Filter in<br />

keiner Weise Gespräche und das<br />

Vertrauen zwischen Eltern und Kindern.<br />

Sagen Sie Ihrem Kind also,<br />

warum Sie einen Filter installieren.<br />

Und bitten Sie es, zu Ihnen zu kommen,<br />

wenn es auf etwas stösst, was<br />

ihm seltsam vorkommt.<br />

Ich möchte mit meinem Kind über<br />

Mediennutzung sprechen. Wie führt<br />

man ein solches Gespräch?<br />

Bringen Sie Ihrem Kind bei, in entspannter<br />

Atmosphäre ganz selbstverständlich<br />

über Mediennutzung<br />

zu sprechen – in Form eines echten<br />

Dialogs. Erzählen Sie von Ihren eigenen<br />

Erlebnissen. Vielleicht davon,<br />

wie Sie nach einem Gruselfilm nicht<br />

mehr schlafen konnten. So lernt Ihr<br />

Kind, dass Medienerfahrungen ein<br />

Thema sind, das es nicht allein mit<br />

sich ausmachen muss. Regeln zur<br />

Mediennutzung sollten gemeinsam<br />

ausgehandelt werden – und zwar<br />

noch bevor ein neues Gerät ins<br />

Haus kommt. Ein tolles Tool mit<br />

guten Anregungen für Kinder- und<br />

Elternregeln findet man unter<br />

www.mediennutzungsvertrag.de.<br />

Frühjahr <strong>2017</strong><br />

5 Leitlinien für die<br />

Medienerziehung<br />

• Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber,<br />

was es mit den Medien macht.<br />

Zeigen Sie ehrliches Interesse und<br />

lernen Sie selbst etwas dabei.<br />

• Überprüfen Sie Ihre eigene<br />

Mediennutzung. Sind Sie ein gutes<br />

Vorbild für Ihre Kinder?<br />

• Bieten Sie Alternativen. Denn warum<br />

sollte Ihr Kind nicht am Handy hängen,<br />

wenn sonst nichts los ist?<br />

• Legen Sie gemeinsam mit dem Kind<br />

Regeln für die Mediennutzung fest –<br />

und beachten Sie dabei auch die<br />

Altersfreigaben für Filme, soziale<br />

Netzwerke, Apps und Games.<br />

• Informieren Sie sich über die Risiken<br />

und weisen Sie Ihr Kind auf diese hin.<br />

Links<br />

• www.jugendundmedien.ch<br />

Nationales Programm zur Förderung<br />

von Medienkompetenz, umfangreiche<br />

Datenbank mit Workshops und<br />

Beratungsprogrammen, Download von<br />

Broschüren und Studienergebnissen<br />

• www.swisscom.ch/medienstark<br />

Medien nutzung an Beispielfamilien<br />

erklärt<br />

• www.mediennutzungsvertrag.de<br />

Hilfreiches Tool zum Zusammenstellen<br />

von Familienregeln in Sachen<br />

Mediennutzung<br />

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www.kinderkoenig.ch


<strong>Schule</strong> & Erziehung<br />

8 knackige Hausaufgaben-Tipps für Eltern<br />

In den ersten Monaten geht es für Ihr Kind darum, das System <strong>Schule</strong> kennenzulernen. Leistung steht<br />

nicht im Fordergrund. Irgdnwann kommen sie aber, die Hausaufgaben. Und mit ihnen manchmal<br />

auch der Frust. Das muss nicht sein. Wie Eltern ihre Kinder unterstützen können. Text: Fabian Grolimund<br />

1. Erinnern Sie Ihr Kind maximal ein einziges Mal an<br />

die Hausaufgaben<br />

Manche Eltern liegen ihren Kindern alle 20 Minuten<br />

mit den Hausaufgaben in den Ohren: «Was musst du<br />

heute alles für die <strong>Schule</strong> machen? Wann machst du<br />

es? Müsstest du nicht langsam mal anfangen?» Das<br />

nervt. Eine klare Abmachung wie «Vor dem Abendessen<br />

sind die Hausaufgaben erledigt» und die einmalige Erinnerung<br />

«Jetzt ist der letzte Moment, um anzufangen» um<br />

17.30 Uhr genügen vollauf und bringen Entspannung.<br />

2. Lassen Sie die Verantwortung beim Kind<br />

Das Kind macht die Hausaufgaben für die <strong>Schule</strong> oder –<br />

man darf ja träumen – für sich selbst. Das Kind mit unerledigten<br />

Hausaufgaben in die <strong>Schule</strong> gehen zu lassen ist oft<br />

heilsamer als ständiger Streit. Falls Sie befürchten, das Kind<br />

schreibe die Aufgaben morgens ab, können Sie eine Notiz<br />

für die Lehrperson im Hausaufgabenheft hinterlassen. Falls<br />

es einen Zeugniseintrag bei der Fleissnote gibt: Nutzen Sie<br />

dies für ein ernstes Gespräch – und machen Sie sich nicht<br />

gleich Sorgen, dass Ihr Kind wegen dieses Eintrags in der<br />

4. Klasse später keinen Job findet.<br />

3. Helfen Sie nur, wenn Ihre Hilfe angenommen wird<br />

Hausaufgaben-Diskussionen bringen nichts! Dafür die<br />

Regel: «Ich helfe dir nur, wenn du meine Hilfe annimmst.»<br />

Wenn das Kind anfängt zu nörgeln, sagen Sie: «Jetzt wird<br />

es unproduktiv. Ich gehe abwaschen. Ruf mich, wenn du<br />

weiterarbeiten möchtest», und gehen. Sie glauben gar<br />

nicht, wie viele Kinder einen Schritt auf die Hausaufgaben<br />

zu machen, wenn man dafür genügend Platz lässt.<br />

4. Lassen Sie das Kind neben sich arbeiten<br />

Viele Kinder könnten durchaus selbständig arbeiten,<br />

geniessen aber die Zeit und die Aufmerksamkeit der Eltern.<br />

Die Lösung: Lassen Sie Ihr Kind neben sich arbeiten unter<br />

der Bedingung, dass es Sie nicht ständig unterbricht.<br />

Arbeiten Sie an etwas Wichtigem und sagen Sie zum Kind:<br />

«Wenn du mich 15 Minuten in Ruhe arbeiten lässt, darfst du<br />

die Hausaufgaben neben mir erledigen.»<br />

5. Ermutigen Sie Ihr Kind zu mehr Selbständigkeit<br />

Planen Sie mit Ihrem Kind die Hausaufgaben. Fragen Sie,<br />

was es am einfachsten und was am schwierigsten findet.<br />

Ermutigen Sie es, die einfacheren Aaufgaben ohne Ihre Hilfe<br />

zu erledigen. Zeigen Sie Ihre Freude an der Selbständigkeit,<br />

indem Sie etwa sagen: «Schön, dass du das selbständig<br />

gemacht hast – ich bin deswegen gut vorwärtsgekommen<br />

und habe nun Zeit für dich.»<br />

6. Erstellen Sie mit dem Kind einen<br />

Hausaufgabenplan<br />

Einen Wochenplan zu erstellen ist für ein Kind höchst<br />

anspruchsvoll. Es muss sich dabei Fragen stellen wie:<br />

• Welche Aufgaben muss ich erledigen?<br />

• Wie viel Zeit benötige ich dafür?<br />

• Welche Materialien brauche ich für die einzelnen<br />

Aufgaben?<br />

• Was muss bis wann erledigt sein?<br />

• Wann habe ich an den jeweiligen Tagen Zeit, mich um die<br />

Aufgaben zu kümmern?<br />

Kinder werden nicht mit diesen Fragen im Kopf ge boren. Sie<br />

benötigen Eltern und Lehrpersonen, die ihnen dabei helfen,<br />

diesen inneren Dialog zu führen. Legen Sie die Fragen vor<br />

das Kind auf den Tisch und gehen Sie sie gemeinsam mit<br />

ihm durch.<br />

7. Achten Sie auf regelmässige Pausen<br />

Kinder können sich nicht so lange konzentrieren wie<br />

Erwachsene. Als Richtwerte dienen folgende Zeiten:<br />

Alter: 5 bis 7 7 bis 10 10 bis 12 12 bis 15<br />

Konzentration: 15 Min. 20 Min. 25 Min. 30 Min.<br />

Danach ist eine kurze Pause sinnvoll: 5 Minuten reichen –<br />

am besten mit etwas, das entspannt, aber das Kind nicht<br />

in eine andere Aktivität hineinzieht: ein paar Minuten auf<br />

dem Trampolin hüpfen, ein Glas Wasser trinken, einen Keks<br />

essen, aus dem Fenster schauen.<br />

8. Motivation ist wichtig!<br />

Achten Sie beim Planen darauf, dass die Arbeitseinheiten<br />

gegen Ende kürzer werden. So kommt Ihr Kind immer<br />

schneller vorwärts. Wenn Sie die Pausen ebenfalls im Plan<br />

mit einem Kästchen versehen, ist das Kind motiviert, die<br />

Pausen wieder zu unterbrechen, da es wieder einen Punkt<br />

abhaken kann.<br />

Diese Hausaufgaben-Tipps und der Test auf Seite 63 sind<br />

erschienen in: Das Schweizer ElterMagazin Fritz+Fränzi,<br />

Ausgabe 6 / August 2015.<br />

62 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Hausaufgaben: Psychologie Ein & Gesellschaft Beziehungstest!<br />

Wie sieht die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind während der Hausaufgaben / des Lernens aus?<br />

Machen Sie den Selbsttest: Denken Sie an einen typischen Schultag und antworten Sie aus dem Bauch heraus.<br />

Wenn ich mein Kind beim Lernen oder bei den Hausaufgaben betreue:<br />

Nie bis selten<br />

0<br />

Manchmal<br />

1<br />

1. Fühle ich mich meinem Kind nahe? 0 1 2<br />

2. Werde ich ungeduldig? 0 1 2<br />

3. Gibt es Momente, in denen mein Kind und ich gemeinsam lachen? 0 1 2<br />

4. Bin ich kurz davor, die Nerven zu verlieren? 0 1 2<br />

5. Lobe ich mein Kind? 0 1 2<br />

6. Fühle ich mich von meinem Kind provoziert? 0 1 2<br />

7. Berühre ich mein Kind liebevoll am Arm oder streichle ihm über den Kopf? 0 1 2<br />

8. Kritisiere ich die Leistung meines Kindes? 0 1 2<br />

9. Ermutige ich mein Kind? 0 1 2<br />

10. Weise ich mein Kind zurecht? 0 1 2<br />

11. Habe ich Freude am Umgang mit meinem Kind? 0 1 2<br />

12. Mache ich meinem Kind Vorwürfe, weil es sich nicht genügend konzentriert? 0 1 2<br />

13. Bilden wir ein gutes Team? 0 1 2<br />

14. Drohe ich meinem Kind mit Konsequenzen? 0 1 2<br />

15. Vertraue ich darauf, dass mein Kind seine Aufgaben auch alleine gut genug löst? 0 1 2<br />

16. Treibe ich mein Kind an? 0 1 2<br />

17. Freue ich mich über Fortschritte meines Kindes? 0 1 2<br />

18. Werde ich laut? 0 1 2<br />

19. Sorge ich für eine schöne Atmosphäre? 0 1 2<br />

20. Liege ich meinem Kind mit meinen Sorgen in den Ohren? 0 1 2<br />

21. Bin ich mir bewusst, wie viel mein Kind eigentlich leistet? 0 1 2<br />

22. Bestrafe ich mein Kind? 0 1 2<br />

23. Bin ich mir sicher, dass mein Kind seinen Weg finden wird? 0 1 2<br />

24. Verhalte ich mich meinem Kind gegenüber so, dass es mir hinterher leid tut? 0 1 2<br />

25. Frage ich mein Kind, wie es die Hausaufgaben angehen möchte? 0 1 2<br />

26. Sage ich meinem Kind, was es tun soll? 0 1 2<br />

27. Reagiere ich mit Humor, wenn es schwierig wird? 0 1 2<br />

28. Kontrolliere ich, wie gut mein Kind arbeitet? 0 1 2<br />

Oft<br />

2<br />

Auswertung:<br />

Rechnen Sie zuerst alle Punkte der Aussagen zusammen, die blau<br />

unterlegt sind. Tragen Sie sie in der untenstehenden Tabelle in die<br />

Spalte «positive Beziehungssignale» ein.<br />

Zählen Sie analog dazu alle Punkte der Aussagen zusammen, die weiss<br />

unterlegt sind, und tragen Sie diese in der Spalte «Negative Beziehungssignale»<br />

ein.<br />

Positive Beziehungssignale<br />

Negative Beziehungssignale<br />

wird eine Scheidung deutlich wahrscheinlicher. Das heisst: Die Zahl in<br />

der Spalte «Positive Beziehungssignale» sollte mindestens dreimal,<br />

besser fünfmal so gross sein wie die Zahl in der anderen Spalte.<br />

Ist dies nicht oder nur knapp der Fall, können Sie wie folgt vorgehen:<br />

Überlegen Sie sich, welches negative Beziehungssignal bei Ihrem Kind<br />

die heftigsten Reaktionen auslöst und welches positive Beziehungssignal<br />

bei häufigerem Einsatz die Stimmung beim Lernen am stärksten<br />

verbessern könnte.<br />

Notieren Sie sich hier Ihr Ziel: ____________________________________<br />

Die Psychologie hat sich mit der Frage befasst, wie das Verhältnis<br />

zwischen positiven und negativen Beziehungssignalen aussehen muss,<br />

damit eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Wie ein Team um Marcel<br />

Losada mehrfach bestätigen konnte, müssen die positiven Beziehungssignale<br />

mindestens im Verhältnis 3:1 überwiegen, damit eine<br />

produktive Zusammenarbeit möglich ist.<br />

In der Paarforschung konnte der Psychologe John Gottman zeigen,<br />

dass es ein Verhältnis von fünf positiven zu einer kritischen Aussage<br />

braucht, damit eine Beziehung stabil ist. Bei einem Verhältnis unter 5:1<br />

Ich möchte seltener achten auf: __________________________________<br />

Darauf möchte ich häufiger achten: _______________________________<br />

Rufen Sie sich in den nächsten zwei Wochen Ihre Ziele jedes Mal kurz<br />

in Erinnerung, bevor Ihr Kind mit den Hausaufgaben oder dem Lernen<br />

beginnt. Die Stimmung zwischen Ihnen und Ihrem Kind wird<br />

sich schneller verbessern, wenn Sie sich bewusst auf einige wenige<br />

Veränderungen konzentrieren anstatt versuchen, alle Punkte<br />

gleichzeitig umzusetzen.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>63


Service<br />

Vielen Dank<br />

Finanzpartner<br />

Dr. iur. Ellen Ringier<br />

Walter Haefner Stiftung<br />

an die Partner und Sponsoren der Stiftung Elternsein:<br />

Hauptsponsoren<br />

Credit Suisse AG<br />

Rozalia Stiftung<br />

UBS AG<br />

Impressum<br />

17. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich<br />

Herausgeber<br />

Stiftung Elternsein,<br />

Seehofstrasse 6, 8008 Zürich<br />

www.elternsein.ch<br />

Präsidentin des Stiftungsrates:<br />

Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch,<br />

Tel. 044 400 33 11<br />

(Stiftung Elternsein)<br />

Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder,<br />

ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 01 01<br />

Redaktion<br />

redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />

Chefredaktor: Nik Niethammer,<br />

n.niethammer@fritzundfraenzi.ch<br />

Verantwortlich für diese Ausgabe<br />

Nik Niethammer, Evelin Hartmann<br />

Verlag<br />

Fritz+Fränzi,<br />

Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,<br />

Tel. 044 277 72 62,<br />

info@fritzundfraenzi.ch,<br />

verlag@fritzundfraenzi.ch,<br />

www.fritzundfraenzi.ch<br />

Business Development & Marketing<br />

Leiter: Tobias Winterberg,<br />

t.winterberg@fritzundfraenzi.ch<br />

Anzeigen<br />

Administration: Dominique Binder,<br />

d.binder@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 62<br />

Art Direction/Produktion<br />

Partner & Partner, Winterthur<br />

Bildredaktion<br />

13 Photo AG, Zürich<br />

Korrektorat<br />

Brunner Medien AG, Kriens<br />

Auflage der regulären Ausgabe<br />

(WEMF/SW-beglaubigt 2016)<br />

total verbreitet 101 725, davon verkauft 18 572<br />

Auflage dieser «<strong>Schule</strong>»-Ausgabe<br />

55 000<br />

Preis<br />

Jahresabonnement Fr. 68.–<br />

Einzelausgabe Fr. 7.50, iPad pro Ausgabe Fr. 3.–<br />

Abo-Service<br />

Galledia Verlag AG Berneck<br />

Tel. 0800 814 813, Fax <strong>05</strong>8 344 92 54<br />

abo.fritzundfraenzi@galledia.ch<br />

Für Spenden<br />

Stiftung Elternsein, 8008 Zürich<br />

Postkonto 87-447004-3<br />

IBAN: CH40 0900 0000 8744 7004 3<br />

Inhaltspartner<br />

Institut für Familienforschung und -beratung<br />

der Universität Freiburg / Dachverband Lehrerinnen<br />

und Lehrer Schweiz / Verband Schulleiterinnen und<br />

Schulleiter Schweiz / Jacobs Foundation /<br />

Elternnotruf / Pro Juventute / Interkantonale<br />

Hochschule für Heilpädagogik Zürich /<br />

Schweizerisches Institut für Kinder- und<br />

Jugendmedien<br />

Stiftungspartner<br />

Pro Familia Schweiz / Pädagogische Hochschule<br />

Zürich / Elternbildung CH / Marie-Meierhofer-<br />

Institut für das Kind / <strong>Schule</strong> und Elternhaus<br />

Schweiz / Schweizerischer Verband<br />

alleinerziehender Mütter und Väter SVAMV /<br />

Kinderlobby Schweiz / kibesuisse Verband<br />

Kinderbetreuung Schweiz<br />

SPINAS CIVIL VOICES<br />

78 Mal das Training verpasst.<br />

55 Mal das Wochenende durchgearbeitet.<br />

1 neues Medikament gegen Krebs entwickelt.<br />

Mit Ihrer Spende fördern wir engagierte Forscherinnen<br />

und Forscher, um die Behandlungsmethoden gegen Krebs<br />

64 <br />

immer weiter zu verbessern. PK 30-3090-1<br />

Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


Service<br />

Wussten Sie, dass …<br />

Text: Claudia Landolt<br />

… Ihr Kind trotz Krankheit Hausaufgaben<br />

machen muss?<br />

Ist Ihr Kind krank, müssen Sie es bei der Lehrperson<br />

abmelden. Es muss die Hausaufgaben (und auch allfällige<br />

Tests) dennoch nachholen.<br />

… Ihr Kind auch in der ersten Klasse<br />

Anrecht auf zwei Jokertage hat?<br />

Bei Jokertagen handelt es sich um ein Ferienguthaben,<br />

das eine Schülerin oder ein Schüler während eines<br />

Schuljahres ohne Angaben von Gründen beanspruchen<br />

darf. Dieses gibt es in allen Kantonen der Schweiz<br />

(Ausnahme Tessin) und variiert zwischen zwei bis vier<br />

Halbtagen und bis zu zwei ganzen Tagen. Diese können<br />

auch als Ferienverlängerungen eingesetzt werden. Um<br />

einen Jokertag einzuziehen, müssen Eltern die Lehrperson<br />

im Vorfeld informieren.<br />

… es in der Schweiz eine offizielle<br />

<strong>Schule</strong> ohne Aufgaben, Prüfungen<br />

und Noten gibt?<br />

In der staatlich bewilligten Villa Monte im Kanton<br />

Schwyz können Kinder lernen, wie und was sie wollen,<br />

sie gestalten ihren Alltag völlig frei. Die Hausregeln<br />

sind auf drei Punkte beschränkt: auf den respektvollen<br />

Umgang miteinander, das Einhalten von Ordnung und<br />

einen nicht zu überschreitenden Aktionsradius um das<br />

Haus.<br />

… sich ein sechsjähriges Kind maximal<br />

fünfzehn Minuten konzen trieren<br />

kann?<br />

Höchstens eine Viertelstunde können sich fünf- bis<br />

siebenjährige Kinder im Durchschnitt konzentrieren.<br />

Bei Zehnjährigen steigt die Aufmerksamkeitsspanne<br />

auf etwa 20 Minuten. Das bedeutet: Die meisten Klagen<br />

über mangelnde Konzentration erwachsen aus un -<br />

realistischen Erwartungen von Erwachsenen. Das hat<br />

der Kölner Psychologieprofessor Gerhard Lauth festgestellt,<br />

der seit Jahren mit Kindern arbeitet. Das wissen<br />

die <strong>Schule</strong>n und arbeiten deshalb nicht nur mit<br />

unterschiedlichen Unterrichtssequenzen, sondern<br />

bieten in den Schulzimmern auch Ruhe- und Leseecken<br />

an, ein Trampolin und auf den Gängen sogar einen<br />

sogenannten Töggelikasten, an dem die Kinder sich<br />

«abreagieren» können.<br />

… sich in der Schweiz rund ein Fünftel<br />

der Bevölkerung in Ausbildung<br />

befindet?<br />

Gemäss Bundesamt für Statistik befinden sich rund<br />

1,5 Millionen Personen in Ausbildung. Der grösste Teil<br />

davon sind Kinder auf der Primarstufe; rund 450 350<br />

waren es laut der letzten Erhebung. Das sind fast doppelt<br />

so viele wie auf der Tertiärstufe, also der höheren<br />

Berufsbildung an Fachhochschulen und Universitäten.<br />

… Schwimmunterricht nicht überall<br />

obligatorisch ist?<br />

Schwimmen gehört zu den wichtigsten Bewegungskompetenzen,<br />

die ein Kind im Laufe der obligatorischen<br />

Schulzeit erlernen sollte. Entsprechend ist der<br />

Schwimmunterricht auch in den meisten kantonalen<br />

Lehrplänen vorgesehen. Diese Forderung wird von<br />

allen Lehrpersonen und auch von deren Dachverband<br />

LCH unterstützt. Deren konkrete Umsetzung sieht an<br />

vielen <strong>Schule</strong>n so aus, dass alle 14 Tage gemeinsam<br />

geschwommen statt geturnt wird. An anderen <strong>Schule</strong>n<br />

aber scheitert der Schwimmunterricht an der nicht<br />

vorhandenen Infrastruktur oder den sehr strengen<br />

Sicherheitsvorschriften.<br />

… dass Laustanten vor allem nach den<br />

Ferien viel zu tun haben?<br />

Läuse sind harmlose, aber lästige Viecher, weil sie nicht<br />

nur ganze Klassen, sondern auch ganze Familien befallen<br />

können. In <strong>Schule</strong>n sind sie besonders nach den<br />

Ferien häufig anzutreffen, warum, weiss keiner. Läuse<br />

krabbeln im direkten Kopfkontakt von einem Haarschopf<br />

zum anderen. Um der Plage Herr zu werden,<br />

kann die Schulleitung eine Laustante kontaktieren, die<br />

in der <strong>Schule</strong> die Kinder untersucht und die Eltern<br />

über die mögliche Behandlung informiert.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />

Frühjahr <strong>2017</strong>65


Abgedruckt<br />

«Was hatten wir heute<br />

für einen schönen Tag»<br />

Das ist schon ein paar Wochen her,<br />

dass Anne in die <strong>Schule</strong> gekommen<br />

ist, aber ich werde den Tag nie vergessen.<br />

Sie haben eine wunderschöne<br />

Feier gemacht mit Schülern,<br />

Lehrern und Eltern als Publikum vor<br />

einer Bühne, auf der die Lehrerin<br />

stand und die neuen Schüler einzeln<br />

mit Namen rief. Jedes Kind<br />

musste auf die Bühne kommen, gab<br />

der Lehrerin die Hand und bekam<br />

eine Sonnenblume, und als alle da<br />

waren, erzählte sie ihnen eine Geschichte.<br />

Wissen Sie, was Antje und ich gedacht<br />

haben, als wir mit Anne im<br />

Auditorium sassen und warteten,<br />

dass sie aufgerufen wurde? Nie,<br />

haben wir gedacht, nie geht Anne<br />

allein an den ganzen Leuten vorbei,<br />

nie geht sie allein auf die Bühne,<br />

und nie gibt sie der Lehrerin allein<br />

die Hand. Never!<br />

Und was geschah, als die Lehrerin<br />

«Anne Hacke» rief? Anne stand auf,<br />

ging allein an den ganzen Leuten<br />

vorbei, allein auf die Bühne, und<br />

allein gab sie der Lehrerin die Hand.<br />

Einmal hat sie sich umgeschaut<br />

unterwegs. Und ich sass da, und mir<br />

zitterte die Unterlippe, aber geheult<br />

habe ich erst nachts, als ich aufwachte<br />

und wieder daran denken<br />

musste.<br />

Steht das Kind auf und geht allein<br />

weg von uns, dachte ich – das ist<br />

schön und schwer zugleich. Erziehen<br />

heisst, dachte ich noch, Kinder<br />

in Unabhängigkeit und Selbständigkeit<br />

zu führen, und davon haben wir<br />

wieder ein Stück geschafft – Antje<br />

vor allem natürlich, aber ich auch<br />

ein bisschen. Antje hat übrigens<br />

gesagt, sie hätte nachmittags im<br />

Garten hinter der Hecke Anne und<br />

Felix belauscht, ihren Freund und<br />

Schulkameraden, und Anne hätte<br />

gesagt: «Ach, was hatten wir heute<br />

für einen schönen Tag, Felix. Und<br />

morgen haben wir wieder so einen<br />

schönen.»<br />

Und ich auch, Leute. Ich auch!<br />

«Schöne Tage» aus: «Der kleine Erziehungsberater» von Axel Hacke, Verlag Antje Kunstmann, 2006, München<br />

66 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>


SPINAS CIVIL VOICES<br />

«WÄRE ICH ALS MÄDCHEN<br />

IN NEPAL GEBOREN, HÄTTE ICH<br />

MIR DAS SCHREIBEN WOHL<br />

SELBST BEIBRINGEN MÜSSEN.»<br />

Federica de Cesco, Autorin<br />

Schweizer<br />

Frauen<br />

für Mädchen<br />

weltweit.<br />

Mädchen in Armutsregionen werden oft unterdrückt, ausgebeutet<br />

und ihrer Rechte beraubt. Als eines der grössten Kinderhilfswerke der Welt<br />

fördert Plan International gezielt Mädchen. Denn Mädchenbildung bedeutet<br />

Entwicklung – nicht nur für die Mädchen selbst, sondern auch für die Zukunft<br />

ihres Landes. Danke, dass Sie helfen: PC 85-496212-5, www.plan.ch


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