Gemeinde Lohra - Unfallkasse Hessen
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Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
Ungeschickt oder einfach Pech?<br />
Welche Rolle die eigene Persönlichkeit bei einem Unfall spielt<br />
Unfälle werden häufig durch eine Abfolge oder die gleichzeitige Einwirkung von mehreren<br />
Faktoren ausgelöst. Unter entsprechenden Bedingungen können auch bestimmte Persönlichkeitseigenschaften<br />
einen ungünstigen Einfluss haben. Ihre Rolle kommt aber erst im<br />
Zusammenspiel mit verstärkend wirkenden Faktoren zum Tragen. Erwiesen ist, dass manche<br />
Personen häufiger als andere verunglücken. Sind diese Personen besonders ungeschickt,<br />
haben sie einfach nur Pech oder unterscheiden sie sich durch bestimmte Eigenschaften<br />
in besonderer Weise von ihren Mitmenschen?<br />
Dass nicht jeder Mensch die gleiche Wahrscheinlichkeit<br />
hat, einen Unfall zu erleiden,<br />
ist bekannt. Es gibt daher schon lange<br />
Vermutungen, dass auch individuelle Faktoren<br />
wie Einstellungen und die Persönlichkeit,<br />
eine Rolle spielen.<br />
Personenorientierte Betrachtungsweise<br />
Obwohl kein Zweifel daran besteht, dass<br />
Unfälle als Ergebnisse von Wechselwirkungen<br />
zwischen Menschen und Umweltbedingungen<br />
aufzufassen sind, beruht<br />
eine überkommene personenorientierte<br />
Sichtweise auf der Annahme, dass es<br />
Menschen gibt, die auf Grund besonderer<br />
Eigenschaften in höherem Maße zu Unfällen<br />
neigen. Begründet wird diese Annahme<br />
mit der statistischen Beobachtung,<br />
dass sich Unfälle bei konstanter Gefahrenexposition<br />
nicht gleichmäßig auf alle Individuen<br />
und normal innerhalb von Stichproben<br />
verteilen. Ein relativ hoher Anteil<br />
von Unfällen entfalle auf einen relativ<br />
kleinen Kreis von Personen, da diese Gruppe<br />
infolge von persönlichkeitsbedingter<br />
Veranlagung stärker unfallgefährdet sei.<br />
Wirklich reiner Zufall?<br />
Der Theorie der Unfallpersönlichkeit wird<br />
aber ebenso durch eine statistische Erklärung<br />
widersprochen: Da Unfälle relativ<br />
seltene Ereignisse darstellen, kann die<br />
größere Zahl an Unfallereignissen bei<br />
einer Minderheit auch durch die so genannte<br />
Poisson-Verteilung erklärt werden.<br />
Dies ist eine statistische Verteilung, bei<br />
der sich die Unfallhäufung bei einzelnen<br />
Personen auch durch reinen Zufall, also<br />
ohne besondere Unfallneigung ergeben<br />
kann. Die Konzentration von Ereignissen<br />
auf eine kleine Gruppe wird dabei umso<br />
wahrscheinlicher, desto geringer die<br />
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durchschnittliche Ereignishäufigkeit ist.<br />
Da Unfälle seltene Ereignisse sind, wirken<br />
sich diese statistischen Effekte dabei<br />
besonders aus.<br />
Persönlichkeitseigenschaften<br />
Höhere Unfallraten finden sich bekanntermaßen<br />
bei jüngeren Arbeitnehmern, was<br />
im Allgemeinen auf deren Unerfahrenheit<br />
und eine höhere Risikobereitschaft zurückgeführt<br />
wird. Mit zunehmendem Alter<br />
– etwa ab 35 – verringert sich die Unfallwahrscheinlichkeit<br />
deutlich. Als biologischdemografisches<br />
Kennzeichen stellt Alter<br />
aber keine Persönlichkeitseigenschaft im<br />
eigentlichen Sinne dar. Eine Persönlichkeitseigenschaft<br />
bezeichnet eine dauerhafte<br />
Bereitschaft für ein bestimmtes<br />
Verhalten oder Befinden in ähnlichen<br />
Situationen.<br />
Persönlichkeitsfaktoren – „Big Five“<br />
Zur Messung von Persönlichkeit wird<br />
zumeist das bewährte Fünf-Faktoren-Modell<br />
(Big Five) eingesetzt. Dieses Modell<br />
beschreibt fünf wesentliche stabile und<br />
unabhängige Persönlichkeitsfaktoren<br />
(Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit,<br />
Offenheit für Erfahrungen,<br />
instabile Emotionalität) und ist zugleich<br />
die Grundlage für einen häufig verwendeten<br />
Persönlichkeitstest.<br />
Obwohl Studienergebnisse über den<br />
Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften<br />
auf Unfallereignisse nicht immer übereinstimmen,<br />
konnten in einer im Jahr 2005<br />
durchgeführten Metaanalyse (Zusammenfassung<br />
von Einzeluntersuchungen) einige<br />
erkennbare Zusammenhänge zwischen<br />
Persönlichkeitsmerkmalen und Unfallhäufigkeiten<br />
festgestellt werden.<br />
Die Auswertung ergab, dass sowohl<br />
niedrige Gewissenhaftigkeit als auch<br />
geringe Verträglichkeit deutlich<br />
mit dem Erleiden eines Unfalls im<br />
Allgemeinen zusammenhängen.<br />
Niedrige Gewissenhaftigkeit<br />
steht für unsorgfältiges, ungenaues<br />
und unachtsames Handeln. Geringe<br />
Verträglichkeit bezieht sich auf eine<br />
geringe soziale Konformität, mögliche<br />
Disziplinprobleme und Verstöße gegen<br />
betriebliche Regeln.<br />
Bei einer näheren Betrachtung der Unfallumgebung<br />
wurde jedoch deutlich, dass<br />
sich hohe Extraversion – im Sinne einer<br />
übertriebenen Selbstsicherheit, Aggression,<br />
Intoleranz und einer Neigung zu<br />
risikobereitem Verhalten – zur Vorhersage<br />
von Verkehrsunfällen, nicht aber zur<br />
Vorhersage von Unfällen am Arbeitsplatz<br />
eignet. Für Unfälle am Arbeitsplatz zeigten<br />
sich dagegen Zusammenhänge mit<br />
instabiler Emotionalität und niedriger<br />
Verträglichkeit.<br />
Instabile Emotionalität verweist auf<br />
Ängstlichkeit, Anspannung und Depressivität.<br />
Obwohl man annehmen könnte,<br />
dass ängstliche Personen sich vorsichtiger<br />
verhalten und Gefahren früher wahrnehmen,<br />
geht man davon aus, dass Menschen<br />
mit hoher instabiler Emotionalität<br />
stärker auf Umweltstress reagieren und<br />
weniger wirksame emotionale Bewältigungsstrategien<br />
anwenden. Weniger zu<br />
aktiver Kontrolle neigend, seien sie oft<br />
mit ihren Sorgen und Ängsten beschäftigt<br />
und dadurch ablenkbarer.