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FASZINATION PLASTIK? | DIE GELBE HAMBURGER WERTSTOFFTONNE Nanja Bolwig Die gelbe Hamburger Wertstofftonne Im privaten Haushalt fallen Kunststoffabfälle überwiegend in Form von Verpackungsabfällen wie Joghurtbecher, Verpackungsfolien, Milchtüten u. ä. an. Die Herstellung der vielfältigen Kunststoffe erfolgt unter einem hohen Einsatz natürlicher Ressourcen wie Erdöl und einem großen Energieaufwand. Die Vermeidung und das Recycling von Verpackungen und Kunststoffen allgemein ist daher ein wichtiger Beitrag zur Ressourcenschonung. Leider landen aber immer noch viel zu viele Kunststoffe im Restmüll. Damit diese und andere wertvollen Rohstoffe wie z. B. Eisen und Aluminium wieder in den Stoffkreislauf gelangen können, ist eine getrennte Sammlung wichtig. In Hamburg hat die Stadtreinigung Hamburg (SRH) daher 2011 die gelbe Hamburger Wertstofftonne und den gelben Hamburger Wertstoffsack für jeden Haushalt flächendeckend in ganz Hamburg eingeführt. Das Besondere an der gelben Hamburger Wertstofftonne gegenüber Wertstofftonnen in anderen Städten und Kommunen ist, dass neben herkömmlichen Verkaufsverpackungen aus Metall, Kunststoff und Verbundstoffen zusätzlich auch „stoffgleiche Nichtverpackungen“ wie z. B. Kunststoffeimer, Spielzeug und Plastiktüten, aber auch Gegenstände aus Metall wie Bestecke, Kochtöpfe u. ä. gesammelt werden. Die SRH nutzt dafür das Sammelsystem der Dualen Systeme, welches in Hamburg durch die Wert GmbH, eine Tochtergesellschaft der SRH, durchgeführt wird. Fast alle Kunststoffe und Metalle können so bequem in den bereits bekannten gelben Säcken und Tonnen gesammelt werden. Zusätzlich können die Wertstoffe auch auf den zwölf Recyclinghöfen der SRH kostenlos abgegeben werden oder in einem der rund 70 öffentlichen Depotcontainer für Leichtverpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen entsorgt werden. Zunehmend setzt die SRH moderne Unterflursysteme auf öffentlichem und privatem Grund für die Erfassung von Wertstoffen ein. Bis Ende 2015 wurden bereits über 400 der bis zu 5.000 Liter fassenden unterirdischen Sammelbehälter für Rest- und Biomüll sowie Wertstoffe installiert. Durch die flächendeckende Einführung der gelben Hamburger Wertstofftonne und den anderen Erfassungssystemen für Wertstoffe konnte die SRH die Sammelmenge von Verkaufsverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen in Hamburg von 26.500 Tonnen im Jahr 2009 auf rund 35.300 Tonnen im Jahr 2015 steigern. Durch die getrennte Erfassung und Rückführung in den Stoffkreislauf konnten so zuletzt in 2015 rund 28.500 Tonnen Kohlendioxid durch die Wertstoffsammlung der Stadtreinigung Hamburg eingespart werden. Wichtiger als das Recyceln von Wertstoffen ist aber das Vermeiden oder Wiederverwenden. Viele Gegenstände aus Kunststoffen oder Metallen wie Spielzeuge oder Bestecke z. B. können direkt wiederverwendet werden. In Hamburg gibt es zwei Gebrauchtwarenkaufhäuser von STILBRUCH, einer Tochtergesellschaft der SRH, die eindrucksvoll deutlich machen, was in Hamburg heute bereits auf dem Gebiet der Wiederverwendung geleistet wird. Bei STILBRUCH werden gebrauchte Haushaltsgegenstände, wie gut erhaltene Möbel, Haushaltswaren, Lampen, Kleidung und Gegenstände des täglichen Bedarfs, zu kleinen Preisen verkauft. Die Gegenstände stammen aus der schonenden Sperrmüllabfuhr, von den Recyclinghöfen oder werden von Privatpersonen direkt angeliefert. Allein in 2015 nahm STILBRUCH 31.500 Kubikmeter Gebrauchtes an, um die Sachen einer direkten Wiederverwendung zuzuführen. Weitere Informationen zur gelben Hamburger Wertstofftonne und der Wertstofferfassung in Hamburg insgesamt bietet die Stadtreinigung Hamburg unter: www.stadtreinigung.hamburg Lynx 01/2017 9
FASZINATION PLASTIK? | WIE ICH LERNTE, OHNE PLASTIKTÜTE ZU LEBEN Barbara Vorsamer aus Süddeutsche.de vom 26. Januar 2016 Wie ich lernte, ohne Plastiktüte zu leben Nichts ist einfacher als Plastiktüten vermeiden. Oder? Über einen schwierigen Lernprozess, der sich am Ende auszahlt. Schon mal versucht, ein Brot, drei Äpfel, einen Becher Sahne, eine Packung Milch, ein paar Babygläschen und eine Packung Klopapier nach Hause zu balancieren? Also, ohne Tüte oder Tasche? Ich schon. Geht nicht. Die Äpfel kamen verdellt an, weil sie zwischendurch runtergefallen sind, die Sahne ist in der Handtasche ausgelaufen und für Brot, Milch, Babygläschen und Klopapier reichten zwei Hände beim besten Willen nicht. So etwas passiert, wenn man versucht, sich umweltbewusst zu verhalten. Meine Bequemlichkeit kommt regelmäßig meinem ökologischen Gewissen in die Quere. Letzteres weiß ganz genau: Plastiktüten sind überflüssig, ein wiederverwendbarer Stoffbeutel viel besser. Leider meldet er sich nie, wenn ich morgens das Haus verlasse – und dann stehe ich nach Feierabend wieder an der Supermarktkasse, meine Sachen liegen auf dem Band und ich habe wie immer keinen Jutebeutel dabei. In die Handtasche passt der ganze Kram nicht (zumindest wenn sie noch eine Weile halten soll – und meine Sachen sollen jetzt lange halten, denn auch das ist ökologisch). So schwer kann es doch nicht sein Also, schwupps, die Plastiktüte, vielleicht auch zwei, kein Problem, meine Bequemlichkeit zahlt die paar Cent gerne und trägt die Ware nach Hause. Dort kommt die Plastiktüte zu den anderen alten Plastiktüten, die selbstverständlich gesammelt werden, um sie wieder zu verwenden – was man aber nie tut, weil man ja immer vergisst, eine Tüte von zu Hause mitzunehmen. Das ökologische Gewissen schüttelt den Kopf: So schwer kann es doch nicht sein, an eine Einkaufstasche zu denken! Doch, irgendwie schon. 71 Plastiktüten verbrauchen die Deutschen durchschnittlich – pro Jahr und pro Person, also mehr als eine pro Woche. Der immense Verbrauch von Plastik ist ein riesiges Problem: Mit dem bisher produzierten Kunststoff könnte die Erde sechsmal komplett eingewickelt werden. 311 Millionen Tonnen Plastik werden jedes Jahr produziert. Acht Millionen Tonnen davon gelangen dann ins Meer, das entspricht einem Lastwagen voller Plastiktüten pro Minute. Und es dauert zwischen 100 und 500 Jahren – je nach Art des Kunststoffes – bis sich so eine Tüte wieder zersetzt hat. Die Tüte braucht kein Mensch Plastik so weit wie möglich zu vermeiden, erscheint also notwendig und ich beginne mit der Tüte, weil es am einfachsten ist. Klar, bei der Menge an Müll, die ein Haushalt so produziert, macht die Tüte nicht die Masse aus, das sind eher die Käseschachteln, die Joghurtbecher und Shampooflaschen. Doch während der Versuch, diese Produkte unverpackt zu kaufen, ein schier unmögliches Unterfangen ist (über das ich in dieser Serie auch noch schreiben werde), ist bei der Plastiktüte die Alternative klar: Weglassen. „Tragetaschen aus Kunststoff sollten Sie komplett vermeiden“, sagt Günter Dehoust, Experte für Abfallwirtschaft beim Öko-Institut in Berlin. Dass viele Verbraucher die Tragetasche guten Gewissens kaufen, weil sie sie als Mülltüte weiterbenutzen, sieht er kritisch: „Normale Mülltüten sind dafür viel besser geeignet, weil leichter, dünner und damit ressourcensparender.“ Er rät zu wiederverwendbaren Einkaufstaschen. Doch die vergesse ich ja immer! Gibt es nicht einfachere Alternativen? Viele Supermärkte haben auch 10 Lynx 01/2017
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