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20 · gemeinschaftliches Bauen<br />
Gemeinsam, aber einzeln<br />
13 verschiedene Bauherren, 13 verschiedene Wünsche: die Baugemeinschaft im Lettenwald. Foto: Igor Steinle<br />
Langsam aber sicher kommen Baugemeinschaften auch in Ulm an. Junge Familien kommen so zu günstigen<br />
Preisen an Wohneigentum. Dafür müssen sie allerdings viele Kompromisse eingehen. <br />
Igor Steinle<br />
„Darf ich etwas dazu sagen?“, fragt einer<br />
in die Runde. Es gibt viel Redebedarf an<br />
diesem Mittwochabend im Architekturbüro<br />
von Anette Weinreich und Roberto<br />
Carnevale. Ein Beamer wirft die Tagesordnungspunkte<br />
an die Wand: Über Fassaden<br />
muss man sprechen, Rechnungen<br />
müssen beglichen, Beschlüsse gefasst<br />
werden. Außer den beiden Architekten<br />
sitzen drei Frauen und vier Männer im<br />
Besprechungsraum. Sie wollen fünf Häuser<br />
bauen. Gemeinsam.<br />
Langsam aber sicher kommt das Konzept<br />
der Baugemeinschaft auch in Ulm<br />
an. In anderen Städten wie Tübingen<br />
und Freiburg schließen sich Bauwillige<br />
schon lange zu Baugruppen zusammen.<br />
Sie bauen gemeinsam Reihenhäuser oder<br />
größere Gebäude, die sie dann in Eigentumswohnungen<br />
aufteilen. Weil Grunderwerbssteuer,<br />
Notar- und Architektenkosten<br />
geteilt werden, kann man so eine<br />
Menge Geld sparen. Zudem bekommt<br />
man bei Bauträgern und Handwerkern<br />
wegen der größeren Menge bessere Angebote.<br />
Die baden-württembergische<br />
Architek tenkammer schätzt, dass man<br />
auf diese Weise bis zu 20 Prozent unter<br />
den orts üblichen Preisen bauen kann.<br />
„VIELE HIRNE SEHEN<br />
MEHR ALS EINS.“<br />
Für eine Baugemeinschaft haben Weinreich<br />
und Carnevale ein Mehrfamilienhaus<br />
für 2 700 Euro pro Quad ratmeter<br />
Wohnfläche gebaut, berichtet Weinreich<br />
nicht ohne Stolz. Sonst sind Preise von<br />
mehr als 4 000 Euro keine Ausnahme.<br />
Wegen der unterschiedlichen Wünsche<br />
der 13 Bau herren hat das Wohnhaus<br />
verschieden große Balkone. Nicht uncharmant<br />
im ansonsten gleich förmigen<br />
Böfinger Neubauquartier Let tenwald,<br />
wo sich ein weißer Wohnwürfel neben<br />
den anderen reiht. „Die Ulmer ha ben<br />
schon immer so gebaut“, erklärt Roberto<br />
Carnevale seinen Auftraggebern den<br />
bauhausähnlichen HfG-Stil. „Das ist aber<br />
auch ihre Sparsamkeit.“<br />
Sparsamkeit spielt bei der jungen Baugemeinschaft<br />
im Architekturbüro, die<br />
meisten sind in den 30ern oder frühen<br />
40ern, eine unter geordnete Rolle. „Man<br />
bekommt ja sonst kein Grundstück“, erklärt<br />
eine Baudame ihre Motivation, in<br />
Gemeinschaft zu bau en. 3 100 Bewerber<br />
auf Bauplätze gibt es laut Liegenschaftsamt<br />
momentan in Ulm. Die Baugruppe<br />
will im Lettenwald eine Reihenhauskette<br />
bauen: die „Lette-Ket te“. Gleich gegenüber<br />
des Mehrfamili enhauses der anderen<br />
Baugemeinschaft. Die Bauwilligen<br />
sind größtenteils über Mundpropaganda<br />
auf die Gruppe ge stoßen, viele hatten zuvor<br />
noch nicht von gemeinschaftlichem<br />
Bauen gehört.<br />
Interessenten, die in die Baugemeinschaft<br />
wollen, schaut sich Anette Weinreich<br />
zuvor ganz genau an. Das Gefühl<br />
muss stimmen. „Man muss ein paar<br />
hundert Entschlüs se gemeinsam fällen,<br />
bevor das Haus steht“, sagt sie. Während<br />
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