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ulmerleben

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26 · Entrümpler<br />

Die etwas andere Schatzsuche<br />

Ein Arbeitsalltag im Chaos: Robert Luketic entrümpelt marode Häuser und Messie-Wohnungen.<br />

Zwischen Schrott und Sperrmüll hofft er immer wieder auf den großen Fund.<br />

Alexander Kern<br />

Ein Montagmorgen, wie man ihn sich<br />

vorstellt: Schwarze Wolken hängen am<br />

Himmel, Nieselregen tröpfelt auf die<br />

Straße – Vorzeichen für einen kalten,<br />

nassen Frühjahrstag. Während sich der<br />

Großteil der Stadt noch im Tiefschlaf befindet,<br />

ist Robert Luketic, der Geschäftsführer<br />

des Trödelhauses Ulm, schon seit<br />

4.30 Uhr auf den Beinen. Sein Auftrag:<br />

Das Reihenhaus einer Seniorin in einem<br />

Ulmer Stadtteil entrümpeln. „Mal schauen,<br />

was uns heute erwartet“, sagt der<br />

47-Jährige und öffnet die Haustür. Im<br />

Wohnzimmer steigt direkt ein modriger<br />

Geruch in die Nase – normal bei Entrümpelungen,<br />

erklärt Luketic. Im tristen<br />

Raum, dessen Decke nicht höher als zwei<br />

Meter ist, bröckelt der Putz herunter. Die<br />

Atmosphäre passt zum grauen Regentag.<br />

Zwischen dunkelbraunen Möbelstücken<br />

bringen einzig bunte Salzteigfigürchen<br />

und Porzellanteller an den Wänden Farbe<br />

ins Zimmer.<br />

„Acht Jahre als<br />

Entrümpler – das geht<br />

gehörig auf den Körper.“<br />

„Das könnt ihr schon in den Müllcontainer<br />

räumen“, sagt Luketic zu seinen<br />

beiden Angestellten und deutet auf eine<br />

morsche Eckbank sowie zwei Wohnzimmerschränke.<br />

Am Ende des Tages wird<br />

das Trio rund zweieinhalb Tonnen Müll<br />

und Sperrmöbel aus dem Haus geschleppt<br />

haben. 1800 Euro gibt es für die besenreine<br />

Entrümpelung im dreistöckigen Haus.<br />

Das Honorar ist für Luketic allerdings<br />

zweitrangig. „Ich bin ein Schatzjäger“,<br />

erklärt er, während er sich durch seine<br />

langen, vom Regen durchnässten Haare<br />

fährt und mit den Augen den Wohn- und<br />

Essbereich scannt. Luketic ist auf der<br />

Suche nach Antiquitäten: „Gerade ältere<br />

Menschen hinterlassen oft interessante<br />

Bücher, Gemälde oder Möbelstücke.“<br />

Manches bringe richtig Geld. Beispielsweise<br />

ein Ölgemälde des expressionistischen<br />

Künstlers Josef Scharl – Luketics<br />

wertvollster Fund. „Ich wollte das blasse,<br />

staubige Ding schon wegschmeißen“,<br />

erinnert er sich. „Aber meine Frau hatte<br />

eine Vorahnung und ließ es schätzen.“<br />

Für 21 000 Euro wurde das Gemälde<br />

schließlich bei einer Auktion versteigert.<br />

Eine derartige Kostbarkeit ist heute nicht<br />

in Sicht. Auch im zweiten Stock geht der<br />

Robert Luketic (rechts) sucht mit seinem Mitarbeiter Dirk Schuumann jeden Winkel nach Antiquitäten ab.<br />

Fotos: Matthias Kessler<br />

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