16.05.2017 Aufrufe

IM KW 20

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Es geht um die Qualität der Gedanken“<br />

Extremsportler Wolfgang Fasching im RUNDSCHAU-Interview<br />

Wolfgang Fasching ist Mentalcoach, Rhetoriktrainer und Buchautor.<br />

Vor allem aber feierte der Extremsportler zahlreiche Erfolge. So kürte<br />

sich der gebürtige Steirer zum dreifachen Race Across America-Sieger,<br />

zudem gehört in das Erfolgsrepertoire von Fasching auch die Besteigung<br />

der Seven Summits bzw. die Besteigung des Mt. Everest – um nur einige<br />

Top-Leistungen zu nennen. Am <strong>20</strong>. Mai wird Fasching in der Area 47<br />

einen Vortrag halten. Die RUNDSCHAU führte mit ihm ein Gespräch.<br />

Von Albert Unterpirker<br />

RUNDSCHAU: Herr Fasching, worüber<br />

wird es beim Vortrag in der Area 47<br />

gehen?<br />

Wolfgang Fasching: Da wird es um<br />

Motivation, mentale Stärke, um Persönlichkeit,<br />

um den inneren Schweinehund<br />

und Ausreden gehen – diese ganze Thematik.<br />

RS: Was sind für Sie die Eckpunkte von<br />

mentaler Stärke?<br />

Fasching: Für mich ist mentale Stärke<br />

eine Methode zur positiven Lebensgestaltung.<br />

Und mentale Stärke hilft dir – zum<br />

Beispiel im Sport – dann, wenn es darauf<br />

ankommt. Aber auch im Businessleben,<br />

wenn’s darum geht, ein Meeting zu haben<br />

oder eine Rede zu halten. Es geht<br />

letztendlich auch um die Qualität der<br />

Gedanken. Umso höher die Qualität der<br />

Gedanken ist, umso höher wird die Qualität<br />

deines Lebens sein.<br />

RS: Was wären qualitätsvolle Gedanken?<br />

Fasching: Das können zum Beispiel<br />

hilfreiche Gedanken sein. Mentale Stärke<br />

braucht man ja dann, wenn’s mal nicht<br />

so gut geht. Wenn alles rund läuft, dann<br />

denkt eh keiner drüber nach. Aber was<br />

mache ich, wenn es mal nicht so rund<br />

rennt? Da muss ein jeder für sich selbst<br />

herausfinden, was ein hilfreicher Gedanke<br />

ist. Etwa, was unterstützt mich in gewissen<br />

Situationen? Also sich gut zuzureden,<br />

positiv zu sein – statt dass man sich<br />

selbst ständig sabotiert.<br />

RS: Der Aufbau mentaler Stärke, das ist<br />

tägliches Training?<br />

Fasching: Ich denke, dass jeder alles in<br />

sich hat. Es ist allerdings nur ein Teil vom<br />

Gesamten. Mentale Stärke allein tut gar<br />

nichts. Das fährt kein Radlrennen, das<br />

verkauft nichts. Es ist immer eine Kombination.<br />

Mental stark zu sein ist ein Prozess<br />

und nicht ein Zustand.<br />

RS: Worauf kommt es bei diesem Prozess<br />

im Wesentlichen an? Dass man immer dahinter<br />

ist, dass man achtsam ist?<br />

Fasching: Genau! Aber auch, dass man<br />

es nicht überbewertet.<br />

RS: Quasi nach dem chinesischen Motto:<br />

Mäßigung in der Mäßigung?<br />

Fasching: Ja, genau (lacht)! So könnte<br />

man es betrachten und bezeichnen.<br />

RS: Können Sie da einen Insider-Tipp<br />

geben, einen Knüller vielleicht, bei dem Sie<br />

sagen: Das ist auf jeden Fall zu beherzigen?<br />

Fasching: Letztendlich ist immer zu<br />

beherzigen, dass Menschen Ziele haben<br />

– meiner Meinung nach ein wichtiger<br />

Punkt. Bewusst darüber nachzudenken:<br />

17./18. Mai <strong>20</strong>17<br />

Was ist der Sinn, was möchte ich machen,<br />

was möchte ich schaffen? Damit<br />

meine ich aber nicht, immer der Beste<br />

zu sein, und dass immer nur der Rekord<br />

zählt. Sondern sich Ziele zu setzen. Es<br />

geht darum, sein Ding zu machen. Mentale<br />

Stärke bedeutet auch, seine Ziele zu<br />

erreichen.<br />

RS: Sie haben in ihrer Karriere zahlreiche<br />

sportliche Erfolge gefeiert – was bedeutet Erfolg<br />

für Sie und hat sich die Definition von<br />

Erfolg für Sie im Laufe der Jahre verändert?<br />

Fasching: Ja, schon. Als Jugendsportler<br />

bist du einfach richtig ehrgeizig und da<br />

geht es manchmal auch mit dem Kopf<br />

durch die Wand. Alles muss (!) sein. Später<br />

heißt es dann: Es darf sein. Natürlich<br />

hat sich das im Laufe der Zeit verändert.<br />

Meine Definition für Erfolg ist einfach:<br />

Erfolg ist das Erreichen von gesteckten<br />

Zielen. Dabei muss es nicht immer der<br />

Sieg sein und man kann nicht auf jedem<br />

Gebiet der Beste sein. Man muss auch<br />

kleinere Brötchen backen können.<br />

RS: Oft wird Mut mit Draufgängertum<br />

verwechselt. Was ist das Wichtigste, wenn<br />

man vor einer extrem schwierigen Herausforderung<br />

steht und worauf ist in diesem<br />

Moment zu achten?<br />

Fasching: Respekt vor der Aufgabe zu<br />

haben und demütig zu bleiben. Dieses<br />

Draufgängertum hat man vielleicht als<br />

Jüngerer. Generell ist es wichtig, dass man<br />

sich herausfordert, aber nicht überfordert.<br />

Das ist ein schmaler Grat. Weil permanente<br />

Überforderung bringt sicher Stress<br />

und dann bist du irgendwann in einer<br />

Situation, die mitunter gefährlich werden<br />

kann.<br />

RS: Was war für Sie persönlich schwieriger:<br />

das Race Across America, die Besteigung<br />

des Mt. Everest, die Besteigung der<br />

Seven Summits – oder etwas anderes?<br />

Fasching: Das ist schwierig zu definieren.<br />

Ein Berg ist mit mehr Risiko behaftet,<br />

aber beim Radfahren muss man<br />

mehr Selbstantrieb und Eigenmotivation<br />

haben. Weil dort hast du jeden Meter die<br />

Chance zu sagen: Ich steig’ ab, ich mag<br />

nicht mehr, ich kann nicht mehr. Das<br />

Aufgeben ist da relativ leichter gegeben.<br />

Da hast du ein Auto hinter dir und da<br />

kannst du ins Auto steigen.<br />

RS: War irgendwas wertvoller für Sie<br />

von diesen Dingen?<br />

Fasching: Die größte Wertigkeit hatte<br />

für mich sicher, irgendwann mal das<br />

Race Across America zu fahren – und<br />

das dann auch tatsächlich umzusetzen.<br />

Das würde ich diesbezüglich über alles<br />

stellen, weil das sozusagen die Initialzündung<br />

für mein ganzes Leben war. Das hat<br />

mein ganzes Leben verändert. Ich habe<br />

irgendwann mal gesehen, dass es soetwas<br />

Wolfgang Fasching: „In einer Fußballmannschaft hätte ich mich schwer getan.“<br />

Foto: G. Weixlbaumer<br />

gibt, und habe das zehn Jahre im Kopf<br />

herumgetragen und dann tatsächlich umgesetzt.<br />

Sagen zu können: Ich hab’ das<br />

jetzt einfach gemacht! Das war die wertvollste<br />

und wichtigste Veränderung in<br />

meinem Leben, weil das hat einfach alles<br />

verändert.<br />

RS: Wo hört die Herausforderung auf<br />

und wo beginnt der Wahnsinn?<br />

Fasching: Der Wahnsinn beginnt dort,<br />

wenn ich etwas von vornherein gar nicht<br />

einschätzen kann. Der Wahnsinn wäre<br />

zum Beispiel, wenn ich mich untrainiert<br />

dem Race Across America stellen würde.<br />

Wenn ich sagen würde: Ok, ich hab’ das<br />

eh schon ein paarmal gemacht, brauch’<br />

ich nicht viel trainieren – das wäre dann<br />

ein Wahnsinn, weil es nur mehr mit Quälerei<br />

und Schinderei verbunden wäre.<br />

Also wenn ich der Aufgabe gar nicht gewachsen<br />

bin – das wäre für mich Wahnsinn.<br />

Und ein Wahnsinn wäre für mich<br />

auch, ohne Fallschirm aus dem Flieger zu<br />

springen (lacht).<br />

RS: Klar, das wäre auch ein Wahnsinn,<br />

allerdings! Apropos: Gibt es etwas, das Sie<br />

im sportlichen Bereich nicht tun würden?<br />

Fasching: Kann ich momentan nicht<br />

sagen. Es gibt aber wahrscheinlich viele<br />

Dinge, die ich nicht machen würde, weil<br />

ich es nicht kann – ganz einfach. Ich<br />

könnte zum Beispiel nicht die Streif runter<br />

fahren, das würde ich nicht machen.<br />

Oder es ist zu gefährlich. Ich hab’ mich<br />

schon mit Projekten beschäftigt, bei denen<br />

ich sage: Da passt es einfach nicht.<br />

Zum Beispiel, weil es eine Reisewarnung<br />

gibt, da muss einfach die Vernunft walten.<br />

Wenn die Rahmenbedingungen zu<br />

schlimm sind, dann geht’s einfach nicht.<br />

RS: Schätzen Sie sich eher als Einzelgänger<br />

ein? Und was ist schwieriger: In einem<br />

Team Erfolg zu haben, oder als Einzelsportler?<br />

Fasching: Es schaut bei mir so aus,<br />

als ob es ein Einzelsport wäre, klar. Aber<br />

es gibt eigentlich immer Leute bzw. ein<br />

Team, das mich begleitet, und jeder hat<br />

seine unterschiedliche Aufgabe. Ich fühl’<br />

mich wohl als dieser Sportler, der ich bin.<br />

Andererseits würde ich sagen: In einer<br />

Fußballmannschaft hätte ich mich schwer<br />

getan, das wär’ nicht so meins gewesen.<br />

Letztendlich braucht aber jeder Leute um<br />

sich oder ein Team.<br />

RS: Kann etwas zu gefährlich sein?<br />

Wenn ja, wann?<br />

Fasching: Das kann man von vornherein<br />

nicht abschätzen, das ist im Tun,<br />

das passiert dann. Das muss die Situation<br />

ergeben, und das muss man einschätzen.<br />

Ich hab’ schon relativ oft bei mir in der<br />

Nähe in Bergen umgedreht, weil ich mir<br />

gedacht hab’: Die Situation ist mir zu gefährlich.<br />

Zum Beispiel, wenn ich den Eindruck<br />

habe, da könnte ein Schneebrett<br />

oder eine Lawine sein – das ist mir dann<br />

zu heiß, da dreh‘ ich einfach um.<br />

RS: Ihr Lebensmotto oder gibt es eine Lebensweisheit,<br />

der sie anhängen?<br />

Fasching: Nicht wirklich, muss ich sagen,<br />

ich denk jetzt grad drüber nach ...<br />

RS: ‚Never give up’ zum Beispiel ...<br />

Fasching: Ja, „Never give up’, das wär’<br />

sowas. Aber: Geduldig bleiben am Weg zu<br />

seinen Zielen, das ist auch so ein Motto<br />

von mir. Dass man nicht zu früh aufgibt.<br />

Heißt aber nicht, dass man nie aufgibt.<br />

RS: Aufgeben kann mal also auch mal?<br />

Fasching: Freilich! Das ist ja ganz<br />

wichtig, diese Erkenntnis zu haben, einmal<br />

aufzugeben. Scheitern ist erlaubt.<br />

RS: Haben Sie manchmal Angst?<br />

Fasching: Das ist ein Begriff, den ich<br />

schwer definieren kann. Angst ist ein<br />

Alarmzeichen, eigentlich ein guter Begleiter,<br />

das spürt man dann eh am Körper.<br />

Angst heißt für mich: Lass es bleiben! Ich<br />

stell’ dem gegenüber Respekt. Wenn du<br />

Respekt vor der Aufgabe hast, dann bist<br />

du konzentriert, dann sind deine Sinne<br />

geschärft, dann geht es leichter.<br />

RS: Ihr nächstes Projekt?<br />

Fasching: Gibt’s noch nichts Spruchreifes!<br />

RS: Danke für das Gespräch.<br />

RUNDSCHAU Seite 49

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!