06.06.2017 Aufrufe

N204druck7

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Heute besteht diese „Stadt“ aus einer<br />

Blockhütte für Wanderer. Vor 80 Jahren<br />

machten hier täglich bis zu 1.000 Goldsucher<br />

Rast.<br />

Als erstes bemerken wir einen Hinweis<br />

der Forstbeamtin, der vor dem Grizzlybären<br />

warnt, der vor einigen Tagen hier<br />

gesichtet worden ist. Dieses Gebiet ist<br />

eigentlich bärenfrei, jedoch vermag das<br />

unsere Ängste nicht zu beseitigen. Wir<br />

binden zwei Kochgeschirre aneinander,<br />

die ständig klappernd den Bären vertreiben<br />

sollen.<br />

Wir treffen auf einen Archäologen von<br />

der Universität Alaska, der seit etwa<br />

acht Wochen Studien und Grabungen<br />

der Goldgräberzeit vornimmt. Der Weg<br />

in die Geschichte der Amerikaner ist<br />

nicht sehr weit. Alle Relikte aus der<br />

Goldgräberzeit sind zu Kulturdenkmälern<br />

erklärt worden und dürfen nicht<br />

verändert werden.<br />

Das historische Canyon City ist überwuchert<br />

durch die Vegetation. Die Hütten<br />

sind verfallen, zugewachsen und verrottet.<br />

Wer hat bloß den riesigen Eisenofen<br />

hierher geschleppt? Nichts mehr zu sehen<br />

von den Hotels, Restaurants, Saloons,<br />

Werkstätten und dem damals gebauten<br />

Kraftwerk.<br />

Kilometer 20: Sheep Camp<br />

Unsere erste Ladung brachten<br />

wir gestern hierher und erhielten<br />

die Erlaubnis zu übernachten.<br />

Wir schaufelten unseren Weg frei durch<br />

den meterhohen Schnee für den Platz<br />

auf den wir das Zelt aufstellten. Der<br />

Wind bläst fürchterlich hart. Wir wollen<br />

unseren Weg morgen fortsetzen, so Gott<br />

will.<br />

Tagebuch: F. Sheeley, 31. Januar 1898<br />

Die Goldsucher kamen im Winter und<br />

machten Station bei Sheep Camp. Schafe<br />

sind hier nie gewesen; selbst in der<br />

Namensgebung spiegeln sich die Illusionen<br />

der Abenteurer. Vier Jogger stampfen<br />

an uns vorbei. Sie laufen an einem<br />

Tag die 17 Kilometer zum Pass und wieder<br />

zurück. Nur so, zum Spaß. Das Erreichen<br />

der körperlichen Grenzen ist<br />

dieser Gruppe zum eigentlichen Ziel<br />

ihres Laufens geworden. Auch wir fühlen<br />

mit jeder Muskelfaser unsere bisherigen<br />

Anstrengungen. Und der Aufstieg<br />

steht uns noch bevor.<br />

Es sind Menschen aus allen Gegenden<br />

des Erdballs. Unter<br />

ihnen sind Männer und Frauen,<br />

welche Doktoren, Rechtsanwälte, Soldaten,<br />

Ingenieure und Buchhalter waren.<br />

Alle auf dem Weg zu eisigen El Dorado<br />

Sheeley, 1898<br />

Mit uns haben etwa 20 weitere Wanderer<br />

diesen Platz zum Nachtlager ausgesucht.<br />

Ich frage mich, wo die 400 Personen<br />

bleiben, die hier schon gezählt wurden.<br />

Mehrere Familien mit ihren Kindern<br />

machen diesen beschwerlichen Weg.<br />

Die Jüngste ist acht Jahre alt. Auch sie<br />

trägt ihren Rucksack und Schlafsack.<br />

War das Verhältnis zwischen männlichen<br />

und weiblichen Wanderern 1962<br />

noch 80:20, so ist es in diesem Jahr<br />

60:40. Emanzipation auf den Chilkoot<br />

Trail? Es waren besonders Frauen, die<br />

als Packfrauen bis zu 120 Pfund auf<br />

ihrem Rücken schleppend, den Weg<br />

durch Eis und Schnee suchten. Überhaupt:<br />

Lehrer, Ingenieure, Erzieher,<br />

Krankenschwestern, Doktoren und<br />

Rechtsanwälte führen heute die Berufsliste<br />

an. Während 1973 lediglich 1.000<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!