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Ehrlich währt am längsten!<br />
Paolo Punker (Name und Sachverhalt<br />
sind frei erfun<strong>de</strong>n) hat nach einem Friseurbesuch<br />
endlich einen neuen Job<br />
gefun<strong>de</strong>n und möchte sich nun das<br />
schon ewig gewünschte Ratbike zulegen.<br />
Eine Original-Ugly-Kawasaki<br />
schwebt ihm schon immer vor Augen.<br />
Er begibt sich mit seinem alten Kumpel<br />
Kalle zum Fachhändler und Customizer,<br />
Rost-Rudi, <strong>de</strong>r ein reichhaltiges Zubehörrepertoire<br />
<strong>de</strong>r Firma Ugly anbieten<br />
kann. In <strong>de</strong>n geheiligten Hallen von<br />
Rost-Rudi fin<strong>de</strong>t Paulo auch gleich das<br />
richtige Gerät. Vor ihm steht, was <strong>de</strong>r<br />
eifrige Rost-Rudi ausdrücklich betont,<br />
eine Ugly-Kawa in Gestalt eines erst<br />
ein Jahr alten Spezial-Umbaus. Die<br />
Kawa wur<strong>de</strong> von Rudi im Kun<strong>de</strong>nauftrag<br />
gefertigt, aber dann wie<strong>de</strong>r in Zahlung<br />
gegeben. Das Motorrad, so Rost-<br />
Rudi, ist ein kompletter Ugly-Umbau.<br />
Paolo bemerkt gleich, dass typische<br />
Ugly-Parts, wie insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r bekannte<br />
Gülletank, eine mit Stinktierfellen<br />
bezogene Sitzbank und <strong>de</strong>r beliebte<br />
mit Schlachtabfällen vorbehan<strong>de</strong>lte<br />
und dadurch vere<strong>de</strong>lte Ugly-<br />
Rost-Rahmen verbaut wur<strong>de</strong>n. Noch<br />
am gleichen Tag zahlt Paolo in bar an<br />
Rost-Rudi 10.000 Euro und nimmt sein<br />
geliebtes Gerät gleich mit nachhause.<br />
Am Wochenen<strong>de</strong> darauf trifft sich<br />
Paolo mit seinen Freun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r<br />
Ratbike-Szene. Es folgt ein böses Erwachen:<br />
seine Freun<strong>de</strong> erkennen sofort,<br />
dass es sich bei <strong>de</strong>m Motorrad<br />
nicht um eine Original-Ugly-Kawa han<strong>de</strong>ln<br />
kann. Der Tank ist lediglich aus<br />
Plastik und nicht wie ein Original-Ugly-<br />
Gülle-Tank aus recycelten Metall-Bettpfannen.<br />
Die Sitzbank ist mit Kunststofffell<br />
bezogen und <strong>de</strong>r Rahmen<br />
wur<strong>de</strong> allenfalls mit gammligen Tofuwürsten<br />
vorbehan<strong>de</strong>lt.<br />
Am nächsten Tag begibt sich Paolo sofort<br />
zu Rost-Rudi und möchte, wie unter<br />
Bikern eigentlich üblich, die Sache<br />
in einem persönlichen Gespräch klären.<br />
Rudi ist aber völlig uneinsichtig. Er<br />
behauptet, er hätte nicht gewusst, dass<br />
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sein Stift bei <strong>de</strong>m Aufbau <strong>de</strong>s Motorra<strong>de</strong>s<br />
falsche Teile verbaut hätte. Außer<strong>de</strong>m<br />
stän<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Motorrad dick<br />
und fett "Ugly" drauf und das müsste<br />
reichen, um <strong>de</strong>n Mehrpreis im Vergleich<br />
zu einer Original-Kawasaki in<br />
Höhe von 5.000 Euro zu rechtfertigen.<br />
Zerknirscht begibt sich Paolo zu seinem<br />
Anwalt und lässt sich über die<br />
Rechtslage ausgiebig beraten. Der Jurist<br />
teilt ihm folgen<strong>de</strong>s mit: zwischen<br />
Paolo und Rudi ist ein Kaufvertrag zu<br />
Stan<strong>de</strong> gekommen. Für die Wahrnehmung<br />
<strong>de</strong>r Rechte von Paolo muss es<br />
nicht notwendig ein schriftlicher Vertrag<br />
sein. Im Beisein von Kalle, <strong>de</strong>r in<br />
einem späteren Prozess als Zeuge zur<br />
Verfügung stehen wür<strong>de</strong>, hat Rudi<br />
Paolo gegenüber angegeben, dass es<br />
sich um eine Original-Ugly-Kawasaki<br />
han<strong>de</strong>lt. Der Anwalt zitiert aus <strong>de</strong>m<br />
bürgerlichen Gesetzbuch, wonach <strong>de</strong>r<br />
§ 433 regelt, dass <strong>de</strong>r Verkäufer <strong>de</strong>m<br />
Käufer die Kaufsache frei von Sachmängeln<br />
zu verschaffen hat. Im folgen<strong>de</strong>n<br />
§ 434 <strong>de</strong>s BGB hat <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />
klar festgelegt, dass ein Sachmangel<br />
dann vorliegt, wenn bei Übergabe <strong>de</strong>r<br />
Sache an <strong>de</strong>n Käufer die vereinbarte<br />
Beschaffenheit nicht vorliegt.<br />
Nach<strong>de</strong>m mündlich ein<strong>de</strong>utig vereinbart<br />
wor<strong>de</strong>n ist, dass es sich um eine<br />
Original-Ugly-Kawasaki han<strong>de</strong>ln soll<br />
und trotz<strong>de</strong>m keine Originalteile aus<br />
<strong>de</strong>m Zubehörprogramm verwandt<br />
wur<strong>de</strong>n, liegt ganz klar ein Mangel vor.<br />
Dabei ist es völlig unerheblich, dass<br />
Rudi angeblich nichts von <strong>de</strong>n Plagiaten<br />
gewusst haben will. Für einen Mangel,<br />
<strong>de</strong>r dann zu <strong>de</strong>n Gewährleistungsrechten<br />
<strong>de</strong>s Käufers führt, muss nicht<br />
notwendig ein Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Käufers<br />
vorliegen. Auch kann <strong>de</strong>r Schriftzug<br />
auf <strong>de</strong>m falschen Tank nicht darüber<br />
hinweg helfen, dass falsche Billigteile<br />
verbaut wur<strong>de</strong>n. Der Käufer kann<br />
erwarten, dass wenn „Ugly“ draufsteht<br />
auch „Ugly“ angebaut ist.<br />
Paolo hat also die Möglichkeit von<br />
Rudi zu verlangen, dass er die Originalteile<br />
aus <strong>de</strong>m Zubehörprogramm <strong>de</strong>r<br />
Firma Ugly verbaut. Dazu muss er ihm<br />
zunächst eine angemessene Frist setzen.<br />
Ist Rudi weiterhin uneinsichtig,<br />
kann Paolo von ihm die Rückzahlung<br />
<strong>de</strong>s Kaufpreises gegen Rückgabe <strong>de</strong>s<br />
Motorra<strong>de</strong>s an Rudi verlangen. Dies<br />
wäre ein so genannter Rücktritt. Vor<br />
<strong>de</strong>m Jahr 2002 hieß das noch Wandlung.<br />
Paolo könnte aber auch, dass<br />
Motorrad behalten und eine so genannte<br />
Min<strong>de</strong>rung geltend machen.<br />
Dann müsste ihm Rudi einen Teil <strong>de</strong>s<br />
Kaufpreises zurückzahlen. Dieser<br />
dürfte wohl ungefähr im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Unterschie<strong>de</strong>s zu einem normalen,<br />
vergleichbaren Motorrad liegen.<br />
Neben <strong>de</strong>r zivilrechtlichen Seite <strong>de</strong>r<br />
Angelegenheit könnte man noch darüber<br />
nach<strong>de</strong>nken, dass Rudi Paolo vielleicht<br />
sogar bewusst darüber getäuscht<br />
hat, dass tatsächlich keine Original<br />
Teile <strong>de</strong>r Firma Ugly eingebaut<br />
wur<strong>de</strong>n. Somit hätte Paolo an Rudi<br />
wohl 5.000 Euro zu viel gezahlt. Wenn<br />
nachgewiesen wer<strong>de</strong>n könnte, dass<br />
das Versehen <strong>de</strong>s Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n nur<br />
eine Ausre<strong>de</strong> war, könnte Paolo Strafanzeige<br />
wegen Betruges stellen.<br />
Nach <strong>de</strong>m Beratungsgespräch fährt<br />
Paolo nochmals zu Rost-Rudi. Auch<br />
dieser hat sich mittlerweile rechtlich<br />
beraten lassen. Rudi erklärt sich damit<br />
einverstan<strong>de</strong>n, das Motorrad zurückzunehmen<br />
und Paolo seine 10.000<br />
Euro sofort wie<strong>de</strong>r auszuzahlen. Als<br />
kleine Geste <strong>de</strong>r Entschuldigung überreicht<br />
Rudi Paolo sogar eine Original-<br />
Ugly-Basecap, die bekanntlich aus <strong>de</strong>n<br />
Nasenhaaren ugandischer Berggorillas<br />
gewebt wird.<br />
Ehrlich währt eben am längsten!<br />
Autor: Andreas Bludau, Rechtsanwalt