Tourette und Führerschein - Tourette-Gesellschaft Deutschland
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Pr-obleme<br />
vorp*- mmi er urruEffiffi-u?Hffiääher<br />
Durch die Unbekanntheit des TS<br />
sind bei der Anmeldung zum <strong>Führerschein</strong><br />
im Amt <strong>und</strong> bei der Fahrschule<br />
Probleme vorprog ra m miert.<br />
lch habe mich 12 Jahre vergeblich<br />
um den Erwerb des <strong>Führerschein</strong>s<br />
bemüht. Kein Arzt hat mir zum damaligen<br />
Zeitpunkt eine Bescheinigung<br />
zur Erlangung der Fahrerlaubnis<br />
ausgestellt, welche die<br />
<strong>Führerschein</strong>stellen von mtr verlangten.<br />
Durch diese Unkenntnis<br />
ging mir viele Jahre ein großes<br />
Stück Selbständigkeit vertoren.<br />
Selbst zu dem Zeitpunkt, als ich<br />
dann erklären konnte, was mit mir<br />
los ist, war die Angst der Be hörden<br />
zu groß, um dem Erwerb der Fahrerlaubnis<br />
zuzustimmen.<br />
Erst eine psych iatrische Bescheinigung<br />
brachte Bewegung in die Sache<br />
<strong>und</strong> mit 2 Wochen Verzögerung<br />
wurde dann zugestimmL Die<br />
erste Hürde war damit genommen.<br />
Nun durfte ich zwar von Amts wegen,<br />
aber ich fand keinen Fahrlehrer,<br />
der mit mir die Fahrschule absolvieren<br />
wollte. Erst beim vierten<br />
Anlauf hatte ich Glück <strong>und</strong> fand einen<br />
Fahrlehrer, der mir zugehört<br />
hat <strong>und</strong> es zumindest versuchen<br />
wollte.<br />
Der theoretische Unterricht <strong>und</strong> die<br />
theoretische Prüfung waren einfach.<br />
Die ersten Fahrst<strong>und</strong>en waren<br />
schon etwas schwierig, aber<br />
nicht komplizierter als bei jedem<br />
anderen Fahranfänger auch. Vor<br />
Antritt der praktischen Prüfung hat<br />
mein Fahrlehrersich mitdem Fahrprüfer<br />
in meinem Beisein zum Thema<br />
TS kurz verständigt. Die praktische<br />
Fahrprüfung absolvierte ich<br />
ohne Probleme.<br />
Der Aufklärung des Fahrlehrers<br />
über das TS kommt enorme Bedeutung<br />
zu, damit dieser,,Tics<br />
zunächst einmal Tics sein lassen<br />
kann". Hierzu bat ich meinen Fahrle<br />
hrer zu Wort (sie he beiliege nde<br />
Bemerkungen).<br />
Mittlerweile bin ich seit mehr als 4<br />
Jahren im Besitz des <strong>Führerschein</strong>s<br />
<strong>und</strong> der Tacho meines Autos zeigt<br />
über 78.000 km an.<br />
lch kann bestätigen, daß esTS-Betroffenen<br />
oft gelingt, hinderliche<br />
Tics beim Autofahren "umzulen-<br />
10<br />
ken" <strong>und</strong> es gibt auch weitere<br />
Möglichkeiten der Tic-Reduzierung.<br />
Die Kopfstütze des Sitzes<br />
nutze ich zum Beispiel, um starke<br />
Bewegungen im Kopf- <strong>und</strong><br />
Nackenbereich zu verhindern, dann<br />
lehne ich mich eben an, so daß die<br />
Stütze heftige Kopfbewegungen<br />
ablFängt <strong>und</strong> ich immer in Richtung<br />
Fahrbahn schauen kann. Das Lenkrad<br />
allerdings lasse ich nie los. Bei<br />
zu starken Bewegungen der Arme<br />
lasse ich etwas locke rer oder lenke<br />
mit dem "sicheren" Arm.<br />
Die Tics beim Autofahren sind auch<br />
bei mir sehr unterschiedlich. ie<br />
nach Verkehrssituation habe ich<br />
viel oder sehr wenig Zeit, ans ,,Ticen<br />
zu denken". Sind die Straßen<br />
sehr belebt oder ich fahre in Großstädte<br />
n, wo ich keine Ortskenntnis<br />
besitze, dann habe ich einfach<br />
keine Zeit zu ticen oder ich merke<br />
es jedenfalls nicht.<br />
Stehe ich aber zum Beispiel an der<br />
Ampe I oder im Stau <strong>und</strong> muß warten,<br />
bis ich weiter fahren kann,<br />
dann sind die Bewegungen ziemlich<br />
heftig, vor allem wenn ich im<br />
Stau von Fahrzeugen "umstellt" bin<br />
<strong>und</strong> jeder mich anschauen kann.<br />
Dann werde ich schon unsicher.<br />
Etwas unsicher bin ich auch, wenn<br />
ein Streifenwagen der Polizei hinter<br />
oder vor mir herfährt. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> habe ich auch bei jeder<br />
Fahrt die Bescheinigung zur<br />
Erlangung der Fahrerlaubnis bei<br />
mir.<br />
lch stimme voll <strong>und</strong> ganz zu, daß<br />
die eigene <strong>und</strong> die Sicherheit der<br />
anderen Verkehrsteilnehmer nie<br />
gefährdet werden darf. lch bin<br />
schon in gefä hrl ichere Situationen<br />
im Straßenverkehr geraten, doch<br />
war es nie das <strong>Tourette</strong>-Syndrom,<br />
das eine solche Situation verursachte.<br />
Vielmehr schlechte Fahrbahnverhältnisse<br />
oder die Unaufmerksa<br />
m keit a nderer Verkehrsteilnehmer<br />
führten diese Situationen<br />
herbei.<br />
Zu den Punkten Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> Konzentration habe ich Personen<br />
zu Wort kommen lassen, die<br />
häufig meine Beifahrer sind.<br />
Silvia Viertel<br />
Kugelacker 51, 07973 Greiz Greiz 1999-12-05<br />
ao oaaa aa aaa a a aaa a a a aa a a aaaa aa aaaa a aaloaaa<br />
SehrgeehrteDamen<strong>und</strong> ihre Fragen im Unterricht<br />
Herren, <strong>und</strong> konnte somit dieTheorieprüfung<br />
im ersten Anlauf<br />
Frau Viertel bat mich, einige<br />
Angaben <strong>und</strong> Eindrücke<br />
meinerseits zu ihrer<br />
Fah rschu lausbi ld u ng<br />
n ied erzuschrei ben, d i e zu<br />
Stu d i e nzwec ke n benöti gt<br />
würden. lch freue mich,<br />
Ihnen damit dienen zu<br />
können.<br />
Frau Vierlel meldete sich im<br />
Juni 1995 ln meiner Fahrschule<br />
zum Erwerb der<br />
Fahrerlaubnis Klasse B<br />
(ehemals Klasse 3) an. tm<br />
Anmeldegespräch erläuterte<br />
sie ohne Umschweife,<br />
daß sie am <strong>Tourette</strong>-Syndrom<br />
leidet, wie sich dies<br />
bei ihr äußert <strong>und</strong> daß sie<br />
schon einige Male versuchte,<br />
den <strong>Führerschein</strong> zu erlangen,<br />
angesprochene<br />
Fahrschulen daraufhin jedoch<br />
immer abblockten,<br />
Da ich ein unvoreingenommener<br />
Mensch bin, stimmte<br />
ich der Ausbildung in<br />
meiner Fahrschule ohne<br />
größere Bedenken zu, zumal<br />
aus dem vorgelegten<br />
ärztlichen Gutachten keinerlei<br />
Bedenken gegenüber<br />
der Ausbildung hervorgingen.<br />
lch kannte diese<br />
Krankheit damals nur oberflächlich<br />
aus den Medien,<br />
hatte mich also nie näher<br />
damit beschäftigt.<br />
Da Frau Viertel offen darüber<br />
sprach, sie ihre Fähigkerten<br />
einzuschätzen wußte,<br />
hatte ich keine Bedenken<br />
bezüglich der Ausbildung<br />
in Theorie <strong>und</strong> Praxis.<br />
ln derTheorie arbeitete Frau<br />
Viertel konzentriert <strong>und</strong> aktiv<br />
mit, wiederholte dieThemenkomplexe<br />
zu Hause,<br />
erarbeitete Antwoften auf<br />
bestehen.<br />
Parallel zur theoreiischen<br />
begannen wir mit der praktischen<br />
Ausbildung.<br />
Während dieser Zeit erfuhr<br />
ich in Gesprächen Näheres<br />
zu Situationen, die 0te<br />
Krankheit bei ihr ausbrechen<br />
lassen <strong>und</strong> konnte<br />
mich damit gut auf die praktische<br />
Unterweisung vorbereiten.<br />
Mich beschäftigte<br />
vor den ersten Praxisst<strong>und</strong>en<br />
schon, wie sie die Aufgaben<br />
im Pkw mit der<br />
Straßenvekehrssituation unter<br />
einen Hut bringen würde,<br />
da dies fur jeden Anfänger<br />
eine Art Streß darstellt.<br />
Was wäre, wenn sie hier einen<br />
Anfall erleiden <strong>und</strong> das<br />
Lenkrad verreißen würde?<br />
Diese Fragen stellte ich mir<br />
jedoch nur für mlch, an ihrer<br />
Fähigkeit, dies alles bewältigen<br />
zu können, durfte<br />
ich nicht zweifeln <strong>und</strong> sie<br />
damit nicht zusatzlich belasten.<br />
Außerdem <strong>und</strong> das ist für<br />
mrch ein wichtiges Kriterium,<br />
bauten wir während<br />
der gesamten Fahrschulausbildung<br />
ein gegenseitiges<br />
Vertrauensverhältnis<br />
auf, ohne das ich wahrscheinlich<br />
belastet an die<br />
Praxisausbildung gegangen<br />
wäre. lch möchte meinen<br />
Fahrschülern Vertrauen entgegenbringen<br />
können <strong>und</strong><br />
Zuversicht.<br />
Bei Frau Viertel hatte ich bei<br />
Beginn der praktischen<br />
Ausbildung keine Zweifel<br />
daran, daß sie sie mit Erfolg<br />
abschließen könnte. Niemals<br />
vermittelte sie das Gefühl,<br />
krank zu sein.<br />
Eine Verkrampfung <strong>und</strong><br />
übermäßige Gespanntheit<br />
gegenüber anderen Fahr-