okologo - Vereinigung zum Schutz kleiner und mittlerer Bauern

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GENTECHFREIE LANDWIRTSCHAFT AUCH NACH 2013 Schweizer Offensive für Öko-Saatgut Bauern und Konsumentinnen wollen eine gentechnikfreie Landwirtschaft. Doch auf lange Sicht braucht es mehr als die Verlängerung des Anbau-Moratoriums für Gentech-Pflanzen. Eine Offensive für ökologische Saatzucht ist dringend. An der gentechnikfreien Produktion möchte niemand etwas ändern. Weder die Landwirtschaft noch die Lebensmittelverarbeiter, auch nicht der Detailhandel und am wenigsten die Konsumentinnen und Konsumenten. Der Verzicht auf gentechnisch veränderte Pflanzen und Nutztiere bringt Vorteile auf allen Ebenen. Vom Feld bis auf den Teller vereinfacht es die Zusammenarbeit in der Nahrungsbeschaffungskette. Doch dem Konsens droht der rechtliche Boden entzogen zu werden. Denn der Bewilligungsstopp für den Anbau von Gen- 8 ökologo 1/2012 tech-Pflanzen ist befristet. Das Moratorium, das heisst der im Gentechnik-Gesetz verankerte Übergangsartikel, läuft Ende 2013 aus. Ab dann könnten die Behörden gentechnisch ver - änderte Sorten für den Ackerbau zulassen. Als erstes sind von den Saatgutfirmen Gesuche für Silomais zu erwarten. Gesucht: Optimale Strategie für gentechfrei Seit Monaten arbeiten die Trägerorganisationen der Schwei - zerischen Arbeitsgruppe Gentechnologie SAG an der Strategie für die Zeit nach 2013. In der SAG sind Bauern- und Konsumen- In der Schweiz gibt es Pioniere in der ökologischen Pflanzenzüchtung: Peter Kunz und sein Team züchten erfolgreich Getreide. Die Weizensorte «W www.kleinbauern.ch
tenorganisationen vertreten, sowie alle Verbände, die sich für Natur-, Umwelt- und Tierschutz engagieren. Die Kleinbauern- Vereinigung gehört seit der Gründung der SAG zu diesem Bünd - nis, das vor zehn Jahren die Gentechfrei-Initiative lancierte und 2005 die Volksabstimmung gewinnen konnte. Die nochmalige Verlängerung des Bewilligungsstopps für Gentech-Pflanzen um drei bis fünf Jahre scheint die politisch mehrheitsfähigste Option. Aus Umfragen im Vorfeld der letzten Wahlen ist bekannt, dass zwei Drittel der National- und StänderätInnen für die Verlängerung zu haben sind. Maya Graf, Nationalrätin und SAG-Präsidentin, erwartet in den kommenden Beratungen zum Landwirtschaftsgesetz einen Vorschlag für die Fortsetzung des Moratoriums. Maya Graf ist überzeugt, «dass Bundesrat und Parlament diese Lösung bevorzugen und keine zweite Gentechfrei-Initiative provozieren.» Die Ergebnisse des Nationalen Forschungsprogramms über Chancen und Risiken der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen sprechen nicht gegen die Moratoriumsver - längerung. Maya Graf erwartet aus der Diskussion über den Schlussbericht des NFP59 kein entscheidendes Übergewicht, weder in Richtung Nutzen noch in Richtung Risiken. «Deutlich werden hingegen die Rechtslücken für eine Koexistenzregelung», meint sie. Das Nebeneinander von Biolandwirtschaft, integ rier - ter Produktion und Gentech-Kulturen wäre logistisch aufwändig und lässt Fragen offen. Können die Kosten der Kontrollen nach Verursacherprinzip überwälzt werden? Wie würde Schaden bewertet und entschädigt? Maya Graf: «Die Moratoriumsverlängerung befreit Bundesrat und Parlament vom Zeitstress.» Längerfristig – darin sind sich die Organisationen in der SAG einig – kann ein Verbot der Agro-Gentechnik als Lösung nicht ausreichen. Zusehends schwieriger wird die Abgrenzung zu iwa» ist heute führendes Saatgut im Biolandbau. FOTOS: P. KUNZ GETREIDEZÜCHTUNG Züchtungsmethoden, die ökologisch und ethisch mindestens so diskutabel sind. Warum werden gentechnische Eingriffe mit einem Moratorium belegt, nicht aber die technische Fusion von Zellen, die sogenannte CMS-Hybriden hervorbringt. Dieses Saatgut ist von Natürlichkeit mindestens so weit entfernt wie genmanipulierte Sorten. Die Schweiz als Pionierland in der Ökosaatzucht Führende Köpfe sind der Meinung, dass die Abwehr der Gentechnik nicht ausreicht, um die Tier- und Pflanzenzucht in eine nach haltige Zukunft zu lenken. Auf Initiative von Florianne Koechlin, Biologin und Buchautorin (Pflanzenpalaver) wurden die «Rheinauer Thesen» entwickelt. Diese formulieren Eckwerte für die ökologische Pflanzenzüchtung (siehe Box). Florianne Koechlin: «Es fehlt an guten Sorten für Biolandbau und integrierte Produktion, weil sich die globale Saatzucht von der bäuerlichen Landbewirtschaftung weg bewegt.» Sie spricht die absehbar knapperen und teureren Rohstoffreserven an. «Zukunftssorten müssen gute Qualität und Erträge erbringen, ohne dass Stickstoff und Phosphor durch zugekauften Dünger in den Betriebskreislauf importiert werden.» Maya Graf hat im Nationalrat zwei Vorstösse eingereicht, um Bundesrat und Parlament auf die zentrale Bedeutung der Saatgutfrage für die Ernährungssouveränität des Landes aufmerksam zu machen. Sie will wissen, wie viel Fördermittel für ein Saatzuchtprogramm mit sechzig Sorten notwendig wären. «Die Moratoriumsverlängerung lässt Bundesrat und Parlament einerseits Zeit, diese entscheidenden Fragen zu diskutieren und andererseits gibt sie der Schweizer Landwirtschaft die Sicherheit, weiterhin erfolgreich gentechfrei produzieren zu können.» Herbert Karch Auszug aus den Rheinauer Thesen über Pflanzen und Pflanzenzucht Ökologische Pflanzenzüchtung… ... soll als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen werden und Gegengewicht zur fortschreitenden Monopolisierung von Wissen und wirtschaftlicher Nutzung sein. ... beteiligt die ganze Wertschöpfungskette (Züchter, Bauern, Verarbeiter, Handel, Konsumenten und Staat) am Züchtungsprozess und an der Finanzierung. ... bezieht Erfahrungswissen und Experimentierfreudigkeit der Bäuerinnen und Bauern ein. ... gewährt einen freien und ungehinderten Austausch von Züchtungsmaterial (keine Patente). ... bedarf der Unterstützung der Wissenschaft. Daraus leiten sich zwei Grundprinzipien für die ökologische Pflanzenzüchtung ab: ... In die Pflanzenzelle und ihr Genom wird nicht technisch eingegriffen. ... Zuchtpflanzen wachsen unter naturnahen Bedingungen (ohne Agrochemie). Rheinauer Thesen: www.blauen-institut.ch > Hintergründe > Rheinauer Thesen www.kleinbauern.ch ökologo 1/2012 9
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