allgäuALTERNATIV - Sommerausgabe 2-2017
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Ausgabe 2/<strong>2017</strong><br />
Schutzgebühr: 4,- Euro<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />
Biomasse: Gelbe Sterne statt Mais<br />
Mobil: Eis aus der Elektrokutsche<br />
Energiezukunft: Vom Vorreiter zum Schlusslicht
Auf ein Wort<br />
Was geht...?<br />
Für die regionalen<br />
Unternehmen ist Klaus<br />
Fischer bei der Allgäu-GmbH<br />
zuständig<br />
Foto: Allgäu GmbH<br />
Ja, geht noch etwas an Entwicklung im Allgäu,<br />
was soll noch gehen und was darf nicht mehr<br />
gehen? Die Diskussion um das Riedberger<br />
Horn zeigt exemplarisch das Spektrum der Meinungen<br />
im Allgäu. Wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist,<br />
aber dennoch an den Fortschritten und Innovationen<br />
der Gesellschaft insgesamt teilhaben. Das eine Beispiel<br />
lässt sich auf viele Bereiche unseres Lebens übertragen<br />
und betrifft jeden Einzelnen.<br />
Viele denken, die nahezu paradiesische Situation<br />
unseres wirtschaftlichen und sozialen Wohlergehens<br />
ist normal. Das ist sie aber nicht. Denn wir alle im Allgäu<br />
profitieren heute davon, dass in unserer Region in<br />
der Vergangenheit viel gegangen ist und es Menschen<br />
gab, die das dann auch genutzt haben.<br />
Wenn wir an in der Vergangenheit umstrittene<br />
Projekte zurückdenken, wo stünden wir heute? Ohne<br />
Bosch-Werk im Seifener Becken? Ohne A96 im Unterallgäu?<br />
Und vieles mehr. Jeder kennt die Beispiele<br />
aus seiner Nachbarschaft und kann ihre Auswirkungen<br />
beurteilen. Das Allgäu ist auch eine der stärksten<br />
Industrieregionen in Deutschland. Nahezu 40% der<br />
Wertschöpfung finden im produzierenden Gewerbe<br />
inklusive der Bauwirtschaft statt. Dies schafft Arbeitsplätze<br />
und Einkommen, von dem die Allgäuer gut leben<br />
können. Aber ohne Emissionen, Verkehr und damit<br />
auch Einschränkungen geht das nicht immer. Wer<br />
sich aber schon mal die Mühe gemacht hat, die Nachhaltigkeitsberichte<br />
oder Umweltzertifikate vieler unserer<br />
Allgäuer Unternehmen anzuschauen, sieht, wie<br />
engagiert, fortschrittlich und zukunftsorientiert die<br />
Allgäuer Wirtschaft schon ist.<br />
Auch Politik und Verwaltung in unserer Region<br />
machen sich die Entscheidungen über neue Projekte<br />
nicht einfach. Alle wissen, welchen Wert unsere Landschaft<br />
und unsere Natur haben. Das Allgäu darf nicht<br />
in einen Dornröschenschlaf verfallen, nur, weil nichts<br />
mehr vorwärts geht. Ohne Weiterentwicklung verliert<br />
die Region, verlieren die Menschen.<br />
Die Allgäu GmbH motiviert und unterstützt Unternehmen<br />
und Institutionen dabei, die Interessen der<br />
Weiterentwicklung und der Nachhaltigkeit auszugleichen.<br />
Die Vergabe der Marke Allgäu ist fest mit Nachhaltigkeitskriterien<br />
für Umwelt und Regionalität, aber<br />
auch für den Umgang mit Mitarbeitern und Kunden<br />
verbunden. Wer die Marke Allgäu trägt hat nachgewiesen,<br />
dass er sich seiner Verantwortung für nachhaltiges<br />
Wirtschaften und gesundes Leben bewusst ist.<br />
Klaus Fischer<br />
Sprecher der Geschäftsführung<br />
Allgäu GmbH –<br />
Gesellschaft für Standort und Tourismus<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
3
Inhalt<br />
Impressum<br />
Verlag und Herstellung:<br />
Verlag HEPHAISTOS,<br />
EDITION ALLGÄU<br />
Lachener Weg 2,<br />
87509 Immenstadt-<br />
Werdenstein<br />
Tel. 08379/728616,<br />
Fax 08379/728018<br />
info@heimat-allgaeu.info<br />
www.allgaeu-alternativ.de<br />
Herausgeber:<br />
Peter Elgaß<br />
74<br />
Fotos: pixabay, Ujeta-Water, KD Busch/compamedia, Archiv<br />
Redaktion:<br />
Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),<br />
Thomas Niehörster<br />
Claudia Schöwe<br />
Annette Müller<br />
Volker Wille<br />
Gekennzeichnete Beiträge<br />
stellen die Meinung des<br />
Ver fassers, nicht aber des<br />
Verlages dar.<br />
Layout:<br />
Bianca Elgaß,<br />
Ramona Klein<br />
Vorwort Seite 3<br />
E-Mobilität<br />
Die elektrische Eiskutsche Seite 6<br />
Umwelt-Politik<br />
Vorreiter wird Schlusslicht Seite 10<br />
Mobilität<br />
Autonomes Fahren Seite 14<br />
56<br />
E-Mobilität<br />
E-Autos intelligent laden Seite 16<br />
Abt setzt auf neue Technologie Seite 18<br />
E-Mobil<br />
Dichteres Ladenetz im Allgäu Seite 20<br />
Energie<br />
Gemeinsam für Netzausbau Seite 22<br />
Vereinsportrait<br />
Rat und Tat für E-Mobilität Seite 24<br />
Hochschule<br />
Reizt die Kaufprämie? Seite 26<br />
Vom Profi zum Spezialisten Seite 27<br />
Anzeigen:<br />
Carolin Mathes (Ltg.),<br />
Christian Vu<br />
Tel. 08379/728616;<br />
gültige Anzeigenpreisliste:<br />
1/2010<br />
Bankverbindung Verlag:<br />
Raiffeisenbank Oberallgäu-<br />
Süd eG, IBAN:<br />
DE97733699200007126999,<br />
BIC: GENODEF1SFO<br />
Druck und Bindung:<br />
HOLZMANN DRUCK<br />
GMBH & CO KG<br />
Gewerbestraße 2<br />
D-86825 Bad Wörishofen<br />
Titelfotos: Udo Schmidt, djd/Bauherren-Schutzbund, Kremer Pigmente, Abt Sportsline<br />
Studium<br />
Studiengang Energiewirtschaft Seite 28<br />
Meldungen<br />
Präg-Gruppe sorgt auch für E-Mobilität Seite 30<br />
Platz ist auf dem kleinsten Balkon Seite 31<br />
Zwei Frauen für gutes Klima Seite 31<br />
10.000-Häuser-Programm geht weiter Seite 32<br />
Die Kneippstadt elektrisch »erfahren« Seite 32<br />
Neue Eigentümer für altes Unternehmen Seite 33<br />
Energiewendeatlas online erschienen Seite 34<br />
Magazin für besseres Bauen Seite 34<br />
Ausstellung nachhaltige Ortsentwicklung Seite 34<br />
Leben und Architektur im Schwarzwald Seite 35<br />
Ratgeber für Denkmalimmobilien Seite 35<br />
Besser vernetzt Seite 36<br />
Energietanken während Behördengang Seite 36<br />
Mehr Klimaschutz, mehr Stromverbrauch Seite 37<br />
Auszeichnung<br />
Wende-Preis für Lechwerke Seite 38<br />
4 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
10<br />
Entsorgung<br />
Besuch im Müllheizkraftwerk Seite 40<br />
Energie sparen<br />
Das BHKW des Jahres 2016 Seite 41<br />
Bauen<br />
Fassadendämmung ist sicher Seite 42<br />
Altbau<br />
Oben perfekt gedämmt Seite 44<br />
Neu- und Altbau<br />
Luftdichtbahnen funktionieren Seite 46<br />
Hausbau<br />
Wärmepumpen in Einsatz Seite 48<br />
Medien<br />
Deutschland wir weben dein Leichentuch Seite 50<br />
Grenzen des Wachstums Seite 50<br />
Die neuen Wilden Seite 50<br />
Kritik an der Grünen Ökonomie Seite 51<br />
Sonne, Wasser und Wind Seite 51<br />
Vom Weltverständnis eines Bürgers Seite 51<br />
Mächler<br />
Leuchtende Farben der Natur Seite 52<br />
Solar<br />
Sonnenenergie wird zu Käse Seite 61<br />
Klima<br />
Regionale Vielfalt Seite 62<br />
Energiepflanzen<br />
Gelbe Sterne für mehr Vielfalt Seite 66<br />
Natur<br />
Allgäuer Grünlandflächen Seite 69<br />
Moose retten Moore Seite 70<br />
Energie sparen<br />
Guter Rat für Topfgucker Seite 74<br />
Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />
Ausgabe ist der 28. September <strong>2017</strong><br />
70<br />
Wasseraufbereitung<br />
Allgäuer Filter rettet Leben Seite 56<br />
Wasserkraft<br />
Energie mit Tiefgang Seite 58<br />
Regional<br />
Wo Bayern drauf steht... Seite 60<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
5
E-Mobilität<br />
Die elektrische Eiskutsche<br />
Operation am offenen Herzen<br />
Sie bereichert das Stadtbild schon seit Jahren und verwöhnt große und<br />
kleine Genießer während der Sommermonate mit original italienischem<br />
Speiseeis. Beppos einzigartige und innovative Eiskutsche wurde nun<br />
für das Zeitalter der Elektromobilität modernisiert.<br />
Der Oldtimer ist mit seinem Elektromotor<br />
und Zahnradgetriebe in die Jahre gekommen.<br />
Dessen ist sich Giuseppe »Beppo«<br />
Montuori – Eiskutschenfahrer und Eisverkäufer aus<br />
Leidenschaft – bewusst. Denn mittlerweile hat die alte<br />
Technik ihre Mühen, das Fahrzeug samt Fahrer auch<br />
über kleine Unebenheiten zu bewegen. In der Vergangenheit<br />
kam es auch schon häufiger vor, dass Passanten<br />
mit anpackten, um die Kutsche bei der Bergfahrt<br />
an der Lechhalde zu unterstützen. Es galt nun, die Füssener<br />
Institution zu erhalten.<br />
Umweltfreundlich soll es sein<br />
Über die Bekanntschaft eines Professors an der<br />
Hochschule Kempten entstand die Idee, aus dem vorliegenden<br />
Problem eine Aufgabe für Studenten zu machen.<br />
Prof. Dr. Dominikus Hofmann bot im vergangenen<br />
Sommersemester eine Projektarbeit an, in der Studenten<br />
ihre Kompetenzen anwenden sollten, um ein<br />
alternatives Antriebskonzept für die Kutsche zu finden.<br />
Drei interessierte Studenten – Christoph Bittl, Raphael<br />
Hofmann und Daniel Butzmann – des Studienganges<br />
Energie- und Umwelttechnik nahmen sich der Herausforderung<br />
an. Da Giuseppe Montuori, der für seine<br />
Eisherstellung Rohstoffe aus fairem und regionalem<br />
Handel bezieht, umweltbewusst denkt, sollte das neue<br />
Antriebskonzept der Eiskutsche frei von Emissionen<br />
sein. So wurde es Ziel der Arbeit, eine energieeffiziente<br />
und nachhaltige Lösung zu schaffen.<br />
Schnell fanden sich in den Projektbesprechungen<br />
Lösungen, die einfach, aber ausreichend schienen.<br />
Doch so leicht sollte es nicht werden. Denn während<br />
6<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Damit die Techniker zur Tat schreiten können, wurden alle<br />
Verkleidungen entfernt. Übrig blieb nur das »Skelett« der Eiskutsche<br />
Die Eiskutsche hat schon an die<br />
40 Jahre auf dem Buckel – Zeit<br />
für eine kleine Modernisierung<br />
Fotos: Guiseppe Montuori<br />
Wo gehobelt wird, da fallen Späne beziehungsweise fliegen<br />
die Funken – der Umbau ist in vollem Gange<br />
der Arbeit an dem Projekt stießen die Studenten immer<br />
wieder auf neue Herausforderungen und mussten<br />
so manche gute Idee wieder verwerfen.<br />
So schien ein Druckluftkonzept für den Einsatzbereich<br />
in der Stadt ideal. Hierbei wird Luft unter hohem<br />
Druck in einem Tank gespeichert und über einen<br />
Motor in mechanische Energie umgewandelt. Ein<br />
schöner Nebeneffekt hätte sich durch die Expansion<br />
des komprimierten Gases ergeben – man hätte damit<br />
das Eis kühlen können. Doch Rahmenbedingungen<br />
und Sicherheitsvorkehrungen führten dazu, dass die<br />
Idee nicht umgesetzt wurde.<br />
Auch andere Ansätze wie ein Dampfantrieb oder<br />
ein Verbrennungsmotor mit direktem Antrieb oder<br />
hydrostatisch wurden schnell wieder verworfen.<br />
Schließlich kamen die Studenten auf ein elektrisches<br />
Antriebskonzept, das einige Möglichkeiten bot.<br />
Probleme über Probleme<br />
Bei einer Besichtigung der Kutsche wurden Maße<br />
genommen, um anschließend ein 3D-Modell erstellen<br />
zu können. Dies würde es den Studenten später erleichtern,<br />
Komponenten unter und an der Kutsche anzubringen.<br />
Damit sich die Kutsche auch nach der Modernisierung<br />
im rechtlichen Rahmen bewegt, musste<br />
die Geschwindigkeit auf sechs Stundenkilometer beschränkt<br />
werden. Nichtsdestotrotz wünschte sich Guiseppe<br />
Montuori etwas mehr Beschleunigungsvermögen<br />
und Traktion auf dem Kopfsteinpflaster. Der bestehende<br />
Einradantrieb über eine Kette hatte ihm<br />
schon öfter Probleme bereitet. Auch der hohe Verschleiß<br />
an Starterbatterien zur Spannungsversorgung<br />
des Elektromotors, die geringe Reichweite und die alternde<br />
Konstruktion mit einer überspringenden Kette<br />
waren Probleme, die es zu lösen galt. Nachdem die<br />
Studenten alle technischen Daten sowie Probleme und<br />
Wünsche gesammelt hatten, wurden die Aufgaben<br />
verteilt, und die drei suchten parallel nach Elektromotoren,<br />
Steuerungen und Akkumulatoren.<br />
Die Studenten schreiten zur Tat<br />
Raphael Hofmann beschäftigte sich mit der Auslegungsrechnung<br />
des Motors anhand der Methoden<br />
der Technischen Mechanik und bestimmte so die nötige<br />
Leistung der Motoren bei Einzel- und Zweiradantrieb.<br />
Mit dieser Information konnten dann Hersteller<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
7
E-Mobilität<br />
Am Tag der Jungfernfahrt<br />
wurden noch die letzten<br />
Para meter durch Elektro -<br />
ingenieur Franz von der<br />
Firma E-CAR-TECH aus<br />
Rosenfeld eingestellt<br />
Das neue Antriebssystem<br />
mit zwei elektrisch<br />
geregelten Motoren<br />
und Lieferanten von Elektromotoren kontaktiert werden.<br />
Besonders interessant schien hier eine italienische<br />
Firma, die elektrisch angetriebene Achsen für Agrarund<br />
Kommunalfahrzeuge vertreibt. Eine Zusammenarbeit<br />
scheiterte allerdings, da die Italiener keine passende<br />
Motor-Achskombination anbieten konnten.<br />
Derweil fertigte Daniel Butzmann die Pläne für die<br />
Unterbringung der Achsen und Motoren im Fahrzeug<br />
in einem CAD-System (computer-aided design, zu<br />
Deutsch rechnerunterstütztes Konstruieren) an. Neben<br />
einem knappen Platzangebot bestand auch das<br />
Problem, die Optik des Fahrzeugs nicht zu verändern<br />
und die Federung für den Fahrkomfort zu erhalten.<br />
Nun mussten die elektrischen Antriebskonzepte<br />
noch auf ihre Machtbarkeit hin untersucht werden.<br />
Ein Radnabenantrieb hätte zwar am wenigsten Platz<br />
benötigt, jedoch wäre dadurch die Optik der Kutsche<br />
mit ihren Speichenrädern stark gestört worden. Ein<br />
elektrohydraulisches Konzept bestach wiederum mit<br />
seiner einfachen Regelung, doch der Wirkungsgrad<br />
für den reinen Fahrbetrieb ohne die Ansteuerung von<br />
Linearzylindern wie in Baumaschinen erwies sich als<br />
wenig praktikabel.<br />
Letztendlich fiel die Entscheidung auf einen<br />
Elektromotor mit Flachgetriebe, woraufhin diese Idee<br />
weiter ausgebaut wurde. In ihrem Abschlussbericht<br />
legten die Studenten Guiseppe Montuori eine Empfehlung<br />
nahe, in der ein angepasster Motor zusammen<br />
mit einer Motorsteuerung und dazugehöriger Peripherie<br />
aufgezeigt wurde. Nach einem Dreivierteljahr Probleme<br />
wälzen und Lösungen finden konnte nun der<br />
Umbau beginnen.<br />
Volle elektrische Kraft voraus<br />
Zusammen mit der Firma Unimet aus Rieden als<br />
Projektpartner machte sich »Beppo« dann daran, den<br />
Plan in die Tat umzusetzen. Dabei half die Firma Unland<br />
GmbH & Co. KG Innovative Betriebstechnik in<br />
Füssen-Weißensee. Sie stellte nicht nur die Werkstatt<br />
zur Verfügung, sondern fertigte auch die Konstruktionsteile<br />
für die Aufhängung der Motoren.<br />
Die Techniker von Unland entschieden sich entgegen<br />
dem Vorschlag im Bericht für einen Zweiradantrieb.<br />
Aufgrund der Probleme bei Kurvenfahrten wäre<br />
ein Differenzial nötig gewesen, dies wurde aber durch<br />
die Verwendung von zwei elektrisch geregelten Motoren<br />
gelöst. Die leistungsstarken Motoren sowie die Antriebssysteme<br />
wurden von den Firmen Schwarz Elekromotoren<br />
GmbH aus Rehau und E-CAR-TECH aus<br />
Tübingen realisiert. Da beim Umbau Winkelgetriebe<br />
verwendet wurden, entstand zusätzlicher Platz unterhalb<br />
der Eiskutsche, in dem weitere Akkumulatoren<br />
untergebracht werden können.<br />
Gesponsert wurde der Umbau von einem Unternehmen<br />
aus dem Füssener Land, das sich mit dem<br />
umweltfreundlichen Konzept identifizieren konnte<br />
und dem der Erhalt der historischen Eiskutsche besonders<br />
am Herzen lag. Seit Anfang Juni ist »Beppo«<br />
nun wieder mit seiner Eiskutsche in Füssen unterwegs<br />
und erfreut Einheimische wie Gäste mit seinen selbstgemachten<br />
Gelati.<br />
8 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Umwelt-Politik<br />
Solarenergie steht<br />
nur zur Verfügung, wenn<br />
die Sonne scheint<br />
Vorreiter wird Schlusslicht<br />
Das wahre Bild der Energiewende<br />
Im März lud die Bundesregierung erneut die Welt zum<br />
»Energy Transition Dialogue« nach Berlin ein. Wie jedes Jahr<br />
gab es große Reden der Bundesminister, die belegen sollten,<br />
dass Deutschland ein globaler Vorreiter der Energiewende und<br />
des Klimaschutzes ist. Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Wir<br />
haben einen ausgewiesenen Fachmann befragt. Hans-Josef Fell,<br />
ehemaliger bayerischer Bundestagsabgeordneter, legt den<br />
Finger in die Wunde der deutschen Energiewende.<br />
Stimmt unser Bild vom »Vorreiter Deutschland«<br />
in Sachen Energiewende immer noch?<br />
Nein. Inzwischen sind viele andere Nationen<br />
an Deutschland vorbeigezogen, zeigen ein wesentlich<br />
stärkeres Investitionsverhalten, haben offensivere politische<br />
Ziele und eine erfolgreichere politische Gesetzgebung.<br />
Es stimmt, dass Deutschland im letzten<br />
Jahrzehnt eine herausragende Rolle eingenommen hat.<br />
Mit der vom Bundestag 2000 beschlossenen Einspeisevergütung<br />
für Strom aus erneuerbaren Energien<br />
wurde eine erstaunliche Dynamik im Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien im Stromsektor angestoßen, die<br />
damals nur von sehr wenigen Analysten für möglich<br />
gehalten worden war.<br />
Viele Pioniere sind heute in Konkurs<br />
Binnen einem guten Jahrzehnt haben sich die<br />
Kosten für Solar- und Windstrom von einer sehr teuren<br />
Stromerzeugung zum weltweit kostengünstigsten<br />
Energieträger entwickelt. Industrielle Massenfertigung<br />
im Solarsektor, angestoßen von deutschen Firmen,<br />
gibt es jedoch hierzulande kaum mehr. Die Firmen<br />
sind vielfach in Konkurs gegangen wie im Mai <strong>2017</strong><br />
Deutschlands führender Konzern Solarworld. Grund<br />
ist eine seit Jahren fehlende stützende Solarindustriepolitik<br />
in Deutschland und der EU. So war es ein<br />
Leichtes für China, USA und andere Länder, die in -<br />
dus trielle Hoheit im Solarsektor zu übernehmen.<br />
Dabei war Deutschland auf dem besten Wege,<br />
Atomausstieg und erfolgreichen Klimaschutz miteinander<br />
zu verbinden. Doch die Gesetzgebungen der letzten<br />
Jahre haben diese Entwicklung völlig ohne Not gestoppt.<br />
Mit der momentanen Ausbaugeschwindigkeit<br />
der erneuerbaren Energien wird nur etwa die Hälfte des<br />
noch bis 2022 zu ersetzenden Atomstromes auch tatsächlich<br />
ersetzt werden können. Was bedeutet, dass<br />
10<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
dann der Atomausstieg nur mit Erhöhung der Klimagasemissionen<br />
erreicht werden kann.<br />
Massive Einbrüche beim Ökostrom<br />
Der Anteil des Ökostromes wuchs in Deutschland<br />
rasant von etwa sechs Prozent im Jahre 2000 auf<br />
ca. 33 Prozent im Jahre 2016. Doch dieses steile<br />
Wachstum täuscht darüber hinweg, dass es in den letzten<br />
Jahren massive Einbrüche gab – ausgenommen im<br />
Windkraftsektor. Insgesamt haben sich in der EU und<br />
Deutschland die jährlichen Investitionen in erneuerbare<br />
Energien seit 2012 etwa halbiert, völlig entgegen<br />
dem rasant wachsenden Welttrend.<br />
Einzig die Windenergie wird noch stark ausgebaut.<br />
Mit fast sechs Gigawatt (GW) neuen Investitionen<br />
wurde 2015 ein Rekordausbau geschafft, der allerdings<br />
2016 schon auf ca. 5,5 GW gesunken ist. Nun<br />
will die Bundesregierung den jährlichen Ausbau ab<br />
<strong>2017</strong> sogar auf 2,8 GW drosseln. Der Ausbau der<br />
Windenergie im größten Bundesland Bayern, das das<br />
höchste Windpotenzial aller Bundesländer hat, ist<br />
schon fast völlig gestoppt worden. Grund ist eine verfehlte<br />
Gesetzgebung mit überhöhten Abständen der<br />
Windkraftanlagen zur Wohnbebauung.<br />
Im Würgegriff restriktiver Gesetze<br />
Noch weniger ermutigend sind in den letzten<br />
Jahren die jährlichen Neuinstallationen in den übrigen<br />
erneuerbaren Energien. Aufgrund von restriktiven<br />
Gesetzesänderungen sanken die installierten PV-Leis -<br />
tungen von 7,5 GW im Jahre 2012 auf ca. 1,5 GW im<br />
Jahre 2016, womit sie sogar noch weit unter dem Ausbauziel<br />
der Bundesregierung mit 2,5 GW liegen. Auch<br />
der Wasserkraftausbau, im Jahre 2009 bei knapp 140<br />
Megawatt (MW) Neubau, liegt 2016 sogar unter 10<br />
MW. Der Geothermieausbau fiel von 12 MW neu installierter<br />
Leistung im Jahre 2012 auf Null im Jahr<br />
2015. Stromerzeugungsanlagen aus Bioenergie wurden<br />
2011 fast 700 MW neu installiert, 2015 liegen die<br />
Neuinstallationen unter 50 MW.<br />
Die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien<br />
stagniert seit 2010 bei etwa 150.000 MWh jährlich.<br />
Der Biokraftstoffmarkt ist von 45 TWh im Jahre<br />
2007 auf 30 TWh im Jahre 2015 sogar massiv gesunken.<br />
Der Elektromobilverkauf ist in Deutschland 2016<br />
um sieben Prozent gegen über 2015 gesunken, vollkommen<br />
entgegen dem Welttrend.<br />
Die Klimaziele meilenweit verfehlt<br />
Auch die angepeilten Effizienz- und Einsparungsziele<br />
der Bundesregierung werden nicht erfüllt. So ist<br />
der Primärenergieverbrauch im letzten Jahr sogar wieder<br />
gestiegen und damit auch der CO2-Ausstoß. Von<br />
Klimaschutzerfolgen ist Deutschland in den letzten<br />
Jahren weit entfernt. So lagen die CO2-Emissionen<br />
2016 deutlich über den von der Bundesregierung angepeilten<br />
Zielen. Dabei kann der Emissionsreduktionspfad<br />
mit 80 Prozent CO2-Reduktion bis 2050 unmöglich<br />
die Ziele von Paris unterstützen, da ein Anstieg von<br />
1,5 Grad Celsius wohl schon um das Jahr 2020 erreicht<br />
sein wird. Ab dann müsste es eine weltweite Nullemissionswirtschaft,<br />
verbunden mit großflächigem Kohlenstoffsenken,<br />
geben. Nach der Unterzeichnung der Pariser<br />
Klimaschutzvereinbarung gab es in Deutschland<br />
jedoch keine Anpassung der nationalen Emissionsziele<br />
an das 1,5- oder 2-Grad-Celsius-Ziel.<br />
Die Arbeitsplätze massiv abgebaut<br />
Durch die nicht zielführende Politik wird die<br />
Bundesregierung auch ihr Ziel verfehlen, bis 2020 eine<br />
Windenergie spielt<br />
vor allem in Norden<br />
der Bundesrepublik<br />
eine große Rolle<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
11
Noch viel zu wenig<br />
»Stromer« sind auf Allgäuer<br />
Straßen unterwegs<br />
Millionen Elektroautos auf die Straßen zu bringen.<br />
Wegen des massiven Rückgangs im Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien ist es kein Wunder, dass auch die Arbeitsplätze<br />
in der Branche von fast 400.000 im Jahr<br />
2012 auf 330.000 im Jahr 2016 gesunken sind. Insbesondere<br />
die Solarbranche verlor über 70.000 Jobs.<br />
Bürgerengagement massiv enttäuscht<br />
Besonders bedrohlich für einen erfolgreichen<br />
Fortbestand der Energiewende in Deutschland ist, dass<br />
die erfolgreichen Bürger-Energieinvestitionen aktuell<br />
massiv eingebrochen sind. Es waren im letzten Jahrzehnt<br />
gerade Privatleute, Landwirte, Energiegemeinschaften,<br />
Stadtwerke, kleine und mittlere Unternehmen,<br />
die 90 Prozent der Investitionen in erneuerbare Energien<br />
tätigten, und eben nicht die großen Energiekonzerne<br />
wie E.ON oder RWE. Diese setzten stattdessen<br />
auf den Neubau von Erdgas- und Kohlekraftwerken.<br />
Gerade diese unrentablen Fehlinvestitionen treiben die<br />
Energiekonzerne in immer tiefere rote Zahlen.<br />
Um aber die Konzerne nicht in den Konkurs<br />
gehen zu lassen, erhöht die Bundesregierung die direkten<br />
Subventionen für Kohlekraftwerke und nimmt<br />
gleichzeitig den Bürgerinitiativen die Investitionsgrundlagen<br />
in erneuerbare Energien. So sind die jährlichen<br />
Neugründungen von Energiegenossenschaften<br />
drastisch eingebrochen, von 167 im Jahre 2011 auf 40<br />
in 2015. Ursache ist neben anderen politischen Gesetzesänderungen<br />
insbesondere der Wechsel von Einspeisevergütungen<br />
zum Ausschreibungsmodell.<br />
Als Gründe für den Politikwechsel und den damit<br />
verbundenen drohenden Niedergang der Investitionen<br />
in erneuerbare Energien werden Kostenargumente<br />
genannt und der angeblich fehlende Ausbau der<br />
Netzinfrastruktur.<br />
Dabei stimmen diese Argumente schlicht nicht.<br />
Der Netzbetreiber »50 Hertz« hat verlauten lassen,<br />
dass bis 80 Prozent Ökostromanteil die existierenden<br />
deutschen Netze diesen gut aufnehmen können. Mit<br />
aktuell 33 Prozent sind die erneuerbaren Energien<br />
weit davon entfernt.<br />
Die Erneuerbaren und der Strompreis<br />
Und die Kosten? Es stimmt, dass der Strompreis<br />
für Haushaltskunden in den letzten Jahren erheblich<br />
gestiegen ist. Verschwiegen wird aber häufig, dass der<br />
gesamte, über alle Stromkunden gemittelte Strompreis<br />
in Deutschland in den letzten Jahren sogar gesunken<br />
ist, und an der Universität Erlangen-Nürnberg haben<br />
Forscher längst nachgewiesen, dass ohne den Ausbau<br />
der Erneuerbare Energien in Deutschland die Strompreise<br />
sogar deutlich höher liegen würden. Insbesondere<br />
der wegen des Ökostromausbaues seit dem Abschalten<br />
vieler Atomkraftwerke im Jahre 2011 stark<br />
gesunkene Börsenstrompreis belegt, dass die Behauptung,<br />
die erneuerbaren Energien würden in Deutschland<br />
die Energiepreise nach oben treiben, lediglich<br />
Propaganda einer erfolgreich geführten Kampagne der<br />
alten Energiewirtschaft ist.<br />
Es ist tragisch, aber wahr: Deutschland hat im<br />
letzten Jahrzehnt den entscheidenden Anstoß für den<br />
großen Erfolg im Ausbau der erneuerbaren Energien<br />
weltweit gegeben. Nun aber wird – seit dem Regierungswechsel<br />
im Jahre 2005 auf Kanzlerin Merkel –<br />
Stück für Stück die Fortführung dieses Erfolges massiv<br />
politisch behindert.<br />
Uruguay überholt Deutschland<br />
Andere Länder betreiben längst eine wesentlich<br />
offensivere Politik für die erneuerbaren Energien mit<br />
12 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Biogas wird in Strom umgewandelt<br />
ungeahnten Erfolgen. So sind Nicaragua, Costa Rica,<br />
Uruguay und andere kurz vor der Zielerreichung, die<br />
Stromversorgung zu 100 Prozent aus erneuerbaren<br />
Energien zu schaffen. China, Marokko, die USA und<br />
Indien haben wesentlich stärkere Ausbaugeschwindigkeiten<br />
bei erneuerbaren Energien als Deutschland<br />
und die EU. Auf der Klimakonferenz 2016 in Marrakesch<br />
haben 48 Staaten beschlossen, ihre gesamte<br />
Energieversorgung zwischen 2030 und spätestens<br />
2050 auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen.<br />
In der aktuellen deutschen Regierung gibt es<br />
über solche Ziele nicht einmal eine Diskussion.<br />
Deutschland hat die im Jahre 2000 erfolgreich gestartete<br />
Energiewende mit dem Niedergang der bürgerlichen<br />
dezentralen Investitionen bereits stark gebremst.<br />
Dies ist das wahre Bild der deutschen Energiewende<br />
– auch, wenn Regierungspolitiker auf dem<br />
»Energy Transition Dialogue« versuchten, ein anderes<br />
Bild zu zeichnen.<br />
Den erschwerten Bedingungen zum Trotz<br />
Die weiterhin hohe Akzeptanz der deutschen Bevölkerung<br />
von erneuerbare Energien ist eine solide<br />
Grundlage, die dabei helfen kann, das Bild der Energiewende<br />
umzukehren. Viele dieser Akteure sind trotz erschwerter<br />
politischer Bedingungen weiterhin sehr engagiert.<br />
Um wieder an die früheren Erfolge anknüpfen<br />
zu können, sollten die Gesetzgebungsfehler aus der Vergangenheit<br />
korrigiert werden. Konkret sollte dies beinhalten,<br />
dass Energiegemeinschaften von Ausschreibungen<br />
bis 18 MW für den Solar-, Wind- und Bioenergiesektor<br />
ausgenommen sind. Zudem sollte eine zusätzliche<br />
Vergütung eingeführt werden, die kombinierte Investitionen<br />
in erneuerbare Energiequellen und Speichereinrichtungen<br />
fördern würde, die den Strom viertelstündlich<br />
während des ganzen Jahres abdecken. Damit<br />
würde die Netzintegration ohne Kern- oder Kohlekraft<br />
schnell ermöglicht werden und sich der Ausbau<br />
von e rneuerbaren Energien wieder beschleunigen.<br />
Fotos: Büro H.-J. Fell, EDITION ALLGÄU<br />
Freiflächen-Solaranlagen ergänzen<br />
den Strommix<br />
in Deutschland<br />
Der Autor Hans-Josef Fell<br />
Von 1998 bis zur Bundestagswahl 2013 war Fell<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1998<br />
bis 2002 war er Forschungs politischer Sprecher<br />
der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen<br />
und Mitglied des Ausschusses für Bildung, For -<br />
schung und Technik folgenabschätzung. In den<br />
Jahren 2002 bis 2005 war er Sprecher für For -<br />
schung und Technologie der Bundes tags fraktion<br />
Bündnis 90/Die Grünen und Obmann des Aus -<br />
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktor -<br />
sicherheit im Deutschen Bundes tag. Ab 2005 war<br />
er der energiepolitische Sprecher der<br />
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Des<br />
Weiteren war Hans-Josef Fell ab 1998 der<br />
Berichterstatter für seine Fraktion für<br />
Technikfolgenabschätzung (TAB) im des Deutschen<br />
Bundestag.<br />
Fells besonderes politisches Engagement gilt der<br />
vollständigen Umstellung der konven tionellen Energieerzeugung<br />
auf erneuerbare Energien sowie der<br />
Akzeptanz des Peak-Oil-Problems in Wirt schaft,<br />
Gesellschaft und Politik. Er ist neben dem SPD-<br />
Abgeordneten Hermann Scheer der »Vater« des<br />
Erneuer bare-Energien-Gesetzes (EEG). Außer dem<br />
ist er mitverantwortlich für gesetzliche<br />
Regelungen und politische Initiativen zur Förderung<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
13
Mobilität<br />
Autonomes Fahren<br />
Hochschule Kempten initiiert Runden Tisch<br />
Industrie und Hochschulen wollen ihre gemeinsamen Aktivitäten zum<br />
autonomen Fahren verstärken und haben sich daher zu technischen<br />
Schwerpunkten an einem Runden Tisch ausgetauscht. Auf Einladung<br />
der Hochschule Kempten kamen Ende April rund 40 internationale<br />
Experten aus Wissenschaft und Industrie zusammen. Unterstützt<br />
wurde die Veranstaltung durch die Avl List GmbH und die<br />
Cmore Automotive GmbH.<br />
Professor Dr. Stefan-<br />
Alexander Schneider<br />
Fotos: Hochschule Kempten<br />
Die automobile Fachwelt ist sich einig: Das<br />
autonome Fahren wird die Zukunft der Mobilität<br />
prägen und neue Chancen bieten.<br />
Dabei kristallisieren sich immer mehr konkrete technische<br />
Fragestellungen heraus, die im Zusammenhang<br />
mit den Nutzungsszenarien des Autonomen<br />
Fahrens zu betrachten sind. Die technologischen Herausforderungen<br />
werden nur dann erfolgreich überwunden<br />
werden können, wenn die Anwendung von<br />
einer breiten gesellschaftlichen Basis akzeptiert wird.<br />
Ziel des Technischen Runden Tisches ist es daher,<br />
diese Fragestellungen aufzugreifen und Lösungen zu<br />
entwickeln.<br />
Anregungen und Austausch<br />
Während des zweitätigen Auftakttreffens im<br />
Hochschulzentrum Vöhlinschloss in Illertissen diskutierten<br />
die Teilnehmer in verschiedenen Workshops<br />
zu Sensoren, Halbleitern, Daten- und Teststrategien<br />
sowie Verkehrstechnik und sich daraus ableitenden<br />
Geschäftsmodellen. Im Mittelpunkt des Austausches<br />
standen Fragen wie etwa: Welche Teststrategien für<br />
derzeitige und zukünftig eingesetzte Fahrerassistenzsysteme<br />
und Highly Automated Driving (hochautomatisiertes<br />
Fahren) auf der Straße sind zielführend?<br />
Wie kommen Infrastrukturdaten aus Verkehrsleit -<br />
Avl List GmbH<br />
Ist das weltweit größte un ab -<br />
hängige Unternehmen für die<br />
Entwicklung, Simu lation und<br />
das Testen von Antriebs sys -<br />
temen (Hybrid, Verbrennungs -<br />
motoren, Getriebe, Elektro -<br />
motoren, Batterien und Soft -<br />
ware) für Pkw, Nutzfahr zeuge<br />
und Großmotoren.<br />
Cmore Automotive<br />
GmbH<br />
Ist Entwicklungspartner und<br />
Berater für zukünftige Mobili -<br />
tät weltweit und bietet um -<br />
fassende Engineering-Lösun -<br />
gen für ADAS, Autonomes<br />
Fahren und Elektromobilität –<br />
vom Systementwurf über<br />
Soft wareentwicklung bis hin<br />
zur finalen Validierung.<br />
14<br />
Bot für den Runden Tisch<br />
einen würdigen Rahmen:<br />
das Hochschulzentrum<br />
Vöhlinschloss in Illertissen
Fahrerassistenzsysteme an<br />
der Hochschule Kempten<br />
Als Reaktion auf den großen Fachkräfte -<br />
bedarf wurde im Som mersemester 2014<br />
der Studiengang Fahrerassistenz systeme<br />
eingerichtet. Intensive Wirtschafts ko -<br />
operationen sorgen für eine anwendungs -<br />
orientierte Ausbildung. Das im Aufbau be -<br />
fin dliche Living Lab ADAS der Hochschule<br />
holt die Zukunft ins Labor, damit Studierende<br />
und Wissenschaft ler sowie Partner<br />
aus Wirtschaft und Gesell schaft neue<br />
Kon zepte entwickeln und zur Serienreife<br />
führen können. Die moderne tech nische<br />
Aus stat tung wird es ermöglichen, neue<br />
Methoden und Entwick lungen in soge -<br />
nannten real-live-Szenarien zu erproben –<br />
also exakt in jenem Umfeld, in dem sie<br />
auch später eingesetzt werden.<br />
Gespannte Aufmerksamkeit<br />
beim Runden Tisch<br />
systemen in das Fahrzeug und Fahrzeuginformationen<br />
zu den Verkehrsleitsystemen?<br />
Neben den Workshops sorgten interessante Vorträge<br />
für anregende Gedankenimpulse. Die Firmen<br />
Continental A.D.C. aus Lindau und 3D Mapping Solutions<br />
GmbH aus Holzkirchen demonstrierten eindrucksvoll<br />
den Stand der Technik zur Virtualisierung<br />
von realen Strecken und der damit möglichen Simulation<br />
am Beispiel des Autobahnkreuzes Memmingen.<br />
Simon Steuer, Klimaschutzbeauftragter für den Landkreis<br />
Oberallgäu, rundete die Präsentationen mit der<br />
projektierten Maßnahme ZuMoBe, der Zukunft der<br />
Mobilität in Bergtälern, ab. Hier soll untersucht werden,<br />
ob und gegebenenfalls wie autonome elektrische<br />
Busse zum sanften Tourismus beitragen können.<br />
Nächster Halt: Japan<br />
Der Initiator des Technischen Runden Tisches,<br />
Professor Dr. Stefan-Alexander Schneider von der Fakultät<br />
Elektrotechnik der Hochschule Kempte,n zeigte<br />
sich hochzufrieden mit den Ergebnissen des ersten<br />
Technischen Runden Tisches. »Wir können das autonome<br />
Fahren nur aus der Mitte der Gesellschaft hervorbringen.<br />
Der Technische Runde Tisch ist eine wertvolle<br />
Plattform, um sich über die Technologien und<br />
deren Akzeptanz zu verständigen.« Der nächste Runde<br />
Tisch fand bereits am 8. und 9. Juni <strong>2017</strong> in Japan im<br />
Yagotoyama Koshoji Tempel bei Nagoya statt. Die dritte<br />
Veranstaltung ROAD ist für 2018 in Mississippi,<br />
USA, geplant.<br />
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<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
15
E-Mobilität<br />
E-Autos intelligent laden<br />
P+R-Platz mit Energietankstelle<br />
Der zweijährige Feldtest im Forschungsprojekt ePlanB in Buchloe ist abgeschlossen.<br />
Pendler nutzten regional erzeugten Strom zum Laden von E-Mobilen auf dem<br />
Park-and-Ride-Platz. Die intelligente Ladesteuerung hat sich bewährt, denn geladen<br />
wurde nur, wenn ausreichend regional erzeugter Strom zur Verfügung stand.<br />
Trotzdem kamen alle Elektrofahrzeuge immer an.<br />
Viel Prominenz bei der<br />
Abschluss-Feier in Buchloe<br />
Der zweijährige Feldtest im Forschungsprojekt<br />
ePlanB in Buchloe ist abgeschlossen. In den<br />
letzten beiden Phasen wurde das gesteuerte<br />
Laden von Elektroautos intensiv getestet und optimiert.<br />
Ziel war es, die Elektrofahrzeuge vorrangig mit<br />
regenerativer Energie aus regionalen Quellen zu laden.<br />
Die kam in erster Linie aus den Buchloer Photovoltaik-<br />
Anlagen rund um den Park-and-Ride-Platz am Bahnhof.<br />
Der regional erzeugte Strom sollte damit optimal<br />
vor Ort genutzt werden. Dadurch kann das Verteilnetz<br />
entlastet und die Netzinfrastruktur effizienter betrieben<br />
werden. Dank der intelligenten Steuerung konnten<br />
zum Laden der Fahrzeuge 40 Prozent mehr regenerativ<br />
erzeugter Strom aus der Region Buchloe genutzt werden<br />
als bei ungesteuerten Ladevorgängen. Zudem wurden<br />
Leistungsspitzen im Stromnetz, die durch das<br />
zeitgleiche Laden von vielen Elektrofahrzeugen verursacht<br />
werden, vermieden.<br />
20.000 Liter Sprit eingespart<br />
Insgesamt wurden zum Laden der Fahrzeuge<br />
mehr als 62.000 Kilowattstunden regenerativ erzeugter<br />
Strom genutzt. Dadurch wurden rund 20.000 Liter<br />
Benzin eingespart. Nebeneffekt: Der CO2-Ausstoß<br />
wurde um rund 50 Tonnen reduziert.<br />
»Elektromobilität leistet einen wichtigen Beitrag<br />
zum Klimaschutz und zur Luftqualität und ist somit eine<br />
Frage der ökologischen Vernunft. Wir wollen Bayern<br />
zum Vorreiter der Elektromobilität machen«, sagt Bayerns<br />
Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer.<br />
»Das Projekt ePlanB hat wertvolle Erkenntnisse geliefert<br />
und die Innovationskraft der Region unter Beweis gestellt.<br />
Wir waren von Anfang an von diesem Forschungsvorhaben<br />
überzeugt und haben es deshalb gefördert.«<br />
Kurze Wege für den Ladestrom<br />
Das auf drei Jahre angelegte Forschungsvorhaben<br />
hat sein Hauptziel erreicht: Gemeinsam mit den Projektpartnern<br />
haben die Lechwerke (LEW) ein intelligentes<br />
Lademanagement entwickelt, das die Batterien<br />
von geparkten Elektroautos dann auflädt, wenn die heimischen<br />
PV-Anlagen viel Strom in das Netz einspeisen.<br />
»Die Energiezukunft ist elektrisch – das gilt auch<br />
für den Wärme- und Verkehrssektor. Nur so wird uns<br />
der Umbau des Energiesystems langfristig gelingen.<br />
Unser Forschungsprojekt ePlanB zeigt eindrucksvoll,<br />
wie die Verbindung zwischen diesen Sektoren gelingen<br />
kann«, sagt LEW-Vorstandsmitglied Norbert Schürmann.<br />
»Elektromobilität ist die Technologie, die die<br />
Energiewende auf die Straße bringt, und wir sind stolz,<br />
dass wir die Menschen dafür begeistern konnten.«<br />
»Das Projekt liefert uns auch wichtige Erkenntnisse<br />
zu einem bedarfsgerechten Ausbau der Ladeinfrastruktur,<br />
sowohl an Park-and-Ride-Plätzen als auch<br />
für vergleichbare Anlagen wie Tiefgaragen von Wohneinheiten<br />
oder für Fahrzeugflotten in Betrieben«, sagt<br />
die Ostallgäuer Landrätin Maria Rita Zinnecker. Im<br />
ausführlichen Abschlussbericht zum Projekt ePlanB<br />
werden auch Fragen zur Art der benötigten Ladeinfrastruktur<br />
und zu Bezahlmodellen analysiert.<br />
Denksportaufgaben für Mobilhersteller<br />
»Das Projekt hat gezeigt, dass das gesteuerte Laden<br />
von Elektrofahrzeugen bereits mit Stand der heutigen<br />
Technik möglich ist. Für eine großflächige Umsetzung<br />
bestehen jedoch noch gewisse Hürden«, erklärt Professor<br />
Dr.-Ing. Wolfgang Mauch von der Forschungsstelle<br />
für Energiewirtschaft (FfE). »Beispielsweise haben die<br />
Teilnehmer bei ePlanB den aktuellen Ladezustand der<br />
Batterie manuell über ein Online-Portal eingegeben.<br />
Will man das intelligente Lademanagement großflächig<br />
einführen, müssten diese Daten automatisch vom Fahr-<br />
16<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Fotos: Lechwerke<br />
Der Feldtest ist<br />
beendet, die Ladesäulen<br />
bleiben stehen<br />
zeug zur Ladesäule übertragen werden. Hier sind die<br />
Fahrzeughersteller gefragt.« Außerdem sei bisher bei einigen<br />
Elektrofahrzeugmodellen keine Ladeunterbrechung<br />
möglich, sodass die intelligente Steuerung heute<br />
noch nicht für alle Fahrzeuge zugänglich wäre.<br />
Hohe »Ladespitzen« wurden geglättet<br />
Die vier Feldtestphasen hatten jeweils unterschiedliche<br />
Forschungsschwerpunkte. Zu Beginn wurden<br />
die Elektroautos ungesteuert geladen, das heißt,<br />
der Ladevorgang startete, sobald die Teilnehmer das<br />
Auto an die Ladesäule angeschlossen hatten. Beim gesteuerten<br />
Laden, das mit der zweiten Feldtestphase im<br />
September 2015 startete, gaben die Pendler über ein<br />
Online-Portal oder ein zentrales Eingabeterminal bei<br />
der Ankunft am Parkplatz Daten zum Ladezustand der<br />
Batterie und dem geplanten Abfahrtszeitpunkt ein. Die<br />
intelligente Ladesteuerung erstellte für jedes Fahrzeug<br />
einen Ladeplan, sobald das Fahrzeug an die Ladesäule<br />
gesteckt wurde. Dieser errechnete sich aus den Prognosen<br />
der PV-Erzeugung und den Eingaben des Pendlers<br />
zum Ladezustand und Abfahrtszeitpunkt.<br />
Der Ladevorgang ließ sich somit in Zeiten verschieben,<br />
in denen heimische Photovoltaik-Anlagen<br />
besonders viel Strom erzeugten. So konnte deutlich<br />
mehr regional erzeugter Strom für das Laden genutzt<br />
werden: Während beim ungesteuerten Laden teilweise<br />
nur 40 Prozent des Ladestroms aus Photovoltaik-Anlagen<br />
der Region stammten, waren es mit Lade mana -<br />
ge ment system bis zu 69 Prozent. Wären alle Fahrzeuge<br />
steuerbar, läge dieser Anteil sogar bei über 80 Prozent.<br />
Außerdem konnten die Lastspitzen, die beim ungesteuerten<br />
Laden in den Morgenstunden lagen, geglättet<br />
und im Mittel um 43 Prozent reduziert werden.<br />
Anreiz zum Kauf eigener E-Mobile<br />
Inzwischen haben die letzten 14 Projektteilnehmer<br />
die Elektrofahrzeuge, die ihnen im Rahmen des<br />
Feldversuchs zur Verfügung gestellt wurden, wieder<br />
abgegeben. Insgesamt 56 Pendler hatten für jeweils<br />
sechs Monate ein Elektrofahrzeug erhalten, um damit<br />
zum Park-and-Ride-Platz am Bahnhof in Buchloe zu<br />
pendeln. Die Befragungen zeigen: Die Projektteilnehmer<br />
sind vom elektrischen Fahren begeistert, und viele<br />
von ihnen überlegen inzwischen, sich selbst ein Elektroauto<br />
anzuschaffen. Pendler stärker für das Thema<br />
Elektromobilität zu sensibilisieren – auch das war ein<br />
Ziel des Projektes, das voll erfüllt wurde. Die Erwartungen<br />
wurden sogar übertroffen, denn zusätzlich zu<br />
den Testfahrern konnten weit über 200 Personen aus<br />
dem Umfeld der Projektteilnehmer erste Erfahrungen<br />
mit dem leisen und emissionsfreien Fahren sammeln.<br />
ePlanB wirkt also weit über den Kreis der unmittelbaren<br />
Teilnehmer hinaus. Die Gesamtfahrleistung der<br />
Fahrzeuge seit Beginn des Feldtests liegt bei rund<br />
400.000 Kilometern.<br />
Buchloe will die Ladesäulen behalten<br />
»Bei den Ladepunkten handelt es sich um eine<br />
wichtige Infrastruktur. Deshalb sollen die 16 Ladepunkte<br />
am Park-and-Ride-Platz am Bahnhof Buchloe<br />
möglichst bestehen bleiben. Sie können zunächst als<br />
öffentliche Ladesäulen von allen Fahrern von Elektrofahrzeugen<br />
genutzt werden«, sagt Manfred Beck, Dritter<br />
Bürgermeister der Stadt Buchloe. Die kommunalen<br />
Projektpartner haben großes Interesse am Erhalt der<br />
Ladeinfrastruktur. »Wir als Landkreis möchten in Zukunft<br />
mehr Elektrofahrzeuge in unsere kommunale<br />
Fahrzeugflotte aufnehmen«, sagt Zinnecker.<br />
Das Projekt ePlanB wurde vom Landkreis<br />
Ostallgäu, der Stadt Buchloe, der Lechwerke AG<br />
(LEW), der LEW Verteilnetz GmbH (LVN) und der<br />
Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) durchgeführt<br />
und vom bayerischen Wirtschaftsministerium<br />
gefördert.<br />
Weitere Informationen unter www.eplanb.de<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
17
E-Mobilität<br />
Abt setzt auf neue Technologie<br />
eMobility Engineering gegründet<br />
Auch, wenn konventionelle Antriebe noch lange die Mehrheit aller Autos<br />
bewegen werden, halten nicht wenige das leise Summen eines Elektromotors<br />
für das Geräusch der Mobilität von morgen. Maßnahmen wie die Befreiung<br />
von der Kfz-Steuer und die staatliche Kaufprämie stützen diese<br />
Ansicht. Bei Abt Sportsline in Kempten beobachtet man den Markt genau<br />
und stellt sich auf zukünftige Entwicklungen ein.<br />
Einbau eines kompletten<br />
Elektromotors in der Abt-<br />
Werkstatt in Kempten<br />
Das Potenzial der E-Mobilität hat auch Fahrzeugveredler<br />
Abt Sportsline erkannt, der<br />
sein Know-how aus dem Tuningbereich seit<br />
mittlerweile sieben Jahren in die Entwicklung von<br />
elektrischen Nutzfahrzeugen wie den ABT eCaddy<br />
oder den neuen ABT eCab auf Basis des VW T6 einfließen<br />
lässt. Jetzt wurde die Abteilung Abt eMobility<br />
Engineering gegründet, die Entwicklungsdienstleistungen<br />
auch für Dritte anbietet. Natürlich sieht man<br />
auch bei Abt in Kempten, dass der Durchbruch für<br />
die E-Mobile in Deutschland noch nicht in Sicht ist –<br />
wie z.B. die Bachelor-Arbeit von Valerie Bernhard an<br />
der Hochschule Biberach aufzeigt. Man hat aber auch<br />
in der langjährigen Entwicklungsarbeit festgestellt,<br />
dass es notwendig ist, am Ball zu bleiben, denn der<br />
Umstieg von fossilen Antriebssystemen auf die E-Mobilität<br />
wird kommen. Nur das »Wann« ist noch nicht<br />
klar.
Fotos: Abt Sportsline<br />
Lange, bevor die praktische Montage beginnt, sind Ingenieure bei Abt mit<br />
der Planung der Komponenten am Rechner beschäftigt<br />
Montage eines E-Motors in ein Transport-<br />
Fahrzeug auf Basis des VW T6<br />
Veredler bietet sich als Partner an<br />
»Als Veredler beschäftigen wir uns mittlerweile so<br />
intensiv mit kompletten Fahrzeugarchitekturen, dass ein<br />
Technologietransfer in andere Segmente nur eine Frage<br />
der Zeit war, und alternative Antriebe finde ich persönlich<br />
höchst spannend, wie auch unsere jüngere Geschichte<br />
zeigt. Mittlerweile haben wir durch unsere Projekte<br />
eCaddy, eCab und die Entwicklung in der Formel-<br />
E so viele Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt,<br />
dass wir unser Know-how auch extern anbieten möchten,<br />
um die Idee der elektrischen Mobilität zu unterstützen«,<br />
so Geschäftsführer Hans-Jürgen Abt. Das Spektrum<br />
reicht dabei von der Entwicklung und Programmierung<br />
von Steuergeräten über Lithium-Batterien und<br />
komplette Antriebsstränge bis hin zum Bau von fahrfertigen<br />
Prototypen. Soll es etwas ganz Besonderes sein, besteht<br />
auch die Möglichkeit, Spezialfahrzeuge anzufertigen<br />
und Kleinserien zu produzieren. »Wir setzen mit<br />
dem Bereich Abt eMobility Engineering auf eine zukunftsträchtige<br />
Sparte«, sagt Hans-Jürgen Abt.<br />
Dank der langjährigen Erfahrung bei der Programmierung<br />
von AEC (ABT Engine Control)-Steuergeräten<br />
für die Leistungssteigerung kann Abt Sportsline<br />
Software und Elektronik ganz nach den Wünschen des<br />
Kunden entwickeln. Dabei werden die für Elektrofahrzeuge<br />
eAEC genannten Motorsteuerungen komplett<br />
mit hauseigenem Know-how konstruiert. Auch die<br />
Komponentenherstellung sowohl für Hoch- als auch für<br />
Niedervoltbatterien ist Bestandteil des Abt-Leistungsspektrums.<br />
Um eine außergewöhnliche Akkukapazität<br />
zu erzielen und hohe Reichweiten zu garantieren, können<br />
auch parallel geschaltete Batteriesysteme aufgebaut<br />
werden. Neben den zahlreichen elektrischen Bauteilen<br />
müssen natürlich auch die mechanischen Teile mit<br />
größtmöglicher Sorgfalt gefertigt werden.<br />
Jahrelange Erfahrung setzt sich durch<br />
»Wir sind der perfekte Partner für den Mittelstand«,<br />
so Hans-Jürgen Abt, »weil wir jahrelange Erfahrung<br />
in der Entwicklung von Komponenten und<br />
kompletten Antriebssträngen von reinen Elektro- und<br />
Hybridfahrzeugen haben.« Bereits im Jahre 2009 begann<br />
Abt Sportsline mit der Konstruktion eines elektrisierten<br />
VW Caddy. Bis heute hat die Flotte aus 40<br />
rein elektrischen Nutzfahrzeugen insgesamt mehr als<br />
eine Million Kilometer deutschlandweit zurückgelegt<br />
und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit bei<br />
ihren Fahrern.<br />
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19
E-Mobil<br />
Dichteres Ladenetz im Allgäu<br />
AÜW investiert eine Dreiviertelmillion<br />
Die Elektromobilität erfährt mit der Förderung der Bundesregierung neuen Schwung.<br />
Seit Sommer 2016 wird die Anschaffung eines Elektrofahrzeuges finanziell unterstützt.<br />
Im März <strong>2017</strong> trat das neue Förderprogramm für den Ausbau der Ladeinfrastruktur in<br />
Kraft. In den kommenden zwei Jahren werden allein in Kempten und dem Oberallgäu<br />
rund 750.000 Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert.<br />
Rund eine Dreiviertelmillion Euro<br />
will das Allgäuer Überland werk<br />
mit seinen Partnern im<br />
Oberallgäu in weitere<br />
Ladesäulen investieren<br />
Foto: Archiv EDITION ALLGÄU<br />
Bereits seit 2009 engagiert sich das Allgäuer<br />
Überlandwerk (AÜW), gemeinsam mit den<br />
AllgäuStrom-Partnern und Akteuren wie der<br />
Hochschule Kempten im Bereich der Elektromobilität.<br />
»In den Anfängen haben wir noch aus normalen Fahrzeugen<br />
die Verbrennungsmotoren ausgebaut, durch<br />
einen elektrischen Antrieb ersetzt und damit die ersten<br />
Fahrzeuge und Eigenschaften getestet. Heute, nur<br />
acht Jahre später, hat jeder namhafte Automobilhersteller<br />
mindestens ein E-Fahrzeug im Angebot«, erinnert<br />
sich Michael Lucke, Geschäftsführer AÜW.<br />
Ladesäulen im Allgäu noch rar<br />
Eine technologische Entwicklung, die noch immer<br />
am Anfang steht und sehr rasant fortschreitet. So<br />
haben sich die Reichweiten von rund 80 auf bis zu 500<br />
Kilometer verfünffacht, und die Fahrzeuge wurden<br />
mit den Jahren sehr zuverlässig. »Die größte Herausforderung<br />
besteht jetzt im Ausbau der Ladeinfrastruktur.«,<br />
betont Lucke. »In anderen europäischen Ländern<br />
wurde seitens der Politik bereits vor Jahren der<br />
Ausbau der Ladesäulen forciert. In diesen Ländern ist<br />
die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge im Vergleich<br />
deutlich höher als bei uns in Deutschland. Das ist das<br />
Prinzip Henne – Ei: Wenn die Menschen unterwegs<br />
Schwierigkeiten haben, das Fahrzeug zu laden, entsteht<br />
eine gewisse Unsicherheit, das ist nachvollziehbar.«<br />
Aus diesem Grund haben die Allgäuer Energieversorger<br />
bereits vor vielen Jahren begonnen, eine<br />
Ladeinfrastruktur aufzubauen. Schon heute betreiben<br />
AÜW und die AllgäuStrom-Partner im Oberallgäu<br />
und in Kempten 16 Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten.<br />
Das Angebot verdoppeln<br />
In den kommenden zwei bis drei Jahren wird das<br />
Angebot an Ladepunkten im Allgäu nahezu verdoppelt.<br />
Im Rahmen der Förderung der deutschen Bundesregierung<br />
haben AÜW und die AllgäuStrom-Partner<br />
insgesamt 20 neue öffentliche Ladesäulen beantragt<br />
und bewilligt bekommen. Hinzu kommen vier<br />
sogenannte Schnellladestationen im Umfeld der Autobahn<br />
A7 sowie der Bundesstraßen B12 und B19, an<br />
denen moderne Elektrofahrzeuge in rund 45 bis 60<br />
Minuten wieder aufgeladen werden können.<br />
Die Standorte verteilen sich gleichmäßig im<br />
Oberallgäu und in der Stadt Kempten. Insgesamt werden<br />
somit in den kommenden zwei Jahren rund<br />
750.000 Euro in den Ausbau investiert. 40 Prozent dieser<br />
Kosten werden über das Förderprogramm der<br />
Bundesregierung bezuschusst. Neben AÜW und den<br />
AllgäuStrom-Partnern beteiligen sich auch die Gemeinden<br />
und Firmen, bei denen eine neue Ladesäule<br />
entsteht, an den Ausbaukosten.<br />
Produkte und Dienstleistungen<br />
Neben der Ladeinfrastruktur verstehen sich<br />
AÜW und die AllgäuStrom-Partner als Vordenker<br />
und Berater im Bereich der Elektromobilität. Privatkunden<br />
erhalten mit der AllgäuStrom-Heimladebox<br />
eine sichere Lademöglichkeit für zu hause, auf<br />
Wunsch sogar intelligent mit der eigenen PV-Anlage<br />
und dem Batteriespeicher verknüpft. Und die Ladekarte<br />
AllgäuStrom Mobil ermöglicht unterwegs den<br />
unkomplizierten Zugang zu über 650 Ladestationen<br />
in ganz Deutschland.<br />
»Für Hotels, Gewerbe- und Industriekunden arbeiten<br />
wir derzeit an Lösungen für den Aufbau von<br />
Ladeinfrastruktur unter Berücksichtigung eines intelligenten<br />
Lade- und Lastmanagements. Über ein Energiemanagement-System<br />
wird den Ladesäulen mitgeteilt,<br />
welches Auto zu welcher Zeit und für welche<br />
Strecke benötigt wird. So können mehrere Fahrzeuge<br />
gleichzeitig geladen werden, ohne die Leistung dras -<br />
tisch zu erhöhen. Zusätzlich bieten wir auch die Wartung<br />
und den Service der Ladesäulen als Dienstleis -<br />
tung an und kümmern uns auf Wunsch um die komplette<br />
Abrechnung mit dem Kunden oder Mitarbeiter«,<br />
gibt Stefan Nitschke, Leiter Marketing, Vertrieb<br />
und Produktmanagement von AÜW, einen Ausblick<br />
auf die kommenden Monate.<br />
20<br />
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IRENE und IREN2 in Wildpoldsried kommerziell umzusetzen.<br />
Das Energiedorf Wildpoldsried<br />
wird nicht ohne Grund so ge -<br />
nannt – die Menge der<br />
Stromerzeugung aus<br />
erneuerbaren Energie quellen ist<br />
fünfmal höher als der<br />
Eigenbedarf des Dorfes<br />
Das Steuerungssystem im Blick:<br />
Teammitglieder des IREN2-<br />
Pro jektes an der Workstation<br />
im Office-Container in<br />
Wildpoldsried<br />
Fotos: HL-STUDIOS<br />
Das Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture)<br />
wird innovative Beratungsangebote für<br />
Verteilnetzbetreiber anbieten sowie bestehende<br />
Angebote kontinuierlich weiterentwickeln. Bei<br />
den Beratungsleistungen stehen »Intelligenz statt Kupfer«-Lösungen<br />
für den smarten Netzausbau im Mittelpunkt.<br />
Die wesentlichen Handlungsfelder werden<br />
die Einbindung großer Leistungen aus dezentralen Erzeugungsanlagen<br />
sowie die intelligente Steuerung des<br />
Verteilnetzes sein.<br />
»Die Ergebnisse der beiden Forschungsprojekte<br />
IRENE und IREN2 haben unsere Erwartungen weit<br />
übertroffen. Das freut mich sehr und ist ein idealer<br />
Startpunkt für das neue Joint Venture. Andere Netzbetreiber<br />
werden jetzt von unseren Lösungen zur dezentralen<br />
Einspeisung und Speicherung profitieren<br />
können. Aus der Praxis und für die Praxis. So fördern<br />
wir gemeinsam mit dem Allgäuer Überlandwerk aktiv<br />
die Energiewende«, sagte Michael Schneider, Leiter<br />
des Geschäftssegments Power Technology International<br />
(PTI) in der Siemens-Division Energy Management.<br />
22<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Michael Lucke, Geschäftsführer der Allgäuer<br />
Überlandwerk GmbH, äußerte sich ebenfalls zu der<br />
erneuten Zusammenarbeit. »Die Ergebnisse aus Wildpoldsried<br />
und weiteren Kunden von egrid haben gezeigt,<br />
dass das Stromnetz wesentlich größere Reserven<br />
hat als gedacht. Diese Erkenntnis und das Wissen darüber,<br />
warum das so ist, bilden die Grundlage für unser<br />
Gemeinschaftsunternehmen mit Siemens.«<br />
Bernhard Rindt, Geschäftsführer der egrid applications<br />
& consulting GmbH, zeigt sich schon jetzt<br />
hoch erfreut über das Gemeinschaftsunternehmen:<br />
»Die egrid entwickelte sich schon im ersten Geschäftsjahr<br />
sehr positiv. Zu unseren Kunden gehören Stadtwerke,<br />
Kommunen und Industriekunden, die von unseren<br />
Erfahrungen aus den Projekten IRENE und<br />
IREN2 profitiert haben. Mit Siemens als Partner werden<br />
wir in der Lage sein, dies noch weiter auszubauen<br />
und neue gemeinsame Lösungen für das Netz der Zukunft<br />
anzubieten.«<br />
Anzeigen<br />
Hier wird Zukunft gemacht<br />
In Wildpoldsried, dem Ort der beiden Forschungsprojekte,<br />
ist die Menge der Stromerzeugung<br />
aus erneuerbaren Energiequellen fünfmal höher als<br />
der Eigenbedarf des Dorfes. Während der Laufzeit des<br />
ersten Projektes IRENE (Integration regenerativer<br />
Energien und Elektromobilität) von Mitte 2011 bis<br />
Ende 2013 schufen Siemens und AÜW zusammen mit<br />
Partnern aus Industrie und Wissenschaft daher in der<br />
Allgäuer Gemeinde ein Smart Grid – ein intelligentes<br />
Stromnetz –, um Stromerzeugung und -verbrauch<br />
auszubalancieren und so das Netz stabil zu halten.<br />
Dies schuf die wesentlichen Voraussetzungen für<br />
das von 2014 bis <strong>2017</strong> laufende neue Forschungsprojekt<br />
IREN2 (Zukunftsfähige Netze für die Integration<br />
Regenerativer Energiesysteme). Im Rahmen dieses<br />
Projektes wurde der optimale Betrieb von autarken Inselnetzen<br />
und topologischen Kraftwerken wissenschaftlich<br />
untersucht und praktisch erprobt. Untersucht<br />
werden neuartige Netzstrukturen und deren Betriebsführung<br />
nach technischen und wirtschaftlichen<br />
Kriterien mit dem Ziel, herauszufinden, wie sich Energiesysteme<br />
mit verteilter Stromerzeugung und zusätzlichen<br />
Komponenten technisch und wirtschaftlich optimieren<br />
lassen.<br />
Damit bot Wildpoldsried die besten Voraussetzungen,<br />
theoretische Ergebnisse an einem realen intelligenten<br />
Energiesystem verifizieren zu können. So<br />
haben die beiden Forschungsprojekte im Allgäu nicht<br />
nur eine Basis für ein zukünftiges regeneratives Energiesystem<br />
im Spannungsfeld zwischen Regulierung<br />
und Markt geschaffen, sondern auch die Basis für das<br />
neue Gemeinschaftsunternehmen.<br />
Weitere Informationen zu dem Gemeinschaftsunternehmen<br />
unter www.egrid.de. Mehr zu den Forschungsprojekten<br />
IRENE und IREN2 unter www.projekt-irene.de<br />
und www.iren2.de<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
23
Vereinsportrait<br />
Rat und Tat für E-Mobilität<br />
Erfolgreiche Interessengemeinschaft<br />
Was bundesweit trotz Kaufprämie von 4000 Euro noch in den Kinderschuhen steckt, ist in<br />
Mindelheim schon auf einem guten Weg. Warum? Weil die Interessengemeinschaft zur<br />
Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu (IFEU) Werbung für E-Mobilität macht.<br />
Wir stellen diese Gemeinschaft und ihre Ziele vor.<br />
Rote Karte für Falschparker<br />
Abseits dieser publikumswirksamen<br />
Aktivitäten, die nicht zuletzt auf die Initiative<br />
der Interessengemeinschaft zur Förderung<br />
der Elektromobilität im Unterallgäu zurückzuführen<br />
sind, hat die IFEU kürzlich auch<br />
eine spannende Mitgliederaktion abge -<br />
schlos sen: Ein großes Ärgernis sind immer<br />
wieder die Falschparker mit Benzin- oder<br />
Dieselantrieb an den Ladesäulen für E-Fahrzeuge.<br />
Da es sowieso noch zu wenige<br />
Säulen für E-Autos gibt, sind solche Falsch -<br />
parker besonders ärgerlich. Die Interes -<br />
sen gemeinschaft hat deshalb ihre Mit -<br />
glieder aufgefordert, kreative Vorschläge<br />
für Hinweistäfelchen zu entwerfen, die<br />
diesen Blockierern an die Windschutzscheibe<br />
gepinnt werden können. Ein voller Erfolg!<br />
Inzwischen können die kreativsten Kärt -<br />
chen von der Homepage der IFEU<br />
heruntergeladen und verwendet werden,<br />
wo immer ein Benzinkutscher dem<br />
»Steckerpiloten« den Ladeplatz blockiert.<br />
Die Interessengemeinschaft (IFEU) ist noch<br />
sehr jung. Sie wurde 2015 gegründet, zählt<br />
aktuell aber schon über 125 Mitglieder. Sicher<br />
deshalb, weil die Mitgliedschaft kostenfrei ist –<br />
aber auch, weil Automobilisten, die sich elektrisch<br />
fortbewegen, sich gerne über ihre neuen Erfahrungen<br />
austauschen wollen. Lisa Steber und Thomas Scharpf<br />
stehen der Interessengemeinschaft vor, die in kurzer<br />
Zeit viele Veranstaltungen, Vorträge und Workshops<br />
auf die Beine gestellt hat. Die Ziele formulieren die<br />
beiden so: »Wir setzen uns aktiv und kostenlos für die<br />
bessere Akzeptanz von Elektrofahrzeugen und den<br />
Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur<br />
regional und überregional ein. Wir veranstalten Workshops<br />
und bieten Erfahrungsaustausch unter Elektromobilisten<br />
(Stammtisch) turnusmäßig etwa alle drei<br />
Monate an. Wir halten kostenlose Vorträge (theoretische<br />
Grundlagen) und stehen für praxisorientierte<br />
Vorführungen an E-Fahrzeugen zur Verfügung«.<br />
E-Mobil mit Information und Praxis<br />
Gerade die Vorträge richten sich an ein breites<br />
Publikum. Das sind vor allem Schulklassen und Gruppen<br />
mit jüngeren Teilnehmern. 2016 waren es 15 Vorträge<br />
an Schulen, zwei Termine für Feuerwehren, dreimal<br />
stand Erwachsenenbildung auf dem Programm,<br />
und ein Vortrag wurde von einer Berufsschule gebucht.<br />
Die Mitglieder der IFEU gehen dabei nicht nur auf die<br />
Theorie der E-Mobilität ein – sie stehen auch für praxisorientierte<br />
Vorführungen an E-Fahrzeugen zur Verfügung.<br />
Wer sich mit dem Kauf eines elektrisch angetriebenen<br />
Autos beschäftigt, kann sich Rat und Tat bei<br />
der Interessengemeinschaft holen. Entweder in Gruppenvorträgen<br />
oder im lockeren Austausch bei den regelmäßigen<br />
Stammtischen: »Wir beraten neutral und<br />
kostenlos. Vor- und Nachteile von Elektroautos, E-Bikes<br />
oder E-Fahrrädern sind unser Thema. Ganz praktisch<br />
stellen wir Informationen bereit, die weit über das<br />
hinausgehen, was zum Beispiel bei einem Verkaufsgespräch<br />
in einem Autohaus zu erfahren ist. Bei unseren<br />
Treffen kann man sogar probefahren«.<br />
Fahren, laden und diskutieren<br />
Aber nicht nur Kaufinteressenten, sondern auch<br />
Besitzer von E-Autos ziehen Vorteile aus der Mitgliedschaft:<br />
Sie erhalten auf Wunsch den Newsletter mit interessanten<br />
Neuigkeiten rund um das Thema Elektromobilität<br />
sowie Einladungen zu den Veranstaltungen.<br />
Fotos: Konrad Kleiner<br />
24<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Neugierige Blicke auf unterschiedliche Elektrofahrzeuge<br />
Mitbegründer der Interessengemeinschaft: Thomas Scharpf<br />
Beim Start der Tourenrunde<br />
Bei Schneetreiben im Cabrio – das erfordert Begeisterung<br />
Landrat Hans-Joachim Weirather schwingt die Zielfahne<br />
Los geht es auf die Strecke: 48 E-Mobile waren 2016 dabei<br />
Spannend war z.B. der Bericht über eine Testreihe von<br />
Graphen-Akkus nach über 3700 Ladezyklen, der Austausch<br />
über Probleme mit der Lebensdauer von Miet-<br />
Akkus bei Renault, und es gab einen Bericht PV-Manager<br />
im Frühjahr. Eher Abenteuer-Charakter hatte<br />
eine Tour zum Großglockner, entspannend dagegen<br />
war der gemeinsame Grillabend. Ganz praktisch geht<br />
es bei den Workshops zu. Fünfmal war bereits der Eigenbau<br />
einer Ladebox Thema. 41 Mitglieder haben an<br />
diesem spannenden Workshop teilgenommen. Weitere<br />
werden mit Sicherheit folgen.<br />
Gemeinsam auf Tour gehen<br />
Höhepunkt im Veranstaltungsjahr dürfte jedoch<br />
die E-Mobil-Tour sein. 2016 nahmen daran 48 E-Mobile<br />
und zwei E-Bike-Piloten teil. Auch dieses Jahr waren<br />
viele Interessierte Mitte Juni auf den Beinen, um<br />
beim Start und auf der Strecke dabei zu sein. Nicht zuletzt,<br />
weil inzwischen auch eine neue Messe die Tour<br />
ergänzt. Das Energie- und Umweltzentrum Allgäu<br />
(eza!) veranstaltete zusammen mit dem Landkreis Unterallgäu,<br />
der IFEU und der Stadt Mindelheim erstmals<br />
die Allgäuer Mobilitätstage (Bericht folgt in der<br />
nächsten Ausgabe) im Unterallgäu. Geboten wurde<br />
ein vielseitiges Programm mit Vorträgen zum Thema<br />
Mobilität und Testmöglichkeiten. So waren zum Beispiel<br />
Probefahrten mit Elektroautos und -rollern möglich.<br />
Zahlreiche Firmen und Interessengemeinschaften<br />
präsentierten ihre Dienstleistungen und Produkte,<br />
darunter Händler von Elektroautos und E-Bikes,<br />
Strom anbieter, Verkehrsunternehmen und Vereine zur<br />
Förderung der alternativen Mobilität.<br />
Info<br />
IFEU Interessengemeinschaft<br />
zur Förderung der Elektro -<br />
mobilität im Unterallgäu<br />
Lisa Steber,<br />
Pfarrer-Singer-Straße 5,<br />
87745 Eppishausen/Weiler,<br />
Tel. +49 (0)826686220-14<br />
Thomas Scharpf,<br />
Lindenweg 15,<br />
86871 Rammingen,<br />
Tel. +49 (0)82451089<br />
www.i-feu.de<br />
E-Mail: info@i-feu.de<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
25
Hochschule<br />
Reizt die Kaufprämie?<br />
E-Mobilität am Bodensee<br />
Eine aktuelle Studie zum Thema Elektromobilität in der Bodenseeregion hat<br />
Valerie Bernhard, Studentin der Energiewirtschaft an der Hochschule Biberach,<br />
als Bachelor-Arbeit vorgelegt. Die 26-Jährige wollte herausfinden, wie die<br />
Kaufprämie, die bei der Anschaffung von E-Autos gewährt wird, auf den<br />
Endverbraucher wirkt oder vielleicht auch nicht.<br />
Bachelor-Absolventin Valerie<br />
Bernhard im Gespräch mit<br />
Professorin Verena Rath, die sie<br />
bei ihrer Bachelor-Arbeit zum<br />
Thema Elektromobilität in der<br />
Bodenseeregion betreut hat<br />
Foto: HBC Biberach<br />
Nach langen Diskussionen hatte sich die Bundesregierung<br />
im Frühjahr vergangenen Jahres<br />
entschieden, für die Anschaffung von<br />
Elektrofahrzeugen staatliche Zuschüsse zu zahlen. Diesen<br />
sogenannten Umweltbonus kann der Verbraucher<br />
beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
(BAFA) beantragen. Damit folgte Deutschland Erfolgsbeispielen<br />
aus den Niederladen oder Norwegen, berichtet<br />
Valerie Bernhard, wo die staatlich gewährte<br />
Bezuschussung Dynamik in den Markt von Elektrofahrzeugen<br />
gebracht hat. Hierzulande dagegen blieben<br />
die Marktanteile von E-Mobilen bisher weit hinter den<br />
Erwartungen zurück.<br />
Nun haben also auch deutsche Verbraucher die<br />
Möglichkeit, sich beim Kauf eines Elektrofahrzeuges finanziell<br />
unterstützen zu lassen: 4000 Euro Kaufprämie<br />
sind für reine batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge<br />
möglich, so Bernhard. Hinzukommen weitere Vorteile<br />
wie Steuerbefreiung oder spezielle Förderungen von<br />
einzelnen Kommunen wie beispielsweise kostenfreie<br />
Park- und Lademöglichkeiten.<br />
Eine Prämie ist kein Kaufgrund<br />
Für ihre umfangreiche Befragung nutzte Valerie<br />
Bernhard ihren Bekanntenkreis: Personen zwischen 17<br />
und 72 Jahren in der Bodenseeregion. Die ländliche Region,<br />
in der viel Pendlerverkehr stattfindet, eignet sich<br />
perfekt für den Einsatz von Elektrofahrzeugen und damit<br />
für eine solche Studie, so Professor Dr. Verena Rath,<br />
die die Bachelor-Absolventin bei ihrer Thesis betreut<br />
hat: Es werden viele kurze Strecken zurückgelegt, die<br />
der Reichweite von E-Fahrzeugen entsprechen; die<br />
meis ten Haushalte verfügen über zwei Autos, sodass ein<br />
E-Mobil eine Alternative darstellen könne, so Rath.<br />
Als Ergebnis brachte Valerie Bernhard eine klare<br />
Botschaft heraus: Die meisten der 216 Befragten – die<br />
Studentin erreichte eine Rücklaufquote von 90 Prozent<br />
– kannten die neuen Fördermöglichkeiten für Elektrofahrzeuge<br />
nicht. Gleichzeitig bezeichneten sie die Prämien<br />
zwar als Kaufvorteil, sie scheinen jedoch nicht alleine<br />
bestimmend für die Kaufentscheidung zu sein.<br />
Größere Reichweiten und komfortables Laden bleiben<br />
für den Verbraucher die wesentlichen Voraussetzungen,<br />
um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen.<br />
Staatliche Subventionen können helfen, sie sind aber<br />
nicht alleine kaufverhaltensentscheidend. Valerie Bernhard<br />
und ihre Professorin Verena Rath sind sich sicher:<br />
Ein verstärktes Marketing würde die Elektromobilität<br />
in Deutschland gerade im privaten Bereich voranbringen.<br />
Dabei spielen Kommunen eine wichtige Rolle, die<br />
mit besonderen Angeboten ihre Bürgerinnen und Bürger<br />
ermutigen können, auf Autos mit Elektroantrieb zu<br />
setzen.<br />
Mit gutem Beispiel vorangehen<br />
Valerie Bernhard selbst ist eine solche Kandidatin:<br />
Die Absolventin, die Anfang des Jahres ihre Abschluss-<br />
Arbeit abgegeben hat, hat gleich darauf in ihrer ersten<br />
Anstellung als Energiewirtin begonnen: bei den »illwerken<br />
vkw« am Standort in Bregenz, wo sie bereits ihr<br />
Praxissemester absolviert hat. Ihren Wohnort will die<br />
junge Frau nicht wechseln, sondern in Meckenbeuren<br />
wohnen bleiben. Die Strecke, die sie künftig zu ihrem<br />
Arbeitsplatz zurücklegen wird, wäre für ein E-Auto geeignet.<br />
Und die Energiewirtin ist sicher, dass jeder, der ein<br />
Elektroauto fährt, eine Vorbildfunktion einnimmt. So<br />
kann ein Unternehmen mit einem Fuhrpark, zu dem<br />
auch E-Mobile gehören, einen Imagegewinn erzielen,<br />
vermutet die Absolventin. Am Ende, so Valerie Bernhard,<br />
müssen die Menschen erleben können, was Elektromobilität<br />
ist. Ihr jetziger Arbeitgeber zum Beispiel<br />
hat einen »Showroom« eingerichtet und bietet kostenlose<br />
Testfahrten an. Bernhard selbst ist begeistert von<br />
den innovativen Fahrzeugen, die keinen Fahrkomfort<br />
vermissen lassen. Es sei entspannt, geräuscharm zu fahren,<br />
so Bernhard, und schnell lerne der Nutzer, vorausschauend,<br />
also sparsam zu fahren. Die Bremsenergie<br />
etwa fließe in die Batterie zurück, ein Effekt, den man<br />
sich beim Fahren zunutze machen könne.<br />
Solche Zusammenhänge zu kennen, ist Valerie<br />
Bernhard wichtig und steht gleichzeitig für ihr Interesse<br />
am Zusammenwirken von betriebswirtschaftlichen und<br />
energietechnischen Themen.<br />
26<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Hochschule<br />
Vom Profi zum Spezialisten<br />
Biberach bildet Ingenieure weiter<br />
Die Hochschulen Biberach und Münster bieten seit diesem Semester einen berufsbegleitenden<br />
Masterstudiengang an. An dem Angebot sind Hochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt –<br />
auch die Studierenden kommen aus ganz Deutschland. Wieder einmal verlässt eine Hochschule<br />
aus der Region die eingefahrenen Wege und begibt sich auf neue »Lehrpfade«. Der berufsbegleitende<br />
Masterstudiengang qualifiziert für die Schlüsseldisziplin der Gebäudeautomation.<br />
Vierzehn Ingenieure und eine Ingenieurin sind<br />
die ersten Teilnehmer des Master-Studienganges<br />
Gebäudeautomation, den die Hochschule<br />
Biberach seit diesem Semester anbietet. Das<br />
Studienangebot richtet sich an Ingenieure mit Diplom-<br />
oder Bachelorabschluss, die sich gezielt für die<br />
neue Disziplin Gebäudeautomation qualifizieren<br />
möchten. Initiiert wurde der Masterstudiengang durch<br />
den Arbeitskreis der Dozenten für Gebäudeautomation<br />
und Energiesysteme (AK-GAE), dem 18 Professoren<br />
aus 13 Hochschulen in ganz Deutschland<br />
angehören. Die Durchführung des Studienangebotes<br />
liegt bei der Akademie der Hochschule Biberach<br />
(HBC) als Weiterbildungsträger.<br />
Alle 15 Teilnehmer kommen von Unternehmen<br />
aus dem gesamten Bundesgebiet: Berlin, Leipzig, Hannover,<br />
Frankfurt am Main, Rüsselsheim, Aachen, Essen,<br />
Mühlheim, Münster, Sachenheim und Neuenstadt am<br />
Kocher. Sie alle wollen sich auf das komplexe Themenfeld<br />
der Gebäudeautomation konzentrieren, um in den<br />
Unternehmen, in denen sie bereits tätig sind, neue Aufgaben<br />
zu übernehmen. Denn, so Professor Becker: »Die<br />
Firmen suchen händeringend nach Experten der Gebäudeautomation,<br />
um die herausfordernden Aufgaben<br />
der IT-basierten Gebäudeautomation im Kontext des<br />
digitalen Planens, Bauens und Betreibens von Gebäuden<br />
aktiv angehen zu können.«<br />
Hohe Nachfrage<br />
Das viersemestrige Studium nehmen die Teilnehmer<br />
berufsbegleitend auf sich – der Arbeitgeber unterstützt<br />
die motivierten Mitarbeiter organisatorisch und<br />
vor allem finanziell. Denn für den akkreditierten Studiengang,<br />
der mit dem Titel »Master of Engineering«<br />
abschließt, fallen Studiengebühren an.<br />
Wie groß die Nachfrage nach solchen Qualifizierungsmaßnahmen<br />
ist, beschreibt der stellvertretende<br />
Geschäftsführer der Akademie der Hochschule Biberach,<br />
Pascal Steinert: Manche Unternehmen hätten ein<br />
festes Kontingent an Studienplätzen gebucht, um ihre<br />
Mitarbeiter für künftige Aufgaben vorzubereiten. Interessant<br />
sei das Angebot auch für Kommunen, so Steinert.<br />
Bereits jetzt erhalte die Akademie Anfragen und Bewerbungen<br />
für den zweiten Jahrgang des Master Gebäudeautomation,<br />
der im März 2018 startet.<br />
Neben der Hochschule Biberach umfasst das Angebot<br />
weitere Standorte für die Präsenzveranstaltungen,<br />
die durch innovative Lehrformate wie E-Learning,<br />
Blended Learning und Webinare ergänzt werden; die<br />
Blockseminare finden in Münster, Gelsenkirchen, Gießen,<br />
Köln, Berlin, Erfurt und München statt – allesamt<br />
Hochschulen, die dem Arbeitskreis Gebäudeautomation<br />
und Energiesysteme angehören. Die Professoren<br />
Becker und Höttecke leiten derzeit den Arbeitskreis und<br />
haben aus der Idee, die vor rund vier Jahren entstand,<br />
zusammen mit Kollegen des Arbeitskreises AK-GAE<br />
ein innovatives Konzept erarbeitet.<br />
Lösungen finden<br />
Im Mittelpunkt des Masterstudiums stehen aktuelle<br />
Problemstellungen aus der Praxis, »die die Studierenden<br />
im Rahmen von Projektarbeiten lösen und so<br />
lernen, komplexe Aufgabenstellungen zu analysieren<br />
und passende Lösungsansätze zu entwickeln«, so Professor<br />
Becker. Dafür bringen die Ingenieure ihr Know-<br />
How und ihr Netzwerk aus der Praxis ein. Jeder Teilnehmer<br />
hat in Vorbereitung auf die erste Phase an der<br />
HBC bereits eine konkrete Aufgabenstellung skizziert<br />
und eingereicht, die im sogenannten Scientific-Projekt<br />
gemeinsam diskutiert werden. »Die Bandbreite an Aufgabenstellungen<br />
ist enorm und spiegelt die Komplexität<br />
der systemintegrierten Gebäudeautomation wider«, so<br />
Prof. Dipl.-Ing. Elmar Bollin (Hochschule Offenburg),<br />
der dieses Modul verantwortlich koordiniert. Die eingegangenen<br />
Themen haben die drei Professoren in Cluster<br />
untergliedert.<br />
Die Studierenden werden die Problemstellungen<br />
über das gesamte erste Semester hinweg bearbeiten und<br />
in einer Zwischen- sowie Endpräsentation vorstellen.<br />
Die Masterstudenten erhalten so die Chance, interdisziplinäre<br />
Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen<br />
– und werden nicht nur zu Spezialisten der Gebäudeautomation,<br />
sondern auch zu für ihr Unternehmen<br />
wichtigen Wissensmultiplikatoren.<br />
Foto: HBC Biberach<br />
An der Hochschule Biberach absolvieren<br />
die<br />
Master stu dieren den<br />
»Gebäudeautomation« ihr<br />
erstes Semester – und hier<br />
werden sie auch zum Ende des<br />
Semesters wieder zusammen -<br />
kommen, um ihre Projekt -<br />
arbeiten zu präsentieren<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
27
Studium<br />
Studiengang Energiewirtschaft<br />
Zwischen Ökonomie und Ökologie<br />
Momentan befindet sich die Energiewirtschaft im Wandel, und um diesen zu<br />
vollziehen, braucht es schlaue Köpfe, die mit neuen Ideen Veränderungen gestalten<br />
und umsetzen wollen. Die Hochschule Biberach bildet in ihrem Studiengang<br />
Energiewirtschaft genau solche jungen Menschen aus.<br />
Eine der Herausforderungen unseres Jahrhunderts<br />
ist der verantwortungsbewusste Umgang<br />
mit den Ressourcen. Energie ist ein knappes<br />
Gut und wird zunehmend wichtiger für den Wirtschaftssektor<br />
– deswegen muss die Wertschöpfungskette<br />
von der Gewinnung der Energieträger über die<br />
Umwandlung bis hin zur Nutzung durch den Kunden<br />
nachhaltig betrachtet werden. Außerdem ist es notwendig,<br />
sowohl ökologisch verantwortungsbewusst als<br />
auch ökonomisch tragfähig mit Energie umzugehen:<br />
Genau das lernen die Studenten des Studienganges<br />
Energiewirtschaft.<br />
Experte werden<br />
In dem siebensemestrigen Bachelorstudium<br />
werden den Studenten neben den betriebswirtschaftlichen<br />
Grundlagen auch vertiefende Kenntnisse der<br />
Energiegewinnung und -umwandlung, des Handels,<br />
Netzbetriebes und Vertriebes vermittelt. Der Studiengang<br />
richtet sich somit an alle kaufmännisch Interessierten,<br />
die ein BWL-Studium mit einer Branchenexpertise<br />
verknüpfen wollen. Im Laufe der sieben Semester<br />
werden den Studenten folgende energiewirtschaftliche<br />
Inhalte vermittelt: die Grundlagen der<br />
Immer nur im Hörsaal<br />
sitzen? Nicht an der<br />
Hochschule Biberach – auf<br />
die Studenten warten<br />
zahlreiche Exkursionen<br />
Fotos: HBC, HBC/Stefan Sättele<br />
28 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Energiewirtschaft, die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
und Regulierungen, die Netzwirtschaft, die<br />
Marktteilnehmer der Energiewirtschaft, Energiehandel<br />
und Vertrieb, Projektentwicklung und -management,<br />
erneuerbare Energien und die Grundlagen der<br />
Energiewandlung. Daneben stehen ihnen noch Wahlpflichtfächer<br />
zu Energiethemen zur Verfügung, von<br />
denen sie im Laufe des Studiums einige belegen müssen.<br />
Im Angebot finden sich beispielsweise Nachhaltigkeitsmanagement<br />
oder auch Energie und Mobilität<br />
sowie Energiepolitik.<br />
Praktisch und realitätsnah<br />
Das klingt sicherlich alles sehr theoretisch und<br />
ist es auch, doch die Praxis kommt in dem Studiengang<br />
nicht zu kurz, denn die Studenten können an<br />
mindestens fünf Tages- oder Wochenexkursionen teilnehmen,<br />
die stellenweise auch zu internationalen<br />
Standorten der Energiewirtschaft durchgeführt werden.<br />
Weiterhin gibt es ein Praxissemester, in dem die<br />
Studenten den Hörsaal verlassen und ein kaufmännisches<br />
Praktikum, in der Regel in der Energiebranche,<br />
absolvieren. Sie haben dabei ein breit gefächertes Angebot:<br />
Sie können zum Beispiel zu einem Energieversorger,<br />
einem Anlagenbauer oder Projektplaner gehen.<br />
Auch ein Praktikum in der Industrie, bei einem Automobilhersteller<br />
beispielsweise, ist möglich, denn diese<br />
Branche benötigt für ihre Produktion viel Energie und<br />
beschafft sich diese oftmals selbst.<br />
Doch nicht nur das Studium an sich, sondern<br />
auch die Professoren sind nah an der Praxis und der<br />
realen Welt außerhalb des Hörsaals und der Theorie.<br />
Fast alle Lehrenden sind nebenberuflich noch in ihrem<br />
Gebiet tätig und somit immer ganz nah am aktuellen<br />
Zeitgeschehen und den realen Problemen und<br />
Sachverhalten. Außerdem laden die Professoren regelmäßig<br />
Praxisvertreter zu Vorträgen über aktuelle Entwicklungen<br />
in der Energiewirtschaft ein – das sorgt<br />
dafür, dass die Studenten erstens Einblicke in die Dynamik<br />
der Branche erhalten und zweitens Kontakte zu<br />
Unternehmen und Institutionen knüpfen können.<br />
Sonnige Zukunft<br />
Diese können den Studenten nach dem erfolgreichen<br />
Abschluss des Studiums nützen, um eine Anstellung<br />
zu bekommen. Doch Sorgen über eine etwaige<br />
Arbeitslosigkeit müssen sich die Absolventen der<br />
Energiewirtschaft nicht machen, denn die Berufschancen<br />
wurden bereits bei der Konzeptionierung des<br />
Studienganges als sehr positiv eingeschätzt. Die potenziellen<br />
Einsatzbereiche sind sehr vielfältig und ermöglichen<br />
eine Tätigkeit sowohl in der Region als auch international.<br />
Mögliche zukünftige Arbeitgeber wären<br />
etwa Stadtwerke, Behörden und Verbände, Ingenieurdienstleister,<br />
Beratungsunternehmen, die energieintensive<br />
Industrie und Forschungseinrichtungen. Doch<br />
auch in nahezu allen anderen Wirtschaftszweigen werden<br />
Energiewirtschaftler benötigt. Dass dem so ist,<br />
zeigt sich auch daran, dass die ersten Absolventen des<br />
Studienganges an der Hochschule Biberach alle irgendwo<br />
untergekommen sind – entweder in einer Anstellung<br />
oder einem Masterstudiengang an einer anderen<br />
Hochschule.<br />
Ein Wechsel an eine andere Hochschule ist seit<br />
dem vergangenen Wintersemester nicht mehr notwendig.<br />
Mittlerweile haben Bachelorabsolventen die<br />
Möglichkeit, ihren Master of Science ebenfalls an der<br />
Hochschule Biberach zu absolvieren.<br />
(cs)<br />
In Projektarbeiten können<br />
die Studenten ihr Wissen<br />
anwenden und vertiefen<br />
Info<br />
Nähere Informationen unter:<br />
www.hochschulebiberach.de/energiewirtschaft<br />
Informationen zu den Zu -<br />
lassungs voraus setzungen und<br />
dem Bewerbungsverfahren unter:<br />
www.hochschulebiberach.de/online-bewerbung<br />
Neben der Energiewirtschaft<br />
bietet die HS Biberach noch<br />
zwei weitere Energie-<br />
Studiengänge an: Energie-<br />
Ingenieurwesen und<br />
Industrielle Biotechnologie<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
29
Meldungen<br />
Präg-Gruppe sorgt jetzt auch für E-Mobilität<br />
Foto oben: Bei der Ein -<br />
weihung: (v.l.) Center-Ma -<br />
nagerin Ekaterina Avdo syeva,<br />
Mark Deisenhofer von Präg<br />
und stellvertretende Bürger -<br />
meisterin Sibylle Knott.<br />
Darunter: das erste<br />
E-Mobil von Präg an der<br />
neuen La de säule. Natülich<br />
hat das Fahrzeug auch ein<br />
markan tes Nummernschild.<br />
AP steht für Adolf Präg.<br />
Aller dings ist dieser Renault-<br />
Zoe das erste und nicht das<br />
10. E-Mobil bei Präg –<br />
weitere sollen aber folgen<br />
Kurzinfo<br />
Die Präg-Gruppe mit Sitz in Kempten versteht sich als Energie part ner:<br />
Ihr Portfolio umfasst Heizöl, Kraftstoffe, Strom, Gas und Holz pellets.<br />
Rund 40.000 Privat- und Gewerbekunden in Bayern, Sachsen und<br />
Thüringen vertrauen auf den Energiehändler aus dem Allgäu. Stolz ist<br />
man bei Präg auf 110 Jahre Know-how in Sachen Energie. Präg betreibt<br />
ein Netz von über 120 Tankstellen und zählt damit zu den<br />
mittelständischen Tankstellenbetreibern in Deutschland. Großtanklager<br />
betreibt Präg in Kempten, Augsburg und Heidenau. In Kempten gibt es<br />
den Anschluss an die Deutsche Bahn. Im Jahre 2014 setzte Präg<br />
wieder einmal Maßstäbe mit einem 30 Meter hohen Hochsilo für<br />
Holzpellets in Augsburg. Das Familienunternehmen setzt auf gute<br />
Logistik und breiten Kundenservice. Darum kümmern sich rund 200<br />
Mitarbeiter. Weitere Infos: www.praeg.de<br />
Das Forum Allgäu in Kempten<br />
ist jetzt um ein Serviceangebot<br />
reicher: Zwei Ladestationen für<br />
Elektrofahrzeuge wurden auf dem<br />
Parkdeck installiert. Betrieben werden<br />
sie vom regionalen Energieversorger<br />
Präg aus Kempten. Mit dem<br />
Schnitt durchs Absperrband haben<br />
Ekaterina Avdosyeva, Center-Managerin<br />
des Forum Allgäu Kempten,<br />
sowie Marc Deisenhofer und<br />
Johannes Gösling, beide Geschäftsführer<br />
von Präg, die Ladestationen<br />
offiziell eingeweiht. Als Vertreterin<br />
der Stadt Kempten ebenfalls mit<br />
dabei: die zweite Bürgermeisterin<br />
Sibylle Knott. Jetzt können E-Mobilisten<br />
während ihres Aufenthaltes<br />
im Forum zu den Öffnungszeiten<br />
einfach und bequem ihr Fahrzeug<br />
laden, bevor sie sich auf die Heimfahrt<br />
machen.<br />
Für Center-Managerin Ekaterina<br />
Avdosyeva sind die Ladesäulen<br />
nicht nur ein Service-Plus, wie sie<br />
bei der Einweihung erläuterte: »Sie<br />
sind ein weiteres sichtbares Zeichen<br />
unserer Unternehmensphilosophie,<br />
in der Nachhaltigkeit seit Jahren einen<br />
sehr hohen Stellenwert hat.«<br />
Parkhaus und Center sind vollständig<br />
mit sparsamer LED-Beleuchtung<br />
ausgestattet, das Dach ist mit<br />
extensiver Begrünung bepflanzt.<br />
Auch bei der Beheizung des 23.000<br />
Quadratmeter großen Gebäudes<br />
setzt das Forum auf Effizienz per<br />
Wärmerückgewinnung. Für Präg<br />
sind die Ladestationen ein Pilotprojekt<br />
im Bereich Elektromobilität:<br />
»Wir freuen uns, unsere ersten<br />
Stromladestationen in Kempten im<br />
größten Einkaufszentrum der Region<br />
installieren zu können«, unterstreicht<br />
Marc Deisenhofer, geschäftsführender<br />
Gesellschafter<br />
von Präg. Damit startet das Unternehmen<br />
mit einem attraktiven<br />
Komplettangebot für das Laden<br />
von Elektrofahrzeugen. »Hierbei legen<br />
wir zunächst einen Schwerpunkt<br />
auf die Zusammenarbeit mit<br />
Gewerbetreibenden, sind aber auch<br />
gerne Ansprechpartner für Kommunen<br />
und Privatpersonen«, ergänzt<br />
Marc Deisenhofer.<br />
Beim Bezahlsystem hat man<br />
Wert auf Komfort gelegt. »In<br />
Deutschland herrscht immer noch<br />
ein Dschungel von verschiedenen<br />
Bezahlsystemen. Das bremst die<br />
Elektromobilität aus«, betont Johannes<br />
Gösling. Im Forum Allgäu<br />
brauchen Nutzer von Elektroautos<br />
keine zusätzliche Ladekarte, bezahlt<br />
wird in Zukunft bequem per Kreditkarte<br />
über das Internet.<br />
Die zwei Ladesäulen mit einer<br />
Leistung von je 22 Kilowatt befinden<br />
sich auf dem Parkdeck B. Sie<br />
sind mit Mennekes Steckern Typ 2<br />
ausgestattet, wie sie ab <strong>2017</strong> europaweit<br />
als Standard gelten. An den<br />
Ladepunkten können Fahrzeuge je<br />
nach Akku-Kapazität in ein bis<br />
zwei Stunden aufgeladen werden.<br />
Präg betreibt alle Ladestationen mit<br />
Ökostrom.<br />
(red)<br />
Fotos: Peter Elgaß<br />
30<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Meldungen<br />
Platz ist auf dem kleinsten Balkon<br />
Möhren im Topf oder Salat in der<br />
alten Obstkiste: Trendbewusste<br />
Städter pflanzen mit Begeisterung<br />
ihr eigenes Gemüse an. Was früher<br />
nur auf dem Land oder in den als<br />
spießig abgestempelten Schrebergärten<br />
üblich war, erobert jetzt<br />
nicht nur die Metropolen. Auch im<br />
Allgäu verstärkt sich dieser Trend –<br />
obwohl man meinen könnte, dass<br />
in unserer ländlichen Region Platz<br />
genug für eigene Gärten wäre. Aber<br />
in Städten wie Kempten, Memmingen<br />
oder Kaufbeuren, ja sogar in<br />
den kleinen Allgäuer Städten und<br />
Dörfern setzt sich ein neuer Trend<br />
durch: Beim Urban Gardening<br />
wachsen Tomaten, Paprika und<br />
Erdbeeren auf Balkonen, Dachterrassen<br />
und in Hinterhöfen. Damit<br />
hat sich eine neue Gartenkultur etabliert,<br />
die sich immer größerer Beliebtheit<br />
erfreut. Laut einer repräsentativen<br />
GfK-Umfrage nutzen in-<br />
Foto: hausgarten.net<br />
zwischen 39 Prozent der Verbraucher<br />
in Deutschland, die einen Balkon<br />
oder Dachgarten besitzen, die-<br />
sen für den Anbau von Obst, Gemüse<br />
und Kräutern – Tendenz steigend.<br />
(red)<br />
Des Deutschen zweites<br />
Wohnzimmer erstrahlt in<br />
sattem Grün<br />
Zwei Frauen für gutes Klima<br />
Die Klimaschutzmanagerinnen des<br />
Landkreises Unterallgäu, Andrea<br />
Ruprecht, und der Stadt Mindelheim,<br />
Simone Kühn, wollen künftig<br />
intensiver zusammenarbeiten. Sowohl<br />
die Stadt als auch der Landkreis<br />
setzen derzeit ein Klimaschutzkonzept<br />
um. »Daraus ergeben<br />
sich viele gemeinsame Themen<br />
und Projekte«, sagt Andrea Ruprecht.<br />
Angedacht seien zum Beispiel<br />
Bildungsprojekte wie ein professioneller<br />
Einsatz des »Energiespardorfes«.<br />
Dieses Modell veranschaulicht<br />
den Energieverbrauch<br />
eines Ortes und wie er sich senken<br />
lässt. Die Idee: Es soll künftig zusammen<br />
mit einem Experten auf<br />
Wanderschaft gehen, um Einsparpotenziale<br />
aufzuzeigen. Auch bei<br />
der Beratung von Unternehmen<br />
zum Thema Energieeinsparung<br />
wollen Stadt und Landkreis in Zukunft<br />
gemeinsam auftreten. Mehr<br />
über den Klimaschutz im Unterallgäu<br />
erfahren Sie unter www.unterallgaeu.de/klimaschutz<br />
(cs)<br />
Andrea Ruprecht (links)<br />
und Simone Kühn (rechts)<br />
sorgen für geballte<br />
Klimaschutzpower<br />
Foto: Julia Beck/Stadt Mindelheim<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
31
Meldungen<br />
Das Förderprogramm<br />
unterstützt Bürger beim<br />
energieeffizienten Bauen und<br />
Sanieren – so spart man<br />
Energie und Kosten in den<br />
eigenen vier Wänden<br />
Foto: Pixabay<br />
10.000-Häuser-Programm wird fortgesetzt<br />
Nach mehrmonatiger Pause wird<br />
das 10.000-Häuser-Programm der<br />
bayerischen Staatsregierung wieder<br />
aufgenommen – mit einigen<br />
Änderungen. Das berichtet eza!,<br />
das Energie- und Umweltzentrum<br />
Allgäu. Im Programmteil Systemhaus<br />
im Neubau wurden die Anforderungen<br />
in puncto Energie -<br />
effizienz verschärft und die Zuschüsse<br />
teilweise gekürzt. Bei der<br />
Altbausanierung bleiben die Konditionen<br />
jedoch unverändert. Der<br />
Programmteil Heizungstausch<br />
wird unter anderem um die Förderung<br />
von Lüftungsanlagen, PV-<br />
Stromspeichern und Wärmepumpen<br />
erweitert und zusätzlich in<br />
»Heizungstausch-Plus« umbenannt.<br />
Der Grundförderbetrag<br />
beim Heizungstausch wird für Ölund<br />
Gasheizungen auf 500 Euro<br />
gesenkt. Ein Antragsformular finden<br />
Sie unter:<br />
www2.eza-allgaeu.de/bau-energieberatung/foerderprogramme/<br />
foederdatenbank/<br />
(red)<br />
Die Kneippstadt elektrisch »erfahren«<br />
Kurzinfo<br />
Gäste-Information im<br />
Kurhaus, Hauptstraße 16,<br />
86825 Bad Wörishofen,<br />
Tel. 08247/9933-55, E-Mail<br />
info@bad-woerishofen.de<br />
Mitarbeiterinnen der Gäste-Information<br />
Bad Wörishofen haben vor<br />
herrlicher Unterallgäuer Kulisse ein<br />
neues Gästeangebot getestet. Die<br />
Fahrt mit den sogenannten Ninebots<br />
ist neu im Programm des Kurund<br />
Tourismusbetriebes der<br />
Kneippstadt, deshalb war es den<br />
Damen wichtig, das neue Angebot<br />
im Selbstversuch auszuprobieren.<br />
Bei einer »Allgäu E-Tour« können<br />
die Gäste die Stadt Bad Wörishofen<br />
auf eine ganz neue Weise erleben<br />
und »er-fahren«. Der Ninebot ist<br />
ein modernes Fortbewegungsmittel<br />
mit Elektroantrieb, das durch Gewichtsverlagerung<br />
und kleinste Be-<br />
Foto: Katharina Richter<br />
wegungen gesteuert wird. Die Bedienung<br />
ist intuitiv und leicht erlernbar.<br />
Angeboten werden die<br />
Touren ab sofort bis einschließlich<br />
28. Oktober <strong>2017</strong> immer samstags<br />
ab 11 Uhr. Treffpunkt ist der öffentliche<br />
Großparkplatz beim Café<br />
Schwermer. Die Fahrt dauert etwa<br />
eine Stunde und ist nur mit Voranmeldung<br />
möglich.<br />
(cs)<br />
Elisabeth Scharf-Kuen (mit Mann Hans), Barbara Papatola, Christina Dörner,<br />
Andrea Egger, Claudia Kimmerle und Elke Nägele (v.l.)<br />
32<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Anzeigen<br />
Foto: Ziegelwerk Klosterbeuren<br />
Neue Eigentümer für<br />
altes Unternehmen<br />
Das traditionsreiche Familienunternehmen<br />
Ziegelwerk Klosterbeu -<br />
ren Ludwig Leinsing GmbH & Co.<br />
KG hat neue Eigentümer: Im Rahmen<br />
einer proaktiven Nachfolgeregelung<br />
haben die beiden bisherigen<br />
Gesellschafter, die Brüder Hubert<br />
und Thomas Thater, zum 1. April<br />
ihre Anteile an die Hörl & Hartmann<br />
Ziegeltechnik GmbH & Co.<br />
KG mit Sitz in Dachau übertragen.<br />
Weil alle Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter des Ziegelwerks Klos -<br />
terbeuren mit Weiterbeschäftigungsgarantie<br />
übernommen wurden,<br />
entstand durch die Fusion ein<br />
Unternehmen mit 200 Mitarbeitern,<br />
das jährlich etwa 300 Millionen<br />
Ziegel-Normalformat-Einheiten<br />
vermarktet. Mit diesem Schritt<br />
wird Hörl & Hartmann zum größten<br />
familiengeführten Ziegelhersteller<br />
im süddeutschen Raum. Für<br />
die Kunden des Hauses ändert sich<br />
nichts, sie können sich auch in Zukunft<br />
an ihre gewohnten Ansprechpartner<br />
wenden. Darüber hinaus<br />
bleibt die Produktpalette vollständig<br />
erhalten und soll nach Unternehmensangaben<br />
demnächst sogar<br />
um einige technische Entwicklungen<br />
erweitert werden. (red)<br />
Seit über 200<br />
Jahren werden in<br />
Klosterbeuren<br />
Mauerziegel<br />
hergestellt<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
jetzt auch<br />
online lesen!<br />
www.allgaeualternativ.de<br />
Foto: Hörl & Hartmann Ziegeltechnik<br />
Michael (links) und Matthias Hörl erweitern ab sofort die<br />
Geschäftsleitung des Ziegelwerkes Klosterbeuren.<br />
Zusammen mit dem bisherigen Geschäftsführer Thomas<br />
Thater werden sie dem traditionsreichen Standort vorstehen<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
33
Meldungen<br />
Energiewendeatlas online erschienen<br />
Kurzinfo<br />
Link zum Online-<br />
Energiewendeatlas 2030:<br />
www.unendlich-vielenergie.de/mediathek/<br />
broschueren/energiewendeatlas-deutschland-2030<br />
Die Agentur für Erneuerbare Energien<br />
(AEE) hat den Energiewendeatlas<br />
2030 als Online-Publikation<br />
veröffentlicht. Auf rund 100 Seiten<br />
veranschaulicht der neue Atlas<br />
Schlüsselfragen für das Gelingen<br />
der Energiewende, vom weiteren<br />
zügigen Umbau im Stromsektor bis<br />
hin zum Durchbruch der Erneuerbaren<br />
im Wärme- und Verkehrsmarkt.<br />
»Mit dem Energiewendeatlas<br />
2030 greifen wir das Thema der<br />
Potenziale von Windkraft, Solarenergie<br />
und Co. auf und erweitern<br />
es um aktuelle Fragestellungen wie<br />
Netzausbau und Speicher«, erklärt<br />
der Geschäftsführer der AEE,<br />
Philipp Vohrer. Der Energiewendeatlas<br />
2030 zeigt die Chancen eines<br />
entschlossenen Ausbaus der Erneuerbaren<br />
Energien, die sich im Laufe<br />
des nächsten Jahrzehnts eröffnen.<br />
Anknüpfend an ein erfolgreiches<br />
AEE-Vorgängerformat, den Potenzialatlas<br />
2020, wird nicht nur die<br />
mögliche Entwicklung der Erneuerbaren<br />
bis 2030 skizziert. Vielmehr<br />
werden Fragen der Systemtransformation<br />
für eine von den Erneuerbaren<br />
geprägte Energieversorgung<br />
beleuchtet.<br />
(cs)<br />
Magazin für besseres Bauen<br />
Kurzinfo<br />
Magazin »Passivhaus<br />
Kompendium«, 176 Seiten,<br />
Preis 8,40 Euro, ISBN 978-<br />
3-944549-13-2. Es ist im<br />
gut sortierten Zeitschriften -<br />
handel erhältlich. Das Maga -<br />
zin kann auch über den Buch -<br />
handel bezogen werden.<br />
Leseproben und weitere<br />
Bestellmöglichkeiten gibt es<br />
unter www.phk-verlag.de<br />
»Spürbar besser bauen« verspricht<br />
das jetzt erschienene Passivhaus<br />
Kompendium <strong>2017</strong> im Untertitel.<br />
Auf fast 180 Seiten zeigt das Magazin<br />
Experten, Ideen, Produkte und<br />
Beispiele für Passivhaus, Passivhaus<br />
Plus, Passivhaus Premium und besonders<br />
sparsame Effizienzhäuser.<br />
Gut zwei Dutzend Autoren beschäftigen<br />
sich in ihren Fachbeiträgen<br />
unter anderem mit dem Vergleich<br />
von Effizienz- und Passivhäusern,<br />
mit der energetischen<br />
Wertermittlung, mit strombasierten<br />
Versorgungsvarianten und mit<br />
Low-Tec-Passivhäusern. Auch<br />
werden Fragen beantwortet wie<br />
etwa, ob dezentrale Lüftung in Passivhäusern<br />
möglich ist, wie die Entwicklung<br />
von Dreifachfenstern weitergeht<br />
oder wie man aus Duschabwasser<br />
Wärme gewinnen kann.<br />
Ausführlich geht das Magazin zudem<br />
auf die Herstellung und Überprüfung<br />
der Luftdichtheit ein. Auch<br />
dem Markt der Wärmepumpenkompaktgeräte<br />
sind etliche Seiten<br />
gewidmet. Das Passivhaus Kompendium<br />
versteht sich als Standardwerk<br />
für alle, die sich beruflich oder<br />
als Bauherr mit energieeffizientem<br />
Bauen beschäftigen. (cs)<br />
Ausstellungen zu nachhaltiger Ortsentwicklung<br />
Markus Berchtold-Domig<br />
(oben) und Prof. Nagler<br />
(rechts) referierten im<br />
Rahmen der Ausstellung<br />
Fotos: Landratsamt Ostallgäu<br />
In enger Zusammenarbeit zwischen<br />
dem Landkreis Ostallgäu sowie dem<br />
Architekturforum Allgäu e.V. und<br />
dem Holzforum Allgäu e.V. haben<br />
zwei interessante Ausstellungen<br />
zum Thema »Nachhaltige Ortsentwicklung«<br />
im Landratsamt Ostallgäu<br />
stattgefunden. Der »Landluft<br />
Baukultur-Gemeindepreis« des Architekturforums<br />
Allgäu zeigte anschauliche<br />
Beispiele und zahlreiche<br />
Anregungen von innovativen Gemeinden<br />
aus dem Allgäu und<br />
Österreich, die seit vielen Jahren bereits<br />
eine aktive Zukunftsentwicklung<br />
für ihre Orte im Auge haben.<br />
Dazu referierte Markus Berchtold-<br />
Domig aus Schwarzenberg im Bregenzerwald<br />
über die Entwicklung<br />
und die aktuelle Problematik des<br />
Leerbestandes am Beispiel der Region<br />
Bregenzerwald. Eine weitere<br />
Ausstellung über Nachhaltigkeit<br />
und Holzbau in Bayerisch-Schwaben<br />
führte in das Zukunftsthema<br />
des nachhaltigen Umgangs mit den<br />
endlichen Ressourcen ein. Professor<br />
Florian Nagler von der TU München<br />
zeigte im Vortrag zur Eröffnung<br />
Beispiele von alternativen<br />
Möglichkeiten zum nachhaltigen<br />
Umgang mit Flächen-, Materialund<br />
technischen Ressourcen. (cs)<br />
34<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Leben und Architektur<br />
im Schwarzwald<br />
Anzeigen<br />
»Innovative Architektur im<br />
Schwarzwald« verspricht das jetzt<br />
erstmals erschienene Jahresmagazin<br />
»BAUART«. Und tatsächlich<br />
zeigt die neue Zeitschrift auf ihren<br />
fast 200 Seiten eine ganze Reihe von<br />
spektakulären Bauten, die viele<br />
nicht im Schwarzwald vermutet<br />
hätten. Hier der futuristisch anmutende<br />
Winzerkeller aus Glas und<br />
Sichtbeton, der sich den Formen<br />
der Landschaft anpasst. Dort das<br />
moderne Hotel, das geschickt die<br />
typische Gestalt eines Schwarzwaldhofs<br />
aufgreift. Solche und viele<br />
weitere Gebäude, die in den letzten<br />
Jahren in der Region entstanden<br />
sind, werden im Magazin BAUART<br />
vorgestellt, jeweils mit vielen großformatigen<br />
Bildern, Grundrissen<br />
und einem Porträt der Baumeister.<br />
Doch verleugnen möchte BAUART<br />
die (Bau-)Traditionen des Schwarzwaldes<br />
nicht: Einem liebevoll und<br />
detailgetreu restaurierten Schwarzwaldhof<br />
widmet das Magazin seine<br />
ersten 15 Seiten. Dem Magazin geht<br />
es um die Art, wie der Schwarzwald<br />
seine Traditionen neu interpretiert<br />
und innovativ in Szene setzt. (cs)<br />
Kurzinfo<br />
Jahresmagazin »BAUART«,<br />
192 Seiten, Preis 8,40 Euro,<br />
ISBN 978-3-944549-14-9. Es ist im<br />
gut sortierten Zeitschriftenhandel<br />
erhältlich. Auch über den Buch han -<br />
del kann das Magazin bezogen wer -<br />
den. Unter www.verlagsprojekte.de<br />
gibt es Leseproben und weitere<br />
Bestellmöglichkeiten.<br />
Ratgeber für Denkmalimmobilien<br />
Das Jahresmagazin »Denkmalsanierung«<br />
informiert Investoren, Eigennutzer<br />
und das Fachpublikum<br />
über alle Aspekte der Sanierung<br />
von Denkmalimmobilien. Ebenso<br />
beschäftigt es sich mit Steuer- und<br />
Finanzierungsfragen, mit energetischer<br />
Modernisierung sowie mit<br />
technischen Methoden der Sanierung<br />
und Restaurierung und stellt<br />
interessante und außergewöhnliche<br />
Denkmalobjekte vor. Zahlreiche<br />
Fachbeiträge beschäftigen sich mit<br />
Methoden und Aspekten der Sanierungspraxis.<br />
Wie in jeder Ausgabe<br />
beschäftigt sich ein Schwerpunkt<br />
mit den Steuervorteilen, die Kapitalanleger<br />
und Eigennutzer genießen,<br />
wenn sie in ein Baudenkmal<br />
investieren.<br />
Die neue<br />
Ausgabe des<br />
Jahresmagazins<br />
überrascht<br />
zudem<br />
mit<br />
Themen, die über die tägliche Sanierungspraxis<br />
hinausgehen und<br />
sich grundsätzlichen Fragestellungen<br />
widmen, beispielsweise »Wie<br />
kann Barrierefreiheit im Denkmal<br />
realisiert werden? Wie vereint man<br />
Smart Home und Denkmalschutz?«<br />
Ein umfangreicher Adressteil benennt<br />
sanierungserfahrene Unternehmen:<br />
Architekten, Restauratoren,<br />
Bauträger, Makler oder Lieferanten<br />
historischer Bauelemente<br />
werden auf 17 Seiten ausführlich<br />
aufgelistet.<br />
(cs)<br />
Kurzinfo<br />
Jahresmagazin »Denkmalsanierung«,<br />
112 Seiten, Preis 8,40 Euro, ISBN<br />
978-3-944549-11-8. Es ist im gut<br />
sor tierten Zeitschriftenhandel er -<br />
hältlich. Auch über den Buch handel<br />
kann das Magazin bezogen werden.<br />
Unter www.denkmal-magazin.de gibt<br />
es Leseproben und weitere<br />
Bestellmöglichkeiten.<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
35
Meldungen<br />
Besser vernetzt<br />
Kurzinfo<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.erdgas-schwaben.de<br />
Erdgas Schwaben ist jetzt mit einem<br />
Anteil von 10 Prozent an der<br />
Smartlab Innovationsgesellschaft<br />
mbH beteiligt. Smartlab entwickelt<br />
innovative Dienstleistungen, Produkte<br />
und Konzepte für Elektromobilität<br />
und steht hinter dem<br />
Stadtwerke-Verbund ladenetz.de<br />
sowie der Roaming-Plattform e-<br />
clearing.net. Erdgas Schwaben will<br />
so seine Wettbewerbsfähigkeit im<br />
Geschäftsfeld Elektromobilität sichern.<br />
Der Energiedienstleister betreibt<br />
acht Ladesäulen in Bayerisch-Schwaben.<br />
Bis zum Ende des<br />
Jahres sollen 30 weitere hinzukommen.<br />
Seit 2010 schließen sich auf<br />
kommunaler Ebene Energieversorger<br />
im Verbund ladenetz.de zusammen.<br />
ladenetz.de vernetzt Ladesäulen<br />
in ganz Deutschland. Das<br />
bedeutet eine einfache Nutzung<br />
sämtlicher Ladestationen von ladenetz.de<br />
mit aktuell rund 1000<br />
angeschlossenen Ladepunkten von<br />
über 100 Partnern. Hinzu kommen<br />
mehr als 10.000 weitere Ladepunkte,<br />
die durch Roaming-Abkommen<br />
auf nationaler sowie internationaler<br />
Ebene den Kunden<br />
der ladenetz.de-Mitglieder zur<br />
Verfügung stehen.<br />
(ve)<br />
Sie vertreten die Gesellschafter der<br />
Smartlab: (v.l.) Dr. Christian Blümm<br />
(Marketingleiter Erdgas Schwaben),<br />
Professor Dr. Stephan Rolfes (Vorstand<br />
Stadtwerke Osnabrück), Dr. Christian<br />
Becker (Vorstand Stadtwerke Aachen),<br />
Marcus Wittig (Geschäftsführer<br />
Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft)<br />
und Dr. Gerhard Holtmeier<br />
(Vorstand Thüga)<br />
Foto: Smartlab<br />
Energietanken während des Behördenganges<br />
Auf dem Besucherparkplatz vor<br />
dem Landratsamt Unterallgäu in<br />
Mindelheim gibt es jetzt eine Ladesäule<br />
für Elektrofahrzeuge. Es stehen<br />
zwei Steckplätze mit einer Leis -<br />
tung von jeweils 22 Kilowatt zur<br />
Verfügung. Landrat Hans-Joachim<br />
Weirather betonte bei der Inbetriebnahme:<br />
»Mit der Ladesäule<br />
wollen wir im Landkreis Unterallgäu<br />
ein positives Zeichen für die<br />
Elektromobilität setzen.« Betrieben<br />
wird die Säule, die aktuell noch<br />
kostenfrei Strom liefert, von dem<br />
Allgäuer Energieversorger VWEWenergie.<br />
Geschäftsführer Stefan<br />
Fritz hob hervor: »Mit jeder neuen<br />
Ladesäule steigt auch die Akzeptanz<br />
der Elektromobilität.« Einig waren<br />
sich die Anwesenden, dass sich die<br />
E-Mobilität durchsetzen wird. Die<br />
Ladesäule stammt von der Firma<br />
Gebrüder Bauer aus Mindelheim.<br />
Auch die Mitarbeiter des Landratsamtes<br />
können inzwischen auf zwei<br />
Elektroautos als Dienstwagen zugreifen.<br />
(red)<br />
Foto: Eva Büchele/Landratsamt Unterallgäu<br />
Andreas Bauer von der Firma Gebrüder<br />
Bauer, Landrat Hans-Joachim<br />
Weirather und Stefan Fritz (v.l.),<br />
Geschäftsführer von VWEW-energie,<br />
nahmen die Ladesäule vor dem<br />
Landratsamt in Betrieb
Meldungen<br />
Mehr Klimaschutz –<br />
höherer Stromverbrauch<br />
Im Landkreis Oberallgäu wird das<br />
Thema Klimaschutz als Masterplan-Kommune<br />
groß geschrieben.<br />
Vor Kurzem einigte sich der Beirat<br />
für Energie und Klimaschutz auf einen<br />
ersten Strategieplan in Richtung<br />
des Zieles, den Energieverbrauch<br />
im Landkreis bis zum Jahr<br />
2050 zu halbieren und den Ausstoß<br />
klimaschädlicher CO2-Emissionen<br />
um 95 Prozent zu senken. Parallel<br />
zu den Klimaschutzmaßnahmen<br />
werde sich allerdings der Stromverbrauch<br />
bis zum Jahr 2050 um rund<br />
70 Prozent erhöhen, prophezeite<br />
Dr. Hans-Jörg Barth vom Energieund<br />
Umweltzentrum Allgäu. Alternative<br />
Energiepotenziale bei der<br />
Stromerzeugung sieht er in Photovoltaik,<br />
Windenergie, Wasserkraft<br />
und Biogas. Künftig gelte es, deutlich<br />
mehr Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen<br />
zu bestücken und<br />
auch Mietern die Möglichkeit zu<br />
dieser Investition zu geben. Im Bereich<br />
der Wirtschaft müssten Modelle<br />
zur Energieeffizienz weiter<br />
vorangebracht und der Anteil fossiler<br />
Energien eingedämmt werden.<br />
Simon Steuer, Klimaschutzbeauftragter<br />
des Landkreises, stellte die<br />
Maßnahmen im Bereich der Bildung<br />
vor. Dazu gehöre Umweltbildung<br />
an Grundschulen ebenso wie<br />
eine »Klimaschule« als Angebot für<br />
weiterführende Schulen. Im Bereich<br />
Mobilität warb Steuer unter<br />
anderem für mehr Elektrofahrzeuge<br />
in kommunalen Fuhrparks sowie<br />
für eine bessere Infrastruktur mit<br />
Ladestationen.<br />
(cs)<br />
Vermehrte Photovoltaik-Anlagen auf<br />
den Dächern des Oberallgäus sind nur<br />
ein Schritt auf dem Weg in Richtung<br />
Master-Kommune<br />
Foto: Volker Wille<br />
Anzeige<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
37
Auszeichnung<br />
Wende-Preis für Lechwerke<br />
E-Mobility-Engagement wird belohnt<br />
Die Lechwerke (LEW) sind auf der Fachmesse Intersolar Europe mit dem<br />
Energiewende-Award für ihr Angebot im Bereich E-Mobility ausgezeichnet worden.<br />
Die Auszeichnung wurde zum ersten Mal vergeben. Im Rahmen des Projektes<br />
»Energieversorger in der Energiewende« analysierte das auf erneuerbare Energien<br />
spezialisierte Markt- und Wirtschaftsforschungsunternehmen EuPD Research<br />
in einer Vollerhebung alle knapp 1300 deutschen Energieversorger.<br />
Engagement für E-Mobility<br />
der Lechwerke – nicht nur<br />
im Bereich der Lade-<br />
Infrastruktur – wurde mit<br />
einem Preis gewürdigt<br />
Die besten Energieversorger wurden nun für<br />
ihr Angebot an Produkten, Dienstleistungen<br />
und Informationen im Kontext der Energiewende<br />
prämiert. Auszeichnungen wurden in den Kategorien<br />
Strom, Wärme, Energieeffizienz, Mobilität<br />
und Energiewende vergeben. LEW zählte in den Kategorien<br />
Strom, Mobilität und Energiewende zu den<br />
Finalisten. Initiatoren des Projektes sind Intersolar<br />
Europe, DCTI Deutsches CleanTech Institut und<br />
EuPD Research.<br />
»Damit die Energiewende gelingt, müssen wir die<br />
Bereiche Strom, Wärme und Verkehr noch stärker<br />
miteinander koppeln. Dafür setzen wir uns bei den<br />
Lechwerken ein und entwickeln Lösungen und Angebote<br />
für unsere Kunden«, sagte Eckart Wruck, Leiter<br />
Kommunikation und Marketing der Lechwerke AG,<br />
bei der Preisverleihung.<br />
LEW treibt das Thema Elektromobilität in Bayerisch-Schwaben,<br />
dem Allgäu und Teilen Oberbayerns<br />
seit vielen Jahren mit großem Engagement voran. So<br />
bietet LEW ein breites Portfolio an Autostrom-Produkten<br />
und Ladelösungen für verschiedene Kundengruppen<br />
und Einsatzbereiche. Selbst betreibt LEW<br />
derzeit rund 135 öffentlich zugängliche Ladepunkte in<br />
ihrem Netzgebiet. Der Strom für die LEW-Stromtankstellen<br />
wird dabei ausschließlich aus regenerativen<br />
38<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Anzeigen<br />
Fotos: LEW/Brechenmacher/Baumann/Bleuer<br />
Auszeichnung für das Angebot im Bereich E-Mobility:<br />
Markus A. W. Hoehner, Gründer und Geschäftsführer von<br />
EuPD Research (l.), übergibt den Energiewende Award im<br />
Rahmen der Fachmesse Intersolar Europe an Eckart Wruck<br />
(r.), Leiter Kommunikation und Marketing der Lechwerke AG<br />
Quellen, also CO2-freier Energie, beschafft. LEW arbeitet<br />
auch eng mit Autohändlern und Handwerkern<br />
aus der Region zusammen, um Elektromobilität weiter<br />
voranzubringen. Gemeinsam mit dem Bundesverband<br />
eMobilität e.V. (BEM) veranstalten die Lechwerke<br />
einmal im Monat in der LEW-Energiewelt in Augsburg<br />
den eClub mit Expertenvorträgen und vielen Informationen<br />
zum Thema Elektromobilität.<br />
Im Untersuchungsfokus des Projektes »Energieversorger<br />
in der Energiewende« stand die Fragestellung,<br />
wie gut die Energieversorger den Bedarf der privaten<br />
Haushalte hinsichtlich Produkten, Dienstleis -<br />
tungen und Informationen rund um die Energiewende<br />
bedienen. Auf Basis eines 50 Kriterien umfassenden<br />
Qualitätsmodells fand die Analyse entsprechend<br />
in verschiedenen Bereichen der Energiewende statt.<br />
»Mit dieser deutschlandweit einzigartigen Untersuchung<br />
liefern wir den Beleg, dass die Energiewende<br />
mit all ihren Aspekten bei den deutschen Energieversorgern<br />
angekommen ist«, kommentiert Markus A. W.<br />
Hoehner, Gründer und Geschäftsführer von EuPD Research.<br />
»Die Energieversorger haben erkannt, dass sich<br />
mit der neuen Energiewelt auch zahlreiche Chancen<br />
bieten, neue Geschäftsfelder zu besetzen«.<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />
Redaktions- und Anzeigenschluss<br />
für die nächste Ausgabe<br />
ist der 28.09.<strong>2017</strong><br />
Anzeigen-Kontakt:<br />
Carolin Mathes und Christian Vu<br />
Tel. +49 (0)8379 728616<br />
E-Mail: info@heimat-allgaeu.info<br />
Dienstleister stellt sich vor<br />
Die LEW-Gruppe ist als regionaler Energie versorger in Bayern und Teilen<br />
Baden-Württembergs tätig und beschäftigt rund 1800 Mitarbeiter. LEW<br />
versorgt Privat-, Gewerbe- und Geschäftskunden sowie Kom munen mit<br />
Strom und Gas und hat ein breites Angebot an Energielösungen. Die LEW-<br />
Gruppe betreibt das Stromverteilnetz in der Region und ist mit 36<br />
Wasserkraft wer ken einer der führenden Erzeuger von um welt freun dlicher<br />
Energie aus Wasserkraft in Bayern. Außerdem bietet LEW Dienst leis tun -<br />
gen in den Bereichen Netz- und Anlagen bau, Energieerzeugung und Tele -<br />
kommuni kation an. Die Lechwerke AG (LEW) gehört zu innogy SE, dem<br />
führenden deutschen Energie unter nehmen.<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
39
Entsorgung<br />
Besuch im Müllheizkraftwerk<br />
Wo Memmingens Abfall brennt<br />
Bei bestem Wetter nutzten im Frühjahr mehr als 3000 Besucher aus Ulm,<br />
Memmingen, dem Alb-Donau-Kreis und dem Ulmer Umland den Tag der<br />
offenen Tür beim Müllheizkraftwerk Ulm. Seit 20 Jahren ist das Kraftwerk, das<br />
auch Memminger Abfälle verwertet, im Industriegebiet Donautal in Betrieb.<br />
Besuchergruppen ström ten<br />
ins Müllheiz kraftwerk<br />
Ulm/Donantal am Tag der<br />
offenen Tür<br />
Das Müllheizkraftwerk (MHKW) Ulm-Donautal<br />
gehört dem Zweckverband Thermische<br />
Abfallverwertung Donautal (TAD) an.<br />
Zum runden Jubiläum wurden »Erzeuger« aus dem<br />
gesamten Einzugsgebiet eingeladen, den Betrieb zu<br />
besichtigen. Nicht nur im Festzelt war der Andrang<br />
durchgehend groß. Die Besucher, darunter viele Familien<br />
mit Kindern, nutzten die Gelegenheit zu einem<br />
ausführlichen Rundgang durch die Anlage. An allen<br />
Stationen, in der Entladehalle, der großen Krankanzel<br />
Fotos: MHKW Ulm/Donautal<br />
beim Müllbunker, an den Verbrennungslinien oder<br />
der Turbine zur Stromerzeugung gab es regen Besucher-Andrang.<br />
Mitarbeiter der Betriebsmannschaft<br />
der Fernwärme Ulm GmbH (FUG) erklärten im Gebäude<br />
an den einzelnen Stationen die Arbeitsweise des<br />
MHKW, von der Müllanlieferung, der Nutzung der<br />
Verbrennungswärme für die Strom- und Fernwärmeproduktion<br />
bis zur Reststoffentsorgung. Auch Beschäftigte<br />
des Zweckverbandes TAD waren im Einsatz.<br />
Bei den Kindern kamen vor allem die Rundfahrten auf<br />
den Müllfahrzeugen gut an. An der Einstiegsstelle gab<br />
es regelmäßig Warteschlangen.<br />
Landrat Heiner Scheffold, der derzeitige TAD-<br />
Verbandsvorsitzende, zeigte sich sehr zufrieden über<br />
das Besucherinteresse, als er am Mittag die Gäste im<br />
Festzelt auf dem MHKW-Gelände begrüßte. »Diese<br />
Anlage läuft reibungslos und sorgt heute nicht mehr<br />
für großen Diskussionsstoff. Umso mehr freuen wir<br />
uns, wenn die Bürger dieses Angebot so gut annehmen<br />
und sich darüber informieren, was hier aus ihrem<br />
Hausmüll gemacht wird, nämlich Strom und Fernwärme<br />
für Ulmer Haushalte und Betriebe.«<br />
Auch Memminger Abfälle<br />
werden in diesem Kraft -<br />
werk bei Ulm verwertet<br />
40<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Energie sparen<br />
Das BHKW des Jahres 2016<br />
Enerquinn baut das System ein<br />
Wohnungsmieter konnten bisher nicht den Vorteil von Blockheizkraftwerken nutzen. Dieses<br />
Problem zu lösen, haben die Stadtwerke Konstanz nun ein innovatives Mieterstrommodell<br />
entwickelt, das als »BHKW des Jahres 2016« ausgezeichnet wurde: Die Anlage ist kombiniert mit<br />
Photovoltaik-Anlage und intelligentem Messsystem. Hergestellt wurde das Blockheizkraftwerk<br />
von der EC Power GmbH Berlin. Lieferung und Einbau des BHKW übernahmen die Spezialisten<br />
der enerquinn Energiesystemtechnik GmbH aus Weingarten.<br />
Diese effiziente Kombination ist neu: ideal für<br />
Wohnbaugesellschaften, Energieversorger,<br />
oder Gewerbeparks. Das erdgasbetriebene<br />
Blockheizkraftwerk der Berliner Firma EC Power mit<br />
der komplizierten Bezeichnung »BHKW-EC-Power-<br />
XRGI20« hat 20 kW elektrischer und 42 kW thermischer<br />
Leistung und wurde von der Weingartner<br />
Fachfirma enerquinn im Konstanzer Drechslerweg eingebaut.<br />
Für das BHKW erhielten die Berliner Hersteller<br />
von der Firma EC Power die Auszeichnung »BHKW<br />
2016« vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung<br />
e.V. Die auf dem Dach in Konstanz installierte Photovoltaik-Anlage<br />
steuert zur Strom versorgung 23 kWp<br />
bei. Bundesweit einzigartig ist sie durch die Koppelung<br />
der beiden Systeme mit elektronischen Zählern. Diese<br />
liefern alle 15 Minuten Daten bezüglich der aktuellen<br />
Stromproduktion sowie zum Verbrauch. So können die<br />
Mieter ihr Stromnutzungsverhalten aktiv anpassen.<br />
Staubsaugen besser bei Sonnenschein<br />
Das bedeutet konkret: Wer beispielsweise bei<br />
Sonnenschein staubsaugt oder Elektrogeräte wie<br />
Waschmaschine und Trockner laufen lässt, erhöht den<br />
individuellen Verbrauch des im Gebäude erzeugten<br />
Stroms. Und das zahlt sich aus: Der »interne« Strom<br />
schlägt nämlich nur mit 22,625 Cent pro kWh zu Buche,<br />
während für den aus dem allgemeinen Versorgungsnetz<br />
bezogenen Reststrom 24,556 Cent pro kWh<br />
berechnet werden.<br />
Dieses Mieterstrommodell der Stadtwerke Konstanz<br />
macht deutlich, dass KWK- und PV-Anlagen<br />
ganz im Sinne einer optimierten Energieeffizienz hervorragend<br />
miteinander harmonieren können: Während<br />
im Sommer die Photovoltaik den meisten Strom<br />
bereitstellt, springt bei reduzierter Sonneneinstrahlung<br />
das Blockheizkraftwerk ein. Installieren lässt sich<br />
ein solches dezentrales Stromversorgungssystem nicht<br />
nur in Neubauten, sondern auch in bestehende Gebäude.<br />
Weiterer Vorteil: Es werden keine großen Energiespeicher<br />
benötigt.<br />
Aufgrund der hohen Wirtschaftlichkeit haben<br />
die Stadtwerke Konstanz bereits beschlossen, weitere<br />
Anlagen dieser Art zu installieren – ein hochattraktives<br />
Zukunftsmodell beispielsweise auch für Energieversorger,<br />
Wohnungsgesellschaften oder Betreiber von<br />
Gewerbeparks in ganz Deutschland.<br />
Kontakt:<br />
enerquinn Energiesystemtechnik<br />
GmbH<br />
Birkenweg 12/1<br />
D-88250 Weingarten<br />
Telefon<br />
+49 (0)751/1897057-0<br />
E-Mail:info@enerquinn.de<br />
Auszeichnung für das »BHKW<br />
des Jahres 2016« (von links):<br />
Armin Müller (Redakteur<br />
Energie & Management),<br />
Professor Martin Maslaton<br />
(B.KWK-Vizepräsident), Mark<br />
Lehnertz (Geschäftsführer enerquinn<br />
Energiesystemtechnik),<br />
Olaf Westhoff, Stadtwerke<br />
Konstanz, Gordon Appel, Leiter<br />
PM Stadtwerke Konstanz, Kuno<br />
Werner (Geschäftsführer Stadtwerke<br />
Konstanz) und Bjarne<br />
Bogner, geschäftsführender<br />
Vorstand EC Power<br />
Foto: enerquinn<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
41
Bauen<br />
Fassadendämmung ist sicher<br />
Martin Sambale zum Fassadenbrand in London<br />
Martin Sambale von eza! ist<br />
sich sicher: Deutsche Regeln für<br />
Fassadendämmung reichen aus<br />
Eza!-Geschäftsführer Martin Sambale verweist<br />
im Zusammenhang mit dem Großbrand in<br />
London auf Statistiken und hohe Brandschutzanforderungen<br />
in Deutschland.<br />
Das Vorurteil, mit einer Fassadendämmung aus Polystyrol,<br />
das unter dem Namen Styropor bekannt ist,<br />
steige das Brandrisiko, ist nicht neu, entbehrt aber<br />
auch nach den schrecklichen Ereignissen in London<br />
jeglicher Grundlage, betont Martin Sambale. Generell<br />
gelte: »Eine verputzte Außen dämmung ist schwer in<br />
Brand zu setzen, und auch Styropor gilt als schwer entflammbarer<br />
Baustoff.« Wichtig sei, so Sambale, dass<br />
nur zugelassene Materialien und Systeme verwendet<br />
und bei der Ausführung geltende Brandschutzbestimmungen<br />
eingehalten werden.<br />
Die allermeisten der jährlich 180.000 Wohnungsbrände<br />
entstehen innerhalb eines Hauses, zitiert der<br />
eza!-Geschäftsführer die Statistiken. Dabei verpuffen<br />
die Brandgase nach rund 15 Minuten und zerstören<br />
die Fensterscheiben. »Dieser typische Brandverlauf ist<br />
unabhängig davon, ob eine Fassade gedämmt ist oder<br />
nicht.« 2014 sei beispielsweise die Bundesbauministerkonferenz<br />
zu dem Ergebnis gekommen, dass die lediglich<br />
18 Brände in den Jahren zuvor, bei denen<br />
Fassadendämmungen überhaupt eine Rolle gespielt<br />
hatten, oft auf fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung<br />
außerhalb von Gebäuden zurückzuführen waren.<br />
Sambale verweist zudem auf die geltenden Brandschutzregeln<br />
in Deutschland, die zu den strengsten in<br />
Europa gehören. So werden beispielsweise bei größeren<br />
Gebäuden zusätzlich sogenannte Brandriegel aus<br />
nicht brennbarem Dämmstoff wie Mineralfaser eingebaut.<br />
Bei korrekter Einhaltung dieser Vorschriften<br />
sei ein Fassadenbrand wie in London bei größeren Gebäuden<br />
nicht möglich.<br />
Wer aus Brandschutzgründen auf Styropor verzichten<br />
wolle, könne zudem Mineralfaserplatten oder Mineralschaumplatten<br />
als nicht brennbare, aber etwas teurere<br />
Alternative zu Polystyrol bei Außendämmungen<br />
einsetzen, so Sambale. »Im Fall eines Wohnungsbrandes<br />
sind die Schaumkunststoffe in Polstermöbeln und<br />
Matratzen aufgrund der giftigen Rauchentwicklung<br />
zunächst wesentlich relevanter als die Dämmstoffe auf<br />
der Außenwand.«<br />
Das Fazit von Sambale ist, dass niemand aus Brandschutzgründen<br />
auf eine Wärmedämmung, die ein Plus<br />
an Wohnkomfort und Energieeinsparung bringt, verzichten<br />
muss.<br />
Beim Fassadenbrand im Juni am Grenfall-Tower in North<br />
Kensington/London kamen 79 Menschen ums Leben. Über<br />
die Fassadendämmung breitete sich das Feuer schnell aus<br />
Fotos: Natalie Oxford/Wikipedia, eza!<br />
42<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Altbau<br />
Oben perfekt gedämmt<br />
Holzprofis sanieren im Bestand<br />
2200 Quadratmeter Dachboden wurden in einer Wohnbausiedlung neben<br />
dem Klinikum Kempten energetisch auf den neuesten Stand gebracht. Damit<br />
bei so einem Großprojekt alles glatt läuft, setzte die Wohnbau GmbH gleich<br />
auf Dämm-Know-how aus dem Allgäu: Verlegt haben die Thermo -<br />
bodenelemente die Spezialisten von Holzbau Geisenhof aus Oberstaufen.<br />
Für die Dämmung der obersten Geschossdecke<br />
in Kempten kam der Thermoboden der Joma<br />
Dämmstoffwerk GmbH aus Holzgünz (Allgäu)<br />
zum Einsatz. »Das war ein echtes Mammut-Projekt für<br />
uns. Noch nie haben wir so viel Dämmmaterial am<br />
Stück verlegt. Die über 2200 Quadratmeter verlegen<br />
wir normalerweise innerhalb von drei Jahren und in<br />
unterschiedlichen Objekten. Da war dieses Projekt<br />
schon eine echte Hausnummer«, erklärt Armin Geisenhof,<br />
Zimmerermeister und Inhaber von Holzbau<br />
Geisenhof in Oberstaufen. »Aber mit den Thermobodenelementen<br />
von Joma war das kein Problem, die lassen<br />
sich einfach und schnell verlegen. So kamen wir<br />
auf der Baustelle zügig voran und konnten unseren<br />
Zeitplan locker einhalten«, ist Geisenhof zufrieden.<br />
Bei dem Sanierungsprojekt in der Wohnbausiedlung<br />
mit insgesamt zehn Häusern aus den 1950er- und<br />
1960er-Jahren kamen Thermobodenelemente mit einer<br />
Gesamtstärke von 128 Millimetern und mit versiegelter,<br />
wischfester HDF-Oberfläche zum Einsatz. Der<br />
Dämmstoff, Hartschaum aus grauem Airpor, ist zu 100<br />
Prozent recycelbar, frei von gesundheitsschädlichen<br />
Stoffen, besteht zu 98 Prozent aus reiner Luft und ist<br />
somit besonders umweltfreundlich.<br />
Für einen sauberen Abschluss und eine noch höhere<br />
Dämmleistung wurden auf der gesamten Dachbodenoberfläche<br />
Kniestockelemente angebracht, die<br />
nachträglich auf den Thermoboden aufgesetzt wurden.<br />
Die zum Teil sehr unebenen Wände machten den<br />
Handwerkern von Holzbau Geisenhof dabei die Arbeit<br />
besonders knifflig. »Toll, dass wir hier auf das<br />
Know-how der Spezialisten vom Hersteller zurückgreifen<br />
konnten. Die hatten die richtigen Tipps und<br />
Über 2200 Quadratmeter<br />
perfekt gedämmte Dach -<br />
boden fläche: Dank Joma-<br />
Thermoboden ist die Wohn -<br />
bausiedlung in Kempten<br />
energetisch auf dem<br />
neuesten Stand<br />
Über den Joma-Thermoboden<br />
Der mit HDF versiegelte Thermoboden von Joma ist in<br />
Dicken von 108 bis 308 Milli metern erhältlich. Dank des<br />
patentierten Nut- und Federsystems bietet der Thermo -<br />
boden dem Verarbeiter auch eine vergrößerte Leim fläche<br />
und sorgt damit für Kraftschlüssig keit im Verbindungs -<br />
bereich. Beim Thermoboden von Joma leitet das Kanal -<br />
system dank der diffundierenden Wirkung Feuchtigkeit aus<br />
der Bausubstanz ab. Für die Joma-Dämmstoff werk sind<br />
die Thermoböden ein absoluter Renner im Produkt pro -<br />
gramm: Und das seit über vier Jahrzehnten. »Mit unserem<br />
Markenzeichen, der integrierten beidseitigen Unter lüftung,<br />
haben wir vor über 40 Jahren einen echten Coup<br />
gelandet. Denn Dank der Diffusions-Wirkung kann der<br />
Verarbeiter beim Verlegen auf eine Dampfsperre ver -<br />
zichten und da rüber hinaus lassen sich durch die unteren<br />
Kanäle kleinere Bodenunebenheiten ausgleichen«, sagt<br />
JOMA-Geschäfts führer Josef Mang. Das System wurde<br />
stets weiter ent wickelt und optimiert. Mit dem neuen Material<br />
Airpor wer den nun hohe Dämm werte erreicht, so dass<br />
die geforder ten Werte der Energieeinspar verordnung<br />
(EnEV) 2014 bereits mit einer Gesamtdicke von 128 Milli -<br />
metern (inklusive acht Millimeter HDF-Trägerplatte) erfüllt<br />
werden. Dank der unter schiedlichen Ausführungen als<br />
HDF- oder Span platte (wahlweise versiegelt) sowie der<br />
ebenfalls er hält lichen Aqua-Top-Oberfläche lässt sich für<br />
jedes Projekt das passende Joma-Thermoboden-System<br />
ermitteln.<br />
44<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Die Wohnbausiedlung nahe<br />
dem Klinikum in Kempten<br />
Fotos: Joma Holzgünz<br />
Tricks, sodass wir auch bei unebenen Untergründen<br />
eine ebenmäßige Dämmfläche schaffen konnten«, so<br />
Geisenhof. Zum Schutz der Dämmelemente und, um<br />
einen einwandfreien Dampfdruckausgleich zu gewährleisten,<br />
wurden die Kniestockelemente mit Lochblech<br />
abgedeckt.<br />
Damit die energetische Sanierung von über 2200<br />
Quadratmetern Dachboden besonders flott und zeitnah<br />
über die Bühne ging, mussten die Arbeiten auf der Baustelle<br />
flutschen. »Mit dem Thermoboden von Joma sparen<br />
wir uns gut 20 Prozent der Zeit, die wir sonst zum<br />
Verlegen andere Systeme benötigen. Man muss nicht<br />
lange am Dämmmaterial herumbasteln, sondern hat<br />
ein fertiges Produkt und muss dann nur noch die Platten<br />
verlegen – fertig«, erklärt der Holzbau-Profi. Das<br />
patentierte Nut- und Federsystem macht das Verlegen<br />
der Dämmelemente besonders einfach. Es bietet dem<br />
Verarbeiter eine vergrößerte Leimfläche und sorgt damit<br />
für Kraftschlüssigkeit im Verbindungsbereich. Nut<br />
und Feder sind im Dämmstoff doppelt ausgeführt, ab<br />
einer Stärke von 250 Millimetern sogar dreifach. Das<br />
garantiert eine wärmebrückenfreie Verlegung und somit<br />
eine 100-prozentige Wärmeisolierung.<br />
Weiterer Vorteil auf der Baustelle: Mit einem Gewicht<br />
von gerade einmal sechs Kilogramm sind die<br />
Thermobodenplatten auch besonders leicht und verarbeiterfreundlich.<br />
So konnten bei dem Sanierungsprojekt<br />
in Kempten die Dämmelemente einfach von<br />
Hand in die oberste Geschossdecke getragen werden.<br />
»Leichte Platten in dieser Qualität – da gibt es einfach<br />
nichts Vergleichbares auf dem Markt«, ist sich Geisenhof<br />
sicher, der bereits seit zehn Jahren eng mit Joma<br />
zusammenarbeitet.<br />
Auch die Wohnbau GmbH aus München, Eigentümer<br />
der Kemptener Wohnsiedlung, arbeitet seit fünf<br />
Jahren mit den Spezialisten von Joma zusammen und<br />
hat in der Vergangenheit bereits mehrere Objekte mit<br />
den Thermoböden des Allgäuer Qualitätsherstellers<br />
ausgestattet. Die Wohnbau GmbH bewirtschaftet<br />
deutschlandweit rund 18.000 Miet- und über 4000 Eigentumswohnungen<br />
für Dritte und hat in den vergangenen<br />
acht Jahren rund 8500 Bestandswohnungen erworben.<br />
Als langfristig orientierter Bestandshalter legt<br />
die Wohnbau GmbH Wert auf Qualität, Nachhaltigkeit<br />
und faire Mietpolitik. Um dies gewährleisten zu können,<br />
sind energetische Sanierungsmaßnahmen elementar.<br />
Gerade bei Bestandsimmobilien ist die Dämmung<br />
der obersten Geschossdecke die ideale Lösung<br />
für eine energetische Modernisierung. »Bei einer ungedämmten<br />
Dachbodendecke liegt der Wärmeverlust<br />
bei bis zu 40 Prozent«, verdeutlicht Stefan Miller, Vertriebsleiter<br />
technischer Produkte bei Joma. Dieser<br />
drastische Unterschied zwischen einer gedämmten<br />
und einer ungedämmten obersten Geschossdecke ließ<br />
sich beim Projekt in der Wohnbausiedlung in Kempten<br />
besonders gut beobachten, da auf der Baustelle<br />
Schnee lag: »Auf den Dächern der Häuser, bei denen<br />
wir die oberste Geschossdecke bereits gedämmt hatten,<br />
blieb der Schnee viel länger liegen, während er auf<br />
den Dächern der noch nicht sanierten Häuser schnell<br />
weggeschmolzen war«, so Miller.<br />
Einfaches Handling auf der<br />
Baustelle: Dank des<br />
patentierten Nut- und<br />
Federsystems geht das Verlegen<br />
des Thermobodens<br />
von Joma besonders leicht<br />
von der Hand<br />
Info<br />
Joma Dämmstoffwerk<br />
GmbH, Jomaplatz, 87752<br />
Holzgünz, Telefon<br />
+49 (0) 8393/78-0,<br />
info@joma.de, www.joma.de<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
45
Neu- und Altbau<br />
Luftdichtbahnen funktionieren<br />
Pavatex legt Langzeitstudie vor<br />
Seit zehn Jahren bietet das Schweizer Unternehmen Pavatex Dachsanierung mit<br />
sogenannten Luftdichtbahnen (LDB) auf Holzfaser-Basis für Neu- und Umbauten.<br />
Die Bahnen werden über den Dachsparren flächig verlegt. Eine Langzeit- Studie der<br />
Dämmspezialisten von Pavatex belegt nun die Funktionalität – weitere Auswertungen<br />
sollen demnächst folgen<br />
Vor zehn Jahren entwickelt, bis heute sehr gefragt:<br />
Bei der innovativen Luftdichtbahn-<br />
Dachsanierungsvariante von Pavatex wird die<br />
Luftdichtbahn (LDB) oberhalb des Sparrens flächig<br />
verlegt.<br />
Die Dämm spezialisten von Pavatex hatten die damals<br />
unübliche, doch sehr wirkungsvolle Lösung als<br />
Erster im Markt präsentiert und lange erfolgreich umgesetzt.<br />
Seitdem die Variante im Jahr 2015 im ZVDH-<br />
Regelwerk aufgenommen wurde, sind viele Hersteller<br />
dem erfolgreichen Beispiel gefolgt.<br />
Pavatex bietet seit Jahren ausgezeichnete ökologische<br />
Dämmlösungen auf Basis von Holzfasern am und geht<br />
immer wieder mit innovativen Ansätzen voran, so<br />
auch mit seiner 2007 entwickelten LDB-Dachsanierung<br />
für die Neu- bzw. Umdeckung des Daches. Chris -<br />
tian Völz, zuständig für das operative Geschäft von<br />
Pavatex-Soprema, erläutert: »Die Lösung vereint bauphysikalisches<br />
und technisches Know-how mit Wirtschaftlichkeit<br />
sowie einfacher Verarbeitung. Der Erfolg<br />
zeigt sich in über sieben Millionen Quadratmetern<br />
Dachfläche allein in Mitteleuropa, die mit dieser Sanierungsvariante<br />
ausgeführt wurden.«<br />
Kein »Berg- und Tal-Verfahren« mehr<br />
Zentraler Bestandteil des Konstruktionsaufbaues ist die<br />
Luftdichtbahn Pavatex LDB 0.02, die flächig oberhalb<br />
des Sparrens verlegt wird statt, wie zuvor üblich,<br />
Bei der Pavatex-LDB-<br />
Systemlösung (rechts grün)<br />
erfolgt die Verlegung der<br />
Luftdichtbahn flächig über<br />
den Sparren. Sie wird<br />
zwingend mit einer<br />
Unterdeckplatte bis 35 Millimeter<br />
kombiniert. Ein<br />
Wechsel der Lage der<br />
Luftdichtheitsebene ist<br />
problematisch und sollte<br />
vermieden werden<br />
Über Pavatex und Soprema<br />
Soprema mit Hauptsitz in Straßburg/Frankreich hat 2016<br />
die Pavatex-Gruppe über nommen. Die bisherigen Aktionäre<br />
der Gruppe haben ihr Unternehmen an Soprema verkauft.<br />
Die Soprema-Gruppe hält 100 Prozent der Aktien der Pavatex<br />
Holding AG und kontrolliert damit alle Unternehmen<br />
der Pavatex-Gruppe.<br />
Gegründet im Jahr 1908 in Straßburg, ist Soprema heute<br />
ein weltweit tätiger Spezialist für Abdichtung und Wärmedämmung<br />
von Gebäuden und Infrastrukturbauten mit 6260<br />
Mitarbeitern. Der Konzern verfügt über 42 Produktionsstandorte<br />
in Europa und Nordamerika.<br />
Soprema bekennt sich zur Marke Pavatex und zum Standort<br />
Schweiz. Die Pavatex-Vertriebsorganisationen für die<br />
Kernländer Schweiz, Deutschland/Österreich und Frankreich<br />
werden in die bestehenden Soprema-Ländervertriebsorganisationen<br />
integriert.<br />
Die Pavatex-Werke und andere Funktionen werden schrittweise<br />
in die Matrixorganisation von Soprema eingefügt.<br />
Damit ist sichergestellt, dass zügig gegenseitige Synergiepotenziale<br />
genützt werden. Für den Kunden bedeutet das,<br />
dass er weiterhin Pavatex-Produkte einsetzen und verwenden<br />
kann.<br />
46<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Der Pavatex-Systemaufbau mit Pavaflex<br />
zwischen den Sparren: Pavatex LDB 0.02<br />
Luftdichtbahn und Unterdeckplatten von<br />
Pavatex über dem Sparren<br />
schlaufenförmig im »Berg-und-Tal-Verfahren«. Dadurch<br />
können Material und Arbeitsaufwand reduziert<br />
werden. Die durchgehende Bahn schließt luftdicht<br />
nach außen ab und ist dabei mit einem sd-Wert<br />
(definiert die Eigenschaft als Dampfbremse) von 0,02<br />
Metern sehr diffusionsoffen. Dies sorgt für ein ange -<br />
neh mes Raumklima.<br />
Besonderer Vorteil bei Sanierungen: Die vorhandene<br />
Zwischensparrendämmung kann in der Regel in der<br />
Konstruktion verbleiben; die volle Sparrenhöhe muss<br />
lediglich vor der Verlegung der Luftdichtbahn mit<br />
Dämmstoff aufgefüllt werden. Den Abschluss der Konstruktion<br />
bilden die bewährten diffusionsoffenen<br />
Holzfaserdämmplatten für Unterdeckungen Isolair,<br />
Isoroof bzw. Pavatexterm-plus, die den Wärmeverlust<br />
und damit die Energiekosten erheblich senken. Darüber<br />
hinaus bieten die nachhaltigen Dämmplatten effizienten<br />
Schutz gegen Lärm und sommerliche Hitze.<br />
Langzeitstudie belegt Funktionalität<br />
Vor wenigen Monaten legte Pavatex den ersten Teil<br />
einer langfristig angelegten Studie zu einer LDB-Sanierung<br />
vor, die über vier Jahre gemessene Werte enthält.<br />
Das Ergebnis: Das Verfahren funktioniert. Der konvektive<br />
Feuchteeintrag in die Konstruktion ist unwesentlich<br />
höher als im Vergleich zu einer Konstruktion mit<br />
einer herkömmlichen, auf der Innenseite liegenden<br />
Dampfbremse. Durch die hohe Dampfdiffusionsfähigkeit<br />
der Pavatex-Dämmprodukte sind zudem die Anforderungen<br />
an den konstruktiven Holzschutz sehr gut<br />
zu erfüllen. Die vorgeschriebenen »Trocknungsreserven«<br />
im Rahmen der bauphysikalischen Fachplanung<br />
lassen sich einfach und gut nachweisen. In diesem<br />
Sommer werden weitere Messdaten ausgelesen und<br />
ausgewertet. Informationen werden dann unter<br />
www.pavatex.de zur Verfügung gestellt.<br />
Services runden das Angebot ab<br />
Als kostenfreien Service liefert Pavatex den vom<br />
ZVDH-Regelwerk geforderten objektspezifischen<br />
Feuchteschutznachweis gemäß DIN 4108, Teil 3, von<br />
Anfang an mit, um verarbeitenden Handwerkern Sicherheit<br />
bei der Dimensionierung des Systemaufbaues<br />
zu geben. Hinzu kommt die bewährte Pavatex-Systemgarantie.<br />
Damit Kunden zügig die zu ihrem Objekt passende Variante<br />
finden, stehen zahlreiche bauphysikalische Berechnungen<br />
von praxisgerechten Konstruktionen<br />
online unter www.pavatex.de/download/broschueren<br />
zur Verfügung. Spezielle Konstruktionen werden objektspezifisch<br />
von den erfahrenen Pavatex-Technikern<br />
berechnet.<br />
Info<br />
Soprema GmbH<br />
Pavatex<br />
Wangener Str. 58<br />
D-88299 Leutkirch<br />
Tel. 07561 9855-0<br />
Fax 07561 9855-30<br />
leutkirchsoprema.de<br />
www.pavatex.de<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
47
Hausbau<br />
Wärmepumpen in Einsatz<br />
Reichen Standard-Angebote aus?<br />
Wärmepumpen sind aus modernen Haustechnikkonzepten nicht mehr wegzudenken.<br />
Die Nutzung regenerativer Energien ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll.<br />
»Um die richtige Wahl zu treffen, bedarf eine Wärmepumpen-Anlage aber<br />
gewerk übergreifender Planung«, rät Dipl.-Ing. Jens-Uwe Nieß, Servicepartner<br />
der Verbraucherschutzorganisation Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB)<br />
Tiefbohrungen für Son den<br />
einer Erd-Wärme pum pe<br />
müssen in der Regel be hörd -<br />
lich genehmigt werden<br />
Ist eine Wärmepumpe von der Stange mit üblicherweise<br />
geringem Anschaffungspreis wirklich der<br />
Königsweg zum energetisch vorteilhaften Bauen<br />
und zur Erfüllung der Anforderungen aus der Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV)? In vielen Hausangeboten<br />
finden sich Hinweise wie »Wärmepumpe ist bei<br />
uns Standard«. Solche „All-inklusiv-Angebote« sollte<br />
man aber nicht einfach ungeprüft übernehmen.<br />
Wenn das Grundwasser hilft<br />
Bauherren sollten sich laut Nieß darüber informieren,<br />
wer beim Anbieter ihrer Wahl die Planung in<br />
der Hand hat. Das Team besteht im Idealfall aus Architekt,<br />
Fachplaner, Brunnenbauer, Heizungs- und<br />
Elektroinstallateur. Der Architekt sollte prüfen, welche<br />
Art von Wärmepumpe überhaupt einsetzbar ist. Den<br />
besten Wirkungsgrad haben Wasser/Wasser-Wärmepumpen,<br />
die Grundwasser über einen eigens zu bohrenden<br />
Brunnen nutzen. Voraussetzung sind Grundwasser<br />
in erreichbarer Nähe und eine behördliche Genehmigung<br />
für die Grundwasser-Nutzung. Zudem<br />
muss die Wasserqualität sich eignen.<br />
Bohren oder nicht bohren?<br />
Sole/Wasser-Wärmepumpen nutzen das Erdreich<br />
als Wärmequelle über Sonden oder Kollektoren. Für<br />
oberflächennah eingebaute Kollektoren ist ein entsprechend<br />
großes Grundstück erforderlich, für Sonden,<br />
die in Tiefbohrung eingebracht werden, müssen<br />
unter Umständen Genehmigungen oder Bodengutachten<br />
eingeholt werden. Luft/Wasser-Wärmepumpen<br />
nutzen die Luft als Wärmequelle und erfordern daher<br />
48<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Wärmepumpen mit<br />
Erdkollektoren erfordern<br />
ein ausreichend großes<br />
Grundstück für die<br />
Verlegung der Kollektoren<br />
Wärmepumpen<br />
arbeiten am<br />
effizientesten mit<br />
Flächenheizungen,<br />
die mit niedrigen<br />
Vorlauftempera -<br />
turen versorgt<br />
werden können<br />
Fotos: djd/Bauherren-Schutzbund<br />
keine Bohrungen oder Erdarbeiten. Sie sind kostengünstiger,<br />
aber ihr Wirkungsgrad ist niedriger, da die<br />
Leistung mit sinkenden Temperaturen nachlässt.<br />
Passt die Wärmepumpe zur Heizung?<br />
Unabhängig vom Typ arbeiten Wärmepumpen<br />
umso effizienter, je weiter die Vorlauftemperatur der<br />
Heizung in Richtung 35 Grad Celsius abgesenkt werden<br />
kann. Im Neubau sind daher Flächenheizungen<br />
das richtige System, um das Potenzial der Wärmepumpe<br />
optimal zu nutzen. Wenn im Altbau bestehende<br />
Heizungsinstallationen weiter genutzt werden sollen,<br />
muss eine Vorlauftemperatur von mehr als 55<br />
Grad Celsius vermieden werden. Grundsätzlich kann<br />
es sinnvoll sein, die Planung durch einen Sachverständigen<br />
prüfen zu lassen, zum Beispiel durch einen unabhängigen<br />
Bauherrenberater des BSB. Mehr Informationen<br />
und Ansprechpartner für die Beratung sowie<br />
einen kostenlosen Ratgeber »Angebots-Check für<br />
Wärmepumpen« gibt es unter www.bsb-ev.de (djd)<br />
Die Wärmepumpe –<br />
eine Kältemaschine<br />
Wärmepumpen sind Kältemaschinen und ar -<br />
beiten im Prinzip genauso wie der Kühl- oder<br />
Gefrierschrank, der fast in jedem Haushalt zu<br />
finden ist. Im Kühlschrank entzieht die Ma -<br />
schine Wärme aus dem Innenraum und gibt<br />
sie nach außen ab, im Haus entzieht sie die<br />
Wärme aus Erde, Wasser oder Luft und gibt<br />
sie als Heizenergie ab. »Wärmepumpen be -<br />
Flächenheizungen sind aufgrund<br />
ihrer niedrigen Vorlauf tem pera -<br />
turen sehr gut für das Heiz sys -<br />
tem Wärmepumpe geeignet<br />
stehen im Wesentlichen aus einem Kompres -<br />
sor beziehungsweise Verdichter, einem Kon -<br />
densator, einem Expansionsventil und dem<br />
Verdampfer«, erklärt Dipl.-Ing. Jens-Uwe Nieß,<br />
Servicepartner des Bauherren-Schutzbund<br />
e.V. Durch den Verdichter wird ein Kältemittel<br />
unter Druck auf ein höheres Temperatur -<br />
niveau gebracht. Diese Wärme wird dann an<br />
das Heizungswasser übertragen. Mehr<br />
Informationen gibt es unter www.bsb-ev.de<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
49
Medien<br />
Helmut Jahn<br />
Deutschland – wir<br />
weben dein Leichentuch<br />
Und wieder einmal stellt jemand 95<br />
Thesen zur Situation der Menschheit<br />
in den Raum. Diesmal heißt<br />
derjenige, der die Thesen aufstellt<br />
und verbreitet, nicht Martin Luther,<br />
sondern Helmut Jahn. Und es geht<br />
auch nicht um die Religion, sondern<br />
um unsere Demokratie und<br />
unsere Zukunft. Jahn fasst zusammen:<br />
»Die Demokratie, die erstrebenswerteste<br />
Regierungsform –<br />
und das seit der Antike –, wird<br />
durch ihre Abhängigkeit vom Finanzsektor<br />
und allen erdenklichen<br />
Formen einer erstarkten Lobby ad<br />
absurdum geführt.« Jahn prangert<br />
Missstände an, zeigt Fakten und relevante<br />
Zahlen auf, belegt anhand<br />
zahlreicher Beispiele die Unzulänglichkeiten<br />
der Verantwortlichen.<br />
Unverblümt und<br />
recht offensiv gestaltet<br />
der Autor seine<br />
Kritik an Politik, Regierungen<br />
und Gesellschaft.<br />
Ins Tagebuch<br />
der Politiker<br />
landauf, landab<br />
schreibt er: »Nicht<br />
der Kapitalismus,<br />
nicht die Globalisierung<br />
ist die Gefahr!<br />
Unsere Politik forciert<br />
die kriminellen<br />
Exzesse des Finanzkapitals.«<br />
Er stellt 95 Thesen in den<br />
Raum und leitet aus diesen Sofortmaßnahmen<br />
und Reformen zur<br />
Rückgewinnung der wahren Demokratie<br />
ab. Auch, wenn wir glauben,<br />
dass nicht ein Bruchteil dieser<br />
Maßnahmen in der nächsten Zeit<br />
umgesetzt wird – dieses Buch zeigt<br />
zumindest grundlegende Mängel<br />
auf. Dass es 387 Seiten stark ist, beweist<br />
nicht nur den Fleiß des Autors<br />
beim Sammeln von Missständen,<br />
sondern auch, dass es davon<br />
jede Menge gibt.<br />
»Deutschland – wir weben dein<br />
Leichentuch«, Taschenbuch Paperback,<br />
Format 17x22cm, Autor: Helmut Jahn,<br />
Klecks Verlag, 16,80 Euro,<br />
ISBN 978-3-95683-264-2<br />
Meadows/Randers<br />
Grenzen des Wachstums<br />
– das 30-Jahre-Update<br />
Die Menschheit kann mehrere<br />
Entwicklungswege gehen. Bereits<br />
in der Vergangenheit haben die<br />
Autoren Wege beschrieben, die sie<br />
für möglich halten, wenn die<br />
Grenzen des Wachstums erreicht<br />
sind. In diesem Werk sind weitere<br />
Szenarien beschrieben. Im »30-<br />
Jahre-Update« mit aktuellen Zahlen<br />
wird deutlich, dass der große<br />
Kurswechsel dringend nötig ist –<br />
eine Wende zur echten Nachhaltigkeit<br />
mit drastischen materiellen<br />
und strukturellen Veränderungen.<br />
Die Autoren<br />
Professor Dr.<br />
Donella Meadows<br />
(verstorben/<br />
Analyse<br />
der früheren<br />
Jahre), Professor<br />
Dr. Joergen<br />
Randers<br />
und Professor<br />
Dr. Dennis<br />
Meadows stellen<br />
fest: »Wir<br />
können die<br />
neuen Wege<br />
gehen, aber wir müssen es wollen!«<br />
Grenzen des Wachstums – das 30-<br />
Jahre-Update, Taschenbuch,<br />
Paperback, 334 Seiten, Format<br />
15x23cm, Hirzel-Verlag, 5. Auflage,<br />
29 Euro, ISBN 978-3-7776-2544-7<br />
Fred Pearce<br />
Die neuen Wilden<br />
Sie kommen<br />
schleichend.<br />
Und plötzlich<br />
sind sie da,<br />
und wir fühlen<br />
uns und unsere<br />
geliebte Natur<br />
bedroht. Die<br />
neuen Wilden<br />
sind gebietsfremde<br />
invasive Arten:<br />
Bärenklau, Waschbär und Co. Sie<br />
bedrohen einheimische Tier- und<br />
Pflanzenarten. Deshalb versuchen<br />
wir, sie zurückzudrängen<br />
und zu bekämpfen. Autor Fred<br />
Pearce war auch lange Zeit dieser<br />
Meinung. Im vorliegenden Buch<br />
macht er aber eine Kehrtwende<br />
um 180 Grad. »Wie, wenn unsere<br />
traditionelle Sicht auf die Natur<br />
falsch ist? Was, wenn echter Naturschutz<br />
gerade darin besteht,<br />
die Eindringliche willkommen zu<br />
heißen?« Schließlich ist der Klimawandel<br />
inzwischen unbestritten<br />
– inzwischen wächst Wein<br />
auch im Norden Deutschlands,<br />
und die Baumgrenze in den Bergen<br />
klettert langsam höher. Mit<br />
dem Klimawandel ist auch die<br />
Natur in schnellere Bewegung gekommen.<br />
Pearce: »Wir brauchen<br />
widerstandsfähige Arten, die unsere<br />
Natur bereichern und übernutzte<br />
Landschaften heilen!«<br />
Die neuen Wilden. Wie es mit<br />
fremden Tieren und Pflanzen gelingt,<br />
die Natur zu retten. Harcover,<br />
334 Seiten, Format 14x21cm,<br />
Oekom Verlag, 22,95 Euro, ISBN<br />
978-3-86581-768-6<br />
50 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Medien<br />
Fatheuer/Fuhr/Unmüßig<br />
Kritik an der<br />
Grünen Ökonomie<br />
In der oberflächlichen Wahrnehmung<br />
vieler Menschen könnte<br />
»Grüne Okonomie« als Alternative<br />
zur augenblicklichen wirtschaftlichen<br />
Situation sein. Weit gefehlt,<br />
stellen Thomas Fatheuer, Lili Fuhr<br />
und Barbara Unmüßig in ihrem<br />
Buch fest: »Die Grüne Okonomie<br />
will ein neues Leitbild anbieten,<br />
das vor allem auf großtechnologischen<br />
Lösungen basiert.« Hat jemand<br />
hier Bayer/Monsanto gehört?<br />
Die Autoren stellen die Frage:<br />
»…kann Effizienz eine Lösung<br />
sein, wenn sie den Konsum weiter<br />
anheizt? Was bewirkt grünes<br />
Wachstum, wenn gleichzeitig die<br />
Emissionen aus der Nutzung fossiler<br />
Energieträger weiter steigen?«<br />
Dieses Buch unterzieht die Grüne<br />
Ökonomie einer kritischen Prüfung,<br />
testet ihre Versprechen, erörtert<br />
ihre Möglichkeiten, beschreibt<br />
die tatsächlichen Konsequenzen,<br />
nennt die »blinden Flecken« und<br />
skizziert einen Weg, um globale<br />
Krisen auch unter sozialen Gesichtspunkten<br />
zu meistern. Dabei<br />
spielt die größer werdende Kluft<br />
zwischen Arm und Reich eine große<br />
Rolle.<br />
Claus-Peter Hutter u.a.<br />
Sonne, Wasser und Wind<br />
Mit Kindern Energie<br />
verstehen und nachhaltig<br />
leben<br />
Kinder und Jugendliche sind die<br />
neue Generation, die mit den unterschiedlichen<br />
Formen der erneuerbaren<br />
Energien umgehen können<br />
soll – ja sogar muss. Dieser Praxisleitfaden<br />
bietet Anregungen und<br />
Hintergrundwissen für Erzieher<br />
und Eltern. Es beginnt mit der Feststellung:<br />
»Was ist Energi,e und<br />
wozu brauchen wir sie?« Welche<br />
Rolle spielen dabei Sonne, Wasser<br />
und Wind? Danach tauchen die<br />
Autoren Claus-Peter Hutter, Karin<br />
Blessing, Claudia Dichtl und Rainer<br />
Köthe in die Auswertung der Quellen<br />
ein: Reichen die vorhandenen<br />
Energiequellen für die Zukunft aus?<br />
Wie spielen Energieverbrauch,<br />
wirtschaftliche Notwendigkeiten<br />
und der Klimawandel ineinander?<br />
Immer wieder werden Verbindungen<br />
hergestellt: So kann sinnvoller<br />
Umgang mit Energie aussehen. Besonders<br />
wichtig: Die Autoren gehen<br />
auf die Möglichkeiten für den Einzelnen<br />
ein. Setzen das Samenkorn<br />
bei Kindern, die in der Zukunft<br />
verantwortungsvoll mit Umwelt<br />
und Natur umgehen sollen.<br />
Sonne, Wasser und Wind. Mit Kindern<br />
Energie verstehen und nachhaltig<br />
leben, Paperback, Format: 17x21,5cm,<br />
224 Seiten, viele kolorierte Skizzen und<br />
Zeichnungen, 19,80 Euro,<br />
ISBN 978-3-7776-2391-7<br />
Dr. Uwe Bahlke<br />
Vom Weltverständnis<br />
eines Bürgers<br />
und Urschen der<br />
Politikverdrossenheit<br />
Die soziale, wirtschaftliche, ökonomische<br />
und politische Situation in<br />
unserem Lande, Funktion und Organisation<br />
der Bundesrepublik<br />
Deutschland, die Interessenlagen<br />
und der politische<br />
Alltag in unserer Gesellschaft<br />
werden in diesem<br />
Buch zur Diskussion<br />
gestellt. Die wechselseitige<br />
Abhängigkeit der Lebensperspektive<br />
des einzelnen<br />
Bürgers von der<br />
Gesellschaft und des<br />
Leistungsvermögens<br />
unserer Gesellschaft<br />
vom Verhalten und<br />
den Leistungen des<br />
einzelnen Bürgers<br />
werden offengelegt.<br />
Neben den Stärken und Entwicklungspotenzialen<br />
unseres Landes<br />
werden Mängel, Defizite, Konflikte,<br />
Risiken und Gefährdungen deutlich<br />
gemacht.<br />
Veränderung ist notwendig. und<br />
Veränderung ist möglich. Das wird<br />
in diesem Werk deutlich vor Augen<br />
geführt. Zielorientierte Veränderung<br />
ist allerdings nicht das Ergebnis<br />
von Beliebigkeiten. Sie erfordert<br />
eine zieladäquate Organisation des<br />
Veränderungsprozesses.<br />
Politikverdrossenheit entsteht dort,<br />
wo Regierende und Eliten sich ihrer<br />
Verantwortung für die Gestaltung<br />
einer erstrebenswerten Zukunft für<br />
alle entziehen, eigenen Interessen<br />
folgen, die Urteilsfähigkeit der Bürger<br />
unterschätzen, die Bürger sich<br />
eigene Antworten auf Probleme<br />
unserer Zeit suchen, weil die Argumente<br />
der Regierenden, häufig einseitig<br />
unvollständig und vordergründig,<br />
sie nicht überzeugen.<br />
Kritik an der Grünen Ökonomie,<br />
Paperback, 190 Seiten, Format<br />
13x21,5cm, Oekom Verlag, 14,95 Euro,<br />
ISBN-13: 978-3-86581-748-8<br />
Vom Weltverständnis eines Bürgers,<br />
Paperback, Format DIN-A4,<br />
400 Seiten, 19,20 Euro,<br />
ISBN 978-3-95683-303-8<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
51
Mächler<br />
Leuchtende Farben der Natur<br />
Lapislazuli aus Aichstetten<br />
In unregelmäßiger Folge stellen wir in dieser Zeitschrift<br />
Menschen oder Unternehmen vor, die in der Vergangenheit<br />
den Ruf des Allgäus als Region der Mächler begründet<br />
oder die – wie im Falle von Kremer-Pigmente in Aichstetten –<br />
Weltruf als Spezialisten mit Wurzeln im Allgäu erlangt haben.<br />
Firmengründer<br />
Dr. Georg Kremer<br />
Seit 1977 beliefert Kremer Pigmente weltweit<br />
Kunden mit Produkten für die Denkmalpflege,<br />
die Restaurierung und die anspruchsvolle Malerei.<br />
Zinnoberrot, Smalte, Lapislazuli, Beinschwarz oder<br />
Krapplack – das sind nur einige seltene Pigmente, deren<br />
Herstellung jahrhundertelang als vergessen galt. Doch<br />
dieses Allgäuer Unternehmen hat diese Pigmente wieder<br />
zum Leben erweckt und am Markt verfügbar gemacht.<br />
Im Zuge der Industrialisierung und der Weltkriege<br />
war das alte Handwerk der Farbherstellung verloren<br />
gegangen. So fand in den 1930er-Jahren ein Umstrukturierungsprozess<br />
in der Farbenindustrie statt. Denn<br />
diese benötigte ausschließlich Pigmente und Farben,<br />
die eine technische Verarbeitung in großen Mengen<br />
erlaubt. Seitdem produziert die Farbenindustrie Pigmente<br />
in sehr gleichbleibenden Farbtönen. Die stehen<br />
jedoch ganz im Gegensatz zu den Pigmenten aus der<br />
Natur. Denn je nach Herkunftsort variieren natürliche<br />
Mineralien ihren Farbton. Zudem reflektieren die Kristalle<br />
von natürlichen Pigmenten das Licht stärker an<br />
der Oberfläche, was einen entscheidenden Effekt auf<br />
die Leuchtkraft hat. Der Trend, dass historische Pigmente<br />
als überflüssiger Ballast vergangener Tage galten,<br />
wurde so nicht erst in letzter Zeit revidiert.<br />
Weltweit wird das Herstellen eigener Farben aus<br />
Bindemittel und Pigment nach wie vor praktiziert.<br />
»Pigmente und Farben bestehen nicht allein aus ihren<br />
Materialien und der Art und Weise ihrer Herstellung.<br />
Viel mehr erfährt man bei einem Blick hinter die Kulissen:<br />
Die historischen und geschichtlichen Werte<br />
spielen hier eine entscheidende Rolle«, erklärt Firmengründer<br />
Dr. Georg Kremer.<br />
52<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Sodalith ist ein bläuliches Mineral<br />
3<br />
Aus dem Sekret der<br />
Purpurschnecke wird<br />
Farbstoff gewonnen<br />
4<br />
Schwarze Kreide<br />
2<br />
5<br />
Eierschalen vom Straußenei<br />
6 7<br />
Die natürlichen Kristalle<br />
verstärken den blauen Farbton<br />
Realgar zur Gewinnung von<br />
»Rauschrot«<br />
Firmengeschichte<br />
8 9 10<br />
1970 erhielt der promovierte Chemiker Dr. Georg<br />
Kremer eine Anfrage eines befreundeten englischen Restaurators.<br />
Dieser war auf der Suche nach »Smalte«, einem<br />
intensiven Blauton aus kobalthaltigem Glas, das zu<br />
dieser Zeit nicht mehr erhältlich war. Das Pigment war<br />
schon den alten Ägyptern bekannt und erlebte in der<br />
Zeit des Barock eine Renaissance. Durch intensive<br />
Nachforschungen konnte Georg Kremer damals die Rezeptur<br />
für das gemahlene blaue Glas in seinem Labor<br />
zusammenstellen.<br />
Diese Arbeit war die Grundlage für die Gründung<br />
von Georg Kremers Ein-Mann-Betrieb 1977 in Rottenburg<br />
am Neckar. Die Forschung und Herstellung alter<br />
und vergessener Pigmente verbindet sein chemisches<br />
Wissen und die Leidenschaft zur Historie bis heute. So<br />
umfasste das Produktsortiment schon zwei Jahre nach<br />
der Gründung mehr als 100 verschiedene Pigmente.<br />
Das Nischenunternehmen wuchs unter der weltweit<br />
stetigen Nachfrage. 1984 erwarb der Firmengründer<br />
eine alte Getreidemühle in Aichstetten im Allgäu.<br />
Das Gebäude würde zur Farbmühle umfunktioniert, in<br />
der sich heute Produktion, Lager, Vertrieb und ein<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
Pigmentfarben-Gewinnung aus Lapislazuli: Der Rohstoff (2,3,4) kommt überwiegend aus dem<br />
Hindukusch. Nach dem Mahlen (5,6,7) wird das feine blaue Pulver gesiebt und verfeinert<br />
(8,9,10) und für den Verbrauch vorbereitet (11,12,13,14)<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
53
Mächler<br />
Fotos: Kremer Pigmente<br />
Ein deutlicher Hinweis, was<br />
in der Firma in Aichstetten<br />
hergestellt wird<br />
Eine Erdfarbe ist das<br />
mittlere Pergamentgelb<br />
Showroom befinden. Zweigstellen entstanden 1982 mit<br />
der Eröffnung in München und 1985 in Stuttgart. Mit<br />
der Gründung von Kremer Pigments Inc. 1989 mit Sitz<br />
in New York verstärkte das Familienunternehmen seine<br />
internationale Präsenz und erschloss den amerikanischen<br />
Markt der Pigmente für Künstler und Restauratoren.<br />
Produktangebot<br />
Heute werden von den über 1500 angebotenen Pigmenten<br />
der Firma rund 250 in Handarbeit in der Farbmühle<br />
hergestellt. Die Firmenphilosophie, die Reinheit<br />
und höchste Qualität verlangt, macht das Unternehmen<br />
im Bereich der historischen Pigmente weltweit führend.
»Durch die Recherche nach alten Rezepten zur Herstellung<br />
von historischen Pigmenten können wir längst vergessene<br />
Farben wieder ans Licht bringen. Daneben führen<br />
Experimente mit verschiedensten Materialien wie<br />
z.B. Felsstücke, Knochen oder Wurzeln immer wieder<br />
zu neuen Farbtönen und -nuancen«, so David Kremer,<br />
Geschäftsführer in der zweiten Generation. Neben den<br />
selbst hergestellten historischen Pigmenten vertreibt<br />
Kremer Pigmente auch moderne, synthetisch hergestellte<br />
Pigmente.<br />
Unentbehrlich für Restauratoren und Künstler zur<br />
Herstellung von gebrauchsfertigen Farben sind Mal-,<br />
Binde- und Klebemittel. Die Auswahl an Füllstoffen erweitert<br />
die optischen Möglichkeiten in Bezug auf Transparenz<br />
und Oberflächenbeschaffenheit der Farben. Daneben<br />
werden in der firmeneigenen Farbküche in Aichstetten<br />
gebrauchsfertige Farben in aufwendiger Handarbeit<br />
hergestellt. Aus Farbrezepturen der vergangenen<br />
Jahrhunderte wurden bei Kremer Aquarellfarben, Farbteige,<br />
Ölfarben und Retouchierfarben entwickelt. Das<br />
breite Sortiment wird durch hochwertige Farben, Farbstoffe,<br />
Lösemittel, Chemikalien, Werkzeuge, Pinsel und<br />
Fachliteratur ergänzt.<br />
Aichstetten zur Verfügung. Auf Anfrage werden auch<br />
fertige Öl-, Acryl- und Alkydharz-Farben kundenspezifisch<br />
hergestellt. Mehrmals jährlich stattfindende Kurse<br />
und Workshops geben die Möglichkeit zu praktischen<br />
Einblicken in diverse Themengebiete. Zusätzlich erhalten<br />
Kunden mit dem monatlichen Farbmühlennewsletter<br />
Informationen zu Produkten, Rezepte und weiterführende<br />
Links. Aktuelle Termine und Publikationen<br />
werden stets über die Facebookseite von Kremer Pigmente<br />
bekannt geben.<br />
David Kremer präsentiert<br />
die Palette der Farbtöne<br />
Der Wasser -<br />
einlauf der<br />
ehemaligen<br />
Getreidemühle<br />
Serviceleistungen<br />
Neben den eigenen Dependancen sind Kremer<br />
Pigmente durch ein weltweites Distributorennetzwerk<br />
von über 100 Wiederverkäufern global vertreten. Der<br />
einmal jährlich erscheinende Katalog gibt einen Überblick<br />
über das gesamte Sortiment. Produktneuheiten<br />
werden vorgestellt und deren Verwendung erläutert.<br />
Durch die Bereitstellung von Rezepten, Eignungslisten<br />
und Verarbeitungshinweisen, z.B. zur Malmittelherstellung,<br />
können sich Kunden Farben nach ihren individuellen<br />
Bedürfnissen selbst zusammenstellen. Eine fachspezifische<br />
technische Beratung zu allen Themengebieten<br />
steht den Anwendern persönlich im Firmensitz in<br />
Über die Kremer Pigmente<br />
GmbH & Co. KG<br />
Das familiengeführte mittelständische<br />
Unternehmen hat sich auf die Herstellung<br />
und den Vertrieb seltener und historischer<br />
Pigmente spezialisiert. Die in der Farbmühle<br />
in Aichstetten im Allgäu beheimatete Firma<br />
ist Weltmarktführer im Bereich der Pigmente<br />
für die Denkmalpflege, Restaurierung und die<br />
anspruchsvolle Malerei. Durch die<br />
Entwicklung von Spezialprodukten bedient<br />
Kremer Pigmente weitere Nischenmärkte in<br />
diesem Bereich.<br />
Kremer Pigmente GmbH & Co. KG<br />
Hauptstraße 41-47<br />
88317 Aichstetten<br />
Telefon +49 (0)7565 914480<br />
info@kremer-pigmente.com<br />
www.kremer-pigmente.com<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
55
Wasseraufbereitung<br />
Allgäuer Filter rettet Leben<br />
Trinkwasser-Aufbereitung für Haiti<br />
Hilfe zur Selbsthilfe an einem Ort, an dem Hurrikan »Matthew« vor Monaten über<br />
1000 Todesopfer forderte und fast 30.000 Häuser zerstörte: Dank eines einzigartigen<br />
Wasserfiltersystems aus dem Unterallgäu können sich auf der Antillen-Insel Haiti<br />
täglich 300 Kinder und Jugendliche selbst mit dem versorgen, was sie am nötigsten<br />
brauchen – sauberes Trinkwasser. Dafür hat die Firma Schneider Kunststofftechnik<br />
aus Kirchheim jetzt eine Auszeichnung als »Top 100-Innovator« erhalten.<br />
Geschäftsführerin Drita<br />
Schneider und ihre Tochter<br />
Marie bei der Preisübergabe<br />
mit TV-Moderator Ranga<br />
Yogeshwar<br />
Über den Ujeta-Wasserfilter<br />
Die Bilder damals waren erschreckend, und da<br />
war für mich von Anfang an klar, dass wir<br />
helfen müssen«, sagte Drita Schneider, Geschäftsführerin<br />
der Ujeta GmbH aus Kirchheim, als<br />
die Bilder der Zerstörung durch die Medien gingen,<br />
die »Matthew« im Oktober letzten Jahres angerichtet<br />
hatte. Das Problem für die Unterallgäuer Unternehmerin:<br />
Sie fand in Deutschland zunächst keine Hilfsorganisation,<br />
die die Logistik auf die Reihe brachte<br />
und sicherstellen konnte, dass das Filtersystem, immerhin<br />
im Wert von über 20.000 Euro, auch wirklich<br />
im Krisengebiet ankam. »Wir sind sämtliche großen<br />
Hilfsorganisationen angegangen, aber die konnten uns<br />
nicht zusichern, dass unsere Filtersysteme auch wirklich<br />
vor Ort ankommen. Immer wieder waren Hilfstransporte<br />
und Lkws überfallen worden«, erinnert sie<br />
sich. Gemeinsam mit der Kindernothilfe Österreich<br />
und der Katastrophenhilfe Amurt klappte es schließlich<br />
doch. Bis heute sind insgesamt zehn der sogenannten<br />
Ujeta-Care-Wasserfiltersysteme in sieben<br />
Kinderschutzzentren der Kindernothilfe Österreich<br />
auf Haiti im Einsatz.<br />
Wasser fürs Kinderschutzzentrum<br />
Noch im Dezember flog Ujeta-Mitarbeiter Michael<br />
Astl nach Port-au-Prince, die Hauptstadt von<br />
Haiti, und fuhr von dort aus weiter ins Kinderschutzzentrum<br />
nach Corridon, um freiwillige Helfer, aber<br />
auch die betroffenen Mädchen und Buben zu schulen.<br />
Ujeta steht für Wasser (kosovarisch »Uje«) und Leben (kosovarisch »Jeta«). Der Ujeta-<br />
Wasser filter ist eine der kleinsten und effektivsten Wasseraufbereitungsanlagen der Welt mit<br />
einer Filter leistung von bis zu 5000 Litern pro Einheit. Als mobiler und leichter Wasserfilter<br />
(340 Gramm) ist er schnell einsatzbereit und filtert das Wasser dort, wo es gebraucht wird,<br />
und nicht dort, wo es gewonnen wird. Somit führt der Ujeta-Wasserfilter zu einer nachhaltigen<br />
Verbesserung der Trinkwasserversorgung weltweit. Der Qualitäts-Aktivkohlefilter »Made in<br />
Germany« arbeitet mit einer Filterfeinheit von bis zu 0,45 µm und nutzt zudem die hohe<br />
Absorptionswirkung der Aktivkohle als reines Naturprodukt. Der Membranfilter mit Hightech-<br />
Hohlfasermembran hat eine Filterfeinheit von bis zu 0,1 µm.<br />
Mit Erfolg: Die zehn Ujeta-Care-Filter sind täglich<br />
pausenlos im Einsatz und versorgen bis zu 300 Kinder<br />
und Jugendliche mit Trinkwasser in Quellwasser-Qualität.<br />
Und das ist auch zwingend notwendig, denn eine<br />
stabile Wasser-Infrastruktur sucht man in diesem Gebiet<br />
vergeblich. Im Gegenteil: Nach wie vor ist Haiti<br />
ein Cholera-Gebiet. Die bakterielle Infektionskrankheit<br />
hatte sich infolge des großen Erdbebens von 2010<br />
flächendeckend auf der ganzen Insel ausgebreitet, weil<br />
großflächig sämtliche sanitären Infrastruktureinrichtungen<br />
zerstört worden waren.<br />
Schadstoffe und Bakterien ausgefiltet<br />
In diesem Zusammenhang sorgt die patentierte<br />
Micro-Filtration des Ujeta-Systems für schier unglaubliche,<br />
aber wissenschaftlich nachgewiesene Ergebnisse.<br />
Dank kombinierter Ultrafiltration aus Aktivkohle-<br />
und Membranfilter (nach LOG 6-Klassifizierung)<br />
entfernt der Ujeta-Wasserfilter 99,999 Prozent<br />
aller Bakterien und Keime sowie Schwermetalle,<br />
Medikamentenrückstände, Chlor- und Chlorabbauprodukte,<br />
Pestizide, organische Verbindungen und Asbestfasern.<br />
Bakterien, Keime, Pilze, Metallpartikel und<br />
Mikroorganismen werden im Membranfilter zurückgehalten,<br />
wertvolle Mineralien bleiben dabei im Wasser<br />
enthalten. Energetisierende Bio-Kristalle und eine<br />
spezielle Verwirbelungstechnik verleihen dem gefilterten<br />
Wasser Quellwasser-Qualität. So wird aus<br />
Oberflächenwasser aus Brunnen, Seen oder auch Flüssen<br />
trinkbares Wasser praktisch ohne Keime.<br />
Die hervorragenden Filtereigenschaften des Wasserfilters<br />
bestätigte das Wasser-Labor unter Leitung<br />
von Dr. Staber in wissenschaftlichen Vorher-Nachher-<br />
Untersuchungen mit brackigem Teichwasser. Die<br />
Wirksamkeit zeigte sich dabei besonders deutlich bei<br />
den E.coli-Bakterien, die weltweit für 160 Million<br />
Durchfallerkrankungen und ca. eine Millionen Todesfälle<br />
pro Jahr sorgen: Nach der Behandlung wurden<br />
keine E.coli-Bakterien mehr gefunden.<br />
Die Bedienung des Ujeta-Care-Wasserfilters ist<br />
kinderleicht: Mithilfe des abnehmbaren Zehn-Liter-<br />
Kunststoff-Behälters kann Wasser aus Brunnen, Seen,<br />
56 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Der Ujeta-Care-Wasserfilter ist kinderleicht zu bedienen<br />
Flüssen und Zisternen geholt werden. Eine im Kunststoff-Behälter<br />
integrierte Vliesmatte filtert das Wasser<br />
vor und befreit es von groben Partikeln. Über eine<br />
Pumpeinheit und eine Kartusche mit Spezialfiltern<br />
wird das Wasser weiter gefiltert und gelangt in das<br />
Herzstück des Systems: den Ujeta-Wasserfilter. Dort<br />
wird es in sauberes Trinkwasser verwandelt, bevor es<br />
durch ein schmales Röhrchen in die Trinkbecher sprudelt.<br />
In einer Minute können so etwa drei Liter Wasser<br />
zu sauberem Trinkwasser gefiltert werden. »Die Kinder<br />
aus Haiti haben einen Riesen-Spaß, jeder will<br />
selbst pumpen und die neue Mini-Wasseraufbereitungsanlage<br />
benutzen«, schmunzelt Michael Astl.<br />
»Genau diese kinderleichte Handhabung war uns<br />
bei der Entwicklung des Systems besonders wichtig,<br />
damit auch Kinder unkompliziert und selbstständig<br />
Trinkwasser aufbereiten können. Denn in Krisen- und<br />
Kriegsgebieten sind meist die Kinder und die Frauen<br />
die Nutzer, die die Familien mit Wasser versorgen müssen«,<br />
betont Drita Schneider. So ist die Pumpe besonders<br />
leichtgängig, und gefüllt mit zehn Litern Wasser<br />
wiegt der Ujeta Care gerade einmal 12,5 Kilogramm.<br />
Ujeta-Einsatz in anderen Krisengebieten<br />
Nicht nur in Haiti hat das neue Wasserfilter -<br />
system von Ujeta Leben gerettet. Auch in Orore in Kenia<br />
hat der Ujeta Care aus Kirchheim Menschen mit<br />
sauberem Trinkwasser versorgt – und zwar mit Wasser<br />
aus dem Viktoriasee. Der zweitgrößte Süßwassersee<br />
der Welt mit einer Fläche so groß wie Bayern gilt als<br />
eines der am stärksten verschmutzten Gewässer weltweit.<br />
Die Ujeta GmbH subventionierte zwei Ujeta-<br />
Fotos: Ujeta-Water, KD Busch/compamedia<br />
Care-Systeme an die Maristenstiftung Mindelheim,<br />
die im Sommer 2016 mit zwölf Jugendlichen und den<br />
Wasserfiltersystemen aus Kirchheim im Gepäck nach<br />
Orore reiste. Am Ufer des Viktoriasees leben ca. 30<br />
Millionen Menschen, für einen Großteil von ihnen ist<br />
das verschmutze Seewasser nicht nutzbar. Dank des<br />
innovativen Wasserfiltersystems von Ujeta ist es nun<br />
doch möglich.<br />
Das nächste gemeinsame Projekt steht bereits vor<br />
der Tür: Die Kindernothilfe Österreich möchte die<br />
Ujeta-Care-Systeme auch schnellstmöglich in Somalia<br />
am Horn von Afrika einsetzen. Laut den Vereinten<br />
Nationen sind dort sechs Millionen Menschen von der<br />
anhaltenden Dürre betroffen. Der akute Wassermangel<br />
und eine Hungersnot gefährden Hunderttausende<br />
Kinder und ihre Familien.<br />
Mangelnde Trinkwasserversorgung ist ein globales<br />
Problem. Rund 663 Millionen Menschen weltweit<br />
haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, und jeden<br />
Tag sterben 1400 Kinder unter fünf Jahren an Durchfallerkrankungen,<br />
mitversursacht durch unsauberes<br />
Wasser. Das ergab der Wasserbericht 2016 der Welthungerhilfe.<br />
»Weltweit gibt es bei der Trinkwasserversorgung<br />
enormen Handlungsbedarf. Mit unserem Ujeta<br />
Care haben wir eine Lösung für eine sichere und unkomplizierte<br />
Wasseraufbereitung vor Ort – genau da,<br />
wo es am dringendsten gebraucht wird«, so Schneider.<br />
Neben dem Ujeta Care gibt es den Ujeta-Wasserfilter<br />
auch als Home + Travel Set. Es sorgt auf Reisen,<br />
aber auch Zu Hause für sauberes, klares Trinkwasser.<br />
Das Home + Travel Set besteht aus einem Perlator-Adapter,<br />
einem Drehadapter und dem Ujeta-Wasserfilter.<br />
Dank einfacher Plug-and-Play-Installation kann der<br />
Wasserfilter ohne großen Aufwand an viele handelsübliche<br />
Wasserhähne montiert werden und sorgt so<br />
überall für frisches Quellwasser direkt aus der Leitung<br />
– egal, ob im Hotel, beim Camping oder eben zu Hause.<br />
Als Werkzeug benötigt man lediglich eine Rohrzange.<br />
Über die Ujeta GmbH<br />
Die Ujeta GmbH ist ein Unternehmen mit<br />
Sitz in Kirchheim (Unterallgäu). Alle Ujeta-<br />
Produkte werden ausschließlich in<br />
Deutsch land gefertigt. Das garantiert<br />
Qualitätsprodukte »Made in Germany« in<br />
höchster Verarbeitungsgüte und sichert<br />
zudem Arbeitsplätze in der Region. Produziert<br />
werden die Ujeta-Wasserfilter von<br />
der Schneider Kunststofftechnik in Kirch -<br />
heim, die seit über 20 Jahren Spezialist<br />
für hochwertige Kunststoffverarbeitung<br />
ist. Das Familienunternehmen ist er -<br />
Drita Schneider,<br />
Geschäftsführerin des<br />
Kirchheimer Unternehmens<br />
TOP 100<br />
Wettbewerb<br />
Seit 1993 vergibt<br />
compamedia das TOP<br />
100-Siegel für beson -<br />
dere Innovationskraft<br />
und überdurchschnitt -<br />
liche Innovationserfolge<br />
an mittelständische Unternehmen.<br />
Mentor von<br />
TOP 100 ist der<br />
Wissenschaftsjourna -<br />
list und TV-Moderator<br />
Ranga Yogeshwar. Projektpartner<br />
sind die<br />
Fraunhofer-Gesellschaft<br />
zur Förderung der an -<br />
gewandten Forschung<br />
und der Mittelstands -<br />
verband BVMW.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.top100.de<br />
folgreich nach DIN EN ISO 9001 und DIN<br />
ISO 14001 zertifiziert und Teilnehmer im<br />
Umweltpaket Bayern, einer Vereinbarung<br />
der bayerischen Staatsregierung und der<br />
bayerischen Wirtschaft für kooperativen<br />
Umweltschutz.<br />
Weitere Informationen:<br />
Ujeta GmbH<br />
Hasberger Str. 9c,<br />
87757 Kirchheim Germany<br />
Tel. +49 (0)8266861-20<br />
Fax +49 (0)8266/8612-15<br />
E-Mail: info@ujeta.com<br />
www.ujeta.com<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
57
Wasserkraft<br />
Energie mit Tiefgang<br />
Der Trick mit drehbaren Schaufeln<br />
Im Allgäu gibt es viele Nebenflüsse und aufgelassene Kleinkraftwerke, die heute wieder<br />
zur Stromgewinnung aktiviert werden könnten. Klassische Turbinen würden nicht<br />
genug Leistung bringen und zudem die Wanderung von Fischen verhindern. Ein neu<br />
entwickeltes Wasserrad kann nun Strom an Standorten erzeugen, an denen dies bisher<br />
technisch kaum möglich war. Die Maschine arbeitet ohne Stauwehr komplett unter<br />
Wasser und bei niedrigen Fließgeschwindigkeiten.<br />
Forscher der Universität Siegen<br />
testeten den Prototyp des<br />
neuen Wasserrades im Labor<br />
und ermittelten die grundlegen -<br />
den Leistungsmerkmale.<br />
Beim StECon besteht<br />
das Planetengetriebe aus<br />
den äußeren Zahnrädern<br />
(gelb, 40 Zähne), die mit den<br />
Schaufeln verbunden sind, den<br />
roten Zahnrädern (18 Zähne),<br />
die zur Kraft über tragung<br />
dienen, dem zen tralen Zahnrad,<br />
Sonnenrad genannt (grün, 20<br />
Zähne), das zur Steuerung der<br />
Schaufel lagen eingesetzt wird<br />
Fotos: Universität Siegen<br />
Ein Prototyp des möglichen neuen Wasserrades<br />
hat die Tests im Labor in Siegen erfolgreich<br />
bestanden. Aktuell optimieren und erproben<br />
die Entwickler an der Universität das Wasserrad unter<br />
Praxisbedingungen. Auch an Technologien, die die<br />
Menschheit bereits seit Jahrtausenden kennt und<br />
nutzt, sind noch Innovationen möglich.<br />
Seit den ersten Hochkulturen dienen unterschlächtige<br />
Wasserräder dazu, die Kraft des fließenden<br />
Wassers in mechanische oder – in neuerer Zeit – in<br />
elektrische Energie umzuwandeln. Diese Räder dürfen<br />
maximal bis zur Nabe ins Wasser eintauchen, weil die<br />
Schaufeln für den Weg, den sie gegen die Fließrichtung<br />
zurücklegen, sich über der Wasseroberfläche befinden<br />
müssen. Ansonsten entstünden gegenläufige<br />
Kräfte und es käme zu einer Bremswirkung. Außerdem<br />
sind traditionelle Wasserräder meistens mit baulichen<br />
Eingriffen in den natürlichen Wasserlauf verbunden,<br />
wie etwa Stauwehre. Diese belasten das ökologische<br />
Gleichgewicht von Flüssen und Bächen.<br />
Energiegewinnung ohne Querbauwerk<br />
Die neu entwickelte Anlage Stiller Energy Converter,<br />
StECon genannt, kommt ohne Querbauwerke im<br />
Fluss aus und arbeitet komplett unter der Wasseroberfläche.<br />
Möglich machen dies bis zu fünf an einem Planetengetriebe<br />
montierte Schaufeln. Dieses Getriebe bewirkt<br />
einen zykloidalen Bewegungsablauf, bei dem jede<br />
Schaufel 180 Grad während einer kompletten Radumdrehung<br />
um die eigene Achse rotiert. In der Zwischenzeit<br />
nimmt die eine Hälfte der Schaufeln durch eine<br />
eher senkrechte Ausrichtung die Strömungskraft auf,<br />
und die Schaufeln der anderen Radhälfte rotieren strömungsgünstig<br />
zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Für<br />
den Weg gegen die Fließrichtung stehen also die Schaufeln<br />
annährend parallel zur Strömung und verkleinern<br />
damit die eigene Fläche. Dadurch sind in der Summe<br />
die antreibenden Kräfte stets erheblich größer als die<br />
bremsenden. Die Schaufeln sind symmetrisch konstruiert,<br />
weil beide Seiten abwechselnd angeströmt werden.<br />
Kleinste Potenziale werden genutzt<br />
Die patentierte Maschine kann in jeder erdenklichen<br />
Lage installiert werden, vorwärts wie rückwärts<br />
laufen und sowohl zur Stromerzeugung als auch zum<br />
Antrieb dienen. Sie eignet sich gut für alle Einsatzgebiete<br />
mit niedrigen Fallhöhen, was die Stromgewinnung<br />
in Fließgewässern, eingrenzenden Kanälen und<br />
in Meeresströmungen einschließt. Projektkoordinator<br />
Professor Jürgen Jensen vom Forschungsinstitut Wasser<br />
und Umwelt (fwu) an der Universität Siegen erklärt:<br />
„Unser Wasserrad ermöglicht es, bisher ungenutzte<br />
Klein- und Kleinstpotenziale der Wasserkraft<br />
zu erschließen. Es bietet sich jeder Standort an Fließgewässern<br />
mit ausreichender Strömung an. Hierzu<br />
kommen auch die kleineren Nebenflüsse in Betracht.“<br />
Im Vergleich zu traditionellen Wasserrädern und Niederdruckturbinen,<br />
die ebenfalls an Standorten mit<br />
niedrigen Fallhöhen unter einem Meter installiert<br />
werden können, kann das StECon deutlich höhere<br />
58<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Durchflüsse verarbeiten und so bessere Leistungsdaten<br />
erreichen.<br />
Der Prototyp wird optimiert<br />
Beim StECon verlaufen alle Bewegungen zyklisch<br />
wiederholt in Kreisbahnen, die Maschine zählt daher<br />
zur Gruppe der sogenannten Zykloidalpropeller. Vergleichbare<br />
Antriebe kamen bereits bei Schiffen und in<br />
Luftschiffen zum Einsatz. Die bis zu fünf Schaufeln werden<br />
über symmetrische Planetengetriebe mit dreifachem<br />
Zahneingriff bewegt. Diese Getriebebauform mit<br />
einem frei beweglichen Sonnenrad ermöglicht einen<br />
sehr gleichmäßigen, ruhigen Bewegungsablauf über<br />
den gesamten Drehzahlbereich und eine optimale Ausrichtung<br />
zur Strömung. Die Forscher von der Universität<br />
Siegen ermittelten in den vergangenen Jahren die<br />
grundlegenden Leistungsmerkmale und Kenndaten der<br />
Maschine. Im weiteren Verlauf optimierten sie die Konstruktion<br />
und bauten einen Prototyp, der im Labormaßstab<br />
getestet wurde. Im Mittelpunkt der Untersuchungen<br />
standen dabei die Konstruktionsdetails des<br />
Getriebes und die optimale Geometrie der Schaufeln.<br />
Dank optimierter Konstruktion hat der Prototyp einen<br />
maximalen Wirkungsgrad von 44 Prozent erreicht,<br />
wobei im Labor die Wassermenge auf 150 Liter pro Sekunde<br />
begrenzt war. In der freien Strömung hingegen<br />
sind Wirkungsgrade von bis zu 26,8 Prozent möglich.<br />
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie<br />
förderte dieses vorangegangene Forschungsprojekt,<br />
das die Bezeichnung Stiller Energiewandler Kompaktwasserrad<br />
(StEwaKorad) trug und im Frühjahr 2016<br />
endete.<br />
Die Maschine im Praxistest<br />
In einem derzeit laufenden Folgeprojekt testen<br />
die Siegener Forscher das StECon unter realen Einsatzbedingungen.<br />
Der Europäische Fonds für regionale<br />
Entwicklung (EFRE) fördert die Arbeiten noch bis<br />
Ende 2019. Dazu wurde eine weiterentwickelte Version<br />
des vorhandenen Labor-Prototyps für den Dauerbetrieb<br />
umgerüstet und derzeit im Auslauf einer Kläranlage<br />
in Siegen installiert. Parallel wird bis Ende <strong>2017</strong><br />
eine größere Pilotanlage an einem Bootsanleger im<br />
Rhein realisiert. Ziel ist es, die Ergebnisse von zwei unterschiedlichen<br />
Standorten zu vergleichen und möglichst<br />
zu verallgemeinern.<br />
(mi)<br />
Die verstellbaren Schaufeln<br />
des neuen Wasserrades<br />
außerhalb des<br />
Versuchskanals<br />
Anzeigen<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
59
Regional<br />
Wo Bayern drauf steht…<br />
…ist auch Bayern drin<br />
Bio und regional – das sind die wichtigsten Kriterien<br />
für das neue bayerische Bio-Siegel. Wer Produkte mit<br />
der Kennzeichnung »Bayern« kauft, kann sich dank<br />
des Siegels sicher sein, dass Anbau oder Zucht wie auch<br />
Verarbeitung zu 100 Prozent in Bayern erfolgt sind.<br />
Ein Jahr nach Einführung leuchtet das Siegel<br />
weiß-blau aus den Regalen vieler Lebensmittelanbieter:<br />
auf Brot, Milchprodukten, zahlreichen<br />
Gemüsesorten, Fleisch, Bier und vielen anderen<br />
Lebensmitteln. Es ist aktuell auf etwa 450 Produkten<br />
zu finden, und es werden stetig mehr. Das ist ein voller<br />
Erfolg und eine echte Orientierungshilfe für den Verbraucher,<br />
denn so können heimische Produkte direkt<br />
erkannt werden. Jedes einzelne Siegel steht für Bio-<br />
Qualität des Produktes, die über den gesetzlichen<br />
Standards liegt und lückenlos die Herkunft aller Bestandteile<br />
dokumentiert, geprüft durch ein mehrstufiges,<br />
unabhängiges und staatliches Kontrollsystem.<br />
Wissen, wo es herkommt<br />
Die Qualitätsstandards orientieren sich an denen<br />
der vier in Bayern aktiven Öko-Anbauverbände Bioland,<br />
Biokreis, Demeter und Naturland und liegen damit<br />
deutlich über der EG-Öko-Verordnung. Zusätzliche<br />
Anforderungen sind beispielsweise ökologischer<br />
Landbau im gesamten Betrieb, niedrigere Tierbesatz-<br />
Obergrenzen und stärkere Einschränkungen beim Futterzukauf<br />
und Düngemitteleinsatz. Dazu kommt, dass<br />
ein Produkt nur dann mit Herkunftsnachweis »Bayern«<br />
gekennzeichnet werden darf, wenn alle Rohstoffe<br />
auch aus Bayern stammen. Ebenfalls müssen alle Produktionsschritte<br />
– von der Erzeugung bis zur Verarbeitung<br />
– in Bayern erfolgen. Zur Einhaltung der Vorgaben<br />
wurde ein mehrstufiges Kontrollsystem aufgebaut.<br />
Dieses entspricht dem bereits seit 15 Jahren etablierten<br />
bayerischen Herkunfts- und Qualitätssicherungs -<br />
system »Geprüfte Qualität – Bayern«.<br />
(cs)<br />
Weitere Informationen: www.biosiegel.bayern.de<br />
Für Verbraucher, die auf<br />
Regionalität und Qualität<br />
achten, ist das Bio-Siegel<br />
eine wirkliche Hilfe<br />
Fotos: bioculture<br />
60<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Solar<br />
Sonnenenergie wird zu Käse<br />
Bürgerprojekt in Vorarlberg<br />
Unsere Nachbarn im Vorarlberger Vorderwald haben sich seit vielen Jahren als Pioniere in<br />
Sachen Architektur und Energiezukunft erwiesen. Dabei geht es nicht allein um technische<br />
Neuerungen. Beim »Sonnenkraftwerk« in der Sennerei Bezau geht es auch um die pfiffige<br />
Einbindung der Mitbürger. Sie investieren in Solarpanels auf dem Dach der Sennerei und<br />
erhalten dafür schmackhaften regionalen Alpkäse.<br />
Patrick Domig Patrick (links) von der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie und Hermann<br />
Metzler, Geschäftsführer der Sennerei, vor dem Ladeneingang<br />
Foto: Alpkäse Bregenzerwald Sennerei eGen<br />
320 dieser Module wurden auf dem Dach der<br />
Sennerei in Bezau installiert<br />
Im Jahre 2013 eröffnete die neue Sennerei in<br />
Bezau/Vorarlberg. Da die Herstellung der unterschiedlichen<br />
Käsesorten mit erheblichem Energieeinsatz<br />
verbunden ist, wurde ein ganzheitliches Konzept<br />
erstellt. Es war ein erklärtes Ziel, die Wertschöpfung<br />
und damit die Arbeitsplätze im Bregenzerwald zu<br />
halten und dadurch die zuliefernden bäuerlichen Familienbetriebe<br />
zu unterstützen. Dass dabei auch gentechnikfrei<br />
gearbeitet wird, war für alle klar. Aber auch die<br />
Verwendung von Heumilch ohne Silofutter war eine<br />
Grundvoraussetzung.<br />
Beim Neubau des Gebäudes wurden energieeffiziente<br />
Erkenntnisse optimal um gesetzt, vor allem im<br />
Bereich Lüftung und Kälte erzeugung. Für die nötige<br />
Wärme sorgt eine klimaneutral betriebene Hackschnitzelheizung.<br />
Damit wurde auch wieder der Regionalgedanke<br />
aufgegriffen. Heimisches Holz von heimischen<br />
Lieferanten unterstützt den Wertschöpfungskreislauf,<br />
kurze Wege sparen Energie für Transporte.<br />
Die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf<br />
dem Dach der Sennerei im letzten Jahr ergänzt nun die<br />
Investition. Die Eckdaten dieser Anlage: 135 kWp Leis -<br />
tung auf 850 Quadratmetern Fläche bringen in einem<br />
durchschnittlichen Jahr ca. 130.000 kWh. Und diese<br />
Leistung wird gänzlich in der Sennerei verbraucht. Hermann<br />
Metzler, Geschäftsführer von der Alpkäse Bregenzerwald<br />
Sennerei eGen zu den Vorteilen: »Nachhaltigkeit,<br />
Regionalität, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit<br />
von Atomstrom und fossiler Energie – diese Ziele<br />
verfolgen wir gemeinsam konsequent weiter.«<br />
Selbst bei der Finanzierung der Photovoltaik-Anlage,<br />
die rund 160.000 Euro gekostet hat, gehen die<br />
Verantwortlichen der Sennerei einen Weg ohne Finanzierung<br />
von außen oder durch die Bank. Metzler: »Die<br />
Finanzierung wird so gestaltet, dass sich Mitglieder,<br />
Kunden, und Bürger an unserem Sonnenkraftwerk beteiligen<br />
können. Mit einem Beteiligungsbetrag von<br />
500 Euro – das entspricht dem Wert eines der 320<br />
Photovoltaikfelder – ist man dabei. Der Beteiligungsbetrag<br />
wird mit Alpenkäse-Gutscheinen in Höhe von<br />
insgesamt 600 Euro abgegolten. Das entspricht einer<br />
Verzinsung in Höhe von 5,6 Prozent.«<br />
Neuester Stand der Beteiligungsaktion: Über 120<br />
Personen haben sich bereits Patenschaften für Module<br />
gesichert und damit »Käse-Vorzugsscheine« erworben.<br />
Derzeit sind noch knapp 100 Module zu vergeben.<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
61
Klima<br />
Regionale Vielfalt...<br />
...oder globale Monopole?<br />
Die Natur im Allgäu – eine heile Welt? Trotz Klimawandel und globaler Erwärmung? Artenvielfalt<br />
in Fauna und Flora? Lebensmittel aus der Region? Der Schein trügt oft. Viele Pflanzen, Früchte und<br />
Tiere, die wir als »heimisch« betrachten, sind in Wirklichkeit »gleichgeschaltet« und auf höchsten<br />
Nutzen getrimmt. Wo ist die Artenvielfalt früherer Zeiten geblieben? Wie kann man sie<br />
zurückgewinnen? Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt versucht gegenzusteuern.<br />
Nur selten dürfen sich Obstbäume<br />
noch so »frei entfalten«, wie dieser<br />
Apfelbaum auf einer Streuwiese
Dieser Anblick eines üppig<br />
blühenden Apferbaums<br />
erfreut nicht nur die Bienen<br />
Vor 30 Jahren, als der »erein zur Erhaltung der<br />
Nutzpflanzenvielfalt (VEN) gegründet wurde,<br />
waren es wenige Menschen, und sie galten als<br />
»verrückte Spinner«. Mit unendlicher Geduld sammelte<br />
diese Gruppe Saatgut von traditionellen Sorten und vergessenen<br />
Arten, lernte die Kunst der Samengärtnerei aus<br />
verstaubten Büchern und von betagten Gärtnerinnen<br />
und Gärtnern, wertete alte Kataloge aus, tauschte Saatgut<br />
und Erfahrungen. »Dazu angestiftet hatte uns zum<br />
einen die Nachricht der Vereinten Nationen zum Ende<br />
der 1970er-Jahre, dass weltweit bereits drei Viertel der<br />
Kulturpflanzensorten verloren waren, in Industrieländern<br />
sogar neunzig Prozent. Zum anderen hatte der<br />
Kanadier Pat Mooney diese Nachricht mit der Konzentration<br />
der Anbieter auf dem weltweiten Saatgutmarkt<br />
in Verbindung gebracht und gewarnt, dass Chemiekonzerne<br />
sich der Grundlage unserer Ernährung bemächtigen«,<br />
sagt eine VEN-Sprecherin.<br />
Konzerne werden immer übermächtiger<br />
Die Situation damals: Die zehn größten Saatgutfirmen<br />
kontrollierten ein Viertel des Weltmarkts. Pat<br />
Mooney erhielt den Alternativen Nobelpreis für seine<br />
Warnung. Heute kontrollieren besagte Firmen drei<br />
Viertel des Weltmarktes; fünf davon sind Chemiekonzerne.<br />
Drei weitere Großfusionen werden von den<br />
Kartellämtern vieler Länder geprüft, darunter die<br />
Übernahme von Monsanto durch Bayer.<br />
Mit der Markt-Konzentration wurden »samen -<br />
feste« Sorten, die man selbst sortenrein vermehren<br />
kann, nach und nach durch Hybride ersetzt, die jedes<br />
Jahr neu gekauft werden müssen. Sie werden aus zwei<br />
Zuchtlinien gekreuzt, deren Eigenschaften zuvor über<br />
mehrere Generationen per Inzucht verstärkt wurden.<br />
Die Hybride selbst erben beide Eigenschaften, die<br />
Nachkommen der Hybride jedoch nicht. Die Inzuchtlinien<br />
sind Betriebsgeheimnis der Konzerne. Hinzu<br />
kommt: Die Hybride haben zwar hohe Erträge, aber<br />
durch die Inzucht verlieren sie viele andere nützliche<br />
Erbanlagen. Sie können sich weniger gut an ihre Umgebung<br />
anpassen und brauchen agrochemische Krü -<br />
cken, um die versprochenen Erträge zu liefern.<br />
Ökolandbau wird wieder stärker<br />
Der ökologische Landbau ist stark angewachsen,<br />
sodass eine eigene Züchtung samenfester Sorten interessant<br />
wird und weniger Hybride im Ökolandbau<br />
ausgesät werden. Für den Erwerbsanbau müssen die<br />
Sorten amtlich angemeldet werden. 2010 wurden eigene<br />
gesetzliche Regelungen für »Erhaltungssorten«<br />
geschaffen. Sie sind ein Anfang, aber viel zu schwach.<br />
Der Versuch der Industrie, das Saatgutrecht dennoch<br />
zu verschärfen, scheiterte 2015 am Widerstand vieler<br />
Ökolandbau-Organisationen und Öko-Züchter und<br />
an den Erhalterorganisationen, die im vergangenen<br />
Jahrzehnt viele Hobbygärtnerinnen und -gärtner vom<br />
Wert der traditionellen Arten und Sorten überzeugen<br />
konnten. Geschmack, Schönheit und Ökologie sind<br />
nur ein Teil der Attraktion. Das Erbe der Menschheit<br />
erhalten und an Jüngere weitergeben, Wissen und Fertigkeiten<br />
mit vielen Gleichgesinnten lernen und austauschen,<br />
sowie die Verteidigung von Ernährungssouveränität<br />
kommen als wichtige Motive hinzu.<br />
Ernährungssouveränität bedeutet nicht etwa<br />
Selbstversorgung des Einzelnen, sondern Unabhängigkeit<br />
der Gesellschaft, z.B. von Agrarkonzernen.<br />
Vielfalt erhalten ist viel mehr als ein simples Hobby,<br />
nämlich eine gesellschaftliche Daueraufgabe. Dass dies<br />
auch ohne den Staat funktioniert, zeigen ehrenamtlich<br />
arbeitende Gruppierungen wie der Verein zur Erhaltung<br />
der Nutzpflanzenvielfalt.<br />
Vielfalt erhalten – mehr als ein Hobby<br />
»Wir haben es satt!« rufen deshalb seit Jahren<br />
mehrere Zehntausend Demonstrierende immer wieder<br />
im Januar am Rande der Grünen Woche in Berlin,<br />
der weltweit größten Agrarmesse. Sie wollen raus aus<br />
der Natur- und Klimakrise, in die uns die industrielle<br />
Landwirtschaft mit Agrarchemie, quälerischer Tierhaltung,<br />
Gentechnik und Patenten auf Leben geführt<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
63
Klima<br />
Der Maluns-Edelborsdorfer<br />
ist die älteste dokumen -<br />
tierte Apfelsorte in<br />
Deutschland und wahr -<br />
scheinlich auch in Europa<br />
hat. Die Welternährung funktioniert ohnehin vor allem<br />
durch die Kleinbauern, und diese bauen oft noch<br />
samenfeste Sorten an. Dies hat der Weltagrarbericht<br />
ergeben, der von etwa vierhundert Experten gemeinsam<br />
erstellt worden ist. Unbedingt aufhören müsste<br />
der Druck auf die Kleinbauern durch Landraub und<br />
durch die unangebrachte Einführung eines Saatgutrechts<br />
nach EU-Muster.<br />
In fast allen Ländern Europas versucht man heute,<br />
traditionelle Sorten aus dem früheren Erwerbsanbau<br />
wieder zu nutzen. Für den Erwerbsanbau sind andere<br />
Eigenschaften als im Hausgarten gefragt. Arbeitswirtschaftlich<br />
ist ein kurzes Erntefenster mit gleichzeitiger<br />
Reife sinnvoll, im Hausgarten möchte man dagegen<br />
möglichst lange ernten können. Für den Transport<br />
braucht man Tomaten mit festen Häuten, obwohl<br />
beim Verzehr zarte Häute viel besser sind. Auch Salate<br />
isst man gerne zart, aber für den Einzelhandel müssen<br />
sie einige Tage lagerfähig und daher robust sein. Aus<br />
demselben Grund werden viele Blattgemüsearten<br />
nicht kommerziell angebaut. Ein Hausgarten eröffnet<br />
also ganz andere Möglichkeiten des Genusses.<br />
Markennamen im Wandel der Zeit<br />
Darüber hinaus verzichten Hobbygärtner und<br />
Hobbygärtnerinnen heute weitgehend auf Agrarchemie.<br />
Die bunt bedruckten Samentütchen in Baumärkten und<br />
Gartencentern enthalten aber meist Hybridsorten, die<br />
für den Erwerbsanbau gezüchtet wurden. »Sperli« und<br />
»Kiepenkerl« waren einst Züchterfirmen mit Sorten für<br />
private Gärtnerinnen und Gärtner. Inzwischen sind es<br />
Markennamen einer Handelsfirma, unter denen Sorten<br />
von verschiedenen Anbietern, darunter auch Monsanto,<br />
verkauft werden. Manches war in Genbanken erhalten<br />
worden. Staatliche Genbanken waren seit den 1940er-<br />
Jahren eingerichtet worden, als sich die landwirtschaftliche<br />
Forschung und Züchtung für die industrielle Landwirtschaft<br />
entwickelte.<br />
Die größte Genbank war diejenige in Sankt Petersburg,<br />
in der während der dreijährigen Belagerung<br />
im Zweiten Weltkrieg die Mitarbeiter neben dem eingelagerten<br />
Saatgut verhungerten. Gegründet hatte sie<br />
der Forscher Nikolai Iwanowitsch Vavilov. Unter Stalin<br />
saß er im Gefängnis, denn Genetik passte nicht in<br />
die kommunistische Ideologie. Die weltweit zweitgrößte<br />
Genbank wurde in der DDR aufgebaut. Sie<br />
wurde nach der Wende einem molekularbiologischen<br />
Forschungsinstitut zugeordnet, in dem auch Gentechnikversuche<br />
durchgeführt werden. Inzwischen hat<br />
China seine Genbank zur weltweiten Nummer eins erweitert.<br />
Außerdem haben Züchterfirmen eigene<br />
Sammlungen. Daneben gibt es internationale Agrarforschungseinrichtungen,<br />
deren Genbanken unter der<br />
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stehen.<br />
Genbanken sind kein »heiliger Schrein«<br />
Die bekannte Genbank Svalbard in einer norwegischen<br />
Permafrostregion dient der langfristigen Absicherung.<br />
Die Keimfähigkeit der Samen soll in einer<br />
Genbank möglichst lang erhalten bleiben. Wenn die<br />
Keimfähigkeit nachlässt (das kann etwa bei Getreide<br />
nach zehn, bei Tomaten nach fünf und bei Pastinaken<br />
nach einem Jahr sein), wird ausgesät und der geerntete<br />
Samen frisch eingelagert. Das bedeutet aber auch: Den<br />
Samen aus der Genbank fehlt die Anpassung an die<br />
Umwelt. Auch eine Auslese anhand der sortentypischen<br />
Eigenschaften kann bei der Samenernte auf<br />
Genbank-Beeten meist nicht erfolgen. Deswegen müssen<br />
Sorten jedes Jahr in Gärten und auf Feldern erhalten<br />
werden – meist von einzelnen Engagierten und Erhalterorganisationen.<br />
Sie pflegen auch die Sortenbe-
Fotos: Susanne Gura, Archiv: EDITION ALLGÄU<br />
Die alten Sorten sind zwar<br />
oft nicht »so schön«, wie<br />
die »Supermarkt-Früchte«<br />
aber sie sind von Natur<br />
aus widerstandsfähiger<br />
und robuster<br />
schreibungen, die in den Genbanken fehlen. Die Mitglieder<br />
des »Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt«<br />
ernten Saatgut in ihren privaten Gärten und<br />
sind teilweise in Regionalgruppen organisiert.<br />
Sortenbeschreibung für jedermann<br />
Über einen gemeinsamen Katalog – auch als Online-Datenbank<br />
– ist ihr Saatgut samt Sortenbeschreibung<br />
für jeden verfügbar. Das Interesse ist so stark gestiegen,<br />
dass die Erhalterorganisationen nun jedes<br />
Frühjahr Saatgutfestivals mit attraktivem Angebot von<br />
Informationen und natürlich Saat- und Pflanzgut<br />
durchführen. Die meisten Kulturpflanzen haben eine<br />
Migrationsgeschichte. Die Römer brachten Wein, Spargel,<br />
dicke Bohnen, Mangold, Zwiebeln und Knoblauch<br />
nach Mitteleuropa sowie Obstbäume und die Technik<br />
ihres Veredelns. Kolumbus transportierte Kartoffeln,<br />
Mais, Tomaten, Bohnen, Chili, Paprika oder Tabak aus<br />
Amerika nach Europa und umgekehrt Zwiebeln, Weizen,<br />
Oliven und Zitrusfrüchte. Die Kolonialgeschichte<br />
ist geprägt von botanischer Beute. Viele botanische Gärten<br />
stammen aus dieser Zeit. Im 19. Jahrhundert wurde<br />
Saat- und Pflanzgut verschiedenster Arten und Sorten<br />
kreuz und quer durch Europa gehandelt.<br />
Die heutigen kärglichen Überbleibsel der einstigen<br />
Vielfalt tragen manchmal regionale Namen. Es<br />
können Züchtungen für bekannte Erwerbsanbauregionen<br />
wie die Pfalz, Bamberg oder das Vorgebirge<br />
zwischen Köln und Bonn gewesen sein, wie der Maiwirsing<br />
»Bonner Advent«. Er eignet sich heute immer<br />
noch gut für diese Region, kann aber sicher auch an-<br />
derswo Freude bereiten. Manchmal sind mit den regionalen<br />
Sorten auch bestimmte Verarbeitungen oder<br />
lokale Spezialitäten verbunden wie eben »Albleisa mit<br />
Spätzle«. Sorten, die anders als die heutigen Albleisa<br />
noch von Verlust bedroht sind, sollten aber nicht auch<br />
noch regional beschränkt werden.<br />
Der Einfluss des Klimawandels<br />
Auch die Klimaerwärmung kann erfordern,<br />
dass künftig eine Sorte anderswo als früher angebaut<br />
werden muss. Gerade der Klimawandel zeigt, dass die<br />
Anpassungsfähigkeit samenfester Sorten gar nicht hoch<br />
genug geschätzt werden kann. Regionale Unterschiede<br />
sind umgekehrt auch nützlich für die Sortenentwicklung.<br />
Eine Sorte kann sich in unterschiedlichen Regionen<br />
verschieden weiterentwickeln. Gärtner und Gärtnerinnen<br />
erleben immer wieder, dass im zweiten und<br />
dritten Anbaujahr eine Sorte sich an den Standort angepasst<br />
hat und besser entwickelt als im ersten Jahr. So<br />
kann sich die Samengärtnerei unmittelbar im eigenen<br />
Garten lohnen.<br />
Susanne Gura<br />
Unsere Autorin<br />
Susanne Gura ist Erste Vorsitzende des Ver -<br />
eins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt<br />
und im Vorstand des Dachverbandes Kultur -<br />
pflanzen- und Nutztiervielfalt tätig. Beruflich<br />
koordiniert die Ernährungswissenschaftlerin<br />
ein internationales Netzwerk von zivil gesel l -<br />
schaftlichen Organisationen, das sich gegen<br />
geistige Eigentumsrechte auf Pflanzen -<br />
züchtungen engagiert.<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
65
Energiepflanzen<br />
Gelbe Sterne für mehr Vielfalt<br />
Der Mais bekommt bunte Konkurrenz<br />
66<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Gibt es echte Alternativen oder sogar dauerhaften Ersatz für die Mais-Monokulturen,<br />
die zur Energiegewinnung auch im Allgäu immer mehr angebaut werden? Ein Leader-<br />
Projekt in allen vier Allgäuer Landkreisen soll den Landwirten und der Bevölkerung<br />
zeigen, dass es eine Alternativ-Pflanze gibt: die »Durchwachsene Silphie« kommt aus<br />
Nordamerika und hat gute Chancen, auch in unserer Region angebaut zu werden.<br />
Die vier Leader-Gruppen im Ober-, Unter-,<br />
West- und Ostallgäu haben zusammen das<br />
Projekt »Mehr Vielfalt in der Energielandschaft<br />
– mit Durchwachsene Silphie« auf den Weg gebracht.<br />
Charakteristisches für Millionen<br />
In der Projektbeschreibung wird auf eine touristische<br />
Besonderheit des Allgäus hingewiesen: »Unsere<br />
Region ist bekannt für seine landschaftliche Schönheit<br />
und zieht alljährlich mehrere Millionen Touristen<br />
an. Dabei spielen die natürlichen Gegebenheiten und<br />
das touristische Angebot eine große Rolle. Zudem<br />
werden die kleinräumige Landwirtschaft und das typisch<br />
romantische Bild der Kühe auf den Weiden<br />
wahrgenommen und als Merkmal der Allgäuer Landschaft<br />
geschätzt. Im letzten Jahrzehnt hat sich dieses<br />
Bild verändert, und auch im Allgäu hat der Bau von<br />
Biogasanlagen zu einem Anstieg des Maisanbaues auf<br />
den Ackerflächen geführt.«<br />
... und die touristische Infrastruktur<br />
Die Mais-Monokulturen, die in den letzten Jahren<br />
aus dem Unterallgäu kommend immer weiter den<br />
Bergregionen auf die Pelle gerückt sind, stören inzwischen<br />
die touristische Infrastruktur. Kaum ein Gast<br />
findet es erbaulich, bei Radtouren stundenlang durch<br />
endlose Maisschluchten zu fahren. Bisher waren die<br />
großen Maisfelder als Futter für die Biogas-Anlagen<br />
alternativlos. Das kann sich bald ändern. Die Durchwachsene<br />
Silphie (Silphium perfoliatum) bietet mit ihren<br />
zahlreichen Blüten vor allem im Allgäu die Möglichkeit,<br />
das Landschaftsbild aufzulockern.<br />
Einmal anbauen – 20 Jahre lang ernten<br />
Im Ertrag ist sie gegenüber dem Mais konkurrenzfähig,<br />
und sie wächst auch bei nicht optimalen<br />
Standortbedingungen. Daneben bietet die Silphie diverse<br />
Vorteile aus ökologischer Sicht: Als Dauerkultur<br />
werden Anbaumaßnahmen extensiviert. Energieintensive<br />
Bodenbearbeitung ist über einen Anbauzeitraum<br />
von bis zu 20 Jahren nicht mehr notwendig. Die<br />
kontinuierliche Bodenbedeckung verhindert Erosion<br />
und bindet Nährstoffe auch außerhalb der Hauptwachstumszeiten.<br />
Die Blüten bieten eine reichhaltige<br />
Nahrungsquelle für Insekten im blütenarmen Spätsommer.<br />
Die Durchwachsene Silphie könnte somit<br />
eine Chance der Biogasbranche sein, die Akzeptanz<br />
des Energiepflanzenbaus in der Öffentlichkeit zu verbessern.<br />
Dies verbessert die Speicherung von CO2 im<br />
Boden und fördert die Bodenbiologie. Auch aus Sicht<br />
des Gewässerschutzes kann die Pflanze sehr positiv<br />
bewertet werden. Geringer Pflanzenschutzbedarf (lediglich<br />
im ersten Anbaujahr) und tiefes Wurzelwachstum<br />
verhindern Einträge in Boden und Grundwasser.<br />
Als Untersaat etabliert<br />
Aber auch Nachteile gibt es: Aufgrund der langsamen<br />
Jugendentwicklung der Pflanze ist das invasive<br />
Potenzial der Durchwachsenen Silphie als gering zu<br />
bewerten. Bisher sprachen für die Landwirte praktische<br />
Argumente wie die hohen Kosten der Ausbringung<br />
über Setzlinge und fehlende Erträge im ersten<br />
Jahr gegen den Anbau dieser Energiepflanze. Dieses<br />
Problem konnte durch die Etablierung der Silphie als<br />
Untersaat im Maisanbau gelöst werden.<br />
Fotos: renergie/Allgäu, Udo Schmidt, Archiv<br />
Dieser Bub zeigt die Dimension<br />
einer ausgewachsenen Silphie<br />
Die Projektziele<br />
im gesamten Allgäu<br />
• Stärkere Verbreitung der Durchwachsenen<br />
Silphie in der Region Lindau, Oberallgäu, Unter -<br />
allgäu und Ostallgäu und damit ein hergehend<br />
Auflockerung des Landschaftsbildes<br />
• Öffentlichkeitswirksame Demonstration auf<br />
mehreren Flächen und Wissenstransfer an alle<br />
Beteiligten: Motivation und Beratung der<br />
Landwirte zur Verbreitung und Information der<br />
breiten Öffentlichkeit<br />
• Steigerung der Akzeptanz für den<br />
Energiepflanzenanbau<br />
• Darstellung der vier Allgäuer Landkreise als<br />
aktive Partner der Landwirte sowie bei der<br />
Weiterentwicklung der Energiewende und des<br />
Umweltschutzes in der Region<br />
• Sensibilisierung der Verbraucher/Öffentlichkeit<br />
für die Zusammenhänge der Themen<br />
Energiepflanzen, Klimawandel, Umweltschutz<br />
sowie die Bedeutung der Landwirte als<br />
»Energiewirte«<br />
• Verbesserung der Ökobilanz der Allgäuer<br />
Landwirtschaft in Bezug auf: Bodengesundheit,<br />
Biodiversität und Wasserschutz<br />
• Verringerung von Treibhausemissionen durch<br />
geringeren Treibstoffeinsatz<br />
• Verbesserung der Kooperation<br />
unterschiedlicher Interessensgruppen rund um<br />
den Energiepflanzenanbau<br />
• Erhebung, Sammlung und Dokumentation<br />
fundierter pflanzenbaulicher, betriebswirtschaftlicher<br />
und ökologischer Erfahrungswerte an<br />
den verschiedenen Standorten in der Region<br />
und Wissenstransfer an die Landwirte durch<br />
Beratung zur weiteren Etablierung der Pflanze<br />
im Allgäu<br />
• Beitrag zur Klimawandelanpassung<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
67
Energiepflanzen<br />
Über den rein energe -<br />
tischen Nutzen hinaus bietet<br />
die nordamerikanische<br />
Pflanze auch den Insekten<br />
neue Nahrungsquellen<br />
Die Blüten ähneln denen der wilden Sonnenblume –<br />
Unterschiede gibt es in der Blattform<br />
Die Silphie mit ihren wunderschönen gelben Blütensternen<br />
erbringt ähnlich hohe Erträge wie der Mais<br />
Warum gerade im Allgäu?<br />
Besonders im Allgäu bietet sich im Rahmen des<br />
geplanten LEADER-Projektes die Möglichkeit, eine<br />
Plattform zu schaffen, um die Öffentlichkeit zu informieren,<br />
dass die Politik vor Ort (Landkreise) und die<br />
Landwirte gemeinsam durch innovative Ansätze aktiv<br />
den Energiepflanzenbau standortgerecht weiterentwickeln.<br />
Um den Ein- beziehungsweise Umstieg hin<br />
zur Silphie zu erleichtern, sollen in den vier Landkreisen<br />
Lindau, Oberallgäu, Ostallgäu und Unterallgäu<br />
insgesamt acht Demonstrationsflächen mit der<br />
Durchwachsenen Silphie geschaffen werden. Ziel ist<br />
es, mit Veranstaltungen und Informationstafeln an<br />
den Demonstrationsflächen die Anbaualternative darzustellen<br />
und die breite Öffentlichkeit zu erreichen.<br />
Die Gesamtkosten des allgäuweiten Projektes belaufen<br />
sich auf etwa 70.000 Euro.<br />
Diese Summe soll von den vier Landkreisen und<br />
den beteiligten Landwirten getragen und von den vier<br />
landkreisweiten LEADER-Regionen kofinanziert werden.<br />
Aus diesem Topf sollen folgende Ziele finanziert<br />
werden: Einrichten der Demonstrationsflächen, die<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Information der Landwirte<br />
und der Öffentlichkeit und die notwendige Dokumentation<br />
der Daten für den Abschlussbericht.<br />
Alle vier LEADER-Gremien haben inzwischen<br />
dem Projekt zugestimmt, dem Start des Vorhabens<br />
steht nichts mehr im Wege.<br />
Der gelbe Gast<br />
aus Nordamerika<br />
Die Durchwachsene Silphie ist eine mehr jährige<br />
Staude und kommt ursprünglich aus Nord -<br />
amerika. Sie gehört zu den Korb blütlern, bildet<br />
sechs bis sieben vierkantige Stängel mit gegen -<br />
ständigen lanzenartigen Blättern und erreicht<br />
eine Höhe von bis zu drei Metern. Im<br />
September wird sie mit dem Feldhäcksler<br />
geerntet und auf der Biogasanlage im Silo<br />
gelagert. Im nächsten Jahr beginnt die Pflanze<br />
Anfang April mit dem erneuten Wachstum.<br />
Nach der Pflan zung im ersten Jahr kann sie 10<br />
bis 20 Jahre genutzt werden. In dieser Zeit sind<br />
keine weiteren Maß nahmen wie Pflanzen schutz<br />
oder Boden bear beitung nötig. Zu Beginn der<br />
Vegetationsperiode wird lediglich eine Düngung<br />
mit dem Gär-Rest der Biogasanlage<br />
durchgeführt. Aufgrund ihrer sehr hohen<br />
Toleranz für Trockenheit kann die<br />
Durchwachsene Silphie auch auf eher<br />
trockenen Flächen angebaut werden. Die<br />
Pflanze blüht von Juli bis September mit<br />
faustgroßen gelben Blüten, was sie für Imker<br />
sehr interessant macht. Die Durch wachsene Silphie<br />
bringt gute Erträge mit hohen<br />
Methangasausbeuten. Neuere er folgreiche<br />
Versuche haben gezeigt, dass die Silphie im<br />
ersten Jahr auch in der Mais-Plantage<br />
untergepflanzt werden kann – damit wird der<br />
Ertragsverlust im ersten Jahr ausgeglichen.<br />
Der »Gast aus Nord amerika« erweitert die<br />
Vielfalt im heimischen Energie pflanzenanbau<br />
und trägt zu einer Vergrößerung der Arten -<br />
68 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Natur<br />
Allgäuer Grünlandflächen<br />
Löcher bohren für die Wissenschaft<br />
Sollte sich Ende Mai/Anfang Juni jemand gefragt haben, warum junge Leute in<br />
Gummistiefeln mit einem großen Hammer, Eimern und Bohrern über Wiesen<br />
laufen: Das hat alles seine Ordnung. Es waren Studierende und Mitarbeiter der<br />
Universität Hohenheim, die im Rahmen des Projektes BIOINVENT Bodenproben<br />
auf Allgäuer Grünlandflächen nehmen.<br />
Der Bohrer im Einsatz – zwei<br />
Mitglieder des Forschungs -<br />
teams der Uni Hohenheim bei<br />
der Probenentnahme<br />
Ziel des Projektes, das unter der Schirmherrschaft<br />
des EU-weiten Programms BiodivERsA<br />
durchgeführt wird, ist es, die Bodengesundheit<br />
und Funktionalität von Graslandflächen in<br />
Europa zu erhalten. Im Detail wird untersucht, wie<br />
sich verschiedene Bewirtschaftungsformen – etwa intensiver<br />
Düngereinsatz versus extensiver Düngereinsatz<br />
–, aber auch klimatische Unterschiede – zum<br />
Beispiel Flachland versus Gebirgslage – auf die Vielfalt<br />
und Funktionalität der Bodenmikroorganismen (Bakterien<br />
und Pilze) in Grasländern auswirken. Diese Bodenmikroorganismen<br />
erhalten wichtige Funktionen<br />
im Boden-Nährstoffkreislauf, und ihr Vorkommen<br />
und ihre Vielfalt können Aufschluss über die Bodengesundheit<br />
und die Produktivität von Graslandflächen<br />
geben.<br />
Nutzen für Forscher und Landwirte<br />
Eben diese Erforschung der bodenmikrobiellen<br />
Vielfalt in Grasland-Ökosystemen in Deutschland<br />
konzentrierte sich auf die Region Oberallgäu und wurde<br />
in enger Zusammenarbeit mit der Regionalentwicklung<br />
Oberallgäu durchgeführt. In einem Zeitraum<br />
von zwei Wochen wurden auf rund 100 Feldern<br />
Bodenproben entnommen und die anschließend im<br />
Labor untersucht. Um die Proben bewerten zu können,<br />
war es für die Forscher auch interessant, wie die<br />
Fotos: Ann-Marleen Rieps, Judith Zimmermann<br />
untersuchten Felder bewirtschaftet werden, also beispielsweise<br />
,wie oft gemäht oder gedüngt wird oder ob<br />
die Fläche hauptsächlich beweidet wird.<br />
Die Landwirte, die dem Projekt geeignete Graslandflächen<br />
für die Untersuchung zur Verfügung gestellt<br />
haben, erhielten nicht nur eine Analyse ihrer Flächen<br />
hinsichtlich Bodengesundheit und Funktionalität,<br />
sondern auch Handlungsempfehlungen, um die<br />
Bodengesundheit und Produktivität zu steigern.<br />
Die Ergebnisse der Untersuchung werden später<br />
publiziert und darüber hinaus geziehlt auch in der Region<br />
vorgestellt. Da klimatische Unterschiede ebenfalls<br />
in die Beurteilung von Grasland-Ökosystemen einbezogen<br />
werden, sind neben Deutschland auch Projektpartner<br />
aus Schweden, der Schweiz, Portugal und den<br />
Azoren mit dabei.<br />
Weitere Information unter www.bioinvent.unihohenheim.de<br />
(cs)<br />
Die Bodenprobe kommt in einen<br />
Eimer, der Bohrer ist für den<br />
nächsten Einsatz bereit<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
69
Natur<br />
Moose retten Moore<br />
Eine Alternative fürs Allgäu?<br />
70<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Ob im Schrebergarten oder im Gartenbau: Torf wird oft eingesetzt, um<br />
verschiedene Erden zu verbessern – doch der Abbau des Substrates, das in<br />
Mooren entsteht, zerstört ihr Ökosystem und trägt über erhöhte Emissionen<br />
von Kohlenstoffdioxid zur Klimaerwärmung bei. Nun haben Biologen vor,<br />
Torfmoos für einen nachhaltigen Rohstoffanbau und Klimaschutz zu züchten.<br />
Haben diese Forschungsvorhaben auch Einfluss auf die Allgäuer Hochmoore?<br />
In dem neuen Projekt »MOOSzucht« wollen Prof.<br />
Dr. Ralf Reski und Privatdozentin Dr. Eva Decker<br />
von der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg<br />
Torfmoose als nachhaltige und schnell nachwachsende<br />
Alternative entwickeln. Dieses Vorhaben<br />
wird von der Universität Greifswald federführend betreut.<br />
Ebenfalls beteiligt sind das Karlsruher Institut<br />
für Technologie (KIT) und eine Firma aus Niedersachsen.<br />
Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium<br />
für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit<br />
etwa 1,1 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre.<br />
Wie wichtig Hochmoore für die Regelung des<br />
Klimas sind, ist bekannt: Sie erhöhen die Biodiversität<br />
und speichern große Mengen von Wasser und des<br />
Treibhausgases CO2. Die Fähigkeit zur Wasserspeicherung<br />
verdanken Moore ihrem Hauptbestandteil,<br />
den abgestorbenen Torfmoosen, die als Torfe im Gartenbau<br />
zum Einsatz kommen. Torfabbau und Entwässerungen<br />
durch die Landwirtschaft haben dazu geführt,<br />
dass hierzulande nur noch knapp fünf Prozent<br />
der Moorlandschaften intakt sind – das soll sich ändern.<br />
Rettung in Sicht<br />
In früheren Projekten haben die Greifswalder<br />
Ökobiologen gezeigt, dass abgetorfte, degradierte<br />
Moore eine ideale Grundlage bilden, auf der neu ausgesäte<br />
Moose aus der Familie Sphagnum wachsen<br />
können. Die nachwachsenden Torfmoose können<br />
nach einigen Jahren geerntet und als Torfersatz im<br />
Gartenbau verwendet werden. Eine derartige Nutzung<br />
nasser Moorflächen wird Paludikultur genannt. Sie reduziert<br />
CO2-Emissionen, erhöht die Biodiversität, erhält<br />
landwirtschaftliche Flächen, sichert Arbeitsplätze<br />
im ländlichen Raum und stärkt die regionale Wirtschaft.<br />
»Bisher verhindert aber ein Mangel an Moossaatgut<br />
den kommerziellen Einsatz der Paludikultur.<br />
Außerdem muss deren Effizienz noch um mindestens<br />
30 Prozent gesteigert werden«, sagt Reski.<br />
In dem Projekt »MossClone« haben es die Freiburger<br />
Biologen bereits geschafft, Sphagnum in Bioreaktoren<br />
artenrein zu vermehren. Diese Technologie<br />
soll nun in »MOOSzucht« zusammen mit dem KIT<br />
weiter verbessert werden. »Außerdem werden wir unser<br />
Wissen über die genetische Beschaffenheit der<br />
Moose Physcomitrella und Sphagnum anwenden, um<br />
über sogenanntes smart breeding besonders schnell<br />
wachsende Torfmoose zu gewinnen«, so Reski.<br />
Auch im Allgäu denkbar?<br />
Die Ergebnisse der Projekte scheinen vielversprechend,<br />
und so stellt sich natürlich die Frage, ob der<br />
Anbau von Torfmoosen auf abgeernteten Moorflächen<br />
auch für das Allgäu eine Alternative wäre. Dr. Ulrich<br />
Weiland, Projektleiter bei der Allgäuer Moorallianz,<br />
hält das für eher unwahrscheinlich. Seiner Ansicht<br />
nach sind die Resultate der Forschungsarbeit vorwiegend<br />
für Zwecke der Kultur, beispielsweise für die<br />
Erzeugung von Biomasse als Torfersatz, relevant. In<br />
unserer Region jedoch sind »abgeerntete Moorflä-<br />
Moose können was: Sie<br />
sind weltweit genutzte<br />
Modellorganismen für<br />
Biologie und Biotechnologie<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
71
Natur<br />
Moore bieten eine<br />
unglaubliche Artenvielfalt.<br />
Die Riednelke etwa kommt<br />
weltweit nur an einem<br />
Standort vor – dem Benninger<br />
Ried<br />
chen, also ehemalige Torfstiche, in der Regel entweder<br />
nach Entwässerung in Grünlandnutzung überführt<br />
worden oder wieder mit Moorvegetation beziehungsweise<br />
Moorwald bewachsen. Die Flächen sind, bedingt<br />
durch extrem zersplitterte Besitzstrukturen sowie auch<br />
das kleinräumig gegliederte Relief des Allgäuer Jungmoränengebietes,<br />
wohl meist zu klein, um für derartige<br />
großtechnische Kulturen interessant zu sein.«<br />
Hinzu kommt laut Dr. Weiland, dass sich die<br />
durch natürliche Sukzession bewachsenen Flächen<br />
oftmals bereits seit Jahrzehnten wieder als Moor regenerieren<br />
und damit gesetzlich geschützte Biotopflächen<br />
darstellen, die nicht durch Anlage von Kulturen<br />
zerstört werden dürfen.<br />
Ein anderer Weg<br />
Doch auch, wenn die Paludikultur in unserer Region<br />
nicht umsetzbar ist, verfolgt die Allgäuer Moor -<br />
allianz ein identisches Grundprinzip, nur die Zielsetzung<br />
ist anders. Für Dr. Ulrich Weiland ist die Moor-<br />
Renaturierung eine wichtige Aufgabe des Projektes. So<br />
soll der Wasserhaushalt der geschädigten Moorflächen<br />
saniert werden, um das natürliche Mooswachstum<br />
wieder zu initiieren oder zu verstärken. »Dort, wo erfolgreich<br />
wieder vernässt worden ist, wachsen auch<br />
wieder in verstärktem Maße Torfmoosteppiche auf. Im<br />
Gegensatz zur Paludikultur jedoch im Zusammenhang<br />
natürlicher Pflanzengesellschaften mit der Folge<br />
der Förderung regionaltypischer beziehunsgweise<br />
moortypischer Artenvielfalt sowie der Akkumulation<br />
von Torf, der nicht gleich wieder genutzt wird«, so der<br />
Projektleiter.<br />
An dieser Stelle muss jedoch angemerkt werden,<br />
dass Paludikultur sehr wohl im Allgäu Anwendung<br />
findet, nur nicht in der Art und Weise, die die Biologen<br />
aus Freiburg und Greifswald vorschlagen. Der Begriff<br />
bezeichnet im Allgemeinen die landwirtschaftliche<br />
Nutzung von nassen oder wieder vernässten<br />
Moose bringen Farbe<br />
ins Moor, wie hier im<br />
Werdensteiner Moos<br />
bei Immenstadt<br />
72 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>
Im Allgäu gibt es<br />
zahlreiche Moorwiesen,<br />
die landwirtschaftlich<br />
genutzt werden – auch<br />
dies ist eine Form<br />
der Paludikultur<br />
Moorböden, und genau dies ist in unserer Region ein<br />
großes Thema. Bekanntlich gibt es hier noch größere<br />
Bestände von feuchten bis nassen Grünflächen auf<br />
Moorböden, die jährlich gemäht werden. Die Mahd<br />
wird traditionell als Stalleinstreu oder zur Gewinnung<br />
von faserreichem Viehfutter verwendet. »Dies ist eine<br />
traditionelle Form der Paludikultur, die jedoch auf<br />
Grünlandaufwuchs beruht und nicht auf dem Aufwuchs<br />
von Torfmoosen«, so Dr. Ulrich Weiland. Diese<br />
Art der Nutzung weiter zu fördern, ist ein Ziel der Allgäuer<br />
Moorallianz, da die Streuwiesen außerdem auch<br />
eine bemerkenswerte Artenvielfalt aufweisen, die es<br />
zu schützen gilt.<br />
Wenn nicht hier, wo dann?<br />
Obwohl die Allgäuer Moorallianz eine andere<br />
Form der Paludikultur nutzt, um die Moore zu schützen,<br />
so heißt das nicht, dass Dr. Ulrich Weiland den<br />
Ansatz mit der Verwendung der Torfmoose zur Moorrettung<br />
nicht auch positiv sieht – nur halt nicht im Allgäu.<br />
So sagt er: »Natürlich beobachten alle Moorschützer<br />
seit Jahren mit Sympathie die Ansätze der Uni<br />
Greifswald und ihrer Kooperationspartner zum Anbau<br />
von Torfmoosen. Der dringend erforderliche Ersatz<br />
von Torf als Grundlage von Pflanzsubstraten ist<br />
selbstverständlich Rechtfertigung genug, um diesen<br />
Weg weiterzuverfolgen. In welchen Regionen hierfür<br />
künftig Flächen zur Verfügung stehen werden, wird<br />
man sehen. Höchstwahrscheinlich wird in der Bundesrepublik<br />
der Norden mit seinen großräumigen Flächenzuschnitten<br />
ein Schwerpunkt sein.«<br />
Einig sind sich jedoch alle Moorschützer: Wie die<br />
Moore nun gerettet werden, ob mit dem Anbau von<br />
Torfmoosen oder mit der Herangehensweise der Allgäuer<br />
Moorallianz, ist egal. Hauptsache, es wird gemacht<br />
und diese einzigartigen Landschaften mit ihrer<br />
Artenvielfalt bleiben auch für kommende Generationen<br />
erhalten.<br />
(cs)<br />
Gärtner können auch auf<br />
Pflanzenerde ohne Torf<br />
zurückgreifen. Die ist nicht<br />
nur gut für das Gewissen,<br />
sondern auch für die Moore<br />
Fotos: Archiv, Ralf Reski, Volker Wille, pixabay, Dominik Ultes<br />
<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />
73
Energie sparen<br />
Guter Rat für Topfgucker<br />
Wie man in der Küche weniger Energie verbraucht<br />
Am Schluss jeder Ausgabe, liebe Leser, steht immer der Energiespar-<br />
Tipp. Diesmal beschäftigen wir uns mit der »Energie-Zentrale« in<br />
jeder Wohnung: der Küche. Kochstellen und der Backofen können<br />
zu wahren Energie-Fressern, aber auch zu -Sparbüchsen werden.<br />
Je nachdem, wie man damit umgeht.<br />
Eine Kochstelle ist immer nur so gut wie<br />
der verwendete Topf...<br />
• Wählen Sie den Durchmesser des Kochtopfs passend<br />
zur Kochstellengröße. Ist das Kochgeschirr zu<br />
klein, gehen unnötig Wärme und Energie verloren.<br />
Ist es deutlich zu groß, dauert das Ankochen sehr<br />
lange.<br />
• Kochgeschirr sollte einen ebenen Boden und einen<br />
gut schließenden Deckel haben. Schräg liegende<br />
Deckel lassen zudem so viel Wärme entweichen, dass<br />
bis zur dreifachen Menge an Strom verbraucht wird.<br />
• Setzen Sie für lang kochende Gerichte den Schnellkochtopf<br />
ein, so sparen Sie bis zu 50 Prozent Zeit und<br />
30 Prozent Strom.<br />
Fotos: paxabay<br />
So wenig wie möglich, so viel wie nötig...<br />
• Kochen funktioniert auch mit wenig Wasser. Vier<br />
Portionen Kartoffeln werden mit nur einer Tasse<br />
Wasser gar. Das spart Energie.<br />
• Nach dem Ankochen rechtzeitig die Kochstelle auf<br />
Fortkochen zurückschalten oder mit der Automatik-<br />
Funktion arbeiten.<br />
• Nutzen Sie die Nachwärme bei strahlungsbeheizten<br />
Kochzonen und Kochplatten. Beim Garen von Kartoffeln<br />
fünf bis zehn Minuten und beim Quellen von<br />
Reis etwa 20 Minuten vor Ende der Gardauer ausschalten.<br />
• Seien Sie kein »Topfgucker«. Damit vergeuden Sie<br />
Strom. Oder verwenden Sie einen Topf mit Glasdekkel.<br />
Den Backofen voll ausnutzen...<br />
• Durch gleichzeitiges Garen mehrerer Gerichte oder<br />
durch Backen von zwei Kuchen nebeneinander auf<br />
dem Rost sparen Sie Zeit und Energie.<br />
• Gebäck, Braten und Aufläufe gelingen auch, wenn<br />
sie in den kalten Backofen eingesetzt werden. Vorheizen<br />
ist nur selten nötig (nach Herstellerangaben)<br />
wie etwa beim Brotbacken.<br />
• Der Sonntagsbraten sollte erst ab einem Gewicht von<br />
einem Kilogramm in den Backofen, nehmen Sie ansonsten<br />
den Braten- oder Schnellkochtopf. Bietet Ihr<br />
Backofen Umluftgaren, dann nutzen Sie diese Möglichkeit<br />
auf mehreren Ebenen gleichzeitig, z.B. Plätzchen<br />
zu backen. Das spart Energie und Zeit.<br />
74<br />
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