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allgäuALTERNATIV - Sommerausgabe 2-2017

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Ausgabe 2/<strong>2017</strong><br />

Schutzgebühr: 4,- Euro<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Biomasse: Gelbe Sterne statt Mais<br />

Mobil: Eis aus der Elektrokutsche<br />

Energiezukunft: Vom Vorreiter zum Schlusslicht


Auf ein Wort<br />

Was geht...?<br />

Für die regionalen<br />

Unternehmen ist Klaus<br />

Fischer bei der Allgäu-GmbH<br />

zuständig<br />

Foto: Allgäu GmbH<br />

Ja, geht noch etwas an Entwicklung im Allgäu,<br />

was soll noch gehen und was darf nicht mehr<br />

gehen? Die Diskussion um das Riedberger<br />

Horn zeigt exemplarisch das Spektrum der Meinungen<br />

im Allgäu. Wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist,<br />

aber dennoch an den Fortschritten und Innovationen<br />

der Gesellschaft insgesamt teilhaben. Das eine Beispiel<br />

lässt sich auf viele Bereiche unseres Lebens übertragen<br />

und betrifft jeden Einzelnen.<br />

Viele denken, die nahezu paradiesische Situation<br />

unseres wirtschaftlichen und sozialen Wohlergehens<br />

ist normal. Das ist sie aber nicht. Denn wir alle im Allgäu<br />

profitieren heute davon, dass in unserer Region in<br />

der Vergangenheit viel gegangen ist und es Menschen<br />

gab, die das dann auch genutzt haben.<br />

Wenn wir an in der Vergangenheit umstrittene<br />

Projekte zurückdenken, wo stünden wir heute? Ohne<br />

Bosch-Werk im Seifener Becken? Ohne A96 im Unterallgäu?<br />

Und vieles mehr. Jeder kennt die Beispiele<br />

aus seiner Nachbarschaft und kann ihre Auswirkungen<br />

beurteilen. Das Allgäu ist auch eine der stärksten<br />

Industrieregionen in Deutschland. Nahezu 40% der<br />

Wertschöpfung finden im produzierenden Gewerbe<br />

inklusive der Bauwirtschaft statt. Dies schafft Arbeitsplätze<br />

und Einkommen, von dem die Allgäuer gut leben<br />

können. Aber ohne Emissionen, Verkehr und damit<br />

auch Einschränkungen geht das nicht immer. Wer<br />

sich aber schon mal die Mühe gemacht hat, die Nachhaltigkeitsberichte<br />

oder Umweltzertifikate vieler unserer<br />

Allgäuer Unternehmen anzuschauen, sieht, wie<br />

engagiert, fortschrittlich und zukunftsorientiert die<br />

Allgäuer Wirtschaft schon ist.<br />

Auch Politik und Verwaltung in unserer Region<br />

machen sich die Entscheidungen über neue Projekte<br />

nicht einfach. Alle wissen, welchen Wert unsere Landschaft<br />

und unsere Natur haben. Das Allgäu darf nicht<br />

in einen Dornröschenschlaf verfallen, nur, weil nichts<br />

mehr vorwärts geht. Ohne Weiterentwicklung verliert<br />

die Region, verlieren die Menschen.<br />

Die Allgäu GmbH motiviert und unterstützt Unternehmen<br />

und Institutionen dabei, die Interessen der<br />

Weiterentwicklung und der Nachhaltigkeit auszugleichen.<br />

Die Vergabe der Marke Allgäu ist fest mit Nachhaltigkeitskriterien<br />

für Umwelt und Regionalität, aber<br />

auch für den Umgang mit Mitarbeitern und Kunden<br />

verbunden. Wer die Marke Allgäu trägt hat nachgewiesen,<br />

dass er sich seiner Verantwortung für nachhaltiges<br />

Wirtschaften und gesundes Leben bewusst ist.<br />

Klaus Fischer<br />

Sprecher der Geschäftsführung<br />

Allgäu GmbH –<br />

Gesellschaft für Standort und Tourismus<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

3


Inhalt<br />

Impressum<br />

Verlag und Herstellung:<br />

Verlag HEPHAISTOS,<br />

EDITION ALLGÄU<br />

Lachener Weg 2,<br />

87509 Immenstadt-<br />

Werdenstein<br />

Tel. 08379/728616,<br />

Fax 08379/728018<br />

info@heimat-allgaeu.info<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

Herausgeber:<br />

Peter Elgaß<br />

74<br />

Fotos: pixabay, Ujeta-Water, KD Busch/compamedia, Archiv<br />

Redaktion:<br />

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),<br />

Thomas Niehörster<br />

Claudia Schöwe<br />

Annette Müller<br />

Volker Wille<br />

Gekennzeichnete Beiträge<br />

stellen die Meinung des<br />

Ver fassers, nicht aber des<br />

Verlages dar.<br />

Layout:<br />

Bianca Elgaß,<br />

Ramona Klein<br />

Vorwort Seite 3<br />

E-Mobilität<br />

Die elektrische Eiskutsche Seite 6<br />

Umwelt-Politik<br />

Vorreiter wird Schlusslicht Seite 10<br />

Mobilität<br />

Autonomes Fahren Seite 14<br />

56<br />

E-Mobilität<br />

E-Autos intelligent laden Seite 16<br />

Abt setzt auf neue Technologie Seite 18<br />

E-Mobil<br />

Dichteres Ladenetz im Allgäu Seite 20<br />

Energie<br />

Gemeinsam für Netzausbau Seite 22<br />

Vereinsportrait<br />

Rat und Tat für E-Mobilität Seite 24<br />

Hochschule<br />

Reizt die Kaufprämie? Seite 26<br />

Vom Profi zum Spezialisten Seite 27<br />

Anzeigen:<br />

Carolin Mathes (Ltg.),<br />

Christian Vu<br />

Tel. 08379/728616;<br />

gültige Anzeigenpreisliste:<br />

1/2010<br />

Bankverbindung Verlag:<br />

Raiffeisenbank Oberallgäu-<br />

Süd eG, IBAN:<br />

DE97733699200007126999,<br />

BIC: GENODEF1SFO<br />

Druck und Bindung:<br />

HOLZMANN DRUCK<br />

GMBH & CO KG<br />

Gewerbestraße 2<br />

D-86825 Bad Wörishofen<br />

Titelfotos: Udo Schmidt, djd/Bauherren-Schutzbund, Kremer Pigmente, Abt Sportsline<br />

Studium<br />

Studiengang Energiewirtschaft Seite 28<br />

Meldungen<br />

Präg-Gruppe sorgt auch für E-Mobilität Seite 30<br />

Platz ist auf dem kleinsten Balkon Seite 31<br />

Zwei Frauen für gutes Klima Seite 31<br />

10.000-Häuser-Programm geht weiter Seite 32<br />

Die Kneippstadt elektrisch »erfahren« Seite 32<br />

Neue Eigentümer für altes Unternehmen Seite 33<br />

Energiewendeatlas online erschienen Seite 34<br />

Magazin für besseres Bauen Seite 34<br />

Ausstellung nachhaltige Ortsentwicklung Seite 34<br />

Leben und Architektur im Schwarzwald Seite 35<br />

Ratgeber für Denkmalimmobilien Seite 35<br />

Besser vernetzt Seite 36<br />

Energietanken während Behördengang Seite 36<br />

Mehr Klimaschutz, mehr Stromverbrauch Seite 37<br />

Auszeichnung<br />

Wende-Preis für Lechwerke Seite 38<br />

4 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


10<br />

Entsorgung<br />

Besuch im Müllheizkraftwerk Seite 40<br />

Energie sparen<br />

Das BHKW des Jahres 2016 Seite 41<br />

Bauen<br />

Fassadendämmung ist sicher Seite 42<br />

Altbau<br />

Oben perfekt gedämmt Seite 44<br />

Neu- und Altbau<br />

Luftdichtbahnen funktionieren Seite 46<br />

Hausbau<br />

Wärmepumpen in Einsatz Seite 48<br />

Medien<br />

Deutschland wir weben dein Leichentuch Seite 50<br />

Grenzen des Wachstums Seite 50<br />

Die neuen Wilden Seite 50<br />

Kritik an der Grünen Ökonomie Seite 51<br />

Sonne, Wasser und Wind Seite 51<br />

Vom Weltverständnis eines Bürgers Seite 51<br />

Mächler<br />

Leuchtende Farben der Natur Seite 52<br />

Solar<br />

Sonnenenergie wird zu Käse Seite 61<br />

Klima<br />

Regionale Vielfalt Seite 62<br />

Energiepflanzen<br />

Gelbe Sterne für mehr Vielfalt Seite 66<br />

Natur<br />

Allgäuer Grünlandflächen Seite 69<br />

Moose retten Moore Seite 70<br />

Energie sparen<br />

Guter Rat für Topfgucker Seite 74<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />

Ausgabe ist der 28. September <strong>2017</strong><br />

70<br />

Wasseraufbereitung<br />

Allgäuer Filter rettet Leben Seite 56<br />

Wasserkraft<br />

Energie mit Tiefgang Seite 58<br />

Regional<br />

Wo Bayern drauf steht... Seite 60<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

5


E-Mobilität<br />

Die elektrische Eiskutsche<br />

Operation am offenen Herzen<br />

Sie bereichert das Stadtbild schon seit Jahren und verwöhnt große und<br />

kleine Genießer während der Sommermonate mit original italienischem<br />

Speiseeis. Beppos einzigartige und innovative Eiskutsche wurde nun<br />

für das Zeitalter der Elektromobilität modernisiert.<br />

Der Oldtimer ist mit seinem Elektromotor<br />

und Zahnradgetriebe in die Jahre gekommen.<br />

Dessen ist sich Giuseppe »Beppo«<br />

Montuori – Eiskutschenfahrer und Eisverkäufer aus<br />

Leidenschaft – bewusst. Denn mittlerweile hat die alte<br />

Technik ihre Mühen, das Fahrzeug samt Fahrer auch<br />

über kleine Unebenheiten zu bewegen. In der Vergangenheit<br />

kam es auch schon häufiger vor, dass Passanten<br />

mit anpackten, um die Kutsche bei der Bergfahrt<br />

an der Lechhalde zu unterstützen. Es galt nun, die Füssener<br />

Institution zu erhalten.<br />

Umweltfreundlich soll es sein<br />

Über die Bekanntschaft eines Professors an der<br />

Hochschule Kempten entstand die Idee, aus dem vorliegenden<br />

Problem eine Aufgabe für Studenten zu machen.<br />

Prof. Dr. Dominikus Hofmann bot im vergangenen<br />

Sommersemester eine Projektarbeit an, in der Studenten<br />

ihre Kompetenzen anwenden sollten, um ein<br />

alternatives Antriebskonzept für die Kutsche zu finden.<br />

Drei interessierte Studenten – Christoph Bittl, Raphael<br />

Hofmann und Daniel Butzmann – des Studienganges<br />

Energie- und Umwelttechnik nahmen sich der Herausforderung<br />

an. Da Giuseppe Montuori, der für seine<br />

Eisherstellung Rohstoffe aus fairem und regionalem<br />

Handel bezieht, umweltbewusst denkt, sollte das neue<br />

Antriebskonzept der Eiskutsche frei von Emissionen<br />

sein. So wurde es Ziel der Arbeit, eine energieeffiziente<br />

und nachhaltige Lösung zu schaffen.<br />

Schnell fanden sich in den Projektbesprechungen<br />

Lösungen, die einfach, aber ausreichend schienen.<br />

Doch so leicht sollte es nicht werden. Denn während<br />

6<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Damit die Techniker zur Tat schreiten können, wurden alle<br />

Verkleidungen entfernt. Übrig blieb nur das »Skelett« der Eiskutsche<br />

Die Eiskutsche hat schon an die<br />

40 Jahre auf dem Buckel – Zeit<br />

für eine kleine Modernisierung<br />

Fotos: Guiseppe Montuori<br />

Wo gehobelt wird, da fallen Späne beziehungsweise fliegen<br />

die Funken – der Umbau ist in vollem Gange<br />

der Arbeit an dem Projekt stießen die Studenten immer<br />

wieder auf neue Herausforderungen und mussten<br />

so manche gute Idee wieder verwerfen.<br />

So schien ein Druckluftkonzept für den Einsatzbereich<br />

in der Stadt ideal. Hierbei wird Luft unter hohem<br />

Druck in einem Tank gespeichert und über einen<br />

Motor in mechanische Energie umgewandelt. Ein<br />

schöner Nebeneffekt hätte sich durch die Expansion<br />

des komprimierten Gases ergeben – man hätte damit<br />

das Eis kühlen können. Doch Rahmenbedingungen<br />

und Sicherheitsvorkehrungen führten dazu, dass die<br />

Idee nicht umgesetzt wurde.<br />

Auch andere Ansätze wie ein Dampfantrieb oder<br />

ein Verbrennungsmotor mit direktem Antrieb oder<br />

hydrostatisch wurden schnell wieder verworfen.<br />

Schließlich kamen die Studenten auf ein elektrisches<br />

Antriebskonzept, das einige Möglichkeiten bot.<br />

Probleme über Probleme<br />

Bei einer Besichtigung der Kutsche wurden Maße<br />

genommen, um anschließend ein 3D-Modell erstellen<br />

zu können. Dies würde es den Studenten später erleichtern,<br />

Komponenten unter und an der Kutsche anzubringen.<br />

Damit sich die Kutsche auch nach der Modernisierung<br />

im rechtlichen Rahmen bewegt, musste<br />

die Geschwindigkeit auf sechs Stundenkilometer beschränkt<br />

werden. Nichtsdestotrotz wünschte sich Guiseppe<br />

Montuori etwas mehr Beschleunigungsvermögen<br />

und Traktion auf dem Kopfsteinpflaster. Der bestehende<br />

Einradantrieb über eine Kette hatte ihm<br />

schon öfter Probleme bereitet. Auch der hohe Verschleiß<br />

an Starterbatterien zur Spannungsversorgung<br />

des Elektromotors, die geringe Reichweite und die alternde<br />

Konstruktion mit einer überspringenden Kette<br />

waren Probleme, die es zu lösen galt. Nachdem die<br />

Studenten alle technischen Daten sowie Probleme und<br />

Wünsche gesammelt hatten, wurden die Aufgaben<br />

verteilt, und die drei suchten parallel nach Elektromotoren,<br />

Steuerungen und Akkumulatoren.<br />

Die Studenten schreiten zur Tat<br />

Raphael Hofmann beschäftigte sich mit der Auslegungsrechnung<br />

des Motors anhand der Methoden<br />

der Technischen Mechanik und bestimmte so die nötige<br />

Leistung der Motoren bei Einzel- und Zweiradantrieb.<br />

Mit dieser Information konnten dann Hersteller<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

7


E-Mobilität<br />

Am Tag der Jungfernfahrt<br />

wurden noch die letzten<br />

Para meter durch Elektro -<br />

ingenieur Franz von der<br />

Firma E-CAR-TECH aus<br />

Rosenfeld eingestellt<br />

Das neue Antriebssystem<br />

mit zwei elektrisch<br />

geregelten Motoren<br />

und Lieferanten von Elektromotoren kontaktiert werden.<br />

Besonders interessant schien hier eine italienische<br />

Firma, die elektrisch angetriebene Achsen für Agrarund<br />

Kommunalfahrzeuge vertreibt. Eine Zusammenarbeit<br />

scheiterte allerdings, da die Italiener keine passende<br />

Motor-Achskombination anbieten konnten.<br />

Derweil fertigte Daniel Butzmann die Pläne für die<br />

Unterbringung der Achsen und Motoren im Fahrzeug<br />

in einem CAD-System (computer-aided design, zu<br />

Deutsch rechnerunterstütztes Konstruieren) an. Neben<br />

einem knappen Platzangebot bestand auch das<br />

Problem, die Optik des Fahrzeugs nicht zu verändern<br />

und die Federung für den Fahrkomfort zu erhalten.<br />

Nun mussten die elektrischen Antriebskonzepte<br />

noch auf ihre Machtbarkeit hin untersucht werden.<br />

Ein Radnabenantrieb hätte zwar am wenigsten Platz<br />

benötigt, jedoch wäre dadurch die Optik der Kutsche<br />

mit ihren Speichenrädern stark gestört worden. Ein<br />

elektrohydraulisches Konzept bestach wiederum mit<br />

seiner einfachen Regelung, doch der Wirkungsgrad<br />

für den reinen Fahrbetrieb ohne die Ansteuerung von<br />

Linearzylindern wie in Baumaschinen erwies sich als<br />

wenig praktikabel.<br />

Letztendlich fiel die Entscheidung auf einen<br />

Elektromotor mit Flachgetriebe, woraufhin diese Idee<br />

weiter ausgebaut wurde. In ihrem Abschlussbericht<br />

legten die Studenten Guiseppe Montuori eine Empfehlung<br />

nahe, in der ein angepasster Motor zusammen<br />

mit einer Motorsteuerung und dazugehöriger Peripherie<br />

aufgezeigt wurde. Nach einem Dreivierteljahr Probleme<br />

wälzen und Lösungen finden konnte nun der<br />

Umbau beginnen.<br />

Volle elektrische Kraft voraus<br />

Zusammen mit der Firma Unimet aus Rieden als<br />

Projektpartner machte sich »Beppo« dann daran, den<br />

Plan in die Tat umzusetzen. Dabei half die Firma Unland<br />

GmbH & Co. KG Innovative Betriebstechnik in<br />

Füssen-Weißensee. Sie stellte nicht nur die Werkstatt<br />

zur Verfügung, sondern fertigte auch die Konstruktionsteile<br />

für die Aufhängung der Motoren.<br />

Die Techniker von Unland entschieden sich entgegen<br />

dem Vorschlag im Bericht für einen Zweiradantrieb.<br />

Aufgrund der Probleme bei Kurvenfahrten wäre<br />

ein Differenzial nötig gewesen, dies wurde aber durch<br />

die Verwendung von zwei elektrisch geregelten Motoren<br />

gelöst. Die leistungsstarken Motoren sowie die Antriebssysteme<br />

wurden von den Firmen Schwarz Elekromotoren<br />

GmbH aus Rehau und E-CAR-TECH aus<br />

Tübingen realisiert. Da beim Umbau Winkelgetriebe<br />

verwendet wurden, entstand zusätzlicher Platz unterhalb<br />

der Eiskutsche, in dem weitere Akkumulatoren<br />

untergebracht werden können.<br />

Gesponsert wurde der Umbau von einem Unternehmen<br />

aus dem Füssener Land, das sich mit dem<br />

umweltfreundlichen Konzept identifizieren konnte<br />

und dem der Erhalt der historischen Eiskutsche besonders<br />

am Herzen lag. Seit Anfang Juni ist »Beppo«<br />

nun wieder mit seiner Eiskutsche in Füssen unterwegs<br />

und erfreut Einheimische wie Gäste mit seinen selbstgemachten<br />

Gelati.<br />

8 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Umwelt-Politik<br />

Solarenergie steht<br />

nur zur Verfügung, wenn<br />

die Sonne scheint<br />

Vorreiter wird Schlusslicht<br />

Das wahre Bild der Energiewende<br />

Im März lud die Bundesregierung erneut die Welt zum<br />

»Energy Transition Dialogue« nach Berlin ein. Wie jedes Jahr<br />

gab es große Reden der Bundesminister, die belegen sollten,<br />

dass Deutschland ein globaler Vorreiter der Energiewende und<br />

des Klimaschutzes ist. Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Wir<br />

haben einen ausgewiesenen Fachmann befragt. Hans-Josef Fell,<br />

ehemaliger bayerischer Bundestagsabgeordneter, legt den<br />

Finger in die Wunde der deutschen Energiewende.<br />

Stimmt unser Bild vom »Vorreiter Deutschland«<br />

in Sachen Energiewende immer noch?<br />

Nein. Inzwischen sind viele andere Nationen<br />

an Deutschland vorbeigezogen, zeigen ein wesentlich<br />

stärkeres Investitionsverhalten, haben offensivere politische<br />

Ziele und eine erfolgreichere politische Gesetzgebung.<br />

Es stimmt, dass Deutschland im letzten<br />

Jahrzehnt eine herausragende Rolle eingenommen hat.<br />

Mit der vom Bundestag 2000 beschlossenen Einspeisevergütung<br />

für Strom aus erneuerbaren Energien<br />

wurde eine erstaunliche Dynamik im Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien im Stromsektor angestoßen, die<br />

damals nur von sehr wenigen Analysten für möglich<br />

gehalten worden war.<br />

Viele Pioniere sind heute in Konkurs<br />

Binnen einem guten Jahrzehnt haben sich die<br />

Kosten für Solar- und Windstrom von einer sehr teuren<br />

Stromerzeugung zum weltweit kostengünstigsten<br />

Energieträger entwickelt. Industrielle Massenfertigung<br />

im Solarsektor, angestoßen von deutschen Firmen,<br />

gibt es jedoch hierzulande kaum mehr. Die Firmen<br />

sind vielfach in Konkurs gegangen wie im Mai <strong>2017</strong><br />

Deutschlands führender Konzern Solarworld. Grund<br />

ist eine seit Jahren fehlende stützende Solarindustriepolitik<br />

in Deutschland und der EU. So war es ein<br />

Leichtes für China, USA und andere Länder, die in -<br />

dus trielle Hoheit im Solarsektor zu übernehmen.<br />

Dabei war Deutschland auf dem besten Wege,<br />

Atomausstieg und erfolgreichen Klimaschutz miteinander<br />

zu verbinden. Doch die Gesetzgebungen der letzten<br />

Jahre haben diese Entwicklung völlig ohne Not gestoppt.<br />

Mit der momentanen Ausbaugeschwindigkeit<br />

der erneuerbaren Energien wird nur etwa die Hälfte des<br />

noch bis 2022 zu ersetzenden Atomstromes auch tatsächlich<br />

ersetzt werden können. Was bedeutet, dass<br />

10<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


dann der Atomausstieg nur mit Erhöhung der Klimagasemissionen<br />

erreicht werden kann.<br />

Massive Einbrüche beim Ökostrom<br />

Der Anteil des Ökostromes wuchs in Deutschland<br />

rasant von etwa sechs Prozent im Jahre 2000 auf<br />

ca. 33 Prozent im Jahre 2016. Doch dieses steile<br />

Wachstum täuscht darüber hinweg, dass es in den letzten<br />

Jahren massive Einbrüche gab – ausgenommen im<br />

Windkraftsektor. Insgesamt haben sich in der EU und<br />

Deutschland die jährlichen Investitionen in erneuerbare<br />

Energien seit 2012 etwa halbiert, völlig entgegen<br />

dem rasant wachsenden Welttrend.<br />

Einzig die Windenergie wird noch stark ausgebaut.<br />

Mit fast sechs Gigawatt (GW) neuen Investitionen<br />

wurde 2015 ein Rekordausbau geschafft, der allerdings<br />

2016 schon auf ca. 5,5 GW gesunken ist. Nun<br />

will die Bundesregierung den jährlichen Ausbau ab<br />

<strong>2017</strong> sogar auf 2,8 GW drosseln. Der Ausbau der<br />

Windenergie im größten Bundesland Bayern, das das<br />

höchste Windpotenzial aller Bundesländer hat, ist<br />

schon fast völlig gestoppt worden. Grund ist eine verfehlte<br />

Gesetzgebung mit überhöhten Abständen der<br />

Windkraftanlagen zur Wohnbebauung.<br />

Im Würgegriff restriktiver Gesetze<br />

Noch weniger ermutigend sind in den letzten<br />

Jahren die jährlichen Neuinstallationen in den übrigen<br />

erneuerbaren Energien. Aufgrund von restriktiven<br />

Gesetzesänderungen sanken die installierten PV-Leis -<br />

tungen von 7,5 GW im Jahre 2012 auf ca. 1,5 GW im<br />

Jahre 2016, womit sie sogar noch weit unter dem Ausbauziel<br />

der Bundesregierung mit 2,5 GW liegen. Auch<br />

der Wasserkraftausbau, im Jahre 2009 bei knapp 140<br />

Megawatt (MW) Neubau, liegt 2016 sogar unter 10<br />

MW. Der Geothermieausbau fiel von 12 MW neu installierter<br />

Leistung im Jahre 2012 auf Null im Jahr<br />

2015. Stromerzeugungsanlagen aus Bioenergie wurden<br />

2011 fast 700 MW neu installiert, 2015 liegen die<br />

Neuinstallationen unter 50 MW.<br />

Die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien<br />

stagniert seit 2010 bei etwa 150.000 MWh jährlich.<br />

Der Biokraftstoffmarkt ist von 45 TWh im Jahre<br />

2007 auf 30 TWh im Jahre 2015 sogar massiv gesunken.<br />

Der Elektromobilverkauf ist in Deutschland 2016<br />

um sieben Prozent gegen über 2015 gesunken, vollkommen<br />

entgegen dem Welttrend.<br />

Die Klimaziele meilenweit verfehlt<br />

Auch die angepeilten Effizienz- und Einsparungsziele<br />

der Bundesregierung werden nicht erfüllt. So ist<br />

der Primärenergieverbrauch im letzten Jahr sogar wieder<br />

gestiegen und damit auch der CO2-Ausstoß. Von<br />

Klimaschutzerfolgen ist Deutschland in den letzten<br />

Jahren weit entfernt. So lagen die CO2-Emissionen<br />

2016 deutlich über den von der Bundesregierung angepeilten<br />

Zielen. Dabei kann der Emissionsreduktionspfad<br />

mit 80 Prozent CO2-Reduktion bis 2050 unmöglich<br />

die Ziele von Paris unterstützen, da ein Anstieg von<br />

1,5 Grad Celsius wohl schon um das Jahr 2020 erreicht<br />

sein wird. Ab dann müsste es eine weltweite Nullemissionswirtschaft,<br />

verbunden mit großflächigem Kohlenstoffsenken,<br />

geben. Nach der Unterzeichnung der Pariser<br />

Klimaschutzvereinbarung gab es in Deutschland<br />

jedoch keine Anpassung der nationalen Emissionsziele<br />

an das 1,5- oder 2-Grad-Celsius-Ziel.<br />

Die Arbeitsplätze massiv abgebaut<br />

Durch die nicht zielführende Politik wird die<br />

Bundesregierung auch ihr Ziel verfehlen, bis 2020 eine<br />

Windenergie spielt<br />

vor allem in Norden<br />

der Bundesrepublik<br />

eine große Rolle<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

11


Noch viel zu wenig<br />

»Stromer« sind auf Allgäuer<br />

Straßen unterwegs<br />

Millionen Elektroautos auf die Straßen zu bringen.<br />

Wegen des massiven Rückgangs im Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien ist es kein Wunder, dass auch die Arbeitsplätze<br />

in der Branche von fast 400.000 im Jahr<br />

2012 auf 330.000 im Jahr 2016 gesunken sind. Insbesondere<br />

die Solarbranche verlor über 70.000 Jobs.<br />

Bürgerengagement massiv enttäuscht<br />

Besonders bedrohlich für einen erfolgreichen<br />

Fortbestand der Energiewende in Deutschland ist, dass<br />

die erfolgreichen Bürger-Energieinvestitionen aktuell<br />

massiv eingebrochen sind. Es waren im letzten Jahrzehnt<br />

gerade Privatleute, Landwirte, Energiegemeinschaften,<br />

Stadtwerke, kleine und mittlere Unternehmen,<br />

die 90 Prozent der Investitionen in erneuerbare Energien<br />

tätigten, und eben nicht die großen Energiekonzerne<br />

wie E.ON oder RWE. Diese setzten stattdessen<br />

auf den Neubau von Erdgas- und Kohlekraftwerken.<br />

Gerade diese unrentablen Fehlinvestitionen treiben die<br />

Energiekonzerne in immer tiefere rote Zahlen.<br />

Um aber die Konzerne nicht in den Konkurs<br />

gehen zu lassen, erhöht die Bundesregierung die direkten<br />

Subventionen für Kohlekraftwerke und nimmt<br />

gleichzeitig den Bürgerinitiativen die Investitionsgrundlagen<br />

in erneuerbare Energien. So sind die jährlichen<br />

Neugründungen von Energiegenossenschaften<br />

drastisch eingebrochen, von 167 im Jahre 2011 auf 40<br />

in 2015. Ursache ist neben anderen politischen Gesetzesänderungen<br />

insbesondere der Wechsel von Einspeisevergütungen<br />

zum Ausschreibungsmodell.<br />

Als Gründe für den Politikwechsel und den damit<br />

verbundenen drohenden Niedergang der Investitionen<br />

in erneuerbare Energien werden Kostenargumente<br />

genannt und der angeblich fehlende Ausbau der<br />

Netzinfrastruktur.<br />

Dabei stimmen diese Argumente schlicht nicht.<br />

Der Netzbetreiber »50 Hertz« hat verlauten lassen,<br />

dass bis 80 Prozent Ökostromanteil die existierenden<br />

deutschen Netze diesen gut aufnehmen können. Mit<br />

aktuell 33 Prozent sind die erneuerbaren Energien<br />

weit davon entfernt.<br />

Die Erneuerbaren und der Strompreis<br />

Und die Kosten? Es stimmt, dass der Strompreis<br />

für Haushaltskunden in den letzten Jahren erheblich<br />

gestiegen ist. Verschwiegen wird aber häufig, dass der<br />

gesamte, über alle Stromkunden gemittelte Strompreis<br />

in Deutschland in den letzten Jahren sogar gesunken<br />

ist, und an der Universität Erlangen-Nürnberg haben<br />

Forscher längst nachgewiesen, dass ohne den Ausbau<br />

der Erneuerbare Energien in Deutschland die Strompreise<br />

sogar deutlich höher liegen würden. Insbesondere<br />

der wegen des Ökostromausbaues seit dem Abschalten<br />

vieler Atomkraftwerke im Jahre 2011 stark<br />

gesunkene Börsenstrompreis belegt, dass die Behauptung,<br />

die erneuerbaren Energien würden in Deutschland<br />

die Energiepreise nach oben treiben, lediglich<br />

Propaganda einer erfolgreich geführten Kampagne der<br />

alten Energiewirtschaft ist.<br />

Es ist tragisch, aber wahr: Deutschland hat im<br />

letzten Jahrzehnt den entscheidenden Anstoß für den<br />

großen Erfolg im Ausbau der erneuerbaren Energien<br />

weltweit gegeben. Nun aber wird – seit dem Regierungswechsel<br />

im Jahre 2005 auf Kanzlerin Merkel –<br />

Stück für Stück die Fortführung dieses Erfolges massiv<br />

politisch behindert.<br />

Uruguay überholt Deutschland<br />

Andere Länder betreiben längst eine wesentlich<br />

offensivere Politik für die erneuerbaren Energien mit<br />

12 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Biogas wird in Strom umgewandelt<br />

ungeahnten Erfolgen. So sind Nicaragua, Costa Rica,<br />

Uruguay und andere kurz vor der Zielerreichung, die<br />

Stromversorgung zu 100 Prozent aus erneuerbaren<br />

Energien zu schaffen. China, Marokko, die USA und<br />

Indien haben wesentlich stärkere Ausbaugeschwindigkeiten<br />

bei erneuerbaren Energien als Deutschland<br />

und die EU. Auf der Klimakonferenz 2016 in Marrakesch<br />

haben 48 Staaten beschlossen, ihre gesamte<br />

Energieversorgung zwischen 2030 und spätestens<br />

2050 auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen.<br />

In der aktuellen deutschen Regierung gibt es<br />

über solche Ziele nicht einmal eine Diskussion.<br />

Deutschland hat die im Jahre 2000 erfolgreich gestartete<br />

Energiewende mit dem Niedergang der bürgerlichen<br />

dezentralen Investitionen bereits stark gebremst.<br />

Dies ist das wahre Bild der deutschen Energiewende<br />

– auch, wenn Regierungspolitiker auf dem<br />

»Energy Transition Dialogue« versuchten, ein anderes<br />

Bild zu zeichnen.<br />

Den erschwerten Bedingungen zum Trotz<br />

Die weiterhin hohe Akzeptanz der deutschen Bevölkerung<br />

von erneuerbare Energien ist eine solide<br />

Grundlage, die dabei helfen kann, das Bild der Energiewende<br />

umzukehren. Viele dieser Akteure sind trotz erschwerter<br />

politischer Bedingungen weiterhin sehr engagiert.<br />

Um wieder an die früheren Erfolge anknüpfen<br />

zu können, sollten die Gesetzgebungsfehler aus der Vergangenheit<br />

korrigiert werden. Konkret sollte dies beinhalten,<br />

dass Energiegemeinschaften von Ausschreibungen<br />

bis 18 MW für den Solar-, Wind- und Bioenergiesektor<br />

ausgenommen sind. Zudem sollte eine zusätzliche<br />

Vergütung eingeführt werden, die kombinierte Investitionen<br />

in erneuerbare Energiequellen und Speichereinrichtungen<br />

fördern würde, die den Strom viertelstündlich<br />

während des ganzen Jahres abdecken. Damit<br />

würde die Netzintegration ohne Kern- oder Kohlekraft<br />

schnell ermöglicht werden und sich der Ausbau<br />

von e rneuerbaren Energien wieder beschleunigen.<br />

Fotos: Büro H.-J. Fell, EDITION ALLGÄU<br />

Freiflächen-Solaranlagen ergänzen<br />

den Strommix<br />

in Deutschland<br />

Der Autor Hans-Josef Fell<br />

Von 1998 bis zur Bundestagswahl 2013 war Fell<br />

Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1998<br />

bis 2002 war er Forschungs politischer Sprecher<br />

der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen<br />

und Mitglied des Ausschusses für Bildung, For -<br />

schung und Technik folgenabschätzung. In den<br />

Jahren 2002 bis 2005 war er Sprecher für For -<br />

schung und Technologie der Bundes tags fraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen und Obmann des Aus -<br />

schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktor -<br />

sicherheit im Deutschen Bundes tag. Ab 2005 war<br />

er der energiepolitische Sprecher der<br />

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Des<br />

Weiteren war Hans-Josef Fell ab 1998 der<br />

Berichterstatter für seine Fraktion für<br />

Technikfolgenabschätzung (TAB) im des Deutschen<br />

Bundestag.<br />

Fells besonderes politisches Engagement gilt der<br />

vollständigen Umstellung der konven tionellen Energieerzeugung<br />

auf erneuerbare Energien sowie der<br />

Akzeptanz des Peak-Oil-Problems in Wirt schaft,<br />

Gesellschaft und Politik. Er ist neben dem SPD-<br />

Abgeordneten Hermann Scheer der »Vater« des<br />

Erneuer bare-Energien-Gesetzes (EEG). Außer dem<br />

ist er mitverantwortlich für gesetzliche<br />

Regelungen und politische Initiativen zur Förderung<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

13


Mobilität<br />

Autonomes Fahren<br />

Hochschule Kempten initiiert Runden Tisch<br />

Industrie und Hochschulen wollen ihre gemeinsamen Aktivitäten zum<br />

autonomen Fahren verstärken und haben sich daher zu technischen<br />

Schwerpunkten an einem Runden Tisch ausgetauscht. Auf Einladung<br />

der Hochschule Kempten kamen Ende April rund 40 internationale<br />

Experten aus Wissenschaft und Industrie zusammen. Unterstützt<br />

wurde die Veranstaltung durch die Avl List GmbH und die<br />

Cmore Automotive GmbH.<br />

Professor Dr. Stefan-<br />

Alexander Schneider<br />

Fotos: Hochschule Kempten<br />

Die automobile Fachwelt ist sich einig: Das<br />

autonome Fahren wird die Zukunft der Mobilität<br />

prägen und neue Chancen bieten.<br />

Dabei kristallisieren sich immer mehr konkrete technische<br />

Fragestellungen heraus, die im Zusammenhang<br />

mit den Nutzungsszenarien des Autonomen<br />

Fahrens zu betrachten sind. Die technologischen Herausforderungen<br />

werden nur dann erfolgreich überwunden<br />

werden können, wenn die Anwendung von<br />

einer breiten gesellschaftlichen Basis akzeptiert wird.<br />

Ziel des Technischen Runden Tisches ist es daher,<br />

diese Fragestellungen aufzugreifen und Lösungen zu<br />

entwickeln.<br />

Anregungen und Austausch<br />

Während des zweitätigen Auftakttreffens im<br />

Hochschulzentrum Vöhlinschloss in Illertissen diskutierten<br />

die Teilnehmer in verschiedenen Workshops<br />

zu Sensoren, Halbleitern, Daten- und Teststrategien<br />

sowie Verkehrstechnik und sich daraus ableitenden<br />

Geschäftsmodellen. Im Mittelpunkt des Austausches<br />

standen Fragen wie etwa: Welche Teststrategien für<br />

derzeitige und zukünftig eingesetzte Fahrerassistenzsysteme<br />

und Highly Automated Driving (hochautomatisiertes<br />

Fahren) auf der Straße sind zielführend?<br />

Wie kommen Infrastrukturdaten aus Verkehrsleit -<br />

Avl List GmbH<br />

Ist das weltweit größte un ab -<br />

hängige Unternehmen für die<br />

Entwicklung, Simu lation und<br />

das Testen von Antriebs sys -<br />

temen (Hybrid, Verbrennungs -<br />

motoren, Getriebe, Elektro -<br />

motoren, Batterien und Soft -<br />

ware) für Pkw, Nutzfahr zeuge<br />

und Großmotoren.<br />

Cmore Automotive<br />

GmbH<br />

Ist Entwicklungspartner und<br />

Berater für zukünftige Mobili -<br />

tät weltweit und bietet um -<br />

fassende Engineering-Lösun -<br />

gen für ADAS, Autonomes<br />

Fahren und Elektromobilität –<br />

vom Systementwurf über<br />

Soft wareentwicklung bis hin<br />

zur finalen Validierung.<br />

14<br />

Bot für den Runden Tisch<br />

einen würdigen Rahmen:<br />

das Hochschulzentrum<br />

Vöhlinschloss in Illertissen


Fahrerassistenzsysteme an<br />

der Hochschule Kempten<br />

Als Reaktion auf den großen Fachkräfte -<br />

bedarf wurde im Som mersemester 2014<br />

der Studiengang Fahrerassistenz systeme<br />

eingerichtet. Intensive Wirtschafts ko -<br />

operationen sorgen für eine anwendungs -<br />

orientierte Ausbildung. Das im Aufbau be -<br />

fin dliche Living Lab ADAS der Hochschule<br />

holt die Zukunft ins Labor, damit Studierende<br />

und Wissenschaft ler sowie Partner<br />

aus Wirtschaft und Gesell schaft neue<br />

Kon zepte entwickeln und zur Serienreife<br />

führen können. Die moderne tech nische<br />

Aus stat tung wird es ermöglichen, neue<br />

Methoden und Entwick lungen in soge -<br />

nannten real-live-Szenarien zu erproben –<br />

also exakt in jenem Umfeld, in dem sie<br />

auch später eingesetzt werden.<br />

Gespannte Aufmerksamkeit<br />

beim Runden Tisch<br />

systemen in das Fahrzeug und Fahrzeuginformationen<br />

zu den Verkehrsleitsystemen?<br />

Neben den Workshops sorgten interessante Vorträge<br />

für anregende Gedankenimpulse. Die Firmen<br />

Continental A.D.C. aus Lindau und 3D Mapping Solutions<br />

GmbH aus Holzkirchen demonstrierten eindrucksvoll<br />

den Stand der Technik zur Virtualisierung<br />

von realen Strecken und der damit möglichen Simulation<br />

am Beispiel des Autobahnkreuzes Memmingen.<br />

Simon Steuer, Klimaschutzbeauftragter für den Landkreis<br />

Oberallgäu, rundete die Präsentationen mit der<br />

projektierten Maßnahme ZuMoBe, der Zukunft der<br />

Mobilität in Bergtälern, ab. Hier soll untersucht werden,<br />

ob und gegebenenfalls wie autonome elektrische<br />

Busse zum sanften Tourismus beitragen können.<br />

Nächster Halt: Japan<br />

Der Initiator des Technischen Runden Tisches,<br />

Professor Dr. Stefan-Alexander Schneider von der Fakultät<br />

Elektrotechnik der Hochschule Kempte,n zeigte<br />

sich hochzufrieden mit den Ergebnissen des ersten<br />

Technischen Runden Tisches. »Wir können das autonome<br />

Fahren nur aus der Mitte der Gesellschaft hervorbringen.<br />

Der Technische Runde Tisch ist eine wertvolle<br />

Plattform, um sich über die Technologien und<br />

deren Akzeptanz zu verständigen.« Der nächste Runde<br />

Tisch fand bereits am 8. und 9. Juni <strong>2017</strong> in Japan im<br />

Yagotoyama Koshoji Tempel bei Nagoya statt. Die dritte<br />

Veranstaltung ROAD ist für 2018 in Mississippi,<br />

USA, geplant.<br />

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<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

15


E-Mobilität<br />

E-Autos intelligent laden<br />

P+R-Platz mit Energietankstelle<br />

Der zweijährige Feldtest im Forschungsprojekt ePlanB in Buchloe ist abgeschlossen.<br />

Pendler nutzten regional erzeugten Strom zum Laden von E-Mobilen auf dem<br />

Park-and-Ride-Platz. Die intelligente Ladesteuerung hat sich bewährt, denn geladen<br />

wurde nur, wenn ausreichend regional erzeugter Strom zur Verfügung stand.<br />

Trotzdem kamen alle Elektrofahrzeuge immer an.<br />

Viel Prominenz bei der<br />

Abschluss-Feier in Buchloe<br />

Der zweijährige Feldtest im Forschungsprojekt<br />

ePlanB in Buchloe ist abgeschlossen. In den<br />

letzten beiden Phasen wurde das gesteuerte<br />

Laden von Elektroautos intensiv getestet und optimiert.<br />

Ziel war es, die Elektrofahrzeuge vorrangig mit<br />

regenerativer Energie aus regionalen Quellen zu laden.<br />

Die kam in erster Linie aus den Buchloer Photovoltaik-<br />

Anlagen rund um den Park-and-Ride-Platz am Bahnhof.<br />

Der regional erzeugte Strom sollte damit optimal<br />

vor Ort genutzt werden. Dadurch kann das Verteilnetz<br />

entlastet und die Netzinfrastruktur effizienter betrieben<br />

werden. Dank der intelligenten Steuerung konnten<br />

zum Laden der Fahrzeuge 40 Prozent mehr regenerativ<br />

erzeugter Strom aus der Region Buchloe genutzt werden<br />

als bei ungesteuerten Ladevorgängen. Zudem wurden<br />

Leistungsspitzen im Stromnetz, die durch das<br />

zeitgleiche Laden von vielen Elektrofahrzeugen verursacht<br />

werden, vermieden.<br />

20.000 Liter Sprit eingespart<br />

Insgesamt wurden zum Laden der Fahrzeuge<br />

mehr als 62.000 Kilowattstunden regenerativ erzeugter<br />

Strom genutzt. Dadurch wurden rund 20.000 Liter<br />

Benzin eingespart. Nebeneffekt: Der CO2-Ausstoß<br />

wurde um rund 50 Tonnen reduziert.<br />

»Elektromobilität leistet einen wichtigen Beitrag<br />

zum Klimaschutz und zur Luftqualität und ist somit eine<br />

Frage der ökologischen Vernunft. Wir wollen Bayern<br />

zum Vorreiter der Elektromobilität machen«, sagt Bayerns<br />

Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer.<br />

»Das Projekt ePlanB hat wertvolle Erkenntnisse geliefert<br />

und die Innovationskraft der Region unter Beweis gestellt.<br />

Wir waren von Anfang an von diesem Forschungsvorhaben<br />

überzeugt und haben es deshalb gefördert.«<br />

Kurze Wege für den Ladestrom<br />

Das auf drei Jahre angelegte Forschungsvorhaben<br />

hat sein Hauptziel erreicht: Gemeinsam mit den Projektpartnern<br />

haben die Lechwerke (LEW) ein intelligentes<br />

Lademanagement entwickelt, das die Batterien<br />

von geparkten Elektroautos dann auflädt, wenn die heimischen<br />

PV-Anlagen viel Strom in das Netz einspeisen.<br />

»Die Energiezukunft ist elektrisch – das gilt auch<br />

für den Wärme- und Verkehrssektor. Nur so wird uns<br />

der Umbau des Energiesystems langfristig gelingen.<br />

Unser Forschungsprojekt ePlanB zeigt eindrucksvoll,<br />

wie die Verbindung zwischen diesen Sektoren gelingen<br />

kann«, sagt LEW-Vorstandsmitglied Norbert Schürmann.<br />

»Elektromobilität ist die Technologie, die die<br />

Energiewende auf die Straße bringt, und wir sind stolz,<br />

dass wir die Menschen dafür begeistern konnten.«<br />

»Das Projekt liefert uns auch wichtige Erkenntnisse<br />

zu einem bedarfsgerechten Ausbau der Ladeinfrastruktur,<br />

sowohl an Park-and-Ride-Plätzen als auch<br />

für vergleichbare Anlagen wie Tiefgaragen von Wohneinheiten<br />

oder für Fahrzeugflotten in Betrieben«, sagt<br />

die Ostallgäuer Landrätin Maria Rita Zinnecker. Im<br />

ausführlichen Abschlussbericht zum Projekt ePlanB<br />

werden auch Fragen zur Art der benötigten Ladeinfrastruktur<br />

und zu Bezahlmodellen analysiert.<br />

Denksportaufgaben für Mobilhersteller<br />

»Das Projekt hat gezeigt, dass das gesteuerte Laden<br />

von Elektrofahrzeugen bereits mit Stand der heutigen<br />

Technik möglich ist. Für eine großflächige Umsetzung<br />

bestehen jedoch noch gewisse Hürden«, erklärt Professor<br />

Dr.-Ing. Wolfgang Mauch von der Forschungsstelle<br />

für Energiewirtschaft (FfE). »Beispielsweise haben die<br />

Teilnehmer bei ePlanB den aktuellen Ladezustand der<br />

Batterie manuell über ein Online-Portal eingegeben.<br />

Will man das intelligente Lademanagement großflächig<br />

einführen, müssten diese Daten automatisch vom Fahr-<br />

16<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Fotos: Lechwerke<br />

Der Feldtest ist<br />

beendet, die Ladesäulen<br />

bleiben stehen<br />

zeug zur Ladesäule übertragen werden. Hier sind die<br />

Fahrzeughersteller gefragt.« Außerdem sei bisher bei einigen<br />

Elektrofahrzeugmodellen keine Ladeunterbrechung<br />

möglich, sodass die intelligente Steuerung heute<br />

noch nicht für alle Fahrzeuge zugänglich wäre.<br />

Hohe »Ladespitzen« wurden geglättet<br />

Die vier Feldtestphasen hatten jeweils unterschiedliche<br />

Forschungsschwerpunkte. Zu Beginn wurden<br />

die Elektroautos ungesteuert geladen, das heißt,<br />

der Ladevorgang startete, sobald die Teilnehmer das<br />

Auto an die Ladesäule angeschlossen hatten. Beim gesteuerten<br />

Laden, das mit der zweiten Feldtestphase im<br />

September 2015 startete, gaben die Pendler über ein<br />

Online-Portal oder ein zentrales Eingabeterminal bei<br />

der Ankunft am Parkplatz Daten zum Ladezustand der<br />

Batterie und dem geplanten Abfahrtszeitpunkt ein. Die<br />

intelligente Ladesteuerung erstellte für jedes Fahrzeug<br />

einen Ladeplan, sobald das Fahrzeug an die Ladesäule<br />

gesteckt wurde. Dieser errechnete sich aus den Prognosen<br />

der PV-Erzeugung und den Eingaben des Pendlers<br />

zum Ladezustand und Abfahrtszeitpunkt.<br />

Der Ladevorgang ließ sich somit in Zeiten verschieben,<br />

in denen heimische Photovoltaik-Anlagen<br />

besonders viel Strom erzeugten. So konnte deutlich<br />

mehr regional erzeugter Strom für das Laden genutzt<br />

werden: Während beim ungesteuerten Laden teilweise<br />

nur 40 Prozent des Ladestroms aus Photovoltaik-Anlagen<br />

der Region stammten, waren es mit Lade mana -<br />

ge ment system bis zu 69 Prozent. Wären alle Fahrzeuge<br />

steuerbar, läge dieser Anteil sogar bei über 80 Prozent.<br />

Außerdem konnten die Lastspitzen, die beim ungesteuerten<br />

Laden in den Morgenstunden lagen, geglättet<br />

und im Mittel um 43 Prozent reduziert werden.<br />

Anreiz zum Kauf eigener E-Mobile<br />

Inzwischen haben die letzten 14 Projektteilnehmer<br />

die Elektrofahrzeuge, die ihnen im Rahmen des<br />

Feldversuchs zur Verfügung gestellt wurden, wieder<br />

abgegeben. Insgesamt 56 Pendler hatten für jeweils<br />

sechs Monate ein Elektrofahrzeug erhalten, um damit<br />

zum Park-and-Ride-Platz am Bahnhof in Buchloe zu<br />

pendeln. Die Befragungen zeigen: Die Projektteilnehmer<br />

sind vom elektrischen Fahren begeistert, und viele<br />

von ihnen überlegen inzwischen, sich selbst ein Elektroauto<br />

anzuschaffen. Pendler stärker für das Thema<br />

Elektromobilität zu sensibilisieren – auch das war ein<br />

Ziel des Projektes, das voll erfüllt wurde. Die Erwartungen<br />

wurden sogar übertroffen, denn zusätzlich zu<br />

den Testfahrern konnten weit über 200 Personen aus<br />

dem Umfeld der Projektteilnehmer erste Erfahrungen<br />

mit dem leisen und emissionsfreien Fahren sammeln.<br />

ePlanB wirkt also weit über den Kreis der unmittelbaren<br />

Teilnehmer hinaus. Die Gesamtfahrleistung der<br />

Fahrzeuge seit Beginn des Feldtests liegt bei rund<br />

400.000 Kilometern.<br />

Buchloe will die Ladesäulen behalten<br />

»Bei den Ladepunkten handelt es sich um eine<br />

wichtige Infrastruktur. Deshalb sollen die 16 Ladepunkte<br />

am Park-and-Ride-Platz am Bahnhof Buchloe<br />

möglichst bestehen bleiben. Sie können zunächst als<br />

öffentliche Ladesäulen von allen Fahrern von Elektrofahrzeugen<br />

genutzt werden«, sagt Manfred Beck, Dritter<br />

Bürgermeister der Stadt Buchloe. Die kommunalen<br />

Projektpartner haben großes Interesse am Erhalt der<br />

Ladeinfrastruktur. »Wir als Landkreis möchten in Zukunft<br />

mehr Elektrofahrzeuge in unsere kommunale<br />

Fahrzeugflotte aufnehmen«, sagt Zinnecker.<br />

Das Projekt ePlanB wurde vom Landkreis<br />

Ostallgäu, der Stadt Buchloe, der Lechwerke AG<br />

(LEW), der LEW Verteilnetz GmbH (LVN) und der<br />

Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) durchgeführt<br />

und vom bayerischen Wirtschaftsministerium<br />

gefördert.<br />

Weitere Informationen unter www.eplanb.de<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

17


E-Mobilität<br />

Abt setzt auf neue Technologie<br />

eMobility Engineering gegründet<br />

Auch, wenn konventionelle Antriebe noch lange die Mehrheit aller Autos<br />

bewegen werden, halten nicht wenige das leise Summen eines Elektromotors<br />

für das Geräusch der Mobilität von morgen. Maßnahmen wie die Befreiung<br />

von der Kfz-Steuer und die staatliche Kaufprämie stützen diese<br />

Ansicht. Bei Abt Sportsline in Kempten beobachtet man den Markt genau<br />

und stellt sich auf zukünftige Entwicklungen ein.<br />

Einbau eines kompletten<br />

Elektromotors in der Abt-<br />

Werkstatt in Kempten<br />

Das Potenzial der E-Mobilität hat auch Fahrzeugveredler<br />

Abt Sportsline erkannt, der<br />

sein Know-how aus dem Tuningbereich seit<br />

mittlerweile sieben Jahren in die Entwicklung von<br />

elektrischen Nutzfahrzeugen wie den ABT eCaddy<br />

oder den neuen ABT eCab auf Basis des VW T6 einfließen<br />

lässt. Jetzt wurde die Abteilung Abt eMobility<br />

Engineering gegründet, die Entwicklungsdienstleistungen<br />

auch für Dritte anbietet. Natürlich sieht man<br />

auch bei Abt in Kempten, dass der Durchbruch für<br />

die E-Mobile in Deutschland noch nicht in Sicht ist –<br />

wie z.B. die Bachelor-Arbeit von Valerie Bernhard an<br />

der Hochschule Biberach aufzeigt. Man hat aber auch<br />

in der langjährigen Entwicklungsarbeit festgestellt,<br />

dass es notwendig ist, am Ball zu bleiben, denn der<br />

Umstieg von fossilen Antriebssystemen auf die E-Mobilität<br />

wird kommen. Nur das »Wann« ist noch nicht<br />

klar.


Fotos: Abt Sportsline<br />

Lange, bevor die praktische Montage beginnt, sind Ingenieure bei Abt mit<br />

der Planung der Komponenten am Rechner beschäftigt<br />

Montage eines E-Motors in ein Transport-<br />

Fahrzeug auf Basis des VW T6<br />

Veredler bietet sich als Partner an<br />

»Als Veredler beschäftigen wir uns mittlerweile so<br />

intensiv mit kompletten Fahrzeugarchitekturen, dass ein<br />

Technologietransfer in andere Segmente nur eine Frage<br />

der Zeit war, und alternative Antriebe finde ich persönlich<br />

höchst spannend, wie auch unsere jüngere Geschichte<br />

zeigt. Mittlerweile haben wir durch unsere Projekte<br />

eCaddy, eCab und die Entwicklung in der Formel-<br />

E so viele Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt,<br />

dass wir unser Know-how auch extern anbieten möchten,<br />

um die Idee der elektrischen Mobilität zu unterstützen«,<br />

so Geschäftsführer Hans-Jürgen Abt. Das Spektrum<br />

reicht dabei von der Entwicklung und Programmierung<br />

von Steuergeräten über Lithium-Batterien und<br />

komplette Antriebsstränge bis hin zum Bau von fahrfertigen<br />

Prototypen. Soll es etwas ganz Besonderes sein, besteht<br />

auch die Möglichkeit, Spezialfahrzeuge anzufertigen<br />

und Kleinserien zu produzieren. »Wir setzen mit<br />

dem Bereich Abt eMobility Engineering auf eine zukunftsträchtige<br />

Sparte«, sagt Hans-Jürgen Abt.<br />

Dank der langjährigen Erfahrung bei der Programmierung<br />

von AEC (ABT Engine Control)-Steuergeräten<br />

für die Leistungssteigerung kann Abt Sportsline<br />

Software und Elektronik ganz nach den Wünschen des<br />

Kunden entwickeln. Dabei werden die für Elektrofahrzeuge<br />

eAEC genannten Motorsteuerungen komplett<br />

mit hauseigenem Know-how konstruiert. Auch die<br />

Komponentenherstellung sowohl für Hoch- als auch für<br />

Niedervoltbatterien ist Bestandteil des Abt-Leistungsspektrums.<br />

Um eine außergewöhnliche Akkukapazität<br />

zu erzielen und hohe Reichweiten zu garantieren, können<br />

auch parallel geschaltete Batteriesysteme aufgebaut<br />

werden. Neben den zahlreichen elektrischen Bauteilen<br />

müssen natürlich auch die mechanischen Teile mit<br />

größtmöglicher Sorgfalt gefertigt werden.<br />

Jahrelange Erfahrung setzt sich durch<br />

»Wir sind der perfekte Partner für den Mittelstand«,<br />

so Hans-Jürgen Abt, »weil wir jahrelange Erfahrung<br />

in der Entwicklung von Komponenten und<br />

kompletten Antriebssträngen von reinen Elektro- und<br />

Hybridfahrzeugen haben.« Bereits im Jahre 2009 begann<br />

Abt Sportsline mit der Konstruktion eines elektrisierten<br />

VW Caddy. Bis heute hat die Flotte aus 40<br />

rein elektrischen Nutzfahrzeugen insgesamt mehr als<br />

eine Million Kilometer deutschlandweit zurückgelegt<br />

und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit bei<br />

ihren Fahrern.<br />

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19


E-Mobil<br />

Dichteres Ladenetz im Allgäu<br />

AÜW investiert eine Dreiviertelmillion<br />

Die Elektromobilität erfährt mit der Förderung der Bundesregierung neuen Schwung.<br />

Seit Sommer 2016 wird die Anschaffung eines Elektrofahrzeuges finanziell unterstützt.<br />

Im März <strong>2017</strong> trat das neue Förderprogramm für den Ausbau der Ladeinfrastruktur in<br />

Kraft. In den kommenden zwei Jahren werden allein in Kempten und dem Oberallgäu<br />

rund 750.000 Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert.<br />

Rund eine Dreiviertelmillion Euro<br />

will das Allgäuer Überland werk<br />

mit seinen Partnern im<br />

Oberallgäu in weitere<br />

Ladesäulen investieren<br />

Foto: Archiv EDITION ALLGÄU<br />

Bereits seit 2009 engagiert sich das Allgäuer<br />

Überlandwerk (AÜW), gemeinsam mit den<br />

AllgäuStrom-Partnern und Akteuren wie der<br />

Hochschule Kempten im Bereich der Elektromobilität.<br />

»In den Anfängen haben wir noch aus normalen Fahrzeugen<br />

die Verbrennungsmotoren ausgebaut, durch<br />

einen elektrischen Antrieb ersetzt und damit die ersten<br />

Fahrzeuge und Eigenschaften getestet. Heute, nur<br />

acht Jahre später, hat jeder namhafte Automobilhersteller<br />

mindestens ein E-Fahrzeug im Angebot«, erinnert<br />

sich Michael Lucke, Geschäftsführer AÜW.<br />

Ladesäulen im Allgäu noch rar<br />

Eine technologische Entwicklung, die noch immer<br />

am Anfang steht und sehr rasant fortschreitet. So<br />

haben sich die Reichweiten von rund 80 auf bis zu 500<br />

Kilometer verfünffacht, und die Fahrzeuge wurden<br />

mit den Jahren sehr zuverlässig. »Die größte Herausforderung<br />

besteht jetzt im Ausbau der Ladeinfrastruktur.«,<br />

betont Lucke. »In anderen europäischen Ländern<br />

wurde seitens der Politik bereits vor Jahren der<br />

Ausbau der Ladesäulen forciert. In diesen Ländern ist<br />

die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge im Vergleich<br />

deutlich höher als bei uns in Deutschland. Das ist das<br />

Prinzip Henne – Ei: Wenn die Menschen unterwegs<br />

Schwierigkeiten haben, das Fahrzeug zu laden, entsteht<br />

eine gewisse Unsicherheit, das ist nachvollziehbar.«<br />

Aus diesem Grund haben die Allgäuer Energieversorger<br />

bereits vor vielen Jahren begonnen, eine<br />

Ladeinfrastruktur aufzubauen. Schon heute betreiben<br />

AÜW und die AllgäuStrom-Partner im Oberallgäu<br />

und in Kempten 16 Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten.<br />

Das Angebot verdoppeln<br />

In den kommenden zwei bis drei Jahren wird das<br />

Angebot an Ladepunkten im Allgäu nahezu verdoppelt.<br />

Im Rahmen der Förderung der deutschen Bundesregierung<br />

haben AÜW und die AllgäuStrom-Partner<br />

insgesamt 20 neue öffentliche Ladesäulen beantragt<br />

und bewilligt bekommen. Hinzu kommen vier<br />

sogenannte Schnellladestationen im Umfeld der Autobahn<br />

A7 sowie der Bundesstraßen B12 und B19, an<br />

denen moderne Elektrofahrzeuge in rund 45 bis 60<br />

Minuten wieder aufgeladen werden können.<br />

Die Standorte verteilen sich gleichmäßig im<br />

Oberallgäu und in der Stadt Kempten. Insgesamt werden<br />

somit in den kommenden zwei Jahren rund<br />

750.000 Euro in den Ausbau investiert. 40 Prozent dieser<br />

Kosten werden über das Förderprogramm der<br />

Bundesregierung bezuschusst. Neben AÜW und den<br />

AllgäuStrom-Partnern beteiligen sich auch die Gemeinden<br />

und Firmen, bei denen eine neue Ladesäule<br />

entsteht, an den Ausbaukosten.<br />

Produkte und Dienstleistungen<br />

Neben der Ladeinfrastruktur verstehen sich<br />

AÜW und die AllgäuStrom-Partner als Vordenker<br />

und Berater im Bereich der Elektromobilität. Privatkunden<br />

erhalten mit der AllgäuStrom-Heimladebox<br />

eine sichere Lademöglichkeit für zu hause, auf<br />

Wunsch sogar intelligent mit der eigenen PV-Anlage<br />

und dem Batteriespeicher verknüpft. Und die Ladekarte<br />

AllgäuStrom Mobil ermöglicht unterwegs den<br />

unkomplizierten Zugang zu über 650 Ladestationen<br />

in ganz Deutschland.<br />

»Für Hotels, Gewerbe- und Industriekunden arbeiten<br />

wir derzeit an Lösungen für den Aufbau von<br />

Ladeinfrastruktur unter Berücksichtigung eines intelligenten<br />

Lade- und Lastmanagements. Über ein Energiemanagement-System<br />

wird den Ladesäulen mitgeteilt,<br />

welches Auto zu welcher Zeit und für welche<br />

Strecke benötigt wird. So können mehrere Fahrzeuge<br />

gleichzeitig geladen werden, ohne die Leistung dras -<br />

tisch zu erhöhen. Zusätzlich bieten wir auch die Wartung<br />

und den Service der Ladesäulen als Dienstleis -<br />

tung an und kümmern uns auf Wunsch um die komplette<br />

Abrechnung mit dem Kunden oder Mitarbeiter«,<br />

gibt Stefan Nitschke, Leiter Marketing, Vertrieb<br />

und Produktmanagement von AÜW, einen Ausblick<br />

auf die kommenden Monate.<br />

20<br />

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die Ergebnisse aus den beiden gemeinsamen Smart-Grid-Forschungsprojekten<br />

IRENE und IREN2 in Wildpoldsried kommerziell umzusetzen.<br />

Das Energiedorf Wildpoldsried<br />

wird nicht ohne Grund so ge -<br />

nannt – die Menge der<br />

Stromerzeugung aus<br />

erneuerbaren Energie quellen ist<br />

fünfmal höher als der<br />

Eigenbedarf des Dorfes<br />

Das Steuerungssystem im Blick:<br />

Teammitglieder des IREN2-<br />

Pro jektes an der Workstation<br />

im Office-Container in<br />

Wildpoldsried<br />

Fotos: HL-STUDIOS<br />

Das Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture)<br />

wird innovative Beratungsangebote für<br />

Verteilnetzbetreiber anbieten sowie bestehende<br />

Angebote kontinuierlich weiterentwickeln. Bei<br />

den Beratungsleistungen stehen »Intelligenz statt Kupfer«-Lösungen<br />

für den smarten Netzausbau im Mittelpunkt.<br />

Die wesentlichen Handlungsfelder werden<br />

die Einbindung großer Leistungen aus dezentralen Erzeugungsanlagen<br />

sowie die intelligente Steuerung des<br />

Verteilnetzes sein.<br />

»Die Ergebnisse der beiden Forschungsprojekte<br />

IRENE und IREN2 haben unsere Erwartungen weit<br />

übertroffen. Das freut mich sehr und ist ein idealer<br />

Startpunkt für das neue Joint Venture. Andere Netzbetreiber<br />

werden jetzt von unseren Lösungen zur dezentralen<br />

Einspeisung und Speicherung profitieren<br />

können. Aus der Praxis und für die Praxis. So fördern<br />

wir gemeinsam mit dem Allgäuer Überlandwerk aktiv<br />

die Energiewende«, sagte Michael Schneider, Leiter<br />

des Geschäftssegments Power Technology International<br />

(PTI) in der Siemens-Division Energy Management.<br />

22<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Michael Lucke, Geschäftsführer der Allgäuer<br />

Überlandwerk GmbH, äußerte sich ebenfalls zu der<br />

erneuten Zusammenarbeit. »Die Ergebnisse aus Wildpoldsried<br />

und weiteren Kunden von egrid haben gezeigt,<br />

dass das Stromnetz wesentlich größere Reserven<br />

hat als gedacht. Diese Erkenntnis und das Wissen darüber,<br />

warum das so ist, bilden die Grundlage für unser<br />

Gemeinschaftsunternehmen mit Siemens.«<br />

Bernhard Rindt, Geschäftsführer der egrid applications<br />

& consulting GmbH, zeigt sich schon jetzt<br />

hoch erfreut über das Gemeinschaftsunternehmen:<br />

»Die egrid entwickelte sich schon im ersten Geschäftsjahr<br />

sehr positiv. Zu unseren Kunden gehören Stadtwerke,<br />

Kommunen und Industriekunden, die von unseren<br />

Erfahrungen aus den Projekten IRENE und<br />

IREN2 profitiert haben. Mit Siemens als Partner werden<br />

wir in der Lage sein, dies noch weiter auszubauen<br />

und neue gemeinsame Lösungen für das Netz der Zukunft<br />

anzubieten.«<br />

Anzeigen<br />

Hier wird Zukunft gemacht<br />

In Wildpoldsried, dem Ort der beiden Forschungsprojekte,<br />

ist die Menge der Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren Energiequellen fünfmal höher als<br />

der Eigenbedarf des Dorfes. Während der Laufzeit des<br />

ersten Projektes IRENE (Integration regenerativer<br />

Energien und Elektromobilität) von Mitte 2011 bis<br />

Ende 2013 schufen Siemens und AÜW zusammen mit<br />

Partnern aus Industrie und Wissenschaft daher in der<br />

Allgäuer Gemeinde ein Smart Grid – ein intelligentes<br />

Stromnetz –, um Stromerzeugung und -verbrauch<br />

auszubalancieren und so das Netz stabil zu halten.<br />

Dies schuf die wesentlichen Voraussetzungen für<br />

das von 2014 bis <strong>2017</strong> laufende neue Forschungsprojekt<br />

IREN2 (Zukunftsfähige Netze für die Integration<br />

Regenerativer Energiesysteme). Im Rahmen dieses<br />

Projektes wurde der optimale Betrieb von autarken Inselnetzen<br />

und topologischen Kraftwerken wissenschaftlich<br />

untersucht und praktisch erprobt. Untersucht<br />

werden neuartige Netzstrukturen und deren Betriebsführung<br />

nach technischen und wirtschaftlichen<br />

Kriterien mit dem Ziel, herauszufinden, wie sich Energiesysteme<br />

mit verteilter Stromerzeugung und zusätzlichen<br />

Komponenten technisch und wirtschaftlich optimieren<br />

lassen.<br />

Damit bot Wildpoldsried die besten Voraussetzungen,<br />

theoretische Ergebnisse an einem realen intelligenten<br />

Energiesystem verifizieren zu können. So<br />

haben die beiden Forschungsprojekte im Allgäu nicht<br />

nur eine Basis für ein zukünftiges regeneratives Energiesystem<br />

im Spannungsfeld zwischen Regulierung<br />

und Markt geschaffen, sondern auch die Basis für das<br />

neue Gemeinschaftsunternehmen.<br />

Weitere Informationen zu dem Gemeinschaftsunternehmen<br />

unter www.egrid.de. Mehr zu den Forschungsprojekten<br />

IRENE und IREN2 unter www.projekt-irene.de<br />

und www.iren2.de<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

23


Vereinsportrait<br />

Rat und Tat für E-Mobilität<br />

Erfolgreiche Interessengemeinschaft<br />

Was bundesweit trotz Kaufprämie von 4000 Euro noch in den Kinderschuhen steckt, ist in<br />

Mindelheim schon auf einem guten Weg. Warum? Weil die Interessengemeinschaft zur<br />

Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu (IFEU) Werbung für E-Mobilität macht.<br />

Wir stellen diese Gemeinschaft und ihre Ziele vor.<br />

Rote Karte für Falschparker<br />

Abseits dieser publikumswirksamen<br />

Aktivitäten, die nicht zuletzt auf die Initiative<br />

der Interessengemeinschaft zur Förderung<br />

der Elektromobilität im Unterallgäu zurückzuführen<br />

sind, hat die IFEU kürzlich auch<br />

eine spannende Mitgliederaktion abge -<br />

schlos sen: Ein großes Ärgernis sind immer<br />

wieder die Falschparker mit Benzin- oder<br />

Dieselantrieb an den Ladesäulen für E-Fahrzeuge.<br />

Da es sowieso noch zu wenige<br />

Säulen für E-Autos gibt, sind solche Falsch -<br />

parker besonders ärgerlich. Die Interes -<br />

sen gemeinschaft hat deshalb ihre Mit -<br />

glieder aufgefordert, kreative Vorschläge<br />

für Hinweistäfelchen zu entwerfen, die<br />

diesen Blockierern an die Windschutzscheibe<br />

gepinnt werden können. Ein voller Erfolg!<br />

Inzwischen können die kreativsten Kärt -<br />

chen von der Homepage der IFEU<br />

heruntergeladen und verwendet werden,<br />

wo immer ein Benzinkutscher dem<br />

»Steckerpiloten« den Ladeplatz blockiert.<br />

Die Interessengemeinschaft (IFEU) ist noch<br />

sehr jung. Sie wurde 2015 gegründet, zählt<br />

aktuell aber schon über 125 Mitglieder. Sicher<br />

deshalb, weil die Mitgliedschaft kostenfrei ist –<br />

aber auch, weil Automobilisten, die sich elektrisch<br />

fortbewegen, sich gerne über ihre neuen Erfahrungen<br />

austauschen wollen. Lisa Steber und Thomas Scharpf<br />

stehen der Interessengemeinschaft vor, die in kurzer<br />

Zeit viele Veranstaltungen, Vorträge und Workshops<br />

auf die Beine gestellt hat. Die Ziele formulieren die<br />

beiden so: »Wir setzen uns aktiv und kostenlos für die<br />

bessere Akzeptanz von Elektrofahrzeugen und den<br />

Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur<br />

regional und überregional ein. Wir veranstalten Workshops<br />

und bieten Erfahrungsaustausch unter Elektromobilisten<br />

(Stammtisch) turnusmäßig etwa alle drei<br />

Monate an. Wir halten kostenlose Vorträge (theoretische<br />

Grundlagen) und stehen für praxisorientierte<br />

Vorführungen an E-Fahrzeugen zur Verfügung«.<br />

E-Mobil mit Information und Praxis<br />

Gerade die Vorträge richten sich an ein breites<br />

Publikum. Das sind vor allem Schulklassen und Gruppen<br />

mit jüngeren Teilnehmern. 2016 waren es 15 Vorträge<br />

an Schulen, zwei Termine für Feuerwehren, dreimal<br />

stand Erwachsenenbildung auf dem Programm,<br />

und ein Vortrag wurde von einer Berufsschule gebucht.<br />

Die Mitglieder der IFEU gehen dabei nicht nur auf die<br />

Theorie der E-Mobilität ein – sie stehen auch für praxisorientierte<br />

Vorführungen an E-Fahrzeugen zur Verfügung.<br />

Wer sich mit dem Kauf eines elektrisch angetriebenen<br />

Autos beschäftigt, kann sich Rat und Tat bei<br />

der Interessengemeinschaft holen. Entweder in Gruppenvorträgen<br />

oder im lockeren Austausch bei den regelmäßigen<br />

Stammtischen: »Wir beraten neutral und<br />

kostenlos. Vor- und Nachteile von Elektroautos, E-Bikes<br />

oder E-Fahrrädern sind unser Thema. Ganz praktisch<br />

stellen wir Informationen bereit, die weit über das<br />

hinausgehen, was zum Beispiel bei einem Verkaufsgespräch<br />

in einem Autohaus zu erfahren ist. Bei unseren<br />

Treffen kann man sogar probefahren«.<br />

Fahren, laden und diskutieren<br />

Aber nicht nur Kaufinteressenten, sondern auch<br />

Besitzer von E-Autos ziehen Vorteile aus der Mitgliedschaft:<br />

Sie erhalten auf Wunsch den Newsletter mit interessanten<br />

Neuigkeiten rund um das Thema Elektromobilität<br />

sowie Einladungen zu den Veranstaltungen.<br />

Fotos: Konrad Kleiner<br />

24<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Neugierige Blicke auf unterschiedliche Elektrofahrzeuge<br />

Mitbegründer der Interessengemeinschaft: Thomas Scharpf<br />

Beim Start der Tourenrunde<br />

Bei Schneetreiben im Cabrio – das erfordert Begeisterung<br />

Landrat Hans-Joachim Weirather schwingt die Zielfahne<br />

Los geht es auf die Strecke: 48 E-Mobile waren 2016 dabei<br />

Spannend war z.B. der Bericht über eine Testreihe von<br />

Graphen-Akkus nach über 3700 Ladezyklen, der Austausch<br />

über Probleme mit der Lebensdauer von Miet-<br />

Akkus bei Renault, und es gab einen Bericht PV-Manager<br />

im Frühjahr. Eher Abenteuer-Charakter hatte<br />

eine Tour zum Großglockner, entspannend dagegen<br />

war der gemeinsame Grillabend. Ganz praktisch geht<br />

es bei den Workshops zu. Fünfmal war bereits der Eigenbau<br />

einer Ladebox Thema. 41 Mitglieder haben an<br />

diesem spannenden Workshop teilgenommen. Weitere<br />

werden mit Sicherheit folgen.<br />

Gemeinsam auf Tour gehen<br />

Höhepunkt im Veranstaltungsjahr dürfte jedoch<br />

die E-Mobil-Tour sein. 2016 nahmen daran 48 E-Mobile<br />

und zwei E-Bike-Piloten teil. Auch dieses Jahr waren<br />

viele Interessierte Mitte Juni auf den Beinen, um<br />

beim Start und auf der Strecke dabei zu sein. Nicht zuletzt,<br />

weil inzwischen auch eine neue Messe die Tour<br />

ergänzt. Das Energie- und Umweltzentrum Allgäu<br />

(eza!) veranstaltete zusammen mit dem Landkreis Unterallgäu,<br />

der IFEU und der Stadt Mindelheim erstmals<br />

die Allgäuer Mobilitätstage (Bericht folgt in der<br />

nächsten Ausgabe) im Unterallgäu. Geboten wurde<br />

ein vielseitiges Programm mit Vorträgen zum Thema<br />

Mobilität und Testmöglichkeiten. So waren zum Beispiel<br />

Probefahrten mit Elektroautos und -rollern möglich.<br />

Zahlreiche Firmen und Interessengemeinschaften<br />

präsentierten ihre Dienstleistungen und Produkte,<br />

darunter Händler von Elektroautos und E-Bikes,<br />

Strom anbieter, Verkehrsunternehmen und Vereine zur<br />

Förderung der alternativen Mobilität.<br />

Info<br />

IFEU Interessengemeinschaft<br />

zur Förderung der Elektro -<br />

mobilität im Unterallgäu<br />

Lisa Steber,<br />

Pfarrer-Singer-Straße 5,<br />

87745 Eppishausen/Weiler,<br />

Tel. +49 (0)826686220-14<br />

Thomas Scharpf,<br />

Lindenweg 15,<br />

86871 Rammingen,<br />

Tel. +49 (0)82451089<br />

www.i-feu.de<br />

E-Mail: info@i-feu.de<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

25


Hochschule<br />

Reizt die Kaufprämie?<br />

E-Mobilität am Bodensee<br />

Eine aktuelle Studie zum Thema Elektromobilität in der Bodenseeregion hat<br />

Valerie Bernhard, Studentin der Energiewirtschaft an der Hochschule Biberach,<br />

als Bachelor-Arbeit vorgelegt. Die 26-Jährige wollte herausfinden, wie die<br />

Kaufprämie, die bei der Anschaffung von E-Autos gewährt wird, auf den<br />

Endverbraucher wirkt oder vielleicht auch nicht.<br />

Bachelor-Absolventin Valerie<br />

Bernhard im Gespräch mit<br />

Professorin Verena Rath, die sie<br />

bei ihrer Bachelor-Arbeit zum<br />

Thema Elektromobilität in der<br />

Bodenseeregion betreut hat<br />

Foto: HBC Biberach<br />

Nach langen Diskussionen hatte sich die Bundesregierung<br />

im Frühjahr vergangenen Jahres<br />

entschieden, für die Anschaffung von<br />

Elektrofahrzeugen staatliche Zuschüsse zu zahlen. Diesen<br />

sogenannten Umweltbonus kann der Verbraucher<br />

beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />

(BAFA) beantragen. Damit folgte Deutschland Erfolgsbeispielen<br />

aus den Niederladen oder Norwegen, berichtet<br />

Valerie Bernhard, wo die staatlich gewährte<br />

Bezuschussung Dynamik in den Markt von Elektrofahrzeugen<br />

gebracht hat. Hierzulande dagegen blieben<br />

die Marktanteile von E-Mobilen bisher weit hinter den<br />

Erwartungen zurück.<br />

Nun haben also auch deutsche Verbraucher die<br />

Möglichkeit, sich beim Kauf eines Elektrofahrzeuges finanziell<br />

unterstützen zu lassen: 4000 Euro Kaufprämie<br />

sind für reine batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge<br />

möglich, so Bernhard. Hinzukommen weitere Vorteile<br />

wie Steuerbefreiung oder spezielle Förderungen von<br />

einzelnen Kommunen wie beispielsweise kostenfreie<br />

Park- und Lademöglichkeiten.<br />

Eine Prämie ist kein Kaufgrund<br />

Für ihre umfangreiche Befragung nutzte Valerie<br />

Bernhard ihren Bekanntenkreis: Personen zwischen 17<br />

und 72 Jahren in der Bodenseeregion. Die ländliche Region,<br />

in der viel Pendlerverkehr stattfindet, eignet sich<br />

perfekt für den Einsatz von Elektrofahrzeugen und damit<br />

für eine solche Studie, so Professor Dr. Verena Rath,<br />

die die Bachelor-Absolventin bei ihrer Thesis betreut<br />

hat: Es werden viele kurze Strecken zurückgelegt, die<br />

der Reichweite von E-Fahrzeugen entsprechen; die<br />

meis ten Haushalte verfügen über zwei Autos, sodass ein<br />

E-Mobil eine Alternative darstellen könne, so Rath.<br />

Als Ergebnis brachte Valerie Bernhard eine klare<br />

Botschaft heraus: Die meisten der 216 Befragten – die<br />

Studentin erreichte eine Rücklaufquote von 90 Prozent<br />

– kannten die neuen Fördermöglichkeiten für Elektrofahrzeuge<br />

nicht. Gleichzeitig bezeichneten sie die Prämien<br />

zwar als Kaufvorteil, sie scheinen jedoch nicht alleine<br />

bestimmend für die Kaufentscheidung zu sein.<br />

Größere Reichweiten und komfortables Laden bleiben<br />

für den Verbraucher die wesentlichen Voraussetzungen,<br />

um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen.<br />

Staatliche Subventionen können helfen, sie sind aber<br />

nicht alleine kaufverhaltensentscheidend. Valerie Bernhard<br />

und ihre Professorin Verena Rath sind sich sicher:<br />

Ein verstärktes Marketing würde die Elektromobilität<br />

in Deutschland gerade im privaten Bereich voranbringen.<br />

Dabei spielen Kommunen eine wichtige Rolle, die<br />

mit besonderen Angeboten ihre Bürgerinnen und Bürger<br />

ermutigen können, auf Autos mit Elektroantrieb zu<br />

setzen.<br />

Mit gutem Beispiel vorangehen<br />

Valerie Bernhard selbst ist eine solche Kandidatin:<br />

Die Absolventin, die Anfang des Jahres ihre Abschluss-<br />

Arbeit abgegeben hat, hat gleich darauf in ihrer ersten<br />

Anstellung als Energiewirtin begonnen: bei den »illwerken<br />

vkw« am Standort in Bregenz, wo sie bereits ihr<br />

Praxissemester absolviert hat. Ihren Wohnort will die<br />

junge Frau nicht wechseln, sondern in Meckenbeuren<br />

wohnen bleiben. Die Strecke, die sie künftig zu ihrem<br />

Arbeitsplatz zurücklegen wird, wäre für ein E-Auto geeignet.<br />

Und die Energiewirtin ist sicher, dass jeder, der ein<br />

Elektroauto fährt, eine Vorbildfunktion einnimmt. So<br />

kann ein Unternehmen mit einem Fuhrpark, zu dem<br />

auch E-Mobile gehören, einen Imagegewinn erzielen,<br />

vermutet die Absolventin. Am Ende, so Valerie Bernhard,<br />

müssen die Menschen erleben können, was Elektromobilität<br />

ist. Ihr jetziger Arbeitgeber zum Beispiel<br />

hat einen »Showroom« eingerichtet und bietet kostenlose<br />

Testfahrten an. Bernhard selbst ist begeistert von<br />

den innovativen Fahrzeugen, die keinen Fahrkomfort<br />

vermissen lassen. Es sei entspannt, geräuscharm zu fahren,<br />

so Bernhard, und schnell lerne der Nutzer, vorausschauend,<br />

also sparsam zu fahren. Die Bremsenergie<br />

etwa fließe in die Batterie zurück, ein Effekt, den man<br />

sich beim Fahren zunutze machen könne.<br />

Solche Zusammenhänge zu kennen, ist Valerie<br />

Bernhard wichtig und steht gleichzeitig für ihr Interesse<br />

am Zusammenwirken von betriebswirtschaftlichen und<br />

energietechnischen Themen.<br />

26<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Hochschule<br />

Vom Profi zum Spezialisten<br />

Biberach bildet Ingenieure weiter<br />

Die Hochschulen Biberach und Münster bieten seit diesem Semester einen berufsbegleitenden<br />

Masterstudiengang an. An dem Angebot sind Hochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt –<br />

auch die Studierenden kommen aus ganz Deutschland. Wieder einmal verlässt eine Hochschule<br />

aus der Region die eingefahrenen Wege und begibt sich auf neue »Lehrpfade«. Der berufsbegleitende<br />

Masterstudiengang qualifiziert für die Schlüsseldisziplin der Gebäudeautomation.<br />

Vierzehn Ingenieure und eine Ingenieurin sind<br />

die ersten Teilnehmer des Master-Studienganges<br />

Gebäudeautomation, den die Hochschule<br />

Biberach seit diesem Semester anbietet. Das<br />

Studienangebot richtet sich an Ingenieure mit Diplom-<br />

oder Bachelorabschluss, die sich gezielt für die<br />

neue Disziplin Gebäudeautomation qualifizieren<br />

möchten. Initiiert wurde der Masterstudiengang durch<br />

den Arbeitskreis der Dozenten für Gebäudeautomation<br />

und Energiesysteme (AK-GAE), dem 18 Professoren<br />

aus 13 Hochschulen in ganz Deutschland<br />

angehören. Die Durchführung des Studienangebotes<br />

liegt bei der Akademie der Hochschule Biberach<br />

(HBC) als Weiterbildungsträger.<br />

Alle 15 Teilnehmer kommen von Unternehmen<br />

aus dem gesamten Bundesgebiet: Berlin, Leipzig, Hannover,<br />

Frankfurt am Main, Rüsselsheim, Aachen, Essen,<br />

Mühlheim, Münster, Sachenheim und Neuenstadt am<br />

Kocher. Sie alle wollen sich auf das komplexe Themenfeld<br />

der Gebäudeautomation konzentrieren, um in den<br />

Unternehmen, in denen sie bereits tätig sind, neue Aufgaben<br />

zu übernehmen. Denn, so Professor Becker: »Die<br />

Firmen suchen händeringend nach Experten der Gebäudeautomation,<br />

um die herausfordernden Aufgaben<br />

der IT-basierten Gebäudeautomation im Kontext des<br />

digitalen Planens, Bauens und Betreibens von Gebäuden<br />

aktiv angehen zu können.«<br />

Hohe Nachfrage<br />

Das viersemestrige Studium nehmen die Teilnehmer<br />

berufsbegleitend auf sich – der Arbeitgeber unterstützt<br />

die motivierten Mitarbeiter organisatorisch und<br />

vor allem finanziell. Denn für den akkreditierten Studiengang,<br />

der mit dem Titel »Master of Engineering«<br />

abschließt, fallen Studiengebühren an.<br />

Wie groß die Nachfrage nach solchen Qualifizierungsmaßnahmen<br />

ist, beschreibt der stellvertretende<br />

Geschäftsführer der Akademie der Hochschule Biberach,<br />

Pascal Steinert: Manche Unternehmen hätten ein<br />

festes Kontingent an Studienplätzen gebucht, um ihre<br />

Mitarbeiter für künftige Aufgaben vorzubereiten. Interessant<br />

sei das Angebot auch für Kommunen, so Steinert.<br />

Bereits jetzt erhalte die Akademie Anfragen und Bewerbungen<br />

für den zweiten Jahrgang des Master Gebäudeautomation,<br />

der im März 2018 startet.<br />

Neben der Hochschule Biberach umfasst das Angebot<br />

weitere Standorte für die Präsenzveranstaltungen,<br />

die durch innovative Lehrformate wie E-Learning,<br />

Blended Learning und Webinare ergänzt werden; die<br />

Blockseminare finden in Münster, Gelsenkirchen, Gießen,<br />

Köln, Berlin, Erfurt und München statt – allesamt<br />

Hochschulen, die dem Arbeitskreis Gebäudeautomation<br />

und Energiesysteme angehören. Die Professoren<br />

Becker und Höttecke leiten derzeit den Arbeitskreis und<br />

haben aus der Idee, die vor rund vier Jahren entstand,<br />

zusammen mit Kollegen des Arbeitskreises AK-GAE<br />

ein innovatives Konzept erarbeitet.<br />

Lösungen finden<br />

Im Mittelpunkt des Masterstudiums stehen aktuelle<br />

Problemstellungen aus der Praxis, »die die Studierenden<br />

im Rahmen von Projektarbeiten lösen und so<br />

lernen, komplexe Aufgabenstellungen zu analysieren<br />

und passende Lösungsansätze zu entwickeln«, so Professor<br />

Becker. Dafür bringen die Ingenieure ihr Know-<br />

How und ihr Netzwerk aus der Praxis ein. Jeder Teilnehmer<br />

hat in Vorbereitung auf die erste Phase an der<br />

HBC bereits eine konkrete Aufgabenstellung skizziert<br />

und eingereicht, die im sogenannten Scientific-Projekt<br />

gemeinsam diskutiert werden. »Die Bandbreite an Aufgabenstellungen<br />

ist enorm und spiegelt die Komplexität<br />

der systemintegrierten Gebäudeautomation wider«, so<br />

Prof. Dipl.-Ing. Elmar Bollin (Hochschule Offenburg),<br />

der dieses Modul verantwortlich koordiniert. Die eingegangenen<br />

Themen haben die drei Professoren in Cluster<br />

untergliedert.<br />

Die Studierenden werden die Problemstellungen<br />

über das gesamte erste Semester hinweg bearbeiten und<br />

in einer Zwischen- sowie Endpräsentation vorstellen.<br />

Die Masterstudenten erhalten so die Chance, interdisziplinäre<br />

Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen<br />

– und werden nicht nur zu Spezialisten der Gebäudeautomation,<br />

sondern auch zu für ihr Unternehmen<br />

wichtigen Wissensmultiplikatoren.<br />

Foto: HBC Biberach<br />

An der Hochschule Biberach absolvieren<br />

die<br />

Master stu dieren den<br />

»Gebäudeautomation« ihr<br />

erstes Semester – und hier<br />

werden sie auch zum Ende des<br />

Semesters wieder zusammen -<br />

kommen, um ihre Projekt -<br />

arbeiten zu präsentieren<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

27


Studium<br />

Studiengang Energiewirtschaft<br />

Zwischen Ökonomie und Ökologie<br />

Momentan befindet sich die Energiewirtschaft im Wandel, und um diesen zu<br />

vollziehen, braucht es schlaue Köpfe, die mit neuen Ideen Veränderungen gestalten<br />

und umsetzen wollen. Die Hochschule Biberach bildet in ihrem Studiengang<br />

Energiewirtschaft genau solche jungen Menschen aus.<br />

Eine der Herausforderungen unseres Jahrhunderts<br />

ist der verantwortungsbewusste Umgang<br />

mit den Ressourcen. Energie ist ein knappes<br />

Gut und wird zunehmend wichtiger für den Wirtschaftssektor<br />

– deswegen muss die Wertschöpfungskette<br />

von der Gewinnung der Energieträger über die<br />

Umwandlung bis hin zur Nutzung durch den Kunden<br />

nachhaltig betrachtet werden. Außerdem ist es notwendig,<br />

sowohl ökologisch verantwortungsbewusst als<br />

auch ökonomisch tragfähig mit Energie umzugehen:<br />

Genau das lernen die Studenten des Studienganges<br />

Energiewirtschaft.<br />

Experte werden<br />

In dem siebensemestrigen Bachelorstudium<br />

werden den Studenten neben den betriebswirtschaftlichen<br />

Grundlagen auch vertiefende Kenntnisse der<br />

Energiegewinnung und -umwandlung, des Handels,<br />

Netzbetriebes und Vertriebes vermittelt. Der Studiengang<br />

richtet sich somit an alle kaufmännisch Interessierten,<br />

die ein BWL-Studium mit einer Branchenexpertise<br />

verknüpfen wollen. Im Laufe der sieben Semester<br />

werden den Studenten folgende energiewirtschaftliche<br />

Inhalte vermittelt: die Grundlagen der<br />

Immer nur im Hörsaal<br />

sitzen? Nicht an der<br />

Hochschule Biberach – auf<br />

die Studenten warten<br />

zahlreiche Exkursionen<br />

Fotos: HBC, HBC/Stefan Sättele<br />

28 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Energiewirtschaft, die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

und Regulierungen, die Netzwirtschaft, die<br />

Marktteilnehmer der Energiewirtschaft, Energiehandel<br />

und Vertrieb, Projektentwicklung und -management,<br />

erneuerbare Energien und die Grundlagen der<br />

Energiewandlung. Daneben stehen ihnen noch Wahlpflichtfächer<br />

zu Energiethemen zur Verfügung, von<br />

denen sie im Laufe des Studiums einige belegen müssen.<br />

Im Angebot finden sich beispielsweise Nachhaltigkeitsmanagement<br />

oder auch Energie und Mobilität<br />

sowie Energiepolitik.<br />

Praktisch und realitätsnah<br />

Das klingt sicherlich alles sehr theoretisch und<br />

ist es auch, doch die Praxis kommt in dem Studiengang<br />

nicht zu kurz, denn die Studenten können an<br />

mindestens fünf Tages- oder Wochenexkursionen teilnehmen,<br />

die stellenweise auch zu internationalen<br />

Standorten der Energiewirtschaft durchgeführt werden.<br />

Weiterhin gibt es ein Praxissemester, in dem die<br />

Studenten den Hörsaal verlassen und ein kaufmännisches<br />

Praktikum, in der Regel in der Energiebranche,<br />

absolvieren. Sie haben dabei ein breit gefächertes Angebot:<br />

Sie können zum Beispiel zu einem Energieversorger,<br />

einem Anlagenbauer oder Projektplaner gehen.<br />

Auch ein Praktikum in der Industrie, bei einem Automobilhersteller<br />

beispielsweise, ist möglich, denn diese<br />

Branche benötigt für ihre Produktion viel Energie und<br />

beschafft sich diese oftmals selbst.<br />

Doch nicht nur das Studium an sich, sondern<br />

auch die Professoren sind nah an der Praxis und der<br />

realen Welt außerhalb des Hörsaals und der Theorie.<br />

Fast alle Lehrenden sind nebenberuflich noch in ihrem<br />

Gebiet tätig und somit immer ganz nah am aktuellen<br />

Zeitgeschehen und den realen Problemen und<br />

Sachverhalten. Außerdem laden die Professoren regelmäßig<br />

Praxisvertreter zu Vorträgen über aktuelle Entwicklungen<br />

in der Energiewirtschaft ein – das sorgt<br />

dafür, dass die Studenten erstens Einblicke in die Dynamik<br />

der Branche erhalten und zweitens Kontakte zu<br />

Unternehmen und Institutionen knüpfen können.<br />

Sonnige Zukunft<br />

Diese können den Studenten nach dem erfolgreichen<br />

Abschluss des Studiums nützen, um eine Anstellung<br />

zu bekommen. Doch Sorgen über eine etwaige<br />

Arbeitslosigkeit müssen sich die Absolventen der<br />

Energiewirtschaft nicht machen, denn die Berufschancen<br />

wurden bereits bei der Konzeptionierung des<br />

Studienganges als sehr positiv eingeschätzt. Die potenziellen<br />

Einsatzbereiche sind sehr vielfältig und ermöglichen<br />

eine Tätigkeit sowohl in der Region als auch international.<br />

Mögliche zukünftige Arbeitgeber wären<br />

etwa Stadtwerke, Behörden und Verbände, Ingenieurdienstleister,<br />

Beratungsunternehmen, die energieintensive<br />

Industrie und Forschungseinrichtungen. Doch<br />

auch in nahezu allen anderen Wirtschaftszweigen werden<br />

Energiewirtschaftler benötigt. Dass dem so ist,<br />

zeigt sich auch daran, dass die ersten Absolventen des<br />

Studienganges an der Hochschule Biberach alle irgendwo<br />

untergekommen sind – entweder in einer Anstellung<br />

oder einem Masterstudiengang an einer anderen<br />

Hochschule.<br />

Ein Wechsel an eine andere Hochschule ist seit<br />

dem vergangenen Wintersemester nicht mehr notwendig.<br />

Mittlerweile haben Bachelorabsolventen die<br />

Möglichkeit, ihren Master of Science ebenfalls an der<br />

Hochschule Biberach zu absolvieren.<br />

(cs)<br />

In Projektarbeiten können<br />

die Studenten ihr Wissen<br />

anwenden und vertiefen<br />

Info<br />

Nähere Informationen unter:<br />

www.hochschulebiberach.de/energiewirtschaft<br />

Informationen zu den Zu -<br />

lassungs voraus setzungen und<br />

dem Bewerbungsverfahren unter:<br />

www.hochschulebiberach.de/online-bewerbung<br />

Neben der Energiewirtschaft<br />

bietet die HS Biberach noch<br />

zwei weitere Energie-<br />

Studiengänge an: Energie-<br />

Ingenieurwesen und<br />

Industrielle Biotechnologie<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

29


Meldungen<br />

Präg-Gruppe sorgt jetzt auch für E-Mobilität<br />

Foto oben: Bei der Ein -<br />

weihung: (v.l.) Center-Ma -<br />

nagerin Ekaterina Avdo syeva,<br />

Mark Deisenhofer von Präg<br />

und stellvertretende Bürger -<br />

meisterin Sibylle Knott.<br />

Darunter: das erste<br />

E-Mobil von Präg an der<br />

neuen La de säule. Natülich<br />

hat das Fahrzeug auch ein<br />

markan tes Nummernschild.<br />

AP steht für Adolf Präg.<br />

Aller dings ist dieser Renault-<br />

Zoe das erste und nicht das<br />

10. E-Mobil bei Präg –<br />

weitere sollen aber folgen<br />

Kurzinfo<br />

Die Präg-Gruppe mit Sitz in Kempten versteht sich als Energie part ner:<br />

Ihr Portfolio umfasst Heizöl, Kraftstoffe, Strom, Gas und Holz pellets.<br />

Rund 40.000 Privat- und Gewerbekunden in Bayern, Sachsen und<br />

Thüringen vertrauen auf den Energiehändler aus dem Allgäu. Stolz ist<br />

man bei Präg auf 110 Jahre Know-how in Sachen Energie. Präg betreibt<br />

ein Netz von über 120 Tankstellen und zählt damit zu den<br />

mittelständischen Tankstellenbetreibern in Deutschland. Großtanklager<br />

betreibt Präg in Kempten, Augsburg und Heidenau. In Kempten gibt es<br />

den Anschluss an die Deutsche Bahn. Im Jahre 2014 setzte Präg<br />

wieder einmal Maßstäbe mit einem 30 Meter hohen Hochsilo für<br />

Holzpellets in Augsburg. Das Familienunternehmen setzt auf gute<br />

Logistik und breiten Kundenservice. Darum kümmern sich rund 200<br />

Mitarbeiter. Weitere Infos: www.praeg.de<br />

Das Forum Allgäu in Kempten<br />

ist jetzt um ein Serviceangebot<br />

reicher: Zwei Ladestationen für<br />

Elektrofahrzeuge wurden auf dem<br />

Parkdeck installiert. Betrieben werden<br />

sie vom regionalen Energieversorger<br />

Präg aus Kempten. Mit dem<br />

Schnitt durchs Absperrband haben<br />

Ekaterina Avdosyeva, Center-Managerin<br />

des Forum Allgäu Kempten,<br />

sowie Marc Deisenhofer und<br />

Johannes Gösling, beide Geschäftsführer<br />

von Präg, die Ladestationen<br />

offiziell eingeweiht. Als Vertreterin<br />

der Stadt Kempten ebenfalls mit<br />

dabei: die zweite Bürgermeisterin<br />

Sibylle Knott. Jetzt können E-Mobilisten<br />

während ihres Aufenthaltes<br />

im Forum zu den Öffnungszeiten<br />

einfach und bequem ihr Fahrzeug<br />

laden, bevor sie sich auf die Heimfahrt<br />

machen.<br />

Für Center-Managerin Ekaterina<br />

Avdosyeva sind die Ladesäulen<br />

nicht nur ein Service-Plus, wie sie<br />

bei der Einweihung erläuterte: »Sie<br />

sind ein weiteres sichtbares Zeichen<br />

unserer Unternehmensphilosophie,<br />

in der Nachhaltigkeit seit Jahren einen<br />

sehr hohen Stellenwert hat.«<br />

Parkhaus und Center sind vollständig<br />

mit sparsamer LED-Beleuchtung<br />

ausgestattet, das Dach ist mit<br />

extensiver Begrünung bepflanzt.<br />

Auch bei der Beheizung des 23.000<br />

Quadratmeter großen Gebäudes<br />

setzt das Forum auf Effizienz per<br />

Wärmerückgewinnung. Für Präg<br />

sind die Ladestationen ein Pilotprojekt<br />

im Bereich Elektromobilität:<br />

»Wir freuen uns, unsere ersten<br />

Stromladestationen in Kempten im<br />

größten Einkaufszentrum der Region<br />

installieren zu können«, unterstreicht<br />

Marc Deisenhofer, geschäftsführender<br />

Gesellschafter<br />

von Präg. Damit startet das Unternehmen<br />

mit einem attraktiven<br />

Komplettangebot für das Laden<br />

von Elektrofahrzeugen. »Hierbei legen<br />

wir zunächst einen Schwerpunkt<br />

auf die Zusammenarbeit mit<br />

Gewerbetreibenden, sind aber auch<br />

gerne Ansprechpartner für Kommunen<br />

und Privatpersonen«, ergänzt<br />

Marc Deisenhofer.<br />

Beim Bezahlsystem hat man<br />

Wert auf Komfort gelegt. »In<br />

Deutschland herrscht immer noch<br />

ein Dschungel von verschiedenen<br />

Bezahlsystemen. Das bremst die<br />

Elektromobilität aus«, betont Johannes<br />

Gösling. Im Forum Allgäu<br />

brauchen Nutzer von Elektroautos<br />

keine zusätzliche Ladekarte, bezahlt<br />

wird in Zukunft bequem per Kreditkarte<br />

über das Internet.<br />

Die zwei Ladesäulen mit einer<br />

Leistung von je 22 Kilowatt befinden<br />

sich auf dem Parkdeck B. Sie<br />

sind mit Mennekes Steckern Typ 2<br />

ausgestattet, wie sie ab <strong>2017</strong> europaweit<br />

als Standard gelten. An den<br />

Ladepunkten können Fahrzeuge je<br />

nach Akku-Kapazität in ein bis<br />

zwei Stunden aufgeladen werden.<br />

Präg betreibt alle Ladestationen mit<br />

Ökostrom.<br />

(red)<br />

Fotos: Peter Elgaß<br />

30<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Platz ist auf dem kleinsten Balkon<br />

Möhren im Topf oder Salat in der<br />

alten Obstkiste: Trendbewusste<br />

Städter pflanzen mit Begeisterung<br />

ihr eigenes Gemüse an. Was früher<br />

nur auf dem Land oder in den als<br />

spießig abgestempelten Schrebergärten<br />

üblich war, erobert jetzt<br />

nicht nur die Metropolen. Auch im<br />

Allgäu verstärkt sich dieser Trend –<br />

obwohl man meinen könnte, dass<br />

in unserer ländlichen Region Platz<br />

genug für eigene Gärten wäre. Aber<br />

in Städten wie Kempten, Memmingen<br />

oder Kaufbeuren, ja sogar in<br />

den kleinen Allgäuer Städten und<br />

Dörfern setzt sich ein neuer Trend<br />

durch: Beim Urban Gardening<br />

wachsen Tomaten, Paprika und<br />

Erdbeeren auf Balkonen, Dachterrassen<br />

und in Hinterhöfen. Damit<br />

hat sich eine neue Gartenkultur etabliert,<br />

die sich immer größerer Beliebtheit<br />

erfreut. Laut einer repräsentativen<br />

GfK-Umfrage nutzen in-<br />

Foto: hausgarten.net<br />

zwischen 39 Prozent der Verbraucher<br />

in Deutschland, die einen Balkon<br />

oder Dachgarten besitzen, die-<br />

sen für den Anbau von Obst, Gemüse<br />

und Kräutern – Tendenz steigend.<br />

(red)<br />

Des Deutschen zweites<br />

Wohnzimmer erstrahlt in<br />

sattem Grün<br />

Zwei Frauen für gutes Klima<br />

Die Klimaschutzmanagerinnen des<br />

Landkreises Unterallgäu, Andrea<br />

Ruprecht, und der Stadt Mindelheim,<br />

Simone Kühn, wollen künftig<br />

intensiver zusammenarbeiten. Sowohl<br />

die Stadt als auch der Landkreis<br />

setzen derzeit ein Klimaschutzkonzept<br />

um. »Daraus ergeben<br />

sich viele gemeinsame Themen<br />

und Projekte«, sagt Andrea Ruprecht.<br />

Angedacht seien zum Beispiel<br />

Bildungsprojekte wie ein professioneller<br />

Einsatz des »Energiespardorfes«.<br />

Dieses Modell veranschaulicht<br />

den Energieverbrauch<br />

eines Ortes und wie er sich senken<br />

lässt. Die Idee: Es soll künftig zusammen<br />

mit einem Experten auf<br />

Wanderschaft gehen, um Einsparpotenziale<br />

aufzuzeigen. Auch bei<br />

der Beratung von Unternehmen<br />

zum Thema Energieeinsparung<br />

wollen Stadt und Landkreis in Zukunft<br />

gemeinsam auftreten. Mehr<br />

über den Klimaschutz im Unterallgäu<br />

erfahren Sie unter www.unterallgaeu.de/klimaschutz<br />

(cs)<br />

Andrea Ruprecht (links)<br />

und Simone Kühn (rechts)<br />

sorgen für geballte<br />

Klimaschutzpower<br />

Foto: Julia Beck/Stadt Mindelheim<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

31


Meldungen<br />

Das Förderprogramm<br />

unterstützt Bürger beim<br />

energieeffizienten Bauen und<br />

Sanieren – so spart man<br />

Energie und Kosten in den<br />

eigenen vier Wänden<br />

Foto: Pixabay<br />

10.000-Häuser-Programm wird fortgesetzt<br />

Nach mehrmonatiger Pause wird<br />

das 10.000-Häuser-Programm der<br />

bayerischen Staatsregierung wieder<br />

aufgenommen – mit einigen<br />

Änderungen. Das berichtet eza!,<br />

das Energie- und Umweltzentrum<br />

Allgäu. Im Programmteil Systemhaus<br />

im Neubau wurden die Anforderungen<br />

in puncto Energie -<br />

effizienz verschärft und die Zuschüsse<br />

teilweise gekürzt. Bei der<br />

Altbausanierung bleiben die Konditionen<br />

jedoch unverändert. Der<br />

Programmteil Heizungstausch<br />

wird unter anderem um die Förderung<br />

von Lüftungsanlagen, PV-<br />

Stromspeichern und Wärmepumpen<br />

erweitert und zusätzlich in<br />

»Heizungstausch-Plus« umbenannt.<br />

Der Grundförderbetrag<br />

beim Heizungstausch wird für Ölund<br />

Gasheizungen auf 500 Euro<br />

gesenkt. Ein Antragsformular finden<br />

Sie unter:<br />

www2.eza-allgaeu.de/bau-energieberatung/foerderprogramme/<br />

foederdatenbank/<br />

(red)<br />

Die Kneippstadt elektrisch »erfahren«<br />

Kurzinfo<br />

Gäste-Information im<br />

Kurhaus, Hauptstraße 16,<br />

86825 Bad Wörishofen,<br />

Tel. 08247/9933-55, E-Mail<br />

info@bad-woerishofen.de<br />

Mitarbeiterinnen der Gäste-Information<br />

Bad Wörishofen haben vor<br />

herrlicher Unterallgäuer Kulisse ein<br />

neues Gästeangebot getestet. Die<br />

Fahrt mit den sogenannten Ninebots<br />

ist neu im Programm des Kurund<br />

Tourismusbetriebes der<br />

Kneippstadt, deshalb war es den<br />

Damen wichtig, das neue Angebot<br />

im Selbstversuch auszuprobieren.<br />

Bei einer »Allgäu E-Tour« können<br />

die Gäste die Stadt Bad Wörishofen<br />

auf eine ganz neue Weise erleben<br />

und »er-fahren«. Der Ninebot ist<br />

ein modernes Fortbewegungsmittel<br />

mit Elektroantrieb, das durch Gewichtsverlagerung<br />

und kleinste Be-<br />

Foto: Katharina Richter<br />

wegungen gesteuert wird. Die Bedienung<br />

ist intuitiv und leicht erlernbar.<br />

Angeboten werden die<br />

Touren ab sofort bis einschließlich<br />

28. Oktober <strong>2017</strong> immer samstags<br />

ab 11 Uhr. Treffpunkt ist der öffentliche<br />

Großparkplatz beim Café<br />

Schwermer. Die Fahrt dauert etwa<br />

eine Stunde und ist nur mit Voranmeldung<br />

möglich.<br />

(cs)<br />

Elisabeth Scharf-Kuen (mit Mann Hans), Barbara Papatola, Christina Dörner,<br />

Andrea Egger, Claudia Kimmerle und Elke Nägele (v.l.)<br />

32<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Anzeigen<br />

Foto: Ziegelwerk Klosterbeuren<br />

Neue Eigentümer für<br />

altes Unternehmen<br />

Das traditionsreiche Familienunternehmen<br />

Ziegelwerk Klosterbeu -<br />

ren Ludwig Leinsing GmbH & Co.<br />

KG hat neue Eigentümer: Im Rahmen<br />

einer proaktiven Nachfolgeregelung<br />

haben die beiden bisherigen<br />

Gesellschafter, die Brüder Hubert<br />

und Thomas Thater, zum 1. April<br />

ihre Anteile an die Hörl & Hartmann<br />

Ziegeltechnik GmbH & Co.<br />

KG mit Sitz in Dachau übertragen.<br />

Weil alle Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter des Ziegelwerks Klos -<br />

terbeuren mit Weiterbeschäftigungsgarantie<br />

übernommen wurden,<br />

entstand durch die Fusion ein<br />

Unternehmen mit 200 Mitarbeitern,<br />

das jährlich etwa 300 Millionen<br />

Ziegel-Normalformat-Einheiten<br />

vermarktet. Mit diesem Schritt<br />

wird Hörl & Hartmann zum größten<br />

familiengeführten Ziegelhersteller<br />

im süddeutschen Raum. Für<br />

die Kunden des Hauses ändert sich<br />

nichts, sie können sich auch in Zukunft<br />

an ihre gewohnten Ansprechpartner<br />

wenden. Darüber hinaus<br />

bleibt die Produktpalette vollständig<br />

erhalten und soll nach Unternehmensangaben<br />

demnächst sogar<br />

um einige technische Entwicklungen<br />

erweitert werden. (red)<br />

Seit über 200<br />

Jahren werden in<br />

Klosterbeuren<br />

Mauerziegel<br />

hergestellt<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

jetzt auch<br />

online lesen!<br />

www.allgaeualternativ.de<br />

Foto: Hörl & Hartmann Ziegeltechnik<br />

Michael (links) und Matthias Hörl erweitern ab sofort die<br />

Geschäftsleitung des Ziegelwerkes Klosterbeuren.<br />

Zusammen mit dem bisherigen Geschäftsführer Thomas<br />

Thater werden sie dem traditionsreichen Standort vorstehen<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

33


Meldungen<br />

Energiewendeatlas online erschienen<br />

Kurzinfo<br />

Link zum Online-<br />

Energiewendeatlas 2030:<br />

www.unendlich-vielenergie.de/mediathek/<br />

broschueren/energiewendeatlas-deutschland-2030<br />

Die Agentur für Erneuerbare Energien<br />

(AEE) hat den Energiewendeatlas<br />

2030 als Online-Publikation<br />

veröffentlicht. Auf rund 100 Seiten<br />

veranschaulicht der neue Atlas<br />

Schlüsselfragen für das Gelingen<br />

der Energiewende, vom weiteren<br />

zügigen Umbau im Stromsektor bis<br />

hin zum Durchbruch der Erneuerbaren<br />

im Wärme- und Verkehrsmarkt.<br />

»Mit dem Energiewendeatlas<br />

2030 greifen wir das Thema der<br />

Potenziale von Windkraft, Solarenergie<br />

und Co. auf und erweitern<br />

es um aktuelle Fragestellungen wie<br />

Netzausbau und Speicher«, erklärt<br />

der Geschäftsführer der AEE,<br />

Philipp Vohrer. Der Energiewendeatlas<br />

2030 zeigt die Chancen eines<br />

entschlossenen Ausbaus der Erneuerbaren<br />

Energien, die sich im Laufe<br />

des nächsten Jahrzehnts eröffnen.<br />

Anknüpfend an ein erfolgreiches<br />

AEE-Vorgängerformat, den Potenzialatlas<br />

2020, wird nicht nur die<br />

mögliche Entwicklung der Erneuerbaren<br />

bis 2030 skizziert. Vielmehr<br />

werden Fragen der Systemtransformation<br />

für eine von den Erneuerbaren<br />

geprägte Energieversorgung<br />

beleuchtet.<br />

(cs)<br />

Magazin für besseres Bauen<br />

Kurzinfo<br />

Magazin »Passivhaus<br />

Kompendium«, 176 Seiten,<br />

Preis 8,40 Euro, ISBN 978-<br />

3-944549-13-2. Es ist im<br />

gut sortierten Zeitschriften -<br />

handel erhältlich. Das Maga -<br />

zin kann auch über den Buch -<br />

handel bezogen werden.<br />

Leseproben und weitere<br />

Bestellmöglichkeiten gibt es<br />

unter www.phk-verlag.de<br />

»Spürbar besser bauen« verspricht<br />

das jetzt erschienene Passivhaus<br />

Kompendium <strong>2017</strong> im Untertitel.<br />

Auf fast 180 Seiten zeigt das Magazin<br />

Experten, Ideen, Produkte und<br />

Beispiele für Passivhaus, Passivhaus<br />

Plus, Passivhaus Premium und besonders<br />

sparsame Effizienzhäuser.<br />

Gut zwei Dutzend Autoren beschäftigen<br />

sich in ihren Fachbeiträgen<br />

unter anderem mit dem Vergleich<br />

von Effizienz- und Passivhäusern,<br />

mit der energetischen<br />

Wertermittlung, mit strombasierten<br />

Versorgungsvarianten und mit<br />

Low-Tec-Passivhäusern. Auch<br />

werden Fragen beantwortet wie<br />

etwa, ob dezentrale Lüftung in Passivhäusern<br />

möglich ist, wie die Entwicklung<br />

von Dreifachfenstern weitergeht<br />

oder wie man aus Duschabwasser<br />

Wärme gewinnen kann.<br />

Ausführlich geht das Magazin zudem<br />

auf die Herstellung und Überprüfung<br />

der Luftdichtheit ein. Auch<br />

dem Markt der Wärmepumpenkompaktgeräte<br />

sind etliche Seiten<br />

gewidmet. Das Passivhaus Kompendium<br />

versteht sich als Standardwerk<br />

für alle, die sich beruflich oder<br />

als Bauherr mit energieeffizientem<br />

Bauen beschäftigen. (cs)<br />

Ausstellungen zu nachhaltiger Ortsentwicklung<br />

Markus Berchtold-Domig<br />

(oben) und Prof. Nagler<br />

(rechts) referierten im<br />

Rahmen der Ausstellung<br />

Fotos: Landratsamt Ostallgäu<br />

In enger Zusammenarbeit zwischen<br />

dem Landkreis Ostallgäu sowie dem<br />

Architekturforum Allgäu e.V. und<br />

dem Holzforum Allgäu e.V. haben<br />

zwei interessante Ausstellungen<br />

zum Thema »Nachhaltige Ortsentwicklung«<br />

im Landratsamt Ostallgäu<br />

stattgefunden. Der »Landluft<br />

Baukultur-Gemeindepreis« des Architekturforums<br />

Allgäu zeigte anschauliche<br />

Beispiele und zahlreiche<br />

Anregungen von innovativen Gemeinden<br />

aus dem Allgäu und<br />

Österreich, die seit vielen Jahren bereits<br />

eine aktive Zukunftsentwicklung<br />

für ihre Orte im Auge haben.<br />

Dazu referierte Markus Berchtold-<br />

Domig aus Schwarzenberg im Bregenzerwald<br />

über die Entwicklung<br />

und die aktuelle Problematik des<br />

Leerbestandes am Beispiel der Region<br />

Bregenzerwald. Eine weitere<br />

Ausstellung über Nachhaltigkeit<br />

und Holzbau in Bayerisch-Schwaben<br />

führte in das Zukunftsthema<br />

des nachhaltigen Umgangs mit den<br />

endlichen Ressourcen ein. Professor<br />

Florian Nagler von der TU München<br />

zeigte im Vortrag zur Eröffnung<br />

Beispiele von alternativen<br />

Möglichkeiten zum nachhaltigen<br />

Umgang mit Flächen-, Materialund<br />

technischen Ressourcen. (cs)<br />

34<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Leben und Architektur<br />

im Schwarzwald<br />

Anzeigen<br />

»Innovative Architektur im<br />

Schwarzwald« verspricht das jetzt<br />

erstmals erschienene Jahresmagazin<br />

»BAUART«. Und tatsächlich<br />

zeigt die neue Zeitschrift auf ihren<br />

fast 200 Seiten eine ganze Reihe von<br />

spektakulären Bauten, die viele<br />

nicht im Schwarzwald vermutet<br />

hätten. Hier der futuristisch anmutende<br />

Winzerkeller aus Glas und<br />

Sichtbeton, der sich den Formen<br />

der Landschaft anpasst. Dort das<br />

moderne Hotel, das geschickt die<br />

typische Gestalt eines Schwarzwaldhofs<br />

aufgreift. Solche und viele<br />

weitere Gebäude, die in den letzten<br />

Jahren in der Region entstanden<br />

sind, werden im Magazin BAUART<br />

vorgestellt, jeweils mit vielen großformatigen<br />

Bildern, Grundrissen<br />

und einem Porträt der Baumeister.<br />

Doch verleugnen möchte BAUART<br />

die (Bau-)Traditionen des Schwarzwaldes<br />

nicht: Einem liebevoll und<br />

detailgetreu restaurierten Schwarzwaldhof<br />

widmet das Magazin seine<br />

ersten 15 Seiten. Dem Magazin geht<br />

es um die Art, wie der Schwarzwald<br />

seine Traditionen neu interpretiert<br />

und innovativ in Szene setzt. (cs)<br />

Kurzinfo<br />

Jahresmagazin »BAUART«,<br />

192 Seiten, Preis 8,40 Euro,<br />

ISBN 978-3-944549-14-9. Es ist im<br />

gut sortierten Zeitschriftenhandel<br />

erhältlich. Auch über den Buch han -<br />

del kann das Magazin bezogen wer -<br />

den. Unter www.verlagsprojekte.de<br />

gibt es Leseproben und weitere<br />

Bestellmöglichkeiten.<br />

Ratgeber für Denkmalimmobilien<br />

Das Jahresmagazin »Denkmalsanierung«<br />

informiert Investoren, Eigennutzer<br />

und das Fachpublikum<br />

über alle Aspekte der Sanierung<br />

von Denkmalimmobilien. Ebenso<br />

beschäftigt es sich mit Steuer- und<br />

Finanzierungsfragen, mit energetischer<br />

Modernisierung sowie mit<br />

technischen Methoden der Sanierung<br />

und Restaurierung und stellt<br />

interessante und außergewöhnliche<br />

Denkmalobjekte vor. Zahlreiche<br />

Fachbeiträge beschäftigen sich mit<br />

Methoden und Aspekten der Sanierungspraxis.<br />

Wie in jeder Ausgabe<br />

beschäftigt sich ein Schwerpunkt<br />

mit den Steuervorteilen, die Kapitalanleger<br />

und Eigennutzer genießen,<br />

wenn sie in ein Baudenkmal<br />

investieren.<br />

Die neue<br />

Ausgabe des<br />

Jahresmagazins<br />

überrascht<br />

zudem<br />

mit<br />

Themen, die über die tägliche Sanierungspraxis<br />

hinausgehen und<br />

sich grundsätzlichen Fragestellungen<br />

widmen, beispielsweise »Wie<br />

kann Barrierefreiheit im Denkmal<br />

realisiert werden? Wie vereint man<br />

Smart Home und Denkmalschutz?«<br />

Ein umfangreicher Adressteil benennt<br />

sanierungserfahrene Unternehmen:<br />

Architekten, Restauratoren,<br />

Bauträger, Makler oder Lieferanten<br />

historischer Bauelemente<br />

werden auf 17 Seiten ausführlich<br />

aufgelistet.<br />

(cs)<br />

Kurzinfo<br />

Jahresmagazin »Denkmalsanierung«,<br />

112 Seiten, Preis 8,40 Euro, ISBN<br />

978-3-944549-11-8. Es ist im gut<br />

sor tierten Zeitschriftenhandel er -<br />

hältlich. Auch über den Buch handel<br />

kann das Magazin bezogen werden.<br />

Unter www.denkmal-magazin.de gibt<br />

es Leseproben und weitere<br />

Bestellmöglichkeiten.<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

35


Meldungen<br />

Besser vernetzt<br />

Kurzinfo<br />

Mehr Informationen unter<br />

www.erdgas-schwaben.de<br />

Erdgas Schwaben ist jetzt mit einem<br />

Anteil von 10 Prozent an der<br />

Smartlab Innovationsgesellschaft<br />

mbH beteiligt. Smartlab entwickelt<br />

innovative Dienstleistungen, Produkte<br />

und Konzepte für Elektromobilität<br />

und steht hinter dem<br />

Stadtwerke-Verbund ladenetz.de<br />

sowie der Roaming-Plattform e-<br />

clearing.net. Erdgas Schwaben will<br />

so seine Wettbewerbsfähigkeit im<br />

Geschäftsfeld Elektromobilität sichern.<br />

Der Energiedienstleister betreibt<br />

acht Ladesäulen in Bayerisch-Schwaben.<br />

Bis zum Ende des<br />

Jahres sollen 30 weitere hinzukommen.<br />

Seit 2010 schließen sich auf<br />

kommunaler Ebene Energieversorger<br />

im Verbund ladenetz.de zusammen.<br />

ladenetz.de vernetzt Ladesäulen<br />

in ganz Deutschland. Das<br />

bedeutet eine einfache Nutzung<br />

sämtlicher Ladestationen von ladenetz.de<br />

mit aktuell rund 1000<br />

angeschlossenen Ladepunkten von<br />

über 100 Partnern. Hinzu kommen<br />

mehr als 10.000 weitere Ladepunkte,<br />

die durch Roaming-Abkommen<br />

auf nationaler sowie internationaler<br />

Ebene den Kunden<br />

der ladenetz.de-Mitglieder zur<br />

Verfügung stehen.<br />

(ve)<br />

Sie vertreten die Gesellschafter der<br />

Smartlab: (v.l.) Dr. Christian Blümm<br />

(Marketingleiter Erdgas Schwaben),<br />

Professor Dr. Stephan Rolfes (Vorstand<br />

Stadtwerke Osnabrück), Dr. Christian<br />

Becker (Vorstand Stadtwerke Aachen),<br />

Marcus Wittig (Geschäftsführer<br />

Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft)<br />

und Dr. Gerhard Holtmeier<br />

(Vorstand Thüga)<br />

Foto: Smartlab<br />

Energietanken während des Behördenganges<br />

Auf dem Besucherparkplatz vor<br />

dem Landratsamt Unterallgäu in<br />

Mindelheim gibt es jetzt eine Ladesäule<br />

für Elektrofahrzeuge. Es stehen<br />

zwei Steckplätze mit einer Leis -<br />

tung von jeweils 22 Kilowatt zur<br />

Verfügung. Landrat Hans-Joachim<br />

Weirather betonte bei der Inbetriebnahme:<br />

»Mit der Ladesäule<br />

wollen wir im Landkreis Unterallgäu<br />

ein positives Zeichen für die<br />

Elektromobilität setzen.« Betrieben<br />

wird die Säule, die aktuell noch<br />

kostenfrei Strom liefert, von dem<br />

Allgäuer Energieversorger VWEWenergie.<br />

Geschäftsführer Stefan<br />

Fritz hob hervor: »Mit jeder neuen<br />

Ladesäule steigt auch die Akzeptanz<br />

der Elektromobilität.« Einig waren<br />

sich die Anwesenden, dass sich die<br />

E-Mobilität durchsetzen wird. Die<br />

Ladesäule stammt von der Firma<br />

Gebrüder Bauer aus Mindelheim.<br />

Auch die Mitarbeiter des Landratsamtes<br />

können inzwischen auf zwei<br />

Elektroautos als Dienstwagen zugreifen.<br />

(red)<br />

Foto: Eva Büchele/Landratsamt Unterallgäu<br />

Andreas Bauer von der Firma Gebrüder<br />

Bauer, Landrat Hans-Joachim<br />

Weirather und Stefan Fritz (v.l.),<br />

Geschäftsführer von VWEW-energie,<br />

nahmen die Ladesäule vor dem<br />

Landratsamt in Betrieb


Meldungen<br />

Mehr Klimaschutz –<br />

höherer Stromverbrauch<br />

Im Landkreis Oberallgäu wird das<br />

Thema Klimaschutz als Masterplan-Kommune<br />

groß geschrieben.<br />

Vor Kurzem einigte sich der Beirat<br />

für Energie und Klimaschutz auf einen<br />

ersten Strategieplan in Richtung<br />

des Zieles, den Energieverbrauch<br />

im Landkreis bis zum Jahr<br />

2050 zu halbieren und den Ausstoß<br />

klimaschädlicher CO2-Emissionen<br />

um 95 Prozent zu senken. Parallel<br />

zu den Klimaschutzmaßnahmen<br />

werde sich allerdings der Stromverbrauch<br />

bis zum Jahr 2050 um rund<br />

70 Prozent erhöhen, prophezeite<br />

Dr. Hans-Jörg Barth vom Energieund<br />

Umweltzentrum Allgäu. Alternative<br />

Energiepotenziale bei der<br />

Stromerzeugung sieht er in Photovoltaik,<br />

Windenergie, Wasserkraft<br />

und Biogas. Künftig gelte es, deutlich<br />

mehr Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen<br />

zu bestücken und<br />

auch Mietern die Möglichkeit zu<br />

dieser Investition zu geben. Im Bereich<br />

der Wirtschaft müssten Modelle<br />

zur Energieeffizienz weiter<br />

vorangebracht und der Anteil fossiler<br />

Energien eingedämmt werden.<br />

Simon Steuer, Klimaschutzbeauftragter<br />

des Landkreises, stellte die<br />

Maßnahmen im Bereich der Bildung<br />

vor. Dazu gehöre Umweltbildung<br />

an Grundschulen ebenso wie<br />

eine »Klimaschule« als Angebot für<br />

weiterführende Schulen. Im Bereich<br />

Mobilität warb Steuer unter<br />

anderem für mehr Elektrofahrzeuge<br />

in kommunalen Fuhrparks sowie<br />

für eine bessere Infrastruktur mit<br />

Ladestationen.<br />

(cs)<br />

Vermehrte Photovoltaik-Anlagen auf<br />

den Dächern des Oberallgäus sind nur<br />

ein Schritt auf dem Weg in Richtung<br />

Master-Kommune<br />

Foto: Volker Wille<br />

Anzeige<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

37


Auszeichnung<br />

Wende-Preis für Lechwerke<br />

E-Mobility-Engagement wird belohnt<br />

Die Lechwerke (LEW) sind auf der Fachmesse Intersolar Europe mit dem<br />

Energiewende-Award für ihr Angebot im Bereich E-Mobility ausgezeichnet worden.<br />

Die Auszeichnung wurde zum ersten Mal vergeben. Im Rahmen des Projektes<br />

»Energieversorger in der Energiewende« analysierte das auf erneuerbare Energien<br />

spezialisierte Markt- und Wirtschaftsforschungsunternehmen EuPD Research<br />

in einer Vollerhebung alle knapp 1300 deutschen Energieversorger.<br />

Engagement für E-Mobility<br />

der Lechwerke – nicht nur<br />

im Bereich der Lade-<br />

Infrastruktur – wurde mit<br />

einem Preis gewürdigt<br />

Die besten Energieversorger wurden nun für<br />

ihr Angebot an Produkten, Dienstleistungen<br />

und Informationen im Kontext der Energiewende<br />

prämiert. Auszeichnungen wurden in den Kategorien<br />

Strom, Wärme, Energieeffizienz, Mobilität<br />

und Energiewende vergeben. LEW zählte in den Kategorien<br />

Strom, Mobilität und Energiewende zu den<br />

Finalisten. Initiatoren des Projektes sind Intersolar<br />

Europe, DCTI Deutsches CleanTech Institut und<br />

EuPD Research.<br />

»Damit die Energiewende gelingt, müssen wir die<br />

Bereiche Strom, Wärme und Verkehr noch stärker<br />

miteinander koppeln. Dafür setzen wir uns bei den<br />

Lechwerken ein und entwickeln Lösungen und Angebote<br />

für unsere Kunden«, sagte Eckart Wruck, Leiter<br />

Kommunikation und Marketing der Lechwerke AG,<br />

bei der Preisverleihung.<br />

LEW treibt das Thema Elektromobilität in Bayerisch-Schwaben,<br />

dem Allgäu und Teilen Oberbayerns<br />

seit vielen Jahren mit großem Engagement voran. So<br />

bietet LEW ein breites Portfolio an Autostrom-Produkten<br />

und Ladelösungen für verschiedene Kundengruppen<br />

und Einsatzbereiche. Selbst betreibt LEW<br />

derzeit rund 135 öffentlich zugängliche Ladepunkte in<br />

ihrem Netzgebiet. Der Strom für die LEW-Stromtankstellen<br />

wird dabei ausschließlich aus regenerativen<br />

38<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Anzeigen<br />

Fotos: LEW/Brechenmacher/Baumann/Bleuer<br />

Auszeichnung für das Angebot im Bereich E-Mobility:<br />

Markus A. W. Hoehner, Gründer und Geschäftsführer von<br />

EuPD Research (l.), übergibt den Energiewende Award im<br />

Rahmen der Fachmesse Intersolar Europe an Eckart Wruck<br />

(r.), Leiter Kommunikation und Marketing der Lechwerke AG<br />

Quellen, also CO2-freier Energie, beschafft. LEW arbeitet<br />

auch eng mit Autohändlern und Handwerkern<br />

aus der Region zusammen, um Elektromobilität weiter<br />

voranzubringen. Gemeinsam mit dem Bundesverband<br />

eMobilität e.V. (BEM) veranstalten die Lechwerke<br />

einmal im Monat in der LEW-Energiewelt in Augsburg<br />

den eClub mit Expertenvorträgen und vielen Informationen<br />

zum Thema Elektromobilität.<br />

Im Untersuchungsfokus des Projektes »Energieversorger<br />

in der Energiewende« stand die Fragestellung,<br />

wie gut die Energieversorger den Bedarf der privaten<br />

Haushalte hinsichtlich Produkten, Dienstleis -<br />

tungen und Informationen rund um die Energiewende<br />

bedienen. Auf Basis eines 50 Kriterien umfassenden<br />

Qualitätsmodells fand die Analyse entsprechend<br />

in verschiedenen Bereichen der Energiewende statt.<br />

»Mit dieser deutschlandweit einzigartigen Untersuchung<br />

liefern wir den Beleg, dass die Energiewende<br />

mit all ihren Aspekten bei den deutschen Energieversorgern<br />

angekommen ist«, kommentiert Markus A. W.<br />

Hoehner, Gründer und Geschäftsführer von EuPD Research.<br />

»Die Energieversorger haben erkannt, dass sich<br />

mit der neuen Energiewelt auch zahlreiche Chancen<br />

bieten, neue Geschäftsfelder zu besetzen«.<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss<br />

für die nächste Ausgabe<br />

ist der 28.09.<strong>2017</strong><br />

Anzeigen-Kontakt:<br />

Carolin Mathes und Christian Vu<br />

Tel. +49 (0)8379 728616<br />

E-Mail: info@heimat-allgaeu.info<br />

Dienstleister stellt sich vor<br />

Die LEW-Gruppe ist als regionaler Energie versorger in Bayern und Teilen<br />

Baden-Württembergs tätig und beschäftigt rund 1800 Mitarbeiter. LEW<br />

versorgt Privat-, Gewerbe- und Geschäftskunden sowie Kom munen mit<br />

Strom und Gas und hat ein breites Angebot an Energielösungen. Die LEW-<br />

Gruppe betreibt das Stromverteilnetz in der Region und ist mit 36<br />

Wasserkraft wer ken einer der führenden Erzeuger von um welt freun dlicher<br />

Energie aus Wasserkraft in Bayern. Außerdem bietet LEW Dienst leis tun -<br />

gen in den Bereichen Netz- und Anlagen bau, Energieerzeugung und Tele -<br />

kommuni kation an. Die Lechwerke AG (LEW) gehört zu innogy SE, dem<br />

führenden deutschen Energie unter nehmen.<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

39


Entsorgung<br />

Besuch im Müllheizkraftwerk<br />

Wo Memmingens Abfall brennt<br />

Bei bestem Wetter nutzten im Frühjahr mehr als 3000 Besucher aus Ulm,<br />

Memmingen, dem Alb-Donau-Kreis und dem Ulmer Umland den Tag der<br />

offenen Tür beim Müllheizkraftwerk Ulm. Seit 20 Jahren ist das Kraftwerk, das<br />

auch Memminger Abfälle verwertet, im Industriegebiet Donautal in Betrieb.<br />

Besuchergruppen ström ten<br />

ins Müllheiz kraftwerk<br />

Ulm/Donantal am Tag der<br />

offenen Tür<br />

Das Müllheizkraftwerk (MHKW) Ulm-Donautal<br />

gehört dem Zweckverband Thermische<br />

Abfallverwertung Donautal (TAD) an.<br />

Zum runden Jubiläum wurden »Erzeuger« aus dem<br />

gesamten Einzugsgebiet eingeladen, den Betrieb zu<br />

besichtigen. Nicht nur im Festzelt war der Andrang<br />

durchgehend groß. Die Besucher, darunter viele Familien<br />

mit Kindern, nutzten die Gelegenheit zu einem<br />

ausführlichen Rundgang durch die Anlage. An allen<br />

Stationen, in der Entladehalle, der großen Krankanzel<br />

Fotos: MHKW Ulm/Donautal<br />

beim Müllbunker, an den Verbrennungslinien oder<br />

der Turbine zur Stromerzeugung gab es regen Besucher-Andrang.<br />

Mitarbeiter der Betriebsmannschaft<br />

der Fernwärme Ulm GmbH (FUG) erklärten im Gebäude<br />

an den einzelnen Stationen die Arbeitsweise des<br />

MHKW, von der Müllanlieferung, der Nutzung der<br />

Verbrennungswärme für die Strom- und Fernwärmeproduktion<br />

bis zur Reststoffentsorgung. Auch Beschäftigte<br />

des Zweckverbandes TAD waren im Einsatz.<br />

Bei den Kindern kamen vor allem die Rundfahrten auf<br />

den Müllfahrzeugen gut an. An der Einstiegsstelle gab<br />

es regelmäßig Warteschlangen.<br />

Landrat Heiner Scheffold, der derzeitige TAD-<br />

Verbandsvorsitzende, zeigte sich sehr zufrieden über<br />

das Besucherinteresse, als er am Mittag die Gäste im<br />

Festzelt auf dem MHKW-Gelände begrüßte. »Diese<br />

Anlage läuft reibungslos und sorgt heute nicht mehr<br />

für großen Diskussionsstoff. Umso mehr freuen wir<br />

uns, wenn die Bürger dieses Angebot so gut annehmen<br />

und sich darüber informieren, was hier aus ihrem<br />

Hausmüll gemacht wird, nämlich Strom und Fernwärme<br />

für Ulmer Haushalte und Betriebe.«<br />

Auch Memminger Abfälle<br />

werden in diesem Kraft -<br />

werk bei Ulm verwertet<br />

40<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Energie sparen<br />

Das BHKW des Jahres 2016<br />

Enerquinn baut das System ein<br />

Wohnungsmieter konnten bisher nicht den Vorteil von Blockheizkraftwerken nutzen. Dieses<br />

Problem zu lösen, haben die Stadtwerke Konstanz nun ein innovatives Mieterstrommodell<br />

entwickelt, das als »BHKW des Jahres 2016« ausgezeichnet wurde: Die Anlage ist kombiniert mit<br />

Photovoltaik-Anlage und intelligentem Messsystem. Hergestellt wurde das Blockheizkraftwerk<br />

von der EC Power GmbH Berlin. Lieferung und Einbau des BHKW übernahmen die Spezialisten<br />

der enerquinn Energiesystemtechnik GmbH aus Weingarten.<br />

Diese effiziente Kombination ist neu: ideal für<br />

Wohnbaugesellschaften, Energieversorger,<br />

oder Gewerbeparks. Das erdgasbetriebene<br />

Blockheizkraftwerk der Berliner Firma EC Power mit<br />

der komplizierten Bezeichnung »BHKW-EC-Power-<br />

XRGI20« hat 20 kW elektrischer und 42 kW thermischer<br />

Leistung und wurde von der Weingartner<br />

Fachfirma enerquinn im Konstanzer Drechslerweg eingebaut.<br />

Für das BHKW erhielten die Berliner Hersteller<br />

von der Firma EC Power die Auszeichnung »BHKW<br />

2016« vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung<br />

e.V. Die auf dem Dach in Konstanz installierte Photovoltaik-Anlage<br />

steuert zur Strom versorgung 23 kWp<br />

bei. Bundesweit einzigartig ist sie durch die Koppelung<br />

der beiden Systeme mit elektronischen Zählern. Diese<br />

liefern alle 15 Minuten Daten bezüglich der aktuellen<br />

Stromproduktion sowie zum Verbrauch. So können die<br />

Mieter ihr Stromnutzungsverhalten aktiv anpassen.<br />

Staubsaugen besser bei Sonnenschein<br />

Das bedeutet konkret: Wer beispielsweise bei<br />

Sonnenschein staubsaugt oder Elektrogeräte wie<br />

Waschmaschine und Trockner laufen lässt, erhöht den<br />

individuellen Verbrauch des im Gebäude erzeugten<br />

Stroms. Und das zahlt sich aus: Der »interne« Strom<br />

schlägt nämlich nur mit 22,625 Cent pro kWh zu Buche,<br />

während für den aus dem allgemeinen Versorgungsnetz<br />

bezogenen Reststrom 24,556 Cent pro kWh<br />

berechnet werden.<br />

Dieses Mieterstrommodell der Stadtwerke Konstanz<br />

macht deutlich, dass KWK- und PV-Anlagen<br />

ganz im Sinne einer optimierten Energieeffizienz hervorragend<br />

miteinander harmonieren können: Während<br />

im Sommer die Photovoltaik den meisten Strom<br />

bereitstellt, springt bei reduzierter Sonneneinstrahlung<br />

das Blockheizkraftwerk ein. Installieren lässt sich<br />

ein solches dezentrales Stromversorgungssystem nicht<br />

nur in Neubauten, sondern auch in bestehende Gebäude.<br />

Weiterer Vorteil: Es werden keine großen Energiespeicher<br />

benötigt.<br />

Aufgrund der hohen Wirtschaftlichkeit haben<br />

die Stadtwerke Konstanz bereits beschlossen, weitere<br />

Anlagen dieser Art zu installieren – ein hochattraktives<br />

Zukunftsmodell beispielsweise auch für Energieversorger,<br />

Wohnungsgesellschaften oder Betreiber von<br />

Gewerbeparks in ganz Deutschland.<br />

Kontakt:<br />

enerquinn Energiesystemtechnik<br />

GmbH<br />

Birkenweg 12/1<br />

D-88250 Weingarten<br />

Telefon<br />

+49 (0)751/1897057-0<br />

E-Mail:info@enerquinn.de<br />

Auszeichnung für das »BHKW<br />

des Jahres 2016« (von links):<br />

Armin Müller (Redakteur<br />

Energie & Management),<br />

Professor Martin Maslaton<br />

(B.KWK-Vizepräsident), Mark<br />

Lehnertz (Geschäftsführer enerquinn<br />

Energiesystemtechnik),<br />

Olaf Westhoff, Stadtwerke<br />

Konstanz, Gordon Appel, Leiter<br />

PM Stadtwerke Konstanz, Kuno<br />

Werner (Geschäftsführer Stadtwerke<br />

Konstanz) und Bjarne<br />

Bogner, geschäftsführender<br />

Vorstand EC Power<br />

Foto: enerquinn<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

41


Bauen<br />

Fassadendämmung ist sicher<br />

Martin Sambale zum Fassadenbrand in London<br />

Martin Sambale von eza! ist<br />

sich sicher: Deutsche Regeln für<br />

Fassadendämmung reichen aus<br />

Eza!-Geschäftsführer Martin Sambale verweist<br />

im Zusammenhang mit dem Großbrand in<br />

London auf Statistiken und hohe Brandschutzanforderungen<br />

in Deutschland.<br />

Das Vorurteil, mit einer Fassadendämmung aus Polystyrol,<br />

das unter dem Namen Styropor bekannt ist,<br />

steige das Brandrisiko, ist nicht neu, entbehrt aber<br />

auch nach den schrecklichen Ereignissen in London<br />

jeglicher Grundlage, betont Martin Sambale. Generell<br />

gelte: »Eine verputzte Außen dämmung ist schwer in<br />

Brand zu setzen, und auch Styropor gilt als schwer entflammbarer<br />

Baustoff.« Wichtig sei, so Sambale, dass<br />

nur zugelassene Materialien und Systeme verwendet<br />

und bei der Ausführung geltende Brandschutzbestimmungen<br />

eingehalten werden.<br />

Die allermeisten der jährlich 180.000 Wohnungsbrände<br />

entstehen innerhalb eines Hauses, zitiert der<br />

eza!-Geschäftsführer die Statistiken. Dabei verpuffen<br />

die Brandgase nach rund 15 Minuten und zerstören<br />

die Fensterscheiben. »Dieser typische Brandverlauf ist<br />

unabhängig davon, ob eine Fassade gedämmt ist oder<br />

nicht.« 2014 sei beispielsweise die Bundesbauministerkonferenz<br />

zu dem Ergebnis gekommen, dass die lediglich<br />

18 Brände in den Jahren zuvor, bei denen<br />

Fassadendämmungen überhaupt eine Rolle gespielt<br />

hatten, oft auf fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung<br />

außerhalb von Gebäuden zurückzuführen waren.<br />

Sambale verweist zudem auf die geltenden Brandschutzregeln<br />

in Deutschland, die zu den strengsten in<br />

Europa gehören. So werden beispielsweise bei größeren<br />

Gebäuden zusätzlich sogenannte Brandriegel aus<br />

nicht brennbarem Dämmstoff wie Mineralfaser eingebaut.<br />

Bei korrekter Einhaltung dieser Vorschriften<br />

sei ein Fassadenbrand wie in London bei größeren Gebäuden<br />

nicht möglich.<br />

Wer aus Brandschutzgründen auf Styropor verzichten<br />

wolle, könne zudem Mineralfaserplatten oder Mineralschaumplatten<br />

als nicht brennbare, aber etwas teurere<br />

Alternative zu Polystyrol bei Außendämmungen<br />

einsetzen, so Sambale. »Im Fall eines Wohnungsbrandes<br />

sind die Schaumkunststoffe in Polstermöbeln und<br />

Matratzen aufgrund der giftigen Rauchentwicklung<br />

zunächst wesentlich relevanter als die Dämmstoffe auf<br />

der Außenwand.«<br />

Das Fazit von Sambale ist, dass niemand aus Brandschutzgründen<br />

auf eine Wärmedämmung, die ein Plus<br />

an Wohnkomfort und Energieeinsparung bringt, verzichten<br />

muss.<br />

Beim Fassadenbrand im Juni am Grenfall-Tower in North<br />

Kensington/London kamen 79 Menschen ums Leben. Über<br />

die Fassadendämmung breitete sich das Feuer schnell aus<br />

Fotos: Natalie Oxford/Wikipedia, eza!<br />

42<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Altbau<br />

Oben perfekt gedämmt<br />

Holzprofis sanieren im Bestand<br />

2200 Quadratmeter Dachboden wurden in einer Wohnbausiedlung neben<br />

dem Klinikum Kempten energetisch auf den neuesten Stand gebracht. Damit<br />

bei so einem Großprojekt alles glatt läuft, setzte die Wohnbau GmbH gleich<br />

auf Dämm-Know-how aus dem Allgäu: Verlegt haben die Thermo -<br />

bodenelemente die Spezialisten von Holzbau Geisenhof aus Oberstaufen.<br />

Für die Dämmung der obersten Geschossdecke<br />

in Kempten kam der Thermoboden der Joma<br />

Dämmstoffwerk GmbH aus Holzgünz (Allgäu)<br />

zum Einsatz. »Das war ein echtes Mammut-Projekt für<br />

uns. Noch nie haben wir so viel Dämmmaterial am<br />

Stück verlegt. Die über 2200 Quadratmeter verlegen<br />

wir normalerweise innerhalb von drei Jahren und in<br />

unterschiedlichen Objekten. Da war dieses Projekt<br />

schon eine echte Hausnummer«, erklärt Armin Geisenhof,<br />

Zimmerermeister und Inhaber von Holzbau<br />

Geisenhof in Oberstaufen. »Aber mit den Thermobodenelementen<br />

von Joma war das kein Problem, die lassen<br />

sich einfach und schnell verlegen. So kamen wir<br />

auf der Baustelle zügig voran und konnten unseren<br />

Zeitplan locker einhalten«, ist Geisenhof zufrieden.<br />

Bei dem Sanierungsprojekt in der Wohnbausiedlung<br />

mit insgesamt zehn Häusern aus den 1950er- und<br />

1960er-Jahren kamen Thermobodenelemente mit einer<br />

Gesamtstärke von 128 Millimetern und mit versiegelter,<br />

wischfester HDF-Oberfläche zum Einsatz. Der<br />

Dämmstoff, Hartschaum aus grauem Airpor, ist zu 100<br />

Prozent recycelbar, frei von gesundheitsschädlichen<br />

Stoffen, besteht zu 98 Prozent aus reiner Luft und ist<br />

somit besonders umweltfreundlich.<br />

Für einen sauberen Abschluss und eine noch höhere<br />

Dämmleistung wurden auf der gesamten Dachbodenoberfläche<br />

Kniestockelemente angebracht, die<br />

nachträglich auf den Thermoboden aufgesetzt wurden.<br />

Die zum Teil sehr unebenen Wände machten den<br />

Handwerkern von Holzbau Geisenhof dabei die Arbeit<br />

besonders knifflig. »Toll, dass wir hier auf das<br />

Know-how der Spezialisten vom Hersteller zurückgreifen<br />

konnten. Die hatten die richtigen Tipps und<br />

Über 2200 Quadratmeter<br />

perfekt gedämmte Dach -<br />

boden fläche: Dank Joma-<br />

Thermoboden ist die Wohn -<br />

bausiedlung in Kempten<br />

energetisch auf dem<br />

neuesten Stand<br />

Über den Joma-Thermoboden<br />

Der mit HDF versiegelte Thermoboden von Joma ist in<br />

Dicken von 108 bis 308 Milli metern erhältlich. Dank des<br />

patentierten Nut- und Federsystems bietet der Thermo -<br />

boden dem Verarbeiter auch eine vergrößerte Leim fläche<br />

und sorgt damit für Kraftschlüssig keit im Verbindungs -<br />

bereich. Beim Thermoboden von Joma leitet das Kanal -<br />

system dank der diffundierenden Wirkung Feuchtigkeit aus<br />

der Bausubstanz ab. Für die Joma-Dämmstoff werk sind<br />

die Thermoböden ein absoluter Renner im Produkt pro -<br />

gramm: Und das seit über vier Jahrzehnten. »Mit unserem<br />

Markenzeichen, der integrierten beidseitigen Unter lüftung,<br />

haben wir vor über 40 Jahren einen echten Coup<br />

gelandet. Denn Dank der Diffusions-Wirkung kann der<br />

Verarbeiter beim Verlegen auf eine Dampfsperre ver -<br />

zichten und da rüber hinaus lassen sich durch die unteren<br />

Kanäle kleinere Bodenunebenheiten ausgleichen«, sagt<br />

JOMA-Geschäfts führer Josef Mang. Das System wurde<br />

stets weiter ent wickelt und optimiert. Mit dem neuen Material<br />

Airpor wer den nun hohe Dämm werte erreicht, so dass<br />

die geforder ten Werte der Energieeinspar verordnung<br />

(EnEV) 2014 bereits mit einer Gesamtdicke von 128 Milli -<br />

metern (inklusive acht Millimeter HDF-Trägerplatte) erfüllt<br />

werden. Dank der unter schiedlichen Ausführungen als<br />

HDF- oder Span platte (wahlweise versiegelt) sowie der<br />

ebenfalls er hält lichen Aqua-Top-Oberfläche lässt sich für<br />

jedes Projekt das passende Joma-Thermoboden-System<br />

ermitteln.<br />

44<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Die Wohnbausiedlung nahe<br />

dem Klinikum in Kempten<br />

Fotos: Joma Holzgünz<br />

Tricks, sodass wir auch bei unebenen Untergründen<br />

eine ebenmäßige Dämmfläche schaffen konnten«, so<br />

Geisenhof. Zum Schutz der Dämmelemente und, um<br />

einen einwandfreien Dampfdruckausgleich zu gewährleisten,<br />

wurden die Kniestockelemente mit Lochblech<br />

abgedeckt.<br />

Damit die energetische Sanierung von über 2200<br />

Quadratmetern Dachboden besonders flott und zeitnah<br />

über die Bühne ging, mussten die Arbeiten auf der Baustelle<br />

flutschen. »Mit dem Thermoboden von Joma sparen<br />

wir uns gut 20 Prozent der Zeit, die wir sonst zum<br />

Verlegen andere Systeme benötigen. Man muss nicht<br />

lange am Dämmmaterial herumbasteln, sondern hat<br />

ein fertiges Produkt und muss dann nur noch die Platten<br />

verlegen – fertig«, erklärt der Holzbau-Profi. Das<br />

patentierte Nut- und Federsystem macht das Verlegen<br />

der Dämmelemente besonders einfach. Es bietet dem<br />

Verarbeiter eine vergrößerte Leimfläche und sorgt damit<br />

für Kraftschlüssigkeit im Verbindungsbereich. Nut<br />

und Feder sind im Dämmstoff doppelt ausgeführt, ab<br />

einer Stärke von 250 Millimetern sogar dreifach. Das<br />

garantiert eine wärmebrückenfreie Verlegung und somit<br />

eine 100-prozentige Wärmeisolierung.<br />

Weiterer Vorteil auf der Baustelle: Mit einem Gewicht<br />

von gerade einmal sechs Kilogramm sind die<br />

Thermobodenplatten auch besonders leicht und verarbeiterfreundlich.<br />

So konnten bei dem Sanierungsprojekt<br />

in Kempten die Dämmelemente einfach von<br />

Hand in die oberste Geschossdecke getragen werden.<br />

»Leichte Platten in dieser Qualität – da gibt es einfach<br />

nichts Vergleichbares auf dem Markt«, ist sich Geisenhof<br />

sicher, der bereits seit zehn Jahren eng mit Joma<br />

zusammenarbeitet.<br />

Auch die Wohnbau GmbH aus München, Eigentümer<br />

der Kemptener Wohnsiedlung, arbeitet seit fünf<br />

Jahren mit den Spezialisten von Joma zusammen und<br />

hat in der Vergangenheit bereits mehrere Objekte mit<br />

den Thermoböden des Allgäuer Qualitätsherstellers<br />

ausgestattet. Die Wohnbau GmbH bewirtschaftet<br />

deutschlandweit rund 18.000 Miet- und über 4000 Eigentumswohnungen<br />

für Dritte und hat in den vergangenen<br />

acht Jahren rund 8500 Bestandswohnungen erworben.<br />

Als langfristig orientierter Bestandshalter legt<br />

die Wohnbau GmbH Wert auf Qualität, Nachhaltigkeit<br />

und faire Mietpolitik. Um dies gewährleisten zu können,<br />

sind energetische Sanierungsmaßnahmen elementar.<br />

Gerade bei Bestandsimmobilien ist die Dämmung<br />

der obersten Geschossdecke die ideale Lösung<br />

für eine energetische Modernisierung. »Bei einer ungedämmten<br />

Dachbodendecke liegt der Wärmeverlust<br />

bei bis zu 40 Prozent«, verdeutlicht Stefan Miller, Vertriebsleiter<br />

technischer Produkte bei Joma. Dieser<br />

drastische Unterschied zwischen einer gedämmten<br />

und einer ungedämmten obersten Geschossdecke ließ<br />

sich beim Projekt in der Wohnbausiedlung in Kempten<br />

besonders gut beobachten, da auf der Baustelle<br />

Schnee lag: »Auf den Dächern der Häuser, bei denen<br />

wir die oberste Geschossdecke bereits gedämmt hatten,<br />

blieb der Schnee viel länger liegen, während er auf<br />

den Dächern der noch nicht sanierten Häuser schnell<br />

weggeschmolzen war«, so Miller.<br />

Einfaches Handling auf der<br />

Baustelle: Dank des<br />

patentierten Nut- und<br />

Federsystems geht das Verlegen<br />

des Thermobodens<br />

von Joma besonders leicht<br />

von der Hand<br />

Info<br />

Joma Dämmstoffwerk<br />

GmbH, Jomaplatz, 87752<br />

Holzgünz, Telefon<br />

+49 (0) 8393/78-0,<br />

info@joma.de, www.joma.de<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

45


Neu- und Altbau<br />

Luftdichtbahnen funktionieren<br />

Pavatex legt Langzeitstudie vor<br />

Seit zehn Jahren bietet das Schweizer Unternehmen Pavatex Dachsanierung mit<br />

sogenannten Luftdichtbahnen (LDB) auf Holzfaser-Basis für Neu- und Umbauten.<br />

Die Bahnen werden über den Dachsparren flächig verlegt. Eine Langzeit- Studie der<br />

Dämmspezialisten von Pavatex belegt nun die Funktionalität – weitere Auswertungen<br />

sollen demnächst folgen<br />

Vor zehn Jahren entwickelt, bis heute sehr gefragt:<br />

Bei der innovativen Luftdichtbahn-<br />

Dachsanierungsvariante von Pavatex wird die<br />

Luftdichtbahn (LDB) oberhalb des Sparrens flächig<br />

verlegt.<br />

Die Dämm spezialisten von Pavatex hatten die damals<br />

unübliche, doch sehr wirkungsvolle Lösung als<br />

Erster im Markt präsentiert und lange erfolgreich umgesetzt.<br />

Seitdem die Variante im Jahr 2015 im ZVDH-<br />

Regelwerk aufgenommen wurde, sind viele Hersteller<br />

dem erfolgreichen Beispiel gefolgt.<br />

Pavatex bietet seit Jahren ausgezeichnete ökologische<br />

Dämmlösungen auf Basis von Holzfasern am und geht<br />

immer wieder mit innovativen Ansätzen voran, so<br />

auch mit seiner 2007 entwickelten LDB-Dachsanierung<br />

für die Neu- bzw. Umdeckung des Daches. Chris -<br />

tian Völz, zuständig für das operative Geschäft von<br />

Pavatex-Soprema, erläutert: »Die Lösung vereint bauphysikalisches<br />

und technisches Know-how mit Wirtschaftlichkeit<br />

sowie einfacher Verarbeitung. Der Erfolg<br />

zeigt sich in über sieben Millionen Quadratmetern<br />

Dachfläche allein in Mitteleuropa, die mit dieser Sanierungsvariante<br />

ausgeführt wurden.«<br />

Kein »Berg- und Tal-Verfahren« mehr<br />

Zentraler Bestandteil des Konstruktionsaufbaues ist die<br />

Luftdichtbahn Pavatex LDB 0.02, die flächig oberhalb<br />

des Sparrens verlegt wird statt, wie zuvor üblich,<br />

Bei der Pavatex-LDB-<br />

Systemlösung (rechts grün)<br />

erfolgt die Verlegung der<br />

Luftdichtbahn flächig über<br />

den Sparren. Sie wird<br />

zwingend mit einer<br />

Unterdeckplatte bis 35 Millimeter<br />

kombiniert. Ein<br />

Wechsel der Lage der<br />

Luftdichtheitsebene ist<br />

problematisch und sollte<br />

vermieden werden<br />

Über Pavatex und Soprema<br />

Soprema mit Hauptsitz in Straßburg/Frankreich hat 2016<br />

die Pavatex-Gruppe über nommen. Die bisherigen Aktionäre<br />

der Gruppe haben ihr Unternehmen an Soprema verkauft.<br />

Die Soprema-Gruppe hält 100 Prozent der Aktien der Pavatex<br />

Holding AG und kontrolliert damit alle Unternehmen<br />

der Pavatex-Gruppe.<br />

Gegründet im Jahr 1908 in Straßburg, ist Soprema heute<br />

ein weltweit tätiger Spezialist für Abdichtung und Wärmedämmung<br />

von Gebäuden und Infrastrukturbauten mit 6260<br />

Mitarbeitern. Der Konzern verfügt über 42 Produktionsstandorte<br />

in Europa und Nordamerika.<br />

Soprema bekennt sich zur Marke Pavatex und zum Standort<br />

Schweiz. Die Pavatex-Vertriebsorganisationen für die<br />

Kernländer Schweiz, Deutschland/Österreich und Frankreich<br />

werden in die bestehenden Soprema-Ländervertriebsorganisationen<br />

integriert.<br />

Die Pavatex-Werke und andere Funktionen werden schrittweise<br />

in die Matrixorganisation von Soprema eingefügt.<br />

Damit ist sichergestellt, dass zügig gegenseitige Synergiepotenziale<br />

genützt werden. Für den Kunden bedeutet das,<br />

dass er weiterhin Pavatex-Produkte einsetzen und verwenden<br />

kann.<br />

46<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Der Pavatex-Systemaufbau mit Pavaflex<br />

zwischen den Sparren: Pavatex LDB 0.02<br />

Luftdichtbahn und Unterdeckplatten von<br />

Pavatex über dem Sparren<br />

schlaufenförmig im »Berg-und-Tal-Verfahren«. Dadurch<br />

können Material und Arbeitsaufwand reduziert<br />

werden. Die durchgehende Bahn schließt luftdicht<br />

nach außen ab und ist dabei mit einem sd-Wert<br />

(definiert die Eigenschaft als Dampfbremse) von 0,02<br />

Metern sehr diffusionsoffen. Dies sorgt für ein ange -<br />

neh mes Raumklima.<br />

Besonderer Vorteil bei Sanierungen: Die vorhandene<br />

Zwischensparrendämmung kann in der Regel in der<br />

Konstruktion verbleiben; die volle Sparrenhöhe muss<br />

lediglich vor der Verlegung der Luftdichtbahn mit<br />

Dämmstoff aufgefüllt werden. Den Abschluss der Konstruktion<br />

bilden die bewährten diffusionsoffenen<br />

Holzfaserdämmplatten für Unterdeckungen Isolair,<br />

Isoroof bzw. Pavatexterm-plus, die den Wärmeverlust<br />

und damit die Energiekosten erheblich senken. Darüber<br />

hinaus bieten die nachhaltigen Dämmplatten effizienten<br />

Schutz gegen Lärm und sommerliche Hitze.<br />

Langzeitstudie belegt Funktionalität<br />

Vor wenigen Monaten legte Pavatex den ersten Teil<br />

einer langfristig angelegten Studie zu einer LDB-Sanierung<br />

vor, die über vier Jahre gemessene Werte enthält.<br />

Das Ergebnis: Das Verfahren funktioniert. Der konvektive<br />

Feuchteeintrag in die Konstruktion ist unwesentlich<br />

höher als im Vergleich zu einer Konstruktion mit<br />

einer herkömmlichen, auf der Innenseite liegenden<br />

Dampfbremse. Durch die hohe Dampfdiffusionsfähigkeit<br />

der Pavatex-Dämmprodukte sind zudem die Anforderungen<br />

an den konstruktiven Holzschutz sehr gut<br />

zu erfüllen. Die vorgeschriebenen »Trocknungsreserven«<br />

im Rahmen der bauphysikalischen Fachplanung<br />

lassen sich einfach und gut nachweisen. In diesem<br />

Sommer werden weitere Messdaten ausgelesen und<br />

ausgewertet. Informationen werden dann unter<br />

www.pavatex.de zur Verfügung gestellt.<br />

Services runden das Angebot ab<br />

Als kostenfreien Service liefert Pavatex den vom<br />

ZVDH-Regelwerk geforderten objektspezifischen<br />

Feuchteschutznachweis gemäß DIN 4108, Teil 3, von<br />

Anfang an mit, um verarbeitenden Handwerkern Sicherheit<br />

bei der Dimensionierung des Systemaufbaues<br />

zu geben. Hinzu kommt die bewährte Pavatex-Systemgarantie.<br />

Damit Kunden zügig die zu ihrem Objekt passende Variante<br />

finden, stehen zahlreiche bauphysikalische Berechnungen<br />

von praxisgerechten Konstruktionen<br />

online unter www.pavatex.de/download/broschueren<br />

zur Verfügung. Spezielle Konstruktionen werden objektspezifisch<br />

von den erfahrenen Pavatex-Technikern<br />

berechnet.<br />

Info<br />

Soprema GmbH<br />

Pavatex<br />

Wangener Str. 58<br />

D-88299 Leutkirch<br />

Tel. 07561 9855-0<br />

Fax 07561 9855-30<br />

leutkirchsoprema.de<br />

www.pavatex.de<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

47


Hausbau<br />

Wärmepumpen in Einsatz<br />

Reichen Standard-Angebote aus?<br />

Wärmepumpen sind aus modernen Haustechnikkonzepten nicht mehr wegzudenken.<br />

Die Nutzung regenerativer Energien ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll.<br />

»Um die richtige Wahl zu treffen, bedarf eine Wärmepumpen-Anlage aber<br />

gewerk übergreifender Planung«, rät Dipl.-Ing. Jens-Uwe Nieß, Servicepartner<br />

der Verbraucherschutzorganisation Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB)<br />

Tiefbohrungen für Son den<br />

einer Erd-Wärme pum pe<br />

müssen in der Regel be hörd -<br />

lich genehmigt werden<br />

Ist eine Wärmepumpe von der Stange mit üblicherweise<br />

geringem Anschaffungspreis wirklich der<br />

Königsweg zum energetisch vorteilhaften Bauen<br />

und zur Erfüllung der Anforderungen aus der Energieeinsparverordnung<br />

(EnEV)? In vielen Hausangeboten<br />

finden sich Hinweise wie »Wärmepumpe ist bei<br />

uns Standard«. Solche „All-inklusiv-Angebote« sollte<br />

man aber nicht einfach ungeprüft übernehmen.<br />

Wenn das Grundwasser hilft<br />

Bauherren sollten sich laut Nieß darüber informieren,<br />

wer beim Anbieter ihrer Wahl die Planung in<br />

der Hand hat. Das Team besteht im Idealfall aus Architekt,<br />

Fachplaner, Brunnenbauer, Heizungs- und<br />

Elektroinstallateur. Der Architekt sollte prüfen, welche<br />

Art von Wärmepumpe überhaupt einsetzbar ist. Den<br />

besten Wirkungsgrad haben Wasser/Wasser-Wärmepumpen,<br />

die Grundwasser über einen eigens zu bohrenden<br />

Brunnen nutzen. Voraussetzung sind Grundwasser<br />

in erreichbarer Nähe und eine behördliche Genehmigung<br />

für die Grundwasser-Nutzung. Zudem<br />

muss die Wasserqualität sich eignen.<br />

Bohren oder nicht bohren?<br />

Sole/Wasser-Wärmepumpen nutzen das Erdreich<br />

als Wärmequelle über Sonden oder Kollektoren. Für<br />

oberflächennah eingebaute Kollektoren ist ein entsprechend<br />

großes Grundstück erforderlich, für Sonden,<br />

die in Tiefbohrung eingebracht werden, müssen<br />

unter Umständen Genehmigungen oder Bodengutachten<br />

eingeholt werden. Luft/Wasser-Wärmepumpen<br />

nutzen die Luft als Wärmequelle und erfordern daher<br />

48<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Wärmepumpen mit<br />

Erdkollektoren erfordern<br />

ein ausreichend großes<br />

Grundstück für die<br />

Verlegung der Kollektoren<br />

Wärmepumpen<br />

arbeiten am<br />

effizientesten mit<br />

Flächenheizungen,<br />

die mit niedrigen<br />

Vorlauftempera -<br />

turen versorgt<br />

werden können<br />

Fotos: djd/Bauherren-Schutzbund<br />

keine Bohrungen oder Erdarbeiten. Sie sind kostengünstiger,<br />

aber ihr Wirkungsgrad ist niedriger, da die<br />

Leistung mit sinkenden Temperaturen nachlässt.<br />

Passt die Wärmepumpe zur Heizung?<br />

Unabhängig vom Typ arbeiten Wärmepumpen<br />

umso effizienter, je weiter die Vorlauftemperatur der<br />

Heizung in Richtung 35 Grad Celsius abgesenkt werden<br />

kann. Im Neubau sind daher Flächenheizungen<br />

das richtige System, um das Potenzial der Wärmepumpe<br />

optimal zu nutzen. Wenn im Altbau bestehende<br />

Heizungsinstallationen weiter genutzt werden sollen,<br />

muss eine Vorlauftemperatur von mehr als 55<br />

Grad Celsius vermieden werden. Grundsätzlich kann<br />

es sinnvoll sein, die Planung durch einen Sachverständigen<br />

prüfen zu lassen, zum Beispiel durch einen unabhängigen<br />

Bauherrenberater des BSB. Mehr Informationen<br />

und Ansprechpartner für die Beratung sowie<br />

einen kostenlosen Ratgeber »Angebots-Check für<br />

Wärmepumpen« gibt es unter www.bsb-ev.de (djd)<br />

Die Wärmepumpe –<br />

eine Kältemaschine<br />

Wärmepumpen sind Kältemaschinen und ar -<br />

beiten im Prinzip genauso wie der Kühl- oder<br />

Gefrierschrank, der fast in jedem Haushalt zu<br />

finden ist. Im Kühlschrank entzieht die Ma -<br />

schine Wärme aus dem Innenraum und gibt<br />

sie nach außen ab, im Haus entzieht sie die<br />

Wärme aus Erde, Wasser oder Luft und gibt<br />

sie als Heizenergie ab. »Wärmepumpen be -<br />

Flächenheizungen sind aufgrund<br />

ihrer niedrigen Vorlauf tem pera -<br />

turen sehr gut für das Heiz sys -<br />

tem Wärmepumpe geeignet<br />

stehen im Wesentlichen aus einem Kompres -<br />

sor beziehungsweise Verdichter, einem Kon -<br />

densator, einem Expansionsventil und dem<br />

Verdampfer«, erklärt Dipl.-Ing. Jens-Uwe Nieß,<br />

Servicepartner des Bauherren-Schutzbund<br />

e.V. Durch den Verdichter wird ein Kältemittel<br />

unter Druck auf ein höheres Temperatur -<br />

niveau gebracht. Diese Wärme wird dann an<br />

das Heizungswasser übertragen. Mehr<br />

Informationen gibt es unter www.bsb-ev.de<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

49


Medien<br />

Helmut Jahn<br />

Deutschland – wir<br />

weben dein Leichentuch<br />

Und wieder einmal stellt jemand 95<br />

Thesen zur Situation der Menschheit<br />

in den Raum. Diesmal heißt<br />

derjenige, der die Thesen aufstellt<br />

und verbreitet, nicht Martin Luther,<br />

sondern Helmut Jahn. Und es geht<br />

auch nicht um die Religion, sondern<br />

um unsere Demokratie und<br />

unsere Zukunft. Jahn fasst zusammen:<br />

»Die Demokratie, die erstrebenswerteste<br />

Regierungsform –<br />

und das seit der Antike –, wird<br />

durch ihre Abhängigkeit vom Finanzsektor<br />

und allen erdenklichen<br />

Formen einer erstarkten Lobby ad<br />

absurdum geführt.« Jahn prangert<br />

Missstände an, zeigt Fakten und relevante<br />

Zahlen auf, belegt anhand<br />

zahlreicher Beispiele die Unzulänglichkeiten<br />

der Verantwortlichen.<br />

Unverblümt und<br />

recht offensiv gestaltet<br />

der Autor seine<br />

Kritik an Politik, Regierungen<br />

und Gesellschaft.<br />

Ins Tagebuch<br />

der Politiker<br />

landauf, landab<br />

schreibt er: »Nicht<br />

der Kapitalismus,<br />

nicht die Globalisierung<br />

ist die Gefahr!<br />

Unsere Politik forciert<br />

die kriminellen<br />

Exzesse des Finanzkapitals.«<br />

Er stellt 95 Thesen in den<br />

Raum und leitet aus diesen Sofortmaßnahmen<br />

und Reformen zur<br />

Rückgewinnung der wahren Demokratie<br />

ab. Auch, wenn wir glauben,<br />

dass nicht ein Bruchteil dieser<br />

Maßnahmen in der nächsten Zeit<br />

umgesetzt wird – dieses Buch zeigt<br />

zumindest grundlegende Mängel<br />

auf. Dass es 387 Seiten stark ist, beweist<br />

nicht nur den Fleiß des Autors<br />

beim Sammeln von Missständen,<br />

sondern auch, dass es davon<br />

jede Menge gibt.<br />

»Deutschland – wir weben dein<br />

Leichentuch«, Taschenbuch Paperback,<br />

Format 17x22cm, Autor: Helmut Jahn,<br />

Klecks Verlag, 16,80 Euro,<br />

ISBN 978-3-95683-264-2<br />

Meadows/Randers<br />

Grenzen des Wachstums<br />

– das 30-Jahre-Update<br />

Die Menschheit kann mehrere<br />

Entwicklungswege gehen. Bereits<br />

in der Vergangenheit haben die<br />

Autoren Wege beschrieben, die sie<br />

für möglich halten, wenn die<br />

Grenzen des Wachstums erreicht<br />

sind. In diesem Werk sind weitere<br />

Szenarien beschrieben. Im »30-<br />

Jahre-Update« mit aktuellen Zahlen<br />

wird deutlich, dass der große<br />

Kurswechsel dringend nötig ist –<br />

eine Wende zur echten Nachhaltigkeit<br />

mit drastischen materiellen<br />

und strukturellen Veränderungen.<br />

Die Autoren<br />

Professor Dr.<br />

Donella Meadows<br />

(verstorben/<br />

Analyse<br />

der früheren<br />

Jahre), Professor<br />

Dr. Joergen<br />

Randers<br />

und Professor<br />

Dr. Dennis<br />

Meadows stellen<br />

fest: »Wir<br />

können die<br />

neuen Wege<br />

gehen, aber wir müssen es wollen!«<br />

Grenzen des Wachstums – das 30-<br />

Jahre-Update, Taschenbuch,<br />

Paperback, 334 Seiten, Format<br />

15x23cm, Hirzel-Verlag, 5. Auflage,<br />

29 Euro, ISBN 978-3-7776-2544-7<br />

Fred Pearce<br />

Die neuen Wilden<br />

Sie kommen<br />

schleichend.<br />

Und plötzlich<br />

sind sie da,<br />

und wir fühlen<br />

uns und unsere<br />

geliebte Natur<br />

bedroht. Die<br />

neuen Wilden<br />

sind gebietsfremde<br />

invasive Arten:<br />

Bärenklau, Waschbär und Co. Sie<br />

bedrohen einheimische Tier- und<br />

Pflanzenarten. Deshalb versuchen<br />

wir, sie zurückzudrängen<br />

und zu bekämpfen. Autor Fred<br />

Pearce war auch lange Zeit dieser<br />

Meinung. Im vorliegenden Buch<br />

macht er aber eine Kehrtwende<br />

um 180 Grad. »Wie, wenn unsere<br />

traditionelle Sicht auf die Natur<br />

falsch ist? Was, wenn echter Naturschutz<br />

gerade darin besteht,<br />

die Eindringliche willkommen zu<br />

heißen?« Schließlich ist der Klimawandel<br />

inzwischen unbestritten<br />

– inzwischen wächst Wein<br />

auch im Norden Deutschlands,<br />

und die Baumgrenze in den Bergen<br />

klettert langsam höher. Mit<br />

dem Klimawandel ist auch die<br />

Natur in schnellere Bewegung gekommen.<br />

Pearce: »Wir brauchen<br />

widerstandsfähige Arten, die unsere<br />

Natur bereichern und übernutzte<br />

Landschaften heilen!«<br />

Die neuen Wilden. Wie es mit<br />

fremden Tieren und Pflanzen gelingt,<br />

die Natur zu retten. Harcover,<br />

334 Seiten, Format 14x21cm,<br />

Oekom Verlag, 22,95 Euro, ISBN<br />

978-3-86581-768-6<br />

50 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Medien<br />

Fatheuer/Fuhr/Unmüßig<br />

Kritik an der<br />

Grünen Ökonomie<br />

In der oberflächlichen Wahrnehmung<br />

vieler Menschen könnte<br />

»Grüne Okonomie« als Alternative<br />

zur augenblicklichen wirtschaftlichen<br />

Situation sein. Weit gefehlt,<br />

stellen Thomas Fatheuer, Lili Fuhr<br />

und Barbara Unmüßig in ihrem<br />

Buch fest: »Die Grüne Okonomie<br />

will ein neues Leitbild anbieten,<br />

das vor allem auf großtechnologischen<br />

Lösungen basiert.« Hat jemand<br />

hier Bayer/Monsanto gehört?<br />

Die Autoren stellen die Frage:<br />

»…kann Effizienz eine Lösung<br />

sein, wenn sie den Konsum weiter<br />

anheizt? Was bewirkt grünes<br />

Wachstum, wenn gleichzeitig die<br />

Emissionen aus der Nutzung fossiler<br />

Energieträger weiter steigen?«<br />

Dieses Buch unterzieht die Grüne<br />

Ökonomie einer kritischen Prüfung,<br />

testet ihre Versprechen, erörtert<br />

ihre Möglichkeiten, beschreibt<br />

die tatsächlichen Konsequenzen,<br />

nennt die »blinden Flecken« und<br />

skizziert einen Weg, um globale<br />

Krisen auch unter sozialen Gesichtspunkten<br />

zu meistern. Dabei<br />

spielt die größer werdende Kluft<br />

zwischen Arm und Reich eine große<br />

Rolle.<br />

Claus-Peter Hutter u.a.<br />

Sonne, Wasser und Wind<br />

Mit Kindern Energie<br />

verstehen und nachhaltig<br />

leben<br />

Kinder und Jugendliche sind die<br />

neue Generation, die mit den unterschiedlichen<br />

Formen der erneuerbaren<br />

Energien umgehen können<br />

soll – ja sogar muss. Dieser Praxisleitfaden<br />

bietet Anregungen und<br />

Hintergrundwissen für Erzieher<br />

und Eltern. Es beginnt mit der Feststellung:<br />

»Was ist Energi,e und<br />

wozu brauchen wir sie?« Welche<br />

Rolle spielen dabei Sonne, Wasser<br />

und Wind? Danach tauchen die<br />

Autoren Claus-Peter Hutter, Karin<br />

Blessing, Claudia Dichtl und Rainer<br />

Köthe in die Auswertung der Quellen<br />

ein: Reichen die vorhandenen<br />

Energiequellen für die Zukunft aus?<br />

Wie spielen Energieverbrauch,<br />

wirtschaftliche Notwendigkeiten<br />

und der Klimawandel ineinander?<br />

Immer wieder werden Verbindungen<br />

hergestellt: So kann sinnvoller<br />

Umgang mit Energie aussehen. Besonders<br />

wichtig: Die Autoren gehen<br />

auf die Möglichkeiten für den Einzelnen<br />

ein. Setzen das Samenkorn<br />

bei Kindern, die in der Zukunft<br />

verantwortungsvoll mit Umwelt<br />

und Natur umgehen sollen.<br />

Sonne, Wasser und Wind. Mit Kindern<br />

Energie verstehen und nachhaltig<br />

leben, Paperback, Format: 17x21,5cm,<br />

224 Seiten, viele kolorierte Skizzen und<br />

Zeichnungen, 19,80 Euro,<br />

ISBN 978-3-7776-2391-7<br />

Dr. Uwe Bahlke<br />

Vom Weltverständnis<br />

eines Bürgers<br />

und Urschen der<br />

Politikverdrossenheit<br />

Die soziale, wirtschaftliche, ökonomische<br />

und politische Situation in<br />

unserem Lande, Funktion und Organisation<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland, die Interessenlagen<br />

und der politische<br />

Alltag in unserer Gesellschaft<br />

werden in diesem<br />

Buch zur Diskussion<br />

gestellt. Die wechselseitige<br />

Abhängigkeit der Lebensperspektive<br />

des einzelnen<br />

Bürgers von der<br />

Gesellschaft und des<br />

Leistungsvermögens<br />

unserer Gesellschaft<br />

vom Verhalten und<br />

den Leistungen des<br />

einzelnen Bürgers<br />

werden offengelegt.<br />

Neben den Stärken und Entwicklungspotenzialen<br />

unseres Landes<br />

werden Mängel, Defizite, Konflikte,<br />

Risiken und Gefährdungen deutlich<br />

gemacht.<br />

Veränderung ist notwendig. und<br />

Veränderung ist möglich. Das wird<br />

in diesem Werk deutlich vor Augen<br />

geführt. Zielorientierte Veränderung<br />

ist allerdings nicht das Ergebnis<br />

von Beliebigkeiten. Sie erfordert<br />

eine zieladäquate Organisation des<br />

Veränderungsprozesses.<br />

Politikverdrossenheit entsteht dort,<br />

wo Regierende und Eliten sich ihrer<br />

Verantwortung für die Gestaltung<br />

einer erstrebenswerten Zukunft für<br />

alle entziehen, eigenen Interessen<br />

folgen, die Urteilsfähigkeit der Bürger<br />

unterschätzen, die Bürger sich<br />

eigene Antworten auf Probleme<br />

unserer Zeit suchen, weil die Argumente<br />

der Regierenden, häufig einseitig<br />

unvollständig und vordergründig,<br />

sie nicht überzeugen.<br />

Kritik an der Grünen Ökonomie,<br />

Paperback, 190 Seiten, Format<br />

13x21,5cm, Oekom Verlag, 14,95 Euro,<br />

ISBN-13: 978-3-86581-748-8<br />

Vom Weltverständnis eines Bürgers,<br />

Paperback, Format DIN-A4,<br />

400 Seiten, 19,20 Euro,<br />

ISBN 978-3-95683-303-8<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

51


Mächler<br />

Leuchtende Farben der Natur<br />

Lapislazuli aus Aichstetten<br />

In unregelmäßiger Folge stellen wir in dieser Zeitschrift<br />

Menschen oder Unternehmen vor, die in der Vergangenheit<br />

den Ruf des Allgäus als Region der Mächler begründet<br />

oder die – wie im Falle von Kremer-Pigmente in Aichstetten –<br />

Weltruf als Spezialisten mit Wurzeln im Allgäu erlangt haben.<br />

Firmengründer<br />

Dr. Georg Kremer<br />

Seit 1977 beliefert Kremer Pigmente weltweit<br />

Kunden mit Produkten für die Denkmalpflege,<br />

die Restaurierung und die anspruchsvolle Malerei.<br />

Zinnoberrot, Smalte, Lapislazuli, Beinschwarz oder<br />

Krapplack – das sind nur einige seltene Pigmente, deren<br />

Herstellung jahrhundertelang als vergessen galt. Doch<br />

dieses Allgäuer Unternehmen hat diese Pigmente wieder<br />

zum Leben erweckt und am Markt verfügbar gemacht.<br />

Im Zuge der Industrialisierung und der Weltkriege<br />

war das alte Handwerk der Farbherstellung verloren<br />

gegangen. So fand in den 1930er-Jahren ein Umstrukturierungsprozess<br />

in der Farbenindustrie statt. Denn<br />

diese benötigte ausschließlich Pigmente und Farben,<br />

die eine technische Verarbeitung in großen Mengen<br />

erlaubt. Seitdem produziert die Farbenindustrie Pigmente<br />

in sehr gleichbleibenden Farbtönen. Die stehen<br />

jedoch ganz im Gegensatz zu den Pigmenten aus der<br />

Natur. Denn je nach Herkunftsort variieren natürliche<br />

Mineralien ihren Farbton. Zudem reflektieren die Kristalle<br />

von natürlichen Pigmenten das Licht stärker an<br />

der Oberfläche, was einen entscheidenden Effekt auf<br />

die Leuchtkraft hat. Der Trend, dass historische Pigmente<br />

als überflüssiger Ballast vergangener Tage galten,<br />

wurde so nicht erst in letzter Zeit revidiert.<br />

Weltweit wird das Herstellen eigener Farben aus<br />

Bindemittel und Pigment nach wie vor praktiziert.<br />

»Pigmente und Farben bestehen nicht allein aus ihren<br />

Materialien und der Art und Weise ihrer Herstellung.<br />

Viel mehr erfährt man bei einem Blick hinter die Kulissen:<br />

Die historischen und geschichtlichen Werte<br />

spielen hier eine entscheidende Rolle«, erklärt Firmengründer<br />

Dr. Georg Kremer.<br />

52<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Sodalith ist ein bläuliches Mineral<br />

3<br />

Aus dem Sekret der<br />

Purpurschnecke wird<br />

Farbstoff gewonnen<br />

4<br />

Schwarze Kreide<br />

2<br />

5<br />

Eierschalen vom Straußenei<br />

6 7<br />

Die natürlichen Kristalle<br />

verstärken den blauen Farbton<br />

Realgar zur Gewinnung von<br />

»Rauschrot«<br />

Firmengeschichte<br />

8 9 10<br />

1970 erhielt der promovierte Chemiker Dr. Georg<br />

Kremer eine Anfrage eines befreundeten englischen Restaurators.<br />

Dieser war auf der Suche nach »Smalte«, einem<br />

intensiven Blauton aus kobalthaltigem Glas, das zu<br />

dieser Zeit nicht mehr erhältlich war. Das Pigment war<br />

schon den alten Ägyptern bekannt und erlebte in der<br />

Zeit des Barock eine Renaissance. Durch intensive<br />

Nachforschungen konnte Georg Kremer damals die Rezeptur<br />

für das gemahlene blaue Glas in seinem Labor<br />

zusammenstellen.<br />

Diese Arbeit war die Grundlage für die Gründung<br />

von Georg Kremers Ein-Mann-Betrieb 1977 in Rottenburg<br />

am Neckar. Die Forschung und Herstellung alter<br />

und vergessener Pigmente verbindet sein chemisches<br />

Wissen und die Leidenschaft zur Historie bis heute. So<br />

umfasste das Produktsortiment schon zwei Jahre nach<br />

der Gründung mehr als 100 verschiedene Pigmente.<br />

Das Nischenunternehmen wuchs unter der weltweit<br />

stetigen Nachfrage. 1984 erwarb der Firmengründer<br />

eine alte Getreidemühle in Aichstetten im Allgäu.<br />

Das Gebäude würde zur Farbmühle umfunktioniert, in<br />

der sich heute Produktion, Lager, Vertrieb und ein<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Pigmentfarben-Gewinnung aus Lapislazuli: Der Rohstoff (2,3,4) kommt überwiegend aus dem<br />

Hindukusch. Nach dem Mahlen (5,6,7) wird das feine blaue Pulver gesiebt und verfeinert<br />

(8,9,10) und für den Verbrauch vorbereitet (11,12,13,14)<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

53


Mächler<br />

Fotos: Kremer Pigmente<br />

Ein deutlicher Hinweis, was<br />

in der Firma in Aichstetten<br />

hergestellt wird<br />

Eine Erdfarbe ist das<br />

mittlere Pergamentgelb<br />

Showroom befinden. Zweigstellen entstanden 1982 mit<br />

der Eröffnung in München und 1985 in Stuttgart. Mit<br />

der Gründung von Kremer Pigments Inc. 1989 mit Sitz<br />

in New York verstärkte das Familienunternehmen seine<br />

internationale Präsenz und erschloss den amerikanischen<br />

Markt der Pigmente für Künstler und Restauratoren.<br />

Produktangebot<br />

Heute werden von den über 1500 angebotenen Pigmenten<br />

der Firma rund 250 in Handarbeit in der Farbmühle<br />

hergestellt. Die Firmenphilosophie, die Reinheit<br />

und höchste Qualität verlangt, macht das Unternehmen<br />

im Bereich der historischen Pigmente weltweit führend.


»Durch die Recherche nach alten Rezepten zur Herstellung<br />

von historischen Pigmenten können wir längst vergessene<br />

Farben wieder ans Licht bringen. Daneben führen<br />

Experimente mit verschiedensten Materialien wie<br />

z.B. Felsstücke, Knochen oder Wurzeln immer wieder<br />

zu neuen Farbtönen und -nuancen«, so David Kremer,<br />

Geschäftsführer in der zweiten Generation. Neben den<br />

selbst hergestellten historischen Pigmenten vertreibt<br />

Kremer Pigmente auch moderne, synthetisch hergestellte<br />

Pigmente.<br />

Unentbehrlich für Restauratoren und Künstler zur<br />

Herstellung von gebrauchsfertigen Farben sind Mal-,<br />

Binde- und Klebemittel. Die Auswahl an Füllstoffen erweitert<br />

die optischen Möglichkeiten in Bezug auf Transparenz<br />

und Oberflächenbeschaffenheit der Farben. Daneben<br />

werden in der firmeneigenen Farbküche in Aichstetten<br />

gebrauchsfertige Farben in aufwendiger Handarbeit<br />

hergestellt. Aus Farbrezepturen der vergangenen<br />

Jahrhunderte wurden bei Kremer Aquarellfarben, Farbteige,<br />

Ölfarben und Retouchierfarben entwickelt. Das<br />

breite Sortiment wird durch hochwertige Farben, Farbstoffe,<br />

Lösemittel, Chemikalien, Werkzeuge, Pinsel und<br />

Fachliteratur ergänzt.<br />

Aichstetten zur Verfügung. Auf Anfrage werden auch<br />

fertige Öl-, Acryl- und Alkydharz-Farben kundenspezifisch<br />

hergestellt. Mehrmals jährlich stattfindende Kurse<br />

und Workshops geben die Möglichkeit zu praktischen<br />

Einblicken in diverse Themengebiete. Zusätzlich erhalten<br />

Kunden mit dem monatlichen Farbmühlennewsletter<br />

Informationen zu Produkten, Rezepte und weiterführende<br />

Links. Aktuelle Termine und Publikationen<br />

werden stets über die Facebookseite von Kremer Pigmente<br />

bekannt geben.<br />

David Kremer präsentiert<br />

die Palette der Farbtöne<br />

Der Wasser -<br />

einlauf der<br />

ehemaligen<br />

Getreidemühle<br />

Serviceleistungen<br />

Neben den eigenen Dependancen sind Kremer<br />

Pigmente durch ein weltweites Distributorennetzwerk<br />

von über 100 Wiederverkäufern global vertreten. Der<br />

einmal jährlich erscheinende Katalog gibt einen Überblick<br />

über das gesamte Sortiment. Produktneuheiten<br />

werden vorgestellt und deren Verwendung erläutert.<br />

Durch die Bereitstellung von Rezepten, Eignungslisten<br />

und Verarbeitungshinweisen, z.B. zur Malmittelherstellung,<br />

können sich Kunden Farben nach ihren individuellen<br />

Bedürfnissen selbst zusammenstellen. Eine fachspezifische<br />

technische Beratung zu allen Themengebieten<br />

steht den Anwendern persönlich im Firmensitz in<br />

Über die Kremer Pigmente<br />

GmbH & Co. KG<br />

Das familiengeführte mittelständische<br />

Unternehmen hat sich auf die Herstellung<br />

und den Vertrieb seltener und historischer<br />

Pigmente spezialisiert. Die in der Farbmühle<br />

in Aichstetten im Allgäu beheimatete Firma<br />

ist Weltmarktführer im Bereich der Pigmente<br />

für die Denkmalpflege, Restaurierung und die<br />

anspruchsvolle Malerei. Durch die<br />

Entwicklung von Spezialprodukten bedient<br />

Kremer Pigmente weitere Nischenmärkte in<br />

diesem Bereich.<br />

Kremer Pigmente GmbH & Co. KG<br />

Hauptstraße 41-47<br />

88317 Aichstetten<br />

Telefon +49 (0)7565 914480<br />

info@kremer-pigmente.com<br />

www.kremer-pigmente.com<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

55


Wasseraufbereitung<br />

Allgäuer Filter rettet Leben<br />

Trinkwasser-Aufbereitung für Haiti<br />

Hilfe zur Selbsthilfe an einem Ort, an dem Hurrikan »Matthew« vor Monaten über<br />

1000 Todesopfer forderte und fast 30.000 Häuser zerstörte: Dank eines einzigartigen<br />

Wasserfiltersystems aus dem Unterallgäu können sich auf der Antillen-Insel Haiti<br />

täglich 300 Kinder und Jugendliche selbst mit dem versorgen, was sie am nötigsten<br />

brauchen – sauberes Trinkwasser. Dafür hat die Firma Schneider Kunststofftechnik<br />

aus Kirchheim jetzt eine Auszeichnung als »Top 100-Innovator« erhalten.<br />

Geschäftsführerin Drita<br />

Schneider und ihre Tochter<br />

Marie bei der Preisübergabe<br />

mit TV-Moderator Ranga<br />

Yogeshwar<br />

Über den Ujeta-Wasserfilter<br />

Die Bilder damals waren erschreckend, und da<br />

war für mich von Anfang an klar, dass wir<br />

helfen müssen«, sagte Drita Schneider, Geschäftsführerin<br />

der Ujeta GmbH aus Kirchheim, als<br />

die Bilder der Zerstörung durch die Medien gingen,<br />

die »Matthew« im Oktober letzten Jahres angerichtet<br />

hatte. Das Problem für die Unterallgäuer Unternehmerin:<br />

Sie fand in Deutschland zunächst keine Hilfsorganisation,<br />

die die Logistik auf die Reihe brachte<br />

und sicherstellen konnte, dass das Filtersystem, immerhin<br />

im Wert von über 20.000 Euro, auch wirklich<br />

im Krisengebiet ankam. »Wir sind sämtliche großen<br />

Hilfsorganisationen angegangen, aber die konnten uns<br />

nicht zusichern, dass unsere Filtersysteme auch wirklich<br />

vor Ort ankommen. Immer wieder waren Hilfstransporte<br />

und Lkws überfallen worden«, erinnert sie<br />

sich. Gemeinsam mit der Kindernothilfe Österreich<br />

und der Katastrophenhilfe Amurt klappte es schließlich<br />

doch. Bis heute sind insgesamt zehn der sogenannten<br />

Ujeta-Care-Wasserfiltersysteme in sieben<br />

Kinderschutzzentren der Kindernothilfe Österreich<br />

auf Haiti im Einsatz.<br />

Wasser fürs Kinderschutzzentrum<br />

Noch im Dezember flog Ujeta-Mitarbeiter Michael<br />

Astl nach Port-au-Prince, die Hauptstadt von<br />

Haiti, und fuhr von dort aus weiter ins Kinderschutzzentrum<br />

nach Corridon, um freiwillige Helfer, aber<br />

auch die betroffenen Mädchen und Buben zu schulen.<br />

Ujeta steht für Wasser (kosovarisch »Uje«) und Leben (kosovarisch »Jeta«). Der Ujeta-<br />

Wasser filter ist eine der kleinsten und effektivsten Wasseraufbereitungsanlagen der Welt mit<br />

einer Filter leistung von bis zu 5000 Litern pro Einheit. Als mobiler und leichter Wasserfilter<br />

(340 Gramm) ist er schnell einsatzbereit und filtert das Wasser dort, wo es gebraucht wird,<br />

und nicht dort, wo es gewonnen wird. Somit führt der Ujeta-Wasserfilter zu einer nachhaltigen<br />

Verbesserung der Trinkwasserversorgung weltweit. Der Qualitäts-Aktivkohlefilter »Made in<br />

Germany« arbeitet mit einer Filterfeinheit von bis zu 0,45 µm und nutzt zudem die hohe<br />

Absorptionswirkung der Aktivkohle als reines Naturprodukt. Der Membranfilter mit Hightech-<br />

Hohlfasermembran hat eine Filterfeinheit von bis zu 0,1 µm.<br />

Mit Erfolg: Die zehn Ujeta-Care-Filter sind täglich<br />

pausenlos im Einsatz und versorgen bis zu 300 Kinder<br />

und Jugendliche mit Trinkwasser in Quellwasser-Qualität.<br />

Und das ist auch zwingend notwendig, denn eine<br />

stabile Wasser-Infrastruktur sucht man in diesem Gebiet<br />

vergeblich. Im Gegenteil: Nach wie vor ist Haiti<br />

ein Cholera-Gebiet. Die bakterielle Infektionskrankheit<br />

hatte sich infolge des großen Erdbebens von 2010<br />

flächendeckend auf der ganzen Insel ausgebreitet, weil<br />

großflächig sämtliche sanitären Infrastruktureinrichtungen<br />

zerstört worden waren.<br />

Schadstoffe und Bakterien ausgefiltet<br />

In diesem Zusammenhang sorgt die patentierte<br />

Micro-Filtration des Ujeta-Systems für schier unglaubliche,<br />

aber wissenschaftlich nachgewiesene Ergebnisse.<br />

Dank kombinierter Ultrafiltration aus Aktivkohle-<br />

und Membranfilter (nach LOG 6-Klassifizierung)<br />

entfernt der Ujeta-Wasserfilter 99,999 Prozent<br />

aller Bakterien und Keime sowie Schwermetalle,<br />

Medikamentenrückstände, Chlor- und Chlorabbauprodukte,<br />

Pestizide, organische Verbindungen und Asbestfasern.<br />

Bakterien, Keime, Pilze, Metallpartikel und<br />

Mikroorganismen werden im Membranfilter zurückgehalten,<br />

wertvolle Mineralien bleiben dabei im Wasser<br />

enthalten. Energetisierende Bio-Kristalle und eine<br />

spezielle Verwirbelungstechnik verleihen dem gefilterten<br />

Wasser Quellwasser-Qualität. So wird aus<br />

Oberflächenwasser aus Brunnen, Seen oder auch Flüssen<br />

trinkbares Wasser praktisch ohne Keime.<br />

Die hervorragenden Filtereigenschaften des Wasserfilters<br />

bestätigte das Wasser-Labor unter Leitung<br />

von Dr. Staber in wissenschaftlichen Vorher-Nachher-<br />

Untersuchungen mit brackigem Teichwasser. Die<br />

Wirksamkeit zeigte sich dabei besonders deutlich bei<br />

den E.coli-Bakterien, die weltweit für 160 Million<br />

Durchfallerkrankungen und ca. eine Millionen Todesfälle<br />

pro Jahr sorgen: Nach der Behandlung wurden<br />

keine E.coli-Bakterien mehr gefunden.<br />

Die Bedienung des Ujeta-Care-Wasserfilters ist<br />

kinderleicht: Mithilfe des abnehmbaren Zehn-Liter-<br />

Kunststoff-Behälters kann Wasser aus Brunnen, Seen,<br />

56 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Der Ujeta-Care-Wasserfilter ist kinderleicht zu bedienen<br />

Flüssen und Zisternen geholt werden. Eine im Kunststoff-Behälter<br />

integrierte Vliesmatte filtert das Wasser<br />

vor und befreit es von groben Partikeln. Über eine<br />

Pumpeinheit und eine Kartusche mit Spezialfiltern<br />

wird das Wasser weiter gefiltert und gelangt in das<br />

Herzstück des Systems: den Ujeta-Wasserfilter. Dort<br />

wird es in sauberes Trinkwasser verwandelt, bevor es<br />

durch ein schmales Röhrchen in die Trinkbecher sprudelt.<br />

In einer Minute können so etwa drei Liter Wasser<br />

zu sauberem Trinkwasser gefiltert werden. »Die Kinder<br />

aus Haiti haben einen Riesen-Spaß, jeder will<br />

selbst pumpen und die neue Mini-Wasseraufbereitungsanlage<br />

benutzen«, schmunzelt Michael Astl.<br />

»Genau diese kinderleichte Handhabung war uns<br />

bei der Entwicklung des Systems besonders wichtig,<br />

damit auch Kinder unkompliziert und selbstständig<br />

Trinkwasser aufbereiten können. Denn in Krisen- und<br />

Kriegsgebieten sind meist die Kinder und die Frauen<br />

die Nutzer, die die Familien mit Wasser versorgen müssen«,<br />

betont Drita Schneider. So ist die Pumpe besonders<br />

leichtgängig, und gefüllt mit zehn Litern Wasser<br />

wiegt der Ujeta Care gerade einmal 12,5 Kilogramm.<br />

Ujeta-Einsatz in anderen Krisengebieten<br />

Nicht nur in Haiti hat das neue Wasserfilter -<br />

system von Ujeta Leben gerettet. Auch in Orore in Kenia<br />

hat der Ujeta Care aus Kirchheim Menschen mit<br />

sauberem Trinkwasser versorgt – und zwar mit Wasser<br />

aus dem Viktoriasee. Der zweitgrößte Süßwassersee<br />

der Welt mit einer Fläche so groß wie Bayern gilt als<br />

eines der am stärksten verschmutzten Gewässer weltweit.<br />

Die Ujeta GmbH subventionierte zwei Ujeta-<br />

Fotos: Ujeta-Water, KD Busch/compamedia<br />

Care-Systeme an die Maristenstiftung Mindelheim,<br />

die im Sommer 2016 mit zwölf Jugendlichen und den<br />

Wasserfiltersystemen aus Kirchheim im Gepäck nach<br />

Orore reiste. Am Ufer des Viktoriasees leben ca. 30<br />

Millionen Menschen, für einen Großteil von ihnen ist<br />

das verschmutze Seewasser nicht nutzbar. Dank des<br />

innovativen Wasserfiltersystems von Ujeta ist es nun<br />

doch möglich.<br />

Das nächste gemeinsame Projekt steht bereits vor<br />

der Tür: Die Kindernothilfe Österreich möchte die<br />

Ujeta-Care-Systeme auch schnellstmöglich in Somalia<br />

am Horn von Afrika einsetzen. Laut den Vereinten<br />

Nationen sind dort sechs Millionen Menschen von der<br />

anhaltenden Dürre betroffen. Der akute Wassermangel<br />

und eine Hungersnot gefährden Hunderttausende<br />

Kinder und ihre Familien.<br />

Mangelnde Trinkwasserversorgung ist ein globales<br />

Problem. Rund 663 Millionen Menschen weltweit<br />

haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, und jeden<br />

Tag sterben 1400 Kinder unter fünf Jahren an Durchfallerkrankungen,<br />

mitversursacht durch unsauberes<br />

Wasser. Das ergab der Wasserbericht 2016 der Welthungerhilfe.<br />

»Weltweit gibt es bei der Trinkwasserversorgung<br />

enormen Handlungsbedarf. Mit unserem Ujeta<br />

Care haben wir eine Lösung für eine sichere und unkomplizierte<br />

Wasseraufbereitung vor Ort – genau da,<br />

wo es am dringendsten gebraucht wird«, so Schneider.<br />

Neben dem Ujeta Care gibt es den Ujeta-Wasserfilter<br />

auch als Home + Travel Set. Es sorgt auf Reisen,<br />

aber auch Zu Hause für sauberes, klares Trinkwasser.<br />

Das Home + Travel Set besteht aus einem Perlator-Adapter,<br />

einem Drehadapter und dem Ujeta-Wasserfilter.<br />

Dank einfacher Plug-and-Play-Installation kann der<br />

Wasserfilter ohne großen Aufwand an viele handelsübliche<br />

Wasserhähne montiert werden und sorgt so<br />

überall für frisches Quellwasser direkt aus der Leitung<br />

– egal, ob im Hotel, beim Camping oder eben zu Hause.<br />

Als Werkzeug benötigt man lediglich eine Rohrzange.<br />

Über die Ujeta GmbH<br />

Die Ujeta GmbH ist ein Unternehmen mit<br />

Sitz in Kirchheim (Unterallgäu). Alle Ujeta-<br />

Produkte werden ausschließlich in<br />

Deutsch land gefertigt. Das garantiert<br />

Qualitätsprodukte »Made in Germany« in<br />

höchster Verarbeitungsgüte und sichert<br />

zudem Arbeitsplätze in der Region. Produziert<br />

werden die Ujeta-Wasserfilter von<br />

der Schneider Kunststofftechnik in Kirch -<br />

heim, die seit über 20 Jahren Spezialist<br />

für hochwertige Kunststoffverarbeitung<br />

ist. Das Familienunternehmen ist er -<br />

Drita Schneider,<br />

Geschäftsführerin des<br />

Kirchheimer Unternehmens<br />

TOP 100<br />

Wettbewerb<br />

Seit 1993 vergibt<br />

compamedia das TOP<br />

100-Siegel für beson -<br />

dere Innovationskraft<br />

und überdurchschnitt -<br />

liche Innovationserfolge<br />

an mittelständische Unternehmen.<br />

Mentor von<br />

TOP 100 ist der<br />

Wissenschaftsjourna -<br />

list und TV-Moderator<br />

Ranga Yogeshwar. Projektpartner<br />

sind die<br />

Fraunhofer-Gesellschaft<br />

zur Förderung der an -<br />

gewandten Forschung<br />

und der Mittelstands -<br />

verband BVMW.<br />

Mehr Infos unter<br />

www.top100.de<br />

folgreich nach DIN EN ISO 9001 und DIN<br />

ISO 14001 zertifiziert und Teilnehmer im<br />

Umweltpaket Bayern, einer Vereinbarung<br />

der bayerischen Staatsregierung und der<br />

bayerischen Wirtschaft für kooperativen<br />

Umweltschutz.<br />

Weitere Informationen:<br />

Ujeta GmbH<br />

Hasberger Str. 9c,<br />

87757 Kirchheim Germany<br />

Tel. +49 (0)8266861-20<br />

Fax +49 (0)8266/8612-15<br />

E-Mail: info@ujeta.com<br />

www.ujeta.com<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

57


Wasserkraft<br />

Energie mit Tiefgang<br />

Der Trick mit drehbaren Schaufeln<br />

Im Allgäu gibt es viele Nebenflüsse und aufgelassene Kleinkraftwerke, die heute wieder<br />

zur Stromgewinnung aktiviert werden könnten. Klassische Turbinen würden nicht<br />

genug Leistung bringen und zudem die Wanderung von Fischen verhindern. Ein neu<br />

entwickeltes Wasserrad kann nun Strom an Standorten erzeugen, an denen dies bisher<br />

technisch kaum möglich war. Die Maschine arbeitet ohne Stauwehr komplett unter<br />

Wasser und bei niedrigen Fließgeschwindigkeiten.<br />

Forscher der Universität Siegen<br />

testeten den Prototyp des<br />

neuen Wasserrades im Labor<br />

und ermittelten die grundlegen -<br />

den Leistungsmerkmale.<br />

Beim StECon besteht<br />

das Planetengetriebe aus<br />

den äußeren Zahnrädern<br />

(gelb, 40 Zähne), die mit den<br />

Schaufeln verbunden sind, den<br />

roten Zahnrädern (18 Zähne),<br />

die zur Kraft über tragung<br />

dienen, dem zen tralen Zahnrad,<br />

Sonnenrad genannt (grün, 20<br />

Zähne), das zur Steuerung der<br />

Schaufel lagen eingesetzt wird<br />

Fotos: Universität Siegen<br />

Ein Prototyp des möglichen neuen Wasserrades<br />

hat die Tests im Labor in Siegen erfolgreich<br />

bestanden. Aktuell optimieren und erproben<br />

die Entwickler an der Universität das Wasserrad unter<br />

Praxisbedingungen. Auch an Technologien, die die<br />

Menschheit bereits seit Jahrtausenden kennt und<br />

nutzt, sind noch Innovationen möglich.<br />

Seit den ersten Hochkulturen dienen unterschlächtige<br />

Wasserräder dazu, die Kraft des fließenden<br />

Wassers in mechanische oder – in neuerer Zeit – in<br />

elektrische Energie umzuwandeln. Diese Räder dürfen<br />

maximal bis zur Nabe ins Wasser eintauchen, weil die<br />

Schaufeln für den Weg, den sie gegen die Fließrichtung<br />

zurücklegen, sich über der Wasseroberfläche befinden<br />

müssen. Ansonsten entstünden gegenläufige<br />

Kräfte und es käme zu einer Bremswirkung. Außerdem<br />

sind traditionelle Wasserräder meistens mit baulichen<br />

Eingriffen in den natürlichen Wasserlauf verbunden,<br />

wie etwa Stauwehre. Diese belasten das ökologische<br />

Gleichgewicht von Flüssen und Bächen.<br />

Energiegewinnung ohne Querbauwerk<br />

Die neu entwickelte Anlage Stiller Energy Converter,<br />

StECon genannt, kommt ohne Querbauwerke im<br />

Fluss aus und arbeitet komplett unter der Wasseroberfläche.<br />

Möglich machen dies bis zu fünf an einem Planetengetriebe<br />

montierte Schaufeln. Dieses Getriebe bewirkt<br />

einen zykloidalen Bewegungsablauf, bei dem jede<br />

Schaufel 180 Grad während einer kompletten Radumdrehung<br />

um die eigene Achse rotiert. In der Zwischenzeit<br />

nimmt die eine Hälfte der Schaufeln durch eine<br />

eher senkrechte Ausrichtung die Strömungskraft auf,<br />

und die Schaufeln der anderen Radhälfte rotieren strömungsgünstig<br />

zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Für<br />

den Weg gegen die Fließrichtung stehen also die Schaufeln<br />

annährend parallel zur Strömung und verkleinern<br />

damit die eigene Fläche. Dadurch sind in der Summe<br />

die antreibenden Kräfte stets erheblich größer als die<br />

bremsenden. Die Schaufeln sind symmetrisch konstruiert,<br />

weil beide Seiten abwechselnd angeströmt werden.<br />

Kleinste Potenziale werden genutzt<br />

Die patentierte Maschine kann in jeder erdenklichen<br />

Lage installiert werden, vorwärts wie rückwärts<br />

laufen und sowohl zur Stromerzeugung als auch zum<br />

Antrieb dienen. Sie eignet sich gut für alle Einsatzgebiete<br />

mit niedrigen Fallhöhen, was die Stromgewinnung<br />

in Fließgewässern, eingrenzenden Kanälen und<br />

in Meeresströmungen einschließt. Projektkoordinator<br />

Professor Jürgen Jensen vom Forschungsinstitut Wasser<br />

und Umwelt (fwu) an der Universität Siegen erklärt:<br />

„Unser Wasserrad ermöglicht es, bisher ungenutzte<br />

Klein- und Kleinstpotenziale der Wasserkraft<br />

zu erschließen. Es bietet sich jeder Standort an Fließgewässern<br />

mit ausreichender Strömung an. Hierzu<br />

kommen auch die kleineren Nebenflüsse in Betracht.“<br />

Im Vergleich zu traditionellen Wasserrädern und Niederdruckturbinen,<br />

die ebenfalls an Standorten mit<br />

niedrigen Fallhöhen unter einem Meter installiert<br />

werden können, kann das StECon deutlich höhere<br />

58<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Durchflüsse verarbeiten und so bessere Leistungsdaten<br />

erreichen.<br />

Der Prototyp wird optimiert<br />

Beim StECon verlaufen alle Bewegungen zyklisch<br />

wiederholt in Kreisbahnen, die Maschine zählt daher<br />

zur Gruppe der sogenannten Zykloidalpropeller. Vergleichbare<br />

Antriebe kamen bereits bei Schiffen und in<br />

Luftschiffen zum Einsatz. Die bis zu fünf Schaufeln werden<br />

über symmetrische Planetengetriebe mit dreifachem<br />

Zahneingriff bewegt. Diese Getriebebauform mit<br />

einem frei beweglichen Sonnenrad ermöglicht einen<br />

sehr gleichmäßigen, ruhigen Bewegungsablauf über<br />

den gesamten Drehzahlbereich und eine optimale Ausrichtung<br />

zur Strömung. Die Forscher von der Universität<br />

Siegen ermittelten in den vergangenen Jahren die<br />

grundlegenden Leistungsmerkmale und Kenndaten der<br />

Maschine. Im weiteren Verlauf optimierten sie die Konstruktion<br />

und bauten einen Prototyp, der im Labormaßstab<br />

getestet wurde. Im Mittelpunkt der Untersuchungen<br />

standen dabei die Konstruktionsdetails des<br />

Getriebes und die optimale Geometrie der Schaufeln.<br />

Dank optimierter Konstruktion hat der Prototyp einen<br />

maximalen Wirkungsgrad von 44 Prozent erreicht,<br />

wobei im Labor die Wassermenge auf 150 Liter pro Sekunde<br />

begrenzt war. In der freien Strömung hingegen<br />

sind Wirkungsgrade von bis zu 26,8 Prozent möglich.<br />

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie<br />

förderte dieses vorangegangene Forschungsprojekt,<br />

das die Bezeichnung Stiller Energiewandler Kompaktwasserrad<br />

(StEwaKorad) trug und im Frühjahr 2016<br />

endete.<br />

Die Maschine im Praxistest<br />

In einem derzeit laufenden Folgeprojekt testen<br />

die Siegener Forscher das StECon unter realen Einsatzbedingungen.<br />

Der Europäische Fonds für regionale<br />

Entwicklung (EFRE) fördert die Arbeiten noch bis<br />

Ende 2019. Dazu wurde eine weiterentwickelte Version<br />

des vorhandenen Labor-Prototyps für den Dauerbetrieb<br />

umgerüstet und derzeit im Auslauf einer Kläranlage<br />

in Siegen installiert. Parallel wird bis Ende <strong>2017</strong><br />

eine größere Pilotanlage an einem Bootsanleger im<br />

Rhein realisiert. Ziel ist es, die Ergebnisse von zwei unterschiedlichen<br />

Standorten zu vergleichen und möglichst<br />

zu verallgemeinern.<br />

(mi)<br />

Die verstellbaren Schaufeln<br />

des neuen Wasserrades<br />

außerhalb des<br />

Versuchskanals<br />

Anzeigen<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

59


Regional<br />

Wo Bayern drauf steht…<br />

…ist auch Bayern drin<br />

Bio und regional – das sind die wichtigsten Kriterien<br />

für das neue bayerische Bio-Siegel. Wer Produkte mit<br />

der Kennzeichnung »Bayern« kauft, kann sich dank<br />

des Siegels sicher sein, dass Anbau oder Zucht wie auch<br />

Verarbeitung zu 100 Prozent in Bayern erfolgt sind.<br />

Ein Jahr nach Einführung leuchtet das Siegel<br />

weiß-blau aus den Regalen vieler Lebensmittelanbieter:<br />

auf Brot, Milchprodukten, zahlreichen<br />

Gemüsesorten, Fleisch, Bier und vielen anderen<br />

Lebensmitteln. Es ist aktuell auf etwa 450 Produkten<br />

zu finden, und es werden stetig mehr. Das ist ein voller<br />

Erfolg und eine echte Orientierungshilfe für den Verbraucher,<br />

denn so können heimische Produkte direkt<br />

erkannt werden. Jedes einzelne Siegel steht für Bio-<br />

Qualität des Produktes, die über den gesetzlichen<br />

Standards liegt und lückenlos die Herkunft aller Bestandteile<br />

dokumentiert, geprüft durch ein mehrstufiges,<br />

unabhängiges und staatliches Kontrollsystem.<br />

Wissen, wo es herkommt<br />

Die Qualitätsstandards orientieren sich an denen<br />

der vier in Bayern aktiven Öko-Anbauverbände Bioland,<br />

Biokreis, Demeter und Naturland und liegen damit<br />

deutlich über der EG-Öko-Verordnung. Zusätzliche<br />

Anforderungen sind beispielsweise ökologischer<br />

Landbau im gesamten Betrieb, niedrigere Tierbesatz-<br />

Obergrenzen und stärkere Einschränkungen beim Futterzukauf<br />

und Düngemitteleinsatz. Dazu kommt, dass<br />

ein Produkt nur dann mit Herkunftsnachweis »Bayern«<br />

gekennzeichnet werden darf, wenn alle Rohstoffe<br />

auch aus Bayern stammen. Ebenfalls müssen alle Produktionsschritte<br />

– von der Erzeugung bis zur Verarbeitung<br />

– in Bayern erfolgen. Zur Einhaltung der Vorgaben<br />

wurde ein mehrstufiges Kontrollsystem aufgebaut.<br />

Dieses entspricht dem bereits seit 15 Jahren etablierten<br />

bayerischen Herkunfts- und Qualitätssicherungs -<br />

system »Geprüfte Qualität – Bayern«.<br />

(cs)<br />

Weitere Informationen: www.biosiegel.bayern.de<br />

Für Verbraucher, die auf<br />

Regionalität und Qualität<br />

achten, ist das Bio-Siegel<br />

eine wirkliche Hilfe<br />

Fotos: bioculture<br />

60<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Solar<br />

Sonnenenergie wird zu Käse<br />

Bürgerprojekt in Vorarlberg<br />

Unsere Nachbarn im Vorarlberger Vorderwald haben sich seit vielen Jahren als Pioniere in<br />

Sachen Architektur und Energiezukunft erwiesen. Dabei geht es nicht allein um technische<br />

Neuerungen. Beim »Sonnenkraftwerk« in der Sennerei Bezau geht es auch um die pfiffige<br />

Einbindung der Mitbürger. Sie investieren in Solarpanels auf dem Dach der Sennerei und<br />

erhalten dafür schmackhaften regionalen Alpkäse.<br />

Patrick Domig Patrick (links) von der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie und Hermann<br />

Metzler, Geschäftsführer der Sennerei, vor dem Ladeneingang<br />

Foto: Alpkäse Bregenzerwald Sennerei eGen<br />

320 dieser Module wurden auf dem Dach der<br />

Sennerei in Bezau installiert<br />

Im Jahre 2013 eröffnete die neue Sennerei in<br />

Bezau/Vorarlberg. Da die Herstellung der unterschiedlichen<br />

Käsesorten mit erheblichem Energieeinsatz<br />

verbunden ist, wurde ein ganzheitliches Konzept<br />

erstellt. Es war ein erklärtes Ziel, die Wertschöpfung<br />

und damit die Arbeitsplätze im Bregenzerwald zu<br />

halten und dadurch die zuliefernden bäuerlichen Familienbetriebe<br />

zu unterstützen. Dass dabei auch gentechnikfrei<br />

gearbeitet wird, war für alle klar. Aber auch die<br />

Verwendung von Heumilch ohne Silofutter war eine<br />

Grundvoraussetzung.<br />

Beim Neubau des Gebäudes wurden energieeffiziente<br />

Erkenntnisse optimal um gesetzt, vor allem im<br />

Bereich Lüftung und Kälte erzeugung. Für die nötige<br />

Wärme sorgt eine klimaneutral betriebene Hackschnitzelheizung.<br />

Damit wurde auch wieder der Regionalgedanke<br />

aufgegriffen. Heimisches Holz von heimischen<br />

Lieferanten unterstützt den Wertschöpfungskreislauf,<br />

kurze Wege sparen Energie für Transporte.<br />

Die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf<br />

dem Dach der Sennerei im letzten Jahr ergänzt nun die<br />

Investition. Die Eckdaten dieser Anlage: 135 kWp Leis -<br />

tung auf 850 Quadratmetern Fläche bringen in einem<br />

durchschnittlichen Jahr ca. 130.000 kWh. Und diese<br />

Leistung wird gänzlich in der Sennerei verbraucht. Hermann<br />

Metzler, Geschäftsführer von der Alpkäse Bregenzerwald<br />

Sennerei eGen zu den Vorteilen: »Nachhaltigkeit,<br />

Regionalität, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit<br />

von Atomstrom und fossiler Energie – diese Ziele<br />

verfolgen wir gemeinsam konsequent weiter.«<br />

Selbst bei der Finanzierung der Photovoltaik-Anlage,<br />

die rund 160.000 Euro gekostet hat, gehen die<br />

Verantwortlichen der Sennerei einen Weg ohne Finanzierung<br />

von außen oder durch die Bank. Metzler: »Die<br />

Finanzierung wird so gestaltet, dass sich Mitglieder,<br />

Kunden, und Bürger an unserem Sonnenkraftwerk beteiligen<br />

können. Mit einem Beteiligungsbetrag von<br />

500 Euro – das entspricht dem Wert eines der 320<br />

Photovoltaikfelder – ist man dabei. Der Beteiligungsbetrag<br />

wird mit Alpenkäse-Gutscheinen in Höhe von<br />

insgesamt 600 Euro abgegolten. Das entspricht einer<br />

Verzinsung in Höhe von 5,6 Prozent.«<br />

Neuester Stand der Beteiligungsaktion: Über 120<br />

Personen haben sich bereits Patenschaften für Module<br />

gesichert und damit »Käse-Vorzugsscheine« erworben.<br />

Derzeit sind noch knapp 100 Module zu vergeben.<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

61


Klima<br />

Regionale Vielfalt...<br />

...oder globale Monopole?<br />

Die Natur im Allgäu – eine heile Welt? Trotz Klimawandel und globaler Erwärmung? Artenvielfalt<br />

in Fauna und Flora? Lebensmittel aus der Region? Der Schein trügt oft. Viele Pflanzen, Früchte und<br />

Tiere, die wir als »heimisch« betrachten, sind in Wirklichkeit »gleichgeschaltet« und auf höchsten<br />

Nutzen getrimmt. Wo ist die Artenvielfalt früherer Zeiten geblieben? Wie kann man sie<br />

zurückgewinnen? Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt versucht gegenzusteuern.<br />

Nur selten dürfen sich Obstbäume<br />

noch so »frei entfalten«, wie dieser<br />

Apfelbaum auf einer Streuwiese


Dieser Anblick eines üppig<br />

blühenden Apferbaums<br />

erfreut nicht nur die Bienen<br />

Vor 30 Jahren, als der »erein zur Erhaltung der<br />

Nutzpflanzenvielfalt (VEN) gegründet wurde,<br />

waren es wenige Menschen, und sie galten als<br />

»verrückte Spinner«. Mit unendlicher Geduld sammelte<br />

diese Gruppe Saatgut von traditionellen Sorten und vergessenen<br />

Arten, lernte die Kunst der Samengärtnerei aus<br />

verstaubten Büchern und von betagten Gärtnerinnen<br />

und Gärtnern, wertete alte Kataloge aus, tauschte Saatgut<br />

und Erfahrungen. »Dazu angestiftet hatte uns zum<br />

einen die Nachricht der Vereinten Nationen zum Ende<br />

der 1970er-Jahre, dass weltweit bereits drei Viertel der<br />

Kulturpflanzensorten verloren waren, in Industrieländern<br />

sogar neunzig Prozent. Zum anderen hatte der<br />

Kanadier Pat Mooney diese Nachricht mit der Konzentration<br />

der Anbieter auf dem weltweiten Saatgutmarkt<br />

in Verbindung gebracht und gewarnt, dass Chemiekonzerne<br />

sich der Grundlage unserer Ernährung bemächtigen«,<br />

sagt eine VEN-Sprecherin.<br />

Konzerne werden immer übermächtiger<br />

Die Situation damals: Die zehn größten Saatgutfirmen<br />

kontrollierten ein Viertel des Weltmarkts. Pat<br />

Mooney erhielt den Alternativen Nobelpreis für seine<br />

Warnung. Heute kontrollieren besagte Firmen drei<br />

Viertel des Weltmarktes; fünf davon sind Chemiekonzerne.<br />

Drei weitere Großfusionen werden von den<br />

Kartellämtern vieler Länder geprüft, darunter die<br />

Übernahme von Monsanto durch Bayer.<br />

Mit der Markt-Konzentration wurden »samen -<br />

feste« Sorten, die man selbst sortenrein vermehren<br />

kann, nach und nach durch Hybride ersetzt, die jedes<br />

Jahr neu gekauft werden müssen. Sie werden aus zwei<br />

Zuchtlinien gekreuzt, deren Eigenschaften zuvor über<br />

mehrere Generationen per Inzucht verstärkt wurden.<br />

Die Hybride selbst erben beide Eigenschaften, die<br />

Nachkommen der Hybride jedoch nicht. Die Inzuchtlinien<br />

sind Betriebsgeheimnis der Konzerne. Hinzu<br />

kommt: Die Hybride haben zwar hohe Erträge, aber<br />

durch die Inzucht verlieren sie viele andere nützliche<br />

Erbanlagen. Sie können sich weniger gut an ihre Umgebung<br />

anpassen und brauchen agrochemische Krü -<br />

cken, um die versprochenen Erträge zu liefern.<br />

Ökolandbau wird wieder stärker<br />

Der ökologische Landbau ist stark angewachsen,<br />

sodass eine eigene Züchtung samenfester Sorten interessant<br />

wird und weniger Hybride im Ökolandbau<br />

ausgesät werden. Für den Erwerbsanbau müssen die<br />

Sorten amtlich angemeldet werden. 2010 wurden eigene<br />

gesetzliche Regelungen für »Erhaltungssorten«<br />

geschaffen. Sie sind ein Anfang, aber viel zu schwach.<br />

Der Versuch der Industrie, das Saatgutrecht dennoch<br />

zu verschärfen, scheiterte 2015 am Widerstand vieler<br />

Ökolandbau-Organisationen und Öko-Züchter und<br />

an den Erhalterorganisationen, die im vergangenen<br />

Jahrzehnt viele Hobbygärtnerinnen und -gärtner vom<br />

Wert der traditionellen Arten und Sorten überzeugen<br />

konnten. Geschmack, Schönheit und Ökologie sind<br />

nur ein Teil der Attraktion. Das Erbe der Menschheit<br />

erhalten und an Jüngere weitergeben, Wissen und Fertigkeiten<br />

mit vielen Gleichgesinnten lernen und austauschen,<br />

sowie die Verteidigung von Ernährungssouveränität<br />

kommen als wichtige Motive hinzu.<br />

Ernährungssouveränität bedeutet nicht etwa<br />

Selbstversorgung des Einzelnen, sondern Unabhängigkeit<br />

der Gesellschaft, z.B. von Agrarkonzernen.<br />

Vielfalt erhalten ist viel mehr als ein simples Hobby,<br />

nämlich eine gesellschaftliche Daueraufgabe. Dass dies<br />

auch ohne den Staat funktioniert, zeigen ehrenamtlich<br />

arbeitende Gruppierungen wie der Verein zur Erhaltung<br />

der Nutzpflanzenvielfalt.<br />

Vielfalt erhalten – mehr als ein Hobby<br />

»Wir haben es satt!« rufen deshalb seit Jahren<br />

mehrere Zehntausend Demonstrierende immer wieder<br />

im Januar am Rande der Grünen Woche in Berlin,<br />

der weltweit größten Agrarmesse. Sie wollen raus aus<br />

der Natur- und Klimakrise, in die uns die industrielle<br />

Landwirtschaft mit Agrarchemie, quälerischer Tierhaltung,<br />

Gentechnik und Patenten auf Leben geführt<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

63


Klima<br />

Der Maluns-Edelborsdorfer<br />

ist die älteste dokumen -<br />

tierte Apfelsorte in<br />

Deutschland und wahr -<br />

scheinlich auch in Europa<br />

hat. Die Welternährung funktioniert ohnehin vor allem<br />

durch die Kleinbauern, und diese bauen oft noch<br />

samenfeste Sorten an. Dies hat der Weltagrarbericht<br />

ergeben, der von etwa vierhundert Experten gemeinsam<br />

erstellt worden ist. Unbedingt aufhören müsste<br />

der Druck auf die Kleinbauern durch Landraub und<br />

durch die unangebrachte Einführung eines Saatgutrechts<br />

nach EU-Muster.<br />

In fast allen Ländern Europas versucht man heute,<br />

traditionelle Sorten aus dem früheren Erwerbsanbau<br />

wieder zu nutzen. Für den Erwerbsanbau sind andere<br />

Eigenschaften als im Hausgarten gefragt. Arbeitswirtschaftlich<br />

ist ein kurzes Erntefenster mit gleichzeitiger<br />

Reife sinnvoll, im Hausgarten möchte man dagegen<br />

möglichst lange ernten können. Für den Transport<br />

braucht man Tomaten mit festen Häuten, obwohl<br />

beim Verzehr zarte Häute viel besser sind. Auch Salate<br />

isst man gerne zart, aber für den Einzelhandel müssen<br />

sie einige Tage lagerfähig und daher robust sein. Aus<br />

demselben Grund werden viele Blattgemüsearten<br />

nicht kommerziell angebaut. Ein Hausgarten eröffnet<br />

also ganz andere Möglichkeiten des Genusses.<br />

Markennamen im Wandel der Zeit<br />

Darüber hinaus verzichten Hobbygärtner und<br />

Hobbygärtnerinnen heute weitgehend auf Agrarchemie.<br />

Die bunt bedruckten Samentütchen in Baumärkten und<br />

Gartencentern enthalten aber meist Hybridsorten, die<br />

für den Erwerbsanbau gezüchtet wurden. »Sperli« und<br />

»Kiepenkerl« waren einst Züchterfirmen mit Sorten für<br />

private Gärtnerinnen und Gärtner. Inzwischen sind es<br />

Markennamen einer Handelsfirma, unter denen Sorten<br />

von verschiedenen Anbietern, darunter auch Monsanto,<br />

verkauft werden. Manches war in Genbanken erhalten<br />

worden. Staatliche Genbanken waren seit den 1940er-<br />

Jahren eingerichtet worden, als sich die landwirtschaftliche<br />

Forschung und Züchtung für die industrielle Landwirtschaft<br />

entwickelte.<br />

Die größte Genbank war diejenige in Sankt Petersburg,<br />

in der während der dreijährigen Belagerung<br />

im Zweiten Weltkrieg die Mitarbeiter neben dem eingelagerten<br />

Saatgut verhungerten. Gegründet hatte sie<br />

der Forscher Nikolai Iwanowitsch Vavilov. Unter Stalin<br />

saß er im Gefängnis, denn Genetik passte nicht in<br />

die kommunistische Ideologie. Die weltweit zweitgrößte<br />

Genbank wurde in der DDR aufgebaut. Sie<br />

wurde nach der Wende einem molekularbiologischen<br />

Forschungsinstitut zugeordnet, in dem auch Gentechnikversuche<br />

durchgeführt werden. Inzwischen hat<br />

China seine Genbank zur weltweiten Nummer eins erweitert.<br />

Außerdem haben Züchterfirmen eigene<br />

Sammlungen. Daneben gibt es internationale Agrarforschungseinrichtungen,<br />

deren Genbanken unter der<br />

Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stehen.<br />

Genbanken sind kein »heiliger Schrein«<br />

Die bekannte Genbank Svalbard in einer norwegischen<br />

Permafrostregion dient der langfristigen Absicherung.<br />

Die Keimfähigkeit der Samen soll in einer<br />

Genbank möglichst lang erhalten bleiben. Wenn die<br />

Keimfähigkeit nachlässt (das kann etwa bei Getreide<br />

nach zehn, bei Tomaten nach fünf und bei Pastinaken<br />

nach einem Jahr sein), wird ausgesät und der geerntete<br />

Samen frisch eingelagert. Das bedeutet aber auch: Den<br />

Samen aus der Genbank fehlt die Anpassung an die<br />

Umwelt. Auch eine Auslese anhand der sortentypischen<br />

Eigenschaften kann bei der Samenernte auf<br />

Genbank-Beeten meist nicht erfolgen. Deswegen müssen<br />

Sorten jedes Jahr in Gärten und auf Feldern erhalten<br />

werden – meist von einzelnen Engagierten und Erhalterorganisationen.<br />

Sie pflegen auch die Sortenbe-


Fotos: Susanne Gura, Archiv: EDITION ALLGÄU<br />

Die alten Sorten sind zwar<br />

oft nicht »so schön«, wie<br />

die »Supermarkt-Früchte«<br />

aber sie sind von Natur<br />

aus widerstandsfähiger<br />

und robuster<br />

schreibungen, die in den Genbanken fehlen. Die Mitglieder<br />

des »Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt«<br />

ernten Saatgut in ihren privaten Gärten und<br />

sind teilweise in Regionalgruppen organisiert.<br />

Sortenbeschreibung für jedermann<br />

Über einen gemeinsamen Katalog – auch als Online-Datenbank<br />

– ist ihr Saatgut samt Sortenbeschreibung<br />

für jeden verfügbar. Das Interesse ist so stark gestiegen,<br />

dass die Erhalterorganisationen nun jedes<br />

Frühjahr Saatgutfestivals mit attraktivem Angebot von<br />

Informationen und natürlich Saat- und Pflanzgut<br />

durchführen. Die meisten Kulturpflanzen haben eine<br />

Migrationsgeschichte. Die Römer brachten Wein, Spargel,<br />

dicke Bohnen, Mangold, Zwiebeln und Knoblauch<br />

nach Mitteleuropa sowie Obstbäume und die Technik<br />

ihres Veredelns. Kolumbus transportierte Kartoffeln,<br />

Mais, Tomaten, Bohnen, Chili, Paprika oder Tabak aus<br />

Amerika nach Europa und umgekehrt Zwiebeln, Weizen,<br />

Oliven und Zitrusfrüchte. Die Kolonialgeschichte<br />

ist geprägt von botanischer Beute. Viele botanische Gärten<br />

stammen aus dieser Zeit. Im 19. Jahrhundert wurde<br />

Saat- und Pflanzgut verschiedenster Arten und Sorten<br />

kreuz und quer durch Europa gehandelt.<br />

Die heutigen kärglichen Überbleibsel der einstigen<br />

Vielfalt tragen manchmal regionale Namen. Es<br />

können Züchtungen für bekannte Erwerbsanbauregionen<br />

wie die Pfalz, Bamberg oder das Vorgebirge<br />

zwischen Köln und Bonn gewesen sein, wie der Maiwirsing<br />

»Bonner Advent«. Er eignet sich heute immer<br />

noch gut für diese Region, kann aber sicher auch an-<br />

derswo Freude bereiten. Manchmal sind mit den regionalen<br />

Sorten auch bestimmte Verarbeitungen oder<br />

lokale Spezialitäten verbunden wie eben »Albleisa mit<br />

Spätzle«. Sorten, die anders als die heutigen Albleisa<br />

noch von Verlust bedroht sind, sollten aber nicht auch<br />

noch regional beschränkt werden.<br />

Der Einfluss des Klimawandels<br />

Auch die Klimaerwärmung kann erfordern,<br />

dass künftig eine Sorte anderswo als früher angebaut<br />

werden muss. Gerade der Klimawandel zeigt, dass die<br />

Anpassungsfähigkeit samenfester Sorten gar nicht hoch<br />

genug geschätzt werden kann. Regionale Unterschiede<br />

sind umgekehrt auch nützlich für die Sortenentwicklung.<br />

Eine Sorte kann sich in unterschiedlichen Regionen<br />

verschieden weiterentwickeln. Gärtner und Gärtnerinnen<br />

erleben immer wieder, dass im zweiten und<br />

dritten Anbaujahr eine Sorte sich an den Standort angepasst<br />

hat und besser entwickelt als im ersten Jahr. So<br />

kann sich die Samengärtnerei unmittelbar im eigenen<br />

Garten lohnen.<br />

Susanne Gura<br />

Unsere Autorin<br />

Susanne Gura ist Erste Vorsitzende des Ver -<br />

eins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt<br />

und im Vorstand des Dachverbandes Kultur -<br />

pflanzen- und Nutztiervielfalt tätig. Beruflich<br />

koordiniert die Ernährungswissenschaftlerin<br />

ein internationales Netzwerk von zivil gesel l -<br />

schaftlichen Organisationen, das sich gegen<br />

geistige Eigentumsrechte auf Pflanzen -<br />

züchtungen engagiert.<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

65


Energiepflanzen<br />

Gelbe Sterne für mehr Vielfalt<br />

Der Mais bekommt bunte Konkurrenz<br />

66<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Gibt es echte Alternativen oder sogar dauerhaften Ersatz für die Mais-Monokulturen,<br />

die zur Energiegewinnung auch im Allgäu immer mehr angebaut werden? Ein Leader-<br />

Projekt in allen vier Allgäuer Landkreisen soll den Landwirten und der Bevölkerung<br />

zeigen, dass es eine Alternativ-Pflanze gibt: die »Durchwachsene Silphie« kommt aus<br />

Nordamerika und hat gute Chancen, auch in unserer Region angebaut zu werden.<br />

Die vier Leader-Gruppen im Ober-, Unter-,<br />

West- und Ostallgäu haben zusammen das<br />

Projekt »Mehr Vielfalt in der Energielandschaft<br />

– mit Durchwachsene Silphie« auf den Weg gebracht.<br />

Charakteristisches für Millionen<br />

In der Projektbeschreibung wird auf eine touristische<br />

Besonderheit des Allgäus hingewiesen: »Unsere<br />

Region ist bekannt für seine landschaftliche Schönheit<br />

und zieht alljährlich mehrere Millionen Touristen<br />

an. Dabei spielen die natürlichen Gegebenheiten und<br />

das touristische Angebot eine große Rolle. Zudem<br />

werden die kleinräumige Landwirtschaft und das typisch<br />

romantische Bild der Kühe auf den Weiden<br />

wahrgenommen und als Merkmal der Allgäuer Landschaft<br />

geschätzt. Im letzten Jahrzehnt hat sich dieses<br />

Bild verändert, und auch im Allgäu hat der Bau von<br />

Biogasanlagen zu einem Anstieg des Maisanbaues auf<br />

den Ackerflächen geführt.«<br />

... und die touristische Infrastruktur<br />

Die Mais-Monokulturen, die in den letzten Jahren<br />

aus dem Unterallgäu kommend immer weiter den<br />

Bergregionen auf die Pelle gerückt sind, stören inzwischen<br />

die touristische Infrastruktur. Kaum ein Gast<br />

findet es erbaulich, bei Radtouren stundenlang durch<br />

endlose Maisschluchten zu fahren. Bisher waren die<br />

großen Maisfelder als Futter für die Biogas-Anlagen<br />

alternativlos. Das kann sich bald ändern. Die Durchwachsene<br />

Silphie (Silphium perfoliatum) bietet mit ihren<br />

zahlreichen Blüten vor allem im Allgäu die Möglichkeit,<br />

das Landschaftsbild aufzulockern.<br />

Einmal anbauen – 20 Jahre lang ernten<br />

Im Ertrag ist sie gegenüber dem Mais konkurrenzfähig,<br />

und sie wächst auch bei nicht optimalen<br />

Standortbedingungen. Daneben bietet die Silphie diverse<br />

Vorteile aus ökologischer Sicht: Als Dauerkultur<br />

werden Anbaumaßnahmen extensiviert. Energieintensive<br />

Bodenbearbeitung ist über einen Anbauzeitraum<br />

von bis zu 20 Jahren nicht mehr notwendig. Die<br />

kontinuierliche Bodenbedeckung verhindert Erosion<br />

und bindet Nährstoffe auch außerhalb der Hauptwachstumszeiten.<br />

Die Blüten bieten eine reichhaltige<br />

Nahrungsquelle für Insekten im blütenarmen Spätsommer.<br />

Die Durchwachsene Silphie könnte somit<br />

eine Chance der Biogasbranche sein, die Akzeptanz<br />

des Energiepflanzenbaus in der Öffentlichkeit zu verbessern.<br />

Dies verbessert die Speicherung von CO2 im<br />

Boden und fördert die Bodenbiologie. Auch aus Sicht<br />

des Gewässerschutzes kann die Pflanze sehr positiv<br />

bewertet werden. Geringer Pflanzenschutzbedarf (lediglich<br />

im ersten Anbaujahr) und tiefes Wurzelwachstum<br />

verhindern Einträge in Boden und Grundwasser.<br />

Als Untersaat etabliert<br />

Aber auch Nachteile gibt es: Aufgrund der langsamen<br />

Jugendentwicklung der Pflanze ist das invasive<br />

Potenzial der Durchwachsenen Silphie als gering zu<br />

bewerten. Bisher sprachen für die Landwirte praktische<br />

Argumente wie die hohen Kosten der Ausbringung<br />

über Setzlinge und fehlende Erträge im ersten<br />

Jahr gegen den Anbau dieser Energiepflanze. Dieses<br />

Problem konnte durch die Etablierung der Silphie als<br />

Untersaat im Maisanbau gelöst werden.<br />

Fotos: renergie/Allgäu, Udo Schmidt, Archiv<br />

Dieser Bub zeigt die Dimension<br />

einer ausgewachsenen Silphie<br />

Die Projektziele<br />

im gesamten Allgäu<br />

• Stärkere Verbreitung der Durchwachsenen<br />

Silphie in der Region Lindau, Oberallgäu, Unter -<br />

allgäu und Ostallgäu und damit ein hergehend<br />

Auflockerung des Landschaftsbildes<br />

• Öffentlichkeitswirksame Demonstration auf<br />

mehreren Flächen und Wissenstransfer an alle<br />

Beteiligten: Motivation und Beratung der<br />

Landwirte zur Verbreitung und Information der<br />

breiten Öffentlichkeit<br />

• Steigerung der Akzeptanz für den<br />

Energiepflanzenanbau<br />

• Darstellung der vier Allgäuer Landkreise als<br />

aktive Partner der Landwirte sowie bei der<br />

Weiterentwicklung der Energiewende und des<br />

Umweltschutzes in der Region<br />

• Sensibilisierung der Verbraucher/Öffentlichkeit<br />

für die Zusammenhänge der Themen<br />

Energiepflanzen, Klimawandel, Umweltschutz<br />

sowie die Bedeutung der Landwirte als<br />

»Energiewirte«<br />

• Verbesserung der Ökobilanz der Allgäuer<br />

Landwirtschaft in Bezug auf: Bodengesundheit,<br />

Biodiversität und Wasserschutz<br />

• Verringerung von Treibhausemissionen durch<br />

geringeren Treibstoffeinsatz<br />

• Verbesserung der Kooperation<br />

unterschiedlicher Interessensgruppen rund um<br />

den Energiepflanzenanbau<br />

• Erhebung, Sammlung und Dokumentation<br />

fundierter pflanzenbaulicher, betriebswirtschaftlicher<br />

und ökologischer Erfahrungswerte an<br />

den verschiedenen Standorten in der Region<br />

und Wissenstransfer an die Landwirte durch<br />

Beratung zur weiteren Etablierung der Pflanze<br />

im Allgäu<br />

• Beitrag zur Klimawandelanpassung<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

67


Energiepflanzen<br />

Über den rein energe -<br />

tischen Nutzen hinaus bietet<br />

die nordamerikanische<br />

Pflanze auch den Insekten<br />

neue Nahrungsquellen<br />

Die Blüten ähneln denen der wilden Sonnenblume –<br />

Unterschiede gibt es in der Blattform<br />

Die Silphie mit ihren wunderschönen gelben Blütensternen<br />

erbringt ähnlich hohe Erträge wie der Mais<br />

Warum gerade im Allgäu?<br />

Besonders im Allgäu bietet sich im Rahmen des<br />

geplanten LEADER-Projektes die Möglichkeit, eine<br />

Plattform zu schaffen, um die Öffentlichkeit zu informieren,<br />

dass die Politik vor Ort (Landkreise) und die<br />

Landwirte gemeinsam durch innovative Ansätze aktiv<br />

den Energiepflanzenbau standortgerecht weiterentwickeln.<br />

Um den Ein- beziehungsweise Umstieg hin<br />

zur Silphie zu erleichtern, sollen in den vier Landkreisen<br />

Lindau, Oberallgäu, Ostallgäu und Unterallgäu<br />

insgesamt acht Demonstrationsflächen mit der<br />

Durchwachsenen Silphie geschaffen werden. Ziel ist<br />

es, mit Veranstaltungen und Informationstafeln an<br />

den Demonstrationsflächen die Anbaualternative darzustellen<br />

und die breite Öffentlichkeit zu erreichen.<br />

Die Gesamtkosten des allgäuweiten Projektes belaufen<br />

sich auf etwa 70.000 Euro.<br />

Diese Summe soll von den vier Landkreisen und<br />

den beteiligten Landwirten getragen und von den vier<br />

landkreisweiten LEADER-Regionen kofinanziert werden.<br />

Aus diesem Topf sollen folgende Ziele finanziert<br />

werden: Einrichten der Demonstrationsflächen, die<br />

Öffentlichkeitsarbeit und Information der Landwirte<br />

und der Öffentlichkeit und die notwendige Dokumentation<br />

der Daten für den Abschlussbericht.<br />

Alle vier LEADER-Gremien haben inzwischen<br />

dem Projekt zugestimmt, dem Start des Vorhabens<br />

steht nichts mehr im Wege.<br />

Der gelbe Gast<br />

aus Nordamerika<br />

Die Durchwachsene Silphie ist eine mehr jährige<br />

Staude und kommt ursprünglich aus Nord -<br />

amerika. Sie gehört zu den Korb blütlern, bildet<br />

sechs bis sieben vierkantige Stängel mit gegen -<br />

ständigen lanzenartigen Blättern und erreicht<br />

eine Höhe von bis zu drei Metern. Im<br />

September wird sie mit dem Feldhäcksler<br />

geerntet und auf der Biogasanlage im Silo<br />

gelagert. Im nächsten Jahr beginnt die Pflanze<br />

Anfang April mit dem erneuten Wachstum.<br />

Nach der Pflan zung im ersten Jahr kann sie 10<br />

bis 20 Jahre genutzt werden. In dieser Zeit sind<br />

keine weiteren Maß nahmen wie Pflanzen schutz<br />

oder Boden bear beitung nötig. Zu Beginn der<br />

Vegetationsperiode wird lediglich eine Düngung<br />

mit dem Gär-Rest der Biogasanlage<br />

durchgeführt. Aufgrund ihrer sehr hohen<br />

Toleranz für Trockenheit kann die<br />

Durchwachsene Silphie auch auf eher<br />

trockenen Flächen angebaut werden. Die<br />

Pflanze blüht von Juli bis September mit<br />

faustgroßen gelben Blüten, was sie für Imker<br />

sehr interessant macht. Die Durch wachsene Silphie<br />

bringt gute Erträge mit hohen<br />

Methangasausbeuten. Neuere er folgreiche<br />

Versuche haben gezeigt, dass die Silphie im<br />

ersten Jahr auch in der Mais-Plantage<br />

untergepflanzt werden kann – damit wird der<br />

Ertragsverlust im ersten Jahr ausgeglichen.<br />

Der »Gast aus Nord amerika« erweitert die<br />

Vielfalt im heimischen Energie pflanzenanbau<br />

und trägt zu einer Vergrößerung der Arten -<br />

68 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Natur<br />

Allgäuer Grünlandflächen<br />

Löcher bohren für die Wissenschaft<br />

Sollte sich Ende Mai/Anfang Juni jemand gefragt haben, warum junge Leute in<br />

Gummistiefeln mit einem großen Hammer, Eimern und Bohrern über Wiesen<br />

laufen: Das hat alles seine Ordnung. Es waren Studierende und Mitarbeiter der<br />

Universität Hohenheim, die im Rahmen des Projektes BIOINVENT Bodenproben<br />

auf Allgäuer Grünlandflächen nehmen.<br />

Der Bohrer im Einsatz – zwei<br />

Mitglieder des Forschungs -<br />

teams der Uni Hohenheim bei<br />

der Probenentnahme<br />

Ziel des Projektes, das unter der Schirmherrschaft<br />

des EU-weiten Programms BiodivERsA<br />

durchgeführt wird, ist es, die Bodengesundheit<br />

und Funktionalität von Graslandflächen in<br />

Europa zu erhalten. Im Detail wird untersucht, wie<br />

sich verschiedene Bewirtschaftungsformen – etwa intensiver<br />

Düngereinsatz versus extensiver Düngereinsatz<br />

–, aber auch klimatische Unterschiede – zum<br />

Beispiel Flachland versus Gebirgslage – auf die Vielfalt<br />

und Funktionalität der Bodenmikroorganismen (Bakterien<br />

und Pilze) in Grasländern auswirken. Diese Bodenmikroorganismen<br />

erhalten wichtige Funktionen<br />

im Boden-Nährstoffkreislauf, und ihr Vorkommen<br />

und ihre Vielfalt können Aufschluss über die Bodengesundheit<br />

und die Produktivität von Graslandflächen<br />

geben.<br />

Nutzen für Forscher und Landwirte<br />

Eben diese Erforschung der bodenmikrobiellen<br />

Vielfalt in Grasland-Ökosystemen in Deutschland<br />

konzentrierte sich auf die Region Oberallgäu und wurde<br />

in enger Zusammenarbeit mit der Regionalentwicklung<br />

Oberallgäu durchgeführt. In einem Zeitraum<br />

von zwei Wochen wurden auf rund 100 Feldern<br />

Bodenproben entnommen und die anschließend im<br />

Labor untersucht. Um die Proben bewerten zu können,<br />

war es für die Forscher auch interessant, wie die<br />

Fotos: Ann-Marleen Rieps, Judith Zimmermann<br />

untersuchten Felder bewirtschaftet werden, also beispielsweise<br />

,wie oft gemäht oder gedüngt wird oder ob<br />

die Fläche hauptsächlich beweidet wird.<br />

Die Landwirte, die dem Projekt geeignete Graslandflächen<br />

für die Untersuchung zur Verfügung gestellt<br />

haben, erhielten nicht nur eine Analyse ihrer Flächen<br />

hinsichtlich Bodengesundheit und Funktionalität,<br />

sondern auch Handlungsempfehlungen, um die<br />

Bodengesundheit und Produktivität zu steigern.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchung werden später<br />

publiziert und darüber hinaus geziehlt auch in der Region<br />

vorgestellt. Da klimatische Unterschiede ebenfalls<br />

in die Beurteilung von Grasland-Ökosystemen einbezogen<br />

werden, sind neben Deutschland auch Projektpartner<br />

aus Schweden, der Schweiz, Portugal und den<br />

Azoren mit dabei.<br />

Weitere Information unter www.bioinvent.unihohenheim.de<br />

(cs)<br />

Die Bodenprobe kommt in einen<br />

Eimer, der Bohrer ist für den<br />

nächsten Einsatz bereit<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

69


Natur<br />

Moose retten Moore<br />

Eine Alternative fürs Allgäu?<br />

70<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Ob im Schrebergarten oder im Gartenbau: Torf wird oft eingesetzt, um<br />

verschiedene Erden zu verbessern – doch der Abbau des Substrates, das in<br />

Mooren entsteht, zerstört ihr Ökosystem und trägt über erhöhte Emissionen<br />

von Kohlenstoffdioxid zur Klimaerwärmung bei. Nun haben Biologen vor,<br />

Torfmoos für einen nachhaltigen Rohstoffanbau und Klimaschutz zu züchten.<br />

Haben diese Forschungsvorhaben auch Einfluss auf die Allgäuer Hochmoore?<br />

In dem neuen Projekt »MOOSzucht« wollen Prof.<br />

Dr. Ralf Reski und Privatdozentin Dr. Eva Decker<br />

von der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg<br />

Torfmoose als nachhaltige und schnell nachwachsende<br />

Alternative entwickeln. Dieses Vorhaben<br />

wird von der Universität Greifswald federführend betreut.<br />

Ebenfalls beteiligt sind das Karlsruher Institut<br />

für Technologie (KIT) und eine Firma aus Niedersachsen.<br />

Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium<br />

für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit<br />

etwa 1,1 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre.<br />

Wie wichtig Hochmoore für die Regelung des<br />

Klimas sind, ist bekannt: Sie erhöhen die Biodiversität<br />

und speichern große Mengen von Wasser und des<br />

Treibhausgases CO2. Die Fähigkeit zur Wasserspeicherung<br />

verdanken Moore ihrem Hauptbestandteil,<br />

den abgestorbenen Torfmoosen, die als Torfe im Gartenbau<br />

zum Einsatz kommen. Torfabbau und Entwässerungen<br />

durch die Landwirtschaft haben dazu geführt,<br />

dass hierzulande nur noch knapp fünf Prozent<br />

der Moorlandschaften intakt sind – das soll sich ändern.<br />

Rettung in Sicht<br />

In früheren Projekten haben die Greifswalder<br />

Ökobiologen gezeigt, dass abgetorfte, degradierte<br />

Moore eine ideale Grundlage bilden, auf der neu ausgesäte<br />

Moose aus der Familie Sphagnum wachsen<br />

können. Die nachwachsenden Torfmoose können<br />

nach einigen Jahren geerntet und als Torfersatz im<br />

Gartenbau verwendet werden. Eine derartige Nutzung<br />

nasser Moorflächen wird Paludikultur genannt. Sie reduziert<br />

CO2-Emissionen, erhöht die Biodiversität, erhält<br />

landwirtschaftliche Flächen, sichert Arbeitsplätze<br />

im ländlichen Raum und stärkt die regionale Wirtschaft.<br />

»Bisher verhindert aber ein Mangel an Moossaatgut<br />

den kommerziellen Einsatz der Paludikultur.<br />

Außerdem muss deren Effizienz noch um mindestens<br />

30 Prozent gesteigert werden«, sagt Reski.<br />

In dem Projekt »MossClone« haben es die Freiburger<br />

Biologen bereits geschafft, Sphagnum in Bioreaktoren<br />

artenrein zu vermehren. Diese Technologie<br />

soll nun in »MOOSzucht« zusammen mit dem KIT<br />

weiter verbessert werden. »Außerdem werden wir unser<br />

Wissen über die genetische Beschaffenheit der<br />

Moose Physcomitrella und Sphagnum anwenden, um<br />

über sogenanntes smart breeding besonders schnell<br />

wachsende Torfmoose zu gewinnen«, so Reski.<br />

Auch im Allgäu denkbar?<br />

Die Ergebnisse der Projekte scheinen vielversprechend,<br />

und so stellt sich natürlich die Frage, ob der<br />

Anbau von Torfmoosen auf abgeernteten Moorflächen<br />

auch für das Allgäu eine Alternative wäre. Dr. Ulrich<br />

Weiland, Projektleiter bei der Allgäuer Moorallianz,<br />

hält das für eher unwahrscheinlich. Seiner Ansicht<br />

nach sind die Resultate der Forschungsarbeit vorwiegend<br />

für Zwecke der Kultur, beispielsweise für die<br />

Erzeugung von Biomasse als Torfersatz, relevant. In<br />

unserer Region jedoch sind »abgeerntete Moorflä-<br />

Moose können was: Sie<br />

sind weltweit genutzte<br />

Modellorganismen für<br />

Biologie und Biotechnologie<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

71


Natur<br />

Moore bieten eine<br />

unglaubliche Artenvielfalt.<br />

Die Riednelke etwa kommt<br />

weltweit nur an einem<br />

Standort vor – dem Benninger<br />

Ried<br />

chen, also ehemalige Torfstiche, in der Regel entweder<br />

nach Entwässerung in Grünlandnutzung überführt<br />

worden oder wieder mit Moorvegetation beziehungsweise<br />

Moorwald bewachsen. Die Flächen sind, bedingt<br />

durch extrem zersplitterte Besitzstrukturen sowie auch<br />

das kleinräumig gegliederte Relief des Allgäuer Jungmoränengebietes,<br />

wohl meist zu klein, um für derartige<br />

großtechnische Kulturen interessant zu sein.«<br />

Hinzu kommt laut Dr. Weiland, dass sich die<br />

durch natürliche Sukzession bewachsenen Flächen<br />

oftmals bereits seit Jahrzehnten wieder als Moor regenerieren<br />

und damit gesetzlich geschützte Biotopflächen<br />

darstellen, die nicht durch Anlage von Kulturen<br />

zerstört werden dürfen.<br />

Ein anderer Weg<br />

Doch auch, wenn die Paludikultur in unserer Region<br />

nicht umsetzbar ist, verfolgt die Allgäuer Moor -<br />

allianz ein identisches Grundprinzip, nur die Zielsetzung<br />

ist anders. Für Dr. Ulrich Weiland ist die Moor-<br />

Renaturierung eine wichtige Aufgabe des Projektes. So<br />

soll der Wasserhaushalt der geschädigten Moorflächen<br />

saniert werden, um das natürliche Mooswachstum<br />

wieder zu initiieren oder zu verstärken. »Dort, wo erfolgreich<br />

wieder vernässt worden ist, wachsen auch<br />

wieder in verstärktem Maße Torfmoosteppiche auf. Im<br />

Gegensatz zur Paludikultur jedoch im Zusammenhang<br />

natürlicher Pflanzengesellschaften mit der Folge<br />

der Förderung regionaltypischer beziehunsgweise<br />

moortypischer Artenvielfalt sowie der Akkumulation<br />

von Torf, der nicht gleich wieder genutzt wird«, so der<br />

Projektleiter.<br />

An dieser Stelle muss jedoch angemerkt werden,<br />

dass Paludikultur sehr wohl im Allgäu Anwendung<br />

findet, nur nicht in der Art und Weise, die die Biologen<br />

aus Freiburg und Greifswald vorschlagen. Der Begriff<br />

bezeichnet im Allgemeinen die landwirtschaftliche<br />

Nutzung von nassen oder wieder vernässten<br />

Moose bringen Farbe<br />

ins Moor, wie hier im<br />

Werdensteiner Moos<br />

bei Immenstadt<br />

72 <strong>allgäuALTERNATIV</strong>


Im Allgäu gibt es<br />

zahlreiche Moorwiesen,<br />

die landwirtschaftlich<br />

genutzt werden – auch<br />

dies ist eine Form<br />

der Paludikultur<br />

Moorböden, und genau dies ist in unserer Region ein<br />

großes Thema. Bekanntlich gibt es hier noch größere<br />

Bestände von feuchten bis nassen Grünflächen auf<br />

Moorböden, die jährlich gemäht werden. Die Mahd<br />

wird traditionell als Stalleinstreu oder zur Gewinnung<br />

von faserreichem Viehfutter verwendet. »Dies ist eine<br />

traditionelle Form der Paludikultur, die jedoch auf<br />

Grünlandaufwuchs beruht und nicht auf dem Aufwuchs<br />

von Torfmoosen«, so Dr. Ulrich Weiland. Diese<br />

Art der Nutzung weiter zu fördern, ist ein Ziel der Allgäuer<br />

Moorallianz, da die Streuwiesen außerdem auch<br />

eine bemerkenswerte Artenvielfalt aufweisen, die es<br />

zu schützen gilt.<br />

Wenn nicht hier, wo dann?<br />

Obwohl die Allgäuer Moorallianz eine andere<br />

Form der Paludikultur nutzt, um die Moore zu schützen,<br />

so heißt das nicht, dass Dr. Ulrich Weiland den<br />

Ansatz mit der Verwendung der Torfmoose zur Moorrettung<br />

nicht auch positiv sieht – nur halt nicht im Allgäu.<br />

So sagt er: »Natürlich beobachten alle Moorschützer<br />

seit Jahren mit Sympathie die Ansätze der Uni<br />

Greifswald und ihrer Kooperationspartner zum Anbau<br />

von Torfmoosen. Der dringend erforderliche Ersatz<br />

von Torf als Grundlage von Pflanzsubstraten ist<br />

selbstverständlich Rechtfertigung genug, um diesen<br />

Weg weiterzuverfolgen. In welchen Regionen hierfür<br />

künftig Flächen zur Verfügung stehen werden, wird<br />

man sehen. Höchstwahrscheinlich wird in der Bundesrepublik<br />

der Norden mit seinen großräumigen Flächenzuschnitten<br />

ein Schwerpunkt sein.«<br />

Einig sind sich jedoch alle Moorschützer: Wie die<br />

Moore nun gerettet werden, ob mit dem Anbau von<br />

Torfmoosen oder mit der Herangehensweise der Allgäuer<br />

Moorallianz, ist egal. Hauptsache, es wird gemacht<br />

und diese einzigartigen Landschaften mit ihrer<br />

Artenvielfalt bleiben auch für kommende Generationen<br />

erhalten.<br />

(cs)<br />

Gärtner können auch auf<br />

Pflanzenerde ohne Torf<br />

zurückgreifen. Die ist nicht<br />

nur gut für das Gewissen,<br />

sondern auch für die Moore<br />

Fotos: Archiv, Ralf Reski, Volker Wille, pixabay, Dominik Ultes<br />

<strong>allgäuALTERNATIV</strong><br />

73


Energie sparen<br />

Guter Rat für Topfgucker<br />

Wie man in der Küche weniger Energie verbraucht<br />

Am Schluss jeder Ausgabe, liebe Leser, steht immer der Energiespar-<br />

Tipp. Diesmal beschäftigen wir uns mit der »Energie-Zentrale« in<br />

jeder Wohnung: der Küche. Kochstellen und der Backofen können<br />

zu wahren Energie-Fressern, aber auch zu -Sparbüchsen werden.<br />

Je nachdem, wie man damit umgeht.<br />

Eine Kochstelle ist immer nur so gut wie<br />

der verwendete Topf...<br />

• Wählen Sie den Durchmesser des Kochtopfs passend<br />

zur Kochstellengröße. Ist das Kochgeschirr zu<br />

klein, gehen unnötig Wärme und Energie verloren.<br />

Ist es deutlich zu groß, dauert das Ankochen sehr<br />

lange.<br />

• Kochgeschirr sollte einen ebenen Boden und einen<br />

gut schließenden Deckel haben. Schräg liegende<br />

Deckel lassen zudem so viel Wärme entweichen, dass<br />

bis zur dreifachen Menge an Strom verbraucht wird.<br />

• Setzen Sie für lang kochende Gerichte den Schnellkochtopf<br />

ein, so sparen Sie bis zu 50 Prozent Zeit und<br />

30 Prozent Strom.<br />

Fotos: paxabay<br />

So wenig wie möglich, so viel wie nötig...<br />

• Kochen funktioniert auch mit wenig Wasser. Vier<br />

Portionen Kartoffeln werden mit nur einer Tasse<br />

Wasser gar. Das spart Energie.<br />

• Nach dem Ankochen rechtzeitig die Kochstelle auf<br />

Fortkochen zurückschalten oder mit der Automatik-<br />

Funktion arbeiten.<br />

• Nutzen Sie die Nachwärme bei strahlungsbeheizten<br />

Kochzonen und Kochplatten. Beim Garen von Kartoffeln<br />

fünf bis zehn Minuten und beim Quellen von<br />

Reis etwa 20 Minuten vor Ende der Gardauer ausschalten.<br />

• Seien Sie kein »Topfgucker«. Damit vergeuden Sie<br />

Strom. Oder verwenden Sie einen Topf mit Glasdekkel.<br />

Den Backofen voll ausnutzen...<br />

• Durch gleichzeitiges Garen mehrerer Gerichte oder<br />

durch Backen von zwei Kuchen nebeneinander auf<br />

dem Rost sparen Sie Zeit und Energie.<br />

• Gebäck, Braten und Aufläufe gelingen auch, wenn<br />

sie in den kalten Backofen eingesetzt werden. Vorheizen<br />

ist nur selten nötig (nach Herstellerangaben)<br />

wie etwa beim Brotbacken.<br />

• Der Sonntagsbraten sollte erst ab einem Gewicht von<br />

einem Kilogramm in den Backofen, nehmen Sie ansonsten<br />

den Braten- oder Schnellkochtopf. Bietet Ihr<br />

Backofen Umluftgaren, dann nutzen Sie diese Möglichkeit<br />

auf mehreren Ebenen gleichzeitig, z.B. Plätzchen<br />

zu backen. Das spart Energie und Zeit.<br />

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<strong>allgäuALTERNATIV</strong>

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