Falstaff Magazin 5/2017
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jul–aug 201 7<br />
GENIESSEN WEIN ESSEN REISEN<br />
WEINGUIDE<br />
TOP 100 AUS<br />
ÖSTERREICH<br />
ANA ROŠ<br />
DIE BESTE<br />
KÖCHIN DER WELT<br />
CAPRI<br />
KAPRIZIÖSER<br />
KLASSIKER<br />
ÖSTERREICHISCHE POST AG, GZ 02Z030053 M, FÜHRICHGASSE 8, 1010 WIEN<br />
Provence<br />
ROSÉ, RATATOUILLE & ROMANTIK<br />
05<br />
ÖSTERREICH-AUSGABE 05/<strong>2017</strong> € 8,50 WWW.FALSTAFF.AT<br />
9 004524 000851<br />
05
cover / PROVENCE-REZEPTE<br />
Die Landschaft der Provence ist ein kulinarisches Gesamtkunstwerk.<br />
Die hier wachsenden Produkte prägen auch die leichte, frische Landküche<br />
der Region. Drei Spitzenköche verraten typische Rezepte à la provencale.<br />
FOTOS KONRAD LIMBECK KONZEPT&PRODUKTION FLORENCE WIBOWO FOODSTYLING WWW.WILLKE.AT<br />
TABLEWARE ASTIER DE VILLATTE BEI STATTGARTEN.WIEN<br />
124 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
GOÛT DE<br />
PROVENCE<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
125
cover / PROVENCE-REZEPTE<br />
FILO-TÖRTCHEN MIT TRÜFFEL<br />
Rezept von Eric Sapet, Restaurant »La petite Maison de Cucuron«, Cucuron, Frankreich<br />
(für 6 Personen)<br />
ZUTATEN FÜR DIE TORTENBÖDEN<br />
1 Paket Filo-Teigblätter<br />
etwas Butter, geschmolzen<br />
Fleur de Sel<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Filo-Blätter auslegen, diese gut mit zerlassener<br />
Butter bestreichen und mit der nächsten Schicht<br />
Filo-Blätter belegen.<br />
– Diesen Vorgang viermal wiederholen und dann mit<br />
einer runden Form (7 cm Durchmesser) sechs<br />
Kreise ausstechen. Mit Fleur de Sel bestreuen und<br />
zwischen zwei Blechen bei 180 Grad zehn Minuten<br />
lang backen.<br />
ZUTATEN FÜR DIE CHAMPIGNON-CREME<br />
500 g Champignons<br />
3 Zwiebeln, fein gehackt<br />
Salz<br />
etwas Olivenöl<br />
etwas Xérès-Essig<br />
etwas Weißer Martini<br />
etwas Obers<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Champignons putzen, in Stückchen schneiden<br />
und mit Zwiebeln, Martini, Essig und etwas Obers<br />
verkochen. Mit Salz abschmecken.<br />
– Ganz fein mixen und das Olivenöl gut einarbeiten,<br />
sodass das Ganze schön cremig wird.<br />
ZUATEN FÜR DEN TRÜFFEL-FRISCHKÄSE<br />
1 Schale Saint-Moret (oder ein anderer<br />
rahmiger Frischkäse)<br />
10 g Trüffeln, fein gehobelt<br />
etwas Obers<br />
etwas Olivenöl<br />
Gewürze nach Belieben<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Trüffel mit dem Frischkäse, etwas Obers, Olivenöl<br />
und Salz mixen. Im Kühlschrank aufbewahren.<br />
ZUTATEN FÜR DAS ANRICHTEN<br />
3 Trüffelknollen<br />
20 Champignons<br />
Fleur de Sel, Olivenöl<br />
ANRICHTEN<br />
– Am besten Sie verwenden Teller mit einer leichten<br />
Vertiefung. Darin zwei Suppenlöffel der Champignon-Creme<br />
verteilen. Den knusprigen Filo-<br />
Teigboden darauflegen.<br />
– Darauf in der Mitte eine Kuppel vom Trüffel-<br />
Frischkäse anrichten.<br />
– Die Champignons in dünne Scheiben schneiden<br />
und den Trüffel in feine Scheiben hobeln.<br />
– Auf jede Champignonscheibe eine Trüffelscheibe<br />
legen und diese dann rund um die Frischkäse-<br />
Kuppel drapieren, bis diese komplett abgedeckt ist.<br />
– Mit Olivenöl beträufeln und mit Fleur de Sel würzen.<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
2016 Château Les Valentines Rosé<br />
Cotes de Provence, Frankreich<br />
Provence pur: Im Glas duftender weißer Pfirsich und<br />
Kirsche, gepaart mit zarten Nuancen von Fenchel und<br />
getrockneten Kräutern lässt das von der Provence<br />
träumen. Mittelkräftig, mit angenehmer Säure und<br />
Mineralität. www.koelner-weinkeller.de, € 13,60<br />
ERIC SAPET<br />
Eric Sapet hat sein Handwerk in zahlreichen Spitzenrestaurants<br />
gelernt, unter anderem im Pariser<br />
Drei-Sterne-Restaurant »La Tour d’Argent« oder im<br />
»La Marée«, das zwei Sterne trägt. Danach war er<br />
acht Jahre lang Küchenchef im »Mas des Herbes<br />
Blanches« in Südfrankreich und konnte sich dort<br />
selbst einen der begehrten Sterne erkochen. 2007<br />
folgte schließlich der Schritt in die Selbstständigkeit<br />
und er erwarb ein entzückendes kleines Restaurant:<br />
das »La petite Maison« im Örtchen Cucuron. Dort<br />
tischt er eine ehrliche Küche der Provence auf, ganz<br />
ohne Chi-Chi, jedoch auf höchstem Niveau. Er kocht<br />
stets mit der Saison und setzt auf die jeweils besten<br />
Produkte. Auch das eigene Restaurant wurde<br />
schließlich 2009 mit einem Michelin-Stern geadelt.<br />
126 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
Zusatzfoto: beigestellt<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
127
cover / PROVENCE-REZEPTE<br />
GEFÜLLTES GEMÜSE À LA PROVENCE<br />
Rezept von Nicolas Pierantoni<br />
Restaurant »Hostellerie de L’Abbaye de la Celle«, La Celle, Frankreich (für 4 Personen)<br />
ZUTATEN FÜR DAS GEFÜLLTE GEMÜSE<br />
4 Cocktailtomaten<br />
4 runde Zucchini<br />
4 Zucchini-Blüten<br />
4 weiße Zwiebeln, die sich zum Befüllen eignen<br />
etwas Hühnerfond<br />
VORBEREITEN DES GEMÜSES<br />
– Tomaten rund um den Strunk herum »köpfen« und<br />
die Scheiben als Deckel aufheben.<br />
– Tomaten mit einem Schablöffel aushöhlen, sodass<br />
Kerne, Saft und teilweise Fruchtfleisch entfernt<br />
sind und nur mehr die Fleischwand erhalten ist.<br />
Tomaten salzen und umdrehen.<br />
– Zucchini ebenfalls »köpfen« und den Teil mit dem<br />
Strunk als Deckel aufbewahren.<br />
– Zucchini mit einem Schablöffel aushöhlen und diese<br />
gemeinsam mit den Zucchini-Deckeln zwei bis<br />
drei Minuten in gesalzenem Wasser kochen.<br />
Anschließend in Eiswasser abschrecken.<br />
– Zwiebel »köpfen«, mit einem Schablöffel aushöhlen<br />
und die Schale für die Farce aufbewahren.<br />
– In einer Pfanne Olivenöl erwärmen und darin die<br />
Zwiebel sowie deren »Deckel« kurz anbraten, bis sie<br />
eine goldene Farbe bekommen. Etwas Hühnerfond<br />
dazugeben und ein paar weitere Minuten kochen.<br />
– Zucchini-Blüten reinigen und die Stängel entfernen.<br />
– Alles zur Seite legen.<br />
ZUTATEN FÜR DIE FÜLLUNGEN<br />
4 Zucchini<br />
4 reife Tomaten<br />
2 weiße Zwiebeln<br />
3 Zweige Thymian<br />
3 Knoblauchzehen<br />
1 TL Zucker<br />
Olivenöl, Salz, Pfeffer<br />
ZUBEREITUNG DER TOMATEN-FÜLLE<br />
– Tomaten schälen, vierteln und die Kerne entfernen,<br />
danach klein würfeln.<br />
– Eine halbe Zwiebel klein zerhacken.<br />
– In einer kleinen Pfanne etwas Olivenöl erhitzen,<br />
die gehackte Zwiebel, die kleinen Tomatenwürfel,<br />
einen Thymianzweig, eine Knoblauchzehe und<br />
einen Teelöffel Zucker darin braten. Etwas salzen.<br />
– Saft abgießen und beiseite stellen. Die Füllung so<br />
lange weiterkochen, bis sie die Konsistenz von<br />
einer Marmelade bekommt. Die Mischung muss<br />
am Ende fast »trocken« sein.<br />
ZUBEREITUNG DER ZUCCHINI-FÜLLE<br />
– Zucchini gut reinigen. Mithilfe einer Mandoline die<br />
Schale der Zucchini der Länge nach in Streifen ziehen.<br />
– Die Streifen in kleine Würfel schneiden.<br />
– In einer kleinen Pfanne etwas Olivenöl erhitzen,<br />
eine halbe gehackte Zwiebel, die Zucchniwürfel,<br />
einen Thymianzweig und eine Knoblauchzehe<br />
beigeben und etwas salzen. Zwei bis drei Minuten<br />
braten, die Zucchiniwürfel sollten knackig bleiben.<br />
ZUBEREITUNG DER ZWIEBEL-FÜLLE<br />
– Die restliche Zwiebel zerhacken, ebenso wie<br />
die Schale, die zuvor aufbewahrt wurde.<br />
– In einer kleinen Pfanne Olivenöl erhitzen, Zwiebel,<br />
einen Zweig Thymian und eine Knoblauchzehe<br />
beifügen und bei niedriger Temperatur anbraten,<br />
bis sie leicht eindicken. Mit Salz abschmecken.<br />
ZUTATEN FÜR DIE FERTIGSTELLUNG<br />
Gemüse-Füllungen<br />
vorbereitetes, ausgehöhltes Gemüse (s. l.)<br />
100 ml Hühnerfond<br />
128 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
FERTIGSTELLEN DES GEFÜLLTEN GEMÜSES<br />
– Tomaten, Zucchini und Zwiebel würzen, bevor<br />
man sie mit ihrer entsprechenden Farce befüllt.<br />
– Zucchini-Blüten mit der Zucchini-Füllung zu zwei<br />
Drittel befüllen. Die Blume schließen, indem man<br />
die Blütenspitzen vorsichtig ineinander dreht.<br />
– Gemüse in ein Bratgeschirr schlichten, den<br />
restlichen Hühnerfond dazugießen.<br />
– Zwanzig Minuten bei 170 Grad schmoren. In dieser<br />
Zeit das Gemüse zweim al mit dem Fond übergießen.<br />
ZUTATEN FÜR DIE DEKORATION<br />
1 Bund Basilikum oder Kerbel<br />
2 Zucchini-Blüten<br />
ANRICHTEN<br />
– Das gefüllte Gemüse auf vier Teller verteilen.<br />
– Die Spitzen der zwei Zucchini- Blüten und die<br />
Basilikumblätter über die Teller streuen.<br />
– Den Rand der Teller mit dem Tomatenwasser,<br />
welches bei der Herstellung der Tomaten-Fülle<br />
gewonnen wurde, verzieren.<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
2012 Les Restanques de Pibarnon Rouge, Château<br />
de Pibarnon, Bandol, Provence, Frankreich<br />
Schwarze Beerenfrucht, Nuancen von Trockenkräutern<br />
und die fast animalisch wirkende Würze der<br />
regionaltypischen Rebsorte Mourvèdre bieten eine<br />
elegante Kombination mit fein salzigem Nachhall<br />
und angenehmer Länge. www.weinco.at, € 25,–<br />
NICOLAS PIERANTONI<br />
Nicolas Pierantoni – ein waschechter Provencale –<br />
wuchs in dem kleinen, idyllischen Örtchen La Celle<br />
auf. Er träumte seit seiner Teenager-Zeit davon, im<br />
ortsansässigen Luxusdomizil »L’Hostellerie de<br />
l’Abbaye« als Küchenchef zu arbeiten. Diesem<br />
Traum kam er nach seiner Koch-Ausbildung ein<br />
Stückchen näher, als er 1999 das Wiedereröffnungsteam<br />
verstärkte. Der Patron des Luxusdomizils ist<br />
seit damals kein Geringerer als Alain Ducasse. Nach<br />
drei Jahren schickte ihn Ducasse in sein Restaurant<br />
»Le Louis XV« nach Monaco, wo er unter Franck<br />
Cerutti kochte. 2006 kehrte Pierantoni in die<br />
»L’Hostellerie de l’Abbaye« als Souschef von Benoît<br />
Witz zurück. Das Duo konnte sich vom Stand weg<br />
einen Michelin-Stern erkochen. Nach weiteren zehn<br />
Jahren wurde Nicolas Pierantonis großer Traum<br />
erfüllt, als Ducasse ihn zum Küchenchef ernannte.<br />
Für seine Gerichte verarbeitet er Obst und Gemüse<br />
aus dem hauseigenen Garten. Alles weitere bezieht<br />
er von Produzenten, die nicht mehr als fünfzehn<br />
Kiliometer von dem Gut entfernt sind – Provence-<br />
Küche in Perfektion!<br />
Zusatzfoto: Guillaume Czerw<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
129
cover / PROVENCE-REZEPTE<br />
LILA ARTISCHOCKEN À LA BARIGOULE<br />
MIT GEGRILLTER GOLDBRASSE<br />
Rezept von Reine Sammut, Restaurant »Auberge La Fenière«, Cadenet, Frankreich<br />
(für 4 Personen)<br />
ZUTATEN FÜR DAS BARIGOULE<br />
6 kleine lila Artischocken<br />
1 Zwiebel<br />
1 Karotte<br />
200 g Speck<br />
100 ml Olivenöl<br />
1 Knoblauchzehe<br />
1 Thymianzweig<br />
100 ml Weißwein<br />
250 ml Hühnerbrühe<br />
Salz, Pfeffer<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Zwiebel und Karotten schälen und gemeinsam mit<br />
dem Speck in feine Würfel schneiden. Knoblauch<br />
ebenso schälen und sehr fein hacken. Alles beiseite<br />
legen.<br />
– Die Artischocken kalt abspülen. Die äußeren Blätter<br />
von den Artischocken entfernen und die Spitzen<br />
abschneiden.<br />
– Einen Teil des Stiels an der Artischocke lassen.<br />
– Zwiebel, Karotte, Knoblauch und Speck in Olivenöl<br />
anschwitzen.<br />
– Die Artischocken hinzufügen und mit Weißwein<br />
und Hühnerbrühe ablöschen.<br />
– Mit Salz und Pfeffer abschmecken und<br />
Thymianzweig hinzufügen.<br />
– Das Ganze für 25 Minuten köcheln lassen.<br />
ZUTATEN FÜR DIE GOLDBRASSE<br />
4 Goldbrassenfilets<br />
Olivenöl, Salz und Pfeffer<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Die Goldbrassenfilets mit Olivenöl bestreichen und<br />
auf der Hautseite grillen, bis diese knusprig sind und<br />
das Filet durchgezogen ist. Eventuell kurz wenden.<br />
- Alternativ: Öl in einer Grillpfanne erhitzen. Die<br />
Filets auf der Hautseite knusprig braten. Kurz<br />
wenden und glasig durchziehen lassen.<br />
– Danach mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
2015 Clos Mireille Blanc de Blancs<br />
Domaines Ott, Côtes de Provence, Frankreich<br />
Eine feinwürzige Cuvée aus den Sorten Semillon und<br />
Ugni Blanc verbindet Kernobst, Gewürze und helle<br />
Sommerblüten. Am Gaumen zeigt sich eine souveräne<br />
Komplexität gepaart mit Eleganz und einer verführerischen<br />
Mineralität. www.vinexus.at, € 30,40<br />
REINE SAMMUT<br />
Reine Sammut ist eine der wenigen weiblichen<br />
Spitzenköche der Provence, und das schon seit über<br />
vierzig Jahren. Ein Glück, dass sie 1974 ihren zukünftigen<br />
Mann Guy kennenlernte, denn so kam sie<br />
mit ihrer wahren Passion in Berührung: dem Kochen.<br />
Ihre Schwiegermutter Claudette – eine talentierte<br />
und leidenschaftliche Köchin – konnte Sammut für<br />
ihre südfranzösische Küche derart begeistern, dass<br />
sie ihr Medizinstudium abbrach und nach Lourmarin<br />
in die Provence zog. Dort eröffnete Reine Sammut<br />
gemeinsam mit ihrem Mann und dessen Familie<br />
1975 das Restaurant »Auberge la Fenière«. Nach nur<br />
fünf Jahren arbeitete sich Sammut als Küchenchefin<br />
hoch. Ihr Können wurde 1995 mit einem Michelin-<br />
Stern geadelt, den sie seither erfolgreich hält.<br />
Zwei Jahre später verlegten Reine und ihr Mann<br />
das »Auberge la Fenière« in das kleine Dörfchen<br />
Cadenet gleich nach Lourmarin.<br />
Heute teilt sich Reine Sammut die Küche mit ihrer<br />
Tochter Nadia. Dort zelebrieren die beiden eine freie<br />
Küche – »La cuisine libre« – und kochen ohne eine<br />
Spur von Gluten, da Nadia an Zöliakie leidet. Sie sind<br />
damit das erste Spitzenrestaurant, das gänzlich auf<br />
Gluten verzichtet.<br />
130 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
Zusatzfoto: Camille Moirenc<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
131
cover / ROSÉ<br />
DIE<br />
ROSÉ-<br />
KAVALIER E<br />
Keine andere Weingattung boomt derzeit so wie die feinfruchtigen Roséweine.<br />
<strong>Falstaff</strong> präsentiert die berühmtesten aus der Provence und Tavel in Frankreich.<br />
Aber auch in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz wird Rosé in immer<br />
besserer Qualität erzeugt. Eine Übersicht in Rosarot.<br />
TEXT OTHMAR KIEM, MARTIN KLICHMANN, PETER MOSER, ULRICH SAUTTER<br />
Foto: beigestellt<br />
14 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
Roséweine wie AIX<br />
von La Grande Séouve<br />
transportieren<br />
ein Lebens gefühl<br />
»à la Provence«.<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
15
cover / ROSÉ<br />
Der »Whispering Angel« von Château d’Esclans<br />
gehört zu den weltweit beliebtesten Roséweinen.<br />
Links im Bild: Winzer Sacha Lichine.<br />
Projektionsfläche<br />
für Urlaubsträume:<br />
duftende Felder mit<br />
blühendem Lavendel,<br />
azurblaues Meer, ganztägig<br />
strahlender Sonnenschein.<br />
Hier wächst der Wein, der<br />
dieses Gefühl in die ganze<br />
Welt transportiert. Der Rosé<br />
de Provence. Nie lag er<br />
mehr im Trend als heute.<br />
PROVENCE<br />
Umgeben von duftenden<br />
Lavendelfeldern wachsen<br />
die Trauben für den trendigen<br />
Rosé de Provence.<br />
Roséweine liegen auf der<br />
ganzen Welt im Trend, und<br />
die qualitative Speerspitze<br />
dieses Booms ist der facettenreiche<br />
Rosé de Provence.<br />
Er gilt als vorbildhafter Sommerwein,<br />
ein Image, das er seinen besonderen<br />
Eigenschaften verdankt. Fruchtig und würzig,<br />
aber nicht ganz so kraftvoll wie ein Rotwein,<br />
ist der Rosé de Provence ein vielschichtiger<br />
Speisenbegleiter, entsprechend gekühlt ist er<br />
ein animierender Drink am Pool, auf der Terrasse<br />
oder zu schwungvoller Disco-Musik in<br />
der Strandbar. Frau Jolie und Herr Pitt haben<br />
mit ihrem Rosé namens »Miraval« – vinifiziert<br />
vom Starwinzer Perrin aus Châteauneuf-du-<br />
Pape – einiges zur wachsenden Popularität beigetragen.<br />
Kein Wunder also, dass die USA mit<br />
36,5 % Anteil heute mit Abstand der größte<br />
Importeur von Rosé de Provence sind, gefolgt<br />
von Belgien mit jeder zehnten exportierten<br />
Flasche und Großbritannien knapp dahinter.<br />
Die Schweiz und Deutschland liegen mit<br />
etwas mehr als 5 % des Exportanteils auf den<br />
Plätzen fünf und sechs. Frankreich selbst liebt<br />
den Rosé de Provence und ist zugleich sein<br />
größter Abnehmer, er genießt hier ähnlichen<br />
Respekt wie der Champagner.<br />
Seit dem Jahr 1990 ist der Rotweinkonsum<br />
in der Grande Nation von 78 % auf 51,4 %<br />
gesunken, der Rosé hat von rund 11 % auf<br />
31,2 % zugelegt. Rund 90 % des in der Provence<br />
erzeugten Weines entfallen auf Rosé.<br />
Rund 600 Erzeuger in der Provence produzieren<br />
alljährlich rund 150 Millionen Flaschen<br />
Roséwein. Die Provence steht für rund<br />
Fotos: David Atlan, beigestellt<br />
16 falstaff falstaff feb–mär jul–aug 2015 <strong>2017</strong>
Clos Mireille gehört zu Domaines<br />
Ott, einem der bekanntesten<br />
Roséproduzenten der Provence.<br />
40 % aller in Frankreich abgefüllten Roséweine<br />
mit Herkunftsbezeichnung (AOP) und<br />
zu gleich für 6 % der weltweiten Produktion<br />
von Roséwein. Frankreich selbst ist mit<br />
zu pflanzen. Von hier aus verbreitete sich diese<br />
Kulturpflanze im ganzen Land, es waren die<br />
Römer, die den Weinbau in ganz Gallien bis<br />
nach Bordeaux trugen.<br />
sämtlichen Anbauzonen der mit Abstand<br />
größte Roséproduzent mit 34 %, gefolgt von<br />
DER NAME DES ROSÉ<br />
Spanien mit etwa 19 % und den USA, wo<br />
bereits 15 % des Weltmarktanteils abgefüllt<br />
werden.<br />
Von Aix-en-Provence bis Saint-Tropez in<br />
Südfrankreich liegen die Anbaugebiete, aus<br />
denen sich die Appellation d’Origine Contrôlée<br />
Côtes de Provence zusammensetzt. Die<br />
große Besonderheit der Region ist der Fokus<br />
auf Roséweine, denn diese machen nicht weniger<br />
als 88,5 % der Gesamtproduktion aus, der<br />
Rotwein stellt ganze 8 %, den Weißwein aus<br />
der Provence kann man mit nur 3,5 % bereits<br />
als echte Rarität betrachten. Die wichtigsten<br />
roten Sorten sind Grenache, Syrah, Cinsault,<br />
Mourvèdre und Tibouren, die weißen Sorten,<br />
die auch zur Roséproduktion beitragen, sind<br />
Clairette, Ugni Blanc, Sémillon und Rolle. Die<br />
Region selbst gilt als die historische Wiege des<br />
französischen Weinbaues. Vor rund 2600 Jahren<br />
gründeten die Phönizier Marseille und<br />
Der berühmte »Brangelina«-<br />
Wein von Chateau Miraval.<br />
Das Gros der Roséweine trägt die Herkunftsbezeichnung<br />
Côtes de Provence (CDP), zu der<br />
noch vier Unterregionen zählen: Fréjus im<br />
Nordosten von Saint-Tropez, La Londe rund<br />
um Hyéres, Pierrefeu und schließlich Sainte<br />
Victoire, das zwischen den beiden weiteren<br />
Hauptappellationen Coteaux Varois en Provence<br />
(CVP) und Coteaux d’Aix-en-Provence<br />
(CAP) liegt.<br />
Der Begriff »Côtes de Provence« wurde im<br />
Jahr 1895 erstmals verwendet, aber erst 1951<br />
beschrieb eine Expertenkommission, welches<br />
Land genau darunter zu verstehen ist. Dazu<br />
gesellen sich die gesuchten Rosés aus den<br />
Appellationen Bandol, Les Baux de Provence,<br />
Bellet und Palette und schließlich jene der<br />
IGP Alpilles und IGP Var. Einige der traditionsreichsten<br />
Betriebe bilden eine Gruppe von<br />
aktuell 18 Weingütern, deren Weine seit 1955<br />
begannen im Umfeld der Siedlung Rebstöcke die Bezeichnung »Cru Classé« tragen ><br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
17
eise / LONG WEEKEND<br />
CAPRI<br />
LUXUS,<br />
LIEBE UND<br />
LIMONEN<br />
Fotos: Shutterstock<br />
174 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
So viel Schönheit auf so wenig Platz:<br />
Ein Besuch in Capri kann anstrengend sein.<br />
Aber wer einmal der Magie der bunten Häuser,<br />
der weißen Klippen und glitzernden Buchten<br />
verfallen ist, kommt immer wieder.<br />
TEXT WALTER OSZTOVICS<br />
I Faraglioni heißen die vier Felsnadeln vor<br />
der Südostspitze Capris – ein Anblick, der<br />
bereits den römischen Kaiser Tiberius<br />
begeisterte – rechts seine Statue.<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
175
eise / LONG WEEKEND – CAPRI<br />
Die »Jacky Bar« im<br />
»Hotel Tiberio Palace«<br />
lässt die Atmosphäre der<br />
1960er wieder aufleben.<br />
Freitag<br />
Unter den duftenden Zitronenbäumen des<br />
»Ristorante da Paolino« klingt der Abend bei<br />
gebratenem Seeteufel aus – ein perfekter<br />
erster Tag auf Capri.<br />
Ein spätes Mittagessen könnte sich ausgehen.<br />
Wenn wir den Austrian-Airlines-<br />
Direktflug nach Neapel nehmen, mit dem<br />
Taxi vom Airport zum Hafen eilen und dort in<br />
einen der pfeilschnellen Aliscafi springen, landen<br />
wir um 13 Uhr im stets quirlig brodelnden<br />
Hafen Marina Grande. Zehn Minuten später<br />
sitzen wir auf der Terrasse des Hotels »J. K.<br />
Place«, blicken über den Golf von Neapel auf<br />
den Vesuv und tauchen die Gabel in einen sonnengelben<br />
Knäuel Scialatielli al sugo di calamaro<br />
(handgemachte Pasta mit Tintenfischsugo),<br />
wie sie der Küchenchef Eduardo Estatico so<br />
meisterhaft zubereitet. Allerdings müssten wir<br />
uns dafür ein bisschen hetzen, und genau das<br />
sollten wir nicht tun, nicht hier in der Urheimat<br />
der Lebenskünstler und des Chi te lo fa fa’? –<br />
was so viel wie »Wer zwingt dich dazu?« bedeutet<br />
und rund um Neapel als eine Art Mantra der<br />
Gelassenheit verwendet wird.<br />
Für unseren Aufenhalt haben wird das »Hotel<br />
Punta Tragara« gewählt, auf der Südseite der<br />
Insel mit Blick auf die berühmten Faraglioni-<br />
Felsen. Die Verlockung wäre groß, den Rest des<br />
Tages einfach auf einer der Terrassen am Pool<br />
zu verbringen. Wir aber schlendern nach einem<br />
kurzen Sprung ins Wasser zurück in den Ort<br />
Capri, halten auf dem Weg dorthin vor dem<br />
grün gestrichenen Kiosk von Insel-Original<br />
Maria, die den ganzen Tag lautstark »O sole<br />
mio« schmettert, und nehmen eine frisch<br />
gepresste Zitronenlimo. Nach ein paar weiteren<br />
Minuten zu Fuß sind wir in der Via Camerelle<br />
mit ihren internationalen Nobelboutiquen,<br />
zwischen denen sich aber auch ein paar lokale<br />
Edel-Handwerksbetriebe behauptet haben. Zum<br />
Beispiel der Schuhmacher Canfora, dessen Sandalen<br />
schon an Jacky Kennedys Füßen so elegant<br />
wirkten. Oder der Juwelier Chantecler<br />
gleich um die Ecke in der Via Vittorio Emanuele,<br />
jener Straße, die uns schließlich ins Zentrum<br />
des Ortes Capri führt, auf die Piazzetta. Jetzt,<br />
am späteren Nachmittag, sind die Tagestouristen<br />
schon wieder fort, wir finden also Platz in<br />
der (nein, natürlich vor der) »Bar Tiberio«,<br />
der »Al Piccolo Bar«, dem »Gran Caffè« oder<br />
dem »Caffè Caso«.<br />
Abends muss es unbedingt das »Ristorante da<br />
Paolini« sein: Man sitzt unter großen, duftenden<br />
Zitronenbäumen, holt sich nach Herzenslust<br />
vom Antipasti-Büfett, bis man irgendwann dem<br />
Cameriere winkt, jetzt die Pescatrice al forno<br />
con carciofi (Seeteufel mit Artischocken) zu<br />
bringen und noch eine Flasche Falanghina dazu.<br />
Ein Teller Meeresfrüchte, geschmort<br />
mit Tomaten und Peperoncini, bildet den<br />
idealen Start für ein Menü.<br />
Der Schuhmacher Canfora stellt zierliche Sandalen<br />
nach Maß her – traditionelle Handarbeit.<br />
Fotos: Massimo Listri, beigestellt<br />
176 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
Das »J. K. Place« wurde 2007 vom Florentiner<br />
Architekten Michele Bonan in einer Art ironischem<br />
Neoklassizismus mit viel nautischem Blau, kannelierten<br />
Säulen und lässigen Lounge-Möbeln gestaltet.<br />
Von der Terrasse des<br />
»J. K. Place« fällt der Blick<br />
auf den Vesuv. Dazu serviert<br />
Küchenchef Eduardo Estatico<br />
raffinierte mediterrane Küche.<br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
177
eise / LONG WEEKEND – CAPRI<br />
Sonne und Meer tankt man am besten im<br />
»Beach Club La Fontelina«. Das dazugehörende<br />
Restaurant hat nur mittags offen.<br />
Samstag<br />
Romantische Gemüter müssen unbedingt<br />
den Lido del Faro besuchen: einsame Bucht,<br />
laue Brise, dramatischer Sonnenuntergang.<br />
Den Samstag verbringen wir am Meer,<br />
und zwar im exklusiven »Beach Club<br />
Fontelina«. Wirkliche Strände gibt es ja<br />
kaum auf dieser schroffen Felseninsel. Für den<br />
Beach Club wurden einige Stellen zwischen<br />
dem zerklüfteten Kalkgestein geglättet, mit Liegen<br />
und Schirmen ausgestattet, eine stählerne<br />
Leiter führt ins grünlich schimmernde Wasser.<br />
Das dazugehörende Restaurant, das nur mittags<br />
offen hält, hat sich mit köstlich leichten<br />
Fischgerichten einen Namen gemacht, aber wir<br />
begnügen uns mit ein paar frisch geöffneten<br />
Austern und einem Glas Champagner.<br />
Für das Dinner entscheiden wir uns schweren<br />
Herzens gegen das »L’Olivo«, das mit<br />
zwei Michelin-Sternen höchstbewertete Restaurant<br />
Capris, verzichten auf den legendären<br />
Coniglio all’ischitana (geschmortes Wildkaninchen)<br />
von Starkoch Andrea Migliaccio und<br />
lassen uns mit dem Boot zum Lido del Faro<br />
bringen. Ein Ort für Verliebte: Erst versinkt<br />
die, ja genau, rote Sonne im Meer, danach glitzert<br />
die einsame Bucht feierlich still in der<br />
Dämmerung, bis sich der Mond über den elegant<br />
gedeckten Tischen erhebt. Hoch oben<br />
blinkt der namensgebende Leuchtturm, und<br />
die zart gedämpfte Pezzogna (eine Zahnbrassenart)<br />
schmeckt so überirdisch, dass man<br />
beschließt, ein besserer Mensch zu werden.<br />
Zurück nach Hause nehmen wir den Landweg,<br />
der führt uns nämlich wieder auf die<br />
Piazzetta (die offiziell eigentlich Piazza<br />
Umberto I heißt) zur »Pulalli Wine Bar«.<br />
Einen Platz am einzigen Tischchen auf dem<br />
kleinen Balkon über dem Platz darf man sich<br />
nicht erhoffen, aber auch der Blick von der<br />
Terrasse und sogar von der Bar ist fantastisch,<br />
und die Auswahl an edlen Gewächsen aus<br />
allen Winkeln Italiens macht wirklich Freude.<br />
In der »Pulalli Wine Bar« direkt<br />
an der Piazzetta von Capri gibt’s<br />
edle Gewächse plus Aussicht.<br />
»L’Olivo« ist das Top-Restaurant der Insel.<br />
Sein Markenzeichen: auf das Wesentliche<br />
reduzierte italienische Küche.<br />
Fotos: Andrea Sarlo, Guido Fua, beigestellt<br />
178 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
cover / ROSÉ<br />
Neunzig Prozent der gesamten Produktion<br />
der Provenceweine entfallen auf Rosé.<br />
><br />
dürfen. Darunter finden sich einige der<br />
bekanntesten Erzeuger wie die Domaines<br />
Ott mit Château de Selle und Clos Mireille,<br />
Château Sainte Roseline, Château Roubine,<br />
Minuty oder die Domaine de l’Aumérade.<br />
Neben diesen Klassikern hat sich eine Vielzahl<br />
von neuen Namen etabliert, Betriebe wie<br />
Château Miraval, die Domaine Sainte Lucie,<br />
Château d’Esclans oder Weine wie AIX von<br />
La Grande Séouve oder der Corail von Château<br />
de Roquefort, die nicht nur durch eine<br />
moderne Verpackung, sondern auch durch<br />
Spitzenqualität auf sich aufmerksam machen.<br />
Zu den weltweit vertriebenen Spitzen-<br />
Rosés zählen heute Domaines Otts Château<br />
Romassan aus Bandol, die Cuvée Alexandre<br />
von Château Beaulieu in Coteaux d’Aix-en-<br />
Provence, ein Haus das von Stéphane Derenoncourt<br />
beraten wird, Château Minuty mit<br />
Rose et Or, der Garrus von Château d’Esclans<br />
und der unverzichtbare Rosé von Château<br />
Sainte Roseline, beide Côtes de Provence.<br />
Und na türlich das Scheidungskind Miraval<br />
Rosé, das im Jahrgang 2016 noch unter Jolie<br />
& Pitt firmiert. Der Begriff Rosé de Provence<br />
bildet ein breites Spektrum ab, farblich wie<br />
geschmacklich. Der Bogen reicht von trocken<br />
und rassig bis zu zart fruchtsüß mit eher milder,<br />
bekömmlicher Säure. Es werden leichtfüßige<br />
Aperitifweine genauso angeboten wie cremige,<br />
stoffige Speisenbegleiter, die mit einigen<br />
Jahren an Reifepotenzial ausgestattet sind.<br />
Zum Schluss noch einige Tipps für jene, die<br />
selbst in die Provence reisen und vielleicht vor<br />
Ort ein paar Charakterköpfe unter den Roséweinen<br />
einkaufen wollen, die es nicht an jeder<br />
Ecke gibt. Da wäre Château Simone in Palette,<br />
bekannt für seinen tollen Roten, nur 15 % der<br />
Produktion entfallen auf den feinen Rosé. In<br />
Bandol erzeugt die aus Bordeaux stammende<br />
Familie Tari (Château Giscours) auf der Do -<br />
maine de la Bégude den würzigen L’Irréductible,<br />
und der ist – wie sein Name verrät – unbezwingbar.<br />
Ebenfalls aus Bandol kommen die<br />
Top-Rosés von Château Sainte-Anne und von<br />
Château de Pibarnon. In Bellet warten das<br />
Château de Bellet mit Baron G und Clos Saint-<br />
Vincent mit dem salzigen Vino di Gio. Und<br />
sollten sie nach Villars-sur-Var kommen, dann<br />
bitten sie Constance und Roch von Clos Saint-<br />
Joseph um ein paar Flaschen ihres tollen Rosés,<br />
den die Biodynamiker hier auf fünf Hektar mit<br />
uralten Reben erzeugen. Größer kann der Kontrast<br />
zu den Massenweinen gar nicht sein.<br />
Fotos: Herve Fabre Photographie ,beigestellt Illustration: Ana Popescu<br />
18 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
eise / LONG WEEKEND – CAPRI<br />
Sonntag<br />
Seefahrer-Utensilien im »Ristorante<br />
Il Riccio«. Darüber hängen wie bei<br />
Mamma Knoblauch und Peperoncini.<br />
Anacapri ist der noble Rückzugsort, wo sich<br />
die wirklich Reichen in ihren Villen verstecken<br />
und schon Kaiser Tiberius Erholung von den<br />
Hofintrigen Roms fand.<br />
Den Octopus im<br />
»Ristorante Gelsomina«<br />
genießt man zwischen<br />
Weinstöcken und<br />
Zitronenbäumen.<br />
Anacapri, der Ort am höchsten Punkt<br />
der Insel, wartet noch auf einen<br />
Besuch. Auf dem Weg dorthin könnten<br />
wir anstelle des Frühstücks im Hotel die<br />
eine oder andere Pasticceria erkunden. Die<br />
»Buonocore Gelateria« zum Beispiel, eigentlich<br />
berühmt für ihr Eis, oder »Da Alberto«<br />
in der Via Roma, wo es gute Brioche und<br />
Plunderteig-Cornettini gibt – und natürlich<br />
die Torta Caprese, den saftigen Schokolade-<br />
Mandel-Kuchen. Genau die richtige Grundlage<br />
für einen Spaziergang durch den Garten<br />
der Villa San Michele mit seinen üppigen<br />
Blumen und dem süßlichen Duft nach<br />
Jasmin, Bougainvilleen und Myrten.<br />
In Anacapri kann man auch an heißen<br />
Sommertagen stille Gassen und verträumte<br />
alte Häuser finden, außerdem ein paar beeindruckende<br />
Restaurants wie das in einem<br />
Weingarten (ja, tatsächlich) gelegene »Da<br />
Gelsomina« oder das schicke »Il Riccio«<br />
direkt oberhalb der Blauen Grotte. Blau ist<br />
auch der Riccio Spritz, der dort auf der an<br />
das Achterdeck eines Kreuzfahrtschiffs erinnernden<br />
Terrasse als Aperitivo kredenzt<br />
wird. Zum Lunch (pardon, zum Pranzo)<br />
kehren wir im angeblich ältesten Restaurant<br />
der Insel ein, dem wundervoll heimeligen<br />
»Aurora«, wo als besondere Spezialität<br />
die Pizza all’acqua gebacken<br />
wird, ein himmlisch leichtes<br />
Stück Teig, belegt nur mit Mozzarella,<br />
Peperoncino und Basilikum.<br />
Das sind die Aromen,<br />
die wir mit nach Hause nehmen<br />
wollen. Na ja, ein<br />
Espresso zum Abschluss hat<br />
auch noch Platz.<br />
Der verzauberte Garten der Villa San<br />
Michele, bekannt durch den Arzt und<br />
Schriftsteller Axel Munthe.<br />
Fotos: Andrea Sarlo, Guido Fua, beigestellt<br />
180 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
eise / LONG WEEKEND – CAPRI<br />
TIPPS UND<br />
ADRESSEN<br />
HOTELS<br />
RESTAURANTS<br />
BARS & CAFFÈ<br />
GROTTA AZZURA<br />
HOTELS<br />
PUNTA TRAGARA***** (1)<br />
Spektakuläre Lage oberhalb der Faraglioni-Felsen,<br />
ein idealer Rückzugsort, erstaunlich geräumig,<br />
mit vielen Terrassen, zwei Pools und Garten.<br />
DZ ab ca. € 1200,–<br />
Via Tragara, 57, 80076 Capri<br />
T: +39 081 8370844, www.hoteltragara.com/de<br />
ANACAPRI<br />
MONTE SOLARO<br />
VILLA SAN MICHELE<br />
MARINA GRANDE<br />
MARINA PICCOLA<br />
GIARDINI DI<br />
AUGUSTO<br />
TIBERIO<br />
MATERMANIA<br />
J. K. PLACE CAPRI***** (2)<br />
Eines der wenigen Top-Hotels mit Blick nach Norden,<br />
also Richtung Neapel und Vesuv. Nachteil: Bis zur<br />
Piazzetta sind es 15 Minuten Taxifahrt. Besonders stylisches<br />
Interieur mit viel Sinn für die richtige Farbgebung.<br />
DZ ab ca. € 1400,–<br />
Via Marina Grande, 225, 80076 Capri<br />
T: +39 081 8384001, www.jkcapri.com<br />
HOTEL LA CANASTA **** (3)<br />
Fast ein Geheimtipp: puristisch, geradezu schlicht,<br />
aber sehr zentral gelegen. Alle Zimmer haben Balkon<br />
oder Terrasse, ein paar davon Meerblick.<br />
DZ ab ca. € 90,–<br />
Via Campo di Teste 6, 80076 Capri<br />
T : +39 081 8370561, www.hotel-canasta.com<br />
TIBERIO PALACE ***** (4)<br />
Klassiker nahe dem Zentrum von Capri, vor ein<br />
paar Jahren im mediterranen Retro-Look neu<br />
herausgeputzt. Großer Spa-Bereich.<br />
DZ ab ca. € 350,–<br />
Via Croce 11–15, 80076 Capri<br />
T: +39 081 978711, www.capritiberiopalace.it<br />
CAPRI PALACE HOTEL ***** (5)<br />
Drehen Sie sich nicht um, wenn Sie finden, dass die<br />
Frau in der Liege neben Ihnen wie Liz Hurley oder<br />
Gwyneth Paltrow aussieht – hier verkehren Celebrities,<br />
es ist der Luxus-Hot-Spot von Anacapri, betrieben vom<br />
Kunstsammler und Kultur-Impresario Tonino Cacace.<br />
DZ ab ca. € 800,–<br />
Via Capodimonte 14, 80071 Anacapri<br />
T: +39 081 9780111, www.capripalace.com<br />
RESTAURANTS<br />
RISTORANTE DA PAOLINO (1)<br />
Groß, lebhaft, berühmt für die von Zitronenbäumen<br />
überdachte Terrasse, für das Antipasti-Büfett<br />
(gegrillte Mozzarella auf Zitronenblättern, Tintenfisch<br />
in Aspik …) und die fröhliche Atmosphäre.<br />
Via Palazzo a Mare 11, 80073 Capri<br />
T: +39 081 8376102, www.paolinocapri.com<br />
L’OLIVO (2)<br />
Zwei Michelin-Sterne, tolle Aussicht, großes Kino.<br />
Gehört zum »Capri Palace Hotel«.<br />
Via Capodimonte 14, 80071 Anacapri<br />
T: +39 081 9780560, www.capripalace.com<br />
Märchenhaft: die Blaue<br />
Grotte im Nordwesten<br />
der Insel.<br />
IL RICCIO (3)<br />
Ebenfalls Teil der Capri-Palace-Hotel-Familie, ein Michelin-Stern.<br />
Atemberaubende Lage direkt oberhalb der<br />
Blauen Grotte. Die große Vitrine voll Fischen, Seeigeln,<br />
Langusten und Muscheln zeigt schon die Richtung an.<br />
Via Gradola 4, 80071 Anacapri<br />
T: +39 081 8371380, www.capripalace.com<br />
AURORA (4)<br />
Das älteste Restaurant der Insel, urig, authentisch,<br />
Pasta wie von der Mamma, Fische, Dolci. Markenzeichen<br />
ist die tomatenlose Pizza all’acqua.<br />
Überraschend gut sortierter Weinkeller.<br />
Via Fuorlovado 18/20, 80073 Capri<br />
T: +39 081 8370181, www.auroracapri.com<br />
IL LIDO DEL FARO (5)<br />
Eine Felsenbucht, so unberührt und ruhig, wie das<br />
auf Capri eben möglich ist. La luna rossa am Himmel,<br />
Linguine ai frutti di mare auf dem Teller. Für ein<br />
frühes Abendessen – schließt bei Sonnenuntergang.<br />
Strada Faro di Carena, 80071 Anacapri<br />
T: +39 081 8371798, www.lidofaro.com<br />
LA FONTELINA (6)<br />
Das Restaurant zum exklusivsten Beach Club der Insel.<br />
Schattiges Strohdach, Blick auf die Faraglioni-Felsen,<br />
gegrillter Fisch, Austern, Meeresfrüchte. Nur mittags.<br />
Via Faraglioni, 2, 80073 Capri<br />
T: +39 081 8370845, www.fontelina-capri.com<br />
DA GELSOMINA (7)<br />
Überdachte Terrasse am Rande eines Weingartens<br />
mit Rundumblick bis nach Ischia. Nur zu Fuß erreichbar<br />
oder mit dem Restaurant-Shuttle. Gnocchi alla<br />
Sorrentina, Pollo al mattone, dazu den Wein des<br />
Hausherrn.<br />
Via Migliara 72, 80073 Anacapri<br />
T: +39 081 8371499<br />
BARS & CAFFÈ<br />
PULALLI WINE BAR (1)<br />
Hoch über der Piazzetta. Tolle Weinselektion,<br />
dazu Prosciutto, Käse, Caprese.<br />
Piazza Umberto I, 4, 80076 Capri<br />
T: +39 081 8374108<br />
CAFFÈ CASO (2), AL PICCOLO BAR (3), BAR<br />
TIBERIO (4), GRAN CAFFÈ (5)<br />
Hier auf der Piazzetta haben Sie die Wahl – Espresso,<br />
Dolci und Aperitivi gibt es überall bis spät in die<br />
Nacht, und zwar zu saftigen Preisen.<br />
Caffè Caso: +39 081 8370600<br />
Al Piccolo Bar: +39 081 8370325<br />
Bar Tiberio: +39 081 0012120<br />
Gran Caffè: +39 081 8370388<br />
BUONOCORE GELATERIA (6)<br />
Das selbst gemachte Zitroneneis ist legendär,<br />
ebenso die Dolci nach neapolitanischer Art.<br />
Via Vittorio Emanuele, 35, 80073 Capri,<br />
T: +39 081 8377826<br />
PASTICCERIA DA ALBERTO (7)<br />
Brioche und Plunderteig, Torta Caprese,<br />
selbst gemachtes Eis.<br />
Via Roma 9, 80076 Capri<br />
T: +39 081 8370622, www.pasticcerialberto.com<br />
Mehr Städtereise-Tpps<br />
für lange Wochenenden:<br />
falstaff.at/long-weekend<br />
Fotos: beigestellt Illustration: Ana Popescu<br />
182 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>
Das Weingut Miraval in der Provence<br />
gehört Brad Pitt (links im BIld) und<br />
Angelina Jolie – noch.<br />
TAVEL<br />
TAVEL<br />
Das kleine Anbaugebiet am<br />
Unterlauf der Rhône ist bekannt<br />
für seine Roséweine. Sie sind mild<br />
und seidig – und nicht nur in jungen<br />
Jahren ein Vergnügen.<br />
PUJAUT<br />
CHATEAUNEUF-DU-PAPE<br />
AVIGNON<br />
RHONE<br />
SORGUES<br />
LE PONTET<br />
Bereits 1937 erhob der französische<br />
Staat Tavel zur kontrollierten Herkunft<br />
– und dies, einzigartig in der<br />
Weinwelt, ausschließlich für Roséwein.<br />
Dabei scheint die Rosékultur<br />
Tavels als kurioses Nebenprodukt der<br />
Verschnitt„kultur“ im Weinhandel früherer<br />
Jahrhunderte entstanden zu sein: Denn wie<br />
die „Annales de l’Agriculture Française“ im<br />
Jahr 1814 berichten, wurde der Tavel nur in<br />
Kriegszeiten, wenn die üblichen Handelswege<br />
blockiert waren, als Rotwein gekeltert. In<br />
Friedenszeiten bei prosperierendem Handel<br />
ließ man ihn nur kurz auf der Maische, damit<br />
Weinhändler ihn als »Clairet« für Verschnitte<br />
mit Burgundern und anderen Herkünften<br />
nützen konnten. Spätestens zur Mitte des<br />
19. Jahrhunderts muss sich der Tavel-Rosé<br />
dann als Wein eigenen Rechts durchgesetzt<br />
haben, wie ein 1867 in Bordeaux erschienenes<br />
Weinbauhandbuch zeigt. Dessen Autor, Raimond<br />
Boireau, nennt den Tavel den »feinsten<br />
Wein des Languedoc«, er habe eine lebendige,<br />
helle Farbe.<br />
Das Anbaugebiet umfasst heute ziemlich<br />
genau 900 Hektar und liegt überwiegend auf<br />
sandigen Schwemmlandböden, die denen von<br />
Châteauneuf-du-Pape vis-à-vis am an deren<br />
Rhône-Ufer ähneln. Wie dort dominiert auch<br />
in Tavel die Grenache: Allerdings ist ihr Anteil<br />
am Tavel auf maximal 60 Prozent begrenzt.<br />
Zugelassen sind weitere zwölf (weiße und<br />
rote) Sorten, deren gemeinsamer Anteil an<br />
der Assemblage mindestens 40 Prozent betragen<br />
muss und 70 Prozent nicht überschreiten<br />
darf.<br />
Der Tavel-Rosé ist für seine Seidigkeit<br />
be rühmt – und dafür, dass er trotz des vorgeschriebenen<br />
trockenen Ausbaus stets eine<br />
gewisse Milde ausstrahlt. Sein Ruf ist der<br />
eines lagerbeständigen Weins: eine Eigenschaft,<br />
die viel zu selten erprobt wird, da es<br />
so schwerfällt, seinem jugendlichen Charme<br />
Widerstand zu leisten.<br />
><br />
jul–aug <strong>2017</strong><br />
falstaff<br />
19
cover / ROSÉ<br />
Richtig angekommen ist der Trend in<br />
Österreich zwar noch nicht, einzelne<br />
Winzer machen aber Roséweine, die<br />
den internationalen Vergleich nicht zu<br />
scheuen brauchen.<br />
ÖSTERREICH<br />
Bernadette und<br />
Markus Altenburger aus<br />
Jois haben die »RoSée<br />
Connection« gegründet.<br />
In Österreich ist der Rosétrend beim<br />
Stillwein noch nicht in dem Umfang<br />
angekommen, wie dies in manch anderem<br />
Land der Fall ist, was wohl auch<br />
der großen Weißweintradition geschuldet<br />
ist. Auch wenn der Fachhandel in den<br />
letzten Jahren eine leicht stei gen de Tendenz<br />
beim glasweisen Verkauf in der Gastronomie<br />
feststellt, so hat das Segment Rosé noch einige<br />
Luft nach oben. Es fehlen auch noch<br />
Betriebe, die sich wirklich auf diesen Markt<br />
kon zentrieren, die Roséproduktion ist meist<br />
ein Neben geschäft. Die einzige nennenswerte<br />
Ausnahme ist die Weststeiermark, wo aus der<br />
Blauen Wild bachertraube der Schilcher<br />
gewonnen wird. Einst für seine markante<br />
Säure und Rustikalität berüchtigt, haben die<br />
Winzer der Region diese Spezialität längst<br />
gebändigt und bringen sehr an spruchsvolle<br />
und elegante Roséweine auf den Markt. Die<br />
Frostereignisse des Aprils 2016 und in geringerem<br />
Umfang auch des heurigen Jahres hatten<br />
allerdings zur Folge, dass der Schilcher,<br />
der ohne hin in vergleichsweise geringen<br />
Mengen produziert wird, fast völlig vom<br />
Markt verschwunden ist.<br />
Im Burgenland gibt es mit Markus Altenburger<br />
aus Jois einen Winzer, der das Thema<br />
richtig an gepackt hat. Mit seinem Projekt<br />
»RoSée Connection« bringt er eine erstklassige<br />
Serie von modern verpackten Rosé-Stilen,<br />
die ein neues Publikum gewinnen soll. Die<br />
Weine tragen Namen wie »En Garde!«,<br />
»Witzbold« oder »Jerry & Barry« und vermitteln<br />
Trinkfreude und sommerliches<br />
Lebensgefühl. Unter den vielen Winzern, die<br />
sich des Themas angenommen haben, sind<br />
Fiona Figlmüller aus Wien mit ihrem gemeinsam<br />
mit Fritz Wieninger entwickelten »Rosé<br />
Viennois« oder Gerhard Pittnauer aus Gols<br />
mit »Dogma« hervorzuheben. Auch die<br />
Domäne Wachau mischt erfolgreich, zuletzt<br />
mit »Rosé Reserve 1805«, in diesem Segment<br />
mit. Ohne Zweifel hat Österreich aber noch<br />
mehr Potenzial, das ausgeschöpft werden<br />
könnte.<br />
<<br />
Alle Rosés<br />
mit <strong>Falstaff</strong>-Bewertung<br />
falstaff.at/rose<br />
Fotos: Anna STöcher, beigestellt<br />
20 falstaff jul–aug <strong>2017</strong>