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Empfehlungen zur kalkulierten parenteralen Initialtherapie ...

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<strong>Empfehlungen</strong> <strong>zur</strong> <strong>kalkulierten</strong> <strong>parenteralen</strong> <strong>Initialtherapie</strong> bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2010<br />

39, 44, 56, 57, 65, 67, 68, 70, 72].<br />

Bei der Anwendung von Doripenem<br />

wird den neuen Überlegungen bereits Rechnung<br />

getragen. Die Applikation von Doripenem<br />

kann als Kurzinfusion oder als Dauerinfusion<br />

über 4 Stunden erfolgen [23].<br />

<strong>Empfehlungen</strong> <strong>zur</strong> kontinuierlichen<br />

Gabe der Beta-Lactam-Antibiotika basieren<br />

auf theoretischen Überlegungen, die<br />

von experimentellen Untersuchungen oder<br />

Simulationen unterstützt werden. Klinische<br />

Untersuchungen konnten einen Vorteil<br />

der kontinuierlichen Gabe mit länger<br />

andauernden Serumspiegeln oberhalb der<br />

MHK auch bei niedrigeren Tagesdosierungen<br />

[1, 2, 8, 10 – 12, 16, 18, 24, 35, 36,<br />

38, 49, 50, 64, 69, 75 – 77] und eine vergleichbare<br />

Effektivität und Sicherheit [26,<br />

27, 57] hinsichtlich der klinischen und mikrobiologischen<br />

Wirksamkeit belegen. Eine<br />

signifikante Überlegenheit der kontinuierlichen<br />

Gabe konnte bislang nur in wenigen<br />

Fällen gezeigt werden [43]. Allerdings<br />

konnte eine Letalitätssenkung bisher nicht<br />

belegt werden.<br />

Beta-Lactam-Antibiotika sind nach der<br />

Zubereitung nur begrenzt stabil. Hierbei ist<br />

nicht nur der Grad der Degradation entscheidend,<br />

sondern vor allem die Art der<br />

Zersetzungsprodukte, die ein allergenes<br />

Potenzial besitzen. In zahlreichen Untersuchungen<br />

<strong>zur</strong> Stabilität der Substanzen wird<br />

diese Tatsache nur un<strong>zur</strong>eichend beachtet.<br />

Danach gelten Lösungen von Beta-Lactam-<br />

Antibiotika innerhalb eines untersuchten<br />

Zeitraums als stabil, wenn deren Degradation<br />

den Wert von 10 % unterschreitet.<br />

Das Ausmaß der Degradation ist abhängig<br />

von dem Lösungsmittel, dem Lichteinfluss,<br />

der Konzentration des Antibiotikums, der<br />

Art der Applikationshilfen sowie der Herstellung<br />

und Temperatur. Bei körpernaher<br />

Pumpenapplikation im Rahmen einer<br />

ambulanten <strong>parenteralen</strong> Antibiotika-Therapie<br />

(APAT) müssen wegen der erhöhten<br />

Umgebungswärme deutliche Stabilitätseinbußen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Von hoher praktischer Bedeutung<br />

ist die Verwendung des empfohlenen<br />

Lösungsmittels, um eine optimale Löslichkeit<br />

und Stabilität zu gewährleisten. So<br />

müssen fast ausnahmslos alle Penicilline<br />

(Trockensubstanzen) in Aqua ad injectabilia<br />

gelöst werden, um das Lösungsverhalten<br />

zu beschleunigen und eine Partikelfreiheit<br />

zu gewährleisten. Eine weitere<br />

Verdünnung ist danach in üblichen Infusionslösungen<br />

meist möglich. Bei vielen<br />

Beta-Lactam-Antibiotika ist eine Reihe<br />

von Inkompatibilitätsreaktionen mit anderen<br />

Arzneimitteln beschrieben, wenn sie<br />

im gleichen Infusionssystem verabreicht<br />

werden sollen. Die Angaben des Herstellers<br />

<strong>zur</strong> Kompatibilität müssen unbedingt<br />

beachtet werden.<br />

Häufigste unerwünschte Arzneimittelwirkung<br />

der Penicilline sind Allergien und<br />

pseudoallergische Reaktionen. Ursache<br />

dieser Reaktionen ist das Vorliegen einer<br />

instabilen Beta-Lactam-Struktur oder spezifischer<br />

Seitenketten. Es werden Reaktionen<br />

vom Sofort-Typ und Spät-Typ unterschieden,<br />

wobei Penicillin-Soforttyp-Allergien<br />

sich nach vorheriger Sensibilisierung (z. B.<br />

auch durch Penicillin-haltige Lebensmittel<br />

oder Kontakt mit Schimmelpilzen) meist<br />

wenige Minuten nach der Verabfolgung<br />

als urtikarielle Exantheme und/oder Angioödeme,<br />

zum Teil mit lebensbedrohlichen<br />

Atemwegs- oder Kreislaufskomplikationen<br />

manifestieren können. Zu etwa 10 % treten<br />

verzögerte Reaktionen in Form polymorpher<br />

Exantheme wie makulopapulöse<br />

Exantheme auf. Serumkrankheitsartige<br />

Symptome werden in etwa 2 bis 4 % der<br />

Fälle beobachtet. Allergische Reaktionen<br />

sind nach parenteraler Gabe grundsätzlich<br />

häufiger als nach oraler Gabe.<br />

Penicilline sind in Lösung in Abhängigkeit<br />

von ihren Seitenketten und dem pH-<br />

Wert unterschiedlich stabil. Die Abbauprodukte<br />

der Penicilline wirken als Haptene<br />

und können kovalente Bindungen mit körpereigenen<br />

Proteinen eingehen. Sie bilden<br />

einen Hapten-Protein-Komplex, der eine<br />

allergieerzeugende Immunantwort induzieren<br />

kann.<br />

Abbauprodukte der Penicilline haben<br />

ein erhebliches Allergisierungspotenzial.<br />

Häufigstes Abbauprodukt ist die Penicilloyl-<br />

Säure, die durch Spaltung des Beta-Lactam-Ringes<br />

entsteht. Der Penicilloyl-Protein-Komplex<br />

wird als Major-Determinante<br />

(Major Epitop) bezeichnet. Er ist die Ursache<br />

der meisten allergischen Reaktionen.<br />

Zu den Minor-Determinaten (Minor Epitopen)<br />

zählen die Penicilloat-, Penilloat-,<br />

Penicillenat-, Penicilloinsäure-, Penicillanyl-,<br />

Penamaldat-, Penaldat- und D-Penicillamin-Determinanten.<br />

Für bedrohliche klinische<br />

Manifestationen (Schock) scheinen<br />

diese Minor-Determinanten bedeutsamer<br />

zu sein, wenngleich auch anaphylaktische<br />

Reaktionen durch Penicilloyl-Sensibilisierungen<br />

beschrieben wurden. Bei unsachgemäßer<br />

Lagerung und Zubereitung werden<br />

vermehrt Abbauprodukte gebildet mit<br />

der Folge, dass das Allergisierungspotenzial<br />

von Penicillinlösungen stark erhöht<br />

wird. So war die Inzidenz nachgewiesener<br />

(0,9 %) oder wahrscheinlicher (1,7 %)<br />

unerwünschter Arzneimittelwirkungen bei<br />

Kurzinfusionen frisch zubereiteter Penicillin-Lösungen<br />

im Vergleich <strong>zur</strong> kontinuierlichen<br />

Gabe oder nach Lagerung deutlich<br />

reduziert (8,3 %, 6,7 %) [52, 53, 54]. Allerdings<br />

konnten diese Unterschiede in weiteren<br />

klinischen Studien nicht bestätigt<br />

werden.<br />

Art und Ausmaß der Degradation der<br />

Beta-Lactam-Antibiotika sind substanzabhängig.<br />

Acylaminopenicilline, Isoxazolylpenicilline,<br />

Cephalosporine und Aztreonam<br />

sind aufgrund ihrer Struktur in der Regel<br />

stabiler als Benzylpenicillin. Eine Ringöffnung<br />

ist jedoch auch bei Cephalosporinen<br />

durch nukleophilen oder elektrophilen<br />

(seltener) Angriff möglich, wie das Beispiel<br />

des Ceftazidims und anderer Cephalosporine<br />

zeigt [73]. Die chemische Stabilität der<br />

Carbapeneme ist sehr unterschiedlich und<br />

nur für Doripenem ausreichend, um eine<br />

4-stündige Infusion zu ermöglichen (dafür<br />

besteht auch die Zulassung) [23].<br />

Fazit<br />

n Aufgrund pharmakokinetischer/pharmakodynamischer<br />

Überlegungen ist<br />

eine kontinuierliche Infusion von Beta-<br />

Lactam-Antibiotka der intermittierenden<br />

Gabe hinsichtlich des Therapieziels,<br />

möglichst dauerhaft die MHK der Erreger<br />

zu überschreiten, überlegen.<br />

n Klinische Daten <strong>zur</strong> signifikanten Überlegenheit<br />

dieses Therapieregimes liegen in<br />

geringer Zahl vor.<br />

n Kontinuierliche und intermittierende<br />

Infusionen eines Beta-Lactam-Antibiotikums<br />

zeigen ein vergleichbares Nebenwirkungsprofil.<br />

n Empfohlen wird die kontinuierliche Gabe<br />

bei Patienten, deren pharmakokinetische<br />

Parameter (Verteilungsvolumen,<br />

Clearance) von Normalpopulationsdaten<br />

deutlich abweichen (z. B. Patienten<br />

mit zystischer Fibrose oder Patienten mit<br />

schweren septischen Infektionen durch<br />

Erreger mit verminderter Empfindlichkeit).<br />

n Der kontinuierlichen Gabe des Antibiotikums<br />

sollte eine Bolusgabe vorausgehen.<br />

n Ökonomische Vorteile ergeben sich<br />

bei kontinuierlicher Gabe, da bei nicht<br />

Schwerkranken mit niedrigeren Tagesdosierungen<br />

ähnliche Serumkonzentrationen<br />

im Fließgleichgewicht (steady<br />

state) wie bei der intermittierenden<br />

Gabe erreicht werden können.<br />

n Einige Beta-Lactam-Antibiotika sind<br />

wegen der geringen Stabilität bei Raumtemperatur<br />

für eine kontinuierliche<br />

Gabe nicht geeignet. In diesen Fällen<br />

ist nur eine verlängerte Infusionsdauer<br />

(3 Stunden) möglich.<br />

n Die <strong>Empfehlungen</strong> der Hersteller zu Art<br />

der Lösungsmittel und der Konzentrationen<br />

der Antibiotika-Lösungen sind strikt<br />

einzuhalten. Abweichungen können<br />

erheblich eingeschränkte Stabilitätsdaten<br />

bewirken.<br />

n Bei kontinuierlicher Gabe von Beta-Lactam-Antibiotika<br />

ist hierfür ein eigener<br />

Zugang oder ein eigenes Lumen erfor-<br />

23

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