WikiPress 8: Fahrräder - Wikimedia
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Allgemeines Allgemeines<br />
Fahrradfahren<br />
Das Fahrradfahren erscheint für jemanden,<br />
der es beherrscht, eine Tätigkeit zu<br />
sein, über die man nicht unbedingt lange<br />
nachdenken muss. Dennoch stellt sich<br />
die Frage, wodurch es ermöglicht wird,<br />
sich auf einem Gefährt wie dem Fahrrad<br />
vorwärts zu bewegen, das prinzipiell instabil<br />
ist und ständig zu kippen droht.<br />
Die Antwort liegt in Eigenschaften<br />
des Fahrrades, die den Fahrer dabei un- Abb. 14: Lance Armstrong beim Zeitfahren<br />
terstützen, das Gleichgewicht zu halten.<br />
Ein nachhaltiges Gleichgewicht des Systems Fahrrad/Fahrer beruht nämlich<br />
bei schnellerer Fahrt nur zum geringeren Teil auf der Fähigkeit des<br />
Fahrers, es auszubalancieren – vielmehr leisten Fahrradkonstruktion und<br />
physikalische Effekte entscheidende Hilfe, so dass sogar ein freihändiges<br />
Fahren möglich ist.<br />
Das Fahrrad im labilen Gleichgewicht<br />
Ein Fahrrad berührt den Boden in zwei Punkten – genaugenommen sind<br />
es Flächen, die Auflageflächen der Reifen. Eine auch nur geringe Neigung<br />
der senkrecht zur Fahrbahn stehenden Rahmenebene führt beim stehenden<br />
Fahrrad zum Umkippen. Sobald der Schwerpunkt nicht mehr über<br />
der die Auflageflächen umfassenden und verbindenden Unterstützungsfläche<br />
liegt, kippt das Rad um.<br />
Durch extremes Einschlagen des Lenkers lässt sich die Unterstützungsfläche<br />
für den Schwerpunkt vergrößern. Die Erfahrung lehrt, dass nur<br />
gut geübte Menschen auf einem stehenden Fahrrad für längere Zeit einen<br />
Sturz vermeiden können. Wenn die meisten dennoch problemlos geradeaus<br />
fahren können, muss die Fahrdynamik dafür ausschlaggebend sein.<br />
Geradeaus fahren: dynamisches Gleichgewicht<br />
Einem Umkippen in eine Richtung während der Fahrt muss man dadurch<br />
entgegenwirken, dass man den Lenker in die gleiche Richtung ausschlägt,<br />
eine kurze Kurve einleitet und nun durch die Zentrifugalkraft zur anderen<br />
Seite aufgerichtet wird. Dabei lässt sich ein Überkippen kaum vermeiden,<br />
der Lenker muss wiederum in die andere Richtung gelenkt werden<br />
und so weiter.<br />
Eine Geradeausfahrt kommt daher einem subtilen, meist unbewussten<br />
Pendeln um die Gleichgewichtslage zwischen Kippen und Wiederaufrichten<br />
gleich – besonders bei langsamer Fahrt: Das Pendeln äußert sich dann<br />
durch starke, abwechselnde Lenkausschläge.<br />
Bei freihändigem Fahren bleibt nur das seitliche Neigen des Körpers<br />
zur Erzeugung eines entgegengesetzten Schweremoments. Freihändiges<br />
Fahren ist bei langsamer Fahrt nahezu unmöglich. Erst der weiter unten<br />
beschriebene Nachlauf und die Kreiselkräfte ermöglichen dies, indem sie<br />
bei einer Radneigung einen kontrollierbaren Lenkausschlag auslösen und<br />
so das Rad wieder in die gerade Fahrlinie zurückbringen bzw. eine stabile<br />
Kurvenfahrt ermöglichen.<br />
Die Laufräder als Kreisel: Was das Radfahren vom Balancieren<br />
unterscheidet<br />
Bei zunehmender Geschwindigkeit haben sowohl Lenkbewegungen als<br />
auch Körperschwerpunktverlagerungen (Balancieren) eine untergeordnete<br />
Bedeutung. Das gilt grundsätzlich für die Geradeausfahrt wie für<br />
Kurven. Ab einer Geschwindigkeit von 20 km/h werden die auf die Laufräder<br />
wirkenden Kreiselkräfte so stark, dass ein stabiles Geradeausfahren<br />
und ein großer Teil der Lenkmanöver auch freihändig möglich sind.<br />
Der Beitrag der rotierenden Laufräder als Kreisel zur Stabilisierung der<br />
Fahrt liegt darin, die zuvor geschilderten nötigen Lenkausschläge zu unterstützen<br />
bzw. beim Freihändigfahren auszulösen. Dadurch werden sowohl<br />
kleine, bei der Geradeausfahrt notwendige Korrekturen automatisch<br />
ausgelöst als auch die länger aufrechtzuerhaltenden Lenkausschläge bei<br />
Kurvenfahrten.<br />
Kreiseleffekte: Stabilisation und Präzession – Das Vorderrad stellt einen<br />
symmetrischen, nutationsfreien Kreisel dar; die Drehimpuls-, Rotations-<br />
und Figurenachsen sind identisch. Durch ein seitliches Neigen<br />
des Vorderrades wirkt ein Drehmoment, das senkrecht zum Drehimpuls<br />
steht. Dies führt zu einer Drehimpulsänderung und damit zu einer Präzessionsbewegung<br />
(Gyroskopischer Effekt bei Zweirädern): Der Lenker<br />
dreht sich in die Richtung der Neigung. Umgekehrt führt eine Drehung<br />
des Vorderrades um die Lenkachse zu einem Neigen des Fahrrades in die<br />
entgegengesetzte Richtung aufgrund der Präzession.<br />
Das Hinterrad präzediert nicht, trägt aber zur Kreiselwirkung bei, indem<br />
seine Neigung auf das Vorderrad übertragen wird, was zu einer Verstärkung<br />
der Kreiselwirkung führt und das Rad insgesamt stabilisiert.<br />
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