FiveisLife2_2017k
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INTERVIEW<br />
Katharina Puschnig<br />
Margareten soll so bleiben, wie es ist<br />
Biologie, Malerei, Orient, Performance, Kochen – der große Horizont der Universal-Künstlerin Katharina Puschnig<br />
hat seinen Ausgangspunkt im Mikro-Kosmos Margareten.<br />
Wie sind Sie nach Margareten gekommen,<br />
Frau Puschnig?<br />
Ich komm vom Land, aus Purkersdorf. Als ich<br />
1992 zum 1. Mal im Margaretenhof war, ist ein<br />
wunderschöner Regenbogen aufgegangen.<br />
Seither wohne ich dort und sehe immer wieder<br />
Regenbögen. Ich liebe den Margaretenhof und<br />
das wunderbare Stück Land mitten in der Stadt<br />
- Margareten.<br />
Sie haben Biologie studiert,<br />
ist das nicht ein weiter Weg<br />
zur Kunst?<br />
Gezeichnet habe ich schon<br />
immer, meine Mutter war<br />
Grafikerin, ich bin mit Farben<br />
und Stiften aufgewachsen. Meine Zoologie-<br />
Diplomarbeit führte mich nach Jordanien.<br />
Dort entdeckte ich meine Liebe zum Orient<br />
und zur wissenschaftlichen Illustration –<br />
Natur und Kultur, sozusagen.<br />
Aha, daher die vielen Käferbilder hier im<br />
Atelier?<br />
Ich pendle zwischen<br />
Margaretenhof<br />
und Sonnenhof.<br />
Ja, genau. Zuerst waren es großformatige Käferbilder<br />
und dann blieb der Käfer als Erkennungsmerkmal<br />
auf allen meinen Bildern. Der nächste<br />
Schwerpunkt meines Œuvres war dann die<br />
Bildserie „Nach der Tat“ mit starken Frauen in<br />
Rot-Schwarz-Realismus – und<br />
einem versteckten Käfer.<br />
Apropos Atelier, wir<br />
sind hier in Roman<br />
Scheidls Sonnenhof.<br />
Der Sonnenhof ist<br />
meine Oase. Hier<br />
pflege ich seit zwanzig<br />
Jahren freundschaftlichen<br />
künstlerischen<br />
Austausch mit Roman. Wir reisen<br />
seither viel zusammen und<br />
machen immer wieder gemeinsame<br />
Ausstellungen. Hier ist<br />
auch seit vier Jahren jede Menge<br />
Platz für meine Tochter Philomena,<br />
die kann sich hier nach<br />
Herzenslust austoben.<br />
Und Sie haben auch ein gemeinsames Performance-<br />
Projekt mit Roman Scheidl?<br />
Das ist TAMAMU – ein schräges Theater quer<br />
durch alle Kunstsparten. TAMAMU steht für<br />
Tanz, Malerei, Musik, unter Leitung von Roman<br />
und mir. Zu live auf dem Overhead-Projektor gezeichneten<br />
Geschichten wird erzählt, musiziert<br />
und getanzt. Die nächste TAMAMU-Performance<br />
ist übrigens am 12. Oktober um 17 Uhr auf der<br />
neuen Kunstmesse „Fair for Art Vienna“ in der<br />
Aula der Wissenschaften.<br />
Jetzt zu den großen Bildern hinter Ihnen, sind<br />
das Tücher?<br />
Nein, (lacht) das sind gemalte Bilder auf ganz<br />
speziellem Büttenpapier, zuerst mit Gouache<br />
und Aquarellfarben eingefärbt und dann werden<br />
mit Acrylfarben die Muster darüber gemalt.<br />
Die Motive sind den „Tadghart“, den rituellen<br />
Tüchern aus Südmarokko, nachempfunden.<br />
Jedes Motiv hat eine spezifische Bedeutung und<br />
auch hier ist ein kleiner Käfer drauf – mein Motiv<br />
eben! Bis Ende Oktober läuft noch eine Ausstellung<br />
mit diesen Bildern und Werken von Roman<br />
Scheidl im „Café UNI:VERSUM“ in Salzburg,<br />
direkt vis-à-vis vom Festspielhaus.<br />
Im November erscheint<br />
das "Barock-Kochbuch" von<br />
Adi Bittermann und mir.<br />
Dann wären da noch die vielen kleinen Bilder<br />
mit den wunderbaren Essenssachen?<br />
Kochen und Backen waren schon immer meine<br />
Leidenschaft. Einige Zeit war ich auch als Gastrotesterin<br />
unterwegs. Dann kam eine Auftragsarbeit<br />
mit naturalistisch gemalten Süßigkeiten, Punschkrapferl,<br />
Cremeschnitten, Pariser Spitz, usw.<br />
Daraus sind dann meine „Bilder vom guten<br />
Geschmack“ entstanden – kleinformatige Darstellungen<br />
von kulinarischen Köstlichkeiten.<br />
Und wahrscheinlich auch Ihr neuestes Projekt,<br />
das Barock-Kochbuch?<br />
Das ist für mich die Kulmination meines bisherigen<br />
Schaffens hier in Margareten. Gemeinsam<br />
mit meinem guten<br />
Freund, dem Haubenkoch<br />
Adi Bittermann<br />
haben wir die gutbürgerliche<br />
Küche aus Wien<br />
um 1740 in die heutige<br />
Zeit transferiert. Das<br />
Bürgertum war damals<br />
sehr reich und hat sehr<br />
gerne sehr gut gegessen.<br />
Die Originalrezepte<br />
waren für 100 Personen.<br />
Vieles davon ist längst<br />
vergessen, einiges hat die<br />
300 Jahre überdauert, wie<br />
z.B. der Semmelkren.<br />
Das klingt ja fantastisch.<br />
Und wo ist der Bezug zu<br />
Margareten?<br />
Alle Backrezepte habe<br />
ich im Margaretenhof<br />
gebacken, der Verlag<br />
„Geschichte und Kunst“,<br />
der das Buch herausbringt<br />
ist in der Ramperstorffer<br />
Gasse 2 und gedruckt<br />
wird es von der<br />
Druckerei Walla in der<br />
Ramperstorffer Gasse 39.<br />
Also ein richtiges<br />
Margareten-Projekt!<br />
Margareten hat's, wie<br />
es so schön heißt! Was<br />
gefällt Ihnen hier am<br />
besten?<br />
Da mag ich nicht werten,<br />
nur aufzählen:<br />
Punschkrapferl und<br />
Marzipan-Mousse in „Gregors Konditorei“ und<br />
meine Tochter liebt das Eis dort. Der „KIWI-<br />
Kindergarten“ in der Ziegelofengasse. Das „Café<br />
Cuadro“, wo ich mit der Kellnerin Diana gerne<br />
plaudere oder das „Café Rüdigerhof “, einfach<br />
weil es so schön ist.<br />
Dann die vielen<br />
kleinen Spielplätze,<br />
wahre Oasen, wo die<br />
Kinder herumtollen<br />
können, aber auch<br />
viele alte Leute sitzen.<br />
Alles ist sauber und<br />
gepflegt hier.<br />
Den neuen „Fisch &<br />
Greissler“ in der Pilgramgasse<br />
mit seinen<br />
sensationellen Lachsforellen<br />
darf ich nicht<br />
vergessen und zu<br />
guter Letzt unbedingt<br />
die supernetten Verkäuferinnen<br />
beim<br />
BILLA und BIPA.<br />
Und gibt es etwas, das Sie stört in Margareten?<br />
Gar nichts - ich wünsche mir, dass Margareten<br />
so bleibt, wie es ist. Punkt.<br />
Schauen Sie aus dem Fenster hier, da ist die<br />
Kirche St. Josef und einmal im Monat macht<br />
hier die Pia ein Babycafé, wo gestresste Mütter<br />
in aller Ruhe plaudern können.<br />
Und als Nikolaus kommt der Pfarrer zu den<br />
Kindern – einfach herrlich!<br />
Wenn Sie sich etwas wünschen dürften für oder<br />
in Margareten, was wär das?<br />
Dann wär das, dass der Margaretenplatz zu<br />
einem lebendigen, attraktiven Begegnungsort<br />
wird. Der Markt jeden Donnerstag ist schon ein<br />
Anfang, da kauf ich gerne ein, aber es müsste<br />
noch anziehender, gemütlicher und kommunikativer<br />
werden.<br />
Herzlichen Dank für das Gespräch! ☐<br />
16 Five is Life Herbst 2017 17