22.09.2017 Aufrufe

Konkurrenz

Credit Suisse bulletin, 1999/05

Credit Suisse bulletin, 1999/05

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

«DER WELTHANDEL IST<br />

NUR DANN WIRKLICH FREI,<br />

WENN ER AUCH FAIR IST.»<br />

tiefen ohne Rücksicht auf die Regenerationsfähigkeit<br />

von Natur, Mensch und<br />

Umwelt ausbeuten ? Mit dem Wohlstand<br />

steigt die Bereitschaft, sich über Umweltqualität<br />

Gedanken zu machen und für<br />

diese etwas zu zahlen. Also ist eine Wohlstandsvermehrung,<br />

die durch internationale<br />

Handelsbeziehungen breiter abgestützt<br />

ist, wichtig für einen effizienteren<br />

Umgang mit ökologischen Ressourcen.<br />

Sind aber nicht die geringe Umweltsensibilität<br />

und die tiefen Arbeitskosten –<br />

auch dank Kinderarbeit und geringerem<br />

Arbeitnehmerschutz – wichtige komparative<br />

Vorteile, ohne die viele Länder noch<br />

weniger Chancen hätten, ihren Anteil am<br />

Wohlstandskuchen zu vergrössern ? Eins<br />

ist sicher: Die fortgeschrittenen Volkswirtschaften<br />

haben ihren Reichtum vor allem<br />

ihren Exportfähigkeiten, aber auch den<br />

ihnen gebotenen Exportmöglichkeiten zu<br />

verdanken.<br />

Wie soll es mit der WTO nun weitergehen<br />

? Auf der einen Seite hat sie bisher<br />

vieles erreicht. Die Zolltarife zwischen den<br />

Mitgliedstaaten wurden weitgehend abgebaut.<br />

Mehr Wirtschaftsbereiche und<br />

Länder konnten ins Vertragswerk aufgenommen<br />

werden. 32 Länder kandidieren<br />

für einen Beitritt – darunter China, die<br />

Russische Föderation, Saudi-Arabien und<br />

Taiwan. Auf der anderen Seite bereiten<br />

ihr der aufkommende Neoprotektionismus<br />

Sorgen, ebenso wie die Tatsache, dass die<br />

DER E-COMMERCE KÜMMERT SICH NICHT UM GRENZEN<br />

Die neueste technologische Herausforderung, mit der sich die WTO zunehmend<br />

auseinandersetzt, ist das Internet und der elektronische Handel.<br />

Zwar lässt sich eine Bestellung via Telegraf, Telefon oder Telefax auch<br />

schon unter den elektronischen Handel einordnen. Das Internet aber eröffnet<br />

für die Handelsbeziehungen vollkommen neue Möglichkeiten. Vor allem<br />

die USA haben ein grosses Interesse daran, dass die übrigen Länder<br />

rasch Anschluss finden an die modernsten Telekommunikationsmöglichkeiten.<br />

Schon heute ist das Internet in den USA eine wichtige wirtschaftliche<br />

Triebkraft, nicht nur in der Hightech-Branche, sondern als Handelskanal.<br />

Jenen, die zu diesem Kanal Zugang haben und diesen für sich<br />

nutzen können, eröffnen sich grosse Absatz- und Vergleichsmöglichkeiten.<br />

Die Preistransparenz und der Kostendruck auf gewisse Güter und Dienstleistungen<br />

werden steigen. Das hat Auswirkungen auf die Branchenstrukturen<br />

und Distributionskanäle, auf die Arbeitnehmer und Konsumenten.<br />

Gleichzeitig sind aber Handelstransaktionen via Internet schwer zu erfassen,<br />

was dem Fiskus verständlicherweise Sorgen bereitet. Soll die WTO<br />

den E-Commerce zur Freihandelszone erklären (siehe Kurzinterview S.35)?<br />

vertraglichen Vereinbarungen noch nicht<br />

überall umgesetzt wurden und die erhoffte<br />

Annäherung von Arm und Reich teilweise<br />

ausblieb. Sollen die fortgeschrittenen<br />

Volkswirtschaften auf Zölle bei Gütern und<br />

Dienstleistungen verzichten, die aus Entwicklungsländern<br />

importiert werden, um<br />

deren Exportchancen zu verbessern ?<br />

Freie Märkte und ein intensiver Handel<br />

schaffen zwar wichtige Voraussetzungen<br />

für mehr Wohlstand und damit auch eine<br />

bessere Wohlfahrt. Sie sind aber kein Allheilmittel<br />

gegen Armut, Ungleichverteilung<br />

und Umweltzerstörung. Die intensive<br />

wirtschaftliche Vernetzung beginnt nicht<br />

bei Null, sondern bricht wirtschaftliche,<br />

gesellschaftliche und politische Strukturen<br />

teilweise auf. Das ist mit Risiken und<br />

Anpassungskosten verbunden. Diese können<br />

jene Länder am ehesten tragen, die<br />

ökonomisch stark sind. Das setzt Einkommen<br />

– auch aus Exporten – voraus.<br />

Schlaflos in Seattle<br />

Ende November beginnt im amerikanischen<br />

Seattle die nächste Minister-Konferenz<br />

der WTO. Dort sollen die Weichen<br />

für die Zukunft des Welthandels gestellt<br />

werden. Soll sie sich einen Marschhalt<br />

gönnen und das bisher Erreichte konsolidieren<br />

und die Umsetzung der bisherigen<br />

Vereinbarungen vorantreiben ? Oder muss<br />

sie sich geografisch und thematisch erweitern<br />

? Wie will sie ihren Anliegen bezüglich<br />

nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung<br />

unter Berücksichtigung von Mensch<br />

und Umwelt gerecht werden ? Eine grosse<br />

Traktandenliste steht an. Es ist der WTO<br />

und allen Befürwortern eines freien<br />

Wettbewerbs zu wünschen, dass sie die<br />

Herausforderungen annehmen. Freiheit,<br />

auch wirtschaftliche, und Verantwortung<br />

bereichern das Leben. Und wer Freiheit<br />

beansprucht, ist dafür verantwortlich, dass<br />

sie ihm erhalten bleibt. Das weiss auch<br />

die WTO.<br />

CESARE RAVARA, TELEFON 01 333 59 12<br />

CESARE.RAVARA@CREDIT-SUISSE.CH<br />

34 CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |99

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!