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Gummersbacher Stadtmagazin September 2017

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MAGAZIN<br />

mit Tipps und<br />

Informationen rund um Ihr gutes Recht<br />

Rechtsvon<br />

Rechtsanwälten Jost, Strombach & Beer, Gummersbach<br />

Wer zahlt die Zeche?<br />

Wird das Wechselmodell im<br />

Unterhaltsrecht gesetzlich geregelt?<br />

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Karin Beer,<br />

Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht<br />

Mit dem Wechselmodell und<br />

den geänderten gesellschaftlichen<br />

Verhältnissen hat sich die<br />

Arbeitsgemeinschaft Familienrecht<br />

auf dem Deutschen<br />

Anwalttag in Essen am<br />

25.05.<strong>2017</strong> befasst.<br />

Hierzu hat Annette Wilmes in der<br />

Fachzeitschrift Forum Familienrecht<br />

Heft 7+8/<strong>2017</strong>, S. 274 f.<br />

unter den Titel „Wer zahlt die<br />

Zeche – betreuen und trotzdem<br />

zahlen?“ die Diskussion<br />

zusammengefasst.<br />

Sie weist darauf hin, dass nach<br />

der Scheidung in der Regel die<br />

Mutter das Kind betreut, der Vater<br />

Unterhalt bezahlt und dass<br />

dieses Gesellschaftsbild, das<br />

die alte Bundesrepublik lange<br />

prägte indes in der ehemaligen<br />

DDR nie etabliert war, sich stark<br />

verändert habe. Väter würden<br />

sich heute an der Kinderbetreuung<br />

aktiver beteiligen, die Frauen<br />

seien besser ausgebildet und<br />

würden dementsprechend mehr<br />

als manche Männer verdienen.<br />

Auf der anderen Seite gebe es<br />

Familien, in denen die Frau ihre<br />

Berufstätigkeit wegen der Kinderbetreuung<br />

mehrfach unterbrochen<br />

habe und daher auf der<br />

Karriereleiter nicht so hoch steigen<br />

können, wie sie es ohne<br />

Kinder schaffen würden. Wenn<br />

nach der Scheidung der Vater<br />

die Kinder betreue und somit die<br />

Mutter Unterhalt zahlen müsse,<br />

stehe sie wieder schlechter da,<br />

weil der betreuende Vater immer<br />

noch ein höheres Einkommen<br />

habe als sie.<br />

Diskutiert wurde die Frage, ob<br />

der Vater in diesen Fällen auch<br />

zum Kindesunterhalt beitragen<br />

müsse, obwohl er doch für die<br />

Betreuung der Kinder sorge.<br />

Beim sogenannten Residenzmodell,<br />

bei dem ein Elternteil<br />

betreut, der andere zahlt, gibt es<br />

grundsätzlich wenig Probleme<br />

und auch beim Wechselmodell<br />

teilen sich die Eltern die Betreuung<br />

und sorgen zu gleichen Teilen<br />

für den Lebensbedarf des<br />

Kindes. Kompliziert wird es<br />

aber dann, wenn die Betreuung<br />

nicht hundertprozentig<br />

gleich verteilt ist. Auch beim<br />

sogenannten erweiterten Umgang<br />

gibt es häufig Streit zwischen<br />

den Eltern über die Höhe<br />

des zu zahlenden Unterhalts.<br />

Der Vater, der sein Kind nicht nur<br />

jedes zweite Wochenende, sondern<br />

auch an Schultagen und<br />

einen großen Teil der Ferien versorgt,<br />

fühlt sich ungerecht behandelt,<br />

wenn er trotzdem – wie<br />

im Residenzmodell üblich – den<br />

gesamten Barunterhalt zahlen<br />

muss.<br />

Bei der Diskussion über diese<br />

Problematik wurde schnell deutlich,<br />

dass sich auch mit Hilfe der<br />

Wissenschaft viele Fragen nicht<br />

beantworten lassen.<br />

Es wurde konstatiert, dass die<br />

Flexibilisierung der Arbeitszeiten<br />

in zunehmendem Maße dazu<br />

führe, dass sich die Eltern die<br />

Betreuung der Kinder aufteilen<br />

müssen. Entspricht es noch<br />

dem Residenzmodell, wenn<br />

die Mutter nach der Scheidung<br />

65% der Betreuungsleistungen<br />

übernimmt, der Vater<br />

die restlichen 35%?<br />

In seinen früheren Entscheidungen<br />

habe der Bundesgerichtshof<br />

nur die strenge Fifty-fivty-<br />

Aufteilung als Wechselmodell<br />

angesehen. Wenn sich die<br />

Rechtsprechung inzwischen geändert<br />

habe, gebe es dennoch<br />

klare Vorgaben, die im Ergebnis<br />

darauf hinauslaufen, dass der<br />

Betreuungsunterhalt nicht „zu<br />

monetarisieren“ sei. Der „Naturalunterhalt“<br />

spiele aber bei der<br />

Berechnung der Leistungsfähigkeit<br />

eine Rolle. Es hänge stets<br />

von den Umständen des Einzelfalls<br />

ab, wie der Unterhalt zu<br />

berechnen sei.<br />

Die lebhafte Diskussion auf dem<br />

Anwalttag blieb ohne Ergebnis,<br />

vor allem in der Frage, ob eine<br />

Gesetzesänderung nötig sei.<br />

Für den Familienanwalt führt<br />

dies zu der schwierigen Frage,<br />

ob dem Mandanten im Einzelfall<br />

geraten werden kann, das Prozessrisiko<br />

einer Einzelfallentscheidung<br />

einzugehen. Die Situation<br />

ist derzeit einfach unbefriedigend.<br />

Vor diesem Hintergrund ist der<br />

im Rahmen der zweimal im Jahr<br />

stattfindenden Justizministerkonferenz<br />

der Länder auf der<br />

Frühjahrskonferenz vom 21. bis<br />

22. Juni <strong>2017</strong> nachfolgend abgedruckte<br />

Beschluss (Quelle:<br />

www.justiz.de/justizministerkonferenz/index.php)<br />

zu einer<br />

gesetzlichen Regelung des<br />

Wechselmodells und seiner Folgen<br />

von Bedeutung, der zukünftig<br />

die Lebenssituation von Kindern<br />

und Eltern sowie in der<br />

Folge die Unterhaltspflichten<br />

und –rechte grundlegend ändern<br />

könnte. Er lautet:<br />

1.<br />

Die Justizministerinnen und<br />

Justizminister stellen fest, dass<br />

es bislang weder eine ausdrückliche<br />

gesetzliche Grundlage für<br />

die gerichtliche Anordnung einer<br />

Betreuung der Kinder nach<br />

Trennung oder Scheidung der<br />

Eltern im „Wechselmodell“ als<br />

Alternative zum Residenzmodell,<br />

noch eine adäquate gesetzliche<br />

Regelung seiner unterhaltsrechtlichen<br />

Folgen gibt.<br />

Die Justizministerinnen und<br />

Justizminister sind der Auffassung,<br />

dass mit dem „Wechselmodell“<br />

als Alternative zum bisherigen<br />

gesetzlichen Leitbild<br />

des Residenzmodells so wesentliche<br />

Wertentscheidungen<br />

verbunden sind, dass sich die<br />

Rechtspolitik dieser Diskussion<br />

ausgerichtet am Wohl des Kindes<br />

stellen sollte.<br />

2.<br />

Die Justizministerinnen und<br />

Justizminister sprechen sich<br />

Mitglied der<br />

Rechtsanwalt Manfred Jost (bis 01.01.2008)<br />

Rechtsanwalt Ulrich Strombach (bis 01.01.2016)<br />

deshalb dafür aus zu prüfen,<br />

ob und gegebenenfalls welche<br />

gesetzlichen Regelungen zum<br />

Wechselmodell geboten sind.<br />

ln die Prüfung sollten sowohl<br />

die prozessualen und materiell-rechtlichen<br />

Auswirkungen<br />

des Wechselmodells auf den<br />

Kindes- und Betreuungsunterhalt<br />

als auch sozialrechtliche<br />

Regelungen einbezogen werden.<br />

3.<br />

Die Justizministerinnen und<br />

Justizminister begrüßen, dass<br />

der Bundesminister der Justiz<br />

und für Verbraucherschutz den<br />

Regelungsbedarf bereits prüft,<br />

und bitten, die Länder in den<br />

weiteren Prozess frühzeitig einzubinden.<br />

Die Konferenz der Justizministerinnen<br />

und Justizminister dient<br />

der Koordination und Abstimmung<br />

der justiz- und rechtspolitischen<br />

Vorhaben der Länder.<br />

Sie ist eine ständige Einrichtung<br />

mit jährlich wechselndem Vorsitz.<br />

Die in der Justizministerkonferenz<br />

gefassten Beschlüsse<br />

haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter,<br />

von ihnen<br />

können aber maßgebliche Impulse<br />

für die rechtspolitische<br />

Entwicklung in Deutschland und<br />

Europa ausgehen.<br />

Ob der Justizminister der demnächst<br />

neuen Bundesregierung<br />

diesem Beschluss folgt, wird<br />

sich zeigen.<br />

Jost, Strombach & Beer<br />

Rechtsanwälte<br />

Kanzleien<br />

Gummersbach<br />

Nümbrecht<br />

Moltkestr. 21 Langenbacher Str. 22<br />

D-51643 Gummersbach D-51588 Nümbrecht<br />

Tel. +49-2261-2909-0<br />

Fax +49-2261-2909-10<br />

e-mail: info@jostrobe.de<br />

www.jostrobe.de<br />

®<br />

Rechtsanwältin Karin Beer:<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Erbrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Arzthaftungsrecht, Erbrecht, Zivilrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Strafrecht, Versicherungsrecht<br />

Rechtsanwalt Matthias Faulenbach:<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Familienrecht, Mietrecht, Straßenverkehrsrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Strafrecht, Nachbarrecht<br />

Rechtsanwalt Torsten Strombach:<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwalt für Sozialrecht<br />

Fachanwalt für Medizinrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Baurecht, Arbeitsrecht, Handelsrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Internetrecht, Verwaltungsrecht<br />

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<strong>Gummersbacher</strong> Stadt-Magazin 09-17

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