Das System hinter dem Schnitzel

Länderberichte
Opfer und Überlebende eines sexuellen
Missbrauchs sind oft extrem verwirrt, leiden
an Selbstschuldzuweisung und fehlendem
Selbstvertrauen. Sie neigen häufig zu Selbstverletzungen,
Alkohol- und Drogenmissbrauch
und sind nicht selten selbstmordgefährdet.
Was Nicaragua jetzt braucht
Trotz aller Äußerungen, Verurteilungen und
der Beteuerung von Papst Franziskus, keinen
weiteren Missbrauch zuzulassen, hat sich
in Nicaragua nichts verändert und die Täter
können noch immer auf den Schutz der Kirchenhierarchie
zählen. Ich habe wiederholt
das Gespräch mit kirchlichen Stellen gesucht
und ganz konkrete Fälle vorgetragen, aber die
Antwort war jedes Mal Schweigen.
Der Schutz, den Täter von Seiten der Kirchenhierarchie
und staatlichen Institutionen
erhalten, ermöglicht Straflosigkeit und dadurch
neue Straftaten. Nicaragua braucht
endlich Kirchenoberhäupter, die bestehende
Gesetze respektieren und Kriminelle aus den
eigenen Reihen der Justiz zuführen. Nicaragua
braucht eine Regierung, die mit ausreichend
finanziellen Mitteln dafür sorgt, dass verabschiedete
Gesetze auch umgesetzt werden
und dass Opfer und Überlebende besser betreut
werden.
Nicaragua braucht eine Polizei, die nicht nur
tätig wird, wenn eine Anzeige vorliegt. Sexueller
Missbrauch ist auch in Nicaragua ein Delikt,
für dessen Verfolgung kein Strafantrag
nötig ist. Die Polizei muss handeln, wenn sie
von einem Missbrauchsfall – wo auch immer
er stattfindet – Kenntnis erlangt und darf
dem Täter keine Gelegenheit zur Flucht lassen.
Nicaragua braucht ein Bildungssystem
und eine öffentliche Debatte jenseits der doppelbödigen
Sexualmoral der einflussreichen
katholischen Kirchenhierarchie. Nicaragua
braucht Mütter und Väter, die gelernt haben,
die Selbstsicherheit und Selbstständigkeit
ihre Töchter und Söhne zu fördern.
Allen Widrigkeiten zum Trotz gibt es in
Nicaragua mutige Menschen, die das Schweigen
brechen und insistieren und kämpfen, um
sexuellen Missbrauch in Kirchenkreisen ans
Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Sie verdienen
unseren Rückhalt.
Stoppt
sexuellen
Missbrauch
Wer das Schweigen
bricht …
... findet Rat und Hilfe bei Aguas Bravas
Nicaragua. Die Stiftung, deren Namen ins
Deutsche übersetzt „Wildwasser“ bedeutet,
löste vor zehn Jahren eine Welle der
Empörung aus, weil sie öffentlich über
sexuellen Missbrauch sprach. Das Tabu
sollte nicht berührt werden. Viel ist geschehen,
aber Staat, Kirche und weite Teile
der Gesellschaft verschließen weiterhin die
Augen vor dem Leid, das den Opfern und
Über lebenden angetan wird. Aguas Bravas
fördert Selbsthilfegruppen, schult
Psycho log*innen und Jurist*innen und
macht sexuellen Missbrauch weiterhin
öffentlich.
Bitte stärken Sie den mutigen
Frauen von Aguas Bravas mit einer
Spende den Rücken.
Stichwort »AGUAS BRAVAS«
FOTO: AGUAS BRAVAS
24 presente 3/2017