18.10.2017 Aufrufe

Webversion_DW-Sonderheft-7_GdW_2017

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

HINTERGRUND<br />

§§<br />

Wohnungsunternehmen<br />

Juris-Finanz-Transaktionsliste:<br />

Identifizierung der Person bzw. des<br />

wirtschaftlich Berechtigten<br />

Anstellungsverhältnisse<br />

gewerbliche Vermietung<br />

Untervermietung<br />

Quelle: VdW Bayern<br />

Das Gefahrenbewusstsein ist daher nach wie vor<br />

gering. Das Risikoszenario wirkt unwahrscheinlich.<br />

Durch die aktuellen Anschläge und die stets<br />

latente Terrorgefahr in Europa gewinnen die Verordnungen<br />

und Richtlinien als Compliance-Pflicht<br />

in den Unternehmen der Mitgliedsstaaten dennoch<br />

immer mehr an Bedeutung.<br />

Im Nachfolgenden werden Rechtsgrundlagen und<br />

daraus resultierende Pflichten dargestellt, der aktuelle<br />

Diskussionsstand in Rechtsprechung, Fachliteratur<br />

und Praxis wiedergegeben und versucht,<br />

mögliche Handlungsansätze für die (Wohnungs-)<br />

Unternehmen aufzuzeigen.<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Auf europäischer Ebene wurde nach den Anschlägen<br />

vom 11. September 2001 auf terroristische<br />

Bedrohungen mit verschiedenen, unmittelbar<br />

geltenden EU-Verordnungen (2580/2001;<br />

881/2002) reagiert. Inhalt ist generell die Beseitigung<br />

der finanziellen Grundlagen des Terrorismus.<br />

Dabei verpflichten die Verordnungen alle<br />

Unternehmen innerhalb der EU, innerbetriebliche<br />

Vorkehrungen zu treffen, dass Geschäftskontakte<br />

zu gesperrten Personen, Organisationen, Vereinigungen<br />

und Unternehmen weder aufgebaut noch<br />

unterhalten werden.<br />

Die verdächtigen Personen und Organisationen<br />

werden in Listen aufgeführt, die regelmäßig<br />

aktualisiert werden. Den aufgelisteten Personen,<br />

Organisationen, Vereinigungen und Unternehmen<br />

dürfen nach Art. 2 der VO (EG) Nr.<br />

881/2002 keine Gelder, sonstige finanzielle<br />

Vermögenswerte, wirtschaftliche Ressourcen<br />

oder Finanzdienstleistungen bereitgestellt<br />

werden. Deshalb bezeichnet man diese Regelung<br />

auch als „Bereitstellungsverbot”. Dieses<br />

Bereitstellungsverbot gilt uneingeschränkt für<br />

alle Unternehmen in der EU und somit auch für<br />

Wohnungsunternehmen.<br />

Des Weiteren wurde im Zuge der internationalen<br />

Terrorismusbekämpfung im Mai 2015 durch<br />

das Europäische Parlament die Vierte Anti-<br />

Geldwäsche-Richtlinie (EU 2015/849) und die<br />

neue Geldtransfer-Verordnung (EU 2015/847)<br />

im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Mitgliedsstaaten<br />

haben zwei Jahre Zeit, also bis Mitte<br />

<strong>2017</strong>, die neue Richtlinie in nationales Recht<br />

umzusetzen. Auch wenn die Thematik auf den<br />

ersten Blick eher dem Finanzsektor zuzuordnen<br />

ist, so verpflichtet die Richtlinie auch bestimmte<br />

Dienstleister aus dem Nicht-Finanzsektor, zum<br />

Beispiel Notare, Rechtsanwälte, Abschlussprüfer,<br />

externe Buchprüfer und Steuerberater, zur<br />

Mitwirkungspflicht der Einholung registerrelevanter<br />

Informationen. Die Mitgliedsstaaten sind<br />

zudem gehalten, die Richtlinie auf weitere Berufe<br />

oder Unternehmenskategorien auszudehnen, bei<br />

deren Tätigkeiten es besonders wahrscheinlich<br />

ist, dass sie für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung<br />

genutzt werden. Was das konkret<br />

für Wohnungsunternehmen, insbesondere für<br />

Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung,<br />

bedeutet, bleibt bis zur Umsetzung der<br />

Richtlinie in Deutschland abzuwarten. Eine direkte<br />

Verpflichtung der Wohnungsunternehmen<br />

ist derzeit nicht erkennbar.<br />

Am 30. Juli 2016 ist darüber hinaus das neue<br />

Gesetz zum besseren Informationsaustausch<br />

bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus<br />

in Kraft getreten. Dieses neue Anti-<br />

Terror-Paket richtet sich somit an Behörden<br />

und ist in wirtschaftlicher Hinsicht nur für Telekommunikationsdienstanbieter<br />

relevant und<br />

bedarf deshalb an dieser Stelle keiner näheren<br />

Betrachtung.<br />

Bei Verstößen gegen die vorgeschriebenen<br />

Pflichten verlangt der europäische Gesetzgeber<br />

von den einzelnen Mitgliedstaaten die Festlegung<br />

von Sanktionen, die wirksam, verhältnismäßig<br />

und abschreckend sein müssen. Daher können<br />

Unternehmen und verantwortlich handelnde<br />

Personen in Deutschland im Fall des Verstoßes<br />

mit Sanktionen aus § 18 Außenwirtschaftsgesetz<br />

(AWG) und §§ 130, 30 OWiG belegt werden. Es<br />

kommen eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit<br />

in Betracht. Vorsätzliche Verstöße können<br />

mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis<br />

zu fünf Jahren geahndet werden. Wegen der Unterlassung<br />

erforderlicher Aufsichtsmaßnahmen<br />

kann eine Unternehmensgeldbuße verhängt werden.<br />

Zusätzlich drohen Einträge in das Gewerbezentralregister.<br />

Wie die rechtlichen Folgen bei Verstößen für die<br />

verantwortlichen Personen genau aussehen werden,<br />

wird die Rechtsprechung in den nächsten<br />

Jahren sicherlich zeigen. Anzunehmen ist aber<br />

tendenziell, dass die ersten öffentlichen Reaktionen<br />

deutlich sein werden. Im Gegensatz zu<br />

haftungsrechtlichen Sanktionierungen sind die<br />

drohenden Reputationsschäden für Unternehmen<br />

kaum kalkulierbar.<br />

Diskussionsstand in Rechtsprechung und<br />

Fachliteratur<br />

Zur Fragestellung der Umsetzung des Bereitstellungsverbots<br />

sagen die Anti-Terror-Verordnungen<br />

der EG zunächst nicht viel aus. Sie verbieten eindeutig,<br />

dass Unternehmen – auf welche Weise auch<br />

immer – Terrororganisationen über ihre identifizierbaren<br />

Mitglieder finanziell unterstützen.<br />

11 | 2016<br />

15 69

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!