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einfach aus. Wie sanfte Ironie oder gar Verzweiflung mutet schließlich die Bemerkung an, Schwab verhalte sich in<br />

seiner Lebensführung, von Konkubinat und neun Kindern abgesehen, „ansonsten wohl“. In dieser Perspektive<br />

gelesen bietet die Quelle Aufschluss über die zu Beginn des Konfessionalisierungsprozesses vorfindlichen Defizite in<br />

der sozialen Generalisierung der Religion, die Schwab nur in erratischer, höchst individueller Form vermittelte. Sie<br />

galt es fortan durch gezielte Maßnahmen bei der Schulung der Priester und in der Disziplinierung der offenkundig<br />

nur zu einem geringen Teil kommunizierenden Gläubigen zu beseitigen. So interpretiert vermitteln längerfristig<br />

überlieferte Serien von Visitationsprotokollen Aufschluss über die bei der Sozialdisziplinierung erzielten Fortschritte.<br />

Aus dem in den Visitationsberichten gemeldeten weitgehenden Verschwinden des Konkubinats, der Zunahme<br />

der Priesterbeichten und einer beinahe hundertprozentigen Erfüllung der Osterpflicht lässt sich so auf den<br />

Erfolg der Konfessionalisierung schließen.<br />

Visitationsprotokolle lassen sich allerdings auch noch in einer anderen Richtung interpretieren. Anstelle der Beobachtungen<br />

über eine unvollständige Befolgung des Ritus und Mängel in der Dogmatik und Lebensführung des<br />

Priesters tritt dann die Form und das Schema der Beobachtung selbst in den Vordergrund, dem diese Berichte<br />

folgen. Auch dafür bietet der Bericht aus Landau Hinweise. So etwa in der Bemerkung, dass das Sakrament<br />

„sub utraque“ gereicht werde, also die Laien das Abendmahl auch als Brot und Wein bekamen, während in der<br />

katholischen Kirche nur der Priester in beiderlei Gestalt kommunizieren durfte. Diese Frage stand explizit auf der<br />

Agenda der Visitation, da das Verlangen nach dem Laienkelch im Gefolge der reformatorischen Bewegung weit<br />

verbreitet war und sich deshalb auch der bayerische Herzog Albrecht V. diese Forderung zeitweilig aus taktischen<br />

Gründen zu eigen machen musste. Ähnlich ist auch die Feststellung zu lesen, dass der Landrichter nie im Ort<br />

kommuniziere. Dies war eine direkte Antwort auf eine Rubrik des Fragenkatalogs, die nach dem aus Sicht des<br />

Staates wichtigen kirchlichen Verhalten der “fürstlich nachgesetzt”, also der Staatsdiener fragte. Die Missbilligung<br />

der verschmutzten und beschädigten Altargeräte und des Allerheiligsten, der konsekrierten Hostien, verweist auf<br />

das Bemühen der Kirchenleitung, das Heilige vom Profanen zu trennen und zugleich das kirchliche Monopol in der<br />

Verwaltung der dadurch geschaffenen Gnadenräume sicherzustellen.<br />

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