Stadtmagazin Eitorf, Windeck, Ruppichteroth, Ausgabe 11 / Dezember 2017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Aktuelle Reportage<br />
Allerhand interessante Begegnungen sind auf<br />
dem Burgmarkt in Altwindeck möglich, wenn<br />
Menschen aus allen Himmelsrichtungen in den<br />
Ort herein strömen. Mir fällt eine sehr junge<br />
Frau an ihrem Stand mit Lederwaren für Tier und<br />
Mensch auf. Könnte sie eine Sattlerin sein?<br />
Wir kommen ins Gespräch und tatsächlich, meine<br />
Vermutung stellt sich als Volltreffer heraus.<br />
Katharina Classen heiße sie und habe sich vor<br />
zwei Monaten selbstständig gemacht, erzählt<br />
sie. In ihrer Werkstatt „Art of Leather“ in Dattenfeld<br />
fertige sie Zubehör für Pferde, Hunde, Katzen<br />
und für ihre Besitzer nach Maß; jedes Stück<br />
ein Unikat. Das will ich<br />
mir einmal näher anschauen.<br />
Also besuche<br />
ich sie in ihrer Werkstatt<br />
in der Hauptstraße 24.<br />
In der Werkstatt<br />
Katharina Classen öffnet<br />
die Türe, und wir gehen<br />
in ihre Werkstatt, ein<br />
Raum, den ihre Großeltern<br />
ihr zur Verfügung<br />
gestellt haben. Heute<br />
wohnt sie in <strong>Eitorf</strong>, ist<br />
aber im Haus aufgewachsen<br />
und mit Pferden<br />
groß geworden. „Meine<br />
Mama hat Pferde, drei<br />
Reitpferde, drei Shetland-Ponys<br />
und einen<br />
Zwergesel.“<br />
Eine Maschine, auf denen<br />
sie Kanten schleift, eine Nähmaschine, Lederrollen,<br />
ein langes Regal mit Boxen für Arbeitszubehör,<br />
viele Werkzeuge sehe ich. An der<br />
Wand hängen Pferdehalfter, Kopfstücke und<br />
Zügel, aber auch Hundehalsbänder, Handytaschen,<br />
Gürtel, Armbänder und vieles mehr. „Ich<br />
liebe Leder, es riecht so gut, und man kann alles<br />
damit machen, was man sich vorstellt“, spricht<br />
aus jedem Wort der 20 Jährigen die Begeisterung<br />
für ihren Beruf.<br />
Wie sie zu ihrem ungewöhnlichen Berufswunsch<br />
gekommen ist, daran hat ihre Mutter<br />
Traumberuf Sattlerin<br />
Katharina Classen ist mit Pferden groß geworden<br />
Anteil. „Wir hatten im Keller eine Trense von der<br />
Firma im Westerwald, bei der ich später meine<br />
Ausbildung gemacht habe“, berichtet sie. „Als<br />
ich mir das schöne Stück ansah, meinte meine<br />
Mutter, geh doch mal hin und mache ein Praktikum.<br />
Ich wollte schon immer etwas mit Pferden<br />
und mit Handwerk machen.“ Auch ein Praktikum<br />
als Pferdewirtin hat sie ausprobiert, erfahre<br />
ich weiter, aber hier wäre ihr zu wenig Handwerk<br />
dabei gewesen.“ 2014 begann sie mit der<br />
Ausbildung als Sattlerin im Reitsport bei der Westerwälder<br />
Sattlerei. Im August machte sie ihren<br />
Gesellenbrief. An der Wand hängt das Gesellenstück,<br />
ein Offizierszaum. Es ist solide Handwerkskunst<br />
mit doublierten Riemen und handgerundeten<br />
Kanten. Der Zaum zeichnet sich<br />
durch ein Kopfstück mit Stirnkette aus.<br />
„In der Ausbildung fängt man mit kleinen Sachen<br />
an wie Kanten polieren und zwei Schichten<br />
Leder aneinander kleben. Im ersten Jahr hilft<br />
man den Kollegen ihre Arbeiten fertig zu stellen.<br />
Danach durfte ich die ersten Aufträge übernehmen:<br />
Gürtel, Trensen, Halfter, Vorderzeuge und<br />
Sporenriemen.“ Das Nähen auf der Maschine<br />
sei zu Beginn nicht einfach gewesen“, erinnert<br />
sich Katharina Classen an diese Zeit. In der Ausbildung<br />
hat sie ihre beste Freundin Maren kennengelernt,<br />
auch eine Sattlerin. „Wir ergänzen<br />
uns gut, und unser Beruf ist im Kommen. Die<br />
Leute legen wieder mehr Wert auf Qualität. Sie<br />
geben lieber etwas mehr aus, denn es soll lange<br />
halten.“<br />
Handarbeit hat eine andere Qualität<br />
Nach der Ausbildung war klar, dass Katharina<br />
Classen ihr eigenes Ding machen möchte. Sie<br />
meldete ein Kleingewerbe an „Ich habe mich<br />
eher auf Freizeitreitsport spezialisiert. Es ist ganz<br />
toll, wenn einem eine<br />
Idee in den Kopf kommt<br />
und man gemeinsam mit<br />
den Kunden etwas daraus<br />
entwickeln kann.“<br />
Auch Reparaturarbeiten<br />
übernimmt sie.<br />
Verwendung findet in ihrer<br />
Werkstatt nur deutsches<br />
Rindsleder, das<br />
vegetabil, also rein<br />
pflanzlich ohne chemische<br />
Zusatzstoffe gegerbt<br />
wird. „Das Leder<br />
ist weich, es lässt sich<br />
gut verarbeiten, ist extrem<br />
robust und hält<br />
ewig.“ Die Handarbeit<br />
sei von der Qualität her<br />
einfach etwas anderes,<br />
sagt sie mit Überzeugung.<br />
Ihr sei früh bewusst geworden, wie wichtig eine<br />
gute und vor allen Dingen perfekt passende<br />
Ausrüstung für Pferd und Reiter ist. Deshalb<br />
produziert sie mit Ausnahme einiger Schaubeispiele<br />
nur nach Maß. „Eine befreundete Fotografin<br />
ist spezialisiert auf Pferdefotos. Sie macht<br />
von meinen fertigen Produkten Fotos, die den<br />
Kunden zur Inspiration dienen.“<br />
Und wovon träumt die junge Sattlerin? „Ich<br />
würde das Ganze gerne groß machen und hätte<br />
gerne einen kleinen Laden, aber dazu ist es<br />
noch zu früh.“<br />
Mit zwanzig Jahren hat sich Katharina Classen<br />
aus Dattenfeld als Sattlerin selbstständig gemacht.<br />
Fotos: Schmidt<br />
18<br />
Ein Herz und eine Seele –<br />
Katharina Classen mit ihrem Lieblingspferd<br />
Charlie, einem Irish Tinker.<br />
Irish Tinker Charlie trägt natürlich ein cognacfarbenes<br />
unterpolstertes Halfter aus Eigenproduktion<br />
mit Messingbeschlägen.