03 Kontrastmittelinduzierte Nephropathie
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Kontrastmittel-induzierte <strong>Nephropathie</strong><br />
12<br />
Was ist eine<br />
Kontrastmittel-induzierte <strong>Nephropathie</strong>?<br />
Basal-Risiko<br />
ohne KM<br />
KM-Gabe bedingte Risiko für ein AKI<br />
bezeichnen. Newshouse hat versucht,<br />
das basale Risiko bei Patienten ohne<br />
KM-Gabe zu definieren und bei Krankenhauspatienten<br />
spontane Kreatinin-<br />
Erhöhungen gefunden, wie sie in den<br />
Studien zu CIN für das Gesamtrisiko<br />
angeführt werden (Newshouse JH; AJR<br />
2008; 191:376) (= „CIN ohne KM“).<br />
Dann wäre das zusätzliche Risiko<br />
vernachlässigbar. Um dieses Risiko zu<br />
definieren, müssten kontrollierte Studien<br />
vorgenommen werden, wobei in einer<br />
Patientengruppe randomisiert KM<br />
verabreicht wird, in der anderen keines.<br />
Offensichtlich sind derartige Untersuchungen<br />
nicht möglich und wohl auch<br />
ethisch nicht vertretbar.<br />
Eine zunehmende Zahl von Untersuchungen<br />
hat versucht, aus retrospektiven<br />
Kohortenanalysen dieses spezifische<br />
(„attributable“) Risiko zu ermitteln. So<br />
war bei über 150.000 CT-Untersuchungen<br />
das Risiko, ein AKI auszubilden,<br />
unabhängig von einer KM-Gabe und<br />
auch unabhängig von der basalen Nierenfunktion<br />
(McDonald RJ; Radiology<br />
2013; 267:106).<br />
Bei weiteren über 20.000 Patienten fand<br />
die gleiche Arbeitsgruppe kein erhöhtes<br />
Risiko für ein AKI, Dialysepflichtigkeit<br />
oder Tod nach KM-Gabe, weder bei<br />
Patienten mit normaler noch mit eingeschränkter<br />
Nierenfunktion oder verschiedenen<br />
Begleiterkrankungen (Mc-<br />
Donald RJ; Radiology 2014; 273:714).<br />
Bei einer anderen Gruppe von mehr als<br />
10.000 Patienten war zwar das Risiko,<br />
nach einer CT-Untersuchung eine Nierenfunktionsstörung<br />
zu erleiden, in Abhängigkeit<br />
der Ausgangs-GFR gesteigert,<br />
das Risiko wurde aber nicht durch<br />
die KM-Gabe beeinflusst (McDonald<br />
JS; Radiology 2014; 271:65).<br />
In einer neuen Untersuchung aus Israel<br />
war bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt,<br />
bei denen entweder eine koronare<br />
Intervention mit Kontrastmittel vorgenommen<br />
wurde oder aber eine Fibrinolysetherapie<br />
oder keine Reperfusion,<br />
also ohne KM, vorgenommen wurde,<br />
die Rate an akutem Nierenversagen<br />
vergleichbar (10.3 versus 12.1%) (Caspi<br />
O; J Am Heart Assoc 2017; 6:e005715).<br />
Rezent wurde von E. Wilhelm-Leen in<br />
einer sehr komplexen US-amerikanischen<br />
Studie mit über 6 Millionen hospitalisierten<br />
Personen sogar ein vermindertes<br />
Risiko eines AKI nach KM-Gabe<br />
– außer bei Patienten mit dem höchste<br />
Co-Morbiditäten-Sore – gefunden<br />
(Wilhelm-Leen E; JASN 2017; 28:653).<br />
Wenn einzelne Diagnosegruppen analysiert<br />
wurden, fand sich nur bei Patienten<br />
mit Pankreatitis ein erhöhtes Risiko, bei<br />
Patienten mit akutem Koronarsyndrom<br />
sogar ein stark vermindertes Risiko eines<br />
AKI nach KM-Gabe (Abbildung 2).<br />
Eine eingeschränkte Nierenfunktion:<br />
Risiko für eine CIN?<br />
KM-assoziiertes<br />
Risiko = CIN<br />
Gesamt-Risiko<br />
mit KM<br />
Die Höhe des KM-assoziierten Risikos ist nicht bekannt!<br />
Abb. 1: Risiko, nach einer Kontrastmittelgabe ein akutes Nierenversagen (AKI) auszubilden:<br />
Basales Risiko, Gesamt-Risiko und spezifisches, Kontrastmittel-induziertes Risiko.<br />
Eine vorbestehende Einschränkung der<br />
Nierenfunktion, eine chronische Niereninsuffizienz<br />
(CKD) wird als wichtigster<br />
Risikofaktor für eine CIN angesehen.<br />
Schon die oben erwähnten<br />
Studien haben keinen Einfluss einer<br />
CKD auf das zusätzliche Risiko, nach<br />
einer KM-Gabe ein AKI auszubilden,<br />
gezeigt. Bei Patienten nach einseitiger<br />
Nephrektomie fanden McDonald<br />
und Mitarbeiter keine erhöhtes Risiko<br />
für eine CIN (McDonald JS; Radiology<br />
2016; 278:74). Die gleiche Arbeitsgruppe<br />
konnte auch bei 6900 Patienten mit<br />
einer CKD 3-5 keine erhöhte Rate an<br />
Nierenfunktionsverschlechterung nach<br />
KM-Gabe nachweisen (McDonald JS;<br />
Mayo Clin Proc 2015; 90:1046).<br />
Selbst der höchsten „Risikogruppe“ mit<br />
einer CKD 5 und einer mittleren eGFR<br />
von 12.5 ml/min (mit sicherlich stark erhöhtem<br />
basalen Risiko) ließ sich nach<br />
KM-Gabe keine relevante Änderung des<br />
Kreatinin-Verlaufes vor/nach Untersuchung<br />
nachweisen (Kumar N; Clin JASN<br />
2009; 4:1907). Auch bei Patienten vor einer<br />
Nierentransplantation fanden Winther<br />
und Mitarbeiter keine Beschleunigung<br />
der Progression der CKD (Winther<br />
S; Am J Transplant 2016; 16:897).<br />
Wie ist die Situation bei Intensivoder<br />
Notfallpatienten?<br />
Intensivpatienten haben bislang als besondere<br />
Risikogruppe für die Ausbildung<br />
einer CIN gegolten, wobei eine<br />
Inzidenz von etwa 15% beschrieben<br />
wurde (Hoste EA; Intensive Care Med<br />
2011; 37:1921; Kim MH; BMC Anaesthesiol<br />
2015; 15:23).<br />
Schon 2012 hatten Cely CM und Mitarbeiter<br />
den Kreatinin-Anstieg nach<br />
KM-Gabe bei Intensivpatienten auf<br />
andere Faktoren als das KM selbst zu-<br />
Nr. 6, 2017