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Militaer_4_2017

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WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Konflikte,<br />

Krisen und<br />

Analysen — S. 8<br />

TRUPPENBESUCH<br />

Zu Besuch am Institut<br />

für Kraftfahrwesen des<br />

Bundesheeres — S. 22<br />

militär<br />

AUF DER ERFOLGSSPUR<br />

GDELS-Steyr zieht<br />

neue Aufträge an<br />

Land — S. 56<br />

DAS NEUE<br />

ÖSTERREICHISCHE<br />

MILITÄRMAGAZIN<br />

AUSGABE 4|17<br />

EURO 3,80<br />

AKTUELL Ö3-MODERATOR<br />

ROBERT KRATKY:<br />

„Für mich erfüllt sich beim<br />

Bundesheer ein Bubentraum!“ — S. 26<br />

Angriffsdrohungen,<br />

Atomversuche und Raketentests:<br />

Nordkorea und die USA setzen<br />

weiter auf militärische Stärke.<br />

Warum eine Eskalation des Konflikts<br />

trotzdem unwahrscheinlich<br />

ist? Eine Analyse.<br />

RISIKOFAKTOR NORDKOREA<br />

Kims Spiel<br />

mit der Bombe


E D I T O R I A L<br />

0 0 3<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />

I<br />

n den vergangenen Jahren war es beliebt, auf das<br />

Bundesheer hinzutreten und sogar seine Auflösung<br />

zu verlangen. Die jüngsten geopolitischen<br />

Entwicklungen haben aber zu einem Umdenkprozess<br />

geführt, selbst einstige Kritiker fordern<br />

nun eine Aufstockung des Wehr-Etats. Wie<br />

nachhaltig der Höhenflug ist, werden die kommenden<br />

Jahre zeigen. Glaubt man Experten, befinden wir uns<br />

jedenfalls mitten in einer Zeitenwende. Terroranschläge,<br />

die Kämpfe in Syrien, bürgerkriegsähnliche Zustände in<br />

der Ukraine und die anhaltend scharfe Rhetorik zwischen<br />

den USA und Russland einerseits, den USA, China und<br />

Nordkorea andererseits, erzeugen am ganzen Kontinent<br />

ein tiefgehendes Gefühl der Unsicherheit – der Traum<br />

eines immerwährenden Friedens in einem vereinten<br />

Europa scheint ausgeträumt. Und so braucht es Institutionen<br />

wie das Bundesheer, um das subjektiv höhere<br />

Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu befriedigen.<br />

Um diese Funktion auch in den kommenden Jahren ausfüllen<br />

zu können, benötigt das Heer aber mehr Geld – erst<br />

recht, da die politische Landschaft in den kommenden Jahren<br />

noch unsicherer zu werden droht, wie auch Ö3-Moderator<br />

Robert Kratky meint, dem wir bei den Dreharbeiten<br />

der Bundesheer-Videoserie „Tagwache mit Kratky“ (nachzulesen<br />

ab Seite 26) in der Welser Hessenkaserne über die<br />

Schulter geblickt haben. „Das Gefühl, absolut sicher zu sein,<br />

ist selbst in Österreich, wo wir immer noch auf einer Insel<br />

der Seligen leben, weg“, gibt der Radiomann gegenüber Militär<br />

Aktuell zu Protokoll. „Wer heute noch abstreitet, dass<br />

sich unser Land schützen und verteidigen können muss, ist<br />

aus meiner Sicht weltfremd.“ Und weiter: „Selbst Menschen,<br />

die dem Bundesheer sehr kritisch gegenüberstehen und<br />

Waffen ablehnen, erkennen zusehends, dass es ohne eine<br />

professionelle Landesverteidigung nicht geht. Unser Privileg,<br />

hier in Sicherheit leben zu können, hängt unmittelbar<br />

davon ab, dass es das Bundesheer gibt und Menschen, die<br />

dort professionell ihre Fähigkeiten einbringen.“<br />

Wie professionell diese Fähigkeiten sind, dokumentieren<br />

wir einmal mehr in unserer aktuellen Ausgabe. Wir haben<br />

das Institut für Kraftfahrwesen der Heereslogistikschule<br />

besucht (ab Seite 22) und mit den österreichischen<br />

„UN-Firefightern“ in Camp Naqoura im Libanon über<br />

ihre Aufgaben gesprochen (ab Seite 34). In unserer Coverstory<br />

beleuchten wir den Konflikt zwischen Nordkorea<br />

und den USA (ab Seite 14), und die IFK-Experten Christoph<br />

Bilban und Hanna Grininger fassen die russischen<br />

Absichten im MENA-Raum zusammen (ab Seite 10).<br />

Außerdem berichtet Georg Mader von der Airshow und<br />

der Air Chiefs Conference in Dubai (ab Seite 52), bei<br />

der Militär Aktuell als Medienpartner mit dabei war.<br />

IMpRESSUM<br />

COV E R FOTO : 1 2 3 R F FOTO : 1 2 3 R F<br />

MOSKAU<br />

SALZBURG<br />

KORNEUBURG<br />

MÜNCHEN<br />

WIEN<br />

WELS ZWÖLFAXING<br />

MILITÄR AKTUELL UNTERWEGS Kaum ist eine Ausgabe<br />

in Druck, schwärmen unsere Redakteure und Fotografen<br />

auch schon wieder aus, um Informationen, Interviews und<br />

Bilder für das nächste Militär Aktuell zusammenzutragen.<br />

Die Storys der vorliegenden Ausgaben recherchierten wir unter<br />

anderem in Dubai, im Libanon, in München und in Moskau.<br />

LIBANON<br />

DUBAI<br />

Medieninhaber und Herausgeber:<br />

QMM Quality Multi Media GmbH,<br />

Mariahilfer Straße 88a/II/2a, A-1070 Wien,<br />

FN 349501 y, UID:ATU65891526,<br />

Chefredaktion: Jürgen Zacharias,<br />

j.zacharias@qmm.at<br />

Key Account Management:<br />

Thomas Jusko, t.jusko@qmm.at, René<br />

Niehoff, r.niehoff@qualitymultimedia.ch<br />

Artdirektion: Gottfried Halmschlager<br />

Textchef: Jakob Hübner<br />

Fotoredaktion: Nati Senegacnik<br />

Lektorat: Gunther Natter<br />

Redaktion, Beirat und Textbeiträge:<br />

Christoph Bilban, Brigadier Walter Feichtinger,<br />

Heinz Gärtner, Hanna Grininger,<br />

Johannes Luxner, Georg Mader, Oberst<br />

Dieter Muhr, Robert Schmucker,<br />

Hans Schneeweiß<br />

Hersteller: PrintandSmile<br />

Redaktionskontakt:<br />

Brigitte Janko, b.janko@qmm.at,<br />

Tel. 01/342 242-0, Mariahilfer Straße<br />

88a/II/2a, A-1070 Wien, Österreich<br />

Geschäftsführung: Andreas Dressler,<br />

a.dressler@qmm.at, Günther Havranek<br />

www.qmm.at<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 0 4 I N H A L T<br />

INHALT<br />

Russlands Nahostpolitik trägt Früchte: Moskau profitiert<br />

wirtschaftlich, militärisch und politisch von seinen verstärkten<br />

Bemühungen im Mittleren Osten und Nordafrika (MENA-Region).<br />

034<br />

Verantwortungsvolle Aufgabe: Die österreichischen<br />

UN-Firefighter im Libanon müssen im Ernstfall auch zur<br />

Brandbekämpfung abgestürzter Hubschrauber ausrücken.<br />

Ran ans Steuer: Robert Kratky lässt sich in der nächsten<br />

Folge von „Tagwache mit Kratky“ zum Panzerfahrer<br />

ausbilden – wir haben die Dreharbeiten begleitet.<br />

010<br />

026<br />

003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />

006 MOMENTUM<br />

Russische Fallschirmspringer<br />

bereiten sich auf ihren Einsatz bei<br />

der Übung „Zapad <strong>2017</strong>“ vor.<br />

008 WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Kurzmeldungen<br />

aus aller Welt.<br />

010 STRATEGISCHE OFFENSIVE<br />

Russlands Eingreifen in Syrien ist<br />

das Resultat eines neuen diplomatischen<br />

Selbstverständnisses.<br />

014 KRISENHERD NORDKOREA<br />

Eine baldige Lösung des<br />

Nordkorea-Konflikts scheint<br />

unwahrscheinlich. Aber auch<br />

eine kriegerische Eskalation ist<br />

praktisch auszuschließen.<br />

020 NEUES AUS DEM HEER<br />

Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />

dem Bundesheer.<br />

022 TRUPPENBESUCH<br />

Ein Blick hinter die Kulissen des<br />

Instituts für Kraftfahrwesen der<br />

Heereslogistikschule.<br />

026 AUF PR-MISSION<br />

Ö3-Moderator Robert Kratky<br />

begeistert als Bundesheer-<br />

Testimonial in der Videoserie<br />

„Tagwache mit Kratky“.<br />

032 EIN TAG MIT …<br />

… Fotograf Daniel Trippolt von<br />

der Heeresbild- und Filmstelle.<br />

034 ALLZEIT BEREIT<br />

Österreich stellt im Rahmen der<br />

UNIFIL-Truppe im Libanon unter<br />

anderem die Lagerfeuerwehr in<br />

Camp Naqoura.<br />

038 LÖSCH-ANLEITUNG<br />

Die ABC-Abwehrtruppe zeigt,<br />

wie man einen Christbaum-Brand<br />

rasch und effektiv bekämpft.<br />

040 KOMMENTAR<br />

Militär Aktuell-Autor Dieter Muhr<br />

fordert mehr Geld für das Heer.<br />

042 AUF EINEN BLICK<br />

Was enthalten die Combat Ration<br />

Packs der Blauhelmsoldaten?<br />

044 BUNDESHEER NEU<br />

Neue Serie: das Kommando<br />

Luftstreitkräfte im Porträt.<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , H B F/ G U N T E R P U S C H , M A R C E G G E R I L LU ST R AT I O N : C L AU D I A M O L I TO R I S<br />

M I L I T ä R A K T U E L L


I N D I E S E M H E F T<br />

046 REGER ZULAUF<br />

Immer mehr Bewerber für<br />

Jobs beim Heer – Freiwilligenmeldungen<br />

in zwei Jahren mehr<br />

als verdoppelt.<br />

050 RÜSTUNGSNEWS<br />

Neuheiten aus der Welt der<br />

Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />

052 DUBAI AIRSHOW <strong>2017</strong><br />

Die Scheichs im Rüstungs-<br />

Himmel: Militär Aktuell-Autor<br />

Georg Mader berichtet aus Dubai.<br />

056 MADE IN AUSTRIA<br />

GDELS-Steyr reüssiert am<br />

Heimmarkt und in Tschechien,<br />

ESKA bringt einen neuen Militärhandschuh<br />

auf den Markt.<br />

058 SCHLUSSPUNKT<br />

Politikwissenschaftler Heinz<br />

Gärtner über „gerechte<br />

Interventionen“ in innerstaatlichen<br />

Konflikten.<br />

059 INFOGRAFIK<br />

Die Leistungsmerkmale der<br />

neuen Tanklöschfahrzeuge der<br />

ABC-Abwehrtruppe.<br />

Gut gerüstet: Mit den<br />

ABC-Löschfahrzeugen<br />

059<br />

ist eine erfolgreiche<br />

Brandbekämpfung<br />

auch in kontaminierten<br />

Gebieten möglich.


0 0 6 P A N O R A M A<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M O M E N T U M<br />

Die Spannungen<br />

halten weiter an<br />

Von einer Normalisierung der Verhältnisse<br />

zwischen russland und<br />

dem Westen ist auch drei Jahre nach<br />

Beginn des kriegs in der ukraine<br />

keine Spur. Vielmehr überbieten sich<br />

die beiden Parteien nach wie vor in<br />

kriegsrhetorik und der Demonstration<br />

eigener Stärke. Übungen werden<br />

dazu genutzt, die Schlagkraft<br />

und rasche einsatzfähigkeit der<br />

Streitkräfte zu unterstreichen, wie<br />

auch jüngst das weißrussisch-russische<br />

manöver „Zapad <strong>2017</strong>“ zeigte.<br />

Dabei übten nach offiziellen angaben<br />

12.700 Soldaten der beiden<br />

länder (inoffizielle Quellen gehen<br />

von bis zu 100.000 Soldaten aus)<br />

gemeinsame angriffs- und abwehrmaßnahmen.<br />

teil des manövers war<br />

auch eine luftlandeübung russischer<br />

Fallschirmjäger, die aus Iljuschin Il-<br />

76-Flugzeugen absprangen. im Bild<br />

sind Fallschirmjäger wenige Wochen<br />

nach dem ende von „Zapad <strong>2017</strong>“<br />

bei einer weiteren Übung vor dem<br />

Besteigen der riesigen transportmaschinen<br />

zu sehen.<br />

FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

EUROPÄISCHE<br />

VERTEIDIGUNGSUNION<br />

Mitte November haben 23 europäische Staaten (darunter auch Österreich) den Grundstein für eine gemeinsame Verteidigungsunion<br />

gelegt. Bei einer Zeremonie in Brüssel unterschrieben die Außen- und Verteidigungsminister das Gründungsdokument für<br />

eine ständige militärische Zusammenarbeit. Die als Pesco (kurz für Permanent Structured Cooperation) bezeichnete Kooperation<br />

sei laut der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach der Wahl des amerikanischen Präsidenten notwendig<br />

geworden, um in Krisenfällen auch ohne Unterstützung der USA handlungsfähig zu sein. Mit ihrer Teilnahme verpflichten sich die<br />

23 EU-Staaten zur Einhaltung von insgesamt 20 Bedingungen. Dazu zählt unter anderem eine regelmäßige Erhöhung der Verteidigungsausgaben,<br />

die Bereitstellung von Soldaten für die Krisenreaktionskräfte der EU und gemeinsame Rüstungsprojekte.<br />

„Er ist ein scheußlicher Verbrecher,<br />

der von den Koreanern<br />

zum Tod verurteilt wurde.“<br />

Rodong Sinmun, nordkoreanische Staatszeitung<br />

Im Konflikt rund um die automare Aufrüstung Nordkoreas (siehe ausführlichen<br />

Bericht ab Seite 14) werden regelmäßig bissige Bermerkungen ausgetauscht und<br />

Verbal attacken geritten. Besonders stürmisch war kürzlich die nordkoreanische<br />

Staatszeitung Rodong Sinmun unterwegs, die Trump in einem Artikel als „alten<br />

Sklaven des Geldes“ bezeichnete und ihm vorwarf, die Würde der obersten Führung<br />

von Machthaber Kim Jong-un verletzt zu haben. So weit, so normal. Deutlicher wurde es<br />

dann im nächsten Absatz mit einer unmissverständlichen Botschaft an den US-Präsidenten:<br />

„Er sollte wissen, dass er ein scheußlicher Verbrecher ist“, war da zu lesen,, „der von den Koreanern<br />

zum Tod verurteilt wurde.“<br />

FoTo S : G E T T y I M AG E S , B E I G E ST E L LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


W E LT G E S C H E H E N<br />

AMERIKA RÜSTET AUF<br />

Die USA schrauben ihre Verteidigungsausgaben kräftig nach oben. Nachdem<br />

Präsident Donald Trump unter dem Eindruck der Atomwaffen- und<br />

Raketentests Nordkoreas (siehe Bericht ab Seite 14) auf eine deutliche Aufstockung<br />

des Etats gedrängt hatte, übertraf der Kongress mit einer Anhebung<br />

auf 700 Milliarden US-Dollar (586 Milliarden Euro) sogar noch seine<br />

Forderungen . Damit liegen die Rüstungsausgaben im kommenden Jahr<br />

um 15 Prozent über<br />

dem Jahr 2016 und<br />

um vier Prozent über<br />

der von Trump geforderten<br />

Summe. Das<br />

Geld soll unter anderem<br />

für den Ausbau<br />

der Raketenabwehr,<br />

die Anschaffung neuer<br />

F-35-Kampfjets und<br />

den Ausbau der<br />

Schiffs- und Panzer-<br />

Flotte verwendet<br />

werden.<br />

25.673<br />

Entgegen der medialen Wahrnehmung ist die<br />

Zahl der weltweiten Terroropfer im vergangenen<br />

Jahr zum zweiten Mal in Folge gesunken.<br />

Laut dem Globalen Terrorismus-Index des<br />

Institute for Economics and Peace (IEP)<br />

kamen 2016 bei terroristischen Anschlägen<br />

25.673 Menschen ums Leben. Das waren 13<br />

Prozent weniger als im Jahr zuvor und 22<br />

Prozent weniger als noch 2014. Die mit Abstand<br />

meisten Todesopfer gab es mit 9.765 im<br />

Irak, den durch den Terrorismus angerichteten<br />

wirtschaftlichen Schaden beziffern die<br />

Experten mit rund 80 Milliarden Euro.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

RUSSLAND:<br />

GEKOMMEN, UM ZU<br />

BLEIBEN?<br />

Russland demonstrierte mit seinem militärischen Eingreifen in Syrien im<br />

September 2015, dass es als Akteur im Mittleren Osten und Nordafrika<br />

nicht mehr wegzudenken ist. Ob Russland in der Region die Rolle der<br />

USA als Ordnungsmacht übernehmen wird, wie manche Beobachter<br />

behaupten, bleibt jedoch abzuwarten. Text: CHRISTOPH BILBAN & HANNA GRININGER<br />

D<br />

ie Wurzeln der aktuellen<br />

russischen Politik<br />

im Mittleren Osten<br />

und in Nordafrika<br />

(kurz als MENA-<br />

Raum bezeichnet)<br />

reichen tief. Bereits seit den 1950er-Jahren<br />

unterhielt die Sowjetunion zu einigen<br />

Staaten der Region gute Beziehungen,<br />

allen voran zu Syrien, Ägypten und<br />

Libyen. Die UdSSR vermittelte bei Krisen<br />

und Konflikten in diesen Ländern<br />

diplomatisch (wie beispielsweise im<br />

Rahmen der UNO während der Suez-<br />

Krise 1965) und engagierte sich mit<br />

Waffenlieferungen (etwa an den Irak<br />

im Ersten Golfkrieg). Mit Putins erster<br />

Präsidentschaft wurden die Beziehungen<br />

sogar noch ausgebaut – zu den<br />

alten Verbündeten kamen neue Verbindungen<br />

zum Iran, der Türkei und<br />

unlängst zu Saudi-Arabien.<br />

Allerdings muss das russische Beziehungsgeflecht<br />

mit MENA-Staaten immer<br />

vor dem Hintergrund regionaler<br />

Konflikte (beispielsweise Saudi-Arabien<br />

vs. Iran) und globaler geopolitischer<br />

Auseinandersetzungen (mit den USA)<br />

gesehen werden. Russlands Außenpolitik<br />

in der Region wird von wirtschaftlichen<br />

Interessen dominiert. Etwa ein<br />

Drittel aller Exporte des militärischindustriellen<br />

Komplexes gehen in die<br />

Region. Die UdSSR war neben den<br />

USA lange Hauptlieferant, heute steht<br />

jedoch die EU auf Platz zwei. Russland<br />

versucht sich hier wieder zu profilieren.<br />

Zwischen 2007 und 2011 stiegen die<br />

Waffenimporte aus Russland im Nahen<br />

und Mittleren Osten um 86 Prozent.<br />

Große Deals wurden zuletzt mit Ägypten<br />

(MiG-29M-Kampfjets und Ka-50-<br />

Kampfhubschrauber) und dem NATO-<br />

Land Türkei (Flugabwehrsystem S-400)<br />

abgeschlossen, Saudi-Arabien wurde<br />

unlängst ein Waffenliefervertrag im<br />

Wert von mehr als drei Milliarden<br />

US-Dollar (knapp drei Milliarden Euro)<br />

in Aussicht gestellt, darunter auch<br />

S-400 als Konkurrenz zum US-System<br />

THAAD. Ziel Moskaus ist es außerdem,<br />

russische Exportprodukte aus anderen<br />

Wirtschaftsbereichen wie Öl und<br />

Gas, Lebensmittel, oder atomare Güter<br />

zu stärken. Zusätzlich bemüht man<br />

sich darum, die Attraktivität der Russischen<br />

Föderation für Investoren aus<br />

der Region zu steigern. Hier ist vor allem<br />

die Kooperation mit Saudi-Arabien<br />

von Bedeutung, obwohl die Beziehungen<br />

in der Vergangenheit als eher unterkühlt<br />

beschrieben werden können.<br />

Die Rivalität am Ölmarkt, die Iran-<br />

Frage und die von Riad unterstützte<br />

Islamisierung im postsowjetischen<br />

Zentralasien stellen zwar weiterhin<br />

Konfliktpunkte dar. Der erstmalige<br />

Besuch eines saudischen Monarchen<br />

im Kreml Anfang Oktober kann jedoch<br />

als Zeichen für den Beginn von pragmatischeren<br />

Beziehungen zwischen<br />

Riad und Moskau beurteilt werden.<br />

Eine weitere Priorität Moskaus liegt auf<br />

der Festigung des militärischen Einflusses<br />

vor allem in Syrien, wo Russland die<br />

Regierungstruppen von Präsident Bashar<br />

al-Assad unterstützt. Die Marinebasis<br />

in Tartus spielt aus geopolitischen<br />

Überlegungen eine Schlüsselrolle in der<br />

Syrienstrategie Russlands, da sie den<br />

langfristigen Zugang zum Mittelmeer<br />

sichert. Der Kampf gegen die Terrororganisation<br />

IS und oppositionelle Gruppen<br />

in Syrien ermöglichte auch zunehmende<br />

Kooperationen mit dem Iran,<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


R U S S L A N D I M M E N A - R A U M<br />

der Hisbollah und der Türkei. Obwohl<br />

sich die Beziehungen zur Türkei seit<br />

dem Abschuss eines russischen Kampfjets<br />

2015 wieder verbessert haben, bergen<br />

sie noch immer ein gewisses Konfliktpotenzial,<br />

da in Syrien unterschiedliche<br />

Akteure unterstützt werden und<br />

Moskau die Kurden-Frage gegen Ankara<br />

ausspielen könnte.<br />

International versucht sich der Kreml<br />

durch das Eingreifen in den Syrienkonflikt<br />

als relevanter Akteur zu positionieren.<br />

Während der trilateralen Friedensgespräche<br />

in Astana einigten sich Russland,<br />

der Iran und die Türkei auf die<br />

Schaffung von Deeskalationszonen in<br />

Syrien. Moskau ist an der Stabilität der<br />

durch die Umbrüche 2011 erschütterten<br />

Region interessiert und richtet sein<br />

wirtschaftliches, politisches und militärisches<br />

Engagement danach aus. So<br />

wird beispielsweise in Libyen General<br />

Haftar unterstützt, wo neben militärischen<br />

auch ökonomische<br />

Interessen eine<br />

Rolle spielen.<br />

Politisch<br />

würde der Kreml durch eine Konsolidierung<br />

Libyens unter einer „pro-russischen“<br />

Führung einen großen Sieg erringen.<br />

Die westliche Intervention in Libyen<br />

2011 war nicht im Sinne der russischen<br />

Führung, obwohl sich Moskau im<br />

UN-Sicherheitsrat der Stimme enthalten<br />

hatte. Heute gilt Libyen in russischen<br />

Militärkreisen als Paradebeispiel<br />

für Farbrevolutionen, die stabile Staaten<br />

in kurzer Zeit ins Chaos stürzen können.<br />

MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT<br />

Russland intensivierte zuletzt auch<br />

seine Kontakte zum traditionellen<br />

US-Verbündeten Saudi-Arabien –<br />

aktuell verhandeln Moskau und Riad<br />

über einen knapp drei Milliarden Euro<br />

schweren Waffenlieferungsvertrag.<br />

FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 2 w e l t & s t r a t e G I e<br />

Das Vorgehen Russlands im MENA-<br />

Raum könnte aber auch in einem lange<br />

andauernden Einsatz enden, wie ihn die<br />

USA in Afghanistan erleben. Natürlich<br />

darf hierbei der innenpolitische Faktor<br />

nicht vergessen werden. Russland hat<br />

einen großen Anteil an Muslimen (Sunniten).<br />

Kampferprobte Heimkehrer aus<br />

den Konfliktgebieten der Region könnten<br />

radikalislamische Tendenzen im<br />

Nordkaukasus und Zentralasien verstärken,<br />

oder aber Muslime in ganz<br />

RUSSISCHE ABSICHTEN<br />

Präsident Wladimir Putin sieht<br />

im russischen Engagement im<br />

MENA-Raum wirtschaftliche,<br />

politische und militärische<br />

Vorteile für sein Land.<br />

Russland radikalisieren. Auch aus diesem<br />

Grund ist Moskau an einer Stabilisierung<br />

der Regime und der Bekämpfung<br />

des Terrorismus (vor allem in<br />

Syrien, Libyen, auf der Sinai-Halbinsel<br />

und in anderen Regionen Ägyptens)<br />

sowie des gewaltbereiten Islamismus<br />

in der Region interessiert.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass<br />

der Rückzug der USA aus der Region<br />

Russland ein aktiveres Auftreten er-<br />

möglichte. Dabei setzt Russland weiterhin<br />

auf pragmatische Beziehungen mit<br />

allen relevanten Akteuren und versucht<br />

so seinen regionalen Einfluss zu vergrößern.<br />

Das Einbeziehen wichtiger regionaler<br />

Player wie des Iran zeigt, dass sich<br />

Russland für eine multipolare Weltordnung<br />

engagiert. Wirtschaftlich versucht<br />

Moskau, verlorenes Terrain aus Sowjetzeiten<br />

wieder gutzumachen. Hervorzuheben<br />

ist auch, dass sich der Kreml<br />

durch das Engagement im Syrien-Konflikt<br />

seinen Zugang zum Mittelmeer sichert.<br />

Der geplante Ausbau von Tartus<br />

soll zukünftig maritime Operationen<br />

bis in den westlichen Indischen Ozean<br />

ermöglichen. Russland verschafft sich<br />

damit eine vorteilhafte Position in einer<br />

weiterhin umkämpften Region, die auch<br />

für China immer interessanter wird.<br />

Die Autoren sind wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter des Institus für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement.<br />

Russlands Reaktivstrategie im Nahen Osten<br />

BRIGADIER WALTER<br />

FEICHTINGER ist seit<br />

2002 Leiter des Instituts<br />

für Friedenssicherung und<br />

Konfliktmanagement (IFK)<br />

an der Landesverteidigungsakademie.<br />

es ist hinlänglich bekannt, dass russland<br />

durch sein militärisches einschreiten den<br />

syrischen Bürgerkrieg zumindest vorerst<br />

zugunsten von Präsident assad entschieden<br />

hat. moskau intervenierte jedoch erst ab<br />

2015, nachdem viele internationale Friedensversuche<br />

gescheitert waren. wie auch<br />

in diesem Fall ist „reaktion“ ein wesentliches<br />

merkmal der strategie moskaus im<br />

meNa-raum (mittlerer osten und Nordafrika),<br />

die Kremlführung wartet entwicklungen<br />

ab und geht dann entschlossen vor.<br />

Begünstigt wird dieses Verhalten durch die<br />

gezielte oder unbeabsichtigte rücknahme<br />

des Us-engagements, die regionale Konkurrenz<br />

zwischen Iran und saudi arabien<br />

sowie die scheinbare außenpolitische<br />

orientierungslosigkeit der türkei.<br />

diese reaktivstrategie, die russland mittlerweile<br />

eine gestaltende rolle im Nahen osten<br />

ermöglicht, prägen drei leitlinien: Profilierung,<br />

Ökonomisierung und strategische<br />

Nutzbarmachung. die Profilierung folgt<br />

dem motto „great again“ und wirkt sowohl<br />

nach innen wie auch nach außen. Innenpolitisch<br />

wird das Narrativ vom „starken russland“<br />

genährt, außenpolitisch der status als<br />

globaler akteur auf augenhöhe mit den<br />

Usa. dazu kommt das Bild vom verlässlichen<br />

geopolitischen Partner auch in schwierigen<br />

Zeiten. die Ökonomisierung des engagements<br />

erfolgt durch das erschließen<br />

von absatzmärkten für russische Güter (vor<br />

allem im rüstungsbereich), durch die abstimmung<br />

im energiesektor (beispielsweise<br />

Öl- und Gasförderquoten) und Investitionen<br />

potenter arabischer Geldgeber in russland.<br />

strategischer Nutzen entsteht durch die<br />

nachhaltige politische und militärstrategische<br />

Verankerung in der gesamten region,<br />

das Zurückdrängen des Us-amerikanischen<br />

einflusses und die aufrechterhaltung der<br />

energiepolitischen abhängigkeit europas<br />

von russland und seinen Partnern.<br />

russland konnte durch diese reaktivstrategie<br />

zumindest bislang viel aufmerksamkeit<br />

erzielen und seine Position stärken. ob<br />

diese erfolge von dauer sein werden, hängt<br />

aber davon ab, wie nachhaltig sich der<br />

Kreml militärisch und wirtschaftlich engagieren<br />

kann, welche Interessen die lokalen<br />

Verbündeten letztlich tatsächlich verfolgen<br />

und ob die Usa oder auch China den erforderlichen<br />

Freiraum lassen.<br />

Foto s : G e t t y I m aG e s , N a d j a m e I st e r<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M-346.<br />

Training Für Die Zukunft<br />

M-346: eine außerordentlich kosteneffiziente,<br />

technologisch fortgeschrittene Plattform für integrierte<br />

Trainingssysteme der nächsten Generation, Homeland<br />

Security und Air Policing. In den Luftwaffen Italiens,<br />

der Republik Singapur und Israels im Einsatz und in<br />

Produktion für die Luftwaffe Polens.<br />

Leonardo ist weltweit führend im Design, der<br />

Produktion und dem Support militärischer Flugzeuge. In<br />

den letzten 50 Jahren haben 2.000 Leonardo-Flugzeuge<br />

über 20.000 militärische und zivile Piloten in über 40<br />

Ländern auf allen fünf Kontinenten trainiert.<br />

Inspiriert von der Vision, dem Forschungsdrang und dem<br />

Genie des großen Erfinders - Leonardo entwickelt die<br />

Technologie von morgen.<br />

leonardocompany.com<br />

Helicopters | Aeronautics | Electronics, Defence & Security Systems | Space


0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

K MS<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

GROSSE DROHUNG<br />

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un treibt sein Atrombombenund<br />

Raketenprogramm weiter voran. Was bezweckt er damit? Sieht er in<br />

den Waffen eine Drohkulisse und eine Lebensversicherung für sein Land?<br />

Oder will er die Raketen tatsächlich offensiv zum Einsatz bringen?<br />

D<br />

er nordkoreanische<br />

Diktator Kim Jongun<br />

scheint ein recht<br />

umgänglicher Zeitgenosse<br />

zu sein. Das<br />

Internet ist jedenfalls<br />

voll mit Fotos des Staatschefs, auf<br />

denen er über das ganze Gesicht<br />

lächelnd Fabriken besucht. An Produkten<br />

schnüffelt, auf Großbaustellen<br />

nach dem Rechten sieht, in die Menge<br />

winkt, Tiere streichelt und gut gelaunt<br />

mit Menschen plaudert.<br />

Kim Jong-un hat aber auch eine<br />

andere Seite und auch die ist im<br />

Internet zu sehen. Mit stechendem<br />

Blick nimmt er da Truppenparaden<br />

ab. Interessiert lässt er<br />

sich von seinen Militärs Waffen erklären,<br />

selbstbewusst posiert er neben<br />

Raketensystemen mit enormem Zerstörungspotenzial.<br />

Seinen Raketensystemen.<br />

Egal, ob Musudan, Hwasong-<br />

14 oder Taepodong-2 – sie sind Kims<br />

Lebensversicherung. Die Raketen<br />

untermauern seinen Herrschaftsanspruch,<br />

sie legitimieren die Allmacht<br />

des „Großen Führers“ nach Innen. Sie<br />

dienen aber auch (und vor allem!) als<br />

Drohkulisse für potenzielle Feinde wie<br />

Südkorea und die USA und schützen<br />

damit Nordkorea und das Kim-Regime<br />

vor Interventionen von außen.<br />

Wobei: Genau genommen sind es<br />

nicht die Raketen selbst, die Kim<br />

Jong-uns stark abgeschotteten kommunistische<br />

Staat so unangreifbar<br />

machen. Es ist vielmehr das, was sie<br />

transportieren. Können schon die<br />

Kurz- und Mittelstreckenraketen mit<br />

ihrer konventionellen Ausrichtung im<br />

Kriegsfall enorme Schäden anrichten,<br />

wäre der Einsatz von nuklearen<br />

FOTO : P I C T U R E D E S K<br />

KONFLIKTPOTENZIAL Nach<br />

den jüngsten Raketentests spitzt<br />

sich der Konflikt zwischen Kim<br />

Jong-uns Nordkorea und den<br />

USA weiter zu. Unbeeindruckt<br />

von neuen UN-Sanktionen soll<br />

die Entwicklung von Nuklearwaffen<br />

fortgesetzt werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N O R D K O R E A<br />

Sprengköpfen fatal. Die USA betonen<br />

zwar bei jeder Gelegenheit die hohe<br />

Funktionalität ihres Raketenabwehrschirms,<br />

ausschließen können sie aber<br />

nicht, dass bei einer Konfrontation einige<br />

Flugkörper ihr Ziel in den USA,<br />

in Südkorea, in Japan oder sonst wo<br />

erreichen und Millionen Menschenleben<br />

kosten. Nordkorea würde bei einer<br />

derartigen Eskalation zwar dem<br />

Erdboden gleichgemacht, das Risiko<br />

derart vieler eigener Opfer will man<br />

aber weder in Washington noch in<br />

Tokio und schon gar nicht in Seoul<br />

eingehen.<br />

Der deutsche Nordkorea-Experte Rüdiger<br />

Frank hält (ebenso wie Raketen-<br />

Experte Robert Schmucker von der<br />

TU München – siehe Kommentar auf<br />

Seite 18) deshalb eine Eskalation des<br />

schwelenden Konflikts für unwahrscheinlich.<br />

Laut dem Leiter des Ostasieninstituts<br />

an der Unisität Wien<br />

dürfte es „letztlich darauf hinauslaufen,<br />

dass alles so weitergeht wie bisher,<br />

verbunden mit der Hoffnung,<br />

dass niemand zu weit geht.“ Entgegen<br />

der in westlichen Medien vorherrschenden<br />

Meinung sieht Rüdiger<br />

Frank das Ziel Nordkoreas nicht in<br />

einer weiteren Zuspitzung des Konflikts,<br />

sondern in dessen friedlicher<br />

Lösung: „Nordkorea will auf jeden Fall<br />

reden. Das Atomprogramm ist ja kein<br />

Selbstzweck“, so der Experte. Rüdiger<br />

Frank sieht darin ein Mittel zur Stärkung<br />

von Nordkoreas Verhandlungsposition,<br />

mit dem Kim Jong-un seine<br />

eigentlichen Ziele erreichen möchte.<br />

„Dazu gehört an oberster Stelle, langfristig<br />

eine koreanische Wiedervereinigung<br />

in Form einer Konföderation.<br />

Auf dem Weg dahin will Nordkorea<br />

einen Friedensvertrag mit den USA,<br />

eine Normalisierung der diplomatischen<br />

Beziehungen mit Washington<br />

und vor allem Zugang zum Weltmarkt<br />

für Güter und Finanzmittel.“ Mit letzteren<br />

soll die geplante Modernisierung<br />

der nordkoreanischen Wirtschaft<br />

vorangetrieben und Anschluss<br />

an die Weltwirtschaft gefunden werden.<br />

„Für all das sieht Kim Jong-un<br />

jedoch eine glaubwürdige atomare<br />

Abschreckung als Ausgangsvoraussetzung<br />

an, und<br />

darum verfolgt er dieses<br />

Ziel auch so beharrlich“,<br />

sagt Rüdiger Frank. „Verhandlungen,<br />

die Erfolg<br />

haben sollen, müssten sich<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 6 W e l t & s t r a t e g i e<br />

taepodong-2<br />

Hwasong-14<br />

taepodong-2<br />

musudan<br />

(2-stufig)<br />

(3-stufig)<br />

taepodong-1<br />

Nordkorea<br />

rodong-1<br />

Washington<br />

tokio<br />

guam<br />

seattle<br />

kN-02 Hwasong-5 Hwasong-6 rodong-1 taepodong-1 musudan Hwasong-14 taepodong-2<br />

ku r zst r e c k e N r a k e t e N m i t t e l st r e c k e N r a k e t e N i N t e r ko N t i N e N ta l r a k e t e N<br />

Das nordkoreanische raketenarsenal umfasst mehrere kurzstrecken-, mittelstrecken- und interkontinentalraketen<br />

mit unterschiedlichen reichweiten. Die kurzstreckenraketen KN-02, Hwasong-5 und Hwasong-6 können ziele im<br />

umkreis von bis zu 150 kilometern treffen, sie richten sich daher vornehmlich gegen südkoreanische städte und<br />

militäreinrichtungen. mit den mittelstreckenraketen Rodong-1, Taepodong-1, Musudan und Hwasong-12 rücken<br />

auch bis zu 5.500 kilometer entfernte ziele in den Fokus und damit auch Japan sowie der amerikanische luftwaffenstützpunkt<br />

auf der Pazifikinsel guam. Die reichweiten der interkontinentalraketen Taepodong-2 und Hwasong-14<br />

vermuten experten bei optimaler Funktion sogar bei bis zu 10.000 kilometern, damit wären auch us-ziele in<br />

alaska, an der Westküste, im mittleren Westen und sogar an der ostküste erreichbar, ebenso australien. Neben<br />

seinen landgestützten systemen forscht Pjöngjang auch an raketen, die von u-Booten abgefeuert werden können:<br />

Die zweistufige Pukkuksong-1 wurde bereits mehrmals getestet, ihre reichweite liegt bei bis zu 900 kilometern.<br />

Foto : g e t t y i m ag e s , g r a F i k : m i l i tä r a k t u e l l<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N O R D K O R E A<br />

daher mit der Frage befassen, wie<br />

wir mit dieser Realität umgehen.“<br />

Die USA müssten in diesem Fall über<br />

ihren eigenen Schatten springen und<br />

mit Nordkorea über dessen Status<br />

als Atommacht verhandeln.<br />

„Das ist allerdings sehr unwahrscheinlich“,<br />

so Rüdiger Frank weiter.<br />

Zudem würde Nordkorea bei solchen<br />

Gesprächen wohl kaum die Option<br />

einer Reaktivierung seinen Atomwaffenprogramms<br />

im Krisenfall aufgeben.<br />

Verträge und Sicherheitsgarantien<br />

können aufgekündigt werden, im<br />

Fall der Fälle wird Nordkorea seine<br />

Drohkulisse aber rasch wieder aufbauen<br />

wollen. „Das ist derzeit für die<br />

USA völlig inakzeptabel, deren erklärtes<br />

Ziel abgekürzt CVID lautet“, sagt<br />

Rüdiger Frank. „Das steht für ,kompletter,<br />

überprüfbarer und unumkehrbarer<br />

Abbau‘. Wenn es überhaupt<br />

zu Verhandlungen kommen sollte,<br />

müssen wir uns also auf einen langen<br />

Weg einstellen.“<br />

Bis es so weit ist treibt Nordkorea<br />

seine Programme weiter voran. Das<br />

Land hat zuletzt sein bereits Anfang<br />

der 1990er-Jahre gestartetes Atomprogramm<br />

intensiviert und auch bei<br />

der Weiterentwicklung seines Rake-<br />

tenarsenals rasche Fortschritte gemacht.<br />

Im Juli wurde nach eigenen<br />

Angaben erstmals eine Interkontinentalrakete<br />

erfolgreich getestet, die<br />

nicht Satelliten ins Weltall befördern<br />

soll, sondern allein auf das amerikanische<br />

Festland zielt.<br />

Auch die Entwicklung seiner Atombomben<br />

ist Kim ein großes Anliegen.<br />

Gelingt es seinen Ingenieuren, einen<br />

Atomsprengkopf so zu verkleinern,<br />

um ihn mit einer Interkontinentalrakete<br />

transportieren zu können, müssen<br />

sich die USA wohl endgültig mit<br />

dem Status von Nordkorea als Atommacht<br />

anfreunden. Laut Ansicht des<br />

amerikanischen Militärgeheimdiensts<br />

und des japanischen Außenministeriums<br />

ist Nordkorea dazu in jedem Fall<br />

in der Lage. Die Raketen können mit<br />

ihren bis zu 10.000 Kilometer Reichweite<br />

schon jetzt nicht mehr nur Ziele<br />

in ganz Asien ins Visier nehmen.<br />

Längst liegt auch das eigentliche Ziel,<br />

die USA, in Reichweite der Raketen<br />

und auch Mitteleuropa ist für Kim<br />

Jong-un mittlerweile nur noch einen<br />

Raketenwurf weit entfernt. Von der<br />

österreichischen Hauptstadt nach<br />

Pjöngjang sind es Luftlinie gerade einmal<br />

etwas mehr als 8.000 Kilometer!<br />

PERSÖNLICHES INTERESSE Machthaber Kim Jong-un überwacht die Raketentests meist persönlich. Der Staatschef sieht in der<br />

Entwicklung weitreichender Raketen mittel- bis langfristig eine Überlebensgarantie für sein wirtschaftlich angeschlagenes Land.


0 1 8 W e l t & s t R A t e g i e<br />

„Eine nukleare Eskalation des<br />

Konflikts ist auszuschließen!“<br />

Pjöngjang arbeitet seit Jahren an der Erhöhung seines Drohpotenzials.<br />

Raketenexperte Professor Robert Schmucker zweifelt die von<br />

den nordkoreanischen Raketen und Sprengköpfen ausgehende<br />

Gefahr allerdings an – eine militärische Auseinandersetzung<br />

mit den USA ist laut ihm „höchst unwahrscheinlich“.<br />

Die spannungen zwischen Nordkorea und<br />

seinen regionalen wie überregionalen gegnern<br />

befeuern seit längerer Zeit die Angst<br />

vor einem nuklearen Konflikt. Dabei wird gerne<br />

übersehen, dass es eine ganze Reihe von indizien<br />

gibt, die gegen ein solches eskalationsszenario<br />

sprechen:<br />

Nordkorea hat zwar seit 1984 rund 120 größere Raketen<br />

abgeschossen und in den vergangenen zwei<br />

Jahren den Abschussumfang deutlich gesteigert,<br />

aber es handelte sich dabei überwiegend um altbekannte,<br />

frühe sowjetische Raketen geringerer<br />

leistung. Die technische Handschrift der neuen,<br />

leistungsstärkeren nordkoreanischen Raketen<br />

deutet auf Prolieferation aus dem post-sowjetischen<br />

bereich hin. Mit diesen geräten wurden aber nur<br />

sechs erfolgreiche schüsse verteilt auf drei unterschiedliche<br />

Raketentypen durchgeführt.<br />

Für einen Angriff auf das Us-amerikanische Festland<br />

würde Nordkorea zuverlässige Raketen interkontinentaler<br />

Reichweite (Anm.: ICBM) benötigen. Die<br />

im Rahmen der Abschüsse identifizierten Raketen<br />

schießen jedoch mit einer ernsthaften Nutzlast nicht<br />

weit genug, ihre Zielgenauigkeit steht sehr in Frage<br />

und von einem ernsthaften erprobungsprogramm<br />

war nichts zu sehen. gleiches gilt für die gefechtsköpfe<br />

sowie mögliche nukleare Waffenladungen,<br />

die den Wiedereintritt in die erdatmosphäre überstehen<br />

müssen: auch hier gab es bisher praktisch<br />

keine tests. ein Angriffsversuch auf guam oder die<br />

UsA würde einen massiven Us-gegenschlag auslösen<br />

mit der Folge des Untergangs von Nordkorea<br />

und seiner politischen Führung. ein Krieg liegt also<br />

nicht im interesse Nordkoreas.<br />

ROBERT<br />

SCHMUCKER<br />

ist Professor für<br />

Raumfahrttechnik<br />

an der<br />

TU München.<br />

Auf der anderen seite kann ein nuklearer Präventivschlag<br />

gegen Nordkorea ausgeschlossen werden,<br />

wenn auch viele Menschen von den drastischen<br />

Worten des amerikanischen Präsidenten beunruhigt<br />

sind. Warum sollte Amerika jetzt tun, worauf es bisher<br />

verzichtet hatte, zumal die Folgen einer nuklearen<br />

Auseinandersetzung auch für die UsA nicht<br />

kalkulierbar sind?<br />

schlussendlich sind auch Russland und die VR China<br />

als eine Art schutzmächte wider Willen zu berücksichtigen:<br />

eine gegen die UsA gerichtete ballistische<br />

Rakete muss von Nordkorea aus über diese<br />

länder fliegen, wobei die 1. stufe auch dort aufschlagen<br />

würde. es ist kaum vorstellbar, dass man<br />

dort eine derartige Provokation billigen würde.<br />

Wir können also ruhig weiter die entwicklung beobachten,<br />

hat doch bereits der römische Philosoph<br />

und staatsmann lucius Annaeus seneca (4 v. Chr.–<br />

65 n. Chr.) die nordkoreanische Rhetorik korrekt<br />

charakterisiert: „omnis enim ex infirmitate feritas<br />

est.“ (Alle Aggression resultiert aus schwäche).<br />

Foto : b e i g e st e l lt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


40 JAHRE StG 77<br />

1977 – <strong>2017</strong><br />

Die Entscheidung des österreichischen<br />

Bundesheeres für das STEYR AUG war 1977<br />

der Startschuss für eine bis heute andauernde<br />

Erfolgsgeschichte.<br />

In den folgenden Jahren entwickelte sich<br />

das StG 77 nicht nur zur Standardwaffe<br />

des österreichischen Bundesheeres sondern<br />

trat in ständig weiterentwickelten<br />

Ausführungen als AUG A1, AUG A2 und<br />

AUG A3 seinen Siegeszug rund um den<br />

Globus an und wird heute in zahlreichen<br />

Ländern, u.a. in Irland, Neuseeland oder<br />

Australien, geführt.<br />

Das jüngste Kapitel in der Geschichte<br />

des STEYR AUG stellt die im März dieses<br />

Jahres angekündigte Anschaffung des<br />

österreichischen Bundesheeres in den<br />

Varianten AUG A3 MP (Militärpolizei) und<br />

AUG A3 KPE (Kaderpräsenzeinheit) dar.


0 2 0 h e e r & M e h r<br />

GARDEMUSIK<br />

ON TOUR<br />

TRUPPENÜBUNGSPLATZ<br />

KRÄFTIG AUSGEBAUT<br />

anfang november wurden am truppenübungsplatz<br />

hochfilzen mit einem militärischen Festakt das neue<br />

unterkunftsgebäude „Waldlager“ und neue sportanlagen<br />

eingeweiht. die baulichen Maßnahmen wurden<br />

innerhalb von drei Jahren mit einer gesamtinvestitionssumme<br />

von 25 Millionen euro realisiert – damit<br />

handelt es sich um das größte Bauvorhaben am<br />

Übungsplatz in den vergangenen 30 Jahren. die neuen<br />

sportanlagen umfassen unter anderem das Biathlon-stadion,<br />

eine Indoor-schießanlage und ein laufband<br />

für langlauftrainings (gemeinsame nutzung mit<br />

dem Österreichischen skiverband), auch eine neue<br />

unterkuft für das tragtierzentrum wurde errichtet.<br />

Foto s : B u n d e s h e e r / P u s c h , B u n d e s h e e r / h a r a l d M I n I c ,<br />

B u n d e s h e e r / Z au n B au e r , B u n d e s h e e r / n I c k r a I n e r ,<br />

B u n d e s h e e r / h e l M u t st e g e r , B u n d e s h e e r / ku r t Va l l a n t


N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />

Das jährliche Militärmusikfestival „Oman<br />

and the world“ in Maskat, der Hauptstadt<br />

des Sultanats Oman, genießt weltweit<br />

einen ausgezeichneten Ruf. Heuer war<br />

auf persönliche Einladung von Sultan<br />

Qabus ibn Said auch die Gardemusik<br />

unter der Leitung von Militärmusikchef<br />

und Gardekapellmeister Oberst Bernhard<br />

Heher eingeladen. Begleitet wurden die<br />

48 Musiker von der Walzerformation<br />

der Tanzschule Elmayer. Im Bild ist ein<br />

Auftritt der Gardemusik vor dem Royal<br />

Opera House in Maskat zu sehen.<br />

SOLDATEN UND EINHEITEN DES<br />

JAHRES <strong>2017</strong> AUSGEZEICHNET<br />

Anfang November wurden im Rahmen einer<br />

Matinee im Verteidigungsministerium Soldatinnen<br />

und Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter sowie Einheiten des Bundesheeres<br />

für besondere Leistungen im zurückliegenden<br />

Jahr ausgezeichnet.<br />

AIREX17: ÜBUNG IN<br />

NIEDERÖSTERREICH<br />

Ende Oktober übten mehr als 230 Soldaten<br />

des Fliegerabwehrbataillons 2 aus<br />

den Garnisonen Zeltweg und Aigen im<br />

Ennstal (unterstützt von 30 Spezialisten)<br />

den Schutz von Konferenzteilnehmern.<br />

Bei der Übung „Airex17“ wurden Verfahren<br />

und Abläufe für Luftraumsicherungsoperationen<br />

erarbeitet und trainiert.<br />

Übungsannahme war eine im Kurzentrum<br />

Mauerbach abgehaltene politische<br />

Konferenz mit rund 1.000 Teilnehmern.<br />

Potenzielle Bedrohungen gingen von<br />

Flugzeugen, Hubschraubern, aber auch<br />

unbemannten Luftfahrzeugen aus.<br />

Soldatin des Jahres <strong>2017</strong> wurde Wachtmeister<br />

Romana Klinger aus Hallein. Die 32-Jährige ist<br />

in der technischen Pionierkompanie des Pionierbataillons<br />

2 in Wals-Siezenheim eingesetzt<br />

und zeigte dort überdurchschnittlichen<br />

Leistungswillen und Initiative. Neben vielen<br />

Ausbildungen wie jener zur Kranführerin,<br />

Nahkampfinstruktorin, Sturmbootführerin<br />

oder Rettungsschwimmerin ist Klinger außerdem<br />

die erste weibliche Heerestaucherin<br />

beim Bundesheer.<br />

Die Auszeichnung Einheit des Jahres ging<br />

an jene Soldaten des Panzerbataillons 14 aus<br />

Wels, die im Mai bei der „Strong Europe Tank<br />

Challenge“ Panzer-Weltmeister wurden. Der<br />

aus 16 Unteroffizieren und Chargen bestehende<br />

Panzerzug wurde von dem Welser Offiziersstellvertreter<br />

Christoph Gärtner angeführt.<br />

Rekrut des Jahres wurde Gefreiter<br />

Dr. Maxim Timofeev, Fachoberinspektor<br />

Peter Tackner wurde als Zivilbediensteter<br />

des Jahres ausgezeichnet.<br />

Vizeleutnant Kaijus Wallner aus Tirol wurde<br />

in der Sonderkategorie Bester Werber für<br />

Freiwillige Meldungen zu Milizübungen <strong>2017</strong><br />

ausgezeichnet. Der 48-Jährige ist im Jägerbataillon<br />

26 in Spittal an der Drau stationiert,<br />

WACHTMEISTER<br />

ROMANA KLINGER<br />

vom Pionierbataillon 2 ist<br />

Soldatin des Jahres <strong>2017</strong>,<br />

die SOLDATEN DES<br />

PANZERBATAILLONS<br />

14 (ganz oben) sind<br />

Einheit des Jahres.<br />

PETER TACKNER<br />

wurde zum<br />

Zivilbediensteten des<br />

Jahres gewählt.<br />

dort entschied sich eine überdurchschnittlich hohe Zahl an<br />

Grundwehrdienern freiwillig für eine Milizlaufbahn. Ein Special<br />

Award ging außerdem an das in Hörsching stationierte Panzerstabsbataillon<br />

4, das bei der 17. Auflage des Business Run mit 244<br />

Beteiligten den teilnehmerstärksten Bundesheer-Verband stellte.


0 2 2 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

AUF RÄDERN UND<br />

KETTEN<br />

Das institut für kraftfahrwesen der Heereslogistikschule ist für die Ausbildung<br />

des Kraftfahrfachpersonals des Bundesheers verantwortlich. Neue Technik wird dort<br />

ebenso geschult, wie Heeresfahrer und Heeresfahrlehrer ausgebildet werden.<br />

Ein Militär Aktuell-Besuch in Zwölfaxing. text: JOHaNNeS luXNer Fotos: SeBaStiaN Freiler<br />

tabsunteroffizier Dietmar<br />

Ehmann ist für die<br />

S<br />

besonders schweren<br />

Fälle zuständig. Mithilfe<br />

des Spezialkrans eines<br />

Lkw hebt er gemeinsam<br />

mit den Teilnehmern eines Lehrgangs<br />

einen filmreif durchschossenen Sanitätstransporter<br />

in luftige Höhen, um<br />

ihn fachmännisch zu verladen. Ehmann<br />

und seine Leute manövrieren<br />

das tonnenschwere Fahrzeug vom<br />

Anhänger auf die Ladefläche des vierachsigen<br />

Lkw. Jeder Handgriff sitzt –<br />

von der schnellen Sicherung des<br />

Fahrzeugs bis zum exakten Einweisen<br />

– eine Millimeterarbeit. Statt<br />

Militärhelmen tragen Ehmann und<br />

die Kursteilnehmer in Friedenszeiten<br />

rote und weiße Sicherheitshelme, wie<br />

sie auch im zivilen Alltag zum Einsatz<br />

kommen. Die Aktion, die am Gelände<br />

der Burstyn-Kaserne im niederösterreichischen<br />

Zwölfaxing über die Büh-<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


T R U P P E N B E S U C H<br />

DAS INSTITUT FÜR<br />

KRAFTFAHRWESEN<br />

FAHRKOMPETENZ Das Institut für Kraftfahrwesen<br />

ist neben diversen Fahrausbildungen<br />

vorrangig für die Ausbildung der Fahrlehrer<br />

des Bundesheeres verantwortlich.<br />

Das Institut für<br />

Kraftfahrwesen<br />

ist in der<br />

Burstyn-Kaserne<br />

im niederösterreichischen<br />

Zwölf axing in<br />

der Nähe von<br />

Schwechat bei<br />

Wien beheimatet. Die Ursprünge<br />

des Instituts, das seit dem Jahr 2010<br />

ein Teil der Heereslogistikschule ist,<br />

gehen auf die 1956 gegründete Heereskraftfahrschule<br />

zurück, die sich ab<br />

den späten 1950er-Jahren in der Martinek-Kaserne<br />

in Baden befunden hat.<br />

Das Institut versteht sich als Kompetenzzentrum<br />

für alle kraftfahrerischen<br />

Belange des Bundesheeres und<br />

ist insbesondere in der kraftfahrerischen<br />

Aus- und Weiterbildung der<br />

Bundesheerangehörigen tätig. Die<br />

Fahrlehrer des Bundesheeres werden<br />

hier ebenso ausgebildet wie Personal<br />

hinsichtlich neuer Fahrzeuge geschult<br />

wird. Die Ausbildungen umfassen<br />

alle Führerscheinklassen bis<br />

hin zum Panzer und damit alles, was<br />

beim Bundesheer Räder und Ketten<br />

hat. Auch die Pioniermaschinen fallen<br />

in den ausbildnerischen Tätigkeitsbereich<br />

des Instituts. Neben der technischen<br />

Seite ist in der Burstyn-Kaserne<br />

auch die Logistik ein großes Thema.<br />

Das Institut spielt daher im Zusammenhang<br />

mit den Auslandseinsätzen<br />

des Bundesheeres eine wichtige Rolle.<br />

Das professionelle Managen der<br />

Bereiche Transport- und Verkehrsplanung,<br />

Container-und Gefahrenguttransport<br />

sowie der Bereich Spezialfahrzeuge<br />

haben aus diesem Grund<br />

eine besonders große Bedeutung.<br />

KRANAUSBILDUNG Auch Verladetätigkeiten stehen am Institut auf dem Lehrplan.<br />

Niederösterreich<br />

ne geht, ist innerhalb weniger Minuten<br />

abgeschlossen. Das Fahrzeug<br />

steht exakt so da, wie es die Regeln<br />

des sicheren Verladens erfordern.<br />

Das Beispiel veranschaulicht zwar nur<br />

ein kleines Teilsegment der Aufgaben<br />

des Instituts für Kraftfahrwesen der<br />

Heereslogistikschule. Es steht aber in<br />

jedem Fall für die hochgradige<br />

Spezialisierung der Einrichtung,<br />

die seit dem Jahr 2010<br />

Teil der Heereslogistikschule<br />

ist. In erster Linie wird dort das Kraftfahrfachpersonal<br />

der österreichischen<br />

Streitkräfte ausgebildet, was ange-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 4 H E E R & M E H R<br />

sichts der Bandbreite an Mobilitätsformen<br />

beim Bundesheer eine äußerst<br />

weitreichende und hochkomplexe<br />

Aufgabe ist. Und auch vom Lehrpersonal<br />

weitreichende Fähigkeiten erfordert:<br />

Ehmann, der in Zwölfaxing in<br />

erster Linie für die Ausbildung der<br />

Fahrlehrer des Bundesheeres zuständig<br />

ist, darf beispielsweise bis auf<br />

Panzer und einige wenige Spezialmodelle<br />

wie etwa das Allschutzfahrzeug<br />

Dingo alles bewegen, was beim Heer<br />

Räder hat.<br />

Das Beispiel der zuvor beschriebenen<br />

Kranverladung zeigt auch, dass es<br />

beim Heer längst nicht mehr mit<br />

dem Steuern der Fahrzeuge getan ist,<br />

immer öfter werden auch logistische<br />

Fähigkeiten nachgefragt und gelehrt.<br />

Es gilt Kräne zu bedienen, Staplerausbildungen<br />

zu absolvieren und<br />

auch Eisenbahntransporte gehören<br />

hinsichtlich der Ausbildung des<br />

Funktions- und Steuerungspersonals<br />

zum logistischen Bereich des Insti-<br />

tuts. Letztere sind insbesondere bei<br />

den Auslandseinsätzen des Bundesheeres<br />

gefragt und müssen die zu<br />

transportierende Ausrüstung sicher<br />

verladen können. Wichtig sind aber<br />

auch spezielle Fahrtrainings für die<br />

internationalen Einsätze, etwa was<br />

das Fahren im Konvoi anbelangt und<br />

die entsprechende Planung vorab.<br />

Als Anlaufstelle für alles Motorisierte<br />

herrscht am Institut ein entsprechender<br />

Durchlauf. In Form von<br />

mehr als 50 Lehrgängen werden jedes<br />

Jahr um die 900 Heeresangehörigen<br />

aus- und weitergebildet, was<br />

auch hinsichtlich der Unterrichtsmaterialien<br />

eine entsprechende Struktur<br />

erfordert. „Die rechtlichen Grundlagen<br />

ändern sich laufend“, erklärt<br />

Robert Polzer, der als Referatsleiter<br />

die Erstellung der Unterrichtsmaterialien<br />

verantwortet und damit<br />

auch für Texte, Grafiken, Fotos oder<br />

entsprechende neue Typenblätter<br />

zuständig ist. Polzer: „Unser Referat<br />

PROFI Die Ausbildung der Fahrlehrer liegt in<br />

den Händen von Dietmar Ehmann. Er darf fast<br />

alles lenken, was beim Heer Räder hat.<br />

„Am beliebtesten sind die Quads!“<br />

OBERWACHTMEISTER ERDAL<br />

KIZMAZ ist Fahrlehrer am Institut<br />

für Kraftfahrwesen – ein Beruf, der<br />

viel Abwechslung mit sich bringt<br />

und mit viel Verantwortung<br />

verbunden ist.<br />

Herr Kizmaz, welche Personen und<br />

in welchen Bereichen bilden Sie als<br />

Fahrlehrer aus?<br />

Die Fahrschülerinnen und Fahrschüler<br />

kommen aus allen Teilen Österreichs und<br />

umfassen nahezu sämtliche Bereiche des<br />

Heeres, quer durch alle Dienstgrade und<br />

Beschäftigungsverhältnisse. Offiziere<br />

gehören dazu ebenso wie Vertragsbedienstete<br />

und Grundwehrdiener. Ich<br />

unterrichte derzeit die Führerscheinbereiche<br />

B, C und E. Dabei kommen<br />

immer wieder neue Fahrzeugtypen<br />

dazu, mit denen ich als Fahrlehrer zu tun<br />

habe. Zuletzt etwa die Quads, die bei<br />

den Kursteilnehmern sehr beliebt sind.<br />

Um was geht es in den Trainings?<br />

Zum einen geht es um militärisches Fahrtraining<br />

wie etwa Geländefahren, die Lenker<br />

müssen sich orientieren und sich unter<br />

schwierigen Bedingungen zurechtfinden<br />

können. Zum anderen beschäftigen wir<br />

uns auch mit der Pflege und Wartung der<br />

Kraftfahrzeuge. Die technische Seite wird<br />

ebenso vermittelt wie die Fahrpraxis, um<br />

damit die Grundlage für größtmögliche<br />

Sicherheit hinsichtlich der Mobilität des<br />

Heeres zu schaffen, was auch mit einer<br />

gewissen Verantwortung verbunden ist.<br />

Meine Kollegen und ich müssen entscheiden,<br />

wer dazu geeignet ist, teilweise viele<br />

Tonnen schwere Fahrzeuge zu manövrieren,<br />

und abschätzen können, ob die<br />

Person den Stress bewältigen und das<br />

Fahrzeug sicher steuern kann.<br />

Welchen beruflichen Hintergrund<br />

bringen Sie mit?<br />

Ich bin eigentlich gelernter Betriebsschlosser,<br />

habe aber mehrere Jahre im<br />

In- und Ausland als Kraftfahrer viel Praxis<br />

gesammelt. Es ist wichtig, ein großes<br />

persönliches Interesse für Kraftfahrzeuge<br />

mitzubringen, um diese Arbeit machen<br />

zu können. Beim Heer habe ich dann die<br />

diversen Führerscheinausbildungen absolviert<br />

und an der Heeresunteroffiziersakademie<br />

den Wachtmeister gemacht.<br />

Seit dem Jahr 2011 bin ich an der Heereslogistikschule<br />

tätig und seit dem Jahr<br />

2013 als Fahrlehrer.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

ANSCHAUUNGSMATERIAL Ein ausrangierter<br />

Puch G erlaubt Einblicke in die Technik.<br />

WISSENSVERMITTLUNG Bei den Fahrausbildungen werden auch theoretische Grundlagen<br />

gelehrt. Insbesondere die rechtlichen Bestimmungen werden vermittelt.<br />

ist aber auch von jeder Änderung<br />

bezüglich der Technik der Kraftfahrzeuge<br />

betroffen, was das Überarbeiten<br />

der Materialien für den laufenden<br />

Lehrbetrieb erfordert.“ Neben dem<br />

Fahren ist in Zwölfaxing auch Schrauben<br />

angesagt. „Es gilt das Fahrzeug zu<br />

verstehen“, erklärt Hauptlehrunteroffizier<br />

Rudolf Kitzmüller. In einer gro-<br />

ßen Halle am Areal der Burstyn-Kaserne<br />

befindet sich entsprechendes<br />

Anschauungsmaterial in Form demontierter<br />

Modelle von Klassikern<br />

wie Pinzgauer und Puch G, um die<br />

Technik aus nächster Nähe begreifbar<br />

zu machen. Ein gutes Dutzend Verbrennungsmotoren,<br />

die in Reih und<br />

Glied am Hallenboden aufgestellt<br />

sind, dienen als weiteres Anschauungsmaterial.<br />

Die umfassende Ausbildung<br />

im Kraftfahrwesen macht sich<br />

auch in der Praxis bewährt, wie die<br />

jüngste Statistik zeigt: Bei mehr als<br />

80 Millionen gefahrenen Jahreskilometern<br />

beim Heer ist es zu „nur“<br />

795 Unfällen gekommen, was einen<br />

Unfall pro 100.000 Kilometer bedeutet.


0 2 6 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

TAGWACHE!<br />

Aufrüsten in der Außendarstellung: Robert Kratky macht der Bundesheer-Werbung<br />

Beine. In der neuen Video-Serie „Tagwache mit Kratky“ gibt der Ö3-Moderator tiefe<br />

Einblicke in die vielseitigen Tätigkeiten und Berufsmöglichkeiten beim Bundesheer.<br />

Text & Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Fotos: MARC EGGER<br />

Mein Job ist es, Ihnen<br />

in den nächsten Wochen<br />

und Monaten<br />

näherzubringen, was<br />

die Soldatinnen und<br />

Soldaten des Bundesheeres<br />

jeden Tag leisten.“ Robert<br />

Kratky lächelt. Ob er das tut, weil der<br />

Satz endlich auf Video ist, oder weil<br />

er schon vermutet, dass dieses „näherbringen“<br />

mit jeder Menge Action verbunden<br />

sein wird, ist nicht klar. Klar ist<br />

hingegen: Einige Stunden nach diesem<br />

Satz und ein hartes Training beim Jagdkommando<br />

später stehen dem Ö3-Moderator<br />

Schweißperlen auf der Stirn.<br />

Sein Lachen ist Puls 200 gewichen,<br />

der „Aufwecker der Nation“ ist keuchend<br />

beim Bundesheer angekommen.<br />

Monatlich gibt er seitdem in kurzen<br />

Videos Einblicke in den Alltag und die<br />

Berufsmöglichkeiten beim Heer. Nach<br />

seinem Ausflug zum Jagdkommando<br />

(das Video ging Anfang Oktober auf allen<br />

digitalen Kanälen des Bundesheeres<br />

online, gedreht wurde schon im Sommer),<br />

stattete er im zweiten Teil von<br />

„Tagwache mit Kratky“ den Pionieren<br />

in Melk einen Besuch ab. Heute wird<br />

für eine der nächsten Folgen beim Panzerbataillon<br />

14 in Wels gedreht, Robert<br />

Kratky darf ans Steuer eines Leopard 2.<br />

Bevor es so weit ist, gibt ihm Oberleut-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

TEAMWORK Major Loidolt begleitet als stellvertretender Kommandant des Panzerbataillons 14<br />

Robert Kratky durch die Dreharbeiten und seinen Tag bei der oberösterreichischen Einheit.<br />

nant Roland Blaha, Kommandant der<br />

KPE-Einheit des Bataillons, am Simulator<br />

einen Überblick über das 1.500 PS<br />

starke 55-Tonnen-Schwergewicht. Wie<br />

funktioniert das Zusammenspiel zwischen<br />

Fahrer, Kommandant, Richt- und<br />

Ladeschütze? Wie nimmt man im Leopard-Cockpit<br />

richtig Platz? Wie wird<br />

der überraschend agile Koloss gesteuert?<br />

„Klar kann ich in der kurzen Zeit<br />

nur oberflächlich auf die oft sehr komplexen<br />

emen eingehen“, sagt Robert<br />

Kratky (siehe Interview auf Seite 28) in<br />

einer Drehpause zu Militär Aktuell.<br />

„Aber das ist kein Problem, schließlich<br />

sollen die Videos nicht aufklären, sondern<br />

Lust auf das Bundesheer als Arbeitgeber<br />

und Ausbildner machen.“<br />

Oberst Michael Hafner, in der Abteilung<br />

„Information und Öffentlichkeitsarbeit“<br />

im Ministerium der Kreativkopf<br />

der Videoserie, sieht das ähnlich: „Es<br />

geht nicht darum, die Aufgaben eines<br />

Verbandes wie hier des Panzerbataillons<br />

14 in all seiner Tiefe darzustellen.<br />

Vielmehr soll Robert Kratky einen Tag<br />

in die Ausbildung eintauchen und die<br />

Vielfältigkeit des Soldatenberufs durch<br />

seine Erlebnisse emotional vermitteln.<br />

Wir gehen damit völlig neue Wege in<br />

unserer Außendarstellung, aber der<br />

Erfolg gibt uns recht. Durch seine Art,<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 8 H E E R & M E H R<br />

„Ein Bubentraum geht in Erfüllung!“<br />

Ö3-Moderator Robert Kratky im<br />

Gespräch über seine Rolle in „Tagwache<br />

mit Kratky“ und ein neues Sicherheitsbewusstsein<br />

in Österreich.<br />

Herr Kratky, welchen Eindruck hatten<br />

Sie vor Beginn der Dreharbeiten vom<br />

Bundesheer?<br />

Ich habe selbst acht Monate Grundwehrdienst<br />

geleistet, an deren Ende ich in der<br />

Presseabteilung beim Militärkommando<br />

Wien tätig war. Eingerückt bin ich beim<br />

Pionierbataillon 2 in Salzburg und zwar im<br />

April, was bedeutete, dass wir jeden Tag<br />

in den Saalachauen unterwegs waren.<br />

Obwohl es die ganze Zeit geregnet hat,<br />

hat mich diese Zeit nachhaltig geprägt.<br />

Alles, was wir dort gemacht haben, hat<br />

unglaublich viel Sinn ergeben. Das ist dort<br />

extrem professionell abgelaufen, weshalb<br />

ich auch immer eine sehr positive Einstellung<br />

zum Bundesheer hatte. Dieser Eindruck<br />

hat sich nochmals verstärkt, als ich<br />

vor sechs Jahren in die Wachau gezogen<br />

bin und dort direkt mitansehen konnte,<br />

wie sich die Soldaten im Hochwasserfall<br />

für die Gesellschaft einsetzen.<br />

Welche Gedanken gingen Ihnen durch<br />

den Kopf, als klar war, dass Sie für<br />

„Tagwache mit Kratky“ wieder beim<br />

Bundesheer einrücken dürfen?<br />

Ich hatte schon einige Fragen, als die Anfrage<br />

rein kam (lacht). Die Uniform wieder<br />

anzuziehen brachte einige Erinnerungen<br />

zurück, aber letztlich ist es ein Bubentraum,<br />

der sich da erfüllt. Ich darf jetzt<br />

überall dort Einblick nehmen, wo man<br />

normalerweise nicht so leicht hinkommt.<br />

Am beeindruckendsten ist aber, mit welcher<br />

Professionalität und mit welchem<br />

Einsatz die Soldatinnen und Soldaten<br />

ihren Job machen. Das sind durch die<br />

Bank echte Profis, die gut zusammenarbeiten<br />

und eine ganz spezielle Einstellung<br />

für ihren Beruf mitbringen, der mir auch<br />

nicht fremd ist. Auch für mich ist der Job<br />

Dreh- und Angelpunkt meines Lebens.<br />

Hatten Sie irgendwelche Bedenken,<br />

den Auftrag zu übernehmen?<br />

Nein, überhaupt nicht. Wäre ich vom Bundesheer<br />

nicht überzeugt, würde ich dafür<br />

keine Werbung machen. Ich habe natürlich<br />

auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis<br />

Menschen, die gegenüber<br />

dem Bundesheer eine kritische Einstellung<br />

haben, aber diese ist in den vergangenen<br />

Jahren deutlich verhaltener<br />

geworden. Als ich Jugendlicher war,<br />

war die Idee eines Bundesheeres für<br />

viele Leute veraltet. Wir lebten in Friedenszeiten,<br />

ein Krieg schien trotz der<br />

Entwicklungen in unserer direkten Nachbarschaft<br />

unmöglich. Die Zeiten haben<br />

sich aber in der Zwischenzeit geändert<br />

und selbst Menschen, die dem Bundesheer<br />

sehr kritisch gegenüberstehen und<br />

Waffen ablehnen, erkennen zusehends,<br />

dass es ohne eine professionelle Landesverteidigung<br />

nicht geht. Unser Privileg,<br />

hier in Sicherheit leben zu können, hängt<br />

unmittelbar davon ab, dass es das Bundesheer<br />

gibt und Menschen, die dort<br />

professionell ihre Fähigkeiten einbringen.<br />

Warum kam es aus Ihrer Sicht zu diesem<br />

Umdenkprozess?<br />

Es waren unterschiedlichste Vorkommnisse<br />

wie Terroranschläge oder die<br />

Kämpfe in der Ukraine, die diesen Prozess<br />

in Gang brachten und für ein Gefühl der<br />

Angst sorgen. Das Gefühl, absolut sicher<br />

zu sein, ist selbst in Österreich, wo wir<br />

immer noch auf einer Insel der Seligen<br />

leben, weg. Wer heute noch abstreitet,<br />

dass sich unser Land schützen und verteidigen<br />

können muss, ist aus meiner Sicht<br />

weltfremd.<br />

Ist dieser Prozess abgeschlossen?<br />

Das glaube ich nicht! Wie alle Prozesse,<br />

die gesellschaftswirksam werden, braucht<br />

auch dieser seine Zeit. Ich bin mir daher<br />

sicher, dass wir in zehn Jahren mit einer<br />

ganz anderen Selbstverständlichkeit über<br />

die Landesverteidigung und deren Notwendigkeit<br />

sprechen werden, als das<br />

heute noch der Fall ist oder es vor zehn<br />

oder zwanzig Jahren der Fall war. Parallel<br />

zu diesem Umdenkprozess verändert sich<br />

aber auch das Bundesheer …<br />

Inwiefern?<br />

Das Bundesheer ist im Vergleich zu meiner<br />

Zeit um ein Vielfaches moderner geworden,<br />

den Leuten wird deutlich mehr<br />

Wertschätzung entgegengebracht. Vieles,<br />

was zu meiner Zeit manchen vielleicht<br />

den Dienst ein wenig verhagelt hat, wäre<br />

heute undenkbar. Alleine die Tatsache,<br />

dass man heute sein eigenes Paar Schuhe<br />

bekommt, ist sinnbildlich für die Entwicklung,<br />

die das Bundesheer genommen<br />

hat. Dazu kommt die noch professioneller<br />

gewordene Ausbildung, die durch nichts<br />

aufzuwiegen ist. In den Vorgesprächen zu<br />

diesem Auftrag habe ich in vielen Gesprächen<br />

hinterfragt, welche Möglichkeiten<br />

das Bundesheer jungen Frauen und Männern<br />

in diesem Land heute bietet. Und<br />

dabei wurde rasch offensichtlich, dass das<br />

Bundesheer als Arbeitgeber eine Welt für<br />

sich ist, mit unglaublich vielen Möglichkeiten.<br />

Nur: Der Bevölkerung sind diese<br />

Möglichkeiten vielfach noch nicht ausreichend<br />

bekannt. Mein Antrieb ist es daher<br />

auch, diese Möglichkeiten aufzuzeigen<br />

und junge Menschen für die Ausbildungsmöglichkeiten<br />

beim Bundesheer zu<br />

begeistern.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

direkt auf die Leute zuzugehen, kommt<br />

er beim Publikum und auch bei den<br />

Soldaten sehr gut an.“ Beleg dafür sind<br />

knapp 600.000 Views des ersten Videos<br />

alleine auf Facebook. Auch alle großen<br />

Tageszeitungen und Online-Portale<br />

sind mittlerweile auf das ema aufgesprungen,<br />

berichten über die Sendung<br />

und verlinken diese auf ihren Seiten.<br />

Ausgelegt ist die Serie auf zunächst<br />

zehn Folgen, wie Oberst Hafner erklärt.<br />

„Wir wollen damit vor allem die ganz<br />

Jungen ansprechen, die vor der Entscheidung<br />

Heer oderZivildienst stehen.“<br />

Major Jörg Loidolt, stellvertretender<br />

Kommandant des Panzerbataillons 14,<br />

bestätigt Hafners Einschätzung: „Es ist<br />

sehr unkompliziert, mit Robert Kratky<br />

zusammenzuarbeiten. Er zeigt echtes<br />

Interesse an unserer Arbeit und natürlich<br />

ist sein Besuch und das gemeinsam<br />

produzierte Video eine gute Chance,<br />

uns als attraktiver Arbeitgeber mit<br />

spannenden Aufgaben zu präsentieren.“<br />

Ob eine solche Werbung nach dem<br />

Gewinn der inoffiziellen Panzer-Weltmeisterschaft<br />

„Strong Europe Tank<br />

Challenge“ im Mai (die teilnehmenden<br />

Soldaten wurden jüngst bei der Matinee<br />

„Militär des Jahres“ auch als Einheit<br />

des Jahres ausgezeichnet) überhaupt<br />

noch notwendig ist? Eigentlich<br />

müssten Bewerber doch Schlange stehen?<br />

Major Loidolt lächelt: „Wir sind<br />

auf diesen Erfolg mächtig stolz und<br />

natürlich profitieren wir davon auch in<br />

unserer Personalwerbung. Das Video<br />

ist aber eine gute Möglichkeit, dieses<br />

Interesse und die allgemeine Aufbruchstimmung<br />

rund um das Bundesheer<br />

noch besser zu nutzen.“ Lächelnder<br />

Nachsatz: „Und sollten alle Stricke<br />

reißen, muss eben Robert Kratky bei<br />

uns einrücken. Bis jetzt hat er sich<br />

gar nicht so schlecht angestellt.“ Ans<br />

Leo-Steuer darf der Radiomoderator<br />

aber trotzdem noch nicht, die Panzerbesatzung<br />

schüttelt den Kopf. Zuerst<br />

muss er noch ein wenig am Simulator<br />

üben, erst hinterher geht es dann auf<br />

das Übungsgelände der Hessenkaserne.<br />

Im Fahrschul-Panzer – aber immerhin.<br />

Was ihm an den bisherigen Drehtagen<br />

am meisten Spaß gemacht und ihn am<br />

meisten überrascht hat? Robert Krakty:<br />

VIEL ACTION Am Übungsgelände der<br />

Hessenkaserne wird sogar mit Drohnen gefilmt.<br />

„Ich habe in den paar Monaten Dinge<br />

und Momente erlebt, die in Summe<br />

einfach großartig waren. Egal ob das<br />

Tiefflüge mit dem Hubschrauber waren<br />

oder wie heute das Lenken eines Panzers<br />

– ich bekomme den Grinser gar<br />

nicht mehr aus dem Gesicht. Am beeindruckendsten<br />

war aber, mit welcher<br />

Professionalität und mit welchem Einsatz<br />

die Soldatinnen und Soldaten<br />

ihren Job machen.“ Nachsatz: „Das sind<br />

durch die Bank echte Profis, vor denen<br />

ich nur den Hut ziehen kann.“<br />

VOLLGAS Robert Kratky ist zum Abschluss des Drehtages mit der Fahrschul-Wanne auch im<br />

Gelände unterwegs. Dabei wird er von zwei Leopard-Kampfpanzern flankiert, die von ihren<br />

Besatzungen in hohem Tempo überaus agil über das Übungsareal gesteuert werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


WEIL MAN<br />

NIE WEISS,<br />

WAS MORGEN<br />

KOMMT.<br />

Investitionen in das Bundesheer sind Investitionen in die Sicherheit Österreichs.<br />

Denn nur ein starkes, modernes und gut ausgerüstetes Heer kann auf veränderte<br />

Bedrohungslagen eingehen und uns schützen.


0 3 2 H E E R & M E H R<br />

„Ich wollte Fotografie von<br />

Grund auf lernen und habe<br />

eine Lehrstelle gesucht, wo<br />

viel Abwechslung herrscht.<br />

Die HBF hat dem perfekt<br />

entsprochen!“<br />

Fotograf Daniel Trippolt<br />

DER<br />

MANN<br />

HINTER<br />

DER<br />

KAMERA<br />

Daniel Trippolt erlebt als Fotograf der Heeresbild- und Filmstelle (HBF) die<br />

Vielseitigkeit des Heeres tagtäglich. Er dokumentiert, was den Linsen gewöhnlicher<br />

Pressefotografen verborgen bleibt, und muss dafür mitunter in luftige Höhen.<br />

Text: JOHANNES LUXNER Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

INTERVIEW<br />

„Die Bandbreite meiner<br />

Aufgaben hier ist enorm!“<br />

BREITES SPEKTRUM Die Nachbearbeitung der Bilder<br />

gehört nach den Einsätzen „in freier Wildbahn“ ebenso<br />

zur Aufgabe eines Militärfotografen wie das Plotten<br />

von diversen Spezialformaten. Die Heeresebild- und<br />

Filmstelle befindet sich in der Wiener Stiftskaserne.<br />

Daniel Trippolt ist seit drei Jahren in der<br />

Heeresbild- und Filmstelle als Fotograf<br />

tätig. Zu seinen Aufgaben gehört die<br />

Fotodokumentation von staatstragenden<br />

Anlässen ebenso wie Shootings im Gebirge.<br />

Herr Trippolt, welches Aufgabenfeld<br />

umfasst die Tätigkeit eines Bundesheer -<br />

fotografen?<br />

Der Beruf ist extrem breit gefächert und<br />

bringt im Grunde alles mit sich, was im<br />

Zusammenhang mit dem Bundesheer steht.<br />

Dazu gehört das Dokumentieren von Übungen<br />

ebenso wie Fotoshootings für Plakatserien<br />

oder Fotos von Veranstaltungen des Bundesheeres<br />

und geht mitunter bis in die Tagespolitik<br />

hinein, etwa wenn Termine mit dem<br />

Verteidigungsminister anstehen. Die Heeresbild-<br />

und Filmstelle ist aber genauso für den<br />

militärischen Oberbefehlshaber, den Bundespräsidenten,<br />

zuständig. Die Bandbreite ist<br />

also enorm, auch was die Orte betrifft. Im<br />

freien Gelände bin ich ebenso unterwegs,<br />

wie ich Passfotos im Fotostudio der HBF<br />

in der Stiftskaserne anfertige. Wir sind hier<br />

insgesamt sechs Fotografen. Außerdem gibt<br />

es eigene HBF-Video-Teams.<br />

Welche besonders eindrücklichen Szenarien<br />

bekommen Sie vor die Linse?<br />

Ich bin zum Beispiel regelmäßig bei der<br />

GGSA dabei, eine der größten Übungen, bei<br />

der ein Vorführungsschießen für die Offiziersanwärter<br />

abgehalten wird, was intensive<br />

zwei Wochen in Allentsteig bedeutet. Dort<br />

fotografiere ich vom Hubschrauber aus<br />

genauso, wie ich im Panzer mitfahre. Bei<br />

Fotoaufnahmen am Truppenübungsplatz in<br />

Hochfilzen kann es auch vorkommen, dass<br />

es ans Klettern und Abseilen geht, um gute<br />

Fotos zu schießen.<br />

DIGITALISIERUNG In den Archiven<br />

der Heeresbild- und Filmstelle<br />

schlummert wertvolles Fotomaterial,<br />

das bei Bedarf digitalisiert<br />

werden muss. Derartige Archivarbeiten<br />

werden ebenfalls von<br />

den Heeresfotografen erledigt.<br />

W E I T E R E FOTO S : H B F/ KA R LOV I TS<br />

Wie wird man Fotograf beim Heer?<br />

Ich habe ganz klassisch eine Lehre bei der<br />

Heeresbild- und Filmstelle zum Berufsfotografen<br />

absolviert und wurde als Vertragsbediensteter<br />

übernommen. Mein Wunsch war<br />

es, Fotografie von Grund auf zu lernen. Ich<br />

habe eine Lehrstelle gesucht, bei der einem<br />

viel beigebracht wird und wo Abwechslung<br />

herrscht, was gar nicht so einfach war. Doch<br />

die HBF hat dem perfekt entsprochen.<br />

OUTDOOR-EINSÄTZE Die Fotografen<br />

der HBF sind sowohl im Studio<br />

als auch bei Übungen und<br />

anderen Anlässen im Gelände im<br />

Einsatz. Immer wieder arbeiten sie<br />

dabei auch mit den HBF-Videoteams<br />

zusammen – die dabei erstellten Bewegtbilder<br />

sind unter anderem auf<br />

der Bundesheer-Website zu sehen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 4 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

ALARMSTUFE<br />

ROT<br />

Das Bundesheer stellt die 22 Mann starke Feuerwehr im Hauptquartier der<br />

United Nations Interim Force in Camp Naqoura im Libanon. Zu den Aufgaben<br />

der rot-weiß-roten Firefighter gehört die Brandbekämpfung im Camp, aber<br />

auch die Überwachung des gesamten Flugbetriebs am Helikopter-Landeplatz.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Fotos: GUNTHER PUSCH<br />

eterhohe Flammen,<br />

Mtiefschwarze Rauchschwaden<br />

und Gebäude,<br />

die jeden Moment<br />

in sich zusammenkrachen<br />

können.<br />

Wenn es im UNIFIL-Hauptquartier<br />

in Camp Naqoura im Libanon zum<br />

Ernstfall kommt, müssen die österreichischen<br />

Firefighter schnell sein. Ihre<br />

Aufgabe ist es, das Feuer zu bekämpfen,<br />

es einzudämmen, ein Übergreifen<br />

der Flammen auf Fahrzeuge und andere<br />

Gebäude zu verhindern und Verletzte<br />

zu retten.<br />

Besonders heikel wird das, wenn das<br />

Feuer nicht im Lager selbst ausbricht,<br />

sondern oben am Helikopter-Landeplatz<br />

im Camp-Teil „Green Hill“. Aufgrund<br />

des geladenen Kerosins (im Fall<br />

des im Camp stationierten russischen<br />

Transporthubschraubers Mi-8 immerhin<br />

bis zu 4.000 Liter!) ist bei Helikoptern<br />

die Brandbekämpfung besonders<br />

schwierig. „Fängt der Treibstoff im Absturzfall<br />

Feuer, ist eine rasche Annähe-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

ÜBUNG MACHT DEN MEISTER Um auf den Ernstfall bestmöglich<br />

vorbereitet zu sein, üben die österreichischen Firefighter regelmäßig<br />

das richtige Verhalten im Brandfall. Ein Helipad-Mitarbeiter erklärt ihnen,<br />

wo sie bei einem Mi-8-Hubschrauber die Notausstiege und das Not-Aus<br />

für Motor und Rotor finden.<br />

rung schon alleine aufgrund der enormen<br />

Hitzeentwicklung praktisch unmöglich“,<br />

sagt Hauptmann Nikolaus<br />

Salzer, stellvertretender Kommandant<br />

von AFDRU (Austrian Forces Disaster<br />

Relief Unit), der Katastrophenhilfseinheit<br />

des Bundesheeres, und vor Ort<br />

Kommandant der rot-weiß-roten Feuerwehrmänner.<br />

Um trotzdem auch die<br />

kleinste Chance zu nutzen und Verletzte<br />

retten zu können, erklärt ein Mitarbeiter<br />

des Helipads den Österreichern,<br />

wo sie im Cockpit des Mi-8 das Not-<br />

Aus für Motor und Rotor finden. Von<br />

welchen Bereichen des Luftgefährts im<br />

Absturzfall besondere Gefahr ausgeht<br />

und wie die Feuerwehrmänner durch<br />

Notausstiege möglichst einfach in das<br />

Innere des riesigen Mehrzweckhubschraubers<br />

gelangen können. „Listen<br />

Firefighter“, sagt er in einem charmanten<br />

Singsang-Englisch und deutet auf<br />

das Radar am Bug des Riesen-Helis:<br />

„This thing here is dangerous. Don’t<br />

chill in this area!“ Im „Worst Case“ entscheiden<br />

Kleinigkeiten, sagt Nikolaus<br />

Salzer, und es geht der Schutz der eigenen<br />

Männer vor. „Daher sind wir auch<br />

sehr froh über diese Informations- und<br />

Weiterbildungsmöglichkeit.“<br />

Die Camp-Feuerwehr ist Teil der von<br />

Österreich gestellten, 185-köpfigen<br />

„Multi Role Logistic Unit“ bei UNIFIL<br />

(siehe Infokasten auf der nächsten Seite).<br />

Die 22 Männer sind Spezialisten<br />

der österreichischen ABC-Abwehr, verstärkt<br />

durch Berufs- und Milizsoldaten<br />

anderer Einheiten, die in einer fünfwöchigen<br />

Einsatzvorbereitung für ihre<br />

Aufgaben hier im Libanon geschult<br />

wurden. Wachtmeister Josef Egger ist<br />

Teil des Teams, gehört normalerweise<br />

aber der Baukompanie des Pionierbataillons<br />

2 in der Schwarzenberg-Kaserne<br />

in Salzburg an. Er ist zum ersten<br />

Mal bei UNIFIL im Libanon. Im Vorjahr<br />

war der 29-Jährige als Vermessungs-Unteroffizier<br />

im Arbeitseinsatz<br />

in Ungarn, 2012 hat er beim Abbau des<br />

österreichischen Camps Casablanca in<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 6 H E E R & M E H R<br />

Suhareka im Südkosovo mitgearbeitet<br />

und davor war er ein Jahr bei EU-<br />

FOR/ALTHEA in Bosnien. „Bei Auslandseinsätzen<br />

erhält man immer Einblick<br />

in neue, interessante Aufgabengebiete“,<br />

sagt er im Gespräch mit Militär<br />

Aktuell. „Da kann man in kurzer Zeit<br />

viel lernen.“ Durch ein Fernglas beobachtet<br />

er den Flugbetrieb am Helipad,<br />

trotz Temperaturen jenseits der 30<br />

Grad in voller Montur, das Löschfahrzeug<br />

steht mit laufendem Motor bereit.<br />

„Passiert etwas, müssen wir so schnell<br />

wie möglich am Absturzort sein.“<br />

Eine weitere Herausforderung des Einsatzes<br />

im Libanon beschreibt Nikolaus<br />

Salzer: „Die Region leidet unter eklatantem<br />

Wassermangel, weshalb wir im<br />

Ernstfall mit möglichst wenig Wasser<br />

möglichst große Löscherfolge erzielen<br />

müssen.“ Das gilt übrigens auch für<br />

Einsätze im direkten Camp-Umfeld.<br />

Beispielsweise bei Buschbränden, wenn<br />

die Österreicher gemeinsam mit loka-<br />

ALLES IM BLICK Hauptmann Nikolaus Salzer<br />

(im Gespräch mit Militär Aktuell-Chefredakteur<br />

Jürgen Zacharias) ist Chief Fire Brigade in Camp<br />

Naqoura und damit Kommandant von Wachtmeister<br />

Josef Egger (unten), der durch das Fernglas<br />

den Flugverkehr am Helipad überwacht.<br />

len Feuerwehren zur Brandbekämpfung<br />

ausrücken. „Aufgrund der Minenlage<br />

sind diese Einsätze nicht ganz ein-<br />

fach“, sagt Nikolaus Salzer. „Sicherheit<br />

geht dabei unbedingt vor. In so einem<br />

Fall rücken wir im Konvoi mit der Militärpolizei<br />

aus, bei Bedarf werden wir<br />

auch von einem EOD-Team begleitet.“<br />

Um für diese Fälle bestmöglich vorbereitet<br />

zu sein, wird regelmäßig auch<br />

zusammen mit den lokalen Feuerwehren<br />

geübt. Angenehmer Nebeneffekt:<br />

Die Zusammenarbeit vermittelt auch<br />

ein positives Bild der Blauhelmsoldaten<br />

im Libanon und schafft damit weitere<br />

Akzeptanz für die seit 1978 laufende<br />

UN-Mission. „Das ist ein wichtiger<br />

Faktor“, sagt der österreichische Kontingentskommandant<br />

Oberstleutnant<br />

Thomas Güttersberger zum Abschluss<br />

unseres Besuchs: „Die Blauhelme<br />

werden auch deshalb von der libanesischen<br />

Bevölkerung als wichtiger<br />

Stabilitätsfaktor wahrgenommen.“<br />

Das Bundesheer im Libanon<br />

United Nations Interim Force in Lebanon“<br />

(kurz UNIFIL) ist eine seit 1978<br />

bestehende Beobachtermission der<br />

Vereinten Nationen im Libanon. Der<br />

Einsatz der Friedenstruppen basiert<br />

auf den UN-Resolutionen 425 und<br />

426 aus dem Jahr 1978 sowie 1.701<br />

aus dem Jahr 2006. Vor elf Jahren<br />

beschloss der UN-Sicherheitsrat auch<br />

eine Verstärkung der UNIFIL-Truppe<br />

von davor 2.000 auf bis zu 15.000<br />

Soldaten inklusive Marine-Einheiten.<br />

Aktuell sind rund 10.500 Soldaten im<br />

Einsatz, darunter auch 185 Soldaten<br />

aus Österreich.<br />

Das Bundesheer startete seinen UNI-<br />

FIL-Einsatz im November 2011 und<br />

stellt seitdem eine „Multi Role Logistic<br />

Unit“, die für den Transport von Personal<br />

und Austrüstung und das Bergen<br />

und Instandsetzen beschädigter UNI-<br />

FIL-Fahrzeuge ebenso zuständig ist wie<br />

für den Betrieb der Camp-Feuerwehr<br />

im Hauptquartier in Camp Naqoura.<br />

Außerdem gehören der Transport<br />

von Cargo-Gütern, das Versorgen der<br />

UN-Truppe mit Treibstoff und die<br />

Unterstützung der Lagerhaltung im<br />

Hauptquartier zu den Aufgaben des<br />

Bundesheeres.<br />

G R A F I K : B U N D E S H E E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


E N T G E L T L I C H E E I N S C H A L T U N G<br />

JUNGES WOHNEN<br />

FOTO S : ZO O M .V P. AT; FOTO L I A ; O L N<br />

Neues Leben – Erste Wohnung: Der Wiener<br />

Wohnbau orientiert sich konkret an den Bedürfnissen<br />

der BewohnerInnen und setzt auf Individualität.<br />

Gerade für junge Menschen spielen<br />

individuelle Wünsche und monatliche<br />

Kosten bei der ersten Wohnung eine<br />

entscheidende Rolle. Der soziale Wohnbau<br />

in Wien bietet maßgeschneidertes<br />

und kostengünstiges Wohnen für unterschiedliche<br />

Ansprüche. Und das alles<br />

in der Metropole, die seit Jahren durchgehend<br />

die höchste Lebensqualität weltweit<br />

aufweist.<br />

Wichtig ist: Wohnen soll für junge<br />

Menschen erschwinglich und leistbar<br />

bleiben. Zusätzlich zur Direktunterstützung<br />

über Beihilfen investiert die Stadt<br />

Wien über die Wiener Wohnbauförderung<br />

gezielt und nachhaltig in den<br />

Wohnberatung Wien<br />

Alle Infos für Wohnungssuchende<br />

über geförderte Wohnungen und<br />

Gemeindewohnungen in Wien<br />

3., Guglgasse 7–9/<br />

Ecke Paragonstraße<br />

Telefon: 01/24 111<br />

Telefonische Terminvereinbarung:<br />

Wohnungsneubau und die Wohnhaussanierung.<br />

Das wirkt stark preisdämpfend<br />

auf den gesamten Wohnungsmarkt<br />

und schafft zusätzliche Angebote.<br />

Speziell für junge Menschen:<br />

die JungwienerInnen-Aktion<br />

Junge Menschen, die sich zur Gründung<br />

eines eigenen Haushaltes entschlossen<br />

haben, werden in Wien durch<br />

eine eigene JungwienerInnen-Aktion<br />

unterstützt. Dieses Angebot, das bisher<br />

nur für die Vergabe von Gemeindewohnungen<br />

gültig war, wird nunmehr auch<br />

auf das Segment der SMART-Wohnungen<br />

ausgeweitet.<br />

WOHNBEISPIEL<br />

Die Bruttomiete (Miete inkl. Betriebskosten und<br />

Steuer) für eine 55 Quadratmeter große SMART-<br />

Wohnung mit Vorraum, Abstellraum, Bad, WC,<br />

Wohnküche, Schlafzimmer und Balkon beträgt<br />

maximal € 412,50 monatlich. Der Eigenmittelbeitrag<br />

macht einmalig € 3.300 aus.<br />

Mo bis Fr 7.00 bis 20.00 Uhr<br />

Persönliche Beratung:<br />

Mo, Di, Do und Fr 8.00 bis 19.00 Uhr,<br />

Mi 8.00 bis 12.00 Uhr<br />

E-Mail: wohnberatung@wohnberatung-wien.at<br />

www.wohnberatung-wien.at<br />

Wiener<br />

Wohn-Ticket<br />

Auf www.wohnberatungwien.at<br />

erhalten Wohnungssuchende ihr<br />

persönliches Wiener Wohn-Ticket,<br />

wenn folgende Richtlinien erfüllt sind:<br />

Vollendung des 17. Lebensjahrs<br />

• zwei Jahre Hauptwohnsitz an der<br />

aktuellen Adresse in Wien<br />

• österreichische StaatsbürgerInnen<br />

oder diesen Gleichgestellte<br />

• Unterschreitung der Einkommensgrenze<br />

(ausgenommen WBI<br />

und gefördert sanierte Wohnungen)<br />

Für Gemeindewohnungen, SMART-<br />

Wohnungen und Wohnungen aus<br />

der Wiedervermietung mit einem<br />

Eigenmittelanteil von unter 10.000<br />

Euro muss zudem ein begründeter<br />

Wohnbedarf nachgewiesen werden.<br />

• 21., Neu Leopoldau –<br />

Junges Wohnen – BPL P<br />

Bauträger: BWSG und Frieden<br />

266 geförderte Mietwohnungen,<br />

davon 77 SMART-Wohnungen<br />

mit Superförderung<br />

Bezugstermin: Ende 2019<br />

Besonderheiten: Junges Wohnen,<br />

Energiebündel, Heimeinheiten für<br />

Jugendliche, betreute Startwohnungen,<br />

Büros – Wohnen und Arbeiten,<br />

Pop-ups, FoodCoop<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 8 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

1<br />

4<br />

5<br />

2 3 6<br />

SICHER FEIERN<br />

Adventkränze und Weihnachtsbäume bringen Stimmung in unsere Wohnzimmer,<br />

erhöhen aber auch das Risiko eines Zimmer- und Wohnungsbrands. Militär Aktuell<br />

hat sich an der ABC-Abwehrschule in Korneuburg zeigen lassen, was im<br />

Fall der Fälle zu tun ist. Text: JOHANNES LUXNER Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

Sternspritzer und Kerzen sorgen in<br />

der Weihnachtszeit für eine besinnliche<br />

und gemütliche Atmosphäre,<br />

aber auch für ein erhöhtes Brandrisiko,<br />

das zunimmt, je näher der Heilige<br />

Abend und das Jahresende rücken.<br />

Grund dafür: Selbst noch so<br />

frisch geschnittene Nadelbäume<br />

trocknen bei Zimmertemperatur<br />

schnell aus und sind dann sehr leicht<br />

zu entfachen. Kerzen und Sternspritzer<br />

werden so mitunter zu unerwarteten<br />

Brandverursachern, laut Statistik<br />

ist das Risiko eines Wohnungsbrandes<br />

in der Weihnachtszeit vier<br />

Mal höher als im Rest des Jahres.<br />

Wer auf Kerzen am Baum trotzdem<br />

nicht verzichten möchte, sollte für<br />

den Notfall einen Feuerlöscher oder<br />

zumindest einen Kübel Wasser parat<br />

stehen haben (1), der gut gefüllt ist<br />

(2). Um rasch viel Löschwasser zur<br />

Verfügung zu haben, empfiehlt es<br />

sich außerdem, die Badewanne mit<br />

Wasser zu füllen. Wer auf Nummer<br />

sicher gehen möchte, sollte den<br />

Baum nach den Feiertagen – wenn<br />

die Äste bereits besonders trocken<br />

sind – nicht mehr mit Kerzen beleuchten.<br />

Eine kleine Feuerquelle<br />

wie eine Kerze (in unserem Fall ein<br />

Feuerzeug) (3) genügt, um den<br />

Baum in Brand zu setzen. Innerhalb<br />

weniger Sekunden greift das Feuer<br />

um sich (4), kurz darauf steht der<br />

Baum in Vollbrand (5).<br />

Wer mit einem Kübel Wasser löscht,<br />

sollte darauf achten das Wasser<br />

möglichst großflächig und nicht<br />

punktuell über den Brand zu verteilen<br />

(6). Weil der Baum nur wenige<br />

Sekunden in Vollbrand gestanden<br />

hat, benötigt ein Profi wie Alexander<br />

Mattausch vom Brandschutzdienst<br />

der ABC-Abwehrschule in Korneuburg<br />

nur einen Löschversuch (7).<br />

Effektiver, insbesondere wenn ein<br />

Baum bereits länger in Brand steht<br />

(8), ist ein Schaumlöscher, dessen<br />

Inhalt ebenfalls möglichst großflächig<br />

über den Baum verteilt werden<br />

sollte. Der Schaum besitzt den Vorteil,<br />

dass er auf den Zweigen und Nadeln<br />

hängen bleibt und damit effektiv<br />

löscht (9 & 10). Der Nachteil:<br />

Am Ende der Schaumlöschung gibt<br />

es weiße Weihnachten, wie sie niemand<br />

erleben möchte (11).<br />

Wichtig: Wer den Brand nicht selbst<br />

unter Kontrolle bekommt, sollte alle<br />

Fenster schließen, das Zimmer verlassen,<br />

die Türe hinter sich ebenfalls<br />

schließen, Wohnung oder Haus verlassen<br />

und anschließend die Feuerwehr<br />

verständigen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


S E R V I C E<br />

8<br />

7<br />

9 10<br />

11<br />

VERMEIDBARES INFERNO<br />

Bereits nach wenigen Tagen trocknen Weihnachtsbäume bei Zimmertemperatur stark aus und können in Kombination mit Kerzen oder Sternspritzern innerhalb weniger Sekunden zu<br />

einem verheerenden Zimmerbrand mit schlimmen Folgen führen. Es empfielt sich, als Sicherheitsvorkehrung einen Feuerlöscher oder zumindest einen Kübel mit Wasser bereitzustellen.


0 4 0 H E E R & M E H R<br />

SICHERHEIT<br />

KOSTET<br />

GELD<br />

Zuletzt war das Bundesheer von enormen Einsparungen betroffen –<br />

notwendig wäre daher nun eine Trendumkehr. Ein Kommentar von<br />

Militär Aktuell-Autor Oberst Dieter Muhr.<br />

E<br />

s ist nur ein paar Jahre<br />

her, da war die umfassende<br />

Landesverteidigung,<br />

ULV genannt,<br />

in aller Munde. Ihre<br />

Grundidee war ein<br />

gesamtstaatlicher, umfassender Sicherheitsansatz.<br />

Dieser sah vor, dass sich<br />

das österreichische Staatsvolk in allen<br />

Bereichen geistig, sozial, wirtschaftlich<br />

und militärisch verteidigt, gestützt<br />

vom Selbstbehauptungswillen des<br />

ganzen Volkes. Rechtlich gesehen gilt<br />

die ULV immer noch, die Idee ist wieder<br />

sehr aktuell, allerdings fehlt ihr<br />

heute ein Bereich, nennen wir ihn die<br />

finanzielle Landesverteidigung. Längst<br />

sind unsere Finanzen ein verteidigungswertes<br />

Gut geworden und gelten<br />

als sicherheitsrelevante Grundlagen<br />

des Wohlstands. Oder umgekehrt gedacht:<br />

Haben sich unsere Staatsschulden<br />

nicht mittlerweile zur Sicherheitsfrage<br />

entwickelt? Man fragt sich nämlich,<br />

woher sollen die Ressourcen<br />

kommen, um das Bundesheer wieder<br />

aufzubauen?<br />

Trotz Sparpaketen und einem österreichischen<br />

Mini-Wehretat (heuer etwas<br />

über 0,55 Prozent des Bruttoinlandsprodukts,<br />

BIP genannt) haben unsere<br />

Staatsschulden mit 292 Milliarden<br />

Euro und rund 80 Prozent des BIP<br />

Rekordniveau erreicht. Grund genug,<br />

eine Trendwende einzuläuten und sich<br />

zu überlegen, die Schuldenbremse in<br />

den Verfassungsrang zu heben. Neue<br />

Schulden wären nicht mehr erlaubt!<br />

Längst blicken wir etwas neidisch auf<br />

Deutschland. Unser Nachbarland hat<br />

die Bremse 2009 eingeführt und erwirtschaftet<br />

heuer zum dritten Mal<br />

in Folge einen Budgetüberschuss. Von<br />

Beginn an leistete auch die deutsche<br />

Bundeswehr jahrelang ihren Einsparungsbeitrag<br />

zum Gesamtbudget und<br />

war von massiven Einschnitten betroffen.<br />

Mittlerweile profitiert die deutsche<br />

Armee aber vom Überschuss. 2016 lag<br />

der Anteil der Verteidigungsausgaben<br />

bei 1,2 Prozent des deutschen BIP und<br />

steigt heuer weiter. Die Deutschen sind<br />

uns voraus. Sie haben ihre Verteidigungsfähigkeit<br />

auf eine solide finanzielle<br />

Grundlage gestellt.<br />

Doch Vorsicht beim Nacheifern dieses<br />

Vorbildes. Es gibt einen wesentlichen<br />

Unterschied: Das Bundesheer braucht<br />

sofort frisches Geld zur Modernisierung.<br />

Kürzte man jetzt das Verteidigungsbudget,<br />

würde es ein Bundesheer<br />

treffen, welches seit Jahren unterfinanziert<br />

ist. Das war bei der Bundeswehr<br />

2009 und davor nicht der Fall. Das<br />

Bundesheer hat in den vergangenen<br />

15 Jahren außerordentliche Beiträge<br />

zu Budgetkonsolidierungen geleistet<br />

und hat daher heute einen erheblichen<br />

finanziellen Aufhol- und Investitionsbedarf.<br />

Dazu kommt: Die Bedrohungslage<br />

hat sich relativiert. Die Welt<br />

und unser Umfeld sind unruhig und<br />

krisenhaft geworden.<br />

Weitere finanzielle Kürzungen würde<br />

das Heer nicht mehr ertragen. Es ist<br />

heute wie ein trockener Schwamm,<br />

man kann zusammendrücken, was<br />

man will, da kommt kein Wasser mehr<br />

raus. Es ist daher höchste Zeit, unser<br />

militärisches Instrument der Sicherheitspolitik<br />

zu modernisieren. Denn<br />

übersehen wir eines nicht: Das Bedrohungsbewusstsein<br />

der Bevölkerung des<br />

Landes hat sich angesichts des unsicheren<br />

Umfeldes komplett verändert.<br />

Kein Vergleich mit dem Deutschland<br />

des Jahres 2009 mit seiner Einführung<br />

der Schuldenbremse, als die Bundeswehr<br />

von da an solidarisch Einsparungsbeiträge<br />

leisten musste.<br />

Was bedeutet das nun? Trendwende<br />

im Staatshaushalt, Schuldenbremse im<br />

Verfassungsrang, keine neuen Schulden<br />

mehr, das Staatsbudget soll gesunden?<br />

Ja, richtig und wichtig, auch sicherheitspolitisch<br />

im Sinne einer finanziellen<br />

Landesverteidigung. Das muss<br />

dann genauso der militärischen Landesverteidigung<br />

und dem Bundesheer<br />

zugutekommen. Trendwende bei der<br />

Finanzierung des Bundesheeres zum<br />

Positiven, als konsequente Reaktion auf<br />

die neuen und intensiveren Bedrohungen?<br />

Ja, noch richtiger und wichtiger!<br />

Es gilt zu verhindern, dass das magere<br />

Budget des Bundesheers selbst zur<br />

Bedrohung unserer Sicherheit wird.<br />

Also schrittweise Hebung des Verteidigungsetats<br />

auf 1 Prozent des BIP!<br />

Denn es gibt nur so viel glaubwürdige<br />

militärische Sicherheit, wie finanzielle<br />

Ressourcen zur Verfügung stehen.<br />

FOTO : P R I VAT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


STARKE<br />

ARBEITGEBER.<br />

PRO MILIZ.<br />

Nominierungen für den Miliz-Award 2018 werden bis 06. Jänner 2018<br />

entgegengenommen. Alle Informationen auf<br />

bundesheer.at/miliz-award


0 4 2 H E E R & M E H R<br />

Eine reguläre Versorgung<br />

durch Feldküche oder Kantine<br />

ist nicht möglich?<br />

HAND-<br />

REINIGUNG<br />

Ein feuchtes<br />

Desinfektionstuch<br />

darf im Combat<br />

Ration Pack auch<br />

nicht fehlen.<br />

NAHRUNGS-<br />

ERGÄNZUNG<br />

Zum Aufgießen: 2 Päckchen mit<br />

isotonischem Getränkepulver,<br />

eines mit Pulver für einen<br />

Protein-Drink und 1 Päckchen mit<br />

Kakao-Pulver (Inhalt mit je 25cl<br />

Wasser mischen).<br />

Die Instantsuppe<br />

mit 25 cl kochendem<br />

Wasser<br />

aufgießen.<br />

SÜSSIGKEITEN &<br />

KAUGUMMI<br />

Säckchen mit zuckerfreien<br />

Karamell-Zuckerl (Inhalt: 6 Stück)<br />

und zuckerfreiem Kaugummi<br />

(Inhalt: 7 Stück). Die 40 Gramm<br />

„Crunchy Müsli“ mit getrockneten<br />

Früchten bringen<br />

es auf 162 Kalorien.<br />

HAUPTSPEISEN<br />

Drei Packungen: Für das Mittagessen sind Nudeln mit Fleisch<br />

und ein Fleisch-Bohnen-Eintopf gedacht, für das Abendessen<br />

Würstel mit Gemüse. Zur Zubereitung die ungeöffneten<br />

Verpackungen in einem Topf mit Wasser erhitzen, zehn bis<br />

zwölf Minuten kochen und bei Bedarf nachwürzen.<br />

Die Speisen sind alternativ auch kalt essbar.<br />

SONSTIGES<br />

Päckchen mit Streichkäse<br />

(Cheddar, 180 Kalorien) und<br />

Erdbeermarmelade<br />

(30 Gramm), ein Riegel<br />

mit dunkler Schokolade<br />

(25 Gramm, 127 Kalorien).<br />

SERVIETTEN<br />

& GEWÜRZE<br />

Zehn Stück<br />

Papierservietten, 0,2 Gramm<br />

Pfeffer, 1 Gramm Salz.<br />

SAUCEN &<br />

FRUIT JELLY<br />

Je nach Gusto<br />

Mexican Sauce und<br />

Ketchup zum Verfeinern<br />

der Speisen.<br />

Nährstoffreiches<br />

Fruchtgelee für Zwischendurch<br />

(Stück:<br />

rund 100 Kalorien).<br />

COMBAT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U F E I N E N B L I C K<br />

ZUBEREITUNG<br />

Kompakter und faltbarer Taschenkocher<br />

aus rostfreiem Edelstahl,<br />

Zünder, Trockenbrennstoff und<br />

Wasserreinigungstabletten.<br />

KEKSE<br />

Snacks für Zwischendurch: Drei<br />

Packungen zu je vier Keksen<br />

(Geschmacksrichtungen süß und salzig,<br />

pro Stück rund 80 Kalorien).<br />

Mit Verpflegungspaketen<br />

kommen Vitamine und<br />

Kalorien trotzdem zur<br />

Truppe – und das nicht<br />

zu knapp, wie die Combat<br />

Ration Packs der<br />

UN-Blauhelmtruppen<br />

beweisen.<br />

Text & Foto: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

GETRÄNKE II<br />

Instant-Pulver für<br />

Kaffee und ein Orangengetränk,<br />

Milchpulver<br />

für den Kaffee und zwei<br />

Säckchen Tee.<br />

ZUCKER & KUCHEN<br />

Acht Päckchen zum Süßen von Kakao,<br />

Tee und Kaffee, Gewicht pro Packung:<br />

8 Gramm. Der „Chocolate Cake“<br />

bringt es auf 360 Kalorien.<br />

BESTECK<br />

Ein Löffel, eine Gabel und ein Messer<br />

pro Packung müssen zum Verspeisen der<br />

Tagesration reichen.<br />

MENU A – WESTERN<br />

Das UN-Combat Ration Pack (CRP) „Menu<br />

A – Western“ in der Originalverpackung.<br />

Die enthaltenen Speisen stellen die<br />

Tagesration eines Soldaten dar.<br />

Gesamtgewicht: 1,4 Kilogramm,<br />

3.407 Kalorien (kcal).<br />

BESCHREIBUNG Beidseitig<br />

bedrucktes Informationsblatt. Darauf finden<br />

sich detaillierte Informationen zum Inhalt, zum<br />

Gebrauch und zu den Zutaten, aber auch zu<br />

den in den Speisen enthaltenen Allergenen.<br />

RATION PACK<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 4 H E E R & M E H R<br />

DAS KOMMANDO<br />

LUFT<br />

STREIT<br />

KRÄFTE<br />

Die Bundesheer-Reform „Landesverteidigung<br />

21.1“ hat die Struktur der<br />

österreichischen Armee verändert.<br />

Aus dem „Teilstab Luft“ des Streitkräftefuḧrungskommandos<br />

wurde das<br />

Kommando Luftstreitkräfte.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS<br />

BREIT AUFGESTELLT Das Kommando Luftstreitkräfte umfasst alle „Luft-Bereiche“ vom Luft-Transportwesen bis hin zur Luftabwehr und dem<br />

Betrieb der Abfangjäger.<br />

D<br />

as Kommando<br />

Luftstreitkräfte<br />

ist als Kommando<br />

der oberen Führung<br />

für die Herstellung<br />

der Einsatzbereitschaft<br />

und den Einsatz<br />

der Luftstreitkräfte verantwortlich.<br />

Es wurde am 1. Jänner <strong>2017</strong> mit<br />

einer Stärke von 160 Soldaten und<br />

Heeresmitarbeitern in Wals-Siezenheim<br />

bei Salzburg aufgestellt. Befehligt<br />

wird es von Generalmajor<br />

Karl Gruber. Ihm unterstehen<br />

das Kommando Luftraumüberwachung,<br />

das Kommando Luftunterstützung<br />

und die Flieger- und<br />

Fliegerabwehrtruppenschule mit einer<br />

Gesamtstärke von 3.500 Kaderangehörigen<br />

und 1.000 Grundwehrdienern<br />

sowie 120 Luftfahrzeugen<br />

auf fünf Militärflugplätzen.<br />

Das Kommando übernimmt die<br />

Verantwortung für die operative<br />

und obere taktische Führung, die<br />

Flugsicherheit und ein umfassendes<br />

Qualitätsmanagement, eine Dienstbehörde,<br />

das Budget für die Luftstreitkräfte<br />

und die Ausbildungs -<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / M I C H A E L M I L L E R , B U N D E S H E E R / H O R ST G O R U P,<br />

B U N D E S H E E R / KATS U H I KO TO KU N AG A , B U N D E S H E E R / PAT R I C I A L A N G R E I E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


S E R I E : D I E N E U E N K O M M A N D E N – T E I L 3<br />

FACTBOX<br />

Kommando Landstreitkräfte (KdoLuSK)<br />

Kommandant Generalmajor Karl Gruber<br />

Sitz/Hauptquartier Kommando und Führungsstab<br />

in der Schwarzenbergkaserne/Salzburg,<br />

Materialstab Luft in Wien ( )<br />

Personal 160 Soldaten und Heeresmitarbeiter in<br />

Salzburg, 3.500 Kadersoldaten und<br />

1.000 Grundwehrdiener gesamt<br />

Gerät 120 Luftfahrzeuge auf fünf Militärflugplätzen<br />

Internationale Einsätze Österreichische Alouette III,<br />

S-70 Black Hawk und PC-6 Pilatus stehen permanent im<br />

Rahmen der EUFOR/Althea im Aviation Detachment in<br />

Bosnien und Herzegowina. C-130 Hercules sind im<br />

Atares Programm (European Air Transport Command)<br />

ständig im Ausland unterwegs<br />

Unterstellte Verbände/Einheiten ( )<br />

Kommando Luftraumüberwachung in Salzburg<br />

(Betrieb des LRBS Goldhaube, Betrieb Abfangjäger und<br />

Jet-Trainer, Fliegerabwehr, Betrieb Militärflugplatz<br />

Zeltweg), Kommando Luftunterstützung in Hörsching<br />

(Betrieb der Transportflugzeuge, Betrieb der<br />

Hubschrauber, Betrieb Militärflugplätze in Zeltweg,<br />

Langenlebarn, Aigen und Wiener Neustadt sowie der<br />

Hubschrauberstützpunkte Vomp und Klagenfurt),<br />

Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule in<br />

Langenlebarn (Ausbildung von Militärpiloten,<br />

Ausbildung des Fachpersonals, Forschung und<br />

Entwicklung, Erstellung von Vorschriften)<br />

Österreichweit standorte<br />

Für eine effiziente Luftraumüberwachung<br />

ist das Kommando über<br />

ganz Österreich verstreut.<br />

planung. Zu den Aufgaben der<br />

Luftstreitkräfte zählen die Wahrung<br />

der Lufthoheit, einerseits<br />

durch die aktive Komponente<br />

der Luftraumüberwachung, zu<br />

der alle Luftfahrzeuge und die<br />

Fliegerabwehr gehören, und<br />

andererseits durch die passive<br />

Komponente, zu der alle Radarstationen<br />

zählen (Radarsystem<br />

Goldhaube). Rettungs- und Assistenzeinsätze<br />

bei Hochwasserkatastrophen,<br />

Lawinenunglücken<br />

oder Waldbränden zählen ebenfalls<br />

zu den Aufgaben wie auch<br />

die Unterstützung der Bodentruppen<br />

mit Aufklärungsflügen,<br />

Feuerunterstützung, Lufttransport,<br />

Versorgung aus der Luft,<br />

der Transport von Verwundeten<br />

und der Raum- und Objektschutz<br />

für strategisch wichtige<br />

Räume, Objekte und Einrichtungen<br />

gegen Angriffe aus der Luft.<br />

INTERVIEW<br />

„Wir sind permanent<br />

im Einsatz!“<br />

Generalmajor<br />

Karl Gruber ist<br />

Kommandant<br />

des Kommandos<br />

Luftstreitkräfte<br />

(LusK).<br />

Herr Generalmajor, welche Herausforderungen<br />

stellen sich aktuell an<br />

das Kommando Luftstreitkräfte?<br />

Eine große Herausforderung ist momentan<br />

die organisatorische Konsolidierung<br />

im Zuge der neuen Aufstellung.<br />

Damit schließlich auch die besten<br />

Leute an die richtigen Plätze verteilt<br />

werden. Daneben sind wir permanent<br />

im Einsatz: Ausbildung, Logistik<br />

und Einsatz – das läuft bei uns alles<br />

parallel. Jede Staffel ist dabei gleichzeitig<br />

gefordert. Denn wir haben auch<br />

an 365 Tagen im Jahr den österreichischen<br />

Luftraum zu überwachen.<br />

Und im Gegensatz zum Kommando<br />

Landstreitkräfte, das seine Panzer<br />

vom Logistikkommando warten lässt,<br />

machen wir im Kommando LuSK<br />

alles selbst.<br />

Wohin soll sich das Kommando<br />

LuSK in den kommenden Jahren<br />

entwickeln?<br />

Die größte Aufgabe der kommenden<br />

Jahre wird werden, unsere altgediente<br />

Flotte abzubauen. Wir haben einige<br />

Geräte, die bereits 50 Jahre auf dem Buckel<br />

haben. Diese müssen durch neue<br />

ausgetauscht werden. Dann muss für<br />

die neuen Systeme die entsprechende<br />

Infrastruktur aufgebaut und müssen die<br />

Soldaten in der Technik geschult werden.<br />

Und zweitens: Es gibt eine neue<br />

Herausforderung für das Kommando<br />

LuSK. Wir müssen eine Fliegerabwehr<br />

gegen leichte Drohnen aufbauen. Da<br />

brauchen wir ein System, das die Drohnen<br />

orten kann, das schnell ein Lagebild<br />

erstellen und dann auch abwehren kann.<br />

m i L i t ä r a K t u e L L


0 4 6 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

attraktiver arbeitgeber<br />

Das Bundesheer konnte sich in den<br />

vergangenen Jahren als attraktiver<br />

Arbeitgeber positionieren, die<br />

Freiwilligenmeldungen liegen<br />

aktuell deutlich über den Werten<br />

der vergangenen Jahre.<br />

BUNDE<br />

Vor einem Jahr startete das Bundesheer eine groß angelegte Personaloffensive – mit<br />

höheren Gehältern, niedrigeren Einstiegslimits und einer neuen Unteroffiziersausbildung.<br />

Mit Erfolg: Der Zulauf ist groß. text: HaNS SCHNeeWeiSS<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


A D V E R T O R I A L<br />

DAS<br />

SHEER<br />

ZIEHT WIEDER<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / R O B E R T G I E SSAU F<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 8 H E E R & M E H R<br />

as Bundesheer als<br />

D<br />

Arbeitgeber ist wieder<br />

attraktiv. Die<br />

Zahl der Freiwilligen,<br />

die sich zum<br />

Dienst an der Waffe<br />

melden, hat sich in den vergangenen<br />

zwei Jahren sogar mehr als verdoppelt.<br />

Das bestätigen die Zahlen des<br />

Verteidigungsministeriums: Waren<br />

es im Jahr 2015 nur 2.400 Freiwillige,<br />

die sich für einen Job beim Bundesheer<br />

meldeten, stieg die Zahl im<br />

vergangenen Jahr bereits auf 3.900.<br />

Heuer haben sich in den ersten neun<br />

Monaten sogar bereits 4.130 Freiwillige<br />

gemeldet. Verteidigungsminister<br />

Hans Peter Doskozil ist darüber<br />

mehr als erfreut: „Die Zahl der Jobinteressenten<br />

steigt massiv an, das<br />

Bundesheer ist als Arbeitgeber deutlich<br />

attraktiver geworden. Und diese<br />

erfreuliche Entwicklung ist auch<br />

notwendig, denn das Bundesheer<br />

steht vor großen Herausforderungen.<br />

Um diese vielfältigen Aufgaben<br />

im In- und Ausland für mehr<br />

Sicherheit bewältigen zu können,<br />

suchen wir Personal und wollen bis<br />

2020 etwa 10.000 Jobs besetzen.“<br />

ABWECHSLUNGSREICHE BERUFSMÖGLICHKEITEN Das Bundesheer bietet Hunderte unterschiedliche<br />

Jobs, gute Weiterbildungsmöglichkeiten und ist auch in der Lehrlingsausbildung überaus<br />

engagiert – mit aktuell mehr als 100 Lehrlingen in rund 30 verschiedenen Berufen.<br />

Die Erfahrungen mit dem Assistenzeinsatz<br />

an den Grenzen im vergangenen<br />

Sommer haben gezeigt, dass<br />

man mit der Anzahl der rasch einsetzbaren<br />

Berufssoldatinnen und<br />

Berufssoldaten an den Kapazitätsgrenzen<br />

angelangt ist. Da sich die<br />

Sicherheitslage in den kommenden<br />

Monaten und Jahren weiter zu verändern<br />

droht, wird der Personalbedarf<br />

in Zukunft wohl kaum sinken.<br />

„Wesentliches Element der Personalwerbung<br />

ist neben den attraktiven<br />

Inhalten vor allem auch eine faire<br />

Entlohnung“, sagte Brigadier Harald<br />

Vodosek, Leiter der Gruppe Bereitstellungsunterstützung<br />

im Verteidigungsministerium<br />

im Sommer im<br />

Gespräch mit Militär Aktuell. Er ist<br />

für das Personalmanagement verantwortlich.<br />

Aus diesem Grund wurde<br />

im vergangenen Jahr auch der Sold<br />

für die Soldaten erhöht. Chargen erhalten<br />

jetzt 70 Euro monatlich mehr,<br />

Unteroffiziere zwischen 124 und 450<br />

Euro mehr. Für Soldaten, die sich für<br />

Auslandseinsätze verpflichten, gibt<br />

es pro Monat zwischen 562 und<br />

691 Euro zusätzlich zum Gehlat, für<br />

Piloten und Ärzte gibt es neue Sonderverträge.<br />

„Neben den planmäßigen<br />

Leistungen wie Gehalt und bezahlten<br />

Mehrdienstleistungen stellen<br />

wir im Rahmen der Personalbetreuung<br />

unseren Bediensteten Wohnungen,<br />

temporäre Kinderbetreuung<br />

und Urlaubsmöglichkeiten zur<br />

Verfügung“, erklärte Vodosek weiter.<br />

In wenigen anderen Branchen gibt<br />

es so viele Extraleistungen.<br />

Im Zuge der Personaloffensive wurden<br />

aber auch die Aufnahmeverfahren<br />

erleichtert. Die neue Direktive<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A D V E R T O R I A L<br />

heißt: Ausbilden statt Ausscheiden.<br />

So muss auch die Bestätigung der<br />

vollen körperlichen Leistungsfähigkeit<br />

erst nach zwölf Monaten erbracht<br />

werden, die Limits wurden<br />

dabei an andere Armeen und die<br />

Polizei angepasst. Die Unteroffiziersausbildung<br />

ist ebenfalls neu<br />

organisiert. Sie wird in einem geschlossenen,<br />

durchgehenden Lehrgang<br />

durchgeführt und dauert 18<br />

Monate. Danach trägt man den<br />

Dienstgrad Wachtmeister und ist<br />

ausgebildeter Unteroffizier. Rekrutierungsbasis<br />

ist der Grundwehrdienst,<br />

und dessen Attraktivierung<br />

ist bereits bei den Rekruten angekommen.<br />

So bewerteten bei einer<br />

2014 durchgeführten Befragung<br />

aller Soldaten 70 Prozent der<br />

Grundwehrdiener, ihre Entscheidung,<br />

den Waffendienst abgeleistet<br />

zu haben, als positiv, neun Prozent<br />

als neutral. Bei der Stellung werden<br />

den jungen Männern verstärkt die<br />

Optionen im Rahmen des Grundwehrdienstes<br />

erläutert. Die Rekruten<br />

werden durch die Einsatzverbände<br />

oder durch das Heerespersonalamt<br />

selbst informiert und es wird versucht,<br />

Freiwillige sowohl für die<br />

Laufbahn als Kadersoldat oder als<br />

Milizsoldat zu motivieren.<br />

Den Hebel setzt man parallel dazu<br />

bei den Frauen an, der Anteil der Soldatinnen<br />

soll mittelfristig auf zehn<br />

Prozent erhöht werden. „Girls’ Days“<br />

gibt es seit heuer in jedem Bundesland.<br />

In sogenannten „Girls Camps“<br />

können die Interessentinnen außerdem<br />

„Kasernenluft“ schnuppern und<br />

ein Mentoring-Programm begleitet<br />

die angehenden, jungen Soldatinnen<br />

innerhalb des Bundesheeres. Zukünftig<br />

ist auch noch zusätzlich vorgesehen,<br />

jungen Kaderanwärterinnen<br />

in einer Art länger dauerndem Praktikum<br />

vor der Kaderausbildung das<br />

Rüstzeug für den Einstieg in die<br />

Berufssparte zu geben.<br />

Die Personaloffensive des Bundesheeres<br />

ist allerdings schon jetzt ein<br />

großer Erfolg. Wegen des großen<br />

Zustroms wurde das Ausbildungsteam<br />

für die Kaderanwärter heuer<br />

vergrößert. Trotzdem soll weiter<br />

aktiv für eine Karriere beim Bundesheer<br />

geworben werden und weiter<br />

Personal aufgenommen werden. Die<br />

Trendumkehr wurde also geschafft,<br />

das Bundesheer hat als Arbeitgebermarke<br />

massiv an Bedeutung gewonnen<br />

und die Zukunft scheint positiv.<br />

Und das ist auch gut so: Motivierte<br />

und leistungsfähige Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter sind der Garant<br />

für eine leistungsfähige Landesverteidigung,<br />

die Weichen für ein personell<br />

stark aufgestelltes Bundesheer<br />

wurden also erfolgreich gestellt.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / G E R A L D G R E ST E N B E R G E R , B U N D E S H E E R / DA N I E L T R I P P O LT, B U N D E S H E E R / G U N T E R P U S C H<br />

GUTE AUFSTIEGSCHANCEN Bis 2020 sollen beim Heer 10.000 neue Jobs besetzt werden, dadurch ergeben sich aktuell auch besonders gute<br />

Aufstiegschancen innerhalb der Truppe.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG


0 5 0<br />

S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

US-HUBSCHRAUBER FÜR<br />

UNSERE NACHBARN<br />

In Österreichs Nachbarschaft schreitet der Austausch von altem russischen Militärgerät gegen westliche Produkte nun<br />

auch im Hubschrauberbereich voran. Während in der Slowakei im Sommer der Zulauf von neun UH-60M Black Hawk<br />

um rund 250 Millionen Euro begonnen hat, genehmigte das US State-Department am 23. Oktober die Kongressvorlage<br />

für zwölf Bell UH-1Y Venom samt üppigem Ausrüstungspaket für die Tschechische Republik – Kostenpunkt rund 550<br />

Millionen Euro. Mit jener im US-Marinekorps seit 2008 mit 160 Stück eingeführten stärksten Version des Bell-412 will<br />

die Vzdušné síly Armády České republiky ihre Mi-24 Hind ersetzen. Im freigegebenen Paket enthalten sind 25 T-700<br />

GE-401C-Triebwerke, zwölf 7,62 mm M240 Door Guns, GAU-17 und GAU-21 Miniguns sowie umfangreicher Selbstschutz<br />

aus Raketen-, Radarwarnern und Störkörperwerfern. 2016 hatte Prag beschlossen, das Budget für seine 21.000 Mann-<br />

Berufsarmee bis 2020 auf jährlich 1,4 Prozent des BIP (entspricht rund 1,7 Milliarden Euro) anzuheben.<br />

IM FOKUS<br />

DER KONZERN<br />

IM ÜBERBLICK<br />

3.200<br />

Mitarbeiter<br />

6,3 Mrd. Euro<br />

Umsatz (2016)<br />

Top-Produkte<br />

U-Boote 212A, 214<br />

& Super Dolphin<br />

THYSSEN KRUPP MARINE SYSTEMS<br />

Vor der Bildung einer möglichen „Jamaika-Koalition“ hat die abtretende deutsche Regierung am 23. Oktober noch<br />

rasch den Verkauf dreier weiterer Super Dolphin-U-Boote von Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) an Israel<br />

abgesegnet. Klärung rund um Korruptionsermittlungen in Israel vorausgesetzt, will Berlin 540 Millionen Euro der<br />

Gesamtkosten von 1,5 Milliarden Euro übernehmen. „Vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung gegenüber<br />

Israel will die Bundesrepublik damit einen Beitrag zum Schutz und zur Existenz des Landes leisten“, wie ein<br />

Regierungssprecher betonte. Tel Aviv hat bereits fünf von sechs auf dem Typ 209 basierende U-Boote, davon zwei<br />

Dolphin-II mit außenluftautarkem Brennstoffzellenantrieb<br />

und – unbestätigt – nuklearer Zweitschlagsfähigkeit<br />

via Popeye Turbo-Marschflugkörper. Der Stahl- und<br />

Mischkonzern ist mit seinem Kieler Geschäftsbereich<br />

führender europäischer Anbieter nicht-nuklearer U-Boote<br />

und hat jene bislang an weltweit 19 Marinen geliefert.<br />

Neueste Entwürfe sind die Typen 212A und 214. Mit Aufträgen<br />

für Israel, Singapur, Ägypten und Norwegen ist<br />

die Werft bis 2025 ausgelastet.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />

MODERNISIERUNGSWELLE FÜR RUSSISCHE PANZER<br />

Kürzlich noch totgesagt, feiern Panzer in europäischen<br />

Armeen nun ein fröhliches Revival. Keine Rede mehr von auf<br />

Erinnerungsgröße geschrumpfte Fuhrparks, Deutschland will<br />

seine Flotte beispielsweise um 100 Stück Leopard 2A7 aufstocken.<br />

Zahlenmässig noch substanzieller sind diverse osteuropäische<br />

Pläne rund um den 20.000-mal gebauten russischen<br />

Standardpanzer T-72. Allein Polen hat davon 800 T-72M1-<br />

und PT-91-Derivate und will vor einer Entscheidung über eine<br />

Nachfolge (in Frage kommen der Leopard 2A7, der Altay und<br />

der Merkava) einen Teil davon auf neue 125-mm-Munition<br />

umrüsten. Die Ukraine hat sogar rund 1.000 T-72 im Portfolio<br />

und nennt ihre Upgrades T-72AMT und T-Rex. Belarus baut<br />

den T-72BME, während die tschechische Firma Excalibur<br />

Army ihren T-72M1 Scarab verfolgt. In Russlands Armee sind<br />

2.200 T-72 aktiv, letzte Abart ist der T-72B4 mit neuester<br />

Sensorik und Rechner.<br />

„NATÜRLICH GIBT ES MIG NOCH!“<br />

FoTo S : G E o R G M A D E R , B E I G E ST E l lT<br />

ANASTASIA<br />

KRAWTSCHENKO<br />

ist Kommunikationsdirektorin<br />

des russischen<br />

Kampfjet-<br />

Herstellers RSK-MiG.<br />

Die Kommunikationsdirektorin des russischen Herstellers<br />

RSK-MiG kontert bei der Air Chiefs Conference in<br />

Dubai Gerüchte über ein Auslaufen der Produktion oder<br />

ein Verschwinden der Traditionsmarke.<br />

Frau Krawtschenko, das Aufgehen der Marke MiG in den<br />

Konglomeraten UAC und ROSTEC war in den vergangenen<br />

Jahren nicht immer leicht zu überblicken und auf<br />

westlichen Messen hat man schon länger keine neuen<br />

MiGs mehr gesehen. Provokant gefragt: Gibt es MiG<br />

noch?<br />

Natürlich sind wir noch da und es gibt auch kein Aufgehen,<br />

die weltweit eingeführte Marke MiG und das damit<br />

verbundene Erbe bleiben ja bestehen. Aber im Zuge der<br />

strukturellen Industriekonsolidierung auch der Rüstungs-<br />

und Luftfahrtindustrie wurden die diversen Konstruktionsbüros<br />

und Fertigungswerke aller russischen<br />

Hersteller unter einem Dach zusammengeführt. Dieser<br />

Flugzeugbaukonzern UAC untersteht aber nicht der<br />

Technologieholding ROSTEC. Die Platzierung unserer<br />

Aktivitäten hat in erster Linie mit potenziellen beziehungsweise<br />

bestehenden Kunden zu tun, aber etwas<br />

auch mit dem generellen Verhältnis zum Westen.<br />

Was gibt es also Neues von MiG?<br />

Das Hauptaugenmerk liegt bei uns heute auf der MiG-35,<br />

die – ich betone das – in erster Linie für die russische Armee<br />

und Luftwaffe vorbereitet wird und deren Flugtests<br />

zwischen diesem Jänner und heute im Wesentlichen<br />

abgeschlossen wurden. Das Flugzeug ist im Rüstungsplan<br />

vorgesehen und sobald der Auftrag staatlicherseits getätigt<br />

wird, beginnt deren Produktion in unserem Werk.<br />

Von wie vielen Stück ist bei diesem Auftrag die Rede?<br />

Vorerst werden es in einer Anfangsserie wohl 24 sein, davon<br />

gehen die ersten in Truppentests der russischen Luftwaffe.<br />

Stimmt die Wahrnehmung, dass alle neuen MiG-29 und MiG-<br />

35 nun wie bei der indischen Marineversion K/KUB auf einer<br />

zweisitzigen Zelle aufgebaut sind?<br />

Ja, die stimmt. Alle neuen Maschinen haben die zweisitzige<br />

Haube, bei den einsitzigen K-, oder M-Modellen wird der<br />

zweite Sitz durch Treibstoff und Avionik ersetzt.<br />

Ägypten erhält gerade 50 neue MiGs, Serbien und Sudan<br />

haben in einstelliger Stückzahl überholte Jets bekommen.<br />

Wer hat sonst noch Interesse an MiG und speziell der MiG-35?<br />

Ich bin nicht befugt, über militärtechnische Kooperation mit<br />

Nationen zu sprechen. Aber wir sind natürlich eingebunden<br />

wenn unsere weit mehr als 20 Nutzerstaaten etwas modernisieren<br />

wollen oder eine staatliche Erlaubnis zur Weitergabe<br />

vorliegt. Und zur MiG-35 hat unser Direktor Ilja Tarasenko<br />

zuletzt unter anderem das Interesse von Peru, Myanmar<br />

und Bangladesch kommuniziert.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 2 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

VON GUTEN GESCHÄFTEN<br />

UND RUSSISCHEM ÄRGER<br />

In diesem Jahr stand die Dubai Airshow ganz im Zeichen milliardenschwerer Deals<br />

der zivilen Flugzeughersteller – aber auch die Rüstungskonzerne ließen sich nicht<br />

lumpen und konnten lukrative Verträge abschließen. Text & Fotos: GEORG MADER<br />

F<br />

ür die beiden<br />

Herstellergiganten<br />

Airbus<br />

und Boeing<br />

war die Dubai Airshow<br />

Mitte November wohl so etwas<br />

wie ein Märchen aus 1001 Nacht. In<br />

nur drei Tagen konnten sie zusammen<br />

schlappe 700 Verkehrsmaschinen<br />

um rund 100 Milliarden Euro<br />

verkaufen. Von der medialen Berichterstattung<br />

weitgehend ausgeklammert<br />

blieben ob der vielen Milliardendeals<br />

die Rüstungsprojekte der<br />

beiden Flugzeugbauer, welche für s<br />

ie gerade im Nahen und Mittleren<br />

Osten dank der finanziellen<br />

Potenz der Golfstaaten<br />

und deren Stellvertreterkriegen<br />

gegen den<br />

Iran äußerst lukrativ sind. Kein<br />

Wunder daher, dass in Zukunft<br />

auch Chinesen, Russen, Ukrainer,<br />

Pakistanis, Türken und Japaner ein<br />

Stück von diesem Kuchen wollen<br />

und sich daher mit ihren Neuheiten<br />

und Neuauflagen auf und rund um<br />

die Dubai Airshow präsentierten.<br />

Die arabischen Länder bleiben weiterhin<br />

von den großen Herstellern<br />

für deren „Big Ticket“-Programme<br />

umworben. Letzteres betraf in Dubai<br />

vor allem Lockheed-Martins F-35<br />

JSF. Gastgeber Vereinigte Arabische<br />

Emirate (VAE) und in Folge auch deren<br />

Verbündeter Saudi-Arabien<br />

drängen mehr oder weniger deutlich<br />

auf Aufweichung der noch von Barack<br />

Obama gegebenen Zusage an<br />

Israel, wonach der jüdische Staat bis<br />

auf weiteres der einzige Betreiber des<br />

US-Jets der 5. Generation bleiben<br />

werde. „Wir in den VAE leben bereits<br />

in einem Umfeld der 5. Generation,<br />

in vielen Lebensbereichen“, so der<br />

stellvertretende VAE-Luftwaffenkommandant<br />

Brigadegeneral Rashed<br />

Al-Shamsi auf der am Tag zuvor abgehaltenen<br />

„Dubai Air Chiefs Confe-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


D U B A I A I R S H O W 2 0 1 7<br />

rence“, bei welcher Militär Aktuell<br />

übrigens höchst interessierter wie<br />

willkommener Medienpartner war.<br />

„Die Einführung des F-35 wäre also<br />

nur ein weiterer logischer Schritt in<br />

Richtung unserer generellen und von<br />

den Regenten vorgegebenen 5. Generations-Ausrichtung“,<br />

so Al-Shamsi.<br />

Rasch reagiert hat auf die Bemühungen<br />

die angereiste Chefin von Lockheed-Martin,<br />

Marillyn Hewson. Am<br />

8. November erst hatte der deutsche<br />

Luftwaffenchef Generalleutnant Karl<br />

Müllner in Berlin verlautet, für einen<br />

Ersatz des Tornado in der zweiten<br />

Hälfte der 2020er-Jahre wäre der F-35<br />

JSF prädestiniert. Nur einige Tage<br />

später verteilten ihre Mitarbeiter in<br />

Dubai bereits Pins, mit dem JSF in<br />

Schwarz-Rot-Gold.<br />

VAE-AF Chef General Al Alawi unterzeichnet<br />

indes die Modernisierung<br />

der seit 2004 eingeführten 80<br />

F-16 E/F mit zeitgemäßen Bordrechnern<br />

sowie deren weitere Versorgung<br />

(Volumen knapp 1,5 Milliarden<br />

Euro). Dassault und Thales sollen<br />

Ähnliches bei den 55 Mirage-2000/9<br />

der VAE durchführen (Volumen<br />

rund 300 Millionen Euro). Eigentlich<br />

eine Überraschung, denn die Deltaflügler<br />

wurden bereits Indien angeboten,<br />

auch ein Rücktausch für Dassault<br />

Rafále stand im Raum. Diese<br />

Vorgangsweise kann durchaus als Indiz<br />

gewertet werden, dass man letztere<br />

überspringt und auf den F-35<br />

wartet. Dafür haben die VAE bei Airbus-Spanien<br />

fünf bewaffnungsfähige<br />

SCHLÜSSELMAKRT Für viele Rüstungshersteller sind der Nahe und Mittlere Osten mittlerweile<br />

große Wachstumstreiber, dementsprechend stark präsentierten sie sich (im großen Bild ein<br />

chinesischer Chengdu J-10 Mehrzweckkampfjet) auf und rund um die Dubai Airshow.<br />

Multimissions-Plattformen des<br />

Transportflugzeuges C295MW (Military<br />

Winglet) bestellt. Um den Sensoraufklärer<br />

waren türkische Teber-<br />

Lenkbomben und Roketsan-Raketenbehälter<br />

gruppiert, aus der Seitentür<br />

ragt nun – in der Version bereits an<br />

ungenannten Kunden geliefert – ein<br />

12,7-mm-MG. Eingerüstet wird auch<br />

eine Lafette mit der 27-mm-Eurofighter-Bordkanone<br />

von Rheinmetall.<br />

Wie viele Kollegen war auch der<br />

Autor überrascht, als vom russischen<br />

Flugzeugbaukonglomerat UAC<br />

offensiv Interviews und Zugang zu<br />

ROSTEC-Präsident Sergej Tschemezow<br />

sowie Generaldesigner und bis<br />

2016 MiG-Direktor Korotkov angeboten<br />

wurden. Die VAE hatten für<br />

sie und eine 260-köpfige russische<br />

Präsenz Visa ausgestellt, dazu im<br />

täglichen Flugprogramm die erst vergangenes<br />

Jahr in Syrien das Debüt<br />

gebende Su-35S Flanker E sowie den<br />

Löschflugzeug-Jet Beriew-200ES<br />

eingeplant. In der russischen Presse<br />

war schon Wochen zuvor ein Su-35-<br />

Vertrag mit den – bislang allerdings<br />

strikt westlich gerüsteten – VAE als<br />

quasi fix kolportiert worden, ein<br />

Abschluss während der Airshow in<br />

Dubai schein möglich. Als der regionale<br />

CENTCOM-Kommandant der<br />

USAF, Lieutenant General Jeffrey<br />

Harrigan, in einer Konferenz erwähnte,<br />

er könne sich „nicht vorstellen,<br />

dass von „USA und Verbündeten<br />

betriebene F-35 in einem informationssicheren<br />

Verbund mit einem potenziellen<br />

Gegnersystem wie Su-35<br />

betrieben würden“, zog VAE zurück.<br />

Daraufhin sagten die sich benutzt<br />

fühlenden Russen sämtliche Medientermine<br />

ab, der Autor bekam aber<br />

trotzdem Einblick in die Aktivitäten<br />

von RSK-MiG (siehe auch Interview<br />

RSK-MiG-Kommunikationsdirektorin<br />

Anastasia Krawtschenko auf<br />

Seite 50).


0 5 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

Präsent in Dubai war auch Japan, das<br />

seit der Verfassungsänderung durch<br />

Premierminister Shinzo Abe potent<br />

am Rüstungsmarkt auftreten will.<br />

Das tat man in Dubai mit dem neuen<br />

Großtransporter Kawasaki C-2, auch<br />

der stellvertretende Verteidigungsminister<br />

Keitaro Ohno war vor Ort.<br />

Er verriet, dass bereits elf Stück des<br />

Zweistrahlers (der dem Airbus<br />

A400M ähnelt) in Bau sind, potenzielle<br />

Kunden sehe man im Mittleren<br />

Osten und Asien. Denselben Markt<br />

haben auch die Ukrainer für ihre An-<br />

70T mit vier Propfan-Schauflern im<br />

Blick, zurzeit sei es laut Alexander<br />

Khokhlov vom ukrainisch-saudischen<br />

Antonow-Taqnia Joint-Venture<br />

An-132 allerdings „vorranging, sämtliche<br />

russischen Bauteile durch westliche<br />

zu ersetzen. Dafür suchen wir<br />

für An-70T in Dubai Partner.“ Interessant<br />

auch ein – nonstop mit drei<br />

Zusatztanks aus Karachi eingeflogenes<br />

– Exemplar des Block-II des pakistanisch-chinesischen<br />

Kampfflug-<br />

zeugs JF-17. Ebenso die Aussage der<br />

texanischen Mannschaft um den<br />

leichten „Aufstandsbekämpfer“ Iomax<br />

Erzengel-II, die VAE hätten mit<br />

ihren 24 Vorgängermodellen seit<br />

2015 in Ostlibyen (für General Haftar),<br />

Jemen und Ägypten (für Al-Sisi<br />

am Sinai) bereits 3.000 gelenkte Waffen<br />

gegen Islamisten eingesetzt. Solche<br />

waren auch auf der bewaffneten<br />

Version von Leonardos M346 zu<br />

sehen, nächstes Jahr soll es mit der<br />

M346FA samt Griffo-Radar ernst<br />

„Unser System ist mit F-15 und F-18 kompatibel!“<br />

OLIVER KESSLER,<br />

Regionalmanager von<br />

Taurus-Systems GmbH. Militär<br />

Aktuell-Autor Georg Mader<br />

sprach mit ihm auf der Air<br />

Chiefs Conference in Dubai.<br />

Herr Kessler, wie kommt es, dass der<br />

luftgestützte deutsche 1,5-Tonnen-<br />

Marschflugkörper Taurus KEPD 350<br />

zuletzt immer wieder in Zusammenhang<br />

mit Nordkorea genannt wurde?<br />

Das ist ein wiederholt medial hergestellter<br />

Kontext, der davon kommt, dass sich<br />

die südkoreanische Beschaffungsbehörde<br />

DAPA für diese angetriebene<br />

Abstandswaffe entschieden hat und die<br />

Luftwaffe RoKAF sie in ihr primäres Flugzeugsystem<br />

integriert hat. Dort existiert<br />

ein Missionsspektrum für eine solche<br />

Fähigkeit und man hat das auch kürzlich<br />

getestet – höchst erfolgreich übrigens.<br />

Dabei geht es um eine Integration in<br />

die Boeing F-15K Strike Eagle. Damit<br />

wäre eine deutsche Waffe Teil eines<br />

US-Waffensystems, oder?<br />

Ja, das ist eine ziemliche Ausnahme. Die<br />

Amerikaner haben das erst 2016 ermöglicht,<br />

auch weil deren GPS darin genutzt<br />

wird. Das gilt aber nicht nur für die F-15,<br />

Spanien hat den Taurus auch an der F-18<br />

Hornet eingeführt und integriert. Wir können<br />

die Kompatibilität also für F-15- und<br />

F-18-Nutzer anbieten. Und natürlich für den<br />

Tornado, dafür wurde die Waffe ja ursprünglich<br />

entwickelt und die deutsche Luftwaffe<br />

hat vor Jahren 600 Stück davon beschafft.<br />

Trotzdem muss man die Bezeichnung als<br />

„deutsche Waffe“ etwas relativieren …<br />

Inwiefern? Die Taurus-Systems GmbH<br />

ist ein bayrisches Unternehmen, oder?<br />

Ja, dort ist die Fertigung und dort fand<br />

auch der Löwenanteil der Entwicklung<br />

statt. Aber wir gehören zu 67 Prozent der<br />

Deutschland-Tochter des Lenkwaffenkonzerns<br />

MBDA und zu 33 Prozent der<br />

schwedischen Saab-Dynamics.<br />

Solche Marschflugkörper steuern nach<br />

dem Ausklinken selbstständig über weite<br />

Strecken ihr Ziel an. Wie schnell, wie weit<br />

und wie ist die Zielwirkung im Detail?<br />

Mit maximal Mach 0,95 rund 500 Kilometer<br />

weit in minimal 30 Metern Höhe.<br />

Zusammen mit dem Einsatzradius des<br />

Jagdbombers ergibt das eine beträchtliche,<br />

ja fast strategische Reichweite. In der Missionsplanung<br />

werden Wegpunkte, Hindernisse<br />

und Luftabwehr vorgespeichert. Was<br />

die Wirkung betrifft, löst ein Laserabstandsmesser<br />

eine Vorhohlladung aus, deren Plasmastrahl<br />

macht dann sozusagen ein „Loch“<br />

am Ziel. Durch diesen „Kanal“ geht dann<br />

der 500 Kilogramm Gefechtskopf-Penetrator<br />

und detoniert in einem vorher definierten<br />

Stockwerk. Die Waffe ist speziell für<br />

den Einsatz gegen gehärtete und tief<br />

verbunkerte Schlüsselziele geeignet.<br />

Es gibt Fotos von zwei Taurus an einem<br />

deutschen Eurofighter. Wird die Waffe<br />

auch am Eurofighter integriert?<br />

Nein, beziehungsweise ist das nicht im<br />

momentanen Rüstplan der deutschen<br />

Luftwaffe vorgesehen. Die Bilder entstanden<br />

bei einer Tragetest-Kampagne,<br />

welche der Eurofighter auch tadellos<br />

absolviert hat. Unabhängig davon bleibt<br />

Taurus bis zum Ausscheiden des Tornado<br />

(Anm.: Mitte der 2020er-Jahre) dessen<br />

primäres und schwerstes Wirkmittel.<br />

Bis dahin wird es dann hoffentlich mehr<br />

Nutzerländer und Trägersysteme geben.<br />

M I L I T ä R A K T U E L L


D U B A I A I R S H O W 2 0 1 7<br />

werden. Ihre Premiere gaben in<br />

Dubai auch die chinesischen Kampfdrohnen<br />

Wing Loong I (GJ-1) und -II.<br />

In der Region sind GJ-1 und CH-4<br />

bereits im Irak, Saudi-Arabien, den<br />

VAE, Ägypten und Jordanien im Einsatz.<br />

Zwar kosten sie nur ein Fünftel<br />

einer US-Predator oder Reaper,<br />

fliegen aber um etliche Stunden<br />

weniger lang – effiziente Triebwerke<br />

sind immer noch die chinesische<br />

Achillesferse.<br />

Natürlich war auch Eurofighter in<br />

Dubai präsent, der Mittlere Osten ist<br />

– wie für andere Hersteller – Schlüsselregion.<br />

Daher war auch vom Firmenchef<br />

bis zu einem der jüngst ausgelieferten<br />

saudischen Tranche-2<br />

samt Pilot mit frischen Jemen-Erfahrungen<br />

alles vor Ort. Gemäß Rahmenvertrag<br />

der Core-Nations und<br />

allen Exporten sind 747 Typhoon bestellt,<br />

davon aktuell 524 ausgeliefert.<br />

Darunter 72 saudische, 12 für Oman<br />

sind in Ablieferung. Katar bestätigte<br />

seine Absichtserklärung über 24<br />

Stück, während vorher ab 2019 Kuwait<br />

die ersten 28 Stück Tranche-3<br />

mit dem elektronisch strahlschwenkenden<br />

Radar Captor-E erhalten<br />

wird. Während Air-Marshal Gerry<br />

Mayhew für die RAF über „das nach<br />

der F-22 wohl beste Kampfflugzeug<br />

der Welt“ referierte, wehte über dem<br />

Eurofighter-Chalet unverdrossen<br />

auch die österreichische Fahne. Angesprochen<br />

auf die Probleme hierzulande<br />

meinten Firmenvertreter lediglich,<br />

nun dabei helfen zu wollen, „ die<br />

Kuh wieder vom Eis zu kriegen.“<br />

IM RAMPENLICHT Die lokalen Machthaber und Politiker konnten Jets so wie hier einen saudischen<br />

T2 Typhoon besichtigen und besteigen, Militär Aktuell war vor Ort als Medienpartner und mit Autor<br />

Georg Mader engagiert.


0 5 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

GDELS UND SEINE<br />

TSCHECHIEN-SCHIENE<br />

General Dynamics European Land Systems-Steyr konnte zuletzt Aufträge für neue<br />

Pandur in Österreich und Tschechien an Land ziehen. In Prag sieht das Unternehmen<br />

auch für seinen Ulan-Nachfolger Ascod gute Chancen. Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

n den vergangenen Jahren<br />

I<br />

finalisierte General Dynamics<br />

European Land Systems-Steyr<br />

(GDELS-<br />

Steyr), die österreichische<br />

Niederlassung des USamerikanischen<br />

Rüstungskonzerns General<br />

Dynamics (GD), erfolgreich seine<br />

Umstrukturierung und Neuorientierung.<br />

Dabei wurde im Speziellen darauf<br />

Wert gelegt, alle Kernkompetenzen eines<br />

militärischen Fahrzeugherstellers zu<br />

erhalten und weiterzuentwickeln. Mit<br />

rund 160 Mitarbeitern konzentriert<br />

man sich in Wien-Simmering heute vor<br />

allem auf die Projektabwicklung neuer<br />

Aufträge wie jenen über insgesamt 34<br />

neue Pandur 6×6-Fahrzeuge für das<br />

Bundesheer. Insbesondere durch diesen<br />

Auftrag konnte die Mitarbeiteranzahl<br />

am Standort erhöht werden. Zusätzlich<br />

werden neben der Wartung, Reparatur,<br />

Servicierung und Systemunterstützung<br />

der Ulan- und Pandur-Fahrzeugfamilien<br />

vor allem die Produktentwicklung<br />

und der Prototypenbau forciert.<br />

Während hierzulande im kommenden<br />

Sommer die ersten neuen Pandur 6×6-<br />

Fahrzeuge in Richtung Bundesheer rollen,<br />

reüssierte GDELS-Steyr in Tschechien<br />

mit einem Folgeauftrag für den<br />

Pandur 8×8. In den vergangenen Jahren<br />

waren 107 Stück des Radschützenpanzers<br />

in mehreren Varianten für die<br />

tschechische Armee gefertigt worden,<br />

die Produktion wurde aufgrund kundentechnischer<br />

Anforderungen einem<br />

tschechischen Industriepartner übertragen.<br />

Der aktuelle Folgeauftrag umfasst<br />

nun 20 Stück Pandur 8×8, die Beschaffung<br />

von 70 weiteren Stück wird diskutiert,<br />

womit Tschechien auf die ursprünglich<br />

geplante Stückzahl von<br />

200 Fahrzeugen kommen würde.<br />

Parallel dazu macht man sich bei<br />

GDELS-Steyr auch Hoffnungen einen<br />

Auftrag für seinen Ulan-Nachfolger<br />

Ascod zu gewinnen. Die Regierung in<br />

Prag plant seine bestehende Flotte von<br />

gepanzerten Kettenfahrzeugen des Typs<br />

BMP durch moderne Infanterie-Kampffahrzeuge<br />

zu ersetzen und zieht dabei<br />

neben dem österreichisch-spanischen<br />

Gemeinschaftsprodukt – der Ascod<br />

wurde von GDELS-Steyr und der spanischen<br />

GDELS-Tochter Santa Bárbara<br />

Sistemas entwickelt – auch den Puma<br />

von Krauss-Maffei Wegmann, den CV<br />

90 von BAE Systems und den Rheinmetall-Sprössling<br />

Lynx in Betracht. Diese<br />

Kandidaten wurden bereits im Sommer<br />

dieses Jahres in Tschechien einem kurzen<br />

Feldtest unterzogen, welche das<br />

tschechische Verteidigungsministerium<br />

zur Abrundung seiner Machbarkeitsstudie<br />

veranstaltet hat. Auch sonst hat<br />

GDELS den Ascod in Tschechien bereits<br />

mehrfach präsentiert – unter anderem<br />

auf der Rüstungsmesse IDET in Brünn<br />

und im Rahmen der NATO Days Mitte<br />

September in Ostrava. Bei letzterer war<br />

eine Version mit Rafael Samson Mk II<br />

zu sehen, aufgrund der Modularität<br />

des Fahrzeuges können jedoch jegliche<br />

Waffensysteme von einer manuellen<br />

12,7-mm-Lafette bis hin zu 120-mm-<br />

Türmen integriert werden. Für das Jahr<br />

FOTO S : G D E L S , E S KA<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />

2019 wäre der Beginn des Zulaufs<br />

der gewünschten 209 Fahrzeuge in<br />

fünf Varianten geplant (das Projektvolumen<br />

beträgt inklusive Logistik,<br />

Training, Ersatzteilen und Co 1,9<br />

Milliarden Euro!). Der Beginn des<br />

Fahrzeugzulaufes ist mit 2019 geplant,<br />

innerhalb der folgenden fünf<br />

Jahre sollen alle Fahrzeuge an die<br />

tschechische Armee übergeben sein.<br />

Vorausschauend hat GDELS bereits<br />

Partnerschaften und strategische<br />

Abkommen mit einer ganzen Reihe<br />

tschechischer Unternehmen (unter<br />

anderem VOP CZ, Ray Service und<br />

Czechoslovak Group – CSG) getroffen,<br />

um so eine möglichst hohe<br />

Wertschöpfung in Tschechien realisieren<br />

zu können. Der Ascod ist eines<br />

der modernsten Kettenfahrzeug<br />

seiner Klasse, welches in sechs Varianten<br />

für die britische Armee gefertigt<br />

wird. 2011 hatte GD in einem<br />

Ausschreibungsverfahren den Zuschlag<br />

für die neue modulare Plattform<br />

bekommen, in Summe wurden<br />

589 Fahrzeuge im Rahmen des<br />

„Ajax-Projektes“ bei GD bestellt.<br />

ESKA: NEUER MILITÄRHANDSCHUH<br />

Spezialhandschuh-Spezialist ESKA hat<br />

Ende November auf der Milipol in Paris<br />

seinen neuen Militärhandschuh Thor erstmals<br />

in Europa gezeigt. Mit D30 Shock<br />

Absorber-Knöchelprotektor, einer innovativen<br />

Leder-Fingerknöchel-Verstärkung<br />

sowie Finger- und Handballenprotektoren<br />

aus speziellem Memory foam werden<br />

Schutz und Robustheit großgeschrieben.<br />

Feingefühl beweist derThor mit einer<br />

praktischen Touch-Technologie am Zeigefinger<br />

und robustem Häberling Jungziegenleder<br />

in der Innenhand. Der gesamte<br />

Handschuh ist wasserabweisend –<br />

Oberhand aus hyrdophobiertem Nomex,<br />

Inhand hydrophobiertes Leder und<br />

mit einem reißfesten, flammhemmenden<br />

und wasserabweisenden Faden vernäht.<br />

Auch alle anderen Materialien sind<br />

flammhemmend und entsprechen dem<br />

Level 4 (EN 407) im Brennverhalten.<br />

Der Handschuh ist in den Farben<br />

Schwarz und Coyote sowie in den<br />

Größen 6 bis 12 erhältlich.


0 5 8 s c h l u s s p u n k t<br />

SIND<br />

INTERVENTIONEN<br />

IN INNERSTAATLICHE KONFLIKTE GERECHTFERTIGT?<br />

Bewaffnete Eingriffe in innerstaatliche Konflikte sind in den vergangenen Jahren immer wieder als Ultima<br />

Ratio genannt worden, um der internationalen Schutzverantwortung oder dem Recht auf Selbstverteidigung<br />

nachzukommen. Heinz Gärtner, Lektor an der Universität Wien und an der Diplomatischen Akademie<br />

Wien, hat dieses Spannungsfeld zwischen dem prinzipiellen Gewaltverbot und aktuellen Realitäten<br />

hier für Militär Aktuell und ausführlicher in seinem neuen Buch „Gerechte Intervention“ analysiert.<br />

Die neuen herausforderungen für<br />

europa kommen vor allem aus dem<br />

süden. sie sind langfristig schwieriger<br />

zu bewältigen als die aus dem osten.<br />

mit den kriegen im mittleren osten verbunden<br />

sind Flüchtlingsströme, millionen<br />

von heimatvertriebenen personen und<br />

terrorismus. Die mit dem staatenzerfall<br />

verbundenen gewaltsamen konflikte,<br />

krisen und menschliches leiden gefährden<br />

europa selbst.<br />

Der internationalen Gemeinschaft wurde<br />

mit dem konzept der „schutzverantwortung“<br />

(„Responsibility to protect“) ein Instrument<br />

zur Verfügung gestellt, mit dem<br />

sie bei schweren menschenrechtsverletzungen<br />

innerhalb von staaten intervenieren<br />

kann. R2p ist ein konzept, das eine<br />

Reihe von prinzipien umfasst, welche den<br />

Rahmen für das handeln der internationalen<br />

Gemeinschaft im Fall von stattfindenden<br />

oder drohenden massenhaften Gräueltaten<br />

bilden. Das R2p-konzept wurde als<br />

Reaktion auf den bericht des damaligen<br />

un-Generalsekretärs kofi annan an die<br />

Generalversammlung entwickelt, in dem<br />

er die internationale Gemeinschaft dazu<br />

aufrief, auf einer gemeinsamen basis bei<br />

grausamen massenverbrechen wie Völkermord,<br />

kriegsverbrechen, Verbrechen gegen<br />

die menschlichkeit und ethnischen<br />

säuberungen zu intervenieren.<br />

Das R2p-konzept bezieht sich auf die<br />

Verantwortung zu handeln. Falls ein staat<br />

selbst nicht bereit oder nicht in der lage ist,<br />

den schutz der eigenen bevölkerung zu gewährleisten,<br />

liegt es in der Verantwortung<br />

der internationalen Gemeinschaft, vor allem<br />

des un sicherheitsrates, einzugreifen. Die<br />

maßnahmen können Zwangsmaßnahmen<br />

wie auch militärische Interventionen beinhalten.<br />

R2p ist nicht das Recht zu intervenieren,<br />

sondern die Verantwortung jedes<br />

staates, die Zivilbevölkerung zu schützen.<br />

„Militärische Interventionen<br />

können nur<br />

begrenzt politische<br />

Lösungen bringen!”<br />

Das konzept der R2p bewegt sich an der<br />

schnittstelle des Interventionsverbotes<br />

der un-charta (art. 2, abs. 4) und dem<br />

schutz von menschenrechten und Zivilisten<br />

durch die internationale Gemeinschaft.<br />

Dieses spannungsverhältnis zwischen<br />

aufrechterhaltung der souveränität<br />

der einzelnen staaten und der betonung<br />

von universellen Werten ist in den modernen<br />

internationalen beziehungen immer<br />

vorhanden gewesen. auch die ksZeschlussakte<br />

von helsinki 1975 hatte die<br />

territoriale nachkriegsordnung und das<br />

prinzip der nichteinmischung in innere<br />

angelegenheiten anerkannt, formulierte<br />

gleichzeitig aber einen Wertekatalog über<br />

menschenrechte und Grundfreiheiten,<br />

der große sprengkraft besaß.<br />

Die legitimation dafür muss von den Vereinten<br />

nationen kommen und darf nicht<br />

von einzelnen staaten oder anderen internationalen<br />

organisationen missbraucht<br />

werden. bei einem Fehlen einer international<br />

anerkannten entscheidungsinstanz<br />

besteht die Gefahr, dass staaten sich das<br />

Recht vorbehalten, alleine, ohne eine autorisierung<br />

zu intervenieren, wann immer<br />

sie es für richtig oder notwendig erachten.<br />

unter diesen umständen wären auch präventive<br />

kriege gerechtfertigt, da das konzept<br />

die ergreifung „antizipativer maßnahmen“<br />

gestattet. aus diesem Grund ist die<br />

ausdrückliche Festlegung einer rechtmäßigen<br />

entscheidungsinstanz für die Gewährleistung<br />

von legitimität militärischer Interventionen<br />

unabdingbar.<br />

militärische Interventionen können jedoch<br />

nur begrenzt politische lösungen bringen.<br />

Die militärischen Interventionen in afghanistan<br />

2001 und Irak 2003 brachten trotz<br />

sturz der Regierungen, Wiederaufbauund<br />

nation-building-Versuchen keine<br />

stabilität. Der luftkrieg in libyen brachte<br />

Regimewechsel und hatte politische<br />

Destabilisierung zu Folge. In syrien bleibt<br />

das Regime vorerst an der macht, es gibt<br />

aber keine gute militärische lösung, um<br />

die Gewalt zu beenden.<br />

Foto s : G e t t y I m aG e s , b e I G e st e l lt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 9 P A N O R A M A<br />

Das Bundesheer ist zwar<br />

keine Feuerwehr, nimmt<br />

mit den neuen Löschfahrzeugen<br />

ABC-Abwehr<br />

aber trotzdem Brandschutzaufgaben<br />

wahr.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS<br />

DAS ABC LÖ<br />

In den 1980er-Jahren schaffte das Bundesheer Drei Jahrzehnte später begannen<br />

Tanklöschfahrzeuge TLFA 4000 auf Basis eines<br />

2012 die Planungen für<br />

ÖAF-Fahrgestells an. Diese wurden auf Truppenübungsplätzen<br />

den Ankauf eines neuen<br />

und Munitionslagern, bei Flugha-<br />

Löschfahrzeuges. Dabei wur-<br />

fenfeuerwehren und Einheiten der ABC-Abwehr de keine Universallösung wie<br />

eingesetzt und erfüllten ihre Aufgaben zuverlässig. das TLFA 4000 gesucht, son-<br />

HÖHE<br />

(OHNE<br />

AUFBAU)<br />

3,5 Meter<br />

LÄNGE<br />

7,5 Meter<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L<br />

BREITE<br />

2,5 Meter<br />

FACTBOX<br />

LF-ABC<br />

Hersteller Rosenbauer International AG<br />

Fahrgestell MAN 18.340<br />

Eigengewicht 9,9 Tonnen<br />

Höchstzulässiges Gesamtgewicht<br />

18 Tonnen<br />

Motor Euro-6-Dieselmotor<br />

Leistung 250 kW (340 PS)<br />

Tank Wasser 4.000 Liter<br />

Tank Schaum 200 Liter<br />

Schaumzumischsystem<br />

Rosenbauer ND-FIXMIX (1–6%)<br />

Wurfweite 80 Meter<br />

Lichtmast Rosenbauer Flexilight<br />

Stromerzeuger RS 14<br />

Stationierung je 2 Fahrzeuge pro<br />

ABC-Abwehrkompanie in Korneuburg,<br />

Mautern, Graz, Absam und Hörsching


I N F O G R A F I K<br />

SCHFAHRZEUG<br />

dern spezialisiert, wobei für die ABC-<br />

Abwehrtruppe neben der Brandbekämpfung<br />

und der Unterstützung anderer<br />

Teileinheiten der ABC-Abwehrkompanie<br />

die Einsatzfähigkeit auch im<br />

kontaminierten Gebiet im Vorder-<br />

FAHRGESTELL<br />

Als Fahrgestell dient ein MAN 18 340 TGM<br />

4×4 mit vollautomatischem Schaltgetriebe,<br />

permanentem Allradantrieb und zuschaltbaren<br />

Ausgleichssperren.<br />

BRANDBEKÄMPFUNG<br />

Zur Brandbekämpfung wurde das LF-ABC<br />

neben Schläuchen und wasserführenden<br />

Armaturen auch mit einer C-Schnellangriffsleitung<br />

30 m mit Hohlstrahlrohr, Kombischaumrohr,<br />

Monitor, Löschrucksack,<br />

Hydroschildern, Fognail-Satz und Leichtschaumgenerator<br />

ausgerüstet.<br />

MESS- UND WARNMITTEL<br />

An Mess- und Warnmitteln stehen ein A-SMG<br />

90 (Strahlenmessgerät für atomare Strahlung),<br />

ein Messgerät (MSA ALTAIR 5X) mit elektrochemischen<br />

Sensoren zur Ermittlung der Sauerstoff-,<br />

Kohlendioxid-, Kohlenmonoxid- und<br />

Schwefelwasserstoffkonzentration sowie der<br />

Erreichung der unteren Explosionsgrenze und<br />

eine Wärmebildkamera zur Verfügung.<br />

grund stand. Aufgrund der definierten<br />

Fähigkeiten wurde ein Pflichtenheft erstellt<br />

und die Firma Rosenbauer mit<br />

dem Bau der Fahrzeuge beauftragt.<br />

Bis Dezember 2016 wurden alle zehn<br />

LF-ABC-Fahrzeuge fertiggestellt,<br />

PUMPE<br />

Die Einbaupumpe Rosenbauer<br />

N35 hat eine Maximalleistung<br />

von 3.500<br />

l/min bei 10 Bar Ausgangsdruck.<br />

Der Löschwassertank<br />

fasst 4.000 Liter. Dank der<br />

automatischen Schaummittelzumischanlage<br />

(ND-FIX-<br />

MIX) der Einbaupumpe<br />

kann, wahlweise aus dem<br />

eingebauten Schaummitteltank<br />

(200 Liter) oder aus<br />

Schaummittelkanistern/<br />

-fässern, das Schaummittel<br />

mit 1, 3 oder 6 Prozent<br />

zugemischt werden.<br />

LICHTMAST<br />

Der Rosenbauer Flexilight<br />

Lichtmast, mit 8×43 Watt<br />

LED-Lampen und einer Leistung<br />

von 8×2.200 lm kann als<br />

erweiterte umfeldbeleuchtung<br />

eingesetzt werden oder in Fokusstellung<br />

jeden Punkt rund<br />

um das Fahrzeug ausleuchten.<br />

an das Heereslogistikzentrum Salzburg<br />

übergeben und von dort je zwei Fahrzeuge<br />

zu den ABC-Abwehrkompanien<br />

in Korneuburg, Mautern, Absam,<br />

Graz und Hörsching.<br />

INTERVIEW<br />

„Unsere Aufgaben<br />

haben sich geändert“<br />

Alexander Mattausch<br />

ist als Hauptlehrunteroffizier<br />

Brandschutzdienst<br />

und Mitglied<br />

der Arbeitsgruppe für<br />

das LF-ABC sowie für<br />

die Ausbildung am<br />

Fahrzeug zuständig.<br />

Herr Mattausch, worin unterscheidet<br />

sich das LF-ABC von den bisher eingesetzten<br />

Löschfahrzeugen?<br />

Die Technik der bisher eingesetzten<br />

Fahrzeuge stammt aus den 1980er-Jahren<br />

und ist nur mehr bedingt für unsere<br />

Aufgaben heute geeignet. Im Vergleich<br />

zu früher stehen jetzt auch nationale und<br />

internationale Katastrophenhilfe, technische<br />

Störfälle und Schadensereignisse,<br />

terroristische Anschläge auch mit ABC-<br />

Gefahrstoffen und Elementarereignisse<br />

außergewöhnlichen Umfangs auf unserer<br />

Aufgabenliste.<br />

FoTo : S E B AST I A n F R E I L E R<br />

I L Lu ST R AT I o n E n : C L Au D I A M o L I To R I S<br />

SONSTIGE AUSRÜSTUNG<br />

Der Brandschutz-Trupp verfügt über Mittel zum Auffangen und Binden gefährlicher<br />

Stoffe (Auffangwannen, Auffangtank 3.000 Liter, Öl- und Chemikalienbindemittel)<br />

sowie zur Abdichtung von Leckagen (Leckdichtkissen<br />

und -lanzen), Kanälen und Schächten (Gulli-Ei und Kanalabdeckungen). Zur<br />

Rettung von Personen aus Höhen und Tiefen wird außerdem eine Schutzausrüstung<br />

gegen Absturz, Auffang- und Steigseilsatz, ein Flaschenzugsatz<br />

für 150 Meter, eine Stollentrage sowie eine zweiteilige Schiebe- und eine<br />

vierteilige Steckleiter mit Aufsatzbock mitgeführt.<br />

Haben sich die LF-ABC bereits im<br />

Einsatz bewährt?<br />

Ja. Beispielsweise als Brandsicherheitswache<br />

beim Abbrennen eines Teiles<br />

eines Truppenübungsplatzes im Hochgebirge<br />

und sie kamen auch schon bei<br />

einem Verkehrsunfall zum Einsatz.<br />

Welche Gefahren können mit dem<br />

LF-ABC entschärft werden?<br />

Mit Unterstützung des LF-ABC können<br />

Brände bekämpft, Gefahren beseitigt,<br />

Menschen – auch aus Höhen und Tiefen<br />

– gerettet, Umweltschäden abgewehrt<br />

und Rettungswege offen gehalten werden.<br />

Und das auch unter Verwendung<br />

von schwerem Atemschutz und auch<br />

in kontaminierten Gebieten.<br />

M i l i t ä r A k t u e l l


Erste Republik<br />

im HGM<br />

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