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<strong>DIGNITAS</strong> – Die Würde der Tiere<br />
Anfänglich machte ihr das keine großen<br />
Beschwerden, doch nach geraumer Zeit bekam<br />
sie Probleme mit den Sehnen. Sie merkte es am<br />
Abend, wenn sie wieder in der Box stand - und<br />
auch am Morgen, wenn sie sich nur schlecht<br />
bewegen konnte. Freie Tage gab es für sie kaum<br />
noch – ihre Atmung wurde zudem schwerer,<br />
weil die Staubsituation sich im Stall nicht<br />
verbesserte. Abgesehen davon, dass es ihrer<br />
Besitzerin nicht einmal auffiel, hätte dieser für eine gute Behandlung bei einem<br />
Tierarzt das Geld gefehlt. Auch die Hufbearbeitung wurde nicht durchgeführt.<br />
„Aber Hanna, konnte denn niemand diesem Mädchen Einhalt gebieten? Wie kann<br />
man nur so unglaublich egoistisch handeln. “ Ich war erbost über den Verlauf der<br />
Geschichte, die meine Großmutter mir berichtete. Diese Geschichte musste wohl<br />
eine ganz besondere Botschaft haben, aber wo war diese?<br />
„Nun“, entgegnete Hanna, „das ist erstmal das, wie es war. Das junge Mädchen<br />
hatte es nicht anders gelernt. Sie selber war viel auf sich alleine gestellt, weil<br />
die Eltern offenbar nicht in der Lage waren, ihr entsprechende Wärme,<br />
Zuwendung und Achtsamkeit entgegenzubringen, aus denen sie hätte geeignete<br />
Werte erfahren und auch umsetzen können. Warum die Eltern nicht in der Lage<br />
waren, sei dahingestellt. Möglicherweise sind sie selber als Kinder in einem<br />
Mangelbewusstsein erzogen worden und haben es selber nicht gelernt. Aber uns,<br />
meine Liebe, obliegt nicht darüber zu richten. Wir sehen nur das Ergebnis – hier<br />
ein leidendes Pferd. Das möchte ich auch in keiner Weise gut heißen – es soll nur<br />
aufzeigen, dass „unbewusstes“ Handeln oftmals einfach weitergegeben wird. Die<br />
Eltern waren sich ihres Handelns nicht bewusst, somit ihre Tochter auch<br />
gegenüber <strong>Ashanti</strong> nicht. „<br />
„Aber ein Tier ist hilflos und kann sich nicht wehren“, entgegnete ich enttäuscht.<br />
„Das ist richtig – aber das Mädchen ist in ihrer Familie in einer sehr ähnlichen<br />
Situation wie <strong>Ashanti</strong>. Ich bin mir sicher, dass sie ihr Pferd sehr lieb hatte –<br />
ebenso, wie ihre Eltern sie lieb hatten – aber auf einer sehr unbewussten Ebene.“<br />
Auf dem Hof war es nebelig. Lautes Motorengeräusch ließ die die Pferde in den<br />
Boxen aufschrecken. Stimmengewirr und letztendlich das Geklapper von Hufen<br />
waren zu vernehmen. Angel und <strong>Ashanti</strong> warfen sich unsichere Blicke zu. Diese<br />
Art Hufschlag kannten sie bislang nicht.<br />
Im Stall war noch eine einzige Box frei – die, direkt neben <strong>Ashanti</strong>. Das schwere<br />
Tor wurde aufgeschoben und die Stimmen wurden lauter.<br />
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