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Spreewald Journal März-April 2019

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Trauung in der Kirche in Briesen – bei Burg (<strong>Spreewald</strong>)<br />

Foto: Christiane Schleifenbaum<br />

Warum im <strong>Spreewald</strong> ein schwarzes Huhn als erstes die Hochzeitsfeier<br />

betritt<br />

<strong>Spreewald</strong>. Ein leises Klopfen. Die Tür öffnet<br />

sich behutsam. Ein liebes Gesicht schiebt sich<br />

durch den Spalt und sagt: „Es ist soweit!“ Eine<br />

aufgehübschte Braut atmet tief ein. Der letzte<br />

Blick gilt dem Spiegel – perfekt! Einige Meter entfernt<br />

prüft ein nervöser Bräutigam den Sitz seiner<br />

Manschettenknöpfe – zum hundertsten Mal. Nun<br />

ist der Moment da, zwei Augenpaare finden sich,<br />

zwei Herzen pochen, zwei Münder, ein Versprechen.<br />

Der <strong>Spreewald</strong> scheint seit jeher einer der magischen<br />

Orte zu sein, an dem die Zeit für viele Hochzeitspaare<br />

still steht. Eine bezaubernde Kulturund<br />

Naturlandschaft, die mit ihrer ganz eigenen<br />

Romantik und Idylle beeindruckt. Wir begeben uns<br />

<br />

Foto: Christiane Schleifenbaum<br />

auf eine Reise durch längst vergangene Zeit und<br />

entdecken die Mythen und Rituale der damaligen<br />

sorbisch/wendischen Hochzeit.<br />

Mit den germanischen Siedlern kamen zahlreiche<br />

Traditionen und Bräuche, die bis zum heutigen<br />

Jahrhundert mit den Menschen und dem <strong>Spreewald</strong><br />

verbunden sind. Ebenso die traditionelle<br />

sorbisch/wendische <strong>Spreewald</strong>hochzeit, welche<br />

auch heute noch aus zahlreichen Sitten besteht.<br />

Vor 100 Jahren spielte der Hochzeitsbitter eine<br />

wichtige Rolle. Dieser schaute sich unter den heiratswilligen<br />

Dorfbewohnern um und war bestrebt<br />

für jeden den passenden Partner zu finden. Dabei<br />

genoss er das Vertrauen des ganzen Dorfes. War es<br />

nun soweit und ein Pärchen wollte sich vermählen,<br />

so musste er bei der Hochzeitsplanung diplomatisches<br />

Geschick anwenden, um allen Seiten gerecht<br />

zu werden. Er kümmerte sich um die gesamte Organisation<br />

der Hochzeit vom Aufgebot in der Kirche<br />

bis hin zur persönlichen Einladung der Gäste.<br />

Am Tag der Hochzeit war er der Unterhalter für die<br />

gesamte Hochzeitsgesellschaft. Er sorgte sich so<br />

beispielsweise darum, dass die richtige Musik lief,<br />

es humorvoll zu ging, dem Brautpaar keine Wünsche<br />

offen blieben und die Hochzeitsgesellschaft<br />

bestens unterhalten wurde. Er begleitete das frisch<br />

getraute Paar am Ende des Tages sogar zum Bett.<br />

Zur damaligen Zeit spielte auch der Aberglaube<br />

eine große Rolle und die Hochzeit sollte so nach<br />

ganz bestimmten Regeln ablaufen, um Unglück<br />

zu vermeiden. Man war der Überzeugung, dass<br />

der Ablauf einer Hochzeit auf das zukünftige Eheleben<br />

schließen lässt. War die Feier also harmonisch,<br />

wurde der Ehe eine ebenso schöne Zeit<br />

nachgesagt. Im Umkehrschluss bedeutete dies<br />

natürlich auch, dass eine Prügelei oder ein Streit<br />

Unglück über die Beziehung des Brautpaares<br />

brachte. Streng abergläubisch ging es auch bei der<br />

Festkleidung zu. Der Bräutigam hatte am Hinterkopf<br />

in der Tracht ein Rautenkränzlein eingenäht.<br />

Dieses war ein Symbol für Jungfräulichkeit. Er<br />

hatte also vorher kein Kind gezeugt und war auch<br />

noch nicht verheiratet. Die Braut trug in ihrem<br />

Brusttuch Myrte, welches in der Kirche geweiht<br />

wurde. Diese sollte den Eheleuten reichen Kindersegen<br />

und Glück bescheren. Eine ehrbare Braut<br />

erkannte man früher am geschlossen getragenen<br />

Myrtenkränzchen, welches sie um die Haube trug.<br />

War die Frau bereits schwanger, galt diese schon<br />

als unehrbar und durfte somit das Kränzchen nur<br />

offen tragen. Bis zum Anfang der 1930 Jahre hatte<br />

die Braut einen traditionellen Hupatz, eine Frauenmütze<br />

aus Bändern, Perlen, Myrtekränzchen und<br />

künstlichen Ranken um den Hals. Das Brautkleid<br />

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