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LESarten<br />
Freiheit<br />
ist unbequem<br />
Dr. Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender der<br />
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF),<br />
plädiert für Mut und Verantwortung<br />
PRINT&more | Wie ist es um die Freiheit in Deutschland bestellt? Wo<br />
würden Sie unseren Freiheitsstatus in Deutschland zurzeit sehen?<br />
DR. WOLFGANG GERHARDT | Betrachtet man die Rechtslage, haben<br />
wir die freiheitlichste Verfassung in Deutschland, die wir je hatten,<br />
eine Verfassung, in der die Menschen ihre größtmöglichen Chancen auf<br />
Freiheit suchen können. Dennoch ist für manche Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger die Freiheit recht unbequem: Viele wollen sich eher von den<br />
Mühen des Alltags entlasten und begrüßen deshalb staatliches Vordringen<br />
in vielen Bereichen. Dafür sind sie bereit, mit der Einschränkung<br />
manch persönlicher Freiheit zu bezahlen. Das ist nicht die liberale Vorstellung.<br />
Wir müssen dem Bürger zuhören, wir müssen ihm aber sagen,<br />
was notwendig ist zum Erhalt der Freiheit. Und die Tendenz zum Erhalt<br />
der Freiheit, mit der ja persönliche Verantwortung einhergeht, hat zweifellos<br />
nachgelassen. Wir beschäftigen uns mit den Nachhaltigkeitsgrundlagen<br />
bei der Pflege des Waldes und bei allen ökologischen Fragen, aber<br />
wir haben die soziokulturellen Grundlagen der Freiheit im persönlichen<br />
Leben und wie Freiheit bewahrt werden kann, aus dem Blick verloren.<br />
Das ist die Herausforderung des Jahres 20<strong>17</strong>. Ge rade weil wir in<br />
der Welt ein Vordringen autoritärer Systeme erkennen können, auch in<br />
Europa.<br />
Was hat die freiheitsfeindlichen Tendenzen ausgelöst, warum sind<br />
wir so überrascht?<br />
Es gibt natürlich Menschen, die keinen Bezug zur Freiheit haben, diese<br />
nicht wollen und sich vor ihr fürchten. Sie glauben, Freiheit nut ze anderen<br />
mehr als ihnen selbst. Sie fürchten sich vor ihr, weil sie wissen, dass<br />
sie unübersichtlich sein kann. Freiheit ist keine einfache Botschaft für<br />
die Menschen. Freiheit ist das schönste, aber zugleich das schwierigste<br />
Grundrecht. Aber auch Freunde der Freiheit haben sich an sie gewöhnt.<br />
Sie glauben, man müsse nicht mehr viel tun, weil man eine geschriebene<br />
freiheitliche Verfassung habe. Aber eine geschriebene Ver fa ssu ng h i l ft<br />
nicht, wenn eine Gesellschaft Freiheit nicht erleben will. Ja, wir sind zu<br />
sorglos im Umgang mit der Freiheit und wir unterschätzen, dass es immer<br />
Rückschläge geben kann, auf die wir vorbereitet sein sollten.<br />
Warum wenden sich Menschen den Vereinfachern zu – in Deutschland<br />
zudem in einer Phase eines andauernden wirtschaftlichen Hochs?<br />
Wenn Menschen unsicher werden, kann die Freiheit durchaus gefährdet<br />
sein, weil sie dann auf Lösungen hoffen, die nicht in Freiheit gesucht<br />
werden.<br />
Ich spüre auch, dass sich Menschen ängstigen. Es darf in einer Demokratie<br />
keine Plätze geben, auf die sich die Bürger nicht trauen. Das<br />
ist zuerst eine polizeiliche Aufgabe, das hat nichts mit Gesetz gebung<br />
zu tun, wie viele glauben, sondern mit Präsenz der Polizei, mit Polizeiführung<br />
und mit der Personalausstattung.<br />
Sind die klassischen Medien auch schuld daran? Sind sie Ursache,<br />
können sie Lösung sein?<br />
In der Medienlandschaft gibt es im Ganzen unglaublich gute Beiträge.<br />
Was ich kritisch zu bemerken hätte, ist, dass die Medienlandschaft in<br />
die Gefahr gerät, alarmistischer zu berichten, als es mir auch in Abwägung<br />
der Verhältnisse notwendig erscheint. Sie trägt nicht immer zur<br />
Aufklärung bei, sondern – nach meinem Empfinden immer öfter –<br />
zu Empörung und zu risikoscheu. Nichts ist leichter herzustellen als<br />
Empörung. Und da meine ich, dass sich mancher mehr disziplinieren<br />
müsste, den Sachen erst mal auf den Grund zu gehen, bevor er die Empörung<br />
behandelt.<br />
Welche Rolle spielt Angst?<br />
Im Grunde genommen haben wir als Deutsche immer Angst. Die haben<br />
wir jetzt bei Trump, die haben wir beim Ausgang der nächsten europäischen<br />
Wahl. Die haben wir bei jeder neuen Entwicklung. Die Angst-<br />
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