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Lehrstellenkurier

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Freitag, 26. Januar 2018<br />

Lehrstellen Kurier<br />

Seite 17<br />

FOTO: © MARKUS MAINKA - FOTOLIA.COM<br />

Von Pauline Sickmann<br />

BONN. „Du willst Germanistik<br />

studieren? Damit wirst<br />

du doch höchstens Taxifahrerin.“<br />

Oder: „Altenpfleger?<br />

Super, da kannst du dich bestimmt<br />

vor Angeboten nicht<br />

retten.“ Solche oder ähnliche<br />

Sätze bekommen viele angehende<br />

Azubis und Studenten<br />

zu hören. Bis zum Ende<br />

des Schuljahres sind es zwar<br />

noch einige Monate. Doch vielen<br />

jungen Leuten stellt sich<br />

schon jetzt die Frage: Wie<br />

mache ich nach der Schule<br />

weiter? Und bekomme ich<br />

damit einen Job? Mancher<br />

kommt da vielleicht auf die<br />

Idee, gezielt in die Branchen<br />

zu gehen, die händeringend<br />

Verstärkung suchen.<br />

„Die Frage nach dem<br />

Fachkräftemangel spielt bei<br />

Jugendlichen schon eine Rolle“,<br />

sagt Paul Ebsen von der<br />

Bundesagentur für Arbeit.<br />

„Für junge Leute ist wichtig:<br />

Wo lohnt es sich für mich<br />

überhaupt, eine Bewerbung<br />

hinzuschicken?“<br />

Wie sich der Arbeitsmarkt<br />

in Zukunft verändert, hat das<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

(BIBB) zusammen mit<br />

dem Institut für Arbeitsmarkt-<br />

und Berufsforschung<br />

Was bei der Berufswahl<br />

wirklich zählt<br />

Vom Altenpfleger bis zum Ingenieur: Glaubt man Studien und Prognosen, droht in vielen<br />

Branchen fehlen Fachkräfte. Eine Arbeitsplatzgarantie ist das aber nicht, sagen<br />

Experten – und warnen sogar davor, diesen Mangel für die eigene Karriereplanung zu nutzen.<br />

(IAB) untersucht. Laut der<br />

Studie wird es im Jahr 2035<br />

die größte Arbeitskräftelücke<br />

in den Pflege- und Gesundheitsberufen<br />

geben, erklärt<br />

Klaus Weber vom BIBB. „Ein<br />

deutliches Überangebot an<br />

Fachkräften wird dagegen<br />

insbesondere für Büroberufe<br />

und im Personalwesen angenommen.“<br />

Jugendliche sollten sich<br />

bei der Berufswahl aber nicht<br />

auf solche Hochrechnungen<br />

verlassen, sagt Britta Matthes.<br />

Sie leitet die Forschungsgruppe<br />

Berufliche Arbeitsmärkte<br />

am IAB. Natürlich verändere<br />

sich der Arbeitsmarkt mit der<br />

Gesellschaft. Da diese immer<br />

älter wird, braucht man in<br />

Zukunft zum Beispiel mehr<br />

Pflegekräfte. Dabei gibt es<br />

nur ein Problem: „Diese<br />

Arbeitsplätze müssen aber<br />

auch finanziert werden.“ Ob<br />

sie also wirklich entstehen,<br />

ist noch unklar.<br />

Der Bedarf an Arbeitskräften<br />

sei wegen solcher<br />

Ungewissheiten praktisch in<br />

keiner Branche vorhersehbar:<br />

„IT-Berufe sind in Zukunft<br />

sicher zunehmend wichtig,<br />

aber daraus kann man nicht<br />

schließen, dass man in einem<br />

IT-Beruf vor Arbeitslosigkeit<br />

geschützt sein wird.“<br />

Beispiel Digitalisierung:<br />

Laut des Fortschrittsberichts<br />

2017 zum Fachkräftekonzept<br />

der Bundesregierung ist damit<br />

zu rechnen, dass in den<br />

kommenden 10 bis 20 Jahren<br />

ungefähr 12 bis 15 Prozent<br />

aller Tätigkeiten, die heute<br />

noch von Menschen ausgeführt<br />

werden, durch Computer<br />

erledigt werden können.<br />

Das betrifft vor allem Arbeitsplätze<br />

im Einzelhandel, im<br />

Papier- und Druckgewerbe<br />

sowie in der öffentlichen<br />

Verwaltung. Welche das genau<br />

sind, weiß aber noch<br />

niemand: Technischer Fortschritt<br />

ist schließlich nicht<br />

planbar.<br />

Blick in die Kristallkugel<br />

ist nicht das Wichtigste<br />

Auch für Klaus Weber geht es<br />

bei der Berufswahl um andere<br />

Faktoren als um den Blick<br />

in die Kristallkugel. „Als erstes<br />

ist es wichtig zu wissen,<br />

wo die eigenen Stärken und<br />

Interessen liegen.“ Wenn jemand<br />

für eine bestimmte<br />

Fachrichtung brennt und das<br />

auch vermitteln kann, sei es<br />

einfacher, dort einen Ausbildungsplatz<br />

zu bekommen.<br />

Außerdem steige durch große<br />

Motivation die Chance auf<br />

einen guten Abschluss.<br />

„Als zweites ist es unverzichtbar,<br />

sich über die Inhalte<br />

der angestrebten Ausbildung<br />

oder des Studiums zu<br />

informieren“, sagt Weber.<br />

Das zeige zum Beispiel die<br />

Erfahrung mit Ausbildungsabbrüchen:<br />

Nicht selten seien<br />

falsche Vorstellungen vom<br />

Arbeitsplatz der Grund dafür.<br />

Wer seinen Beruf nach<br />

Mangel wählt, läuft außerdem<br />

Gefahr, in einen sogenannten<br />

Schweinezyklus zu<br />

geraten. „In den 1960er und<br />

1970er Jahren herrschte zum<br />

Beispiel akuter Lehrermangel,<br />

weil die geburtenstarken<br />

Jahrgänge zur Schule kamen<br />

und gleichzeitig der Anteil<br />

der Kinder stieg, die auf ein<br />

Gymnasium gingen“, erklärt<br />

Britta Matthes das Phänomen.<br />

„Deshalb entschieden<br />

sich damals viele junge Leute<br />

dafür, Lehrer zu werden.“<br />

Doch schon Ende der 1970er<br />

Jahre drehte sich das Blatt,<br />

und viele Lehrer fanden keine<br />

Stelle.<br />

„Heute besteht wieder<br />

die Gefahr eines Lehrermangels“,<br />

sagt Matthes. Jedoch<br />

sei nicht absehbar, ob nach<br />

fünf bis sechs Jahren Lehramtsstudium<br />

noch ein<br />

Mangel oder schon eine Sättigung<br />

auf dem Lehrerarbeitsmarkt<br />

herrschen wird, so die<br />

Expertin.<br />

Sie rät angehenden Auszubildenden<br />

und Studierenden<br />

deshalb, sich zu fragen:<br />

Welche Tätigkeit kann ich engagiert<br />

ausführen? Was will<br />

ich individuell erreichen? In<br />

dem gewählten Bereich könne<br />

man sich dann durchaus<br />

an aktuellen Entwicklungen<br />

orientieren.<br />

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