Lehrstellenkurier
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Seite 6 Lehrstellen Kurier<br />
Freitag, 26. Januar 2018<br />
Das Richtige für Kotelett-Esser und Grillfans<br />
Von Martin Lindner<br />
Fleischer stehen nur in der<br />
Schlachthalle und haben<br />
immer blutige Hände.<br />
Nach den Skandalen der<br />
vergangenen Jahre ist ihr<br />
Ruf auch angeschlagen.<br />
Schon Azubis bekommen<br />
negative Sprüche über<br />
„grobschlächtige Metzger“<br />
zu hören.<br />
ALTENTREPTOW. Mit ein bisschen<br />
Wehmut denkt Hans-<br />
Dieter Gabel an die Zeit vor<br />
20 Jahren zurück. Damals<br />
habe die Torney-Landfeischerei<br />
noch viele Bewerbungen<br />
für eine Ausbildung zum<br />
Fleischer oder zur Fleischfachverkäuferin<br />
erhalten. 70<br />
bis 80 seien es pro Lehrjahr<br />
gewesen, berichtet der Geschäftsführer.<br />
Goldene Zeiten.<br />
Heute gingen kaum noch<br />
Bewerbungen ein.<br />
„Die Ausbildung ist so vielfältig.<br />
Aber junge Menschen<br />
interessieren sich eher für<br />
Modeberufe, die sie im Fernsehen<br />
sehen“, sagt Gabel.<br />
Auch die sinkende Zahl von<br />
Schulabgängern verschärfe<br />
den Bewerbermangel.<br />
In drei Lehrjahren arbeiten<br />
momentan drei Fleischer-Azubis<br />
bei Torney.<br />
„Wir können jedes Jahr so<br />
viele einstellen, wie wir jetzt<br />
in drei Jahren zusammen<br />
haben“, sagt der Geschäftsführer.<br />
Er gibt zu, dass die<br />
Ausbildung nicht für jeden<br />
etwas ist. Schließlich müsse<br />
man Fleisch zerschneiden<br />
Anzeige<br />
und verarbeiten. Deswegen<br />
empfiehlt Gabel unbedingt<br />
vor der Ausbildung ein<br />
zweiwöchiges Praktikum<br />
in der Fleischerei<br />
zu machen. Es sei<br />
kein Problem, wenn<br />
Interessierte davor<br />
schon Ausbildungen<br />
abgebrochen hätten.<br />
„Dann haben sie sich ihre<br />
Ecken und Kanten abgeschliffen,<br />
und wissen eher, was sie<br />
wollen“, sagt Gabel.<br />
Auf der eigenen Internetseite<br />
oder direkt in den<br />
Filialen wirbt die Torney-<br />
Landfleischerei um Auszubildende.<br />
Mitarbeiter gehen<br />
in Zusammenarbeit mit dem<br />
Bauernverband MV auch in<br />
die Schulen, um die Lehrberufe<br />
vorzustellen oder stehen<br />
mit eigenem Stand am<br />
Berufsbildungstag in Neubrandenburg.<br />
Ferner gebe es<br />
alle zwei Jahre den „Tag des<br />
offenen Hofes“, wo rund zwei<br />
Dutzend Betriebe im Land<br />
ihre Pforten öffneten. „Das<br />
hat sich als sehr effektiv herausgestellt“,<br />
freut sich Gabel.<br />
Kinder schauen sich<br />
Fleischerei an<br />
Seit zwei Jahren werden auch<br />
Schulklassen mit Kindern,<br />
die zwischen acht und zehn<br />
Jahre alt sind, in den Betrieb<br />
eingeladen; sie fahren mit<br />
Mitarbeitern auf die Wiese,<br />
bekommen das Vieh gezeigt<br />
und erklärt, wie der Fleisch-<br />
Kreislauf funktioniert. Es<br />
gebe auch immer Schüler,<br />
die gern einen Blick in die<br />
PRAXIS<br />
TEST<br />
Hans-Dieter Gabel schaut Azubi Tom Schwechel beim Etikettieren auf die Finger.<br />
Fleischverarbeitung werfen.<br />
Das freut Hans-Dieter Gabel<br />
besonders. Diese Kinder<br />
könnten in Zukunft ja mit<br />
einer Ausbildung zum Fleischer<br />
liebäugeln.<br />
Laut Gabel müssen Auszubildende<br />
bodenständig<br />
sein und Interesse an gutem<br />
Essen haben. Dazu gehöre<br />
mehr, als eine Fertigpizza in<br />
den Ofen zu schieben. „Man<br />
muss Fleisch anfassen wollen.<br />
Man muss gerne grillen oder<br />
Koteletts braten und neugierig<br />
sein, wie man aus gutem<br />
Fleisch etwas noch Besseres<br />
macht. Das sind Leute, die<br />
wir wollen“, sagt Gabel überzeugt.<br />
Er kritisiert scharf,<br />
dass die Berufsschulen für<br />
Plietsch?<br />
Bedeutungen: [1] norddeutsch:pfiffig,intelligent,aufgeweckt, schlau<br />
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Fleischer-Azubis ausgedünnt<br />
werden. „Für die jungen Leute<br />
bedeutet das, dass sie weitere<br />
Strecken in Kauf nehmen<br />
müssen.“ Im Moment fahren<br />
seine Azubis zur Schule nach<br />
Malchin. Gabel hofft, dass die<br />
Schule nicht so bald schließen<br />
muss wie viele andere<br />
vor ihr. „Da beißt sich die Katze<br />
in den Schwanz. Es gibt<br />
schon so wenig Lehrlinge.<br />
Bei weiten<br />
Schulwegen interessieren<br />
sich dann<br />
noch weniger für<br />
den Beruf.“ Was den Beruf<br />
überdies wenig attraktiv mache,<br />
sind die Arbeitszeiten.<br />
„Wir wollen unseren Kunden<br />
frische Ware anbieten“,<br />
NEUBRANDENBURG. Philipp<br />
Warnke ist 37 Jahre alt,<br />
kommt aus Neubrandenburg<br />
und ist dort als Friseur tätig.<br />
Dabei war es eher Zufall,<br />
dass er Friseur wurde. Ein<br />
Bekannter fragte in die Runde,<br />
was er und seine Freunde<br />
denn mal machen wollten.<br />
Eher aus Spaß sagte Warnke:<br />
„Friseur.“ Dann machte er<br />
ein Praktikum – und es passte<br />
tatsächlich. Seine Ausbildung<br />
absolvierte er zwischen<br />
1997 und 2000. „Es war eine<br />
gute Ausbildung“, sagt er<br />
rückblickend.<br />
Seit zehn Jahren ist er<br />
selbstständig. Seinen Neubrandenburger<br />
Salon hat er<br />
seit März 2017. Seit vielen<br />
Jahren bildet er auch selbst<br />
aus. Aber die Lehrlinge seien<br />
anders als früher. Bei<br />
vielen hapere es an<br />
den Umgangsformen.<br />
Man müsse<br />
aber Höflichkeit<br />
und Freundlichkeit<br />
mitbringen,<br />
um als Friseur<br />
zu arbeiten. „Behandle<br />
jeden, wie<br />
du selbst behandelt<br />
werden willst“, ist Warnkes<br />
Devise. Schließlich sei man<br />
Dienstleister. Er will den Leuten<br />
etwas „Schönes bieten“.<br />
Genau das spürt man<br />
auch in seinem Laden. „Es<br />
soll etwas von einem Wohnzimmer<br />
haben.“ Ein Klavier<br />
steht dort, und es gibt eine<br />
Bar. Künstler aus Leipzig und<br />
FOTO: MARTIN LINDNER<br />
sagt Gabel. Dafür müssten<br />
die Fleischer auch um 2 oder<br />
3 Uhr auf der Matte stehen.<br />
Andere Schichten beginnen<br />
erst mittags und gehen bis<br />
in die Abendstunden, auch<br />
am Sonnabend. „Für junge<br />
Menschen sind das nicht<br />
unbedingt die attraktivsten<br />
Arbeitszeiten“,<br />
gibt Gabel zu.<br />
Ferner müssten<br />
Auszubildende<br />
schon kräftig<br />
mit anpacken. „Die<br />
Arbeit ist körperlich anstrengend.<br />
Auch arbeitet man in<br />
der Kälte, weil das Fleisch<br />
immer kühl aufbewahrt<br />
werden muss“, redet Gabel<br />
nichts schön. Er bedauert es,<br />
Halle haben hier bereits ihre<br />
Werke vorgestellt. Warnke<br />
sieht sich selbst als Kreativen.<br />
Das Friseur-Handwerk<br />
und die Kunst, das passe gut<br />
zusammen, meint er.<br />
dass sich so wenig Frauen für<br />
den Beruf interessieren. „Fleischerinnen<br />
hatten wir noch<br />
nicht in der Ausbildung. Aber<br />
bei uns arbeiten Fleischerinnen.<br />
Sie besitzen oft mehr<br />
Fingerfertigkeit als Männer.“<br />
Nach BSE- und Gammelfleischskandal<br />
hat der Ruf<br />
des Fleischers gelitten. Bei<br />
Torney ist jedoch das Gegenteil<br />
der Fall, wie Geschäftsführer<br />
Gabel erzählt. „Diese<br />
Skandale haben uns, ehrlich<br />
gesagt, mehr Umsatz gebracht.“<br />
Der Geschäftsführer<br />
begründet das mit der<br />
Firmenphilosophie, die auf<br />
Regionalität setzt und offen<br />
mit dem Produktionskreislauf<br />
umgeht. Das gehe schon<br />
bei dem Futter los, das auf<br />
den eigenen Feldern für die<br />
Tiere angebaut wird. „Die<br />
Leute kennen uns mit Namen<br />
und Gesichtern. Das ist<br />
wichtig.“<br />
Einen Tag nach der Wiedervereinigung,<br />
am 4. Oktober<br />
1990, wurde die Torney-<br />
Landfleischerei gegründet.<br />
Mittlerweile betreibt Torney<br />
26 eigene Filialen im Nordosten<br />
und hat 155 Beschäftigte.<br />
Alle Fleischer und Azubis<br />
verkosten täglich ihre selbst<br />
hergestellten Produkte. „Man<br />
muss Fleisch lieben. Und man<br />
muss den Beruf lieben“, sagt<br />
der Geschäftsführer der Torney-Landfleischerei.<br />
Dann<br />
könne man hier erfolgreich<br />
und glücklich sein.<br />
Kreativ mit Kamm und Schere<br />
Von Thomas Kasperski<br />
Schlechte Bezahlung, ein<br />
Beruf nur für Frauen? Von<br />
wegen. Philipp Warnke hat<br />
sein ganz eigenes Bild von<br />
einem guten Friseur.<br />
PRAXIS<br />
TEST<br />
Philipp Warnke in seinem Salon<br />
Kontakt zum Autor<br />
m.lindner@nordkurier.de<br />
Dienstfahrt zur<br />
Modemesse in Italien<br />
Um modisch immer auf dem<br />
neuesten Stand zu sein, fährt<br />
Warnke mit seinen Kolleginnen<br />
auch schon<br />
mal für eine Messe<br />
nach Italien. Messen,<br />
der Austausch mit Kollegen,<br />
Fachzeitschriften und<br />
das Internet nutzt er, um sich<br />
weiterzuentwickeln.<br />
Wichtig findet Warnke<br />
den Meisterzwang in<br />
Deutschland. Es könne nicht<br />
sein, dass immer wieder Ausnahmen<br />
gemacht werden. Bei<br />
den vielen Friseur-Salons allein<br />
in Neubrandenburg sei<br />
jeder auf der Suche nach gutem<br />
Personal. Doch in jedem<br />
Salon sollte ein Meister arbeiten,<br />
ist Warnke überzeugt.<br />
Ab 25 Euro kostet ein<br />
Haarschnitt mit Waschen bei<br />
ihm. Man müsse solche<br />
Preise nehmen, um<br />
das Personal angemessen<br />
bezahlen zu können.<br />
Die Zeiten, in denen Friseure<br />
für 3,50 Euro die Stunde<br />
arbeiten, seien vorbei. Dies<br />
liegt natürlich am Mindestlohn.<br />
Außerdem gebe es für<br />
Friseure ein gutes Trinkgeld.<br />
Der Beruf erfüllt Warnke,<br />
wie er sagt. Es mache immer<br />
noch Spaß. Die Kunden bedanken<br />
sich und freuen sich<br />
über ihre neue Frisur, fühlen<br />
sich wohl, wenn sie den Salon<br />
verlassen. Das macht<br />
ihn zufrieden.<br />
Doch „wenn Feierabend<br />
ist, dann ist Feierabend“.<br />
Nur selten schneidet<br />
er Angehörigen außerhalb<br />
der Arbeitszeiten die Haare.<br />
„Das passiert drei bis fünf<br />
Mal im Jahr“. Nach der Arbeit<br />
ist Warnke gern am Wasser.<br />
Boot fahren ist etwas, was<br />
ihm Spaß mache. Am liebsten<br />
ist er bei der Familie, seiner<br />
achtjährigen Tochter und<br />
dem fünfjährigen Sohn. Auch<br />
Freunde trifft er gern. Zum<br />
Abschalten gehöre auch das<br />
Kochen. Dabei sammelt er<br />
Kraft für die Arbeit im Salon.<br />
Kontakt zum Autor<br />
t.kasperski@nordkurier.de<br />
FOTO: T. KASPERSKI<br />
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