Die Montanuniversität im Dritten Reich - eine Spurensuche
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STUDIERENDE UNTER DEM HAKENKREUZ<br />
Entgegen der Darstellung der Montanistischen Hochschule<br />
Leoben als unpolitischer Ort, wo man „<strong>eine</strong> parteipolitische<br />
Betätigung nie gutgeheißen“ habe [3], zeigen Quellen über<br />
die Zeit des Austrofaschismus und Nationalsozialismus die<br />
Situation der Studierenden in <strong>eine</strong>m ganz anderen Licht: illegale<br />
nationalsozialistische Betätigung, Korporationen als Wegbereiter<br />
der Annexion durch das nationalsozialistische Deutsche <strong>Reich</strong> und<br />
die Montanstudenten als Rekordhalter bei der Mitgliedschaft in<br />
der NSDAP unter Studierenden an österreichischen Hochschulen.<br />
Sowohl Weingand [4] als auch Karner<br />
[5] betonen, dass die Durchsetzung<br />
mit nationalsozialistischen<br />
Parteigängern an der<br />
Montanistischen Hochschule Leoben<br />
und der Technischen Hochschule<br />
Graz (THG) in den 1930er Jahren<br />
sehr hoch war.<br />
Aus Graz wird aus dieser Zeit<br />
von teils offener, illegaler<br />
nationalsozialistischer Betätigung<br />
von Universitätsangehörigen<br />
berichtet, was zweifellos auch<br />
dazu beitrug, dass Graz in der<br />
NS-Zeit den Titel „Stadt der<br />
Volkserhebung“ trug. Auch in Leoben<br />
gab es nationalsozialistische<br />
Umtriebe an der Hochschule und <strong>im</strong><br />
Umfeld der Österreichischen Alpine-<br />
Montangesellschaft (ÖAMG), die als<br />
Zentrum nationalsozialistischer<br />
Agitation und Propaganda galt und<br />
als wichtigster Arbeitgeber der<br />
Region auch mit der Montanistischen<br />
Hochschule eng verbunden war. [4–6]<br />
<strong>Die</strong> Aktiven des Corps Montania<br />
wurden schon in <strong>eine</strong>m Convent<br />
am 28. April 1932 zur Teilnahme<br />
an <strong>eine</strong>m Vortrag über den<br />
Nationalsozialismus verpflichtet.<br />
[7] Max Muchitsch, führendes<br />
Mitglied der Partisan_innengruppe<br />
Leoben-Donawitz (Österreichische<br />
Freiheitsfront ÖFF), berichtet von<br />
der Montanistischen Hochschule als<br />
„Sammelbecken für Faschisten“:<br />
„Von dort aus wurde so manche<br />
Aktion nazistischer Studenten<br />
dirigiert; viele Bürgersöhne aus<br />
dem <strong>Dritten</strong> <strong>Reich</strong> nutzten ihre<br />
„Studienzeit“ in Leoben dafür<br />
aus, als Teil der braunen Fünften<br />
Kolonne in Österreich den Boden<br />
für die spätere Annexion durch<br />
Nazideutschland vorzubereiten.“ [8]<br />
<strong>Die</strong> illegale nationalsozialistische<br />
Betätigung beschränkte sich<br />
nicht nur auf das Verteilen<br />
von Flugblättern, Hissen von<br />
Hakenkreuzfahnen oder Entzünden<br />
von Hakenkreuzfeuern auf<br />
Berghängen - <strong>im</strong> Jänner 1934<br />
kam es beispielsweise zu <strong>eine</strong>m<br />
Sprengstoffanschlag auf ein<br />
jüdisches Geschäft in Leoben.<br />
Unter den Tatverdächtigen befand<br />
sich auch ein Montanstudent,<br />
welcher die Anleitung zum Bau der<br />
Bombe gegeben haben soll. [9]<br />
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